2 U 55/08 – Stabilisierung von Förderstrecken-Druckprodukten III

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1060

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. März 2009, Az. 2 U 55/08

Vorinstanz: 4b O 131/08

I.
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 19. Juni 2008 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erledigt ist.

II.
Die Antragsgegnerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 500.000,– Euro festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat, nachdem die Antragstellerin ihr Verfügungsbegehren in zweiter Instanz im Hinblick auf das zwischenzeitlich im Hauptsacheverfahren ergangene Urteil des Landgerichts für erledigt erklärt hat, keinen Erfolg. Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist in der Hauptsache erledigt.

Die Antragstellerin hat das Verfahren in der Hauptsache im Verhandlungstermin vor dem Senat für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen, da aus ihrer Sicht der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung von Anfang an unbegründet war. Sie hat deshalb weiterhin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Das Gericht hat für den Fall einer einseitigen Erledigungserklärung des Klägers, in der eine nach § 264 Nr. 2 ZPO stets zulässige Beschränkung und Änderung des Klageantrags zu erkennen ist (vgl. BGH, NJW 1994, 2363, 2364 – Greifbare Gesetzwidrigkeit II; GRUR 2002, 287, 288 – Widerruf der Erledigungserklärung; OLG Rostock, MDR 2006, 456; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 91a Rdnr. 34 m. w. Nachw.) und die auch noch in der Berufungsinstanz statthaft ist (OLG Rostock, MDR 2006, 456; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 91a ZPO Rdnr. 36 und 37), durch streitiges Sachurteil (vgl. OLG Rostock, MDR 2006, 456; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rdnr. 45) darüber zu entscheiden, ob der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist (OLG Rostock, MDR 2006, 456; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 91a ZPO Rdnr. 34, 44 und 45 m. w. Nachw.). Das bedeutet, dass nunmehr zu prüfen ist, ob die Klage bis zu dem geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und, wenn das der Fall ist, ob sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind beide Voraussetzungen erfüllt, ist die Hauptsacheerledigung festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 91, 126, 127 = NJW 1984, 1901; BGHZ 106, 359, 366 f. = NJW 1989, 2885; BGHZ 135, 58, 62 = GRUR 1997, 625; BGH, NJW 1999, 2516, 2517; GRUR 2004, 349 – Einkaufsgutschein). Entsprechendes gilt bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dass die Antragstellerin hier keinen ausdrücklichen Sachantrag auf Feststellung, dass das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist, formuliert hat, ist unschädlich. Es reicht aus, dass sie das Verfügungsverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt hat. Bei dieser Erledigungserklärung handelt es sich um eine Prozesshandlung, die für den Fall, dass sie einseitig bleibt, den Antrag umfasst, festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat (vgl. BGH, GRUR 2002, 287, 288 – Widerruf der Erledigungserklärung, m. w. Nachw.).

Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Erledigung des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung festzustellen, weil der Verfügungsantrag der Antragstellerin zulässig und begründet war und sich durch ein im Prozessverlauf eingetretenes Ereignis erledigt hat. Zu Recht hat das Landgericht die einstweilige Verfügung erlassen. Der erhobene Unterlassungsanspruch war gerechtfertigt. Denn die angegriffene Ausführungsform führt das in dem in erster Linie geltend gemachten Anspruch 1 beschriebene Verfahren aus, verwendet dieses Verfahren entsprechend Anspruch 21 zur Zuführung hängend geförderter Druckprodukte zu einer Verarbeitungsvorrichtung und verwirklicht auch die Merkmale des Vorrichtungsanspruches 16. Der deshalb bestehende patentrechtliche Unterlassungsanspruch konnte auch nach § 940 ZPO im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchgesetzt werden; insbesondere konnte im Streitfall auch von einer hinreichend gesicherten Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents ausgegangen werden. Obwohl das Bundespatentgericht das Verfügungspatent durch sein – nicht rechtskräftiges – Urteil vom 28. September 2006 insoweit teilweise für nichtig erklärt hat, als es über die Ansprüche 6 bis 23 in der erteilten Fassung hinausgeht, überwogen hier ausnahmsweise die Interessen der Antragstellerin an der Durchsetzung ihrer Ansprüche.

A.
Der Verfügungsanspruch ergab sich daraus, dass die Antragsgegnerin das Verfügungspatent mit der angegriffenen Ausführungsform verletzt.

1.
Das Verfügungspatent betrifft mit seinen Ansprüchen 1 bis 15 ein Verfahren, mit seinen Ansprüchen 16 bis 20 eine Vorrichtung zum Stabilisieren und Positionieren von Druckprodukten während ihrer Förderung und mit seinen Ansprüchen 21 und 22 die Verwendung eines solchen Verfahrens zur Zuführung hängend geförderter Druckprodukte zu einer Verarbeitungsvorrichtung.

Wie die Verfügungspatentschrift einleitend ausführt (ASt 4, Spalte 1, Zeilen 9 bis 27), werden Druckprodukte in einem Förderstrom hängend einem beliebigen Verarbeitungsschritt, etwa einer Verarbeitungstrommel, zugeführt, wo beispielsweise Vorprodukte und/oder Beilagen in die Druckprodukte eingelegt werden. An der Oberkante jedes Druckproduktes greift ein Fördermittel an – beispielhaft werden Klammern oder Greifer erwähnt –, das zur Übergabe an die Verarbeitungsvorrichtung geöffnet wird und das Druckprodukt unter Schwerkrafteinwirkung nach unten – etwa in das bereit gehaltene Fach der Verarbeitungstrommel – fallen lässt. Patentanspruch 1 ist in seinem Oberbegriff allerdings insofern allgemeiner gefasst, als dort die hängende Förderung von Druckprodukten nur beispielhaft genannt und allgemein Schutz für die Stabilisierung und Positionierung flächiger Gegenstände beansprucht wird, die von Fördermitteln gehalten gefördert werden.

Eine Vorrichtung der vorbeschriebenen Art mit hängender Zuführung ist, wie die Verfügungspatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, aus der Schweizer Patentschrift 668 244 (Anlage ASt 12) bekannt. In dieser Druckschrift, deren Figuren 1 und 2 nachfolgend eingeblendet werden, wird die liegende Förderung im Schuppenstrom als Stand der Technik als nachteilig kritisiert, weil die Druckprodukte, damit sie in die Abteile der Verarbeitungstrommel eingeführt werden können, in eine mit den Abteilen ausgerichtete Schräglage gebracht werden müssen und dies bei liegender Förderung mit dem Falz voran einen hohen konstruktiven Aufwand erfordert (vgl. Anlage ASt 12, Seite 2, rechte Spalte, Zeile 25 bis Seite 3, linke Spalte, Zeile 13). Als Abhilfe wird dort in Anspruch 1 gelehrt (a.a.O., Seite 2, Zeilen 9 bis 12), die Druckprodukte entlang eines geradlinigen und im Wesentlichen in horizontaler Richtung verlaufenden Förderweges in im Wesentlichen vertikaler Hängelage an die Verarbeitungstrommel heran zu führen. In dem dort beschriebenen Ausführungsbeispiel werden dementsprechend an Greifern (11; Bezugsziffern entsprechen der nachstehend wiedergegebenen Abbildung) mit ihrer Oberkante (9 a) festgehaltenen Druckprodukte (9) von links kommend den Abteilen (3) einer Verarbeitungstrommel (1) zugeführt, während deren Weiterdrehens geöffnet und mit Beilagen oder Vorprodukten versehen.

Diese Art der Förderung will die im Verfügungspatent unter Schutz gestellte Erfindung grundsätzlich beibehalten und verbessern. Dass diese Technik weiterentwickelt werden soll, entnimmt der Durchschnittsfachmann bereits dem Umstand, dass diese ältere Patentschrift in der Verfügungspatentschrift ausdrücklich als bekannt vorausgesetzt wird (Anlage ASt 4, Spalte 1, Zeilen 26 bis 27) und die Verfügungspatentbeschreibung gleich zu Beginn der Erörterung dieser Schrift als entscheidenden und die Beibehaltung rechtfertigenden Vorteil der hängenden Zuführung hervorhebt, die Fördermittel brauchten nicht bis in die unmittelbare Nähe der Zuführung gebracht zu werden, wodurch die eigentliche Zuführung ungestört bleibe und die Fördermittel in einfacher Weise von der Zuführstelle weggeleitet werden könnten (Anlage ASt 4, Spalte 1, Zeilen 28 bis 33).

Wie die Verfügungspatentschrift weiter ausführt, ist diese Art der Zuführung für ausreichend steife und relativ langsam geförderte Druckprodukte brauchbar. Die für eine störungsfreie Übergabe an die Verarbeitungstrommel notwendige definierte Position der Unterkante ergibt sich bei solchen Druckprodukten daraus, dass sich die Unterkante unter den genannten Bedingungen immer senkrecht unter der Oberkante befindet. Bei weniger steifen Druckprodukten und höheren Fördergeschwindigkeiten wird das bekannte Verfahren jedoch als verbesserungsbedürftig angesehen, weil der auftretende erhöhte Luftwiderstand die Druckprodukte unterhalb der festgehaltenen Oberkante gegen die Förderrichtung nach hinten wegbiegt, wobei das Maß des Wegbiegens mit steigender Entfernung von der Oberkante zunimmt. Die erwähnte ältere Patentschrift sieht für solche Fälle zur Stabilisierung der Druckprodukte eine der Verarbeitungstrommel vorgeschaltete Abstützeinrichtung (18) vor, die im dortigen Ausführungsbeispiel (vgl. Figur 2) als auf die Geschwindigkeit des Förderers abgestimmt umlaufendes Förderband (19) ausgebildet ist, auf dessen oberem Trum (19a) die Unterkante (9b) der Druckprodukte aufliegt (vgl. Anlage ASt 12, Seite 3, rechte Spalte, Zeilen 23 bis 30; Seite 4, linke Spalte, Zeile 45 bis rechte Spalte, Zeile 18).

