2 U 108/03 – Spritzguss-Zahnbürsten

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1066

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. März 2009, Az. 2 U 108/03

A.
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28. Oktober 2003 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen,

im räumlichen Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patentes 0 504 XXX

Werkzeuge zum Mehrkomponenten-Spritzgießen von Bürstenkörpern, insbesondere Zahnbürstenkörpern, herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen,

mit zwei aufeinander zu und voneinander fort bewegbaren Werkzeugteilen, die gemeinsam mehrere gleiche, nebeneinander angeordnete Formhohlräume bilden, die in der formgebenden Fläche des einen Werkzeugteils jeweils eine Aussparung aufweisen, die durch ein relativ zu diesem Werkzeugteil bewegliches Einsatzelement verschließbar ist, an dem ein Ansatz gebildet ist, der bei durch das Einsatzelement verschlossenem Formhohlraum in diesen hineinragt, wobei das Einsatzelement an einem Träger befestigt ist, mittels welchem ein in einem der zuerst einzuspritzenden Komponente zugeordneten Formhohlraum gespritzter Vorformling in einen einer anderen Komponente zugeordneten Formhohlraum einbringbar ist,

wobei in den Werkzeugteilen zwei Gruppen von Formhohlräumen gebildet sind, die verschiedenen Komponenten fest zugeordnet sind, und wobei die Einsatzelemente durch eine quer zur Längsrichtung der nebeneinander angeordneten Formhohlräume angeordnete, am Träger befestigte Leiste gebildet sind;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie seit dem 23. Oktober 1992 Handlungen gemäß vorstehender Ziffer I. 1. vorgenommen hat und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich folgendes ergibt:

a)
die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie die Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreise;

b)
die Namen und Anschriften der gewerblichen Adressaten von Angeboten;

c)
die nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

d)
Art und Umfang der betriebenen Werbung, aufgegliedert nach Werbeträgern, Auflagenhöhen, Erscheinungszeiten und Verbreitungsgebieten;
wobei die Angaben zu c) nur für die Zeit ab dem 17. Februar 1996 geschuldet sind;

3.
die in ihrem Eigentum oder mittelbarem oder unmittelbarem Besitz befindlichen Vorrichtungen gemäß vorstehender Ziffer I. 1. nach ihrer Wahl zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten Kosten – herauszugeben.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß vorstehender Ziffer I.1. seit dem 17. Februar 1996 entstanden ist und/oder in Zukunft entstehen wird, sowie eine angemessene Entschädigung für die in der Zeit vom 23. Oktober 1992 bis zum 16. Februar 1996 begangenen Handlungen gemäß vorstehender Ziffer I.1. zu leisten.

B.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

C.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,– Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

D.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 500.000,– Euro festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patentes 0 504 XXX (Klagepatent, Anlage K 1) betreffend ein Werkzeug zum Mehrkomponenten-Spritzgießen von Bürstenkörpern. Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung der angegriffenen Vorrichtungen sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz und zur Leistung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch.

Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde im. Februar 1992 unter Inanspruchnahme der Priorität des deutschen Gebrauchsmusters 91 03 XYZ (Anlage K 13) vom. März 1991 eingereicht und im. September 1992 im Patentblatt veröffentlicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung ist im. Januar 1996 bekannt gemacht worden. Anspruch 1 des Klagepatentes lautet wie folgt:

Werkzeug zum Mehrkomponenten-Spritzgießen von Bürstenkörpern, insbesondere Zahnbürstenkörpern, mit zwei aufeinander zu und voneinander fort bewegbaren Werkzeugteilen (10, 12), die gemeinsam mehrere gleiche, nebeneinander angeordnete Formhohlräume (14, 16) bilden, die in der formgebenden Fläche des einen Werkzeugteils (10) jeweils eine Aussparung aufweisen, die durch ein relativ zu diesem Werkzeugteil bewegliches Einsatzelement (24) verschließbar ist, an dem ein Ansatz (26) gebildet ist, der bei durch das Einsatzelement (24) verschlossenem Formhohlraum (16) in diesen hineinragt, wobei das Einsatzelement (24) an einem Träger (30) befestigt ist, mittels welchem ein in einem der zuerst einzuspritzenden Komponente zugeordneten Formhohlraum (16) gespritzter Vorformling (40) in einen einer anderen Komponente zugeordneten Formhohlraum (14) einbringbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass in den Werkzeugteilen (10, 12) zwei Gruppen von Formhohlräumen (14, 16) gebildet sind, die verschiedenen Komponenten fest zugeordnet sind, und dass die Einsatzelemente (24) durch eine quer zur Längsrichtung der nebeneinander angeordneten Formhohlräume angeordnete, am Träger (30) befestigte Leiste (28) gebildet sind.

Die nachstehend wiedergegebenen Figurendarstellungen aus der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels. Figur 8 zeigt eine Draufsicht auf die mit Formhohlräumen versehene Seite des einen – beweglichen – Werk-

zeugteils (12; Bezugszeichen entsprechen nachstehenden Abbildungen), wobei die unteren der ersten Spritzgießkomponente zugeordneten Formhohlräume (16) von einer die Einsatzelemente (24) bildenden Leiste (28) übergriffen werden, die mit Ansätzen (26) entsprechende Aussparungen (22) in den Formhohlräumen verschließt und mit einem bügelförmigen Träger (30) verbunden ist, mit dessen Hilfe die in den unteren Formhohlräumen gespritzten von den Ansätzen der Einsatzelemente getragenen Vorformlinge um 180° gewendet und in die oberen der zweiten zu spritzenden Komponente zugeordneten Formhohlräume (14) transportiert werden. Die Figuren 1 bis 7 zeigen verschiedene Betriebszustände des erfindungsgemäßen Werkzeuges; in Figur 1 ist das Werkzeug geschlossen, in Figur 2 geöffnet, wobei der aus der ersten Komponente bestehende Vorformling ergriffen und der mit der zweiten Komponente versehene Bürstenformkörper ausgeworfen wird, die Figuren 3 und 4 zeigen das Wenden des Vorformlings, in Figur 5 wird der bereits zum Spritzen der zweiten Komponente abgelegte Vorformling nach dem Abheben der Funktionseinheit bestehend aus Träger, Einsatzelement und Ansatz in der Öffnung festgehalten, in Figur 6 werden die Werkzeughälften wieder zusammengefahren; in Figur 7 ist das Werkzeug wieder geschlossen.

Den Einspruch der Beklagten gegen das Klagepatent hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes mit Entscheidung vom 30. August 2000 (Anlage K 2) rechtskräftig zurückgewiesen.

Die Beklagte stellt her und vertreibt Formwerkzeuge zur Herstellung von Zahnbürstenkörpern aus zwei Spritzgusskomponenten. Aufbau und Funktionsweise ergeben sich aus den als Anlage K 9 vorgelegten Fotos, die aus einem Videofilm stammen, der sich in Auszügen auf der als Anlage K 10 vorgelegten CD-Rom befindet. Wie die nachstehend wiedergegebenen Bilder 3 bis 6 der Anlage K 9 zeigen, werden die aus der ersten Komponente gespritzten Vorformlinge beim Umsetzen vom ersten in den zweiten Formhohlraum von einem in der feststehenden Werkzeughälfte mittig zwischen den Teil-Hohlraumgruppen angeordneten quaderförmigen von der Beklagten als Wendeteil bezeichneten Block in ihrem Kopf- und Halsbereich aus der Ebene der ersten Formhohlräume herausgehoben und an Stiften, die zuvor beim Spritzen der ersten Komponente zur Vorformung des Borstenlochfeldes dienen, gehalten, um 180° gewendet und in die Ebene der zweiten Formhohlräume gebracht.

Die Klägerin meint, diese Vorrichtung verwirkliche die im Klagepatent unter Schutz gestellte technische Lehre wortsinngemäß, hilfsweise mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Sie hat vor dem Landgericht geltend gemacht, für das Wendeteil sei im Hals- und Kopfbereich der Zahnbürstenformhohlräume eine Aussparung vorgesehen, die das Wendeteil im eingefahrenen Zustand ausfülle und unter gleichzeitiger Vervollständigung der formgebenden Flächen der Formhohlräume verschließe. Die auch als Ansätze dienenden Stifte im Borstenfeld ragten bei verschlossenem Hohlraum in die Form hinein und halterten die Vorspritzlinge. Das quer zu den Formhohlräumen verlaufende Wendeteil verkörpere gleichzeitig Einsatzelemente und Träger und verbinde beide miteinander. Die hilfsweise geltend gemachte Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre mit äquivalenten Mitteln ergebe sich daraus, dass das Wendeteil die Funktionen der im Wortlaut des Klagepatentanspruches 1 beschriebenen Leiste erfülle. Da das Wendeteil die Vorformlinge an der Unterseite des Bürstenkörpers aus den Formhohlräumen heraushebe und in eingefahrenem Zustand für den Spritzvorgang einen Teil des Formhohlraumes bilde, unterliege das Spritzen der zweiten Komponente im Griffbereich des Bürstenkörpers keinen Beschränkungen. Darüber hinaus sei das Wendeteil, in dem lediglich die Bürstenköpfe lägen, insgesamt so dimensioniert, dass auch hier gegenüber der vorbekannten Indexplatten-Technik nur geringe Massen bewegt werden müssten und die Herstellungsgeschwindigkeit erhöht werden könne.

