2 U 94/05 – Kapmargeriten (Sortenschutz)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  593

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. Dezember 2006, Az. 2 U 94/05

Vorinstanz: 4a O 347/03

I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12. Juli 2005 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Abschnitt I., 1. des angefochtenen Urteils wie folgt neu gefasst wird:

Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000, – Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

die von ihr unter der Bezeichnung „Summerdaisy´s Alexander“ vertriebenen Osteospermum-Pflanzen mit den nachstehend wiedergegebenen Ausprägungsmerkmalen:

Nr. Merkmal Ausprägung Note

1 Pflanze: Haltung der Triebe halbaufrecht bis waagerecht 4
2 Trieb: Länge kurz bis mittel 3 – 5
3 Blatt: Länge sehr kurz 1
4 Blatt: Breite sehr schmal 1
5 Blatt: Stärke der Lappung fehlend oder sehr gering 1
6 Blatt: Panaschierung fehlend 1
7 Blatt: Grünfärbung der Oberseite hell bis mittel 4
8 Blütenstand: Anzahl vollständiger Zungenblütenkreise nur einer 1
9 Blütenstand: Durchmesser mittel bis groß 6 – 7
10 Zungenblüte: Länge mittel bis lang 6 – 7
11 Zungenblüte: Breite schmal bis mittel 4
12 Zungenblüte: Form nur elliptisch 1
13 Zungenblüte: Farbe des Randes der Oberseite gelborange RHS 13 B oder RHS 14 C
14 Zungenblüte: Farbe der Mitte der Oberseite gelborange RHS 13 B oder RHS 14 C
15 Zungenblüte: Farbe der Basis der Oberseite blauviolett oder

violettblau RHS 86 C oder RHS 86 D
RHS 93 C
16 Zungenblüte: Farbe des Mittelstreifens der Unterseite gelbbraun 7
17 Scheibe: Farbe dunkelgraugrün 7
18 Zeitpunkt des Blühbeginns früh bis mittel 3 – 4

in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft zu vermehren und/oder vermehren zu lassen und/oder in die Europäische Gemeinschaft einzuführen, dort gewerbsmäßig anzukündigen, anzubieten oder zu verkaufen, soweit sie aus unlizenzierter Vermehrung stammen.

II.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- Euro abzuwenden, falls nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird zugelassen.
V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 250.000, – Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des Gemeinschafts-Sortenschutzes für die Osteospermum-ecklonis („Kapmargeriten“)-Sorte „Lemon Symphony“ (E.U. xxx – im Folgenden: Klagesorte ).
Der Antrag auf Sortenschutz für die Klagesorte ist am 5. September 1996 beim Gemeinschaftlichen Sortenamt eingegangen. Das Gemeinschaftliche Sortenamt hat dem Kläger den beantragten Sortenschutz am 6. April 1999 erteilt.
Nach der Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997(Anlage K 10), die aufgrund einer Registerprüfung des Bundessortenamtes nach Maßgabe der Merkmalstabelle VI vom 8. August 1997 im Jahre 1997 erfolgte, weist die Klagesorte folgende Ausprägungsmerkmale auf:

BSA Nr. Merkmale Ausprägungsstufen Note Bemerkungen
1 Pflanze: Haltung der Triebe aufrecht 1
2 Trieb: Länge sehr kurz 1
3 Blatt: Länge sehr kurz 1
4 Blatt: Breite schmal 3
5 Blatt: Lappung fehlend oder sehr gering 1
6 Blatt: Panaschierung fehlend 1
7 Blatt: Farbe der Oberseite mittelgrün 5
8 Blütenstand: Anzahl der Zungenblütenkreise mindestens einer 1
9 Blütenstand: Durchmesser groß 7
10 Zungenblüte: Länge mittel 5
11 Zungenblüte: Breite schmal bis mittel 4
12 Zungenblüte: Form elliptisch 1
13 Zungenblüte: Farbe des Randes der Oberseite gelborange RHS 014 C
14 Zungenblüte: Farbe der Mitte der Oberseite gelborange RHS 014 C
15 Zungenblüte: Farbe der Basis der Oberseite blauviolett RHS 86 C
16 Zungenblüte: Farbe des Mittelstreifens der Unterseite gelb 2
17 Scheibe: Farbe graugrün 7
18 Zeitpunkt des Blühbeginns sehr früh bis früh 2

Der Kläger hat für die Vermarktung in Deutschland der A GmbH & Co. KG eine ausschließliche Lizenz erteilt, wobei die Lizenznehmerin an ihn vertragsgemäß umsatzabhängige Lizenzgebühren zu zahlen hat.

Die Beklagte vertreibt Jungpflanzen, die sie in ihren Betrieben in Deutschland und auf Teneriffa sowie in den Niederlanden erzeugt. Zu ihrem Angebot gehören auch Osteospermum-Jungpflanzen, die sie unter der Bezeichnung „Summerdaisy´s Alex-ander“ vertreibt und welche der Kläger als in den Schutzbereich der Klagesorte fallend angreift.

Für die angegriffene Sorte beantragte der Gärtnermeister Ralf B am 26. November 2001 beim Gemeinschaftlichen Sortenamt Sortenschutz unter der Bezeichnung „Sumost 01“. Über diesen Antrag ist noch keine abschließende Entscheidung getroffen worden. Das mit der technischen Prüfung beauftragte Bundessortenamt führte u.a. in den Jahren 2003 und 2004 auf der Grundlage der UPOV-Richtlinie TG/176/3 vom 5. April 2000 (Anlage 2 zu Anlage Ast 23 der BA I-2 U 95/03 OLG Düsseldorf = 4a O 191/03 LG Düsseldorf) Prüfungen der angegriffenen Sorte durch, wobei Vergleichsmaterial einbezogen wurde, das vom Bundessortenamt als der Klagesorte zugehörig behandelt wurde. In einem Zwischenbericht vom 30. Juli 2003 (Anlage K 9) kam das Bundessortenamt zu dem Ergebnis, „Sumost 01“ sei in der Prüfperiode 2003 nicht hinreichend unterscheidbar von der Sorte „Lemon Symphony“ gewesen, und die Prüfung sei im Jahre 2004 erneut durchzuführen.