Diese Art der Stabilisierung wird in der Verfügungspatentschrift bei zunehmender Fördergeschwindigkeit und nicht sehr steifen Druckprodukten im Hinblick auf den weiter zunehmenden Luftwiderstand und das hierdurch bedingte stärkere Ausbiegen als nicht ausreichend betrachtet. Die nur auf dem mitlaufenden Förderband mit ihrer Unterkante aufliegenden Druckprodukte werden nämlich auf ihrer zwischen Ober- und Unterkante liegenden Fläche weiter gegen die Förderrichtung gebogen; dadurch entsteht die Gefahr, dass die Wölbung ein Maß erreicht, bei dem die Unterkante zu weit angehoben wird und nicht mehr an das Förderband heran reicht. Entsprechend vergrößerte Abstände der Druckprodukte und eine entsprechend weitere Ausbildung der Zuführstelle erhöhen bei gleicher Produktion die Förderungsgeschwindigkeiten und auch die Luftwiderstände und werden daher nicht als geeigneter Ausweg gesehen (Anlage ASt 4, Spalte 2, Zeilen 1 bis 15). Zusätzliche Klammern oder Greifer zur Erfassung der Unterkante werden vom Verfügungspatent als zu aufwendig beanstandet, weil sie die Druckprodukte schon vor dem Einwirken des Luftwiderstandes erfassen und über die ganze Förderstrecke mitlaufen müssen; insbesondere empfindliche Druckprodukte sollten nicht mit mehr Klammern als unbedingt notwendig festgehalten werden (Anlage ASt 4, Spalte 2, Zeilen 15 bis 26).

Vor diesem technischen Hintergrund liegt dem Verfügungspatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, auch bei hohen Fördergeschwindigkeiten an bestimmten Stellen der Förderstrecke eine Stabilisierung und exakte Positionierung flächiger und nicht sehr steifer Gegenstände zu ermöglichen, wobei das Verfahren für empfindliche Druckprodukte schonend sein soll. Die Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens soll unkompliziert, einfach und robust sein (Anlage ASt 4, Spalte 2, Zeilen 27 bis 52).

Das zur Lösung dieser Aufgabe in dem erteilten Anspruch 1 des Verfügungspatentes vorgeschlagene Verfahren weist folgende Merkmale auf:

1.
Verfahren zur Stabilisierung und Positionierung flächiger Gegenstände (insbesondere Druckprodukte, die wenig steif sind und mit hoher Geschwindigkeit gefördert werden), die von Fördermitteln (10) gehalten, beispielsweise hängend, gefördert werden.

2.
Über einen bestimmten Abschnitt der Förderstrecke werden Führungselemente (12) in den Förderstrom eingeführt und in Förderrichtung mitbewegt.

3.
Über mindestens einen Teil dieses Abschnittes der Förderstrecke führen die Führungselemente (12) die Druckprodukte derart, dass die Druckprodukte an mindestens einer Stelle eine definierte, stabile und von der Fördergeschwindigkeit unabhängige Lage haben.

Zur Durchführung dieses Verfahrens sieht Patentanspruch 16 eine Vorrichtung vor, die sich durch folgende – weitere – Merkmale auszeichnet:

4.
Die Vorrichtung weist Führungselemente auf, die in regelmäßigen Abständen an mindestens einem angetriebenen Element (41) befestigt sind.

5.
Das angetriebene Element ist derart angeordnet, dass ein Teil der Führungselemente in den Förderstrom hinein ragt.

Anspruch 21 lehrt ferner eine besondere Verwendung des vorbeschriebenen Verfahrens, nämlich die Verwendung zur Zuführung hängend geförderter Druckprodukte zu einer Verarbeitungsvorrichtung.

2.
Die angegriffene Beschickungsvorrichtung „A“ führt das in Anspruch 1 beschriebene Verfahren wortsinngemäß aus, verwendet dieses Verfahren entsprechend Anspruch 21 zur Zuführung hängend geförderter Druckprodukte zu einer Verarbeitungsvorrichtung und verwirklicht auch die Merkmale des Vorrichtungsanspruches 16 wortsinngemäß. Das ist von der Antragsgegnerin in erster Instanz – zu Recht – auch nicht bestritten worden. Soweit die Antragsgegnerin die Benutzung des Patentanspruchs 1 in zweiter Instanz offenbar in Zweifel ziehen will, bleibt dies ohne Erfolg.

a)
Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich insbesondere aus den von der Antragstellerin vorgelegten Fotografien gemäß den Anlagen ASt 17, 18, 20, 23 und 24. Danach werden bei der Beschickungsvorrichtung der Antragsgegnerin die Druckprodukte an der Oberkante von Greifern gehalten und zu einer Verarbeitungstrommel gefördert. Die angegriffene Ausführungsform weist eine Einrichtung auf, welche auf beiden Seiten des Förderstroms aus mehreren, jeweils paarweise einander zugeordneten und regelmäßig beabstandeten länglichen (gelben) Elementen besteht, die auf einem oberhalb des Förderstroms befindlichen Antriebsrad befestigt sind. Bei diesen länglichen Elementen, welche von der Antragsgegnerin als „Positionierungselemente, aber auch als „Führungselemente“ bezeichnet werden (Bl. 144 GA), handelt es sich jeweils um ein breites Element mit Löchern und ein schmales Element mit einer schwarzen „Bürste“. Diese Elemente sind in regelmäßigen Abständen an einem umlaufenden Antriebsrad befestigt und schwenkbar gelagert. Auf der Innenseite des Antriebsrades, dessen Drehachse horizontal verläuft, ist eine nicht bewegliche Steuerkulisse (grün) vorgesehen, an der die breiten Elemente anliegen. Auf der Außenseite des Antriebsrades ist eine weitere Kulisse angeordnet, an der die schmalen Elemente anliegen. Diese Außenkulisse weist im unteren Bereich eine Verdickung auf. Im Betrieb bewegen sich die Elemente an dem Antriebsrad umlaufend im Uhrzeigersinn. Die Drehgeschwindigkeit und Ausrichtung der Elemente ist so gesteuert, dass jedem Druckprodukt ein schmales und ein breites Element zugeordnet wird, wobei das breite Element vor und das schmale Element hinter dem jeweiligen Druckprodukt läuft. Im Bereich der Verarbeitungstrommel werden die Druckprodukte von den Greifern freigegeben und gezielt in eines der Fächer der Verarbeitungstrommel übergeben.

b)
Die so ausgestaltete Beschickungsvorrichtung „A“ ist geeignet, das in Anspruch 1 des Verfügungspatents unter Schutz gestellte Verfahren wortsinngemäß zu verwirklichen und verwendet dieses Verfahren entsprechend Anspruch 21 zur Zuführung hängend geförderter Druckprodukte zu einer Verarbeitungsvorrichtung. Darüber hinaus macht sie von der technischen Lehre des Vorrichtungsanspruchs 16 wortsinngemäß Gebrauch.

aa)
Mittels der angegriffenen Ausführungsform können in wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals 1 an der Oberkante von Greifern gehaltene und damit hängend geförderte Druckprodukte, insbesondere auch solche die wenig steif sind und mit hoher Geschwindigkeit gefördert werden, während der Förderung stabilisiert und positioniert werden.

bb)
Dies geschieht dadurch, dass jedem Druckprodukt ein schmales und ein breites Element (gelb) zugeordnet wird, wobei das breite Element vor und das schmale Element hinter dem jeweiligen Druckprodukt läuft. Diese vor- und nachlaufenden Elemente stellen Führungselemente im Sinne des Verfügungspatents dar. Sie werden – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt – entsprechend den Vorgaben des Merkmals 2 über einen bestimmten Abschnitt der Förderstrecke in den Förderstrom eingeführt und in Förderrichtung mitbewegt.

cc)
Von wo die Führungselemente in den Förderstrom eingeführt werden sollen, lässt Anspruch 1 offen. Er verlangt insbesondere nicht, dass die Führungselemente von oben in den Führungsstrom eingeführt werden müssen. Ein besonders ausgestaltetes Verfahren, bei dem die Führungselemente (12) von derjenigen Stelle in den Förderstrom eingeführt werden, auf der die Druckprodukte (11) von den Fördermitteln (10) gehalten werden, ist erst Gegenstand des Unteranspruchs 4. Ferner beansprucht erst Unteranspruch 6 Schutz für ein besonders bevorzugtes Verfahren, bei dem die Führungselemente (12) von oben in den Förderstrom von hängenden Druckprodukten eingeführt und gegen oben wieder aus dem Förderstrom geführt werden. Der allgemeine Anspruch 1 verlangt dies nicht; er lässt offen, aus welcher Richtung die Führungselemente in den Förderstrom gelangen sollen. In Übereinstimmung hiermit geht auch der vom Bundesgerichtshof im Nichtigkeitsberufungsverfahren beauftragte Sachverständige Dr. B in seinem von der Antragstellerin als Anlage ASt 11a vorgelegten schriftlichen Gutachten davon aus, dass nach der Lehre des Verfügungspatents die Führungselemente von allen Seiten des Förderstroms eingeführt werden können, also auch von der Seite (Anlage ASt 11a, Seite 8, zweiter Absatz unter Ziff. 2).

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, steht dem die Beschreibungsstelle in Spalte 3, Zeilen 12 bis 26 der Patentbeschreibung nicht entgegen. Auch wenn es dort als „Grundprinzip“ des erfindungsgemäßen Verfahrens bezeichnet wird, dass die Führungselemente „von oben (…) in den Förderstrom eingeführt werden“, vermag diese Beschreibungsstelle eine einschränkende Auslegung des Anspruchs 1 nicht zu rechtfertigen. Maßgebliche Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent geschützt ist, ist gemäß Art. 69 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche. Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat (BGHZ 160, 204, 209 = GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2007, 778, 779 – Ziehmaschinenzugeinheit; vgl. a. BGHZ 98, 12, 18 = GRUR 1986, 803 – Formstein). Was bei sinnvollem Verständnis mit ihm nicht so deutlich einbezogen ist, dass es vom Fachmann als zur Erfindung gehörend erkannt wird, kann den Gegenstand dieses Patentanspruchs nicht kennzeichnen (BGHZ 160, 204, 209 = GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Der Sinngehalt eines Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen, sind zwar unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, GRUR 2007, 410 – Kettenradanordnung; GRUR 2007, 778, 779 – Ziehmaschinenzugeinheit). Die Einbeziehung von Beschreibung und Zeichnungen des betreffenden Patents darf aber nicht zu einer sachlichen Einengung – oder inhaltlichen Erweiterung – des durch seinen Wortlaut festgelegten Gegenstands führen (BGHZ 160, 204, 209 = GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2007, 778, 779 – Ziehmaschinenzugeinheit).

dd)
Die Führungselemente der angegriffenen Ausführungsform führen die Druckprodukte in wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals 3 über mindestens einen Teil dieses Abschnittes der Förderstrecke derart, dass die Druckprodukte an mindestens einer Stelle eine definierte, stabile und von der Fördergeschwindigkeit unabhängige Lage haben. Denn die einzelnen Druckprodukte werden zwischen den ihnen zugeordneten beiden Führungselementen gehalten und in diesem Zustand vor der Abgabe an die Verarbeitungstrommel positioniert. Hierdurch haben die einzelnen Druckprodukte eine definierte, stabile und von der Fördergeschwindigkeit unabhängige Lage und können der Verarbeitungstrommel gezielt zugeführt werden.