Die Beklagte stellt eine Übereinstimmung der angegriffenen Vorrichtung mit der patentierten technischen Lehre in Abrede und hat vor dem Landgericht eingewandt, eine wortsinngemäße Verwirklichung scheitere daran, dass die Formhohlräume des ersten Werkzeugteils keine Aussparung besäßen und das Wendeteil sich erst an diesen Formhohlraum anschließe. Die Ausnehmung für das Wendeteil liege außerhalb der formgebenden Fläche. Weil es keine Aussparung in der formgebenden Fläche verschließe, sei das Wendeteil auch kein Einsatzelement und die stiftförmigen Ansätze an dem Wendeteil befänden sich infolge dessen ebenfalls nicht am Einsatzelement. Entgegen der patentierten Lehre sei das Wendeteil zwar ein Träger, an dem sich aber keine Einsatzelemente befänden. Aufgrund seiner plattenförmigen kompakten Ausbildung stelle es auch keine Leiste dar und könne auch nicht in Leiste und Träger unterteilt werden, weshalb es an der schutzbeanspruchten Befestigung einer Leiste am Träger fehle.

Mangels Gleichwirkung und Auffindbarkeit werde die im Klagepatent unter Schutz gestellte Lehre nicht in äquivalenter Form benutzt. Die angestrebte Freiheit beim Spritzen der zweiten Komponente lasse sich mit der angegriffenen Vorrichtung nicht erreichen. Die erfindungsgemäße Leiste sei schmal und könne aufgrund ihrer schmalen Ausbildung überall im Längsbereich der Zahnbürstenkörper liegen, während das quaderförmige und massive Wendeteil der angegriffenen Ausführungsform die Zahnbürstenkörper am Kopf halte. Die Leiste werde klagepatentgemäß in einer Aussparung der formgebenden Fläche der Formhohlräume versenkt, das Wendeteil des angegriffenen Werkzeugs dagegen im Zentralbereich der einen Werkzeughälfte. Die Auffindbarkeit sei zu verneinen, weil die Klagepatentschrift eine in einer rinnenförmigen Aussparung untergebrachte Leiste lehre, um eine große Freiheit beim Spritzen der zweiten Komponente zu erzielen. Das voluminöse Wendeteil der angegriffenen Vorrichtung beseitige die Möglichkeit, eine Aussparung in der formgebenden Fläche bezüglich der Formhohlräume zu verschließen. Da die angegriffene Ausführungsform dem am 21. August 1991 angemeldeten und am 15. Februar 1996 veröffentlichten deutschen Patent 41 27 621 (Anlage B 1) entspreche, bei dessen Erteilung die prioritätsbegründende Anmeldung des Klagepatentes als Stand der Technik berücksichtigt worden sei, habe es erfinderischer Überlegungen bedurft, um die angegriffene Ausführungsform aufzufinden. Darüber hinaus seien Wendeteile aus dem Stand der Technik, etwa der deutschen Offenlegungsschrift 20 63 YYZ bekannt, so dass die angegriffene Vorrichtung gegenüber dem Stand der Technik keine patentfähige Erfindung sei. Darüber hinaus seien die geltend gemachten Ansprüche verjährt. Die Klägerin habe jedenfalls seit Februar 1994 Kenntnis von der Patentverletzung, als sie die Beklagte abgemahnt habe. Die Frist, für die die Beklagte im Hinblick auf das stattfindende Patenterteilungs- bzw. Einspruchsverfahren auf die Einrede der Verjährung verzichtet habe, sei am 31. Dezember 2000 abgelaufen, die Klage dagegen erst nach diesem Zeitpunkt eingereicht worden. Außerdem seien die geltend gemachten Ansprüche verwirkt.

Mit Urteil vom 28. Oktober 2003 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Nach seiner Auffassung verwirklicht die angegriffene Vorrichtung die schutzbeanspruchte technische Lehre weder wortsinngemäß noch mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Eine wortsinngemäße Übereinstimmung hat das Landgericht mit der Begründung verneint, die angegriffene Vorrichtung habe keine Aussparung, die erfindungsgemäß rinnenförmig ausgestaltet sein müsste, um eine relativ dünne Leiste aufzunehmen, die im Gegensatz zum älteren US-Patent 2 923 035 nur einen geringen Bereich der formgebenden Fläche einnehmen solle. Das voluminöse Wendeteil der angegriffenen Ausführungsform sei wegen seiner platten- und quaderförmigen Ausbildung keine separate Leiste, sondern sowohl Leiste als auch Träger. Daher fehle es zusätzlich an den vom Klagepatent geforderten durch die quer zur Längsrichtung der Formhohlräume verlaufenden Leiste gebildeten und am Träger befestigten Einsatzelementen. Eine Benutzung mit äquivalenten Mitteln scheitere sowohl an der fehlenden Gleichwirkung als auch an der mangelnden Auffindbarkeit. Gleichwirkung sei nicht gegeben. Die erfindungsgemäß angestrebte am US-Patent 2 923 035 vermisste große Freiheit beim Spritzen der zweiten Komponente lasse sich zwar auch mit der angegriffenen Vorrichtung erreichen, deren Wendeteil von der formgebenden Fläche nur den relativ kleinen Kopfbereich der Zahnbürste einnehme; beim Umsetzen der Vorformlinge müssten jedoch große und träge Massen bewegt werden, was der vom Klagepatent angestrebten Steigerung der Herstellungsgeschwindigkeit entgegen stehe, die durch das Bewegen nur geringer Massen mit einer günstigen Kinematik erreicht werden solle. Das verbrauche viel Energie und sei mit der Gefahr von Unwuchten an der Welle verbunden. Die Auffindbarkeit der angegriffenen Ausführungsform anhand an den Patentansprüchen orientierter Überlegungen sei zu verneinen, weil das Klagepatent auch die Verwendung großer Massen zum Wenden der Vorformlinge vermeiden wolle, die einer günstigen Kinematik entgegen stünden. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre bisher erfolglos geltend gemachten Ansprüche weiter. Zur Begründung führt sie unter ergänzender Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag aus, das Landgericht habe bei der Auslegung des Klagepatentanspruches 1 verkannt, dass es für die erfindungsgemäße Ausbildung von Leiste und Aussparung nicht auf deren absolute Breite, sondern nur darauf ankomme, dass sie vom Bereich der formgebenden Fläche nur einen relativ geringen Teil einnähmen, was auch auf die angegriffene Vorrichtung zutreffe. Außerhalb dieses Bereiches könnten Leiste und Aussparung beliebig breit sein, ohne den damit zusammenhängenden erfindungsgemäßen Vorteil in Frage zu stellen. Auch beschränke sich der Sinngehalt des Anspruches 1 nicht auf separate oder schlanke und längliche Ausbildungen der Leiste. Nicht die Leiste, sondern das jeweilige Einsatzelement verschließe die Aussparung der formgebenden Fläche; beides dürfe nicht gleichgesetzt werden. Im Rahmen der Äquivalenzprüfung habe das Landgericht zu Unrecht Gleichwirkung und Auffindbarkeit der bei der angegriffenen Vorrichtung verwirklichten Konfiguration verneint. Insbesondere habe es verkannt, dass die erfindungsgemäß angestrebte Reduzierung der beim Umsetzen der Formlinge zu bewegenden Massen schon gegeben sei, wenn nicht mehr wie im Stand der Technik der gesamte Formhohlraum bzw. die gesamte Werkzeughälfte, sondern wie auch bei der angegriffenen Ausführungsform nur das Wendeteil als mittlerer Träger der Leisten betätigt werden müsse. Die angegriffene Vorrichtung verdoppele die formgebenden Flächen, der Einsatzelemente und der hierdurch gebildeten Leiste, wobei in jeder dieser formgebenden Flächen wechselweise jeweils die erste und die zweite Komponente gespritzt werde.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen,

hilfsweise, die Verurteilung gegen Werkzeuge zum Mehrkomponenten-Spritzgießen von Bürstenkörpern zu richten, bei denen die Einsatzelemente quer zur Längsrichtung der nebeneinander geordneten Formhohlräume an einem Wendeteil gebildet sind und die im übrigen die in Ziffer I.1. des Urteilsauspruches angegebenen Merkmale aufweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.

Beide Parteien haben in der Berufungsinstanz Privatgutachten vorgelegt, nämlich die Klägerin das Gutachten Mark C (Anlage K 28) und die Beklagte das Gutachten Prof. Dr.-Ing. Rüdiger A (Anlage B 12).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
Prof. Dr.-Ing. Paul B hat zur Beweisaufnahme ein schriftliches Sachverständigengutachten erstattet und dies in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2009 ergänzt und erläutert. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten vom 4. Juli 2007 (Bl. 417 bis 433 d.A.) und auf die Niederschrift über den Verlauf der Sitzung vom 12. Februar 2009 (Bl. 620 bis 668 d.A., im Folgenden: Anhörungsprotokoll) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche zu, weil die angegriffene Vorrichtung wortsinngemäß mit der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre übereinstimmt. Dass die Klägerin nach wie vor in erster Linie diese Form der Patentverletzung geltend macht, hat sie im Verhandlungstermin vom 12. Februar 2009 klargestellt. Die Befragung des gerichtlichen Sachverständigen hat dem Senat hinreichend Kenntnisse vermittelt, die ihn in die Lage versetzen, diese Übereinstimmung festzustellen, auch wenn der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten zum gegenteiligen Ergebnis gekommen ist. Der nicht nachgelassene und nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz der Beklagten vom 6. März 2009 rechtfertigt keine andere Beurteilung und veranlasst auch nicht, die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wieder zu eröffnen.

1.
Das Klageschutzrecht betrifft mit seinem Anspruch 1 ein Werkzeug zum Mehrkomponenten-Spritzgießen von Bürsten- und insbesondere Zahnbürstenkörpern, das die den Oberbegriff bildenden Merkmale 1 bis 1.7.2 der nachstehenden Merkmalsgliederung aufweist.

