2 U 74/10 – Topfmaschine

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1835

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. Oktober 2011, Az. I- 2 U 74/10

Vorinstanz: 4b O 308/08

I.
Die Berufung des Klägers gegen das am 27.05.2010 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 300.000,- € festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten Europäischen Patents 1 648 XXX (Anlage K 2; Klagepatent I), das unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 29.07.2003 am 21.07.2004 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 26.04.2006, die des Hinweises auf die Patenterteilung am 03.10.2007. Das Klagepatent I, das eine Topfmaschine zum Eintopfen von Blumentöpfen betrifft, steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Der Kläger ist außerdem Inhaber des deutschen Patents DE 103 34 XXY (Anlage K 13, Klagepatent II), das am 29.07.2003 angemeldet und dB Erteilung am 04.05.2005 veröffentlicht wurde.

Die vom Kläger in Kombination geltend gemachten Ansprüche 1 und 13 des Klagepatents I lauten:

1.
Topfmaschine (1) zum Eintopfen von Blumentöpfen (2), mit einer eine Mehrzahl von Topfaufnahmen (4) für jeweils einen Blumentopf (2) aufweisenden Fördereinrichtung (3), mit einem die Fördereinrichtung (3) umgebenden Gehäusekranz (5)

gekennzeichnet durch

eine Etikettiereinrichtung (11) zum Etikettieren der Blumentöpfe (2), wobei die Etikettiereinrichtung (11) eine Spendezunge (12) zum Abstreifen von Etiketten (13) auf die Blumentöpfe (2) aufweist, wobei mit der Etikettiereinrichtung (11) eine ein Gelenk (23) aufweisende Anstelleinrichtung (22) mit einem Anstellarm (24) zum Verschwenken der Etikettiereinrichtung (11) und Anstellen der Spendezunge (12) an die Blumentöpfe (2) verbunden ist.

13.
Topfmaschine nach einem der vorhergehenden Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet,

dass, die Etikettiereinrichtung (11) um die Längsachse (Z) des Anstellarms (24) oder des weiteren Anstellarms (26) oder eine dazu parallele Achse über ein weiteres Gelenk (29) verschwenkbar ist.

Die Ansprüche 1 und 12 des Klagepatents II haben folgenden Wortlaut:

1.
Topfmaschine (1) zum Eintopfen von Blumentöpfen (2) mit einer eine Mehrzahl von Topfaufnahmen (4) für jeweils einen Blumentopf (2) aufweisenden Fördereinrichtung (3) und mit einem die Fördereinrichtung (3) umgebenden Gehäusekranz (5),

dadurch gekennzeichnet,

dass eine Etikettiereinrichtung (11) zum Etikettieren der Blumentöpfe (2) vorgesehen ist, dass die Etikettiereinrichtung (11) eine Spendezunge (12) zum Abstreifen von Etiketten (13) auf die Blumentöpfe (2) aufweist, dass mit der Etikettiereinrichtung (11) eine ein Gelenk (23) aufweisende Anstelleinrichtung (22) mit einem Anstellarm (24) zum Verschwenken der Etikettiereinrichtung (11) und Anstellen der Spendezunge (12) an die Blumentöpfe (2) verbunden ist und dass ein weiteres Gelenk (29) zum Verschwenken der Etikettiereinrichtung (11) und Schrägstellen der Spendezunge (12) vorgesehen ist.

12.
Topfmaschine nach einem der vorhergehenden Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Etikettiereinrichtung (11) um die Längsachse (Z) des Anstellarms (24) oder des weiteren Anstellarms (26) oder eine dazu parallele Achse über das weitere Gelenk (29) verschwenkbar ist.

