2 U 52/09 – Pressring

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1159

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 3. September 2009, Az. 2 U 52/09

Vorinstanz: 4a O 43/09

I.

Auf die Berufung wird das am 26.03.2009 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.

1. Den Antragsgegnern wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt,

Pressringe mit mehr als zwei Pressbacken, welche unter Bildung eines Pressrings gelenkartig miteinander verbunden sind,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 0 627 xxx ohne Zustimmung der Antragstellerin zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern oder anbieten oder liefern zu lassen,

welche geeignet sind, in einer Kombination aus Presswerkzeug einerseits und Kupplungswerkstück und Rohrstück andererseits verwendet zu werden,

wobei das Presswerkzeug gebildet wird aus einem der genannten Pressringe sowie wenigstens einer Antriebseinrichtung, mit Hilfe derer die Pressbacken im wesentlichen radial nach innen bewegbar sind, und wobei der Pressring für den Verpressvorgang um die Werkstücke herumlegbar und dann schließbar ist, wobei zudem die Geometrie von Pressring und Werkstücken derart aneinander angepasst sind, dass einerseits die Werkstücke von dem Pressring nach dem Herumlegen um diese nicht vollständig umschließbar sind und dass andererseits durch Schließen des Pressrings eine Verpressung mit plastischer Verformung bewirkbar ist, wobei ferner die zumindest eine Antriebseinrichtung so ausgebildet ist, dass mit ihr der Pressring aus der Stellung nach dem Herumlegen um die Werkstücke in die Schließstellung bewegbar ist, wobei weiterhin die Antriebseinrichtung(en) von dem Pressring trennbar ist bzw. sind und die Antriebseinrichtung(en) und der Pressring Kupplungselemente aufweisen, über die die Antriebseinrichtung(en) mit den freien Enden des Pressrings in Wirkverbindung bringbar sind, und wobei zumindest ein Teil der Pressbacken in Pressbackenträgern relativ zu diesen in Umfangsrichtung bewegbar geführt ist.

2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das vorstehende Verbot wird den Antragsgegnern jeweils ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,– € – ersatzweise Ordnungshaft – oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, angedroht, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Antragsgegnerinnen zu 1. und 4. an deren gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist.

II.

Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegner zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 500.000,– € festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Von einer Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg.

Die von den Antragsgegnerinnen zu 1. und 4. vertriebenen Pressringe nebst Zwischenzange verletzen den deutschen Teil des europäischen Patents 0 627 xxx mittelbar. Die Antragsgegner sind der Antragstellerin deshalb gemäß Artt. 2 Abs. 2, 64 Abs. 1, 3 EPÜ, §§ 10, 139 Abs. 1 PatG im zuerkannten Umfang zur Unterlassung weiterer Benutzungshandlungen verpflichtet. Als Inhaberin einer Lizenz am Klagepatent, welcher der Patentinhaber am 06.03.2009 die Prozessführung im eigenen Namen gestattet hat, ist die Antragstellerin berechtigt, das betreffende Begehren im eigenen Namen gerichtlich zu verfolgen. Dem steht nicht entgegen, dass in der „Prozessstandschafts- und Abtretungserklärung“ vom 6. März 2009 (Anlage AST 2) lediglich die Antragsgegner zu 1. bis 3. und nicht auch die Antragsgegnerin zu 4. namentlich erwähnt werden. Es ist unstreitig, dass die Antragsgegner zu 1. und 4. gleichermaßen die als patentverletzend beanstandeten Pressringe ohne Zustimmung des Patentinhabers vertreiben, dass die Antragsgegner zu 2. und 3. als Geschäftsführer nicht nur das geschäftliche Handeln der Antragsgegnerin zu 1. bestimmen, sondern gleichfalls die Geschicke der Antragsgegnerin zu 4. lenken, und dass der Antragstellerin die Prozessführungsermächtigung im Hinblick auf das gegen alle vier Antragsgegner eingeleitete einstweilige Verfügungsverfahren erteilt worden ist. Bei dieser Sachlage ist es geboten, die Erklärung vom 6. März 2009 interessengerecht dahin auszulegen, dass die Antragstellerin in die Lage versetzt werden sollte, die von den Antragsgegnern zu 2. und 3. initiierten Verletzungshandlungen zu unterbinden, unabhängig davon, ob sie unter dem Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin zu 1. oder unter dem der Antragsgegnerin zu 2. vorgenommen werden. Abgesehen davon hat die Antragstellerin zwischenzeitlich auch eine klarstellende, auch die Antragsgegnerin zu 4. einschließende Prozessführungsermächtigung des Patentinhabers vorgelegt.