Das Werkzeug besteht aus zwei Formhälften, die zum Spritzvorgang schließ- und das anschließende Entformen des Spritzlings trennbar, also aufeinander zu und voneinander fortbewegbar sein müssen. Die Herstellung der Zahnbürstenkörper aus zwei Kunststoffkomponenten erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt wird im ersten Hohlraum aus der ersten Materialkomponente der Vorformling gefertigt, anschließend werden die beiden Formhälften auseinander gefahren, der Vorformling vom ersten in den zweiten Hohlraum umgesetzt und nach erneutem Schließen der beiden Formhälften im zweiten Hohlraum die zweite Materialkomponente angespritzt.

a)
Zum Mehrkomponenten-Spritzgießen becherförmiger Formteile war es nach den einleitenden Ausführungen der Klagepatentschrift (Spalte 1, Zeilen 22 bis 29) am Prioritätstag aus der deutschen Offenlegungsschrift 20 36 YYZ (Anlage K 5) bekannt, in einem Werkzeug zwischen Unterformen (6, 6’, Bezugszeichen entsprechen den nachstehenden Figuren 1 bis 4 der älteren Druckschrift) und Oberformen (1, 1’) Formhohlräume für beide Komponenten anzuordnen und den aus der ersten Komponente gespritzten Vorformling (M) mit Hilfe eines Halters (14) einer Abstreiferplatte (12), die am Rand der Becherform angreift, mit einer kombinierten Hub-Drehbewegung in den zweiten Formhohlraum umzusetzen. Daran wird bemängelt (Spalte 1, Zeilen 29 bis 34), da Zahnbürstenkörper keinen solchen von außen erfassbaren Rand besäßen, sei die vorbekannte Maschine zur Herstellung solcher Gegenstände ungeeignet.

Die Klagepatentschrift befasst sich sodann (Spalte 1, Zeilen 34 bis 53) mit herkömmlichen Indexplatten-Werkzeugen zum Mehrkomponenten-Spritzgießen von Zahnbürsten aus zwei Formhälften, deren eine um 180° relativ zur anderen verdrehbar ist, um einen aus der ersten Komponente gespritzten Vorformling zum Anfügen der zweiten Komponente in einen gegenüberliegenden Formhohlraumteil in der feststehenden Werkzeughälfte zu bringen. Gleichzeitig wird ein leerer Formhohlraumteil in der verdrehbaren Werkzeughälfte in Gegenüberlage zu einem Formhohlraumteil der feststehenden Werkzeughälfte zum Spritzen der ersten Komponente gebracht. Diese Werkzeuge, die unstreitig in ihrer Ausbildung den nachstehenden beiden Abbildungen aus Anlage K 16 entsprechen, werden als in mehrfacher Hinsicht aufwendig bemängelt. Da die Formhohlraumteile in der drehbaren Werkzeughälfte wechselweise mit Formhohlraumteilen für verschiedene Komponenten in der feststehenden Werkzeughälfte zusammen wirkten und für das Spritzen beider Komponenten ausgebildet sein müssten, würden Schieber und/oder feststehende Formkerne benötigt, um bestimmte Bereiche des Formhohlraumes schließen oder öffnen zu können (Klagepatentschrift, Spalte 1, Zeilen 45 bis 53) und müssten die Formhohlraumteile der verdrehbaren Werkzeughälfte streng symmetrisch und vollkommen gleich ausgebildet sein. Das sei bei Werkzeugen zur Herstellung von Zahnbürstenkörpern besonders aufwendig, weil beide Formhohlraumteile der beweglichen Werkzeughälfte zur Formung des Bostenlochfeldes mit einer Vielzahl schieberbetätigter Stifte versehen werden müssten, die die Vorspritzlinge auch während der Drehung der einen Werkzeughälfte festhalten (Klagepatentschrift, Spalte 2, Zeilen 1 bis 15). Dass eine Werkzeughälfte regelmäßig mehrere Formhohlräume zum gleichzeitigen Spritzen mehrerer Bürstenkörper nebeneinander aufweise, die alle streng symmetrisch ausgebildet sein und den Formhohlraumteilen der feststehenden Werkzeughälfte genau gegenüber liegen müssten, die Versorgung der Kühlflüssigkeitsbohrungen der drehbaren Werkzeughälfte über eine zentrale Welle erfolgen müsse und Drehkupplungen benötige (die überdies prinzipiell die Gefahr von Undichtigkeiten bergen), steigere den Aufwand zur Herstellung des Werkzeuges (Klagepatentschrift, Spalte 2, Zeilen 16 bis 34).

Eine Vorrichtung mit den gattungsbildenden Merkmalen des Klagepatentanspruches 1 ist aus der in der Patentbeschreibung weiterhin erörterten US-Patentschrift 2 923 035 (Anlage K6; deutsche Übersetzung Anlage K6a) bekannt, deren Figuren nachstehend wiedergegeben sind. Das dort gelehrte Werkzeug zum Mehrkomponenten-Spritzgießen von Bürstenkörpern besitzt für jede Komponente eine gesonderte Werkzeugeinheit, nämlich zum Spritzen der ersten Komponente die in den Figuren 1 bis 4 dargestellte Werkzeugeinheit (10, Bezugszeichen entsprechen nachstehenden Abbildungen) und für das Spritzen der zweiten Komponente die in den Figuren 7 bis 9 gezeigte Einheit (50). In jeder Werkzeugeinheit sind mehrere gleiche Formhohlräume nebeneinander angeordnet; in der ersten werden sie durch in die untere Formhälfte (12) eingesetzte Formblöcke (13) gebildet (vgl. die Figuren 1 bis 4 der älteren Druckschrift); in der zweiten Einheit werden die Formhohlräume zwischen den Werkzeughälften (55) und (56) begrenzt (vgl. Figuren 7 bis 9). Beide Werkzeugeinheiten bilden in einer Hälfte jeweils eine Aussparung, die durch ein relativ zu dem Werkzeugteil bewegliches Einsatzelement verschlossen werden kann. Dieses Einsatzelement wird von dem in Figur 5 dargestellten Halter (15) gebildet, dessen Träger (16) und darauf im Abstand voneinander befestigte Leisten (18) die Aussparung verschließen, indem in der ersten Werkzeugeinheit der Träger (16) in einem Schlitz (22) und die Arme bzw. Leisten in Nuten (21) aufgenommen werden (vgl. Figuren 2 und 3), eine entsprechende Ausbildung ist auch in der Werkzeughälfte (56) der zweiten Einheit vorgesehen. Stiftförmige Ansätze (20, vgl. Figur 5) auf den Leisten des Halters ragen in den Formhohlraum der ersten Werkzeugeinheit hinein (vgl. Figuren 1 bis 4), greifen in den dort hergestellten Vorformling der ersten Komponente und halten ihn beim Transport in die zweite Werkzeugeinheit fest. In der zweiten Werkzeugeinheit wird dann um den Vorformling (30) der übrige Bürstenkörper nebst Griff (53, 58) als zweite Komponente angespritzt (vgl. Figuren 7 und 8; Klagepatentschrift, Spalte 2, Zeilen 34 bis 53). Wie die Klagepatentschrift weiter ausführt (Spalte 2, Zeile 53 bis Spalte 3, Zeile 9), benötigt dieses Werkzeug zwar keine verdrehbare Werkzeughälfte und demzufolge auch keine strenge Symmetrie ihrer Formhohlraumteile, allerdings ist eine rationelle Produktionsweise der Bürstenkörper nicht möglich, weil die Vorformlinge eigens in die zweite Werkzeugeinheit transportiert werden müssen, was nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen (Gutachten S. 6, Bl. 422 d.A.) und des Privatgutachters Prof. Dr. A (Anlage B 12, S. 11 letzter Absatz) von Hand erfolgte. Da die Einsatzelemente als sich nahezu über die gesamte Länge des Vorformlings erstreckende Leiste ausgebildet ist, die auf ihrer den Formhohlraum zugewandten Seite eine formgebende Fläche bildet, an welcher der Vorformling anliegt, kann dort die zweite Komponente nicht eingespritzt werden, was als starke Beschränkung empfunden wird.

Als Aufgabe (technisches Problem) gibt die Klagepatentschrift an, ausgehend von dem US-Patent 2 923 035 eine rationellere Herstellung zu ermöglichen und zugleich eine große Freiheit beim Spritzen der zweiten Komponente zu erreichen.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Anspruch 1 des Klagepatentes ein Werkzeug zum Mehrkomponenten-Spritzgießen von Bürsten- insbesondere Zahnbürstenkörpern vor, das folgende Merkmale kombiniert:

1
Das Werkzeug besitzt zwei Werkzeugteile (10, 12), die

1.1
aufeinander zu und voneinander fort bewegbar sind, und

1.2
die gemeinsam mehrere gleiche, nebeneinander angeordnete Formhohlräume (14, 16) bilden;

1.3
die Formhohlräume weisen in der formgebenden Fläche des einen Werkzeugteils (10) jeweils eine Aussparung (22) auf;

1.4
die Aussparung ist durch ein relativ zu diesem Werkzeugteil bewegliches Einsatzelement (24) verschließbar;

1.5
an dem Einsatzelement ist ein Ansatz (26) gebildet, der bei durch das Einsatzelement verschlossenem Formhohlraum (16) in diesen hineinragt;

1.6
das Einsatzelement ist an einem Träger (30) befestigt;

1.7
mittels des Trägers ist ein gespritzter Vorformling (40) von

1.7.1
einem der zuerst einzuspritzenden Komponente zugeordneten Formhohlraum (16)

1.7.2
in einem einer anderen Komponente zugeordneten Formhohlraum (14) einbringbar

2.
In den Werkzeugteilen sind zwei Gruppen von Formhohlräumen (14, 16) gebildet, die verschiedenen Komponenten fest zugeordnet sind;

3.
die Einsatzelemente sind durch eine Leiste (28) gebildet, die quer zur Längsrichtung der nebeneinander angeordneten Formhohlräume angeordnet und am Träger befestigt ist.