Unter dem 26. Oktober 2004 stellte der Gärtnermeister Ralf B (Anlage B 22) beim Gemeinschaftlichen Sortenamt den Antrag, den gemeinschaftlichen Sortenschutz der Sorte „Lemon Symphony“ gemäß Art 21 Abs. 1 Satz 2 GemSortVO mit Wirkung seit der Registerprüfung 2001, spätestens aber mit sofortiger Wirkung aufzuheben. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klagesorte habe bereits im Jahre 2001 nicht mehr dem Erscheinungsbild entsprochen, das für diese Sorte im Rahmen der Registerprüfung 1997 festgestellt worden sei. In dem daraufhin vom Gemeinschaftlichen Sortenamt eingeleiteten Verfahren (vgl. Anlage B 21) führte das Bundessortenamt im Jahre 2005 auf der Grundlage der UPOV-Richtlinie TG/176/3 eine technische Prüfung der Klagesorte durch, deren Ergebnis am 14. September 2005 – in der deutschen Fassung – wie folgt festgehalten worden ist (Anlage BB 1):

UPOV Merkmale Ausprägungsstufen Note Bemerkungen
Nr.

1 Pflanze: Haltung der Triebe halbaufrecht bis waagerecht 4
2 Trieb: Länge kurz 3
3 Blatt: Länge sehr kurz 1
4 Blatt: Breite sehr schmal bis schmal 2
5 Blatt: Stärke der Lappung fehlend oder sehr gering 1
6 Blatt: Panaschierung Fehlend 1
7 Blatt: Grünfärbung der Oberseite hell bis mittel 4
8 Blütenstand: Anzahl vollständiger Zungenblütenkreise nur einer 1
9 Blütenstand: Vorhandensein von unvollständigen Zungenblütenkreisen Fehlend 1
10 Blütenstand: Durchmesser mittel bis groß 6
11 Blütenstand: Form der Zungenblüte nur elliptisch 1
12 Zungenblüte: Länge mittel bis lang 6
13 Zungenblüte: Breite schmal bis mittel 4
14 Zungenblüte: Farbe des Randes der Oberseite Gelborange RHS 13 B
15 Zungenblüte: Farbe der Mitte der Oberseite Gelborange RHS 13 B
16 Zungenblüte: Farbe der Basis der Oberseite Blauviolett RHS 86 B
17 Zungenblüte: Farbe der Mitte der Unterseite Gelbbraun 7
18 Scheibe: Farbe Dunkelgraugrün 7
19 Zeitpunkt des Blühbeginns früh bis mittel 4

Mit Schreiben vom 2. August 2006 berichtete das Bundessortenamt dem Gemeinschaftlichen Sortenamt über das Ergebnis der technischen Nachprüfung und teilte mit, diese habe ergeben, dass die Klagesorte beständig sei. Unter Berücksichtigung der spezifischen Umweltbedingungen, der geänderten Richtlinie und der geänderten Sortimentszusammensetzung bedeute dies, dass das vorgelegte Pflanzenmaterial der Sortenbeschreibung aus dem Jahre 1997 entspreche (Anlage BB 4). Das Gemeinschaftliche Sortenamt teilte daraufhin dem anwaltlichen Vertreter des Klägers mit Schreiben vom 25. August 2006 mit, es erwäge die noch geltende Beschreibung der Klagesorte aus dem Jahre gemäß Art 87 Abs. 4 GemSortVO an das Ergebnis der technischen Nachprüfung anzupassen. Hierzu ist es bisher nicht gekommen.

Der Kläger hat geltend gemacht, die angegriffenen und von der Beklagten vermehrten und vertriebenen Osteospermum-Pflanzen seien von der Klagesorte nicht unterscheidbar, so dass die Beklagte zur Unterlassung, zur Leistung von Schadenersatz und zur Rechnungslegung verpflichtet sei.

Die Beklagte hat vorgetragen, die angegriffenen und unter der Bezeichnung „Sumost 01“ zum Sortenschutz angemeldeten Osteospermum-Pflanzen unterschieden sich in mehreren Ausprägungsmerkmalen ganz erheblich von der Klagesorte, die im Übrigen mangels Beständigkeit nicht bestandskräftig sei.

Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und nach mündlicher Anhörung der Sachverständigen entsprechend dem Hauptantrag des Klägers – hilfsweise hat er die angegriffenen Pflanzen mit den einem Privatgutachten entnommenen Merkmalen beschrieben (Bl. 81, 277 GA) – wie folgt erkannt:

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

die von ihr unter der Bezeichnung “Summerdaisy‘s Alexander“ vertriebenen Pflanzen der sortenschutzrechtlich geschützten Osteospermum-Sorte Lemon Symphony gekennzeichnet durch die nachstehend wiedergegebenen Ausprägungsmerkmale nach der Merkmalstabelle VI des Bundessortenamtes vom 8.8.1997:

Nr. Merkmal Ausprägung Note
1 Pflanze:
Haltung der Triebe aufrecht 1
2 Trieb: Länge sehr kurz 1
3 Blatt: Länge sehr kurz 1
4 Blatt: Breite schmal 3
5 Blatt
Lappung fehlend oder sehr gering 1
6 Blatt: Panaschierung fehlend 1
7 Blatt:Farbe der Oberseite mittelgrün 5
8 Blütenstand: Anzahl der Zungenblütenkreise mindestens einer 1
9 Blütenstand:
Durchmesser groß
7
10 Zungenblüte: Länge mittel 5
11 Zungenblüte: Breite schmal bis mittel 4
12 Zungenblüte: Form elliptisch 1
13 Zungenblüte: Farbe des Randes der Oberseite gelborange RHS
14C
14 Zungenblüte: Farbe der Mitte der Oberseite gelborange RHS
14C
15 Zungenblüte: Farbe der Basis der Oberseite blauviolett RHS
86C
16 Zungenblüte: Farbe des Mittelstreifens der Unterseite gelb 2
17 Scheibe: Farbe graugrün 7
18 Zeitpunkt des Blühbeginns sehr früh bis früh 2

in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft zu vermehren und/oder vermehren zu lassen und/oder in die Europäische Gemeinschaft einzuführen, dort gewerbsmäßig anzukündigen, anzubieten oder zu verkaufen, soweit sie aus unlizenzierter Vermehrung stammen.