Dass bei der angegriffenen Ausführungsform jedem Druckprodukt zwei Führungselemente zugeordnet sind, ist unerheblich. Das Klagepatent schließt dies nicht aus. Vielmehr schlägt Unteranspruch 12 sogar ein bevorzugtes Verfahren vor, bei dem – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – dem einzelnen Druckprodukt zwei Führungselemente zugeordnet sind, von denen das eine in Förderrichtung hinter und das andere vor dem Druckprodukt läuft (vgl. Anlage ASt 4, Spalte 7, Zeilen 29 – 38).

ee)
Ohne Erfolg wendet die Antragsgegnerin ein, dass die Verhältnisse bei der angegriffenen Ausführungsform vergleichbar mit der im Nichtigkeitsverfahren entgegengehaltenen europäischen Patentanmeldung 0 380 XYZ seien, hinsichtlich derer das Landgericht die Auffassung vertreten habe, die aus dieser Druckschrift bekannten Klemmplatten könnten nicht unter das Verfügungspatent fallen, weil dieses derartig klemmende Elemente als nachteilig ablehne.

Die in der Verfügungspatentschrift nicht erwähnte EP 0 380 XYZ XX (Anlage rop 2;
N 6 im Nichtigkeitsverfahren) kann zur Auslegung des Verfügungspatents nicht herangezogen werden. Ein in der Patentschrift nicht erwähnter Stand der Technik stellt kein zulässiges Auslegungsmaterial dar, mag er auch vor dem Anmelde- bzw. Prioritätstag des Patents der Öffentlichkeit zugänglich gewesen sein (BGH, GRUR 1991, 811, 813 f. – Falzmaschine). Ihn heranzuziehen ist nur dann zulässig, wenn der Nachweis geführt werden kann, dass dieser Stand der Technik zum allgemeinen Fachwissen auf dem betreffenden Gebiet gezählt hat. Das trifft nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragstellerin (Bl. 168 GA) auf die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene EP 0 380 XYZ XX nicht zu. Die EP 0 380 XYZ stellt daher kein zulässiges Auslegungsmaterial dar. Mit ihr kann die Antragsgegnerin lediglich im Nichtigkeitsverfahren den Rechtsbestand des Verfügungspatents angreifen.

Abgesehen davon vermag die Argumentation der Antragsgegnerin auch im Übrigen nicht zu überzeugen.

Die EP 0 380 XYZ XX, deren Figur 1 nachstehend eingeblendet wird, lehrt die Übergabe von einem Kettenförderer (1) hängend geförderter Druckbogen (3) an eine Einsteckmaschine bzw. Verarbeitungstrommel (5), wobei die Übergabe mit Hilfe eines mit Klemmplattenpaaren (16, 17) ausgestatteten Fächerrades (7) erfolgt, die die herangeführten Druckbogen an ihrer Unterseite erfassen und sie, nachdem die als Fördermittel dienenden Klammern (2) die Oberkante losgelassen haben, mit der ursprünglichen Oberkante voran den Aufnahmetaschen (6) einer Verarbeitungstrommel (5) zuführen. Die Klemmplatten (16, 17) bilden hierbei ein Aufnahmefach (18) für das Druckprodukt und halten dieses während des Transfers vom Kettenförderer (1) zur Verarbeitungstrommel (5) kraftschlüssig (Anlage rop 2, Spalte 2, Zeilen 10 bis 15; Spalte 3, Zeilen 10 bis 52).

Wie der Senat bereits in seinem im Verfahren I-2 U 55/05 (LG Düsseldorf 4b O 199/04) ergangenen Urteil vom 23. März 2006 ausgeführt hat (Anlage ASt 2, Seite 25 f.), sind bei diesem Stand der Technik die Klemmplatten (16, 17) des Fächerrades (18) keine Führungsmittel im Sinne der beanspruchten Erfindung. Die nachfolgende Klemmplatte (16) und die vorauseilende Klemmplatte (17) stellen vielmehr ebenfalls Greifelemente dar, die die von den Fördermitteln losgelassenen Druckprodukte ergreifen, festklemmen und dann erst der Verarbeitungstrommel (5) zuführen. Das Fächerrad stellt bei dieser Entgegenhaltung insoweit ein weiteres Funktionsteil dar, das zwischen Förderstrom und Verarbeitungstrommel zwischengeschaltet ist und das die Druckprodukte zusätzlich passieren müssen, bevor sie aus dem Förderstrom in die Verarbeitungstrommel gelangen. Es handelt sich um ein weiteres Förder- bzw. Transportmittel, nicht aber um ein „Führungselement“ im Sinne des Klagepatents.

Darauf kommt es allerdings nicht einmal an. Denn die angegriffene Ausführungsform entspricht ersichtlich nicht dem Gegenstand der EP 0 380 XYZ XX. Sie verfügt über kein Fächerrad mit Klemmplatten, welche die von den Fördermitteln losgelassenen Druckprodukte ergreifen, festklemmen und dann der Verarbeitungstrommel zuführen. Vielmehr werden bei der angegriffenen Ausführungsform die Druckprodukte an der Oberkante von Greifern gehalten und von diesen zu der Verarbeitungstrommel gefördert. Die Führungselemente (gelb) führen die Druckprodukte hierbei nur in der Weise, dass sie bei der Zuführung zur Verarbeitungstrommel eine definierte, stabile und von der Fördergeschwindigkeit unabhängige Lage haben.

ff)
Damit führt die angegriffene Beschickungsvorrichtung „A“ das in Anspruch 1 beschriebene Verfahren wortsinngemäß aus. Sie verwendet dieses Verfahren außerdem gemäß Anspruch 21 zur Zuführung hängend geförderter Druckprodukte zu einer Verarbeitungsvorrichtung. Schließlich verwirklicht sie auch die Merkmale des Vorrichtungsanspruches 16 wortsinngemäß. Denn die angegriffene Ausführungsform weist – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt – Führungselemente im Sinne des Verfügungspatents auf, die in regelmäßigen Abständen an einem angetriebenen Element befestigt sind. Das angetriebene Element ist außerdem unstreitig derart angeordnet, dass ein Teil der Führungselemente in den Förderstrom hinein ragt.

3.
Im Hinblick auf die vorstehend dargelegte Schutzrechtsverletzung bzw. –benutzung war und ist die Antragsgegnerin der Antragstellerin zur Unterlassung verpflichtet (Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 1 und Nr. 2, 10, 139 Abs. 1 PatG). Ebenso steht der Antragstellerin zur Sicherung ihres Vernichtungsanspruchs (§ 140a PatG) der vom Landgericht zuerkannte Sequestrationsanspruch betreffend die bereits in die Bundesrepublik Deutschland eingeführten Gegenstände zu. Die vom Landgericht zuerkannten Rechtsfolgen greift die Antragsgegnerin mit der Berufung auch nicht gesondert an.

B.
Die Antragstellerin hat auch das Bestehen eines Verfügungsgrundes glaubhaft gemacht.

1.
Der Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Verletzung gewerblicher Schutzrechte setzt voraus, dass die begehrte Regelung gemäß § 940 ZPO zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Antragstellerin nötig erscheint. Dies verlangt nicht nur eine „Dringlichkeit“ in einem rein zeitlichen Sinne, sondern darüber hinaus eine materielle Rechtfertigung des vorläufigen Unterlassungsgebotes aus den dem Schutzrechtsinhaber ohne das gerichtliche Eingreifen drohenden Nachteilen, welche gegen die Interessen des als Verletzer in Anspruch genommenen Antragsgegners abgewogen werden müssen. Anders als im Wettbewerbsrecht wird das Vorliegen eines Verfügungsgrundes in Patentverletzungsstreitigkeiten nicht vermutet. § 12 Abs. 2 UWG ist wegen der besonderen Komplexität der Sach- und Rechtslage nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar (vgl. zum Ganzen Senat, GRUR 1983, 79, 80 – AHF-Konzentrat; Mitt 1982, 230 – Warmhaltekanne; GRUR 1994, 508; Mitt 1996, 87, 88 – Captopril; zuletzt Senat, InstGE 9, 140 = Mitt. 2008, 327 = GRUR-RR 2008, 329 – Olanzapin).

a)
In Patentverletzungsstreitigkeiten ist das Vorliegen eines Verfügungsgrundes besonders sorgfältig zu prüfen. Gerade hier ergeben sich regelmäßig besondere Schwierigkeiten daraus, die Übereinstimmung mit der schutzbeanspruchten technischen Lehre, den Schutzumfang und die Schutzfähigkeit bzw. Rechtsbeständigkeit des Antragsschutzrechtes innerhalb kurzer Zeit und ohne eine dem Verfahren der Hauptsache entsprechende schriftsätzliche Vorbereitung sachgerecht zu beurteilen. Die eingeschränkten Möglichkeiten treffen besonders den Antragsgegner. Während dem Antragsteller, der sich zwar beschleunigt um eine Durchsetzung seiner Rechte bemühen muss, um die zeitliche Dringlichkeit nicht zu beseitigen, auch unter den Voraussetzungen des § 940 ZPO regelmäßig ausreichend Zeit bleibt, den Verletzungstatbestand und den Rechtsbestand des Schutzrechtes vor dem Einreichen eines Verfügungsantrages sorgfältig zu prüfen, sieht sich der Antragsgegner auch im Falle einer vorherigen mündlichen Verhandlung nach der Zustellung des Verfügungsantrags regelmäßig erheblichem Zeitdruck ausgesetzt, um in der verhältnismäßig kurzen Zeit bis zum Verhandlungstermin seine Verteidigung aufzubauen. Ergeht eine Unterlassungsverfügung, greift sie darüber hinaus meist in sehr einschneidender Weise in die gewerbliche Tätigkeit des Antragsgegners ein und führt während ihrer Bestandsdauer zu einer Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs.