Mit der Merkmalsgruppe 1.7.1 bringt das Klagepatent zum Ausdruck, dass der Träger – wie bereits im US-Patent 2 923 035 – das Mittel ist, mit dessen Hilfe der Vorformling aus dem ersten Formhohlraum in den zweiten zum Spritzen der zweiten Komponente verbracht werden kann. Die Erfindung unterscheidet sich von der älteren Vorrichtung darin, dass sie die dort getrennten Werkzeugeinheiten zum Spritzen der beiden Komponenten zu einem einheitlichen Werkzeug zusammen fasst und infolge dessen kein besonderes Transportsystem mehr notwendig ist, um den Träger von der ersten in die zweite Werkzeugeinheit zu bringen, insbesondere ein solcher Transport nicht mehr von Hand erfolgen muss. An dem Träger ist für den zugeordneten Formhohlraum ein Einsatzelement befestigt (Merkmal 1.6), an dem der in Merkmal 1.5 genannte Ansatz gebildet ist, der in den bei zugefahrenem Werkzeug verschlossenen Formhohlraum hinein ragt. Seine Aufgabe ist es, den aus der ersten Komponente gespritzten Vorformling zum Spritzen der zweiten Komponente in den zweiten Formhohlraum umzusetzen und während des Transportvorganges zu halten.

Der entsprechend der vorstehenden Merkmalsgliederung ausgebildeten Vorrichtung schreibt die Klagepatentschrift mehrere Vorteile zu: Da die Werkzeugteile nach Merkmal 2 zwei Gruppen von Formhohlräumen bilden, die den verschiedenen Komponenten fest zugeordnet sind und der Träger gemäß der Merkmalsgruppe 1.7 die Vorspritzlinge innerhalb des Werkzeugteils vom einen in den anderen Formhohlraum bringt, führt der bewegliche Werkzeugteil lediglich zum Trennen der beiden Werkzeughälften eine Hubbewegung aus und braucht nicht mehr gedreht zu werden, so dass Drehkupplungen entfallen können (Klagepatentschrift Spalte 3, Zeilen 24 bis 26). Außerdem können die Formhohlraumteile des beweglichen Werkzeugteils verschieden ausgebildet werden und brauchen nicht streng symmetrisch zu sein, insbesondere muss nur ein Formhohlraumteil mit den schieberbetätigten Stiften zur Ausbildung der Löcher für die Borstenbündel ausgestattet werden (Klagepatentschrift Spalte 3, Zeilen 28 bis 35). Die Herstellungsgeschwindigkeit kann gesteigert werden, weil zur Umsetzung der Vorformlinge nur geringe Massen mit einer günstigen Kinematik bewegt werden müssen (Klagepatentschrift Spalte 3, Zeilen 37 bis 41), und das durch eine nach Merkmal 3 quer zur Längsrichtung des Formhohlraums angeordnete Leiste gebildete Einsatzelement nimmt im Gegensatz zu dem längsverlaufenden Einsatzelement gemäß der US-Patentschrift 2 923 035 nur einen geringen Teil der formgebenden Fläche des betreffenden Hohlraums ein (Klagepatentschrift Spalte 3, Zeilen 43 bis 47), so dass die außerhalb der Leiste liegenden zum Einspritzen der zweiten Komponente zur Verfügung stehenden Bereiche wesentlich größer sind. Da überdies die Lage der Leiste weitgehend beliebig gewählt werden kann, ergibt sich eine große Freiheit beim Spritzen der zweiten Komponente (vgl. Sachverständiger, Anhörungsprotokoll, S. 5, 6; Bl. 624, 625 d.A.).

b)
Anspruch 1 lässt dem Durchschnittsfachmann – nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen (Gutachten S. 5, Bl. 421 d.A.; ähnlich die Gutachten Prof. Dr. A [S. 3] und C [S. 4] ein Ingenieur oder Techniker, der Spritzgießwerkzeuge konstruiert und über das notwendige theoretische Wissen für die D-Auslegung der Werkzeuge und der Eigenschaften der zu verarbeitenden Kunststoffe verfügt und darüber hinaus ausreichende praktische Erfahrungen für den Bau solcher Werkzeuge und deren Einsatz in der Produktion besitzt – in der konkreten Ausgestaltung der beim Umsetzen der Vorformlinge als Funktionseinheit zusammenwirkenden Leiste aus Träger, an ihm befestigten Einsatzelementen und daran befindlichen Ansätzen verhältnismäßig viel Freiheit.

aa) Maßgebliche Grundlage – und nicht nur Richtlinie – für die Bestimmung des Schutzbereichs einer patentierten Erfindung ist nach § 14 S. 1 PatG der Inhalt der Patentansprüche (vgl. BGH GRUR 1986, 803 – Formstein; 1988, 896 – Ionenanalyse; 1989, 205 – Schwermetalloxidationskatalysator; 1989, 903 – Batteriekastenschnur; 1992, 305 – Heliumeinspeisung; st. Rspr). Die dortigen Anweisungen sind aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsfachmanns auszulegen, wobei Begriffe nicht nach ihrem sprachwissenschaftlich-philologischen Sinngehalt zu bestimmen sind und es auch insoweit auf einen allgemeinen oder allgemein technischen Sprachgebrauch nur ankommt, wenn die Klagepatentschrift keine andere Bedeutung vorgibt. Entscheidend ist der technische Sinnzusammenhang, so wie er sich aus der Klagepatentschrift ergibt (BGH, NJW-RR 1999, 546 – Sammelförderer), wobei nach § 14, S. 2 PatG zur Auslegung einzelner Merkmale des Patentanspruchs die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Die Patentschrift bildet insoweit ihr eigenes Lexikon (BGH; GRUR 1999, 909, 912 – Spannschraube; Mitteilungen 2000, 105, 106, Extrusionskopf). Die Beschreibung darf allerdings nicht dazu dienen, einen vom Wortlaut des Anspruchs hergegebenen Bedeutungsinhalt einzuengen oder auszuweiten. Ist der Wortlaut des Anspruchs weiter gefasst, dann kann man seinen Sinngehalt nicht mit der Begründung einengen, die Beschreibung enthalte für ein so weit gehendes Verständnis keine Beispiele (BGH GRUR 2004, 1023 – bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; 2007, 309 – Schussfädentransport; 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit). Insbesondere darf der Schutzbereich nicht auf das in der Klagepatentschrift erörterte bevorzugte Ausführungsbeispiel beschränkt werden (BGH v. 12. Februar 2008 – X ZR 153/05 – Mehrgangnabe). Allein aus der Nichterwähnung einer bestimmten Ausführungsvariante in der Patentschrift kann nicht gefolgert werden, sie liege außerhalb des Patentes (Schulte/Kühnen, PatG, 8. Auflage, § 14 Rdn. 32). Wenn und soweit eine allgemeine Beschreibung in der Patentschrift fehlt oder unergiebig ist, muss überprüft werden, ob die Ausführungsbeispiele über die sie betreffenden Besonderheiten hinaus auch Aussagen enthalten, die allgemein für die unter Schutz gestellte Erfindung wesentlich sind. Dabei darf man nicht dabei stehen bleiben, was der Patentanspruch bei philologischer Betrachtung mit seinen Merkmalen begrifflich aussagt, sondern es ist anhand der anderen Ansprüche, der Beschreibung und der Zeichnungen zu ermitteln, was die Erfindung mit der betreffenden Vorgabe erreichen will und welche Gestaltungsmöglichkeiten den Fachmann bei der Umsetzung der betreffenden Vorgabe offen stehen. Diese gebotene funktionale Betrachtung darf den Inhalt räumlich-körperlich definierter Merkmale jedoch nicht auf die reine Funktion reduzieren und das Merkmal in einem Sinn interpretieren, der mit der dem Merkmal eigenen räumlich-körperlichen Ausgestaltung nicht mehr übereinstimmt, anderenfalls würde die Grenze zwischen wortsinngemäßer und äquivalenter Benutzung aufgelöst (Meier-Beck, GRUR 2003, 905, 907; Schulte/Kühnen, a.a.O, Rdn. 29).

bb) Anspruch 1 lässt bereits offen, ob das Einsatzelement dem Formhohlraum für die erste oder denjenigen für die zweite Komponente zugeordnet ist. Wird der am Einsatzelement vorgesehene Ansatz beim Spritzen umgossen, muss entsprechend dem in der Klagepatentschrift erläuterten und auch zeichnerisch dargestellten Ausführungsbeispiel der Formhohlraum für die erste Komponente das Einsatzelement aufnehmen und vor dem Spritzvorgang darin einfahren. Sofern der Ansatz einen Hohlraum im Spritzkörper zurücklässt, der mit der zweiten Komponente gefüllt werden soll, muss der Ansatz mit dem Einsatzelement vor dem Spritzen der zweiten Komponente aus dem Bereich des zweiten Formhohlraumes entfernt werden. Wird die Eingriffsöffnung für den Ansatz später nicht umspritzt, ist es dagegen möglich, das Einsatzelement während des Spritzens der zweiten Komponente im zweiten Formhohlraum zu belassen.

cc) Die in den Merkmalen 1.3 und 1.4 angesprochene Aussparung soll in dem zugeordneten Hohlraum gebildet werden, indem in der formgebenden Fläche Bereiche frei gelassen werden, die das Einsatzelement bei zugefahrenem Werkzeug aufnehmen, das auf diese Weise die Aussparung verschließt und die formgebende Fläche zur Herstellung eines Vorformlings wieder vervollständigt (Sachverständigengutachten S. 9, Bl. 425 d.A.; ebenso Gutachten C, S. 7 und Gutachten Prof. Dr. A S. 4 und 7); insoweit ist auch das Einsatzelement an der Formgebung beteiligt und bildet eine Teilkavität (so zutreffend der gerichtliche Sachverständige, Anhörungsprotokoll, S. 3, 7 und 35; Bl. 622, 626 und 654 d.A.). Die Aussparung muss nicht rinnenförmig sein (so jedoch Gutachten Prof. Dr. A, S. 6); Anspruch 1 enthält eine solche Vorgabe ebenso wenig wie konkrete Vorschriften zur Dimensionierung des von der Aussparung aufzunehmenden Einsatzelementes. Das hat auch der gerichtliche Sachverständige im Anhörungstermin letztlich eingeräumt (Protokoll, S. 8, Bl. 627 d.A.). Folgte man jedoch seinen Ausführungen, da die Aussparung die Einsatzelemente aufnehmen müsse und der Fachmann bei der von ihnen gebildeten Leiste an eine schmale Konfiguration denke, ergebe sich für die Aussparung dennoch eine rinnenförmige Gestalt (Anhörungsprotokoll S. 40, Bl. 659 d.A.), beschränkte sich der Schutzbereich des Klagepatentes letztlich auf das in der Patentschrift erörterte Ausführungsbeispiel. Richtig ist zwar, dass die Aussparung das Einsatzelement aufnehmen und dessen Gestalt entsprechen muss; Anspruch 1 erfasst aber jede Konfiguration, bei der diese Übereinstimmung gegeben ist, sein weiter gefasster Wortlaut darf nicht durch Aussagen in der Beschreibung eingeengt werden (BGH GRUR 2004, 1023 – bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).

dd) An welcher Stelle des Formhohlraums Aussparung, Einsatzelement und Ansatz liegen, lässt Anspruch 1 ebenfalls offen; sie kann auch an dem dem zweiten Formhohlraum benachbarten Ende des ersten Formhohlraums in der Nähe der Drehwelle liegen (vgl. Gutachten C S. 7). Soweit der gerichtliche Sachverständige erklärt hat, der Begriff „Aussparung“ besage, dass diese in der Mitte des Formhohlraums liegen müsse und nicht am Rand oder im Endbereich (Anhörungsprotokoll S. 38, Bl. 657 d.A.) kann der Senat dem nicht zustimmen. Der Begriff Aussparung besagt – wie bereits ausgeführt – auch im Zusammenhang der patentierten Lehre nur, dass ein Freiraum gelassen wird, der bei geschlossenem Werkzeug das Einsatzelement aufnimmt, welches in diesem Freiraum die formgebende Kavität vervollständigt. Technisch kann das auch der Endbereich des Formhohlraums sein; und auch der Sachverständige hat keinen einleuchtenden Grund dafür angegeben, warum eine Aussparung dort dem Klagepatent zuwider läuft. Später hat er eingeräumt, Aussparung und Einsatzelemente könnten an jeder beliebigen Stelle des Formhohlraums vorgesehen werden (Anhörungsprotokoll S. 45, Bl. 664 d.A.).

ee) Anspruch 1 sagt auch nicht, welche Größe die Einsatzelemente und die Aussparung im Verhältnis zum Formhohlraum haben müssen (Gutachten C, a.a.O., S. 6); dass nach Merkmal 3 die nebeneinander liegenden Einsatzelemente eine quer zu den Formhohlräumen verlaufende Leiste bilden sollen, besagt in diesem Zusammenhang nicht viel und ist insbesondere keine räumlich-körperliche Vorgabe einer schmalen und schlanken Dimensionierung. Es mag sein, dass der Durchschnittsfachmann, wie auch der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat (Gutachten S. 10, Bl. 426 d.A.) bei dem Begriff „Leiste“ – zunächst an eher schlanke und schmale Konfigurationen denkt, aber die Dimensionierung hängt von verschiedenen Parametern ab, die der Sachverständige (a.a.O., letzter Absatz) im Einzelnen aufgeführt hat. Soweit der Sachverständige seine Ansicht damit begründet, die Leiste habe nur transport- aber keine formgebende Funktion (vgl. Anhörungsprotokoll S. 16, 40; Bl. 635, 659 d.A.) folgt der Senat dem mit Blick auf die Merkmale 1.3 und 1.4 nicht. Da die Leiste aus den Einsatzelementen gebildet wird und diese stets formgebende Funktion haben, weil sie den Formhohlraum am Ort der Aussparung vervollständigen, ist eine Trennung in formgebende und Transportfunktion im Rahmen der Schutz beanspruchten Lehre nicht möglich. Auf die formgebende Funktion der Einsatzelemente hat der gerichtliche Sachverständige an anderer Stelle mehrfach und zutreffend hingewiesen (Anhörungsprotokoll S. 33 bis 37, Bl. 652 bis 656 d.A.).

Insbesondere muss die Breite der Leiste nicht derjenigen der Ansätze entsprechen. Es geht der Erfindung hauptsächlich darum, die aus der US-Patentschrift 2 923 035 bekannte Leiste, die wegen ihrer längs verlaufenden Unterbringung im Formhohlraum entsprechend schmal sein musste, quer dazu verlaufen zu lassen, damit sie nicht mehr große Teile des gesamten Formhohlraums verdeckt und dort das Anspritzen der zweiten Komponente behindert. Betrachtet man die ältere Druckschrift genauer, resultieren die Behinderungen daraus, dass das Einsatzelement in die zweite Werkzeugeinheit mitgenommen wird und dort die Unterseite des Vorformlings für das Anspritzen der zweiten Komponente versperrt. Vor diesem Hintergrund denkt der Durchschnittsfachmann bei dem Ausdruck „Leiste“ im Sinne der patentierten technischen Lehre nicht nur an eher schmale Konfigurationen, sondern versteht ihn als Umschreibung einer Gesamtheit der nebeneinander aufgereiht angeordneten Einsatzelemente, ähnlich etwa einer Steckerleiste.

Auch der Hinweis auf die günstige Kinematik in den Vorteilsangaben der Klagepatentbeschreibung führt zu keinem anderen Verständnis. Die günstige Kinematik besteht hauptsächlich darin, dass anders als bei der an zweiter Stelle einleitend erörterten Indexplatten-Technik zum Umsetzen der Vormformlinge nicht die gesamte Formhälfte bzw. Formplatte mitbewegt werden muss, sondern nur der Träger mit den Einsatzelementen und Ansätzen, wobei auch die Dimensionierung des Trägers nicht vorgegeben ist, der insbesondere nicht wie im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 8 der Klagepatentschrift bügelförmig sein muss (so aber Gutachten Prof. Dr. A, S. 5 und 7 und Sachverständigengutachten S. 4, Bl. 420 d.A. ; modifizierend Anhörungsprotokoll S. 20, Bl. 639 d.A).

Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die Klägerin bzw. Patentinhaberin habe im Einspruchsverfahren ebenso wie das Europäische Patentamt zum Ausdruck gebracht, eine Leiste sei ein länglicher Gegenstand, den eine plattenförmige Transporteinheit nicht bilden könne. Vorgänge im Erteilungs- oder Einspruchsverfahren, die, wie auch die hier genannten Äußerungen, nicht in die Patentschrift eingegangen sind, können den Schutzbereich des Patentes nicht im Wege der Auslegung einschränken (BGH, GRUR 2002, 511, 514 l. Sp. – Kunststoffrohrteil; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., §14 Rdn. 46).

ff) Des Weiteren lässt Anspruch 1 offen, ob die Vorformlinge zum Umsetzen von den Ansätzen der Einsatzelemente wie im Ausführungsbeispiel der Klagepatentschrift beschrieben, von oben hochgezogen oder von unten hochgedrückt werden; beides ist möglich.

Im Übrigen befasst sich Anspruch 1 nur mit dem Umsetzvorgang der Vorformlinge (so auch Sachverständigengutachten S. 5, Bl. 421 d.A.); er enthält insbesondere nicht die Anweisung, dass es nur eine einzige aus Träger, Einsatzelementenleiste und Ansätzen gebildete Einheit geben darf, die sofort nach dem Ablegen der umgesetzten Vorformlinge aus der zweiten Kavität wieder in die erste zurückkehrt, wie das im bevorzugten Ausführungsbeispiel dargestellt wird. Anspruch 1 beschränkt sich auf die Vorgabe, dass nur eine Einheit jeweils das Umsetzen vornimmt, was nicht ausschließt, dass es eine zweite gleich ausgebildete Einheit gibt, die abwechselnd mit der anderen tätig wird, so dass jeder von ihnen nur jeden zweiten Umsetzvorgang ausführt und in die erste Kavität zurückkehrt, während die andere Einheit die Vorformlinge in die zweite Kavität bringt (vgl. Gutachten C S. 8).