2.
dem Kläger aufgeschlüsselt in einer geordneten Zusammenstellung Auskunft zu erteilen hinsichtlich der unter 1. 1. genannten Sorte

a) über Vermehrungshandlungen und deren Umfang seit dem 31. Juli
1999,

b) über die jeweiligen Abgabemengen und- zeiten sowie die hiermit erzielten Umsätze seit dem 31. Juli 1999 unter Angabe des hiermit erzielten Gewinns einschließlich der zu seiner Berechnung jeweils erforderlichen Kosten und Gestehungskosten,

c) über Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer von Pflanzenmaterial aus den unter 1. 1. genannten, seit dem 31. Juli 1999 begangenen Handlungen.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen der diesem aus den unter 1. 1. genannten Handlungen seit dem 31. Juli 1999 entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,– Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Bundesgebiet als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 12. Juli 2005 Bezug genommen.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Sie beanstandet die Beweiswürdigung des Landgerichts und macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen geltend, das Landgericht habe zu Unrecht eine Sortenschutzverletzung festgestellt. Außerdem sei die Klagesorte nicht rechtsbeständig.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Verhandlung bis zur Entscheidung des Gemeinschaftlichen Sortenamtes über den Antrag auf Aufhebung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes der Klagesorte auszusetzen.

Der Kläger beantragt

wie zuerkannt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen verwiesen.
II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte wegen schuldhafter Verletzung der Rechte an der Klagesorte gemäß Art 94 Abs. 1 lit. a), Abs. 2 i.V.m. Art 13 Abs. 2, 5 lit. b); Art 97 Abs. 1 GemSortVO i.V.m. §§ 242, 259 BGB zur Unterlassung und zur Rechnungslegung verurteilt sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadenersatz festgestellt.

1.
Nach Art. 94 Abs. 1 lit. a GemSortV (Verordnung [EG] des Rates vom 27.7.1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz) ist zur Unterlassung verpflichtet, wer hinsichtlich einer Sorte, für die ein gemeinschaftlicher Sortenschutz erteilt wurde, eine der in Art 13 Abs. 2 Gem SortV genannten Handlungen vornimmt, ohne dazu berechtigt zu sein. Das gilt gemäß Art 13 Abs. 5 lit. b GemSortV auch in Bezug auf Sorten, die von der geschützten Sorte nicht im Sinne des Art 7 GemSortV unterscheidbar sind.

Diese Voraussetzungen sind aufgrund der nach sachverständiger Beratung rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts, deren Richtigkeit durch weitere im Laufe des Berufungsverfahrens vorgelegte Unterlagen bestätigt worden ist, zu bejahen. Denn die vom Kläger angegriffenen, von der Beklagten unter der Bezeichnung „Summerdaisy´s Alexander“ vertriebenen und vom Gärtnermeister B unter der Bezeichnung „Sumost 01“ zum Sortenschutz angemeldeten Pflanzen sind von der Klagesorte nicht unterscheidbar; sie gehören also der zu Gunsten des Klägers geschützten Sorte an.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Schutzbereich einer geschützten Sorte durch die Kombination der im Erteilungsbeschluss des Gemeinschaftlichen Sortenamts festgelegten Ausprägungsmerkmale gemäß der amtlichen Beschreibung der Sorte (Art 62 Satz 2 GemSortV) bestimmt wird, wobei zum Schutzumfang einer geschützten Sorte außer dem sog. Identitätsbereich auch ein sog. Toleranzbereich gehört, der bestimmte zu erwartende Variationen umfasst. Denn zu beachten ist, dass sich der Sortenschutz – anders als etwa der Patentschutz – nicht auf künstlich und damit stets identisch herstellbare Gegenstände bezieht, sondern auf Pflanzen, also auf Lebewesen, deren konkrete Ausprägungen von unterschiedlichen Faktoren wie der Mutterpflanzenhaltung, der Qualität des verwendeten Stecklings, dem Stutztermin, dem Einsatz von Fungiziden und Insektiziden, dem Substrat, der Menge der Düngung und der Wassergaben, der Temperatur und dem Lichtangebot abhängen. So können insbesondere beim Anbau von Pflanzen einer Sorte im Freiland Schwankungen der Umweltbedingungen zu einer unterschiedlichen Ausbildung eines Merkmals führen (Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Menne, S. 2 = Bl. 155 GA). Aus diesem Grunde ist es auch nicht immer möglich, ausschließlich aufgrund eines sog. botanischen Vergleichs der der Beschreibung einer geschützten Sorte entnommenen Merkmale mit den Merkmalen eines angegriffenen Pflanzenmaterials eine Sortenschutzverletzung festzustellen ( so aber OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2004, 283, 284 – Botanischer Vergleich). Ein solcher Vergleich alleine mag dann ausreichen, wenn sich die Überzeugung gewinnen lässt, dass die in Verkehr gebrachten angegriffenen Pflanzen in allen Merkmalen identisch mit der Sortenbeschreibung der geschützten Sorte übereinstimmen. In Zweifelsfällen oder wenn es um die Frage geht, ob und inwieweit Pflanzen, bei denen hinsichtlich der Ausprägung der Merkmale Abweichungen gegenüber den bei der Erteilung des Sortenschutzes festgestellten Ausprägungen auftreten, gleichwohl in den vom Sortenschutz erfassten Bereich fallen, müssen regelmäßig mit Hilfe eines Sachverständigen Bewertungen der Merkmale vorgenommen werden, die häufig erst nach einem Vergleichsanbau möglich sind (vgl. BGH, GRUR 2006, 575, 576 re. Sp. – Melanie = Rev.-Entsch. zu OLG Karlsruhe a.a.O.; vgl. auch Senat, GRUR-RR 2004, 281, 282 m.w.N.). Einen solchen hat die vom Landgericht beauftragte Sachverständige Dr. Menne beim Bundessortenamt durchgeführt. Auf die im schriftlichen Gutachten der Sachverständigen festgehaltenen Ergebnisse hat das Landgericht zu Recht seine Überzeugung gestützt, dass das angegriffene Pflanzenmaterial in den Schutzbereich der Klagesorte fällt.