Das alles bedeutet allerdings nicht, dass eine einstweilige Verfügung wegen Patentverletzung generell nicht oder nur in ganz besonders seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommt. Derartige Restriktionen widersprächen Art. 50 Abs. 1 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) vom 15. April 1994 (BGBl. II. S. 1730), welcher die gerichtliche Anordnung einstweiliger Maßnahmen zur Verhinderung der Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums oder zur Sicherung einschlägiger Beweise ausdrücklich vorsieht. Art. 50 Abs. 1 TRIPS ist zwar nicht unmittelbar anwendbar, aber zur Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des deutschen Rechtes mit heranzuziehen (BGH, GRUR 2002, 1046, 1048 – Faxkarte). Ebenso ergäben sich Widersprüche zu der inzwischen ins nationale Recht umgesetzten Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vom 29. April 2004 (Enforcement-Richtlinie, Amtsblatt L 195/16 = GRUR Int. 2004, 615 ff.), nach deren Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass die zuständigen Gerichte die Möglichkeit haben, auf Antrag des Antragstellers einstweilige Maßnahmen anzuordnen, um eine drohende Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums zu verhindern (Senat, a.a.O. – Olanzapin).

b)
Eine einstweilige Unterlassungsverfügung wegen Patentverletzung setzt in der Regel voraus, dass die Übereinstimmung des angegriffenen Gegenstandes mit der schutzbeanspruchten technischen Lehre und die Benutzungshandlungen entweder unstreitig oder für das Gericht hinreichend klar zu beurteilen sind, insbesondere kein Sachverständiger hinzugezogen werden muss. Die Kürze der im Eilverfahren bis zur gerichtlichen Entscheidung verfügbaren Zeit steht in der Regel der Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens entgegen. Darüber hinaus muss auch die Rechtsbeständigkeit des Antragsschutzrechtes hinlänglich gesichert sein. Zweifel an der grundsätzlich zu respektierenden Schutzfähigkeit des Verfügungspatentes können das Vorliegen eines Verfügungsgrundes anerkanntermaßen ausschließen. Die Einschätzung der Rechtsbeständigkeit hat das Verletzungsgericht in eigener Verantwortung vorzunehmen (Senat, a.a.O. – Olanzapin).

Auch wenn es keine festen Anforderungen an die Rechtsbeständigkeit gibt, kann sie im Allgemeinen nur dann als ausreichend gesichert angesehen werden, wenn die Patentfähigkeit des Antragsschutzrechtes bereits in einem kontradiktorischen Verfahren zumindest durch eine erstinstanzliche Entscheidung anerkannt worden ist. Dagegen wird ein Verfügungsgrund in aller Regel zu verneinen sein, wenn der in einem Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren (die nachstehend erörterten Grundsätze gelten in beiden Fällen) entgegengehaltene Stand der Technik beim Verletzungsgericht so starke Zweifel an der Schutzfähigkeit hat aufkommen lassen, dass in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren die Verhandlung im Verletzungsrechtsstreit nach § 148 ZPO ausgesetzt werden müsste, um die Entscheidung über den gegen das Antragsschutzrecht eingelegten Rechtsbehelf abzuwarten. Erst recht gilt das, wenn – wie hier – schon eine erstinstanzliche Entscheidung ergangen ist, die das Patent für nichtig erklärt hat. Auch wenn nach einem solchen Urteil die aus der Erteilung des Schutzrechtes folgende Tatbestandswirkung fortbesteht, bis die Entscheidung in Rechtskraft erwächst, rechtfertigt die von einer sachkundig besetzten und zur Bewertung der Schutzfähigkeit berufenen Instanz getroffene Entscheidung regelmäßig so weitgehende Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Antragsschutzrechtes, dass im Hauptsacheverfahren eine Aussetzungsanordnung geboten ist und dementsprechend auch im Verfügungsverfahren keine Unterlassungsansprüche mehr durchgesetzt werden können, so lange die erstinstanzliche Nichtigkeitsentscheidung Bestand hat. Der Verletzungsrichter, der die begehrte einstweilige Unterlassungsverfügung dennoch erlässt, müsste sich über die sachkundige Beurteilung aus dem Nichtigkeitsverfahren hinweg- und seine eigene Einschätzung an deren Stelle setzen. Das verbietet sich in der Regel schon deshalb, weil damit – rein faktisch – eine Überprüfung von Nichtigkeitserklärungen des Bundespatentgerichts durch das Verletzungsgericht verbunden wäre, die dem vom Gesetzgeber im Nichtigkeitsberufungsverfahren eingerichteten Instanzenzug und der damit vorgenommenen Kompetenzzuweisung zugunsten des Bundesgerichtshofs zuwider laufen würde. Wer als Schutzrechtsinhaber Verletzer im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch nehmen will, kann dies deshalb grundsätzlich nur tun, wenn er im Wege der Einspruchsbeschwerde oder der Nichtigkeitsberufung die zu seinen Ungunsten ergangene Entscheidung mit Erfolg zu Fall gebracht hat (Senat, a.a.O. – Olanzapin).

c)
Wie der Senat in seiner Entscheidung „Olanzapin“ (a.a.O.) ausgeführt hat, ist eine Ausnahme von dem prinzipiellen Vorrang der erstinstanzlichen Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung von Verfassungs wegen (Art. 19 Abs. 4, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) allerdings dort geboten, wo der Widerruf oder die Nichtigerklärung evident unrichtig ist und das selbst nicht fachkundig besetzte Verletzungsgericht diese Unrichtigkeit verlässlich erkennen kann, weil ihm die auftretenden technischen Fragen in Anbetracht des Sachvortrages der Parteien zugänglich sind und von ihm auf der Grundlage ausreichender Erfahrung in der Beurteilung technischer und patentrechtlicher Sachverhalte abschließend beantwortet werden können. Dem Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes kommt im Bereich des Patentrechts ganz besonderes Gewicht zu, weil die Laufzeit eines Patents gesetzlich begrenzt ist (§ 16 Abs. 1 Satz 1 PatG, Art. 63 Abs. 1 EPÜ), so dass dem Schutzrechtsinhaber seine – trotz erstinstanzlicher Vernichtung fortbestehenden – gesetzlichen Verbietungsrechte für die Dauer einer Aussetzung des Hauptsacheverfahrens bzw. einer Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes endgültig und unwiederbringlich genommen werden. Diese Folge ist umso weniger akzeptabel, je länger das Rechtsmittelverfahren dauert, und sie führt wegen der bekanntermaßen mehrjährigen Dauer insbesondere von Nichtigkeitsberufungsverfahren dazu, dass der Schutzrechtsinhaber, dessen Patent – wie hier – wenige Jahre vor Ablauf der gesetzlichen Schutzdauer erstinstanzlich vernichtet wird, dem Eingriff beliebiger Verletzer schutzlos ausgesetzt ist. Es wäre mit den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens unvereinbar, wenn sich das Verletzungsgericht in einem solchen Fall jedweder eigenen materiellen Prüfung der Nichtigkeitsentscheidung enthalten und sich an das noch nicht rechtskräftige Nichtigkeitsurteil auch dann gebunden sehen würde, wenn es sich um eine klare Fehlentscheidung handelt. In derartigen Konstellationen ist das Verletzungsgericht bei hinreichender eigener Sachkunde vielmehr aufgerufen, sich über das erkennbar unrichtige Votum der Nichtigkeitsinstanz hinwegzusetzen und den Erlass einer einstweiligen Verfügung trotz erstinstanzlicher Vernichtung des Verfügungspatentes in Betracht zu ziehen (Senat, a.a.O. – Olanzapin). Hinzukommen zur evidenten Unrichtigkeit der Vernichtungsentscheidung muss in einem solchen Fall allerdings, was im Falle „Olanzapin“ auf der Hand lag und deshalb vom Senat dort nicht besonders betont worden ist, dass dem Patentinhaber ein ganz erheblicher Nachteil droht, wenn er bis zur Rechtsmittelentscheidung im Rechtsbestandsverfahren daran gehindert wird, seine Verbietungsrechte durchzusetzen. Bei einem Arzneimittelpatent und dem Auftreten von Generikaherstellern versteht sich dies von selbst; im Übrigen bedarf es hierzu substanziierten Sachvortrages des Antragstellers.

2.
Bei Anwendung dieser Grundsätze überwiegen im Streitfall die Interessen der Antragstellerin die Belange der Antragsgegnerin. Für letztere streitet zwar, soweit die Antragstellerin ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf die erteilten Ansprüche 1, 16 und 21 stützt, dass das Bundespatentgericht das Verfügungspatent durch Urteil vom 28. September 2006 – 2 Ni 37/04 – (Anlage ASt 7) mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland insoweit teilweise für nichtig erklärt hat, als es über die Ansprüche 6 bis 23 in der erteilten Fassung hinausgeht. Es ist jedoch mit hinreichender Sicherheit zu erwarten, dass das Nichtigkeitsurteil im Berufungsverfahren keinen Bestand haben wird.

a)
Das Bundespatentgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass es den Ansprüchen 1 bis 5 des Verfügungspatents – ebenso wie dem Vorrichtungsanspruch 16 und dem Verwendungsanspruch 21 in ihrer Rückbeziehung auf diese Ansprüche – im Hinblick auf die CH 688 244 YY (Anlage ASt 12, Anlage N2 im Nichtigkeitsverfahren) an der erforderlichen Neuheit fehle, wobei das Bundespatentgericht dies hinsichtlich des hier in erster Linie interessierenden Anspruchs 1 im Wesentlichen wie folgt begründet hat: Anhand Seite 4, linke Spalte, Zeilen 5 ff. der CH 688 244 YY erschließe sich dem Fachmann, dass sich die für die Übergabe relevante Förderstrecke (Förderstreckenabschnitt) für die Druckprodukte, in welcher die Druckprodukte zu stabilisieren und zu positionieren seien, bis in den Bereich der Steuerkurve 15 erstrecken könne, da die Druckprodukte zumindest bis zu dieser Stelle durch die Fördermittel (Greifer 11) an ihrer Oberkante gehalten seien und hängend transportiert würden. Weder dem Wortlaut des Anspruchs 1 noch der Beschreibung des Verfügungspatents sei zu entnehmen, dass der relevante Förderstreckenabschnitt bereits vor einer Verarbeitungsstelle enden solle; vielmehr sei gerade Gegenteiliges den Figuren 1 bis 4 des Verfügungspatents zu entnehmen. Auch der gesamte kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 des Verfügungspatents werde durch die CH 688 244 YY vorweggenommen. Insbesondere seien die Eintrittskante 7a und die hintere Abteilwand 6 als Führungselemente anzusehen. Der Wortlaut des Anspruchs 1 lasse es völlig offen, welchem konstruktiven Bereich und Aggregat des Transportweges der Druckprodukte die Führungselemente zugeordnet sein sollten, so dass diese sowohl als Teil der Fördereinrichtung mit den Greifern als auch als Teil der Verarbeitungstrommel oder auch als separates Bauteil ausgebildet sein könnten. Der Anspruch 1 schließe zudem auch keine Doppelfunktion dieser Teile aus; so dienten beispielsweise die Abteilwände der Verarbeitungstrommel gemäß der CH 688 244 YY sowohl der Aufnahme der Druckprodukte als auch der Stabilisierung und Positionierung.

Dieser Beurteilung vermag – ebenso wie das Landgericht – auch der erkennende Senat nicht beizutreten. Sie wird voraussichtlich auch keinen Bestand haben.