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 und 5 der Klagepatentschriften) verdeutlichen den Gegenstand der beiden Patentschriften zugrunde liegenden Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele, einmal in Form einer schematischen Draufsicht auf eine erfindungsgemäße Topfmaschine (Figur 1), einmal in Form einer perspektivischen Ansicht eines Teils einer weiteren erfindungsgemäßen Topfmaschine (Figur 5):

Die Beklagte zu 1) stellte im Februar 2008 auf der Fachmesse A in B eine Topfmaschine mit Etikettiereinrichtung (angegriffene Ausführungsform) aus und bot diese an. Der Aufbau dieser Maschine ist den nachfolgend eingeblendeten, vom Kläger mit Bezugsbuchstaben versehenen Lichtbildern (Anlage K 9) zu entnehmen:

Bild 14

Bild 10

Bild 8

Der Kläger behauptet, der Messestand sei von beiden Beklagten gemeinsam betrieben und die angegriffene Ausführungsform dort von beiden angeboten worden. Er hat weiter behauptet, bei der angegriffenen Ausführungsform erfolge eine Verschwenkung um die in Bild 14 mit „X1“ gekennzeichnete Achse, und ist der Ansicht, damit verletze die angegriffene Ausführungsform die Klagepatente wortsinngemäß, jedenfalls aber in äquivalenter Weise. Nach erfolgloser Abmahnung beider Beklagten hat er diese erstinstanzlich zuletzt noch gestützt auf eine Kombination der Ansprüche 1 und 13 des Klagepatents I sowie der Ansprüche 1 und 12 des Klagepatents II auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht sowie Erstattung vorprozessualer Kosten in Anspruch genommen.

Die Beklagten stellen eine Patentverletzung in mehrfacher Hinsicht in Abrede und sind dabei u.a. der Ansicht, die Achse X1 stelle keine klagepatentgemäße Längsachse des Anstellarms dar. Die Beklagte zu 2) behauptet zudem, nicht sie, sondern eine Firma ähnlichen Namens habe zusammen mit der Beklagten zu 1) ausgestellt. Letztere beruft sich auf ein privates Vorbenutzungsrecht und behauptet, mit dem Kläger darüber hinaus nach Gesprächen im November 2005 eine Vereinbarung getroffen zu haben, wonach sie gegen Nennung ihrer Abnehmer u.a. die angegriffene Ausführungsform vertreiben dürfe.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die angegriffene Ausführungsform mache weder wortsinngemäß noch in äquivalenter Weise von der technischen Lehre des Klagepatents (gemeint ist insofern das Klagepatent I) Gebrauch. Es fehle jedenfalls an einem um seine Längsachse verschwenkbaren Anstellarm. Dabei könne dahinstehen, ob das Gehäuse (I) Teil eines Anstellarms der angegriffenen Ausführungsform sei. Jedenfalls sei die Verschwenkung um die Achse X1 kein Verschwenken im Sinne des Klagepatentanspruchs 13. Danach müsse das Verschwenken um die Längsachse des Anstellarms erfolgen, was nach der Klagepatentbeschreibung in Abschnitt [0014] dem Zweck diene, die Spendezunge an die Konizität der Blumentöpfe anzupassen. Die Verschwenkung um die Achse X1 führe bei der angegriffenen Ausführungsform lediglich zu einer Höhenverstellbarkeit der Spendezunge, nicht aber zu einer Anpassung an die Konizität. Daraus folge, dass auch keine äquivalente Verletzung des Klagepatents gegeben sei, da jedenfalls keine Gleichwirkung vorliege.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung und macht geltend, die Verschwenkung um die Achse X1 erfolge um eine klagepatentgemäße Längsachse. Wenn der Anstellarm, was das Klagepatent I nach Abschnitt [0028] der Beschreibung ausdrücklich zulasse, winkelförmig ausgebildet sei, müsse Anspruch 13 bei funktionsorientierter Auslegung so gelesen werden, dass die Verschwenkung nicht um „die“ Längsachse des Anstellarms erfolge, sondern um „eine“ Längsachse des Anstellarms. Da die Streitpatente keine bestimmte Anpassung an die Konizität der Blumentöpfe forderten, genüge jedwede Veränderung der Stellung der Etikettiereinrichtung und der Spendezunge mit dem Ziel, die Vorderkante der Spendezunge auf die geneigte Außenwandung des Blumentopfes auszurichten. Eine solche Veränderung erfolge bei der Verschwenkung um die Achse X1, wie anhand der Skizzen gemäß Anlagen K 15 und 16 zu ersehen sei. In Gestalt des auf Bild 13 mit dem Bezugszeichen E bezeichneten Bauteils der angegriffenen Ausführungsform sei auch ein erfindungsgemäßes Gelenk (23) der Anstelleinrichtung (22) vorhanden. Die auf Bild 14 mit dem Bezugszeichen I versehene Trägerplatte stelle zudem einen „weiteren“ Anstellarm im Sinne des Klagepatents dar. Jedenfalls liege eine äquivalente Patentverletzung vor. Die Gleichwirkung sei zu bejahen, da in den Klagepatenten nicht zwingend gefordert werde, dass die Anpassung an die Konizität durch Kippen der Spendezunge nach links oder rechts (bei seitlichem Etikettieren der Blumentöpfe) erfolgen müsse. Dem Fachmann sei ohne weiteres in naheliegender Weise erkennbar, dass es beim seitlichen Etikettieren darauf ankomme, die Spendezunge nach rechts oder links zu kippen, während es bei (durch das Klagepatent nicht ausgeschlossenen) frontalem Etikettieren darauf ankomme, die Spendezunge nach oben zu schwenken, um den der Konizität entsprechenden Anstellwinkel der Spendezunge zu erreichen. Die Gleichwertigkeit folge daraus, dass die Klagepatente selber in der Beschreibung darauf hinweise, dass der Anstellarm auch winkelförmig ausgebildet sein könne. Sei er dies, sei unerheblich, ob die Verschwenkung um den einen oder den anderen Schenkel erfolge. In beiden Fällen werde um „die Längsachse“ geschwenkt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil der 4b. Kammer des Landgerichts Düsseldorf vom 27.05.2010, Az.: 4b O 308/08, abzuändern und wie folgt zu erkennen:

I.
Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu zwei Monaten, im Wiederholungsfalle bis insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft gegen die Beklagten an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

 Topfmaschinen zum Eintopfen von Blumentöpfen mit einer Mehrzahl von Topfaufnahmen für jeweils einen Blumentopf aufweisenden Fördereinrichtung, mit einem die Fördereinrichtung umgebenden Gehäusekranz

 in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen oder von der Bundesrepublik Deutschland aus im Ausland anzubieten oder in Verkehr zu bringen,

 wenn dabei eine Etikettiereinrichtung zum Etikettieren der Blumentöpfe vorgesehen ist, wobei die Etikettiereinrichtung eine Spendezunge zum Abstreifen von Etiketten auf die Blumentöpfe aufweist, wobei mit der Etikettiereinrichtung eine wenigstens ein Gelenk aufweisende Anstelleinrichtung mit einem Anstellarm zum Verschwenken der Etikettiereinrichtung und Anstellen der Spendezunge an die Blumentöpfe verbunden ist und die Etikettiereinrichtung um die Längsachse des Anstellarms oder des weiteren Anstellarms oder eine dazu parallele Achse über ein weiteres Gelenk verschwenkbar ist,

hilfsweise,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu zwei Monaten, im Wiederholungsfalle bis insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft gegen die Beklagten an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

 Topfmaschinen zum Eintopfen von Blumentöpfen mit einer Mehrzahl von Topfaufnahmen für jeweils einen Blumentopf aufweisenden Fördereinrichtung, mit einem die Fördereinrichtung umgebenden Gehäusekranz

 in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen oder von der Bundesrepublik Deutschland aus im Ausland anzubieten oder in Verkehr zu bringen

 wenn dabei eine Etikettiereinrichtung zum Etikettieren der Blumentöpfe vorgesehen ist, wobei die Etikettiereinrichtung eine Spendezunge zum Abstreifen von Etiketten auf die Blumentöpfe aufweist, wobei mit der Etikettiereinrichtung eine wenigstens ein Gelenk aufweisende Anstelleinrichtung mit einem Anstellarm zum Verschwenken der Etikettiereinrichtung und Anstellen der Spendezunge an die Blumentöpfe verbunden ist und die Etikettiereinrichtung um die Querachse des Anstellarms über ein weiteres Gelenk verschwenkbar ist;

2. dem Kläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 4. Juni 2005 behangen haben, und zwar unter Angabe

a. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer sowie der Lieferorte und Baustellen bzw. Projekte, für die die Lieferungen bestimmt waren,
c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und-preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

und dabei die entsprechenden Belege (Rechnungen) vorzulegen, wobei die Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und bezüglich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die in I. 1. bezeichneten, seit dem 04.06.2005 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

III.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 3.472,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2008 zu zahlen.