a)
Ausgangspunkt der Beurteilung ist die die Klagesorte betreffende Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997 (Anlage K 10), die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 9. November 2006 nach wie vor verbindlich war. Die Ankündigung des Gemeinschaftlichen Sortenamtes vom 25. August 2006 (Anlage BB 4), die amtliche Sortenbeschreibung der Klagesorte gemäß Art 87 Abs. 4 GemSortV entsprechend der neuen UPOV-Sortenbeschreibung des Bundessortenamtes vom 14. September 2005 anzupassen, ist jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt nicht umgesetzt worden. Allerdings ist die Sortenbeschreibung vom 14. September 2004 nicht ohne Relevanz. Wie der Inhalt des an das Gemeinschaftliche Sortenamt gerichteten Schreibens des Bundessortenamts vom 2. August 2006 nebst Anlage (Anlage BB 5) belegt, beruhen die Unterschiede zwischen der Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997 und derjenigen vom 14. September 2005 vor allem auf einer Änderung der Prüfungsrichtlinien und dem Umstand, dass inzwischen weitere Beispielsorten zu Vergleichszwecken zur Verfügung stehen. Das bedeutet also, dass Pflanzen, die sich unter Heranziehung der seit dem Jahre 2000 geltenden UPOV-Richtlinie TG/176/3 (Anlage 2 zur Anlage Ast 23 in 2 U 95/03) mit den Merkmalen der UPOV-Sortenbeschreibung vom 14. September 2005 beschreiben lassen, auch der für die Klagesorte geltenden Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997 entsprechen. Mit anderen Worten: Der Schutzbereich der Klagesorte kann in Bezug auf angegriffene Osteospermum-Pflanzen nicht angemessen festgestellt werden, wenn letztere etwa alleine auf der Grundlage der Tabelle VII der UPOV-Richtlinie TG/176/3 beschrieben werden und die so festgestellten Ausprägungsmerkmale denjenigen der Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997 – ohne sachgerechte Bewertung – gegenübergestellt werden. Das deckt sich auch mit der Auffassung der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Menne, die darauf hingewiesen hat, die Frage der Unterscheidbarkeit könne nicht durch das Nebeneinanderlegen von Beschreibungen beantwortet werden, die in unterschiedlichen Jahren erstellt worden seien (vgl. Anhörungsprotokoll S. 9 = Bl. 282 GA); die Identität einer Sorte bleibe durch Änderung der Beschreibung infolge einer Richtlinienänderung unberührt (Gutachten S. 4 = Bl. 137 GA).

Deshalb ist es geboten, die in der Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997 enthaltenen Ausprägungsmerkmale im Lichte der Richtlinie TG/176/3 zu bewerten. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie im vorliegenden Fall aufgrund des Gutachtens der gerichtlichen Sachverständigen vom 17. November 2004 – die angegriffenen Pflanzen mit Merkmalsausprägungen gekennzeichnet werden, wie sie sich unter Beachtung der vorgenannten Richtlinie ergeben. Diese Bewertung kann auf der Grundlage der Anlage zum Schreiben des Bundessortenamtes vom 2. August 2006 (Anlage BB 5) vorgenommen werden, zumal die dort wiedergegebenen Ergebnisse sachlich mit den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen in Einklang stehen.

aa)
Danach entspricht die Ausprägungsstufe „aufrecht, Note 1“ des Merkmals 1 „Haltung der Triebe“ in der Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997 der Ausprägungsstufe „halbaufrecht, Note 4“ des Merkmals 1 der nach Maßgabe der UPOV-Richtlinie TG/176/3 vorgenommenen Sortenbeschreibung vom 14. September 2005. Mit dieser Feststellung werden auch die Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen bestätigt, dass mit diesen scheinbar unterschiedlichen Beschreibungen der gleiche Sachverhalt erfasst werde. Wie das Landgericht auf der Grundlage des Gerichtsgutachtens und der mündlichen Anhörung der gerichtlichen Sachverständigen Dr. C zu Recht dargelegt hat, handelt es sich bei dem Merkmal 1 „Haltung der Triebe“ um ein relatives Merkmal, das vom Bundessortenamt im Rahmen der Prüfung der Sorte im Vergleich mit anderen Sorten festgelegt wird (Gutachten S. 3 = Bl. 136 GA; Anhörungsprotokoll S. 5 = Bl. 286 GA). Im Jahre 1997 stand dem Bundessorten-amt nur eine begrenzte Zahl von Vergleichssorten zur Verfügung, von denen die Klagesorte die aufrechteste war (Anmerkung 1 in der Anlage zum Schreiben des Bundessortenamtes vom 2. August 2006 – Anlage BB5). In der Merkmalstabelle VI vom 08.08.1997 (vgl. Anlage K 10) waren, wie die gerichtliche Sachverständige dargelegt hat (Gutachten S. 3 = Bl. 136 GA; Anhörungsprotokoll S. 10 = Bl. 285 GA) überhaupt keine Beispielsorten aufgeführt. Auf der Grundlage der UPOV-Richtlinie TG/176/3 und unter Heranziehung inzwischen vorhandener zahlreicher Vergleichssorten ist deshalb derselbe Sachverhalt, der im Jahre 1997 mit der Ausprägungsstufe „aufrecht, Note 1“ beschrieben worden ist, bei Anwendung der Richtlinie TG/176/3 angemessener mit der Ausprägungsstufe „halbaufrecht bis waagerecht, Note 4“ zu umschreiben, so wie dies auch in der Sortenbeschreibung gemäß Anlage 3 zum gerichtlichen Gutachten (= Bl. 144 GA) geschehen ist.

bb)
Das Merkmal 2 „Trieb: Länge“ ist, wie die gerichtliche Sachverständige plausibel und in nachvollziehbarer Weise dargelegt hat, ein sog. quantitatives Merkmal (vgl. Ziff. 2.2.2 der Grundsätze des Bundessortenamtes für die Prüfung auf Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit von Pflanzensorten, im folgenden: Grundsätze BSA), dessen Ausprägungen bedingt durch Umweltfaktoren und Anbaubedingungen bei ein und derselben Sorte von Jahr zu Jahr schwanken können (Gutachten S. 2 = Bl. 135 GA; Anhörungsprotokoll S. 4, 6, 7, 11). Das zeigen die an der Klagesorte unter Geltung der UPOV-Richtlinie TG/176/3 vorgenommenen Registerprüfungen des Bundessortenamtes deutlich: 2003: „kurz, Note 3“; 2004: „mittel bis lang, Note 6“ (Anlage 3 zum Gerichtsgutachten = Bl. 144 GA); 2005: „kurz, Note 3“ (Anlage BB 1). Die in der maßgeblichen Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997 (Anlage K 10) enthaltene Ausprägungsstufe „sehr kurz, Note 1“ entspricht aus den oben zu aa) dargelegten Gründen unter Berücksichtigung der Richtlinie TG/175/3 der Ausprägungsstufe „kurz, Note 3“ (vgl. auch die Anlage zum Schreiben des Bundessortenamts vom 2 August 2006 (Anlage BB 5).