Die Schweizer Patentschrift 668 244 (Anlage ASt 12) ist bei der Erteilung des Verfügungspatents berücksichtigt worden und sie wird in der Verfügungspatentschrift ausführlich behandelt, und zwar als einziger Stand der Technik. Ihr Gegenstand wird in der Verfügungspatentschrift vollständig und zutreffend beschrieben. Es ist also nicht etwa so, dass ein bestimmtes Ausführungsbeispiel dieser älteren Druckschrift übersehen worden ist und damit der Offenbarungsgehalt der Vorveröffentlichung im Erteilungsverfahren nur unvollständig erfasst worden ist.

Das Verfügungspatent will das aus dieser älteren Patentschrift bekannte Verfahren verbessern. Es schlägt in Abgrenzung zu diesem Stand der Technik vor, dass die angestrebte Stabilisierung und Positionierung der Druckprodukte durch Führungselemente (12) bewirkt werden soll, die über einen bestimmten Abschnitt der Förderstrecke in den Förderstrom eingeführt und in Förderrichtung mitbewegt werden (Merkmal 2). Diese Führungselemente (12) sollen die Druckprodukte über mindestens einen Teil dieses Abschnittes der Förderstrecke derart führen, dass die Druckprodukte an mindestens einer Stelle eine definierte, stabile und von der Fördergeschwindigkeit unabhängige Lage haben (Merkmal 3).

Der Begriff „Führungselemente“ wird im Verfügungspatent nicht definiert, weshalb der Fachmann diesen Begriff so deuten wird, wie dies angesichts der ihm nach dem offenbarten Erfindungsgedanken zugedachten technischen Funktion angemessen ist. Eine solche funktionsorientierte Auslegung kommt jedenfalls dann zum Tragen, wenn – wie hier – die Wortwahl des Patentanspruchs kein eindeutig feststehendes Verständnis erlaubt (BGH, GRUR 2005, 41, 42 – Staubsaugersaugrohr; GRUR 2001, 232, 233 – Brieflocher). Bei der danach gebotene funktionsorientierten Auslegung, welche das Bundespatentgericht unterlassen hat, wird der Fachmann vorliegend berücksichtigen, dass sich das Verfügungspatent durch die patentgemäßen Führungselemente gerade von der entgegengehaltenen Schweizer Patentschrift 668 244 abgrenzen will. Es ist schon deswegen im Ansatz bedenklich, in Bauteilen des inhaltlich zutreffend beschriebenen gattungsbildenden Standes der Technik die kennzeichnenden Merkmale der Erfindung verwirklicht zu sehen, die das Verfügungspatent gerade vom Vorbekannten abheben und unterscheiden sollen.

Wie bereits ausgeführt (siehe oben), schlägt die in Rede stehende CH 688 244 YY vor, Druckprodukte entlang eines geradlinigen und im Wesentlichen in horizontaler Richtung verlaufenden Förderweges in im Wesentlichen vertikaler Hängelage an die Verarbeitungstrommel heran zu führen. Das Verfügungspatent sieht diese Art der Zuführung zwar für ausreichend steife und relativ langsam geförderte Druckprodukte als brauchbar an. Bei weniger steifen Druckprodukten und höheren Fördergeschwindigkeiten wird das bekannte Verfahren jedoch als verbesserungsbedürftig angesehen. Die CH 688 244 YY hat zwar schon selbst erkannt, dass es – vor allem bei sehr hohen Fördergeschwindigkeiten (Anlage ASt 12, Seite 4, rechte Spalte, Zeilen 6 bis 10) – zweckmäßig und sogar notwendig sein kann, die Druckprodukte vor dem Einbringen in die Abteile der Verarbeitungstrommel in ihrer Hängelage zu stabilisieren (Anlage ASt 12, Unteransprüche 9 und 10; Seite 3, rechte Spalte, Zeilen 23 bis 26; Seite 4, rechte Spalte, Zeilen 6 bis 10). Sie schlägt deshalb vor, der Verarbeitungstrommel eine Abstützeinrichtung vorzuschalten, auf der die Druckprodukte mit ihrer unteren Seitenkante zur Auflage kommen und so während ihres weiteren Förderungsweges geführt werden (ASt 12, Seite 3, rechte Spalte, Zeilen 26 bis 30; Seite 4, linke Spalte, Zeile 45 bis rechte Spalte, Zeile 5). Im Ausführungsbeispiel der CH 688 244 YY (vgl. Figur 2) ist diese – der Verarbeitungstrommel (1) in Förderrichtung (B) der Druckprodukte (9) vorgeschaltete – Abstützeinrichtung (18) als auf die Geschwindigkeit des Förderers abgestimmt umlaufendes Förderband (19) ausgebildet, auf dessen oberem Trum (19a) die Unterkante (9b) der Druckprodukte aufliegt (Anlage ASt 12, Seite 4, linke Spalte, Zeile 45 bis rechte Spalte, Zeile 18). Auf diese Weise sollen die Druckprodukte in ihrer Hängelage stabilisiert werden, wodurch sichergestellt werden soll, dass die Druckprodukte in einer genau definierten, im Wesentlichen vertikalen Lage zur Verarbeitungstrommel kommen sollen, auf dessen oberem Trum (19a) die Unterkante (9b) der Druckprodukte aufliegt (Anlage ASt 12, Seite 4, linke Spalte, Zeile 63 bis rechte Spalte, Zeile 2). Das genügt dem Verfügungspatent jedoch nicht. Es sieht diese Art der Stabilisierung bei zunehmender Fördergeschwindigkeit und nicht sehr steifen Druckprodukten im Hinblick auf den weiter zunehmenden Luftwiderstand und das hierdurch bedingte stärkere Ausbiegen als nicht ausreichend an. Denn die nur auf dem mitlaufenden Förderband mit ihrer Unterkante aufliegenden Druckprodukte werden auf ihrer zwischen Ober- und Unterkante liegenden Fläche weiter gegen die Förderrichtung gebogen; dadurch entsteht die Gefahr, dass die Wölbung ein Maß erreicht, bei dem die Unterkante zu weit angehoben wird und nicht mehr an das Förderband heran reicht (Anlage ASt 4, Spalte 2, Zeilen 1 bis 7).

Wenn das Verfügungspatent aber selbst die bereits der Stabilisierung der Druckprodukte dienende Abstützeinrichtung der CH 688 244 YY als unzureichend ansieht, liegt auf der Hand, dass dies um so mehr für die – erst nachgeschalteten – Abteilwände der Verarbeitungstrommel und deren Kanten gilt. Für mit hoher Geschwindigkeit geförderte, wenig steife Druckprodukte geht bereits die CH 688 244 YY davon aus, dass es im Bereich der Zuführung der Druckprodukte an die Verarbeitungstrommel, also vor dem Beginn des Einführens der Druckprodukte in deren Abteile, Stabilisierungsmaßnahmen bedarf bzw. bedürfen kann. Sie lehrt dem Fachmann deshalb, die Druckprodukte vor ihrem Einführen in Abteile einer Weiterverarbeitungsstation mittels einer vorgeschalteten Abstützeinrichtung in ihrer Lage zu stabilisieren. Die dortigen Abteilwände der Verarbeitungsvorrichtung tragen hierzu bei hohen Fördergeschwindigkeiten nichts bei, weil die Abteilwände bzw. ihre Kanten eine Stützwirkung erst entfalten können, nachdem die Druckprodukte bereits in die Abteile eingeführt worden sind. Diese können deshalb nicht gewährleisten, dass die Druckprodukte in einer genau definierten, stabilen und von der Fördergeschwindigkeit unabhängigen Lage zur Verarbeitungstrommel kommen.

Die Abteilwände bzw. Kanten der Verarbeitungstrommel stellen aus diesem Grunde keine Führungselemente im Sinne des Verfügungspatents dar, welches bezweckt, die Druckprodukte gerade vor bzw. spätestens bei einer Positionierungsstelle zu stabilisieren und positionieren. Dabei geht das Verfügungspatent davon aus, dass diese Positionierungsstelle vor einer Verarbeitungsstelle (z. B. Verarbeitungstrommel), welcher die Druckprodukte zugeführt werden sollen, liegt. Denn die erfindungsgemäße Stabilisierung und Positionierung dient gerade dazu, eine präzise Zuführung der Druckprodukte zu einer Verarbeitungsstelle zu ermöglichen, wobei die Stabilisierung und Positionierung durch die Führung der erfindungsgemäßen Führungselemente – und nicht durch eine im Anspruch nicht erwähnte Verarbeitungsstelle – ermöglicht werden soll. Das Verfügungspatent weist den Führungselementen demgemäß die technische Funktion zu, sicher zu stellen, dass die von den Fördermitteln gehaltenen flächigen Gegenstände, die wenig steif, instabil und einer Verformung durch den Luftwiderstand ausgesetzt sind, an einem bestimmten Punkt so zu stabilisieren und zu positionieren, dass sie auch bei hohen Fördergeschwindigkeiten problemlos von einer Verarbeitungsstelle aufgenommen werden können.