1.
Das Verfügungspatent betrifft eine Kombination aus einem Presswerkzeug einerseits und damit zu verpressenden Werkstücken andererseits, nämlich einem Kupplungswerkstück und Rohrenden, auf die das Kupplungswerkstück aufgesetzt wird.

Wie die Verfügungspatentschrift einleitend erläutert, ist es bekannt, Rohrenden mit Hilfe von Kupplungshülsen aus Metall zu verbinden. Zu diesem Zweck werden die Kupplungshülsen über die zu verbindenden Rohrenden geschoben und mit Hilfe einer Presszange plastisch verformt. Gebräuchliche Presswerkzeuge sind zangenartig aufgebaut und besitzen an ihrem freien Ende Klemmbacken, die die Kupplungshülse umschließen und die zum Zwecke des Verpressens aufeinander zu bewegt werden können. Derartige Presswerkzeuge haben sich nach den Erläuterungen der Verfügungspatentschrift grundsätzlich bewährt, wenn eine nicht allzu große Durchmesserverkleinerung bzw. Einpresstiefe gefordert wird. Soll die Rohrverbindung höheren Innendrücken standhalten, sind jedoch größere Einpresstiefen erforderlich, die wiederum eine Ausstattung des Presswerkzeuges mit mehr als zwei Pressbacken notwendig machen. Der Grund hierfür liegt darin, dass ansonsten (d.h. bei der Verwendung von nur zwei Pressbacken) der Abstand zwischen den Stirnseiten der Pressbacken zu Beginn der Verpressung so groß ist, dass sich im Zuge des Verpressvorganges zwischen den Stirnseiten der sich annähernden Pressbacken nach außen vorstehende Stege aus dem Material der Kupplungshülse ausbilden, was zur Folge hat, dass sich die Pressbacken nicht vollständig schließen lassen und deswegen die erforderliche Einpresstiefe nicht erreicht wird. Ein mit mehr als zwei Pressbacken ausgestattetes Presswerkzeug ist beispielsweise aus der deutschen Patentschrift 21 18 782 bekannt, deren Figuren 2 und 3 zum besseren Verständnis nachstehend wiedergegeben sind.

Zu der besagten Technik bemerkt die Verfügungspatentschrift, dass sämtliche Pressbacken (102) beweglich und in radialer Richtung geführt sind, was aufwändige Maßnahmen zur Führung und zum Antrieb erforderlich mache. Das Presswerkezeug werde hierdurch schwer, schlecht handhabbar und kostspielig.

Aufgabe der Erfindung soll es demgemäß sein, eine Konstruktion vorzuschlagen, die trotz der Anordnung von mehr als zwei Pressbacken möglichst einfach, leicht handhabbar und preiswert herstellbar ist.

Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 des Verfügungspatents in der vom Bundespatentgericht aufrecht erhaltenen und von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Fassung folgende Merkmale vor:

(1) Kombination aus Presswerkzeug (91, 92) einerseits und Werkstücken,
nämlich Kupplungswerkstück (101) und Rohrende (108), andererseits.

(2) Das Presswerkzeug (91, 92) weist mehr als zwei Pressbacken (94, 95;
110, 111) auf.

(3) Die Pressbacken (94, 95; 110, 111) sind

(a) unter Bildung eines Pressrings (93, 109) gelenkig miteinander verbunden;

(b) mit Hilfe wenigstens einer Antriebseinrichtung (103) im wesentlichen radial nach innen bewegbar.

(4) Für den Verpressvorgang ist der Pressring (93, 109) um die Werkstücke
(101, 108) herumlegbar und dann schließbar.

(5) Die Geometrie von Pressring (93, 109) und Werkstücken (101, 108) ist
aneinander angepasst, derart,

(a) dass die Werkstücke (101, 108) von dem Pressring (93, 109) nach dem Herumlegen um diese (101, 108) nicht vollständig umschließbar sind;

(b) das durch Schließen des Pressrings (93, 109) eine Verpressung mit plastischer Verformung bewirkbar ist.