IV.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 3.472,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2008 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie machen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens u.a. geltend, patentgemäß müsse der Anstellarm eine bestimmte Längsachse Z haben, um die die Etikettiereinrichtung verschwenkbar sei. Dabei schließe der Fachmann aus der Beschreibung, dass es sich um die Längsachse des Anstellarms handele, die eine Verlängerung der Etikettiereinrichtung darstelle. Damit sei vorliegend sowohl eine wortsinngemäße als auch eine äquivalente Verletzung ausgeschlossen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht eine Verletzung der Klagepatente verneint.

1.
Die streitgegenständliche Erfindung betrifft eine Topfmaschine zum Eintopfen von Blumentöpfen mit einer Fördereinrichtung für eine Mehrzahl von Topfaufnahmen für jeweils einen Blumentopf und einem die Fördereinrichtung umgebenden Gehäusekranz.

Solche Topfmaschinen waren im Stand der Technik bekannt. Dabei wurden den Eintopfmaschinen überwiegend bereits etikettierte Blumentöpfe zugeführt. Das Etikettieren der Blumentöpfe ist notwendig, da die eingetopften Pflanzen zu kennzeichnen sind. An der Vorab-Etikettierung erachten die Klagepatente als nachteilig, dass sie eine hinreichende Logistik mit entsprechender Lagerhaltung beim Eintopfunternehmen erfordert, um stets entsprechende Mengen vorab etikettierter Blumentöpfe bereit zu haben. Außerdem kann es beim Eintopfen zu einer Verschmutzung, Beschädigung oder einem Abreißen der vorab auf die Blumentöpfe aufgebrachten Etiketten kommen.

Die Klagepatente haben es sich daher zum Ziel gesetzt, diese Nachteile zu vermeiden.

Zur Lösung dieser Aufgabe weist die erfindungsgemäße Topfmaschine auch eine Etikettiereinrichtung zum Etikettieren der Blumentöpfe auf. Zu diesem Zweck hat die Etikettiereinrichtung eine Spendezunge zum Abstreifen der Etiketten auf die Blumentöpfe. Die Etikettiereinrichtung ist mit einer ein Gelenk aufweisenden Anstelleinrichtung mit einem Anstellarm verbunden, was das Verschwenken der Etikettiermaschine und das Anstellen der Spendezunge an die Blumentöpfe ermöglicht. Da die Blumentöpfe die Form eines Konus aufweisen und es vorteilhaft ist, die Etikettiereinrichtung und damit die Spendezunge dem anzupassen, beinhaltet das Klagepatent im Rahmen einer bevorzugten Ausführungsform ein diese Anpassung ermöglichendes Verschwenken des die Spendezunge tragenden Anstellarms.

In dem auf Anspruch 1 zurückbezogenen Unteranspruch 13, den der Kläger in Kombination geltend macht, sieht das Klagepatent I ebenso wie die Ansprüche 1 und 12 des Klagepatents II demgemäß die Kombination folgender Merkmale vor:

1) Topfmaschine (1) zum Eintopfen von Blumentöpfen (2) mit

a) einer Fördereinrichtung (3),

b) einer Anstelleinrichtung (22) und

c) einer Etikettiereinrichtung (11).

2) Die Fördereinrichtung (3)

a) weist eine Mehrzahl von Topfaufnahmen (4) für jeweils einen Blumentopf (2) auf

und

b) ist von einem Gehäusekranz (5) umgeben.

3) Die Anstelleinrichtung (22)

a) ist mit der Etikettiereinrichtung (11) verbunden,

b) dient dem Verschwenken der Etikettiereinrichtung (11) und dem Anstellen der Spendezunge (12) an die Blumentöpfe (2),

c) weist ein Gelenk (23) auf

und

d) weist einen Anstellarm (24) auf.

4) Die Etikettiereinrichtung (11)

a) dient dem Etikettieren der Blumentöpfe (2),

b) weist eine Spendezunge (12) zum Abstreifen von Etiketten (13) auf die Blumentöpfe (2) auf

und

c) ist über ein weiteres Gelenk (29) verschwenkbar, und zwar

• um die Längsachse (Z) des Anstellarms (24) oder
• um die Längsachse eines weiteren Anstellarms (26) oder
• um eine dazu parallele Achse.

2.
Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht die Verwirklichung des Merkmals (4c) verneint.

a)
Die dort beschriebene Verschwenkung des Anstellarms dient der Anpassung der Etikettiereinrichtung an die Konizität der Blumentöpfe (Absatz [0014] der Klagepatentschriften). Wie der Anstellarm zu verschwenken ist, lassen die Klagepatente nicht offen, sondern sie geben konkret die Verschwenkung um „die Längsachse“ des Anstellarms oder eine Verschwenkung um „die Längsachse“ des weiteren Anstellarms (soweit vorhanden) oder eine „dazu parallele“ Achse vor. Ist der Anstellarm ausschließlich horizontal ausgebildet, was er, um seine Aufgabe der Anstellung der Spendezunge an die Blumentöpfe erfüllen zu können, auf jeden Fall auch sein muss, verläuft die Längsachse zwingend ebenfalls horizontal. Eine nur horizontale Ausbildung des Anstellarms ist zwar nicht zwingend. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass der Anstellarm erfindungsgemäß auch winkelförmig ausgebildet sein und z.B. aus einem horizontalen sowie einem dazu senkrecht verlaufenden, vertikalen Abschnitt bestehen kann (Absatz [0028] der Klagepatentschriften). Unzutreffend ist hingegen seine Ansicht, erfindungsgemäß sei in diesem Fall sowohl eine Verschwenkung um den einen als auch eine solche um den anderen Schenkel des winkelförmigen Anstellarms möglich. Die Klagepatente verwenden trotz der ausdrücklichen Erwähnung eines möglichen winkelförmigen Anstellarms in der Beschreibung und im Anspruch nicht die Formulierung „um eine Achse“ oder „um eine Längsachse“, sondern sie konkretisieren die vorzunehmende Verschwenkung auch mit Blick auf eine solche Ausführungsform dahingehend, dass sie um „die“ Längsachse zu erfolgen hat, welche zudem mit dem Bezugszeichen „Z“ eindeutig gekennzeichnet ist. Was dies im Sinne der Klagepatente zu bedeuten hat, erschließt sich dem Fachmann unmittelbar aus der Figur 5, die ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel mit winkelförmigem Anstellarm zeigt. Dort ist die Achse beider Schenkel gestrichelt dargestellt. Nur die horizontale Achse ist mit „Z“ gekennzeichnet. Die vertikale Achse bezeichnet das Klagepatent mit „X“. Daraus folgt eindeutig, dass die Klagepatente auch bei winkelförmiger Ausgestaltung des Anstellarms nur eine einzige Längsachse des Anstellarms kennen, dass diese horizontal verläuft und dass eine Verschwenkung hierum zu einem seitlichen Kippen der Spendezunge nach Maßgabe der Konizität des Blumentopfes führt. Dabei ist es unerheblich, ob die Verschwenkung um die Längsachse des Anstellarms (24) erfolgt oder um die Längsachse eines weiteren Anstellarms (26) oder um eine dazu parallele Achse. Eine Verschwenkung um eine andere Achse, die nicht zu einem seitlichen Verkippen, sondern z.B. zu einer Veränderung in der Höheneinstellung führt, ist vom Wortsinn des Merkmals (4c) auch bei funktionsorientierter Auslegung nicht mehr gedeckt. Denn die grundsätzlich gebotene funktionale Betrachtung darf bei räumlich-körperlich definierten Merkmalen nicht dazu führen, dass ihr Inhalt auf die bloße Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinn interpretiert wird, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal eigen ist, nicht mehr in Übereinstimmung steht (Meier-Beck, GRUR 2003, 905 (907)). Um ein solches räumlich-körperliches Merkmal handelt es sich bei der vom Klagepatent vorgesehenen Verschwenkbarkeit der Etikettiereinrichtung um die Längsachse des Anstellarms. Der Fachmann erkennt auch ohne weiteres den Sinn der von den Klagepatenten gewählten Konkretisierung der Verschwenkung. Die Verschwenkung durch seitliches Verkippen der Etikettiereinrichtung führt zu einer viel weitgehenderen Anpassung der Spendezungenstellung an die Konizität der Blumentöpfe als eine die Höhe der Spendezunge verändernde Verschwenkung. Letztere muss genau auf die Konizität der jeweils zu bestückenden Blumentöpfe abgestimmt sein, damit das abzustreifende Etikett vollständig und verlässlich an die Blumentopfwand angedrückt wird.

b)
Aus dem unter Ziffer a) Gesagten folgt, dass Merkmal (4c) bei der angegriffenen Ausführungsform selbst dann nicht verwirklicht ist, wenn man das tatsächliche Vorbringen des Klägers zur Ausgestaltung und Funktion der streitbefangenen Vorrichtung als richtig unterstellt.

Als Etikettiereinrichtung, d.h. diejenige Einheit, mittels derer die Etikettierung der zu behandelnden Blumentöpfe gelingt, ist die Trägerplatte I mitsamt der beiden Etikettierrollen sowie der die Spendezunge beinhaltende, mit den Bezugszeichen B und H gekennzeichnete Ausgabemechanismus anzusehen. Dass die Trägerplatte (I) zur Etikettiereinrichtung gehört, erschließt sich für den Fachmann bereits aus der oben eingeblendeten Figur 1 der Klagepatente. Auch dort sind die Etikettierrollen auf einer tragenden Platte angebracht, die nach dem Inhalt der Klagepatentschriften eindeutig zur Etikettiereinrichtung (11) – und nicht zur Anstelleinrichtung – gezählt wird, was im Übrigen auch Figur 2 der Klagepatente unmissverständlich verdeutlicht. Die angegriffene Ausführungsform unterscheidet sich von dieser Anordnung nur dadurch, dass bei Figur 1 der Klagepatente die gesamte Etikettiereinrichtung (einschließlich beider Etikettierrollen) auf derselben Seite des Anstellarms angebracht ist, während bei der angegriffenen Ausführungsform die Anordnung so getroffen ist, dass sich jeweils eine der beiden Etikettierrollen auf jeweils einer anderen Seite des Anstellarms befindet. Die besagte Abweichung ändert nichts daran, dass die Klagepatente die Etikettierrollen und ihren Träger der Etikettiereinrichtung zurechnen, weswegen auch in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform nichts anderes gelten kann.

Als Anstellarm fungiert bei ihr das aus zwei starr miteinander verbundenen Vierkantrohren gebildete Bauteil, das im Bild 14 der Anlage K 9 mit dem Bezugszeichen F versehen ist. Es ist verantwortlich dafür, dass die Etikettiereinrichtung durch Verschwenken aus einer Nichtgebrauchs- in eine Gebrauchsposition verbracht und deren Spendezunge an die zu etikettierenden Blumentöpfe herangeführt werden kann.

• Eine Verschwenkung des Bauteils F um seine Längsachse findet bei der angegriffenen Ausführungsform unstreitig nicht statt.

• Sollte – wie der Kläger behauptet – eine Drehung um den auf Bild 13 der Anlage K 9 mit dem Bezugszeichen E versehenen Rundstab möglich sein, bewirkt sie nur eine Verschwenkung um die auf Bild 13 mit Y1 gekennzeichnete Achse, was einem Verschwenken um die Achse X gemäß Figur 5 der Klagepatente entspricht. Sie ermöglicht eine Verschwenkung der Etikettiereinrichtung und ein Anstellen der Spendezunge an die Blumentöpfe, womit bloß Merkmal (3b) verwirklicht wäre.

• Auch die bei der angegriffenen Ausführungsform stattfindende Verschwenkung um die im Bild 14 mit dem Bezugszeichen X1 bezeichnete Längsachse der Trägerplatte I erfüllt das Merkmal (4c) nicht. Zum einen ist die Trägerplatte I – wie bereits ausgeführt – Teil der Etikettiereinrichtung und eben kein „verlängerter“ Teil des Anstellarms F. Selbst wenn man sie aber als einen solchen betrachten würde, fände keine Verschwenkung um die Längsachse des Anstellarms F statt, da es nur eine Längsachse gibt, die wie oben definiert und dadurch gekennzeichnet ist, dass sie eine Verschwenkung ermöglicht, die zu einer seitlichen Verkippung der Spendezunge führt. Die Längsachse des Anstellarms F entspricht daher der auf Bild 14 durch das Bauteil F gezogenen gestrichelten Linie.

• Dem Kläger kann schließlich auch nicht in seiner (in der Sitzung vor dem Senat geäußerten) Auffassung gefolgt werden, die Trägerplatte I stelle einen „weiteren Anstellarm“ im Sinne der Klagepatente dar, weshalb die Verschwenkung um die Achse X1 eine Verschwenkung um „die Längsachse“ sei. Auch der weitere Anstellarm der Klagepatente dient dem Anstellen der Spendezunge an die Blumentöpfe. Die Verschwenkung um seine Längsachse muss daher klagepatentgemäß zu einem seitlichen Verkippen der Etikettiereinrichtung und damit der Spendezunge führen. Beides ist vorliegend bei der Trägerplatte I und der Verschwenkung um ihre Achse X1 nicht der Fall.

c)
Merkmal (4c) wird auch nicht in äquivalenter Weise umgesetzt.

Zwar erstreckt sich der Schutzbereich des Patents auch auf vom Wortsinn abweichende Ausführungen, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die am Sinngehalt der Ansprüche, d.h. an der darin beschriebenen Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse zur Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems als gleichwirkend auffinden konnte (vgl. BGH GRUR 1986, 803 – Formstein; 1988, 896 – Ionenanalyse; 1989, 903 – Batteriekastenschnur; 2002, 511 (512) – Kunststoffrohrteil). Eine äquivalente Benutzung liegt damit vor, wenn in Bezug auf das Ersatzmittel kumulativ die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a) Das Austauschmittel muss dieselbe technische Wirkung erzielen, die das im Patentanspruch beschriebene Lösungsmittel nach der Lehre des Klagepatents erreichen soll (Gleichwirkung);

b) der Durchschnittsfachmann mit dem Kenntnisstand des Prioritätstags muss ohne erfinderische Überlegungen in der Lage gewesen sein, das Austauschmittel als funktionsgleiches Lösungsmittel aufzufinden (Naheliegen);

c) der Fachmann muss die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine Lösung in Betracht gezogen haben, die zu der im Wortsinn des Patenanspruchs liegenden gegenständlichen Ausführungsform gleichwertig ist (Gleichwertigkeit).

Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Voraussetzungen der Gleichwirkung und des Naheliegens erfüllt sind.

In jedem Fall zu verneinen sind die für das Vorliegen der Gleichwertigkeit notwendigen Voraussetzungen. Anspruch 13 des Klagepatents I und Anspruch 12 des Klagepatents II halten den Fachmann ausdrücklich dazu an, die Etikettiereinrichtung um „die Längsachse“ des Anstellarms oder um „die Längsachse“ des weiteren Anstellarms oder um eine „dazu parallele“ Achse zu verschwenken. Damit bieten die Klagepatente zwar mehrere optionale Möglichkeiten der Verschwenkung an. Alle haben jedoch gemeinsam, dass die Verschwenkung nicht um eine beliebige, sondern immer um die Längsachse des (ggf. weiteren) Anstellarms erfolgt, womit die Etikettiereinrichtung so verschwenkt wird, dass ein seitliches Verkippen der Spendezunge entsprechend der Konizität des zu etikettierenden Blumentopfs erreicht wird. Die Festlegung auf „die Längsachse“ schließt zugleich ein Verschwenken um eine (scil.: jede) andere Achse des (dreidimensionalen und infolgedB stets mit mehreren Achsen versehenen) Anstellarms als aus der Sicht der Erfindung ungeeignet aus. Verlässt der Fachmann die gegebene Achsenvorgabe, indem er die Etikettiereinrichtung statt um die Längsachse um die Querachse des Anstellarms verschwenken lässt, so orientiert er sich nicht mehr an der in den Patentansprüchen geschützten Lehre; vielmehr ignoriert er deren Anweisungen und setzt seine bessere eigene Erkenntnis davon, dass es für den Erfindungserfolg auf eine bestimmte Achsenrichtung für die Verschwenkbewegung nicht ankommt, an die Stelle der Lehre, die ihm Anspruch 13 des Klagepatents I bzw. Anspruch 12 des Klagepatents II geben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen

Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.