Dass es hierum geht, entnimmt der Fachmann auch der Patentbeschreibung, in der zunächst als Vorteil der hängenden Zuführung herausgestellt wird, dass die Fördermittel nicht in die unmittelbare Nähe der „Zuführung“ geführt werden müssen und dadurch die „eigentliche Zuführung“ ungestört bleibt und die Fördermittel in einfacher Weise von der „Zuführungsstelle“ weggeleitet werden können (Anlage ASt 4, Spalte 1, Zeilen 28 bis 33). Ferner wird hinsichtlich der in Rede stehenden CH 688 244 YY ausgeführt, dass es aus dieser bereits bekannt ist, die Unterkanten der hängenden Druckprodukte kurz „vor der Zuführungsstelle“ mit einem parallel zur Förderrichtung laufenden Förderband zu erfassen und damit zu stabilisieren (Anlage ASt 4, Spalte 1, Zeilen 43 bis 47), wobei in diesem Zusammenhang bemerkt wird, dass es „für die Zuführung, beispielsweise zu einer Verarbeitungstrommel,“ vorteilhaft sein kann, wenn die Geschwindigkeit des Förderbandes nicht genau dieselbe wie die Geschwindigkeit der Förderelemente ist und dadurch die Unterkante der Druckprodukte gegenüber der Oberkante beschleunigt oder verzögert wird, so dass die Druckprodukte „an der Zuführungsstelle“ eine leicht schräge Lage haben (Anlage ASt 4, Spalte 1, Zeilen 47 bis 58). An dem aus der CH 688 244 YY bekannten Verfahren bemängelt das Verfügungspatent, dass eine präzise „Zuführung“ dann problematisch wird, wenn die hängend geförderten Druckprodukte nicht sehr steif sind und zudem die Fördergeschwindigkeit derart hoch ist, dass ein beträchtlicher Luftwiderstand entsteht (Anlage ASt 4, Spalte 2, Zeilen 1 bis 7). Eine „Zuführung“ soll aber auch in diesen Fällen eindeutig sein (Anlage ASt 4, Spalte 2, Zeilen 7 bis 9). Das Verfügungspatent hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, ein Verfahren aufzuzeigen, mit dem flächige Gegenstände, insbesondere Druckprodukte, die von einzelnen Fördermitteln gehalten, beispielsweise an Klammern hängend, gefördert werden, an bestimmten Stellen der Förderstrecke – und damit vor der Zuführung – stabilisiert und exakt positioniert werden können (Anlage ASt 4, Spalte 2, Zeilen 27 bis 33). Hinsichtlich der vorgeschlagenen Lösung dieses technischen Problems heißt es in der Beschreibung, dass das Grundprinzip des erfindungsgemäßen Verfahrens darauf beruht, dass vor einer „Positionierungsstelle“, an der die beispielsweise hängenden Druckprodukte eines Förderstromes eine ganz bestimmte Lage haben sollen, Führungselemente von oben in den Förderstrom eingeführt werden, dass die Führungselemente bis zur „Positionierungsstelle“ im Förderstrom derart bewegt werden, dass sie die Druckprodukte des Förderstromes allmählich in die vorgesehene Lage führen, und dass die Führungselemente nach der „Positionierungsstelle“ wieder nach oben aus dem Förderstrom hinaus geführt werden (Anlage ASt 4, Spalte 3, Zeilen 12 bis 26). Hinsichtlich des in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiels wird ferner erläutert, dass es das Ziel des erfindungsgemäßen Verfahrens ist, die Druckprodukte an der „Positionierungsstelle P“ in eine vorgesehene, genau definierte Läge zu bringen (Anlage ASt 4, Spalte 3, Zeilen 52 bis 56). In Bezug auf diese Positionierungsstelle P heißt es dann in Spalte 5, Zeilen 25 bis 34 der Beschreibung:

„Nach der Positionierungsstelle P, an der für die meisten Anwendungen die Unterkante des Druckproduktes 11x von einer anderen Führung, beispielsweise von den Rändern des Abteils einer Verarbeitungstrommel, in das das Druckprodukt zugeführt werden soll, übernommen und gleichzeitig oder etwas später vom Fördermittel 10.x losgelassen wird, ist eine Führung durch das Führungselement 12.x nicht mehr notwendig und wäre für viele Anwendungen sogar störend.“

Damit ist dem Fachmann aber klar, dass es um eine Stabilisierung und Positionierung der Druckprodukte während ihrer Förderung durch die Fördermittel vor der Zuführung der Druckprodukte zu einer Verarbeitungsstelle (z. B. Verarbeitungstrommel) geht, wobei die Stabilisierung und Positionierung durch die Führungselemente, welche von der Verarbeitungsvorrichtung zu unterscheiden sind, erfolgen soll. Das Verfügungspatent weist den Führungselementen insoweit die technische Funktion zu, sicher zu stellen, dass die von den Fördermitteln gehaltenen flächigen Gegenstände, die wenig steif, instabil und einer Verformung durch den Luftwiderstand ausgesetzt sind, an einem bestimmten Punkt so stabilisiert und positioniert werden, dass sie auch bei hohen Fördergeschwindigkeiten problemlos von einer Verarbeitungsstelle aufgenommen bzw. einer solchen zugeführt werden können. Die Druckprodukte sollen durch die patentgemäßen Führungselemente in einer definierten, stabilen und von der Fördergeschwindigkeit unabhängigen Lage zur Verarbeitungstrommel kommen und damit nicht gegen die Förderrichtung gebogen werden. Dies können die Eintrittskante (7a) und die hintere Abteilwand (6) der Verarbeitungstrommel bei dem Stand der Technik gemäß der Schweizer Patentschrift 668 244 ersichtlich nicht gewährleisten, weshalb diese auch keine Führungselemente im Sinne des Verfügungspatents darstellen.

Die Schweizer Patentschrift 668 244 steht daher der Neuheit der Lehre des Anspruchs 1 des Verfügungspatents nicht entgegen. Zum selben Ergebnis kommt auch der vom Bundesgerichtshof im Nichtigkeitsberufungsverfahren beauftragte Sachverständige Dr. B (Anlage ASt 11a, Seiten 7 bis 8), der in seinem schriftlichen Gutachten ausführt, dass sich die aus der entgegengehaltenen CH 688 244 YY bekannte Vorrichtung „tief greifend“ vom Anspruch 1 des Verfügungspatents unterscheidet und keine definierte und stabile Lage der Druckprodukte gewährleistet (Anlage ASt 11a, Seiten 7). In diesem Zusammenhang geht der Gutachter des Bundesgerichtshofs allein auf die in der CH 688 244 YY offenbarte Abstützvorrichtung bzw. das dortige Förderband ein. Dem ist zu entnehmen, dass der im Nichtigkeitsberufungsverfahren beauftragte Sachverständige es offenbar für fernliegend ansieht, die Abteilwände und Kanten der Verarbeitungstrommel des Gegenstandes der CH 688 244 YY als Führungselemente im Sinne des Verfügungspatents anzusehen.

Die CH 688 244 YY kann dem Fachmann das von Anspruch 1 des Verfügungspatents vorgeschlagene Verfahren bei dem gegebenen Offenbarungsgehalt ersichtlich auch nicht nahe legen.

b)
Den entgegengehaltenen weiteren druckschriftlichen Stand der Technik hat das Landgericht ebenfalls zu Recht und auch mit zutreffender Begründung als nicht schutzhindernd eingestuft.

aa)
Die Schweizer Patentschrift 593 797 (Anlage rop 3; Anlage N 4 im Nichtigkeitsverfahren), deren Figuren 1 und 2 nachstehend eingeblendet werden, betrifft, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ein andersartiges Verfahren, nämlich die liegende Förderung von Druckprodukten im Schuppenstrom und deren Öffnung für den Einschub von Beilagen. Sie beschreibt das Aufspreizen von Zeitungen, welche mit einer der beiden gefalzten Lagen falzvoran geschuppt auf einem Transportband gefördert werden; schwertartige Stangen greifen seitlich zwischen die Lagen und spreizen eine Lage auf, indem sie sich mit dem Transportband fortbewegend kontinuierlich von diesem entfernen.

Dieser liegende Transport ist von dem in Anspruch 1 des Verfügungspatents beschriebenen Verfahren zu unterscheiden. Schon der Ausdruck „gehalten“ in Anspruch 1 (Merkmal 1) besagt für den angesprochenen Durchschnittsfachmann, dass die Fördermittel mehr tun müssen, als nur eine Auflagefläche für liegend geförderte Gegenstände zur Verfügung zu stellen (vgl. Senat, Urteil vom 23.03.2006, Anlage Ast 2, Seite 16 letzter Absatz bis Seite 18 erster Absatz; Seite 19 zweiter Absatz; Seite 21 erster Absatz). „Gehalten“ werden müssen insbesondere hängend fortbewegte Gegenstände, weil sie gegen Schwerkraft und Luftwiderstand wenigstens an einer Seite mit Hilfe des Fördermittels fixiert werden müssen. Dass lediglich auf einem Förderband im Schuppenstrom liegend bewegte Druckprodukte nicht von der im Verfügungspatent beanspruchten Erfindung umfasst sind, entnimmt der Fachmann darüber hinaus auch der Patentbeschreibung, die – wie bereits ausgeführt – einleitend als Stand der Technik von der Schweizer Patentschrift 668 244 (Anlage Ast 12) ausgeht, in welcher die liegende Förderung im Schuppenstrom als nachteiliger Stand der Technik kritisiert wird, und die statt dessen eine hängende Zuführung vorschlägt, welche das Verfügungspatent grundsätzlich beibehalten und verbessern will (Senat, Urteil vom 23.03.2006, Anlage Ast 2, Seite 16 f.). Auch sieht der Durchschnittsfachmann an der Aufgabenstellung des Verfügungspatents, dass im Schuppenstrom liegend geförderte Druckprodukte keine von einzelnen Fördermitteln gehaltenen Gegenstände im Sinne der vorliegenden Erfindung sind, denn bei einer liegenden Fortbewegung im Schuppenstrom treten die Stabilitäts- und Positionierungsprobleme, deren Lösung die patentierte Erfindung anstrebt, nicht auf (Senat, Urteil vom 23.03.2006, Anlage Ast 2, Seite 19). Schließlich sind auch in den Förderstrom hineinragende und dort eingeführte Führungsmittel bzw. –elemente, wie sie in den Merkmalen 2 ff. beschrieben werden, für den Durchschnittsfachmann ein weiterer Beleg dafür, dass die Erfindung keine (nur) liegende Förderung im Schuppenstrom erfasst, denn bei dieser Art der Förderung werden derartige Fördermittel nicht benötigt, weil liegend geförderte Druckprodukte keinem sie gegen die Förderrichtung wegbiegenden Luftwiderstand ausgesetzt sind (Senat, Urteil vom 23.03.2006, Anlage Ast 2, Seite 21).