(6) Die zumindest eine Antriebseinrichtung (103) ist so ausgebildet, dass mit ihr der Pressring (93, 109) aus der Stellung nach dem Herumlegen um die Werkstücke (101, 108) in die Schließstellung bewegbar ist.

(7) Die Antriebseinrichtung(en) (103) ist/sind von dem Pressring (93, 109)
trennbar.

(8) Die Antriebseinrichtung(en) (103) und der Pressring (93, 109) weisen
Kupplungselemente (102, 105, 118) auf, über die die Antriebsein-
richtung(en) (103) mit den freien Enden des Pressrings (93, 109) in
Wirkverbindung bringbar ist/sind.

(9) Zumindest ein Teil der Pressbacken (94, 95; 111) ist in Pressbackenträgern
(97; 113) geführt,

und zwar relativ zu den Pressbackenträgern (97; 113) in Umfangsrichtung (K, M) bewegbar.

Auf welche Weise die beschriebene technische Lehre verwirklicht werden kann, verdeutlichen die nachstehend eingeblendeten Ausführungsbeispiele nach den Figuren 1 und 2 der Verfügungspatentschrift.

2.
Die angegriffene Ausführungsform besteht aus einem Pressring und einer Zwischenzange, wie sie sich – in der Reihenfolge ihrer Aufzählung – aus den nachfolgenden Abbildungen (Anlage AST 14) erschließen.

Der Pressring seinerseits besteht aus drei (äußeren) Pressbackenträgern (grau), wobei die beiden unteren Träger mittels einer Bolzenverbindung gelenkig mit dem oberen etwa halbkreisförmigen Pressbackenträger verbunden sind. An den Pressbackenträgern (grau) sind wiederum drei Pressbacken (gelb) befestigt, wobei die obere Pressbacke im oberen (halbkreisförmigen) Pressbackenträger aufgenommen ist, während die beiden unteren Pressbacken über eine Bolzenverbindung schwenkbar an den beiden beweglichen Pressbackenträgern angelenkt sind. Infolge dieser Konfiguration lassen sich die unteren Backenträger maulartig öffnen, so dass die Pressbacken über eine Kupplungshülse gelegt werden können. Anschließend können die Pressbacken durch Zuschwenken der beweglichen Pressbackenträger radial einwärts verfahren werden. Wie dies im einzelnen geschieht, verdeutlichen die beiden nachfolgenden Abbildungen (Anlagen AST 25, AST 26).

3.
Bei dem gegebenen Aufbau und der daraus resultierenden Wirkungsweise, die zwischen den Parteien als solche außer Streit stehen, macht die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 Gebrauch, die sich mit dem Presswerkzeug befassen.

a)
Hinsichtlich der Anspruchsmerkmale (2), (3b) bis (8) ist dies offensichtlich, wird auch von den Antragsgegnern nicht in Abrede gestellt und bedarf deswegen keiner weiteren Erläuterungen.

b)
Keinem ernstlichem Zweifel unterliegt gleichfalls, dass die Pressbacken (gelb bzw. grün) der angegriffenen Ausführungsform i.S.d. Merkmals (3a) unter Bildung eines Pressrings „gelenkig miteinander verbunden sind“. Hierzu bedarf es keiner direkten Gelenkverbindung zwischen den einzelnen Pressbacken; vielmehr reicht es aus, wenn die Pressbacken überhaupt, und sei es auch bloß mittelbar, gelenkartig untereinander verbunden sind (vgl. BPatG, Urteil vom 05.03.2009, S. 13, 2. Abs. Mitte). Dementsprechend lässt es die Verfügungspatentschrift selbst als mögliche – und sogar bevorzugte – Erfindungsvariante zu, dass die obere Pressbacke (110) nach Figur 2 fest an einem Pressbackenträger (112) angeordnet ist, während die beiden unteren Pressbacken (111) in Umfangsrichtung verschieblich an Pressbackenträgern (113) geführt sind, welche wiederum ihrerseits über Schwenkgelenke (114) am oberen Pressbackenträger (112) angelenkt sind (Spalte 4, Zeilen 51-57). Die angegriffene Ausführungsform verfügt über exakt eine solche – mittelbare – Gelenkverbindung der Pressbacken.

c)
Anders als das Landgericht meint, sind die beiden unteren Pressbacken (gelb bzw. grün) der angegriffenen Ausführungsform so in den Pressbackenträgern (grau bzw. blau/rot) geführt, dass die Pressbacken relativ zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung bewegbar sind (Merkmal 9).