Die Formulierung des Merkmals 1.3. lässt es auch zu, beide Gruppen von Formhohlräumen mit Aussparungen und Einsatzelementen zu versehen. Mit dem Begriff „formgebende Fläche des einen Werkzeugteils“ meint das Klagepatent eine der beiden trenn- und schließbaren Werkzeughälften, von denen jede beide Gruppen Formhohlräume umfasst. Die Anordnung von Aussparungen und Einsatzelementen an beiden Gruppen von Formhohlräumen hat den Vorteil, dass man keinen selbständigen Arbeitsschritt für die Rückführung des Einsatzelementes benötigt, weil mit jedem Umsetzen eines Vorformlings von der ersten in die zweite Kavität gleichzeitig ein Einsatzelement aus der zweiten in die erste Kavität zurück fährt. Diese Ausgestaltung setzt allerdings – wie schon erwähnt – voraus, dass der vom Ansatz hinterlassene Leerraum nicht mit der zweiten Komponente gefüllt werden soll und der Ansatz nebst Einsatzelement nach dem Umsetzvorgang zusammen mit dem Vorformling in die zweite Kavität eingefahren wird und dort während des Spritzens der zweiten Komponente verbleiben kann. Dass eine solche Ausgestaltung technisch möglich ist, hat auch der gerichtliche Sachverständige nicht in Frage gestellt (Anhörungsprotokoll S. 11, Bl. 630 d.A.). Mittelbar findet der Fachmann das in der Patentbeschreibung bestätigt. Die Angabe, die quer verlaufende Leiste nehme wenig Platz in Anspruch und ermögliche große Freiheit beim Spritzen der zweiten Komponente, betrifft nur Ausführungsformen, bei denen die Leiste während des Spritzens der zweiten Komponente in der zweiten Kavität verbleibt. Bringt man sie wie im bevorzugten Ausführungsbeispiel vorher wieder zurück in die erste Kavität, ist die zweite vollkommen frei von Hindernissen für das Spritzen der zweiten Komponente. Letzteres hat auch der gerichtliche Sachverständige bestätigt (Anhörungsprotokoll S. 17, Bl. 636 d.A.). Der Einwand im Gutachten Prof. Dr. A (a.a.O. S. 7), eine solche Ausführungsform sei wegen der damit verbundenen Kollisionsgefahr beider Einheiten technisch nicht ausführbar, überzeugt nicht. Sähe man etwa bei dem in Figur 8 der Klagepatentschrift dargestellten Ausführungsbeispiel eine zweite Leiste an der gegenüber liegenden Seite des Trägers vor, ist eine Kollisionsgefahr nicht ersichtlich, denn beide Leisten führten zusammen mit dem Träger gleichzeitig eine Drehbewegung aus. Kann man erfindungsgemäß auch so arbeiten, so spricht auch aus der Sicht der Erfindung nichts dagegen, die beiden Transporteinheiten zu einem einheitlichen Funktionsteil zu verbinden und in der Mitte zwischen den beiden Formhälften anzuordnen. Das hat der gerichtliche Sachverständige im Anhörungstermin letztlich bestätigt (Protokoll S. 22, 45; Bl. 641, 664 d.A.).

Auch hier steht nicht entgegen, dass das Merkmal 3 die aus den nebeneinander angeordneten Einsatzelementen bestehende Funktionselementen als eine Leiste bezeichnet. Wenn sich daraus überhaupt eine Begrenzung für die Breite der Leiste ankommen und diese nur einen geringen Teil des Formhohlraums überdecken sollte, so kann es für diese Dimensionierung auch nur um den auf die formgebende Fläche entfallenden Teil gehen, während außerhalb liegende Bereiche beliebig dimensioniert sein können. Bei solchen Konfigurationen kommt dem Abschnitt des den Formhohlraum erfassenden Teils die Funktion einer Leiste und dem außerhalb liegenden Bereich die Aufgabe des Trägers zu. Merkmal 3 enthält keine nähere Vorgabe dazu, auf welche Weise die Leiste am Träger zu befestigen ist. Die Befestigung kann auch dadurch erfolgen, dass Leiste und Träger Seite an Seite liegend angeordnet werden; bei dieser Konfiguration bolden sie zusammen einen Balken oder sonst einen Quader bilden (vgl. Sachverständiger, Anhörungsprotokoll S. 45, Bl. 664 d.A.).

Gegen diese Betrachtung spricht auch nicht das Merkmal 2, das in den Werkzeugteilen zwei Gruppen von Formhohlräumen vorsieht, die verschiedenen Komponenten fest zugeordnet sind. Anders als der Sachverständige im Anhörungstermin ausgeführt hat (Protokoll S. 23 ff., BL. 642 ff. d.A.), besteht diese feste Zuordnung nicht schon dann, wenn jeweils auf einer Seite des Werkzeugs nur eine Komponente gespritzt wird. Dies traf auch auf die bekannten Indexplatten-Werkzeuge zu, von denen sich das erfindungsgemäße Werkzeug unterscheidet, indem nicht (nur) jede der beiden Seiten einer der beiden Komponenten zugeordnet ist, sondern auch jede der beiden Gruppen von Formhohlräumen auf eine der beiden Komponenten festgelegt wird, so dass in jeder Hohlraumgruppe nur die Form der jeweils zu spritzenden zugeordneten Komponente berücksichtigt zu werden braucht. Auch diese Maßnahme grenzt die im Klagepatent geschützte Erfindung von der an zweiter Stelle als Stand der Technik erörterten Indexplatten-Maschinen ab, bei denen das Umsetzen durch Drehen der gesamten beweglichen Formhälfte bewerkstelligt wurde und jeder ihrer beiden Kavitäten infolge dessen alternierend zuerst der einen und dann der anderen Komponente zugeordnet war. Eine Abgrenzung gegenüber dem älteren US-Patent 2 923 035 liegt darin, dass anstelle der dort gelehrten beiden getrennten Werkzeugeinheiten ein einheitliches Werkzeug für beide Komponenten bereitgestellt wird. Anspruch 1 definiert den Formhohlraum in dem Sinne, dass in ihm eine der beiden Komponenten gespritzt wird. Wird die zweite Komponente nur an einen bestimmten Abschnitt des Formkörpers angespritzt, dann genügt es, wenn insoweit für diesen Abschnitt die von Merkmal 2 geforderte feste Zuordnung besteht, während die übrigen nicht betroffenen Abstände eine wechselweise Zuordnung haben dürfen, also auch zum Transport der Vorformlinge in die zweite Kavität genutzt werden können und nach dem Umsetzen zum zweiten vollständigen Formhohlraum gehören. Auch dann wird keine komplette Formplatte bzw. Werkzeughälfte bewegt. Bestätigt findet der Durchschnittsfachmann dieses Verständnis durch den Unteranspruch 4; wenn dort gelehrt wird, die der anderen Komponente (damit ist im Klagepatent die zweite Komponente gemeint) zugeordneten Hohlräume nur mit der Formgebung dieser Komponente dienenden formgebenden Flächen auszurüsten, bedeutet das, dass der allgemeiner gefasste Anspruch 1 auch Ausführungsformen erfasst, bei denen nur ein Teil des der zweiten Komponente zugeordneten Formhohlraums entsprechend beschaffen ist. Die Ausführungen der Klagepatentschrift in Spalte 4, Zeilen 32 bis 36 für den ersten Formhohlraum und in Spalte 5 Zeilen 1 bis 9 für den zweiten Formhohlraum betreffen daher nur ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel.

gg) Zum Transport kann auch derjenige Abschnitt benutzt werden, der die Borstenlochstifte enthält, die dann in bekannter Weise als Ansätze für den Transport dienen können. Für Ausführungen mit nur einer Transportleiste hat das auch der gerichtliche Sachverständige anerkannt (Anhörungsprotokoll S. 26, Bl. 645 d.A.), dasselbe muss aber auch für Ausbildungen mit zwei derartigen Leisten gelten, auch wenn der gerichtliche Sachverständige meint, der Durchschnittsfachmann ziehe eine solche Ausgestaltung nach dem Gesamtinhalt der Klagepatentschrift nicht in Erwägung (Anhörungsprotokoll a.a.O.). Dass man dann wieder in beiden Teilen symmetrisch angeordnete Borstenlochstifte benötigt, steht dem nicht entgegen, weil die klagepatentgemäße Lehre nicht darauf gerichtet ist, solche Konfigurationen auf jeden Fall zu vermeiden. Die Klagepatentbeschreibung bezeichnet zwar die symmetrische Ausbildung der Borstenlochfelder als sehr schwierig und hebt als Vorteil der erfindungsgemäßen Lehre hervor, sie erübrige diese Schwierigkeit (vgl. Spalte 2, Zeilen 1 bis 15 und Spalte 3, Zeilen 28 ff.), das bedeutet aber nicht, dass von diesem Vorteil stets Gebrauch gemacht werden muss und eine Vorrichtung den Schutzbereich der Erfindung schon deshalb verlässt, weil sie auf die Verwirklichung dieses Vorteils verzichtet. Auch der Sachverständige hat diese Schlussfolgerung nicht eindeutig gezogen, als diese Ausführungen der Patentbeschreibung mit ihm erörtert wurden (Anhörungsprotokoll S. 27 ff., Bl. 646 ff. d.A.). Eine solche Ausbildung ist, weil sie die anderen Vorteile der Erfindung noch erreicht, als verschlechterte Ausführungsform noch vom Sinngehalt des Anspruches 1 erfasst. Insbesondere die angestrebte rationelle Fertigung wird schon dadurch erreicht, dass für beide Komponenten ein einheitliches Werkzeug geschaffen wird und der Träger zusammen mit der Einsatzelementenleiste und deren Ansätzen die Vorformlinge selbst in die zweite Kavität bringt. Auch die große Freiheit beim Spritzen der zweiten Komponente ist gegeben, weil nach dem Umsetzen der Vorformlinge abgesehen von dem Borstenlochfeld alle anderen Bereiche des Bürstenkörpers „frei liegen“ und dort die zweite Komponente angespritzt werden kann. Es führt aus dem Schutzbereich des Klagepatentes nicht heraus, wenn man den Nachteil zweier – dann symmetrisch auszubildender – Borstenlochfelder in Kauf nimmt, weil dessen Vermeidung in Anspruch 1 keinen Niederschlag gefunden hat und für die fest zugeordneten Bereiche der Formhohlräume alle erfindungsgemäß angestrebten Vorteile auch erreicht werden. Auch der Sachverständige hat keine Aussage des Anspruches 1 benennen können, aus der der Fachmann zumindest mittelbar hätte entnehmen können, dass Ausführungsformen mit beiderseitigen Borstenlochstiften von der unter Schutz gestellten Lehre nicht erfasst werden (Anhörungsprotokoll S. 28, 29; Bl. 647, 648 d.A.).

2.
Mit dieser technischen Lehre stimmt das angegriffene Werkzeug wortsinngemäß überein.

a)
Unstreitig verwirklicht es die Merkmale 1, 1.1 und 1.2 der vorstehenden Merkmalsgliederung, denn es weist zwei aufeinander zu- und voneinander fortbewegbare Werkzeugteile auf, die gemeinsam mehrere gleiche nebeneinander angeordnete Formhohlräume bilden.

b)
In Übereinstimmung mit den Merkmalen 1.3 und 1.4 weisen die Formhohlräume in der formgebenden Fläche des einen, nämlich des unbeweglichen Werkzeugteils eine Aussparung auf, die durch ein relativ zu diesem Werkzeugteil bewegliches Einsatzelement verschließbar ist. Die in beiden Formhohlraumgruppen vorgesehene Aussparung wird sichtbar, wenn, wie Bild 4 der Anlage K 9 zeigt, die aus Trägern und Einsatzelementen/ Transportleisten bestehende block- bzw. quaderförmige und von der beklagten als Wendeteil bezeichnete Funktionseinheit über das Höhenniveau der ihr zugeordneten feststehenden Werkzeughälfte angehoben ist. Die Anordnung in der formgebenden Fläche ihrer Formhohlräume zeigt sich daran, dass der beim Vorspritzen auf den Bürstenkopf und den Hals entfallende Bereich in beiden Gruppen der Formhohlräume auf der feststehenden Platte ausgespart ist und innerhalb der von den Einsatzelementen gebildeten Zone liegt. Diese Aussparung ist durch ein relativ zu diesem Werkzeugteil bewegliches Einsatzelement verschließbar, das bei der angegriffenen Ausführungsform von jedem der beiden seitlich an den Mittelträger anschließenden mit den unteren Formhohlraumabschnitten für den Bürstenkopf und –hals versehenen Bereichen gebildet wird; werden diese beiden Teile aus der in Abbildung 4 der Anlage K 9 gezeigten angehobenen Stellung in die auf Bild 3 dieser Anlage gezeigte Stellung abgesenkt, ist die Aussparung verschlossen. Dass Aussparung und Einsatzelement an beiden Kavitäten für beide Komponenten vorgesehen sind, führt nach den vorstehenden Darlegungen nicht aus dem Wortsinn des Merkmals 1.3 hinaus.

c)
In Übereinstimmung mit Merkmal 1.5 ist das einzelne Einsatzelement wie die von ihm mit gebildete Leiste an einem Träger befestigt, nämlich an einer der beiden Seiten des in der Mitte des „Wendeteils“ befindlichen Trägerbalkens. Die Einsatzelemente bilden entsprechend Merkmal 3 eine Leiste, indem die den Hals- und Bürstenkopfbereich der Spritzlinge aufnehmenden Abschnitte der formgebenden Fläche nebeneinander quer zur Längsrichtung der nebeneinander liegenden Formhohlräume verlaufend aufgereiht sind. Dass diese Leiste nicht so schmal ausgebildet ist wie im Ausführungsbeispiel des Klagepatentes, ist nach den vorstehenden Ausführungen unschädlich. Auch diese Ausgestaltung erreicht eine große Freiheit beim Spritzen der zweiten Komponente, wie sie die Klagepatent geschützte Erfindung anstrebt. In dem in vom Einsatzelement nicht erfassten Stielbereich des Zahnbürstenkörpers besteht vollkommene Freiheit, weil in diesen Abschnitt des Formhohlraums keinerlei Elemente der Transportvorrichtung hineinragen und den Vorformling bedecken, und auch im von den Einsatzelementen erfassten Bürstenkopf- und Halsbereich ist auf der oberen Seite ein Aufspritzen der zweiten Komponente möglich; nur auf der unteren Seite im Bereich des durch die Borstenlochstifte vorgeformten Borstenlochfeldes ist der Vorspritzling vom Einsatzelement und den als Ansatz dienenden Borstenlochstiften abgedeckt und einem Aufspritzen der zweiten Komponente unzugänglich. Dieser abgedeckte Bereich ist verhältnismäßig klein und entspricht ungefähr einem Viertel der Bürstenkörperlänge des Spritzlings. Bei dieser Ausgestaltung besteht, was nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden kann, ein deutlicher Unterschied zur vorbekannten US-Patentschrift 2 923 035, bei der die Einsatzelementenleiste längs im Formhohlraum verläuft. Unerheblich ist es weiterhin, dass der Träger anstelle des im Ausführungsbeispiel des Klagepatentes genannten U-förmigen Bügels balkenförmig gestaltet ist, denn Anspruch 1 besagt über die Form des Trägers ebenso wenig wie über die Art der Befestigung der Einsatzelementenleiste daran, so dass diese auch dadurch bewerkstelligt werden kann, dass sie ohne Zwischenräume direkt Seite an Seite mit dem Träger verbunden wird.

Unerheblich ist, dass die Vorspritzlinge beim Transport von den Einsatzelementen auch über einen Teil ihrer Längserstreckung gehalten werden. Diese Ausbildung ändert nichts daran, dass die Aufreihungsrichtung der Einsatzelemente quer zur Längsrichtung verläuft; um die Vorformlinge während des Umsetzvorganges sicher zu lagern, ist eine gewisse Auflage auch in Längsrichtung unvermeidlich; das ist auch bei dem in den Figuren 1 bis 8 der Klagepatentschrift gezeigten Ausführungsbeispiel einer unter Schutz gestellten Vorrichtung nicht anders.

Des Weiteren ist es, anders als der gerichtliche Sachverständige meint, für die Verwirklichung der Lehre des Klagepatentes unerheblich, dass die beiden balkenförmigen Einsatzelementeleisten zusammen mit dem ebenfalls balkenförmig ausgebildeten Träger zu einer blockartigen von ihm und der Beklagten als Wendeteil bezeichneten Funktionseinheit zusammengefasst sind. Es mag sein, dass bei dieser Konfiguration beim Umsetzvorgang größere Gewichte bewegt werden müssen als bei einer schmaleren und „zierlicheren“ Ausbildung der Transportleiste. Das Klagepatent strebt insoweit nicht die absolut bestmögliche Kinematik an, sondern lässt es genügen, dass gegenüber der Indexplattentechnik die zu bewegenden Massen deutlich verringert werden. Dass dies bei dem angegriffenen Werkzeug der Fall ist, bei dem anders als bei der in Anlage K 16 dargestellten Indexplattentechnik nicht mehr die gesamte Werkzeughälfte mit beiden kompletten Formhohlräumen bewegt werden muss, sondern nur ein Ausschnitt aus der ansonsten feststehenden Werkzeugplatte, verringert die zu bewegenden Massen gegenüber der Indexplattentechnik deutlich. Was die Bewegungskinematik betrifft, erreicht die angegriffene Vorrichtung dasselbe wie das Klagepatent. Die relativ schwere und als Ganzes zu bewegende ausfahrbare Werkzeughälfte braucht nur eine Hub- und keine Drehbewegung mehr auszuführen, während nach dem Abheben der ausfahrbaren Werkzeugplatte die leichtere „Wendeplatte“ bestehend aus Träger- und Einsatzelementeleiste ebenso wie im Ausführungsbeispiel des Klagepatents eine Hub- und Drehbewegung ausführt.

d)
Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist auch die Merkmalsgruppe 1.7 erfüllt, denn mittels des Trägers ist ein gespritzter Vorformling aus dem für die erste Komponente vorgesehenen Formhohlraum in den für die zweite Komponente vorgesehenen Formhohlraum einbringbar.

e)
Auch das Merkmal 2 ist verwirklicht, weil in dem festen und in dem beweglichen Werkzeugteil jeweils zwei Gruppen Formhohlräume gebildet werden, von denen jeder eine der beiden Komponenten fest zugeordnet ist. Dass diese Zuordnung nur für den den Bürstengriff betreffenden Bereich des Formhohlraums besteht, ist im Hinblick auf Unteranspruch 4 unerheblich, denn jedenfalls dort wird erreicht, was das Klagepatent mit Merkmal 2 bezweckt, dass nämlich jede der beiden verschiedenen Formhohlraumgruppen nur diejenigen Elemente aufzuweisen braucht, die zur Formgebung der ihr zugeordneten Komponente benötigt werden.

Darauf, ob auf die angegriffene Ausführungsform ihrerseits ein Patent erteilt worden ist, kommt es im Rahmen einer wortsinngemäßen Patentverletzung nicht an. Selbst wenn die angegriffene Vorrichtung also dem deutschen Patent 41 27 621 (Anlage B 1) entspricht und dieses Patent eine erfinderische Weiterentwicklung darstellt und von der Indexplatten-Technik ausgeht, wäre das eine vom älteren Klagepatent abhängige Erfindung, die auch von dessen Lehre Gebrauch macht.