Die Lehre der CH 593 797 YY nimmt den Gegenstand des Anspruches 1 daher nicht neuheitsschädlich vorweg, wovon im Ergebnis auch der vom Bundesgerichtshof im Nichtigkeitsberufungsverfahren beauftragte Sachverständige ausgeht (Anlage ASt 11a, Seiten 8),

Die CH 593 797 YY ist auch nicht geeignet, dem angesprochenen Durchschnittsfachmann die Lehre des Anspruchs 1 des Verfügungspatents nahe zu legen. Der Fachmann müsste dazu erkennen, dass die schwertartigen, zum Spreizen verwendeten Stangen auch als Führungselemente zur Stabilisierung und Positionierung von nicht liegend, sondern von an Fördermitteln gehaltenen, insbesondere hängend geförderten Druckprodukten verwendet werden können. Dazu bietet ihm die ältere Druckschrift, die sich nur mit der Liegend-Förderung befasst, keinen Anhaltspunkt (vgl. Senat, Urteil vom 23.03.2006, Anlage Ast 2, Seite 23 f.).

bb)
Zur europäischen Patentanmeldung 0 241 ZZX (Anlage rop 4; Anlage N 5 im Nichtigkeitsverfahren) hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass der Fachmann dieser Druckschrift zur Lösung des hier in Rede stehenden Problems nicht mehr entnehmen konnte, als ihm bereits aus der oben behandelten Schweizer Patentschrift 668 244 bekannt war (vgl. a. Senat, Urteil vom 23.03.2006, Anlage Ast 2, Seite 24 f.). Ihr Gegenstand stimmt – wovon auch das Bundespatentgericht ausgegangen ist (Anlage rop 3, Seite 19 dritter Absatz) – weitgehend mit dem Gegenstand nach der CH 688 244 YY überein. Die in der nachstehend wiedergegebenen Figur 7 auf dem Förderband dargestellten Vorsprünge (Stege), welche in der EP 0 241 ZZX A1 ansonsten nicht erwähnt oder beschrieben werden, können bei hohen Fördergeschwindigkeiten, bei denen sich die hängenden Druckprodukte entgegen der Förderrichtung zurückbiegen, keine Stabilisierung und Positionierung von dünnen und biegeweichen Druckprodukten bewirken, weil sie den Druckprodukten in Förderrichtung voraus laufen (vgl. a. Gutachten B, Anlage AST 11a, Seite 9).

cc)
Die EP 0 380 XYZ XX (Anlage rop 2; Anlage N 5 im Nichtigkeitsverfahren), auf die bereits oben unter A. 1. b) ee) eingegangen worden ist, steht der Patentfähigkeit der technischen Lehre des Anspruchs 1 des Verfügungspatents ebenfalls nicht entgegen (vgl. a. Senat, Urteil vom 23.03.2006, Anlage Ast 2, Seite 25 f.). Denn bei diesem Stand der Technik stellen – wovon das Landgericht mit Recht ausgegangen ist – die Klemmplatten (16, 17) des Fächerrades (18) keine Führungsmittel im Sinne der beanspruchten Erfindung dar. Es handelt sich vielmehr um ein weiteres Förder- bzw. Transportmittel (siehe oben). Was die Übergabe der Druckprodukte vom Kettenförderer (1) an das Fächerrad (18) anbelangt, stimmt der Gegenstand der EP 0 380 XYZ XX weitgehend mit dem Gegenstand nach der CH 688 244 YY überein. Davon, dass auch diese Entgegenhaltung der Neuheit der Lehre des Anspruchs 1 des Verfügungspatents nicht entgegensteht, geht im Übrigen auch der
BGH-Gutachter aus (Anlage ASt 11a, Seiten 9 bis 10).

dd)
Schließlich vermögen auch die von der Antragsgegnerin zuletzt noch in das vorliegende Verfahren eingeführten Druckschriften, nämlich die europäische Anmeldung 0 218 XZA (Anlage rop 5), die deutsche Offenlegungsschrift 26 57 XZB (Anlage rop 6) und die europäische Patentanmeldung 0 312 XZC (Anlage rop 7), den Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht in einem hinreichenden Umfang in Frage zu stellen. Das gilt formal schon deshalb, weil diese Entgegenhaltungen bislang unstreitig nicht in das Nichtigkeitsverfahren eingeführt worden sind und die Antragsgegnerin weder schriftsätzlich noch im Verhandlungstermin vor dem Senat vorgetragen hat, dass sie diese Schriften dort noch vorlegen will. Abgesehen davon teilt der Senat aber auch die Einschätzung des Landgerichts in seinem zwischenzeitlich im Hauptsacheverfahren (4b O 292/07) ergangenen Urteil vom 9. Dezember 2008 (Anlage ROKH 1), wonach auch diese Druckschriften die technische Lehre des Anspruchs 1 des Verfügungspatents weder neuheitsschädlich vorwegnehmen noch nahe legen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der dortigen Entscheidung verwiesen.

c)
Soweit der Rechtsbestand des Verfügungspatents von der Antragsgegnerin unter dem Gesichtspunkt einer offenkundigen Vorbenutzung in Frage gestellt wird, konnte dies vorliegend im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung nicht zugunsten der Antragsgegnerin berücksichtigt werden.

Das gilt schon deshalb, weil es im vorliegenden Verfügungsverfahren an jedwedem näherem Sachvortrag der Antragsgegnerin zu der angeblichen Vorbenutzung fehlt.

Unabhängig davon vermag die von der Antragsgegnerin behauptete offenkundige Vorbenutzung den Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht in einem solchen Umfang in Frage zu stellen, dass in einem Hauptsacheverfahren eine Aussetzung in Betracht käme. Denn die Antragstellerin kann, wie sich aus dem im vorausgegangenen Verfügungsverfahren der Parteien ergangenen Urteil des Senats vom 23. März 2006 (Anlage Ast 2, Seiten 27 ff.), dem angefochtenen Urteil des Landgerichts (Seite 22), dem zwischenzeitlich im Hauptsacherechtsstreit ergangenen Urteil des Landgerichts vom 9. Dezember 2008 (4b O 292/07, Anlage ROKH 1, Seite 34 f.) sowie dem Nichtigkeitsurteil des Bundespatentgerichts (Anlage Ast 7, Seite 20 unten bis Seite 21 oben) ergibt, die von ihr behauptete offenkundige Vorbenutzung nicht lückenlos durch liquide Beweismittel belegen. Sie ist vielmehr – zumindest teilweise – auch auf Zeugenbeweis angewiesen (vgl. Urteil des BPatG, Anlage Ast 7, Seite 20 unten bis Seite 21 oben; Berufungsbegründung der Antragsgegnerin im Nichtigkeitsberufungsverfahren, Anlage Ast 8, Seite 13 zweiter Absatz), weshalb sie selbst im Hauptsacherechtsstreit keine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits im Hinblick auf die von ihr behauptete offenkundige Vorbenutzung erreichen könnte.

Wird die Nichtigkeit eines Patentes – wie hier – auf eine offenkundige Vorbenutzung gestützt, so setzt eine Aussetzung der Verhandlung im Hauptsacheverfahren zunächst eine schlüssige und detaillierte Darstellung des Vorbenutzungstatbestandes mit entsprechenden Beweisantritten im Nichtigkeitsverfahren voraus. Um auch die darüber hinaus erforderliche Wahrscheinlichkeit des positiven Nachweises der Vorbenutzung darzutun, müssen darüber hinaus zusätzliche objektive Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Vorbenutzungs-Behauptung vorgetragen werden. Eine Beweisaufnahme zur weiteren Klärung des voraussichtlichen Erfolges der Nichtigkeitsklage als Grundlage für eine Aussetzungsentscheidung nach § 148 ZPO kommt nicht in Betracht. Eine solche Beweisaufnahme wäre für das Nichtigkeitsverfahren nicht verbindlich, könnte den Ablauf jenes Verfahrens stören, griffe letztlich in die Kompetenz für die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage ein und würde den Sinn und Zweck einer Aussetzung nach § 148 ZPO, überflüssige Mehrarbeit und einander widersprechende Entscheidungen in parallelen Prozessen zu verhindern, in sein Gegenteil verkehren (st. Rspr. des Senats, vgl. z. B. GRUR 1979, 636, 637 – Ventilanbohrvorrichtung). Wird der Rechtsbestand eines Patentes mit einer angeblich offenkundigen Vorbenutzung angegriffen, so kommt die Aussetzung eines Hauptsacheverfahrens vor diesem Hintergrund nur in Betracht, wenn der Verletzer die behauptete Vorbenutzungshandlung im Verletzungsrechtsstreit durch liquide Beweismittel (wie Urkunden oder dergleichen) nachweisen kann. Ein Aussetzungsantrag, der auf eine angeblich offenkundige Vorbenutzung gestützt ist, welche nicht lückenlos durch liquide Beweismittel belegt ist, sondern – zumindest in Teilen – auch auf einen Zeugenbeweis angewiesen ist, muss hingegen ohne Erfolg bleiben. Da eine Vernehmung der angebotenen Zeugen nur im Nichtigkeitsverfahren, jedoch nicht im Verletzungsprozess erfolgt, ist bereits unvorhersehbar, in welcher Weise die benannten Zeugen überhaupt aussagen werden und ob ihre Aussagen, wenn sie für den Einsprechenden/Nichtigkeitskläger günstig sind, für glaubhaft gehalten werden. Schon wegen dieser gänzlich unsicheren Prognose verbietet sich die Annahme, es sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Vernichtung des Patents zu erwarten. Daran ändert auch nichts, dass schriftliche Erklärungen der Zeugen vorgelegt werden. Da es für die Richtigkeit ihres Vorbringens keine objektiven Anhaltspunkte gibt, ist auch keine hinreichend zuverlässige Prognose möglich, ob die Zeugen bei den in ihren eidesstattlichen Versicherungen niedergelegten Aussagen bleiben werden und wie das Bundespatentgericht ihre Glaubwürdigkeit beurteilen wird.

Unter solchen Umständen kann der Verletzer folglich einer Verurteilung im Hauptsacheprozess nicht entgehen. Dies muss – auch wenn es im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich nur auf eine Glaubhaftmachung des Parteivortrages ankommt und die eidesstattliche Versicherung als Mittel zur Glaubhaftmachung zugelassen ist – Auswirkungen auch auf die Handhabung im einstweiligen Verfügungsverfahren haben, wenn dort, gestützt auf Zeugenbeweis, eine offenkundige Vorbenutzung der Erfindung eingewendet wird. Auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gelten insoweit keine anderen Maßstäbe. Die Tatsache, dass das Verletzungsgericht im Hinblick auf eine bestrittene offenkundige Vorbenutzung eine nur beschränkte Prüfungskompetenz besitzt, die eigene Beweisermittlungen ausschließt, darf auch im Verfügungsverfahren nicht übergangen werden. Sie gebietet – im Gegenteil – in dem Sinne Beachtung, dass der Rechtsbestand nur dadurch relevant erschüttert werden kann, dass ein die Erfindung vorwegnehmender oder nahelegender Vorbenutzungstatbestand in einer Art und Weise nachgewiesen wird, der in einem parallelen Hauptsacheverfahren dessen Aussetzung rechtfertigen würde. Ein anderer Maßstab kann nur dann anzulegen sein, wenn der Verletzer plausibel geltend machen kann, dass er deshalb auf Zeugen und deren eidesstattliche Versicherungen angewiesen ist, weil es ihm in der Kürze der im einstweiligen Verfügungsverfahren verbleibenden Zeit nicht möglich war, den Vorbenutzungssachverhalt liquide zu belegen, was hier jedoch nicht der Fall ist. Abgesehen davon hat die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren nicht einmal eidesstattliche Versicherungen von Zeugen präsentiert.