Der Verpressvorgang, d.h. die plastische Verformung der Kupplungshülse auf den zu verbindenden Rohrenden, beruht erfindungsgemäß darauf, dass sich die Pressbacken im Zuge des Verpressens radial nach innen bewegen (Merkmal 3b). Diese einwärts gerichtete Verlagerung der Pressbacken soll anspruchsgemäß dadurch hervorgerufen werden, dass der durch die Gesamtheit der Pressbacken gebildete Pressring (Merkmal 3a) mit Hilfe der zumindest einen koppelbaren Antriebseinrichtung geschlossen wird (Merkmal 5b). Beim Einleiten des Pressvorganges sollen die Pressbacken die Kupplungshülse nicht auf ihrem gesamten Umfang umgeben, weil die Werkstücke (Kupplungshülse, Rohrenden) nach der ausdrücklichen Anweisung des Merkmals (5a) nach dem Herumlegen des Pressrings von diesem nicht vollständig umschließbar sein sollen. Wie auch das Bundespatentgericht zutreffend ausgeführt hat (Urteil, S. 12) versteht der Fachmann dies dahingehend, dass die Pressbacken zunächst untereinander beabstandet bleiben sollen, damit durch das vollständige Schließen des Pressrings, d.h. bis zum Aneinanderliegen der Stirnseiten der Pressbacken, überhaupt ein radial einwärts gerichteter Pressvorgang möglich ist. Bei diesem Verpressvorgang besteht die Gefahr, dass sich zu verpressendes Hülsenmaterial in die zwischen benachbarten Pressbacken gegebene Umfangslücke schiebt und dadurch verhindert, dass der Pressring – was zur Herbeiführung eines ordnungsgemäßen Verpresserfolges notwendig ist – restlos geschlossen werden kann (Merkmal 5b). Es ist deswegen – wie der Durchschnittsfachmann unmittelbar erkennt – nicht mit einer nur radial nach innen gerichteten Verlagerung der Pressbacken beim Verpressen getan; vielmehr bedarf es auch geeigneter Vorkehrungen dafür, dass im Zuge des Verpressens die Lücken zwischen den Pressbacken so unter Bildung eines vollständig geschlossenen Pressrings eliminiert werden, dass es beim Verpressen nicht zu unerwünschten Stegbildungen zwischen den Stirnseiten der Pressbacken kommt. Das Verfügungspatent trifft die erforderlichen Maßnahmen dadurch, dass alle oder zumindest ein Teil der Pressbacken so in Pressbackenträgern geführt sind, dass sich die Pressbacken relativ zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung (des Pressrings) bewegen können (Merkmal 9). Im Beschreibungstext wird dies exemplarisch an einer Ausführungsform erläutert, bei der die Pressbacken mit Hilfe eines an ihrem äußeren Umfang entlang laufenden Zugbandes zu einem Pressring zusammengefasst werden. Spalte 3 Zeilen 4 bis 8 bemerkt insofern, dass mit Hilfe des Zugbandes die Pressbacken zusammenbewegbar sind. Mit Blick auf die Figuren 1 und 2 der Verfügungspatentschrift erläutern Spalte 4 Zeilen 35 bis 47 und Spalte 5 Zeilen 38 bis 47, dass die Zugbänder (97) an ihren freien Enden mit Hilfe der Antriebsvorrichtung zusammengedrückt werden, was zur Folge hat, dass die Kupplungshülse (101) und das Rohrende (108) radial gestaucht werden, wobei sich währenddessen die unteren Pressbacken (95) selbsttätig in Umfangsrichtung verschieben, und zwar die linke untere Pressbacke (95) im Uhrzeigersinn und die rechte untere Pressbacke entgegen dem Uhrzeigersinn, und zwar so lange, bis die Stirnseiten der Pressbacken (94, 95) untereinander zur Anlage kommen (vgl. auch Unteranspruch 5 gemäß dem Urteil des BPatG vom 05.03.2009 sowie S. 15 der Entscheidungsgründe).