cc)
Unverändert in der Bewertung der Ausprägungsstufen sind geblieben die Merkmale 3 (Blatt, Länge), 5 (Blatt, Lappung), 6 (Blatt, Panaschierung), 8 (Blütenstand, Anzahl der Zungenblütenkreise bzw. Anzahl vollständiger Zungenblütenkreise), 11 ( Zungenblüte, Breite), 12 (Zungenblüte, Form).

dd)
Das Merkmal 4 „Blatt: Breite“ ist wie das Merkmal 2 ein quantitatives, von Umweltfaktoren beeinflusstes Merkmal, dessen Ausprägungsstufen schwanken können, wie die an der Klagesorte vorgenommenen Registerprüfungen zeigen: 2003: „sehr schmal bis schmal“, Note „2“ ; 2004: „sehr schmal“, Note 1 (Anlage 3 zum Gerichtsgutachten); 2005: „sehr schmal bis schmal“, Note „2“ (s.o. Anlage BB 5). Die in der Beschreibung der Klagesorte vom 16. Oktober 1997 enthaltene Angabe „schmal“, Note „3“ ist der Sache nach gleichzusetzen mit der unter Berücksichtigung der Richtlinie TG/176/3 ermittelten Ausprägungsstufe „ sehr schmal bis schmal“, Note „2“. Insoweit hat die gerichtliche Sachverständige darauf hingewiesen, zum einen habe das Bundessortenamt 1997 noch keine Beispielsorten für dieses Merkmal zur Verfügung gehabt (Gutachten S. 3 = Bl. 136 GA; Anhörungsprotokoll S. 10 = Bl. 283 GA), zum anderen sei die Blattbreite sehr stark von den im jeweiligen Prüfungsjahr herrschenden Klimabedingungen abhängig. Auf den letzteren Gesichtspunkt wird auch in der Anlage zum Schreiben des Bundessortenamtes vom 2. August 2006 (Anlage BB 5) abgestellt. In gleicher Weise sind die Merkmale 7 „Blatt, Farbe der Oberseite“ bzw. „Grünfärbung der Oberseite“ (1997: „mittelgrün“, Note „5“; 2005: „hell bis mittel“ 9 „Blütenstand: Durchmesser“ (1997: „groß“, Note „7“; 2005: „mittel bis groß“, Note „6“) und 10 „Zungenblüte: Länge“ (1997: „mittel“, Note „5“; 2005: „mittel bis lang“, Note „6“) zu bewerten.

ee)
Die Merkmale 13 und 14 betreffen die Farbe des Randes und der Mitte der Oberseite. Übereinstimmend wird in der Sortenbeschreibung 1997 und in der Registerprüfung 2005 die Ausprägungsstufe mit „gelborange“ angegeben. Ein Unterschied ist nur bei der Note festzustellen. Während für 1997 die Note „RHS 014C“ vergeben worden ist, wird aufgrund der Registerprüfung 2005 die Note „RHS 0013B“ für zutreffend gehalten. Wie dem Sachverständigengutachten (S. 1 = Bl. 134 GA) und den Anmerkungen in der Anlage zum Schreiben des Bundessortenamtes vom 2. August 2006 (Anlage BB 5 ) zu entnehmen ist, wurden im Jahre 1997 zur Beschreibung von Blütenfarben Farbkarten der Royal Horticultural Society (RHS) aus der Auflage 1986 benutzt, während für die Registerprüfungen 2003 – 2005 Farbkarten der Auflage 2001 zur Anwendung kamen. Zwar ist die Farbe der Karten 13 und 14 in der neuen Auflage nicht geändert worden, doch lässt der Umstand einer Neubewertung der Klagesorte aufgrund der Registerprüfung 2005 nicht den Schluss zu, dass insoweit ein relevanter Unterschied besteht. Beide Noten bezeichnen dieselbe Farbgruppe; die Farbe RHS 014 C unterscheidet sich von RHS 0013B nur dadurch, dass sie geringfügig heller ist (Anhörungsprotokoll S. 12 = Bl. 287 GA), wovon sich auch das Landgericht durch Inaugenscheinnahme der Farbkarten überzeugt hat. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Ausführungen der Sachverständigen zu verweisen, wonach die RHS-Farbkarten ein Hilfsmittel sind, welches einige Schwächen aufweist. Diese sind u.a. darin zu sehen, dass es Farbkarten gibt, deren Farben so ähnlich sind, dass sie sich nur schwer unterscheiden lassen und dass die Übereinstimmung mit der Farbe eines bestimmten Pflanzenorgans immer nur näherungsweise festgestellt werden kann, weil die Textur des Pflanzenmaterials notwendigerweise eine andere ist als die Textur der Farbkarte (Gutachten S. 2, 3 = Bl. 135, 136 GA). All das gilt auch für das Merkmal 15 „Zungenblüte, Farbe der Basis der Oberseite“. Auch insoweit wird in der Sortenbeschreibung 1997 und in der Registerprüfung 2005 die Ausprägungsstufe übereinstimmend mit „blauviolett“ angegeben. Ein Unterschied ist nur in der Zuordnung zu den Farbkarten festzustellen, nämlich RHS 086C bzw. RHS 0086B. Das Landgericht hat sich aufgrund sachverständiger Beratung (vgl. Gutachten S. 3 = Bl. 136 GA; Anhörungsprotokoll S. 11 = Bl. 286) davon überzeugen können, dass die Abweichungen minimal sind (vgl. auch die Wiedergabe der Farbkarten in Anlagen B 41 und B 42). Zudem hat die gerichtliche Sachverständige darauf hingewiesen, dass es sich um ein Merkmal handelt, das nur einen sehr kleinen Teil der Blüte betrifft und deshalb nur sehr schwer zu erfassen ist. Auch können die Farbnuancen bei ein und derselben Sorte von Jahr zu Jahr anders ausfallen.