Ergänzend wird im Übrigen auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 23. März 2006 (Anlage Ast 2, Seiten 27 bis 32) verwiesen. Die Antragsgegnerin zeigt vorliegend keine Umstände auf, die eine anderweitige Beurteilung rechtfertigen könnten.

d)
Vergleicht man unter diesen Umständen die Folgen, die sich für die Antragstellerin ergäben, wenn man ihr die begehrte einstweilige Verfügung versagte, das Schutzrecht sich aber auf die Nichtigkeitsberufung als rechtsbeständig erweist, mit denjenigen Nachteilen für die Antragsgegnerin, wenn man ihr einstweilen den Vertrieb der angegriffenen Vorrichtung verbietet, so sind hier die Interessen der Antragstellerin schutzwürdiger.

Die Antragstellerin hat dargetan und glaubhaft gemacht (Anlage ROKH 5), dass das Verfügungspatent eine enorme technische und wirtschaftliche Bedeutung für sie hat, weil erst die Verwendung der erfindungsgemäßen Bestückungshilfe es ermöglicht, eine Einstecklinie für Hochleistungsprozesse auch bei flexiblen, flatternden Druckprodukten (z. B. dem dünnen Umschlagteil einer Zeitung) anzubieten. In Übereinstimmung hiermit hat auch der vom Bundesgerichtshof im Nichtigkeitsberufungsverfahren beauftragte Sachverständige die Bedeutung der Lehre nach Anspruch 1 des Verfügungspatents als hoch eingestuft. (Anlage ASt 11a, Seite 14). Es handelt sich um keine mehr oder weniger bedeutsame Detailerfindung. Vielmehr spielt die Erfindung nach dem Verfügungspatent für die Verwertung der Gesamtanlage eine entscheidende Rolle. Denn sie gewährleistet es, eine gesamte Anlage zur Bearbeitung solcher flexibler Druckprodukte bei deutlich höheren Geschwindigkeiten als im Stand der Technik zu betreiben. Konkret ermöglicht die patentgemäße Bestückungshilfe nach den Darlegungen der Antragstellerin, bis zu 50.000 Exemplare pro Stunde zuverlässig zu verarbeiten, wohingegen es mit herkömmlichen Anlagen nicht möglich ist, solche flexiblen Druckprodukte, die hängend mit Greifern gefördert werden, bei Leistungen von mehr als ca. 20.000 Exemplaren pro Stunde zuverlässig in hohen Stückzahlen an eine Bearbeitungsvorrichtung zu übergeben. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber geltend gemacht hat, sie habe auf der „D 2008“ eine mit einem Leitblech ausgerüstete Maschine vorgeführt, mit welcher ebenfalls hohe Stückzahlen erreicht worden seien, steht dies dem nicht entgegen. Denn bei dieser Vorführung ist nicht mit flatternden Druckprodukten, sondern mit einer durch eine Beilage versteiften Zeitung gearbeitet worden. Die Antragsgegnerin war bislang unstreitig mit ihren Anlagen nur im „Normalleistungsbereich“ vertreten. Mit der angegriffenen Ausführungsform kann sie nunmehr auch den „Hochleistungsbereich“ bedienen, in welchem es nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragstellerin
– einschließlich der Antragsgegnerin – nur drei Wettbewerber gibt. Um auf diesem Markt Fuß fassen zu können, muss die Antragsgegnerin nach dem ebenfalls unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragstellerin ihre Anlagen zu einem geringeren Preis anbieten. Wie die Antragstellerin im Verhandlungstermin – ebenfalls unwidersprochen – vorgetragen hat, kommt es den Abnehmern jedoch gerade auf den Kaufpreis der Anlage an, wohingegen die Kundenbindung hier weit weniger im Vordergrund steht. Aufgrund des Verhaltens der Antragsgegnerin ist die Antragstellerin deshalb genötigt, ihre eigenen Preise zu senken, wodurch ihr erhebliche finanzielle Nachteile drohen.

3.
Zutreffend ist das Landgericht im angefochtenen Urteil schließlich auch davon ausgegangen, dass es dem Verfügungsbegehren der Antragstellerin nicht an der zeitlichen Dringlichkeit mangelt. Die Antragstellerin hat nach ihrem unwiderlegten Vortrag erst Ende April 2008 erfahren, dass die Antragsgegnerin beabsichtige, die auf der E gezeigte Beschickungshilfe auch auf der Messe „D 2008“ auszustellen. Der anschließend bis zur Antragseinreichung (23.05.2008) verstrichene Zeitraum von nicht einmal einem Monat begründet nicht den Vorwurf eines zögerlichen Verhaltens der Antragstellerin bei der Verfolgung ihrer Ansprüche. Aus dem von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Schriftsatz der Antragstellerin vom 6. Mai 2008 an das Handelsgericht des Kantons (Anlage rop 12) ergibt sich nur, dass die Antragsgegnerin etwa im Mai 2007 im Rahmen eines vorangegangenen Vollstreckungsverfahrens ohne weitere Spezifizierung behauptet hatte, eine „Umgehungslösung“ gefunden zu haben, bei der die Führungselemente nicht mehr von oben, sondern von der Seite in den Förderstrom eingeführt würden. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin keine Kenntnis von den technischen Einzelheiten dieser Ausführungsform hatte, folgte aus der seinerzeit von der Antragsgegnerin aufgestellten Behauptung, eine „Umgehungslösung“ gefunden zu haben, nicht, dass diese „Umgehungslösung“ bereits fertig vorlag und demnächst (auch) in der Bundesrepublik Deutschland angeboten werden solle. Insbesondere ergab sich hieraus nicht, dass die Antragsgegnerin beabsichtigte, die angebliche „Umgehungslösung“ auf der „D 2008“ auszustellen.

C.
Das Verfügungsbegehren der Antragstellerin hat sich durch ein im Prozessverlauf eingetretenes Ereignis erledigt. Denn der Verfügungsgrund ist nachträglich dadurch entfallen, dass das Landgericht die Antragsgegnerin zwischenzeitlich im Hauptsacheverfahren – 4b O 292/07 – durch Urteil vom 9. Dezember 2008 (Anlage ROKH 1) u. a. wegen des Vertriebs der angegriffenen Beschickungsvorrichtung für das Einstecksystem „A“ zur Unterlassung sowie zur Duldung der Vernichtung der vom deutschen Zoll zurückgehaltenen Vorrichtungsteile verurteilt hat.
Erlangt der Antragsteller – wie hier – nach Erlass der einstweiligen Verfügung in der Hauptsache einen vorläufig vollstreckbaren Titel, bedarf es einer besonderen Begründung, weshalb gleichwohl noch eine vorläufig sichernde Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren erforderlich ist (vgl. Senat, InstGE 10, 124 – Inhalator; OLG Düsseldorf [15. ZS], OLGReport 2006, 480, 481; KG, NJWE-WettbR 1999, 293; OLG Karlsruhe, WRP 1996, 590; a. A. OLG Hamm, NJW-RR 1990, 1536; jew. m. w. Nachw.). Denn liegt ein vollstreckbarer Titel vor, besteht grundsätzlich keine Notwendigkeit mehr für eine vorläufige Sicherung des Anspruchs. § 926 ZPO ist nicht zu entnehmen, dass ein Nebeneinander von Verfügungs- und Hauptsacheverfahren stets möglich sein soll. Der Antragsteller kann lediglich ausnahmsweise dann noch auf die einstweilige Sicherung angewiesen sein, wenn ihm die Leistung der in der Hauptsache angeordneten Sicherheit nicht möglich oder zumutbar ist (vgl. OLG Düsseldorf, OLGReport 2006, 480, 481; KG, NJWE-WettbR 1999, 293; OLG Karlsruhe, WRP 1996, 590; Berneke, a.a.O., Rdnr. 57), was hier aber unstreitig nicht der Fall ist. Der Wegfall des Verfügungsgrundes stellt ein erledigendes Ereignis dar (Senat, InstGE 10, 124 – Inhalator; OLG Düsseldorf [15. ZS], OLGReport 2006, 480, 481; Berneke, a.a.O., Rdnr. 50).

Danach hat sich vorliegend das Verfügungsbegehren der Antragstellerin aufgrund des nunmehr vorliegenden Hauptsachetitels erledigt. Denn die Antragstellerin hat im Hauptsacheverfahren einen Unterlassungsanspruch tituliert erhalten und verfügt damit über einen vorläufig vollstreckbaren Titel. Gleiches gilt hinsichtlich des im Wege der einstweiligen Verfügung ferner verfolgten Sequestrationsanspruchs. Durch das im Hauptsacheverfahren ergangene Urteil vom 9. Dezember 2008 hat das Landgericht die Antragsgegnerin nämlich auch dazu verurteilt, die Vernichtung der vom deutschen Zoll zurückgehaltenen Führungselemente und Aufhängungsteile auf ihre Kosten zu dulden, insbesondere die Vernichtung der vom Hauptzollamt, Zollabfertigungsstelle Messe am 13. Mai 2008 zurückgehaltenen, derzeit in zwei Kisten mit der Aufschrift „F“ und „G“ in Verwahrung des Hauptzollamtes befindlichen Bauteile, wie sie in der Aussetzung der Überlassung vom 13.05.2008 in Bezug genommen sind (Tenor zu D. des LG-Urteils vom 09.12.2008, Anlage ROKH 1, Seite 8), wobei sich aus den Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils unter Ziffer III. (Anlage ROKH 1, Seite 26) ergibt, dass sich die betreffenden Gegenstände, die anlässlich der Messe „D 2008“ ausgestellt werden sollten, mittlerweile bei einem Gerichtsvollzieher befinden, der sie in Verwahrung genommen hat. Soweit das Landgericht die Antragsgegnerin zur „Duldung“ der Vernichtung dieser Gegenstände verurteilt hat, ist damit klar, dass eine Eigenvernichtung durch die Beklagte nicht in Betracht kommt und dass die Gegenstände bis zur Vernichtung dort verbleiben sollen, wo sie sich derzeit befinden, also beim Gerichtvollzieher. In diesem Sinne ist der Tenor zu D. des Urteils des Landgerichts vom 9. Dezember 2008 auszulegen. Wenn die betreffenden Gegenstände nach dem im Hauptsacheverfahren ergangenen Urteil des Landgerichts aber beim Gerichtsvollzieher zu verbleiben haben, besteht auch für eine vorläufige Sequestrationsanordnung zur Sicherung des Vernichtungsanspruchs der Antragstellerin kein Bedürfnis mehr.

II.
Da die Berufung der Antragsgegnerin erfolglos geblieben ist, hat sie nach § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Eines Ausspruches zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, weil das vorliegende Urteil als zweitinstanzliche Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Verfügung keinem Rechtsmittel mehr unterliegt (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und ohne besonderen Ausspruch endgültig vollstreckbar ist.