Sinn und Zweck der Pressbackenträger (z.B. Zugbänder) ist es hiernach, die Pressbacken, damit sie einen Verpressvorgang überhaupt leisten können, einerseits abzustützen („zu tragen“), d.h. für sie ein Widerlager zu bilden, und andererseits derart zu führen, dass die Pressbacken im Zuge des Verpressvorganges, d.h. beim Schließen des Pressrings (Merkmale 4, 5b), definiert, nämlich in Umfangsrichtung des Pressrings wandern können, um Lücken zwischen den Pressbacken zu beseitigen (vgl. auch Urteil des Bundespatentgerichts, S. 17 und S. 17/18). Auf welche konstruktive Weise die Bewegbarkeit der Pressbacken relativ zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung des Pressrings bewerkstelligt wird, überlässt Patentanspruch 1 des Verfügungspatents dem Belieben des Fachmanns. Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform kann deswegen kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die beiden unteren Pressbackenträger (grau bzw. rot) die beiden unteren Pressbacken (gelb bzw. grün) „tragen“ und beim Schließen des Pressrings dank ihrer Gelenk- und Lagerkonstruktion so „führen“, dass die beiden Pressbacken (gelb bzw. grün) sich in Umfangsrichtung des Pressrings bewegen, um die zwischen den einzelnen Pressbacken nach dem Umlegen des Pressrings um die Kupplungshülse verbliebenen Abstände zu schließen. Dies alles verdeutlicht anschaulich nicht nur die Zeichnungsfolge nach Anlagen AST 25 und AST 26, sondern gleichermaßen die als Anlage BK 3 vorgelegte Animation, deren Richtigkeit insoweit zwischen den Parteien außer Streit steht.

Erörterungswürdig ist allein, ob bei der angegriffenen Ausführungsform eine Bewegbarkeit der beiden unteren Pressbacken „relativ zu den (führenden) Pressbackenträgern“ gegeben ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts muss dies bejaht werden.

Dem Anspruchswortlaut, der von „Pressbackenträgern“ spricht, könnte zwar voreilig entnommen werden, dass das Verfügungspatent eine Mehrzahl von die einzelnen Pressbacken abstützenden „Trägern“ verlangt. Dass dies nicht zutrifft, erschließt sich dem Fachmann allerdings bereits anhand des Unteranspruchs 5 sowie der Ausführungsbeispiele, die es übereinstimmend als mögliche und bevorzugte Ausführungsvariante der Erfindung darstellen, ein einziges Zugband als Trägerelement für sämtliche Pressbacken zu verwenden. Bei einer derartigen Ausgestaltung liegt es auf der Hand, dass eine den Verpressvorgang ermöglichende Abstützfunktion für die beweglichen Pressbacken nicht nur durch diejenigen Abschnitte des Zugbandes bereitgestellt wird, die sich im direkten Kontakt mit den beweglichen Pressbacken befinden, sondern dass Abstützkräfte genauso durch den restlichen Teil des Zugbandes bereitgestellt werden. Als Pressbackenträger ist dementsprechend das umlaufende
Zugband als Ganzes anzusehen. Für eine aus mehreren Gliedern bestehende Zugkette würde nichts anderes gelten.

Auch die angegriffene Ausführungsform verdient insoweit keine grundsätzlich andere Betrachtung. Zwar sind die beiden unteren Pressbacken über ein Schwenkgelenk an die beiden unteren beweglichen Pressbackenträger (rot) angeschlossen. Die letzteren sind jedoch ihrerseits über eine Bolzenverbindung an den oberen, etwa halbkreisförmigen Pressbackenträger angelenkt. Die besagte Konstruktion hat zur Folge, dass – prinzipiell nicht anders als bei einem umlaufenden Zugband oder einer umlaufenden Zugkette – die für das Verpressen erforderlichen Abstützkräfte für die beiden beweglichen Pressbacken nicht nur von den unteren Trägern (rot) aufgebracht werden, an denen die Pressbacken gelenkig angebunden sind, sondern dass Abstützkräfte darüber hinaus auch von dem oberen halbkreisförmigen Trägerelement (blau) bereitgestellt werden, an dem die unteren Pressbackenträger (rot) gelenkig befestigt sind.