3.
a)
Da die Beklagte, wie vorstehend dargelegt, entgegen § 9 S. 2 Nr. 1 PatG eine patentierte Erfindung benutzt, kann die Klägerin als Inhaberin des benutzten Klagepatentes sie nach § 139 Abs. 1 PatG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 3 EPÜ auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Die Gefahr weiterer künftiger Rechtsverletzungen ergibt sich daraus, dass die Beklagte im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit die angegriffenen Handlungen bereits vorgenommen hat und deshalb vermutet wird, dass sie dieses Verhalten auch in Zukunft wiederholen wird.

b)
Nach § 139 Abs. 2 PatG in Verbindung mit den genannten Bestimmungen des EPÜ hat die Beklagte der Klägerin außerdem allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die schutzrechtsverletzenden Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. Sie hat das Klagepatent schuldhaft verletzt, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hätte sie, wie von ihr als einschlägig tätigem Fachunternehmen verlangt, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, hätte sie im Rahmen der gebotenen Nachforschungen das Klagepatent auffinden und sodann bei zutreffender rechtlicher Beratung ohne Schwierigkeiten feststellen können, dass die angegriffene Ausführungsform mit der unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß übereinstimmt. Die Beklagte kann insoweit nicht mit Erfolg einwenden, sie habe darauf vertrauen dürfen, dass die im Einspruchsverfahren vom fachkundigen Europäischen Patentamt getroffenen Feststellungen, wonach eine Platte und eine Stufe, wie sie der entgegengehaltene Vorbenutzungsgegenstand aufwies, nicht mit einer Leiste bzw. einer Aussparung im Sinne des Klagepatentes gleichzusetzen seien, und deshalb auch die angegriffene Vorrichtung der unter Schutz gestellten Lehre nicht entspreche; dass der Privatgutachter A und auch der gerichtliche Sachverständige zu ähnlichen Ergebnissen gekommen seien, bestätige sie in ihrer Auffassung. Die Ausführungen der Einspruchabteilung in ihrer Entscheidung vom 30. August 2000 (Anlage K2) haben nicht zu einer Beschränkung des Klagepatentanspruches 1 geführt; er ist unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen so auszulegen, wie der Fachmann ihn nach dem Inhalt der Klagepatentschrift versteht. Die Ausführungen im Einspruchsverfahren sind ihm nicht zugänglich und beeinflussen auch die Bestimmung des Schutzbereiches nicht. Dass die Beklagte sich hierüber geirrt und sie für auslegungsrelevant gehalten haben mag, entlastet sie nicht (vgl. BGH GRUR 1976, 579, 583 –Tylosin; 1964, 606, 610 – Förderband; 1961, 26 – Grubenschaleisen; Schulte/Kühnen, a.a.O., §139, Rdn. 77; Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., §139 Rdn. 48 ff. m.w.N.). Fahrlässig handelt nämlich auch, wer sich erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt; er muss mit einer von der eigenen Einschätzung abweichenden Beurteilung durch Gericht und Behörden rechnen (vgl. BGH GRUR 1999, 49 – Bruce Springsteen and his Band). Dass die Übereinstimmung des angegriffenen Gegenstandes mit der patentierten Lehre nicht ohne weiteres und zweifelsfrei verneint werden konnte, zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass das Privatgutachten C sie mit beachtlichen und vertretbaren Gründen bejaht hat. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte nur entlasten können, dass sie fachkundigen Rat eingeholt und nach eingehender Prüfung aller Zweifelsfragen die Auskunft bekommen hat, die Verletzung des Klageschutzrechtes sei eindeutig zu verneinen; für den gegenteiligen Standpunkt komme kein ernsthaft vertretbarer Anhaltspunkt in Betracht. Dass ihr nach entsprechender Prüfung dieser Rat erteilt worden ist, trägt sie jedoch selbst nicht vor. Sie hat auch keine Unterlagen vorgelegt, die dem Senat die Beurteilung ermöglicht hätten, wie die im Einspruchsverfahren erörterte vorbenutzte Vorrichtung im einzelnen beschaffen war und ob sie nach dieser Beschaffenheit überhaupt einen vertretbaren Grund bieten konnte, die angegriffene Vorrichtung mit ihr zu vergleichen.

Nach Artikel II § 1 IntPatÜG hat die Beklagte der Klägerin außerdem eine angemessene Entschädigung dafür zu leisten, dass sie den Gegenstand der veröffentlichten europäischen Anmeldung des späteren Klagepatentes bis zum Eintritt der Ausschließlichkeitswirkungen benutzt hat, obwohl sie zumindest wissen musste, dass diese Erfindung Gegenstand der veröffentlichten Anmeldung des Klagepatentes war.

c)
Da die Klägerin das genaue Ausmaß der Verletzungs- und Benutzungshandlungen nicht kennt, hat sie ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz und zur Leistung einer angemessenen Entschädigung zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen statt auf Leistung zu klagen. Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ist hinreichend wahrscheinlich, beziffern kann die Klägerin ihre Ansprüche aber erst, wenn ihr aus der Rechnungslegung der Beklagten das Ausmaß der angegriffenen Handlungen bekannt ist.

d)
Besteht die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung einer angemessenen Entschädigung und zum Schadenersatz dem Grunde nach fest, so entspricht es Treu und Glauben (§ 242 BGB), dass sie der Klägerin über den Umfang der Verletzungs- und Benutzungshandlungen Rechnung legt, denn die Klägerin kennt den Umfang dieser Handlungen ohne eigenes Verschulden nicht, während die Beklagte die entsprechenden Auskünfte ohne Schwierigkeiten geben kann und hierdurch auch nicht unzumutbar belastet wird. Allerdings hat der Senat aus dem Urteilsausspruch im Abschnitt I. 2. c) betreffend die zu erteilenden Auskünfte über die Gestehungskosten und den erzielten Gewinn den Hinweis auf die fehlende Abzugsfähigkeit von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gestrichen, weil diese Angaben erst im Höheverfahren Bedeutsamkeit erlangen können (BGH GRUR 2007, 772 – Rohrschweißverfahren). Da die Aufnahme und auch die Streichung dieses Zusatzes den Umfang der insoweit geschuldeten Rechnungslegungspflicht nicht berühren, ist mit der Streichung auch keine teilweise Abweisung der Klage verbunden. Die Angaben der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und der Liefermengen schulden die Beklagten gleichzeitig aus § 140 b PatG.

4.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die geltend gemachten Ansprüche nicht verwirkt. Die Verwirkung von Unterlassungsansprüchen kann nur eintreten, wenn der Rechtsinhaber über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl er den Verstoß gegen seine Rechte kannte oder bei der gebotenen Wahrnehmung seiner Interessen kennen musste und der Verletzer mit der Duldung seines Verhaltens durch etwaige Berechtigte rechnen durfte, und wenn er sich daraufhin einen wertvollen Besitzstand geschaffen hat (vgl. Benkard/Scharen, PatG/GbmG, 10. Aufl., § 9 Rdn. 66 m.w.N.). Die Verwirkung von Schadenersatzansprüchen setzt dagegen keinen schutzwürdigen Besitzstand voraus, sondern nur, dass der Schuldner nach hinreichend langer Duldung durch den Rechtsinhaber darauf vertrauen durfte, dieser werde nicht mehr mit Schadenersatzansprüchen wegen solcher Handlungen an ihn herantreten, die er aufgrund des geweckten Duldungsanscheins vorgenommen hat (vgl. Benkard/Scharen, a.a.O., Rdn. 67 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Beklagte hatte keinen Grund anzunehmen, die Klägerein werde sie wegen der hier in Rede stehenden Verletzung des Klagepatentes nicht mit Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen belangen. In diesem Zusammenhang darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte vorgerichtlich auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet hat, bis über den Einspruch gegen das Klagepatent endgültig entschieden sein würde; demzufolge musste sie auch und gerade nach dem Vorliegen dieser Entscheidung noch mit einer Geltendmachung der Rechte aus dem Klagepatent rechnen. Dass die Klägerin nach der im Mai 2000 ergangenen Einspruchsentscheidung noch etwa zwei Jahre bis zur Erhebung der Klage gewartet hat, reicht als Zeitspanne der Untätigkeit nicht aus, zumal sich aus dem Verzicht der Beklagten auf die Verjährungseinrede ergibt, dass die Parteien schon damals in Verhandlungen über eine Patentverletzung standen und es zur Darlegung der Beklagten gestanden hätte, ob diese Verhandlungen nach dem Ergehen der Einspruchsentscheidung abgebrochen worden sind und die Klägerin sich in der Folgezeit auch außergerichtlich nichts mehr zur Durchsetzung ihrer Ausschließlichkeitsrechte unternommen hat.

5.
Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede scheitert daran, dass für den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf den Prioritätstag des Klagepatentes abzustellen ist, sondern nach § 141 PatG a.F. auf den Zeitpunkt der Kenntnis der angegriffenen Ausführungsform. Dass die Klägerin diese Kenntnis noch nicht im Jahre 1994 besaß, hat sie unwiderlegt vorgetragen, denn sie hat in ihrer erstinstanzlichen Replik ausgeführt, die 1994 abgemahnte Ausführungsform habe sich von der jetzt streitgegenständlichen darin unterschieden, dass das Wendeteil den Stiel- und nicht den Kopfbereich der Bürstenkörper ergriffen habe. Darin liegt ein erheblicher Unterschied, weil bei der erstgenannten abgemahnten Ausführungsform nicht die Borstenlochstifte gleichzeitig Transportansatz gewesen sein können und der Einsatz der Borstenlochstifte als Transportmittel bei zwei alternierend eingesetzten Transportleisten Fragen im Hinblick auf die Übereinstimmung mit der im Klagepatent unter Schutz gestellten Lehre aufwirft, die sich bei der ersten Ausführungsform nicht stellten. Unter diesen Umständen wäre es wiederum Sache der darlegungsbelasteten Beklagten gewesen, aufzuzeigen, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin die im jetzigen Verfahren streitgegenständliche Ausführungsform kannte. Das hat sie jedoch nicht getan.

III.

Als unterlegene Partei hat die Beklagte nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht gegeben sind. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzlich Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.