ff)
Die größten scheinbaren Abweichungen gibt es beim Merkmal 16 „ Zungenblüte, Farbe des Mittelstreifens der Unterseite“. In der Sortenbeschreibung 1997 wird die Ausprägungsstufe „gelb“, Note „2“ angegeben, während aufgrund der Registerprüfung 2005 die Ausprägungsstufe „gelbbraun“, Note „7“ festgestellt wird. Wie das Bundessortenamt jedoch in der Anlage zu seinem Schreiben vom 2. August 2006 (Anlage BB 5) zu diesem Merkmal angemerkt hat, beruht die Änderung auf dem Umstand, dass gegenüber 1997 im Jahre 2005 eine Vielzahl weiterer Vergleichssorten zur Verfügung stehen und nunmehr Varianten vorhanden sind, die einen ausgeprägteren Gelbton aufweisen als die Klagesorte. Zudem hat sich aufgrund Richtlinienänderung eine abweichende Einstufung bei der Notengebung ergeben (vgl. auch Tabelle VII, Nr. 17 zur Richtlinie TG/176/3). Zum Merkmal 17 „Scheibe, Farbe“ hat sich bezüglich der Ausprägungsstufe „graugrün“ nur eine Textanpassung in „dunkelgraugrün“ ohne Änderung der Notengebung ereignet (Bundessortenamt a.a.O.).

gg)
Es liegt auf der Hand, dass der „Zeitpunkt des Blühbeginns“ – Merkmal 18 – sehr stark davon abhängt, wie die Umwelt- und Anbaubedingungen sind. Die gerichtliche Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass das Bundessortenamt im Zeitraum von 1997 bis 2004 die Anbaubedingungen geändert hat (Anhörungsprotokoll S. 7 = Bl. 282 GA), so dass sich zwangsläufig bei ein und derselben Sorte der Blühbeginn verschieben musste. Das Merkmal ist daher ähnlich wie z.B. das Merkmal 1 relativer Natur. Folglich ist der Unterschied zwischen der Sortenbeschreibung 1997 (Ausprägungsstufe “sehr früh bis früh“, Note „2“) und der Registerprüfung 2005 (Ausprägungsstufe „“früh bis mittel“, Note „4“) nur ein scheinbarer, wie sich auch aus den Anmerkungen des Bundessortenamtes (Anlage BB 5 a.a.O.) ergibt.

b)
Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Beklagten (Bl. 531, 543 GA), die die Klagesorte betreffenden Registerprüfungen des Bundessortenamtes in den Jahren 2003 bis 2005 seien ohne Belang, weil der Kläger eine Änderung der Klagesorte zugestanden und Pflanzenmaterial zur Begutachtung übermittelt habe, das nicht dem entsprochen habe, welches die Grundlage des die Klagesorte betreffenden Erteilungsbeschlusses gebildet habe. Soweit der Kläger in der Berufungserwiderung (S. 20 = Bl. 509 GA) im Zusammenhang mit der Erörterung von Identität und Toleranzbereich von der „Berücksichtigung einer im Hinblick auf den Züchtungsfortschritt seit ………..1997 beobachteten Ausprägung“ gesprochen hat, hat er ersichtlich nur auf die seit dem Jahre 1997 gewonnenen Erkenntnisse und die durch Art 87 Abs. 4 GemSortV eröffnete Möglichkeit einer Beschreibungsanpassung hingewiesen. Im Übrigen gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, die sachkundigen Mitarbeiter des Bundessortenamtes könnten irrtümlich andere Pflanzen als Pflanzen der Klagesorte in den Jahren 2003, 2004 und 2005 angebaut, geprüft und beschrieben haben. Ebenso wie das Landgericht, auf dessen Ausführungen zu diesem Punkt Bezug genommen werden kann, hat der Senat keine Zweifel, dass die gerichtliche Sachverständige insoweit einer Fehlbeurteilung nicht erlegen ist (vgl. auch Anhörungsprotokoll S. 8 = Bl. 283 GA). Vielmehr ist der Senat aufgrund der vom Landgericht vorgenommenen Beweiserhebung und auch der Ergebnisse der vom Bundessortenamt im Jahre 2005 durchgeführten technischen Prüfung der Klagesorte davon überzeugt, dass die Sortenbeschreibungen vom 16. Oktober 1997 und vom 14. September 2005 einen identischen Sachverhalt, nämlich dieselbe Sorte, betreffen.

c)
Aufgrund der sachverständig erläuterten Ergebnisse des vom Bundessortenamt durchgeführten Vergleichsanbaus der Klagesorte und des angegriffenen Pflanzenmaterials ist davon auszugehen, dass letzteres von allen Merkmalen der die geschützte Sorte betreffenden Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997 Gebrauch macht, wobei diese Merkmale nach den oben zu a) erläuterten Grundsätzen im Lichte der UPOV-Richtlinie TG/176/3 und der hierauf beruhenden Registerprüfung vom 14. September 2005 zu bewerten sind.

aa)
Hinsichtlich der Merkmale 3 (Blatt: Länge), 5 (Blatt: Lappung bzw. Stärke der Lappung), 6 (Blatt: Panaschierung), 8 (Blütenstand: Anzahl der Zungenblütenkreise bzw. Anzahl vollständiger Zungenblütenkreise), 11 (Zungenblüte: Breite), 12 (Zungenblüte: Form bzw. Blütenstand: Form der Zungenblüte) und 17 (Scheibe: Farbe) ist Identität der Ausprägungsmerkmale auf der Grundlage der Sortenbeschreibung 1997 ohne weiteres anzunehmen, zumal der Vergleichsanbau in den Jahren 2003 und 2004 durchgängig dieselben Ausprägungsstufen ergeben hat (vgl. Anlagen 1, 2, 3, 5 und 6 zum Gerichtsgutachten). Die bei der Klagesorte zum Merkmal 11 im Jahre 2004 zu verzeichnende Abweichung um eine Ausprägungsstufe (Note) ist dabei ohne jegliche Relevanz. Gegen dieses Ergebnis richtet die Berufung der Beklagten auch keine Angriffe.

bb)
Auch in Bezug auf das Merkmal 1 (Haltung der Triebe), welches die Beklagte als das „vielleicht bedeutendste Merkmal“ bezeichnet (Bl. 437 GA), ist aufgrund der Ausführungen zu oben a), aa) von der Identität der Ausprägungsmerkmale auszugehen. Denn der Vergleichsanbau der Klagesorte und des angegriffenen Pflanzenmaterials hat in den Jahren 2003 und 2004 durchgängig die Ausprägungsstufe „halbaufrecht bis waagerecht“ und die Note „4“ ergeben, und zwar auch in Übereinstimmung mit der Registerprüfung der Klagesorte im Jahre 2005. Auf die Frage, ob und wann Abweichungen unter dem Gesichtspunkt eines Toleranzbereichs in den Schutzbereich der Klagesorte fallen, kommt es daher hier nicht an. Soweit die Beklagte mit der Berufung beanstandet, das Landgericht habe angenommen, dieses Merkmal unterliege einem großen Toleranzbereich (Berufungsbegründung S. 22 = Bl. 426 GA), geht der Angriff ins Leere. Auch das Landgericht ist im angefochtenen Urteil (S. 20 und S. 24) insoweit vielmehr – zumindest der Sache nach – von einer Identität ausgegangen.
Die gleichen Feststellungen sind hinsichtlich der Merkmale 7 (Blatt: Farbe der Oberseite bzw. Blatt: Grünfärbung der Oberseite) und 16 – vgl. oben a), ff) – (Zungenblüte: Farbe der Mitte der Unterseite) zu treffen. Zu Merkmal 7 hat der Vergleichsanbau durchweg die Ausprägungsstufe „hell bis mittel“ mit der Note „4“ ergeben, und zwar ebenfalls in Übereinstimmung mit der Registerprüfung der Klagesorte im Jahre 2005. Dasselbe gilt hinsichtlich des Merkmals 16 für die Ausprägungsstufe „gelbbraun“ mit der Note „7“.

cc)
Zu Recht hat das Landgericht aufgrund sachverständiger Beratung die Feststellung getroffen, dass die sich beim Vergleichsanbau ergebenen Farbabweichungen bei den Merkmalen 13 (Zungenblüte: Farbe des Randes der Oberseite), 14 (Zungenblüte: Farbe der Mitte der Oberseite) und 15 (Zungenblüte: Farbe der Basis der Oberseite) minimal und so geringfügig sind, dass sie ohne weiteres zu erwarten waren – s. oben zu a), ee) – und jedenfalls innerhalb des Toleranzbereichs der Klagesorte liegen. Entscheidend ist dabei, dass bei den Merkmalen 13 und 14 bei ohnehin gleichbleibender Ausprägungsstufe „gelborange“ jeweils in denselben Anbaujahren auch dieselben Noten für die Klagesorte und die angegriffenen Pflanzen vergeben wurden, nämlich in 2003 die Note „ RHS 14 C“ – im Übrigen wie in der Sortenbeschreibung 1997 – und in 2004 die Note „RHS 13 B“ – im Übrigen wie in der die Klagesorte betreffenden Registerprüfung im Jahre 2005. Auch zu Merkmal 15 liegen die festgestellten geringen Abweichungen in der Notengebung – bei gleicher Ausprägungsstufe –innerhalb der zu erwartenden Schwankungsbreite der Blütenfarbe (vgl. Anhörungsprotokoll S. 11, 12 = Bl. 286, 287 GA). Das wird besonders deutlich, wenn berücksichtigt wird, dass die Farbe der Basis der Oberseite der Zungenblüte sowohl bei der Klagesorte als auch beim angegriffenen Pflanzenmaterial bei gleichen Anbaubedingungen im Jahre 2004 übereinstimmend mit der Note „RHS 93 C“ charakterisiert wurde. Auch die Übereinstimmungen bei der Zungenblütenfarbe rechtfertigen nach allem entgegen der Ansicht der Beklagten (Berufungsbegründung S. 32 = Bl. 436 GA) die Schlussfolgerungen, dass das angegriffene Pflanzenmaterial mit der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Schwankungsbreite in den Schutzbereich der Klagesorte fällt.

dd)
Unter Berücksichtigung der Ausführung zu oben a), gg) liegt es auf der Hand, dass das angegriffene Pflanzenmaterial in Bezug auf das Merkmal 18 (Zeitpunkt des Blüh-beginns) in den Schutzbereich der Klagesorte fällt. Welche entscheidende Rolle die Anbaubedingungen spielen, ergibt sich auch aus Gegenüberstellung der ermittelten Daten aus dem Vergleichsanbau für die Klagesorte und die angegriffenen Osteospermum-Pflanzen. So wird für 2003 übereinstimmend jeweils „früh“, Note „3“ und für 2004 „früh bis mittel“ und Note „4“ angegeben, letzteres im Übrigen in Übereinstimmung mit der Registerprüfung 2005 der Klagesorte. Insoweit ergeben sich zwingend die gleichen Schlussfolgerungen wie zu cc).

ee)
Schließlich bleiben noch die quantitativen Merkmale 2 (Trieb: Länge), 4 (Blatt: Breite), 9 (Blütenstand: Durchmesser) und 10 (Zungenblüte: Länge) zu erörtern.

Wie bereits oben zu a), bb) ausgeführt worden ist, ist die Trieblänge bei ein und derselben Sorte sehr variabel. Sie schwankt, wie die gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt hat, sehr stark, abhängig davon, in welchem Jahr die Sorte angebaut wird (Anhörungsprotokoll S. 12 = Bl. 287 GA). Entscheidend ist auch hier, dass die unter Beachtung der Grundsätze BSA (Abschnitt 3) vorgenommene Auswertung der Ergebnisse des Vergleichsanbaus gerade in den Jahren 2003 und 2004 keinen gleichgerichteten (vgl. Grundsätze BSA, Abschnitt 3.3) relevanten Unterschied zwischen der Klagesorte und dem angegriffenen Pflanzenmaterial erkennen lassen. Dies hat das Landgericht aufgrund sachverständiger Beratung (vgl. Gutachten S. 5 = Bl. 138 GA; Anhörungsprotokoll S. 11 = Bl. 286 GA) zutreffend ausgeführt, so dass hierauf Bezug genommen werden kann. Die in Anlagen 5 und 6 zum Gerichtsgutachten (Bl. 146, 147 GA) niedergelegten Ergebnisse zeigen äußerst geringfügige Unterschiede bei den Ausprägungs- und Notenstufen des Merkmals 2: Klagesorte 2003: „kurz“, Note „3“; 2004: „mittel“, Note „5“; Sumost 01 2003: „sehr kurz bis kurz“, Note „2“; 2004: „kurz bis mittel“, Note „4“. Damit bleiben auch Schwankungen des angegriffenen Pflanzenmaterials um die Notenstufen 3 bis 5 im Schutzbereich der Klagesorte, bei der – wie schon ausgeführt worden ist – auch bei der Registerprüfung 2005 wie schon im Jahre 2003 die Ausprägungsstufe „kurz“ , Note „3“ festgestellt worden ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Merkmal 4 (Blatt: Breite). Hier zeigen die Anlagen 5 und 6 zum Gerichtsgutachten noch geringere Unterschiede und im Vergleichsjahr 2004 sogar dieselbe Ausprägungs- und Notenstufe, nämlich Klagesorte 2003: „sehr schmal bis schmal“, Note „2“; 2004: „sehr schmal“, Note „1“; Sumost 01 2003 und 2004: „sehr schmal“, Note „1“. Zum Merkmal 9 (Blütenstand: Durchmesser) ist in Anbetracht der Abhängigkeit von den von Jahr zu Jahr unterschiedlichen Anbaubedingungen besonders deutlich, dass zwischen der Klagesorte und den angegriffenen Osteospermum-Pflanzen keine Unterschiede festgestellt werden können. Hier sind in den Jahren 2003 und 2004 jeweils dieselben Ausprägungs- und Notenstufen festzuhalten, nämlich 2003: „mittel bis groß“, Note „6“; 2004: „groß“, Note „7“. Das gleiche gilt für das Merkmal 10 (Zungenblüte: Länge), und zwar 2003: „mittel bis lang“, Note „6“; 2004: „lang“, Note „7“.