Wird somit der Pressbackenträger für die beiden bewegbaren Pressbacken bei der angegriffenen Ausführungsform durch sämtliche drei Trägerelemente (rot, blau) gebildet, so ergibt sich ohne Weiteres die Feststellung, dass die beiden unteren Pressbacken im Zuge der Schließbewegung des Pressrings eine Bewegung in Umfangsrichtung auch relativ zum Pressbackenträger, nämlich genauer dessen oberen (blauen) Teil, ausführen. Deutlich ist dies an der Zeichnungsfolge gemäß den Anlagen AST 25 und AST 26, die zeigen, wie sich die oberen Stirnseiten der beweglichen Pressbacken, geführt durch die Innenkontur des oberen (blauen) Trägers, an dieser Innenkontur entlang in Umfangsrichtung nach oben bewegen. Findet somit bei der angegriffenen Ausführungsform eine Bewegung der beiden unteren Pressbacken relativ zu dem oberen, die betreffenden Pressbacken führenden Pressbackenträger statt, so genügt schon dies für eine wortsinngemäße Benutzung des Merkmals (9). Denn der Patentanspruch verlangt nicht, dass die Bewegung der Pressbacken in Bezug auf alle Pressbackenträger stattfinden muss. Hierfür gibt es – wie die angegriffene Ausführungsform anschaulich zeigt – auch keine technische Notwendigkeit. Einem Abstellen auf den oberen halbkreisförmigen Träger steht nicht entgegen, dass sich das Verfügungspatent von der DE-DS 2 118 782 als geltungsbildendem Stand der Technik auch durch das kennzeichnende Merkmal (9) abgrenzt. Zwar können auch beim Gegenstand des Standes der Technik die Bauteile (26- 29) als Pressbackenträger für jede der vier Pressbacken angesehen werden. Geführt wird jede Pressbacke – anders als bei der angegriffenen Ausführungsform – aber immer nur durch denjenigen Träger, an dem die jeweilige Pressbacke montiert ist.

4.
Zu Recht ziehen die Antragsgegner nicht in Zweifel, dass die angegriffene Ausführungsform als der maßgebliche Teil der patentgeschützten Gesamtkombination ein wesentliches Element der Erfindung darstellt, das objektiv geeignet ist, im Zusammenwirken mit geeigneten Werkstücken die Erfindung unmittelbar durchzuführen, und das von den Abnehmern auch subjektiv hierzu bestimmt ist. Letzteres ergibt sich aus der Tatsache, dass das von den Antragsgegnern angebotene Presswerkzeug ausschließlich in patentgemäßer Weise verwendet werden kann, was es zugleich rechtfertigt, gegen die Antragsgegner ein Schlechthin-Verbot auszusprechen.

5.
Nachdem der Verletzungstatbestand eindeutig festzustellen ist und sich das Klagepatent in einem zweiseitigen Nichtigkeitsverfahren nach sachkundiger Prüfung als in dem von der Antragstellerin geltend gemachten Umfang rechtsbeständig erwiesen hat, können die Antragsgegner kein beachtenswertes Interesse daran haben, ihre Verletzungshandlungen bis zum Abschluss eines etwaigen Hauptsacheverfahrens fortzusetzen. Vielmehr gebietet es die Interessenabwägung, die Verletzungshandlungen umgehend, nämlich mit den Mitteln des vorläufigen Rechtsschutzes, zu unterbinden.

Daran ändert nichts der Umstand, dass inzwischen gegen das Urteil des Bundespatentgerichts Berufung zum Bundesgerichtshof eingelegt worden ist. Mit ihr wird im Wesentlichen derselbe Stand der Technik eingeführt, der bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Nichtigkeitsverfahrens gewesen und vom Bundespatentgericht sachkundig gewürdigt worden ist. Soweit im Nichtigkeitsberufungsverfahren zusätzliche Entgegenhaltungen – wie die deutsche Patentschrift 1 198 xxy und die deutsche Offenlegungsschrift 1 452 yyx – eingeführt werden, ist zweifelhaft, ob diese der Erfindung des Verfügungspatents näher kommen als derjenige Stand der Technik, der dem Bundespatentgericht bereits vorgelegen hat. Die DE 1 198 xxy betrifft ein Montagewerkzug zum Einschwenken der Spannbacken einer Schlauchfassung; die DE-OS 1 452 yyx (die im Übrigen nur auszugsweise vorliegt) befasst sich – soweit ersichtlich – mit einer Vorrichtung zum Kaltstauchen von Metallbandagen. Dass der Durchschnittsfachmann hieraus im Prioritätszeitpunkt ohne rückschauende Betrachtung Anregungen für eine Weiterbildung eines gattungsgemäßen (mit einer Antriebsvorrichtung zu betreibenden) Presswerkzeugs gewinnen konnte, erscheint dem Senat zweifelhaft und jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich. Diese Ungewissheit muss umso mehr zu Lasten der Antragsgegner gehen, weil sie ihre Berufungsbegründung gegen das schon im März 2009 zugestellte Urteil des Bundespatentgerichts erst unter dem 18.08.2009, d.h. unmittelbar vor dem Verhandlungstermin vom 20.08.2009, abgefasst und in das hiesige Verfahren eingeführt haben, so dass der Antragstellerin jede Gelegenheit genommen war, sich angemessen mit der Argumentation der Antragsgegnerin zu 1. auseinander zu setzen.