Für die richtige Einschätzung der vorstehend zu aa) – ee) erörterten Einzelbewertungen der sachverständig festgestellten Ausprägungs- und Notenstufen zu den einzelnen Merkmalen ist auch der Umstand von Bedeutung, dass sich die durchaus sachkundigen Vertreter der Beklagten – darunter auch der Gärtnermeister und Anmelder der Sorte Sumost 01, Ralf B – bei einer Besichtigung von Pflanzen der Klagesorte und Pflanzen der Sorte Sumost 01 nicht in der Lage sahen, diese voneinander zu unterscheiden, wie aus einem von der gerichtlichen Sachverständigen vorgelegten Besuchsprotokoll vom 21. Juli 2004 (Bl. 148 GA; vgl. auch Gutachten S. 6 = Bl. 139 GA) hervorgeht.

d)
Das Landgericht hat die Beklagte nach allem zu Recht zur Unterlassung verurteilt. Entsprechend dem in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägers – der entgegen der Ansicht der Beklagten keine Klageänderung beinhaltet, weil das Angriffsziel, nämlich das mit der Sortenbezeichnung „Sumost 01“ individualisierte und insbesondere im Verlaufe des Vergleichsanbaus vom Bundessortenamt und der gerichtlichen Sachverständigen merkmalsmäßig beschriebene Pflanzenmaterial in beiden Tatsacheninstanzen dasselbe geblieben ist – hat der Senat allerdings den Unterlassungsausspruch unter Anpassung an die konkrete Ausgestaltung der Verletzungsform (vgl. z.B. BGH, GRUR 2006, 313, 314 – Stapeltrockner m.w.N.) geändert. Eine teilweise Klageabweisung liegt hierin nicht.

Im Hinblick auf die bei den angegriffenen Osteospermum-Pflanzen festgestellten Schwankungen bei einzelnen Ausprägungs- und Notenstufen war es auch angezeigt, zu den Merkmalen 2, 9, 10, 13 – 15 und 18 die jeweilige Schwankungsbreite in den Urteilstenor aufzunehmen, um den Schutzbereich der Klagesorte im Hinblick auf das Verletzungsmaterial angemessen zu umschreiben. Dabei hat der Senat die Merkmale und Merkmalsbeschreibungen der Sortenbeschreibung 1997 zugrundegelegt, jedoch aus den oben zu a) dargelegten Gründen mit einer Bewertung, die sich auf Grundlage der UPOV-Richtlinie TG/176/3 ergibt.

2.
Dass und warum die Beklagte der Klägerin in dem zugesprochenen Umfang zum Schadenersatz und zur Auskunft verpflichtet ist, hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt. Darauf kann der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen.

Soweit die Beklagte rügt, das Landgericht habe sie zu Unrecht zur Auskunft über ihre Abnehmer verurteilt, ist es zwar zutreffend, dass Art 94 Abs. 2 GemSortV nur den Schadenersatzanspruch des Sortenschutzinhabers regelt. Die effektive Durchsetzung dieses Anspruchs, welche das Gemeinschaftsrecht nicht regelt, bleibt jedoch dem nationalen Recht überlassen. Das nationale Recht muss zur Durchsetzung der Ansprüche aus einer Gemeinschaftssorte jedenfalls die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung stellen, die es zur Durchsetzung nationaler Sortenschutzrechte bereithält (BGH, GRUR 2006, 575, 578 – Melanie). Dazu gehört auch der Anspruch auf Mitteilung von Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, auf dessen Erfüllung der Kläger zur effektiven Durchsetzung seines Schadenersatzanspruchs angewiesen ist.

Die „Auskunftserteilung“ der Beklagten (Berufungsbegründung S. 10,11 = Bl. 414,415 GA) hat nicht zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs des Klägers geführt, weil sie ausschließlich Pflanzenmaterial betraf, das mit den im Unterlassungsausspruch des angefochtenen Urteils enthaltenen – und die angegriffenen Osteospermum-Pflanzen nicht zutreffend erfassenden – Merkmalsausprägungen beschrieben worden war.

3.
Dem hilfsweise gestellten Aussetzungsantrag war nicht stattzugeben. Er hat, wie sich dem Schreiben des Gemeinschaftlichen Sortenamtes vom 25. August 2006 (Anlage BB 4, den diesem Schreiben beigefügten Unterlagen (Anlage BB 5) und den Ausführungen zu oben 1.a) und b) entnehmen lässt, keine hinreichende Erfolgsaussicht.

4.
Der Inhalt des nicht nachgelassenen Schriftsatzes der Beklagten vom 13. Dezember 2006 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Er ist auch nicht entscheidungserheblich.

5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Frage, ob und inwieweit der Schutzbereich beim Sortenschutz – insbesondere beim Gemeinschaftlichen Sortenschutz – über den sog. Identitätsbereich hinausgeht, von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung ist (§ 543 ZPO). Soweit ersichtlich (vgl. z.B. die Nachweise bei Keukenschrijver, SortG, 2001, § 10 Rdn 48) hat bisher weder die Rechtsprechung des EuGH noch die des Bundesgerichtshofes zu dieser Frage Stellung nehmen können (offen gelassen in BGH, GRUR 2006, 575, 576 re. Sp. unten zu I.3.b), bb)).