Der Notwendigkeit einstweiligen Rechtsschutzes steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin ihr Unterlassungsbegehren etwa selbst nicht mit der gebotenen Eile verfolgt hätte. Grundsätzlich kann einem Patentinhaber die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe erst dann angesonnen werden, wenn er bei gebotenem Bemühen nicht nur eine verlässliche Kenntnis über patentverletzende Handlungen seines Gegners erlangt hat, sondern wenn er darüber hinaus Glaubhaftmachungsmittel in der Hand hält, die es ihm im Bestreitensfall erlauben, den erforderlichen Nachweis einer im Inland begangenen Patentverletzung zu führen. Soweit die Antragsgegner darauf verweisen, dass die Antragstellerin schon im Jahr 2008 Kenntnis von ausländischen Vertriebshandlungen gehabt hat, ist dies von vornherein unbehelflich, weil solche Aktivitäten mit Rücksicht auf die strikte Territorialität von Patenten zwar im Einzelfall vermuten lassen können, dass es auch zu gleichgelagerten inländischen Verletzungen gekommen ist, weil sich auf ihrer Grundlage aber keine tatrichterliche Feststellungen rechtfertigenden Gewissheiten gewinnen lassen. Im Streitfall gilt nicht deshalb etwas anderes, weil die Antragsgegner zu 1. und 4. bekanntermaßen ausschließlich in Deutschland produzieren. § 10 PatG vermittelt – anders als § 9 Nr. 1 PatG – keine Verbietungsrechte im Hinblick auf Herstellungshandlungen, sondern gibt einzig Ansprüche in Bezug auf das Anbieten oder Liefern erfindungswesentlicher Mittel. Selbst wenn die Antragstellerin Ende Januar 2009 Kenntnis von in der Bundesrepublik Deutschland begangenen Verletzungshandlungen der Antragsgegner gehabt haben sollte, ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin zunächst den unmittelbar bevorstehenden Ausgang des Nichtigkeitsverfahrens gegen das Verfügungspatent abgewartet hat. Im Falle eines vorher eingereichten Verfügungsantrages musste die Antragstellerin damit rechnen, dass sich die Antragsgegner mit dem mangelnden Rechtsbestand des Verfügungspatentes verteidigen werden, wie dies tatsächlich auch mit der Schutzschrift vom 12.02.2009 geschehen ist. Unter diesen Umständen konnte die Antragstellerin, die dem Verletzungsgericht den im Nichtigkeitsverfahren anstehenden Verhandlungstermin vom 05.03.2009 nicht hätte unterschlagen dürfen, nicht ernsthaft erwarten, dass zu ihren Gunsten eine Beschlussverfügung ergehen würde, bevor das Bundespatentgericht seine Entscheidung über die Nichtigkeit des Verfügungspatents gesprochen hat. Von daher wäre es nicht nur zwecklos, sondern unsinnig gewesen, vor einer Nichtigkeitsentscheidung das Verletzungsgericht anzurufen. Nachdem das Verfügungspatent teilweise aufrecht erhalten worden ist, hat die Antragstellerin jedoch innerhalb weniger Tage einen Verfügungsantrag bei Gericht eingereicht. Dieses – allein vernünftige – Verhalten zeigt, dass die Antragstellerin in der Verfolgung ihres Unterlassungsanspruches alles andere als nachlässig gewesen ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO