2 U 22/02 – Zusammenlegbare, zweirädrige Stechkarren

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 215 

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. Juni 2003, Az. 2 U 22/02 

Die Berufung der Klägerin gegen das 20. Dezember 2001 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Der Klägerin werden auch die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 25.000,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten dürfen auch durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren bewirkt werden, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf Euro 255.645,94 (= DM 500.000,–) festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des in der deutschen Verfahrenssprache abgefassten europäischen Patents 0 325 515 (Anlage K 1; nachfolgend: Klagepatent), welches unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 26. Juli 1988 am 6. Juli 1989 angemeldet worden ist. Die Anmeldung ist am 31. Januar 1990 im Patentblatt veröffentlicht worden. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 3. Februar 1993. Das Klagepatent steht in Kraft.

Der Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

Zusammenlegbare, zweirädrige Stechkarre mit einem Vertikalrahmen (10) mit einem Paar Längsprofilen (11), an dessen unteren En- de eine Schüppe (31) als Lastaufnahmemittel (30) und ein Fahrgestell (20) mit zwei Radträgern (21) mit je einem Rad (23) vorgesehen sind und dessen oberes Ende einen Schiebebügel mit einem Quersteg (12) als Griff bildet, wobei die Längsprofile (11) des Vertikalrahmens (10) zwischen dem Fahrgestell (20) und dem Quersteg (12) und jeweils im Abstand davon durch mindestens einen Querriegel (16;17) miteinander verbunden sind, wobei jeder Radträger (21) um eine in Vertikalrahmen-Ebene verlaufende Schwenkachse (S1) schwenkbar an das untere Ende des ihm zugeordneten Längsprofils (11) bzw. an ein dazu paralleles in der Vertikalrahmen-Ebene liegendes umgebogenes Ende (27´´) des Querriegels (27) angelenkt ist, wobei die Schüppe (31) um eine rechtwinklig zu den Schwenkachsen (S 1) der Radträger (21) verlaufende weitere Schwenkachse (S 2) an die unteren Enden der Längsprofile (11) bzw. an die umgebogenen Enden (27´´) des Querriegels (27) angelenkt ist und wobei Sicherungsmittel die ausgeschwenkten Radträger (21) festlegen, dadurch gekennzeichnet, daß die seiner Schwenkachse (S 2) zugewandte Seite der Schüppe (31) einen rechtwinklig zur Schüppenfläche (32) aufgebogenen Schüppenrücken (33) und im Bereich der ausgeschwenkten Radträger (31) mit diesen beim Ausschwenken der Schüppe (31) zusammenwirkende Sperrmittel aufweist, wobei die Sperrmittel die ausgeschwenkten Radträger (21) in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse (S 2) der Schüppe (31) fest- legen und daß die Längsprofile (11) des Vertikalrahmens (10) aus je einem unteren Längsprofil (11´) und je einem oberen Längsprofil (11´´) gebildet sind, wobei die oberen Längsprofile (11´´) mit einer in Vertikalrahmen-Ebene liegenden, parallel zur Schwenkachse (S 2) der Schüppe (31) ausgerichtete Schwenkachse (S 3) an die einander zugewandten Seiten der unteren Längsprofile (11) derart an- gelenkt sind, daß das Oberteil (10´´) des Vertikalrahmens (10) vorzugsweise coplanar in dessen Unterteil (10´) einschwenkbar ist und das Gelenk mit dort vorgesehenen, die unteren und die oberen Längsprofile (11´, 11´´) im ein- und ausgeklappten Zustand übergreifenden Sperrmitteln schwenkbar ist.

Die Klägerin bringt zusammenlegbare, zweirädrige Stechkarren entsprechend der klagepatentgemäßen Lehre auf den Markt (vgl. Anlage B 2).

Im Wettbewerb zur Klägerin bringt auch die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland zusammenlegbare, zweirädrige Stechkarren auf den Markt, und zwar Stechkarren, von denen eine als Anlage B 3 zu den Akten gereicht worden ist. Diese Stechkarre wird als das Klagepatent verletzend mit der vorliegenden Klage von der Klägerin angegriffen. Die dem Prospekt der Beklagten gemäß Anlage K 9 entnommene Abbildung sowie die der Anlage B 5 entnommene Darstellung zeigen nachstehend diese Stechkarre in einer Gesamtansicht.

Wegen Einzelheiten der Ausgestaltung dieser mit der Klage angegriffenen Ausführungsform der Beklagten (Anlage B 3) wird auch auf die Fotografien gemäß Anlage K 16 sowie vor allem auch auf die Darstellungen in den Anlagen K 12 und K 17 verwiesen.

Die Klägerin macht geltend, die angegriffene Ausführungsform mache teils wortsinngemäß, teils mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln von der Lehre des Patentanspruches 1 und überdies auch von den technischen Lehren der Patentansprüche 2, 3 und 6 des Klagepatents Gebrauch. Sie hat deshalb mit ihrer Klage die Beklagte auf Unterlassung und Rechnungslegung in Anspruch genommen und außerdem die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der patentverletzenden Handlungen begehrt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die angegriffenene Ausführungsform jedenfalls nicht eine Schüppe habe, die im Bereich der ausgeschwenkten Radträger mit diesen beim Ausschwenken der Schüppe zusammenwirkende Sperrmittel im Sinne der erfinderischen Lehre aufwiesen, die die ausgeschwenkten Radträger in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse der Schüppe ”festlegten”. Die Schüppe der angegriffenen Stechkarre weise zwar im Bereich der ausgeschwenkten Radträger mit diesen beim Ausschwenken der Schüppe zusammenwirkende Mittel auf, die die ausgeschwenkten Radträger so festlegten, dass sie nicht über 90 ° hinausschwenkten. Die im Bereich der ausgeschwenkten Radträger mit diesen beim Ausschwenken der Schüppe zusammenwirkende Mittel seien jedoch nicht derart, dass sie die ausgeschwenkten Radträger so festlegten, dass sie nicht nach innen schwenken könnten. Insoweit seien zwar Mittel vorhanden, die insbesondere bei starker Last der Gefahr eines Innenschwenkens vorbeugten, jedoch nicht die ausgeschwenkten Radträger in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse des Schüppe im Sinne der Erfindung ”festlegten”, d.h. verriegelten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. In der Berufungsinstanz wiederholen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzen es.

Die Klägerin macht insbesondere geltend, dass die Schüppe der angegriffenen Stechkarre entgegen der Auffassung des Landgerichts durchaus im Bereich der ausgeschwenkten Radträger mit diesen beim Ausschwenken der Schüppe zusammenwirkende Sperrmittel aufweise, die die Radträger in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse der Schüppe im Sinne der Erfindung ”festlegten”. Dem Klagepatent gehe es insoweit nicht darum, zu verhindern, dass die Räder nach innen leicht einschlagen, wenn die unbeladene Schüppe mit dem Boden in Kontakt komme und der Rahmen vom Benutzer nach vorn gedrückt werde (z. B. beim ”Einstechen” der Karre zwecks Lastaufnahme). Der Patentanspruch 1 des Klagepatents befasse sich nicht damit, die unbelastete Schüppe gegen ein ungewolltes Einschwenken zu sichern. – Soweit die angegriffene Ausführungsform abweichend von dem Wortsinn der Lehre des Patentanspruches 1 den Vertikalrahmen nicht durch Einklappen, sondern durch Einschieben in die Ruhestellung verbringe, handele es sich hierbei um ein äquivalentes Mittel. Auch weise die angegriffene Ausführungsform im Bereich der Anlenkung der unteren und oberen Längsprofile sowohl für den ein- als auch für den ausgeklappten Zustand Sperrmittel auf, die den patentgemäßen Sperrmitteln äquivalent seien. Das Sperrmittel für den ausgeklappten Zustand stelle eine federnd gelagerte Klammer dar, die einen oberen Querriegel des Vertikalrahmens übergreife. Das Sperrmittel für den eingeklappten Zustand seien Gleitbuchsen, die so ausgestaltet seien, dass ein Reibschluß mit den durch sie geführten Profilen entstehe, so dass im eingeschobenen Zustand ein zufälliges und ungewolltes Verlagern des Oberteils des Vertikalrahmens im Verhältnis zum Unterteil verhindert werde. Für den Fachmann sei die Wahl einer solch abweichenden, gleichwirkenden Ausgestaltung vom Wortsinn des Patentanspruches 1 des Klagepatents naheliegend gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts
Düsseldorf vom 20. Dezember 2001 abzuändern
und
I.
die Beklagte zu verurteilen,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen, zusammenlegbare, zweirädrige Stechkarren mit einem Vertikalrahmen mit einem Paar Längsprofilen, an dessen unteren Ende eine Schüppe als Lastaufnahmemittel und ein Fahrgestell mit zwei Radträgern mit je einem Rad vorgesehen sind und dessen oberes Ende einen Schiebebügel mit einem Quersteg als Griff bildet, wobei die Längsprofile des Vertikalrahmens zwischen dem Fahrgestell und dem Quersteg und jeweils im Abstand davon durch mindestens einen Querriegel miteinander verbunden sind, wobei jeder Radträger um eine in Vertikalrahmen-Ebene verlaufende Schwenkachse schwenkbar an das untere Ende des ihm zugeordneten Längsprofils bzw. an ein dazu paralleles in der Vertikalrahmen-Ebene liegendes umgebogenes Ende des Querriegels angelenkt ist, wobei die Schüppe um eine rechtwinklig zu den Schwenkachsen der Radträger verlaufende weitere Schwenkachse an die unteren Enden der Längsprofile bzw. an die umgebogenen Enden des Querriegels angelenkt ist und wobei Sicherungsmittel die ausgeschwenkten Radträger festlegen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen die seiner Schwenkachse zugewandte Seite der Schüppe einen rechtwinklig zur Schüppenfläche aufgebogenen Schüppenrücken und im Bereich der ausgeschwenkten Radträger mit diesen beim Ausschwenken der Schüppe zusammenwirkende Sperrmittel aufweist, wobei die Sperrmittel die ausgeschwenkten Radträger in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse der Schüppe festlegen und bei denen die Längsprofile des Vertikalrahmens aus je einem unteren Längsprofil und je einem oberen Längsprofil gebildet sind, wobei die oberen Längsprofile mittels in Vertikalrahmen-Ebene liegenden Gleit-/Schiebeführungen an den einander zugewandten Seiten der unteren Längsprofile derart gehalten sind, dass das Oberteil des Vertikalrahmens coplanar in dessen Unterteil einschiebbar ist und ferner im Bereich des dem Oberteil zugeordneten Querriegels eine Bewegung der unteren und oberen Längsprofile im ein- und ausgeschobenen Zustand sperrende Rastmittel vorgesehen sind, insbesondere wenn die Sperrmittel zum Festlegen des ausgeschwenkten Radträgers als etwa formschlüssig mit dem Radträger bzw. einer Anformung daran zusammenwirkende Ausnehmung im Schuppenrücken ausgebildet sind, wobei vorzugsweise die Flanken der Ausnehmung V-förmig angestellt sind, und/oder

das Schüppenblatt beidseits einen Lagerblock zur Anlenkung an die unteren Enden der Längsprofile aufweist und die Sperrmittel als dem Schüppenblatt abgewandt angeordnete Lagerblock – Verlängerungen ausgebildet sind, die mit den Radträgern oder einer Anformung daran zusammenwirken,

und/oder

der Radträger U-förmig ausgebildet das Rad von beiden Seiten umfaßt und dass im Schüppenblatt je eine Ausnehmung vorgesehen ist, in die bei eingeschwenkten Radträgern und aufgeklappten Schüppenblatt der dem Schüppenblatt zugewandte Teil des Radträgers liegt;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 3. März 1993 begangen hat, und zwar unter Angabe der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, – zeiten, -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, – zeiten, -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger, der betrieblichen (gemeint wohl: betriebenen) Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

II.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 3. März 1993 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, dass das Landgericht die Klage zu recht abgewiesen habe. Der Fachmann sehe die Radträger erst dann als ”festgelegt” im Sinne der Erfindung an, wenn sie in der genannten Winkelstellung von 90° dergestalt verriegelt seien, dass sie nicht nach innen und nicht weiter nach außen klappen könnten. Demgegenüber seien die bei der angegriffenen Ausführungsform zwischen Radträger und Schüppe angeordneten Sperrmittel nicht geeignet, die Radträger im vorgenannten Sinne nach innen zu verriegeln. Vor allem sei bei der angegriffenen Ausführungsform aber keine Lösung gewählt, die der erfindungsgemäßen Einschwenkbarkeit des Oberteils des Vertikalrahmens in dessen Unterteil und der insoweit gelehrten Sperrvorrichtung patentrechtlich äquivalent sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien, auf die Protokolle des Landgerichts und des Senats sowie auf die von den Parteien überreichten Unterlagen einschließlich der überreichten Stechkarren Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht die Klage, die sich auf Art. 64 Abs. 1 und 3, 69 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 2, 9, 14, 140 b PatG und §§ 242, 259 BGB stützt, mit der Begründung abgewiesen, dass die angegriffene Ausführungsform gemäß Anlage B 3 von der technischen Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents keinen Gebrauch mache. Die mit der Klage angegriffene Stechkarre macht von der Merkmalsgruppe 6, insbesondere dem Untermerkmal 6.3, der landgerichtlichen Merkmalsanalyse (vgl. auch Anlage K 7) keinen Gebrauch, und zwar auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Dagegen vermochte der Senat nicht – wie das Landgericht – festzustellen, dass die angegriffene Stechkarre die Merkmalsgruppe 5 der landgerichtlichen Merkmalsanalyse nicht verwirklicht.

I.
Um all dies zu erkennen, bedarf es nachstehend zunächst einer Darstellung der technischen Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents.

Die technische Lehre des Klagepatents betrifft eine Stechkarre, die sich – wie Spalte 1, Zeilen 3 – 22 der Klagepatentschrift ausweist – merksmalsmäßig gegliedert wie folgt darstellt:

Zusammenlegbare, zweirädrige Stechkarre mit einem Vertikalrahmen mit einem Paar Längsprofilen,

an dessen unterem Ende eine Schüppe als Lastaufnahmemittel und

ein Fahrgestell mit zwei Radträgern mit je einem Rad vorgesehen sind,

und dessen oberes Ende einen Schiebebügel mit einem Quersteg als Griff
bildet,

wobei die Längsprofile des Vertikalrahmens zwischen dem Fahrgestell und
dem Quersteg und jeweils im Abstand davon durch mindestens einen Quer-
riegel miteinander verbunden sind;

jeder Radträger ist um eine in Vertikalrahmen-Ebene verlaufende Schwenkachse schwenkbar an das untere Ende des ihm zugeordneten Längsprofils bzw. an ein dazu paralleles in der Vertikalrahmen-Ebene liegendes umgebogenes Ende des Querriegels angelenkt;

die Schüppe ist um eine rechtwinklig zu den Schwenkachsen der Radträger verlaufende weitere Schwenkachse an die unteren Ende der Längsprofile bzw. an die umgebogenen Enden des Querriegels angelenkt;

ein Sicherungsmittel legt die ausgeschwenkten Radträger fest.

Nach dem Inhalt der Klagepatentschrift ist eine derartige Stechkarre beispielsweise aus der US-PS 3 043 603 (Anlage K 4) bekannt, deren Figuren 1 bis 5 nachstehend wiedergegeben sind.

Der durch die Klagepatentschrift angesprochene Durchschnittsfachmann sieht, dass die dort vorgeschlagene Stechkarre – wobei nachstehend auf die Bezugszeichen dieser Druckschrift verwiesen wird – einen starren (also einen nicht gelenkig unterteilten) Vertikalrahmen (11,12) mit einem Quersteg (13) als Griff aufweist. An das untere Ende des Vertikalrahmens ist eine Schüppe (21) schwenkbar um eine quer zur Ebene des Vertikalrahmens liegende Achse angelenkt (vgl. pivot pins 34 und 35) und im Bereich des unteren Endes sind Radträger (sleeves 15)) mit den zum Rollen der Stechkarre notwendigen Rädern (19 ) vorgesehen, die eingeschwenkt werden können (vgl. insbes. Fig. 3) und die Sicherungsmittel aufweisen, die die ausgeschwenkten Radträger in ihrer Stellung fixieren. Dazu sind in Ausnehmungen (notches 27) der Radträger (sleeves 15) eingreifende Nasen (dogs 28) vorgesehen (vgl. auch Spalte 1, Zeilen 41 – 54 der Klagepatentschrift).

Die Klagepatentschrift kritisiert, dass die in eine Ausnehmung der Hülsen eingreifenden Nasen jedoch insbesondere bei längerem Gebrauch nicht verhindern könnten, dass die für ein sicheres Fahren notwendige Winkelstellung der Radträger fixiert ist. Sie weist darüber hinaus darauf hin, dass bei dieser Art der Fixierung bei geringen auf die Räder wirkenden Stellkräften wegen der großen Hebelübersetzung mit erheblichen Kräften an der die Sperrung bewirkenden Nase zu rechnen sei, so dass Deformationen im Bereich der Lagerhülse die Schwenkbarkeit der Radträger erschwerten (Spalte 1, Zeile 52 – Spalte 2, Zeile 5).

Die Klagepatentschrift erörtert ferner die aus DE-GM 19 43 253 (Anlage K 5), deren Figuren 1 bis 3 nachstehend wiedergegeben werden, bekannte Stechkarre, die nicht mehr einen starren Vertikalrahmen aufweist, sondern einen gelenkig unterteilten Vertikalrahmen.

Nach dem Anspruch 4 dieses Gebrauchsmusters ist die Karre dadurch gekennzeichnet, dass die Laufräder (18) an schwenkbaren Lagerböcken (17) angeordnet sind, und dass am Stützgestell (2) und/oder den Lagerböcken (17) der Laufräder (18) eine Anschlag- und/oder Arretiervorrichtung (21, 22, 24) für die Lagerböcke angeordnet ist, wobei (bevorzugt) nach Anspruch 5 die Arretier-vorrichtung aus Stiften (24) besteht, welche in am Stützgestell (1) und an den Lagerböcken (17) angeordnete, in den beiden Endstellungen einander gegenüberliegende Bohrungen (21, 22) eingreifen, wobei überdies (bevorzugt) nach Anspruch 6 die Karre nach Anspruch 5 dadurch gekennzeichnet ist, dass die Stifte (24) an federnden am Stützgestell befestigten Zungen (25) angeordnet sind.

Die Klagepatentschrift würdigt diese Gebrauchsmusterschrift dahin, dass der Radträger mit einem Sperrstift (24) fixiert werde. Sie erwähnt überdies (zutreffend), dass die in dieser Druckschrift beschriebene Stechkarre darüber hinaus ein aufklappbares Schüppenblatt (8) aufweise und die Möglichkeit vorsehe, den als Griffbügel (10, 11) ausgebildeten Vertikalrahmen durch Umklappen zu verkleinern. Die die Last aufnehmende Schüppe sei ebenfalls aufklappbar an dem Vertikalrahmen angelenkt (Spalte 2, Zeilen 5 – 13).

Die Gebrauchsmusterschrift sieht allerdings nicht nur vor, den als Griffbügel ausgebildeten Vertikalrahmen durch Umklappen zu verkleinern, sondern – wie der durch die Klagepatentschrift angesprochene Durchschnittsfachmann durch einen Blick in diese Schrift ohne weiteres erkennt – auch den hochgeklappten Handgriff mit einer Umklappsperrvorrichtung (12) zu versehen (vgl. Anspruch 7 und Figur 1), wobei die Beschreibung davon spricht, dass über die Scharniere eine Schiebemuffe 12 gestülpt sei, welche ein unbeabsichtigtes Umklappen des Handgriffes 10 verhindere und außerdem dem Sackkarren in Gebrauchslage die nötige Steifigkeit verleihe. Sie sitze an einem in Gebrauchslage der Karre unteren Aufschlag auf. Außerdem sei sie gegen ein selbsttätiges Lösen gesichert (vgl. Seite 8 der Gebrauchsmusterschrift).

Schließlich befasst sich die Beschreibung der Klagepatentschrift noch mit der aus dem Gebrauchsmuster 19 82 824 (Anlage K 6) bekannten Vorrichtung, die sie als eine sehr aufwendige Konstruktion kennzeichnet, bei der das Einschwenken der Räder zwangsweise mit dem Umlegen des Griffbügels kombiniert sei (Spalte 2, Zeilen 14 – 17).

Letztendlich erwähnt die Beschreibung noch, dass weitere Stechkarren, vorzugsweise zum Transport von Reisegepäck, in der US-PS 4 335 985 und der
CH-PS 217 650 beschrieben seien (Spalte 2, Zeilen 17 – 20).

Die Aufgabenstellung der Erfindung nach dem Klagepatent ist ausgehend von dem genannten Stand der Technik dahin formuliert, eine Weiterentwicklung einer gattungsgemäßen Stechkarre, also einer Stechkarre mit den Merkmalen 1 bis 4 der Merkmalsanalyse, derart vorzuschlagen, dass sie (a) in einfacher Weise von der Ruhestellung in die Gebrauchsstellung und umgekehrt gebracht werden kann, dass sie (b) in Gebrauchsstellung einen sicheren Transport von Waren erlaubt und dass sie (c) in Ruhestellung möglichst wenig Raum einnimmt, wobei (d) die Stechkarre selbst als Leichtkonstruktion ausgebildet wirtschaftlich herstellbar sein soll.

Zur Lösung dieser Aufgabe wird – merkmalsmäßig gegliedert – vorgeschlagen, bei einer Stechkarre mit den Merkmalen 1 bis 4 der Merkmalsanalyse die nachfolgend wiedergegebenen Merkmalsgruppen 5 und 6 der Merkmalsanalyse vorzusehen:

die seiner Schwenkachse (S 2) zugewandte Seite der Schüppe (31) weist

einen rechtwinklig zur Schüppenfläche (32) aufgebogenen Schüppenrük-
ken (33) und

im Bereich der ausgeschwenkten Radträger (31) mit diesen beim Aus-
schwenken der Schüppe zusammenwirkende Sperrmittel auf, wobei

die Sperrmittel die ausgeschwenkten Radträger (21) in einer Winkelstel-
lung von 90° zur Schwenkachse (S) der Schüppe (31) festlegen;

die Längsprofile (11) des Vertikalrahmens (10) sind aus je einem unteren Längsprofil (11´) und je einem oberen Längsprofil (11´´) gebildet, wobei

die oberen Längsprofile (11´´) mit einer in Vertikalrahmen-Ebene liegen-
den, parallel zur Schwenkachse (S 2) der Schüppe (31) ausgerichteten
Schwenkachse (S 3) an die einander zugewandten Seiten der unteren
Längsprofile (11´) derart angelenkt, dass

das Oberteil (10 ´´) des Vertikalrahmens (10) vorzugsweise coplanar in
dessen Unterteil (10´) einschwenkbar ist und

das Gelenk mit dort vorgesehenen, die unteren und die oberen Längspro-
file (11´, 11´´) im ein- und im ausgeklappten Zustand übergreifenden
Sperrmitteln schwenkbar ist.

Die nachstehend wiedergegebenen Figuren 1 bis 8 der Klagepatentschrift verdeutlichen das ”Wesen der Erfindung” anhand einer Ausführungsform beispielhaft, dabei zeigen

– Figur 1 Stechkarre mit einschwenkbarem Vertikalrahmen, Transportstellung,
Frontansicht,

– Figur 2 Stechkarre nach Figur (entsprechend Schnitt II – II),

– Figur 3 gemäß Figur 1 bzw. 2, jedoch Schüppe, Radträger mit Rädern und Ver-
tikalrahmen eingeschwenkt, entsprechend Schnitt III- III (Figur 4),

– Figur 4 Stechkarre nach Figur 3, Frontansicht,

– Figur 5 Fallensicherung des Gelenksunterrahmen/Oberrahmen (5a: Oberrah-
men ausgeklappt, 5b: Oberrahmen eingeklappt).

– Figur 6 Anlenkung von Radträger und Schüppe an das untere Längsprofil bzw.
an das umgebogene Ende des Querriegels,

– Figur 7 Anlenkung Radträger entprechend Schnitt VII- VII (Figur 6),

– Figur 8 Anlenkung Schüppe entsprechend Schnitt VII – VII (Figur 6).

Die erste kennzeichnende Merkmalsgruppe 5 dient im wesentlichen der Lösung der Teilaufgabe b, während die Merkmalsgruppe 6 im wesentlichen der Lösung der Teilaufgabe c dient. Die Gesamtheit der Merkmale trägt zur Lösung der Aufgabenbestandteile a und d bei.

Was mit der Merkmalsgruppe 5 erreicht werden soll, ist u.a. in Spalte 2, Zeilen 36 ff. wie folgt dargestellt: ”Bei der vorgeschlagenen Ausbildung der Stechkarre wird die Verriegelung der ausgeschwenkten Radträger der Schüppe zugeordnet. Dadurch wird die Radträgerlagerung am unteren Ende der Vertikalprofile von der Verriegelungsaufgabe frei, der Abstand und damit der Hebelarm wird gleichzeitig vergrößert, so dass die an der Verriegelung wirksam werdenden Kräfte gegenüber einem Sperrglied am unteren Längsprofil selbst erheblich verkleinert werden.”

Der Fachmann sieht also, dass es mit der Merkmalsgruppe 5 darum geht, anders als im oben genannten Stand der Technik, bei der – wie oben dargestellt – mit Ausnehmung und Nase bzw. mit Stiften an der Radträgerlagerung gearbeitet worden ist , um die gewünschte Ausrichtung der Radträger und ihre Stabilisierung in dieser Ausrichtung zu erreichen, die Radträgerlagerung am unteren Ende der Vertikalprofile von der Sperrungs- bzw. Verriegelungsaufgabe zu befreien, den Abstand der Sperrmittel, die nunmehr durch die Schüppe gebildet werden, zur Drehachse der Radträger gegenüber dem oben genannten Stand der Technik zu vergrößern und dadurch die an den Sperrmitteln angreifenden Kräfte erheblich zu verkleinern, um so Verschleißerscheinungen zu vermeiden und damit zugleich einen sicheren Transport zu gewährleisten.

Aus der Sicht des durch die Klagepatentschrift angesprochenen Durchschnittsfachmanns geht es jedoch nicht darum, mit der Merkmalsgruppe 5 Mittel anzubieten, mit denen auch ein ungewolltes Einschwenken der Schüppe, insbesondere der unbelasteten Schüppe, und ein damit einhergehendes leichtes Einschwenken der Räder (in jedem Fall) verhindert wird. Der Patentanspruch spricht in der Merkmalsgruppe 5 lediglich davon, dass die Sperrmittel die ausgeschwenkten Radträger in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse der Schüppe festlegen sollen. Die Stechkarre soll so in der Gebrauchsstellung einen sicheren Transport von Waren erlauben. Es geht also darum, dass dann, wenn die Schüppe mit Waren belastet ist (Transport von Waren), die Radträger in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse der Schüppe festgelegt sind, nicht aber darum, dass dann, wenn die Schüppe, was insbesondere beim ”Einstechen” der Stechkarre zwecks Lastaufnahme leicht passieren kann, die Schüppe durch einen ungewollten Kontakt zu dem Boden leicht einschwenkt, zu verhindern, dass infolge dieses Einschwenkens auf keinen Fall die Räder auch leicht mit einschwenken.

Für den Fachmann ergibt sich dies auch daraus, dass das Klagepatent hinsichtlich bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, bei der die Sperrmittel aus Ansätzen am Radträger und Ausnehmungen am Schüppenrücken bestehen (vgl. z. B. Anspruch 2), keine Maßangaben zu diesen Sperrmitteln macht und bei Ausnehmungen mit einer verhältnismäßig geringen Tiefe bei einem ungewollten Kontakt der nicht belasteten Schüppe mit dem Boden die Ansätze zumindest teilweise aus den Ausnehmungen gleiten und die Räder so einschlagen können.

Die bei der oben wiedergegebenen Figur 6 der Klagepatentschrift gezeigte ”Festlegung” im Sinne der Merkmalsgruppe 5 ist auch nicht so, dass ein ungewolltes Verschwenken der nicht belasteten Schüppe verhindert wird. Dieses Ausführungsbeispiel des Klagepatents zeigt einen bis zur Unterkante des Radträgers 21 reichenden Einschnitt 33´des Schüppenrückens 33. Der Radträger wird so durch die Wandungen des Einschnitts 33´in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse (S2) der Schüppe festgelegt (vgl. auch die Beschreibung in Spalte 9, Zeilen 29 – 33). Diese Art der Festlegung schließt jedoch nicht aus, dass bei einem ungewollten Verschwenken der nicht belasteten Schüppe sich der Einschnitt 33´ zumindest teilweise aus dem Eingriff mit dem Radträger löst und es als Folge davon zu einem Verschwenken der Räder kommen kann.

Auch bei einem weiteren in den Figuren der Klagepatentschrift gezeigten Ausführungsbeispiel der Erfindung, nämlich bei dem in den Figuren 12 a und 12 b gezeigten Ausführungsbeispiel (vgl. hierzu die Beschreibung in Spalte 13, Zeilen 8 ff. der Klagepatentschrift), welches hier nicht wiedergegeben worden ist, sind die Sperrmittel so beschaffen, dass sie nicht in der Lage sind, ein ungewolltes Verschwenken der Schüppe um die Schwenkachse S 2 mit der Folge des Wegfalls der Fixierung der Radträger zu verhindern.

Auch der Umstand, dass erst die Unteransprüche 7 und 14 Vorschläge dazu machen, wie auch die Schüppe gegen ein unbeabsichtigtes Verschwenken gesichert werden kann, nämlich zum einen durch klemmendes Zusammenwirken von Längsprofil 11 und Lagerbock 34 (Anspruch 7 sowie Spalte 3, Zeilen 48 – 58 ) und zum anderen durch ein Gummiband als Zugglied 40´ (Anspruch 14, vgl. auch Figur 11) wird dem Fachmann deutlich, dass mit dem ”Festlegen” im Sinne der Merkmalsgruppe 5 nicht eine solche Verriegelung gemeint ist, die stets verhindert, dass die Räder einschwenken können, also auch als Folge eines ungewollten Einschwenkens der unbelasteten Schüppe.

Soweit der Patentanspruch 1 in der Merkmalsgruppe 5 davon spricht, dass die Sperrmittel die ausgeschwenkten Radträger in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse der Schüppe festlegen, entnimmt der Durchschnittsfachmann auch aus dem Umstand, dass die Patentschrift an zahlreichen Stellen darauf verweist, dass zur Fixierung der Radträger das Gewicht der transportierten Last beiträgt, dass es sich bei der patentgemäßen Festlegung der Merkmalsgruppe 5 nicht um eine ”absolute” Festlegung handelt, die jeglichen auf sie einwirkenden Kräften trotzt. So heißt es in Spalte 3, Zeilen 35 – 37 der Klagepatentschrift, dass eine Vergrößerung der mit der Stechkarre transportierten Last eine progressive stabilisierende Wirkung aufweise. In Spalte 13, Zeilen 16 bis 18 der Klagepatentschrift ist die Rede davon, dass der Eingriff umso fester sei, je größer die Last sei, die auf dem Schüppenblatt 32 aufliege. Schließlich spricht Spalte 14, Zeilen 34 bis 40 der Klagepatentschrift davon, dass – um die Stechkarre einwandfrei fahren zu können – die Radträger mit ihren Rädern nicht ”flattern” dürften und, um dies auszuschalten, die Radträger allein mit der ausgeschwenkten Schüppe festgelegt würden, wobei konus-, keil- oder V-förmige Anformungen eine einwandfreie Festlegung der Radträger bewirkten, die mit zunehmender Schüppen-Belastung fester werde.

Was mit der Merkmalsgruppe 6 erreicht wird, ist u.a. in Spalte 2, Zeilen 45 ff dargestellt: ”Die Unterteilung des Vertikalrahmens in einen oberen und einen unteren Rahmenteil durch Teilung der Längsprofile in der Weise, daß die oberen Längsprofile an die einander zugewandten Seiten der unteren Längsprofile angelenkt werden, erlaubt das völlige Einschlagen des oberen Rahmenteils in den unteren Rahmenteil selbst bei gleichstarken Profil-Rohren. … Das Gelenk selbst weist Sperrmittel auf, die es sowohl im ausgeschwenkten als auch im eingeschwenkten Zustand sicher sperren und dabei in beiden Stellungen das obere Ende des unteren Rahmenprofils und das untere Ende des oberen Rahmenprofils übergreift. Durch diese Ausbildung wird auch der eingeklappte Zustand gesichert, ein wesentliches Moment (Fettdruck hinzugefügt), wenn die zusammengelegte Stechkarre z. B. in Fahrzeugen transportiert werden soll.”

Der Durchschnittsfachmann sieht, dass das Klagepatent hier den bereits durch den in der Klagepatentschrift gewürdigten Stand der Technik nach der deutschen Gebrauchsmusterschrift 1 982 824 (Anlage K 4) eingeschlagenen Weg des Verkürzens des Vertikalrahmens durch Umklappen fortentwickeln will und durch die mit den Merkmalen 6, 6.1. und 6.2. vorgeschlagene Ausgestaltung ”das völlige Einschlagen des oberen Rahmenteils in den unteren Rahmenteil selbst bei gleichstarken Profil-Rohren” (vgl. Spalte 2, Zeilen 49 – 51) erreicht. Für eine solche Lösung des Umklappens bzw. des Einschlagens wird mit dem Merkmal 6. 3 eine im Stand der Technik nicht bekannte Arretierung vorgeschlagen, die nicht nur dafür sorgt, dass die Rahmenteile in der Gebrauchsstellung arretiert sind, wie dies zum Beispiel bei der Schiebemuffe 12 des vorgenannten Gebrauchsmusters der Fall ist, sondern die, was von der Klagepatentschrift als ein wesentliches Moment herausgestellt wird, auch dafür sorgt, dass auch der eingeklappte Zustand gesichert ist, wobei die Notwendigkeit einer solchen Sicherung beispielhaft mit einem Transport der zusammengeklappten Stechkarre in Fahrzeugen begründet wird (vgl. Spalte 3, Zeilen 2 – 5). Dabei schlägt das Merkmal 6.3 Sperrmittel vor, die im Bereich des Gelenkes vorgesehen sind, wobei diese (ein und dieselben) Sperrmittel im ein- und im ausgeklappten Zustand (der Stechkarre) ihre Sperrfunktion erfüllen sollen. Als Sperrmittel werden dabei sowohl die unteren als auch die oberen Längsprofile im ein- und ausgeklappten Zustand übergreifende Mittel genannt.

II.

Von der sich so darstellenden Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents wird bei der angegriffenen Ausführungsform der Beklagten kein Gebrauch gemacht, weil bei ihr die Merkmalsgruppe 6 nicht verwirklicht ist.

Die angegriffene Stechkarre, die unstreitig die Merkmale 1 bis 4 der obigen Merkmalsanalyse verwirklicht, macht allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten und dem vom Landgericht im angefochtenen Urteil eingenommenen Standpunkt daneben auch wortsinngemäß von der Merkmalsgruppe 5, so wie sie der Durchschnittsfachmann nach den zuvor gemachten Erläuterungen versteht, Gebrauch.

So weist nämlich auch bei der angegriffenen Ausführungsform die Schüppe im Bereich der ausgeschwenklten Radträger mit diesen beim Ausschwenken der Schüppe zusammenwirkende Sperrmittel auf, nämlich

einen von der Beklagten als Gegenstück bezeichneten Anschlag, der in der
Anlage K 17 dunkelblau gekennzeichnet ist und in der Anlage B 4 das Be-
zugszeichen P trägt,

eine an dem Radträger angeordnete mit diesem Anschlag zusammenwirken-
de Metallplatte, die in der Anlage K 17 hellblau gekennzeichnet ist und in der
Anlage B 4 das Bezugszeichen F trägt,

einen hinter der hellblauen Metallplatte F am Radträger angeordneten kom-
pakten Metallblock, der in der Anlage K 17 hellgrün dargestellt ist, und

einen damit zusammenwirkender Anschlag, der durch eine äußere Wandung
in der Ausnehmung des Schüppenrückens gebildet wird und in der Anlage
K 17 dunkelgrün gekennzeichnet ist.

Mit diesen Mitteln wird eine Sperrung im Sinne des Merkmals 5.2 erreicht, nämlich ein ”Festlegen” der ausgeschwenkten Radträger in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse der Schüppe.

Ein Zahnradmechanismus dient bei der angegriffenen Ausführungsform zunächst einmal dazu, mit einem Ausklappen der Schüppe zugleich die Räder in Betriebsstellung zu bringen. Der am Radträger angebrachte Block (hellgrün in Anlage K 17) wirkt beim Ausschwenken von Schüppe und Radträger mit der Wandung der Aussparung im Schuppenrücken (dunkelgrün in Anlage K 17) so zusammen, dass die Radträger nicht über eine Winkelstellung von 90° hinaus geschwenkt werden können, so dass in dieser Richtung durch die genannten Anschläge bereits ein ”Festlegen” erfolgt.

Nach innen erfolgt die erforderliche ”Festlegung” der Radträger dadurch, dass beim zuvor beschriebenen Ausklappen der Schüppe und dem damit einhergehenden Bringen der Räder in die Betriebsstellung zugleich die Metallplatte (Anlage K 17: hellblau; Anlage B 4: F) in der vollständig ausgefahrenen Position hinter die stumpfwinklige Kante der Schulter des Anlaufbleches (Anlage K 17: dunkelblau; Anlage B 4: P) zu liegen kommt, wie dies auch die Fotografien gemäß Anlage K 16 zeigen.

Damit ist jedoch eine hinreichende Festlegung der Radträger in einer Winkelstellung von 90° zur Schwenkachse im Sinne der Merkmalsgruppe 5 auch nach innen verbunden, wobei diese Festlegung um so stärker ist, je größer die Last ist, die auf der Schüppe ruht.

Der Umstand, dass diese ”Festlegung” nach innen stark einwirkenden Kräften, wie sie bei einem ungewollten Einschwenken der Schüppe entstehen können, insbesondere dann, wenn, wie dies bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall ist, die Schüppenbewegung mittels eines Zahnradgetriebes mit der Radträgerbewegung gekoppelt ist, nicht vollständig entgegenzuwirken vermag, steht, wie oben unter Ziffer I. dieser Entscheidungsgründe ausgeführt, der wortsinngemäßen Verwirklichung der Merkmalsgruppe 5 nicht entgegen. Die Sperr- bzw- Festlegungsmittel dieser Merkmalsgruppe 5 sind nicht darauf gerichtet, eine ”absolute” Festlegung der Radträger in einer Winkelstellung von 90° zu gewährleisten und auch zu vermeiden, dass bei einem ungewollten Einschwenken der Schüppe – eine Gefahr, die insbesondere dann besteht, wenn die Stechkarre zwecks Lastaufnahme unter eine auf dem Boden befindliche, aufzunehmende Last bewegt wird – die Räder in diesem Moment leicht nach innen einklappen können. Mittel, um ein ungewolltes Einschwenken der Schüppe zu verhindern, sieht das Klagepatent nämlich erst in den Unteransprüchen vor (vgl. z. B. die Ansprüche 7 und 14).

Die angegriffene Ausführungsform macht jedoch von der Merkmalsgruppe 6 des Patentanspruches 1 des Klagepatents keinen Gebrauch. Bei der angegriffenen Stechkarre der Beklagten sind die oberen Längsprofile nicht im Wortsinne der Merkmalsgruppe 6 mit einer in Vertikalrahmen-Ebene liegenden, parallel zur Schwenkachse der Schüppe ausgerichteten Schwenkachse an die einander zugewandten Seiten der unteren Längsprofile derart angelenkt , dass das Oberteil des Vertikalrahmens vorzugsweise coplanar in dessen Unterteil einschwenkbar ist. Vielmehr sind bei der angegriffenen Stechkarre ohne das erfindungsgemäß vorausgesetzte Gelenk (”angelenkt”) zwischen den oberen und unteren Längsprofilen Gleitbuchsen vorhanden, wobei die Anordnung der Gleitbuchsen so getroffen ist, dass die oberen Längsprofile entlang der ihnen zugewandten Seiten der unteren Längsprofile verschiebbar sind, so dass es möglich ist, dass in Ruhestellung der Stechkarre das Oberteil des Vertikalrahmens coplanar in dessen Unterteil einschiebbar ist. Bei der angegriffenen Ausführungsform ist überdies auch nicht dem Wortsinn dieser Merkmalsgruppe entsprechend ein Gelenk mit dort vorgesehenen, die unteren und die oberen Längsprofile im ein- und ausgeklappten Zustand übergreifenden Sperrmitteln vorhanden. Bei der angegriffenen Ausführungsform gibt es vielmehr zum einen in dem Bereich zwischen dem oberen Enden der unteren Längsprofile und den unteren Enden der oberen Längsprofile Gleitbuchsen, wobei im eingeschobenen Zustand die Rundung zum Griff mit den Gleitbuchsen in Kontakt tritt, und zum anderen gibt es eine teleskopartige Stange 61,62 – Bezugszeichen gemäß der oben wiedergegebenen Anlage B 5 – die mit einer Klammer 24 im ausgeschobenen Zustand und damit im Gebrauchszustand ein Einschieben des Oberteils des Vertikalrahmens verhindert, indem sie die Querstrebe 22 mit der Querstrebe 15 verhakt und so eine Relativbewegung zwischen Oberteil und Unterteil des Vertikalrahmens in Richtung eines Einschiebens verhindert.

Allerdings ist auch bei europäischen Patenten angesichts der Regelungen in Art. 69 Abs. 1 EPÜ und des Protokolls über seine Auslegung der Weg für eine Bemessung des Schutzbereiches über den Anspruchswortlaut hinaus auf Abwandlungen der in den Patentansprüchen beschriebenen Erfindung eröffnet (vgl. BGH GRUR 1986, 803, 805 – Formstein). Abwandlungen fallen dann in den Schutzbereich des Patents, wenn das durch die Erfindung gelöste technische Problem mit Mitteln gelöst wird, die den patentgemäßen Mitteln hinreichend gleichwirkend sind, und wenn der Durchschnittsfachmann diese gleichwirkenden Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse und aufgrund von Überlegungen auffinden konnte, die sich an der in den Patentansprüchen umschriebenen Erfindung orientierten (vgl. BGH GRUR 1986, 803, 805 – Formstein; 1988, 896, 899 – Ionenanalyse; 1989, 205, 208 – Schwermetalloxidationskatalysator; 1989, 903, 904 – Batteriekastenschnur; 1991, 436, 439 – Befestigungsvorrichtung II; 1994, 597, 599 – Zerlegvorrichtung), wobei der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der klagepatentgemäßen gleichwertige Lösung in Betracht ziehen muß (vgl. BGH Mitt. 2002, 216, 218 – Schneidmesser II). Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquilavenz liegen hier jedoch nicht vor.

Dies gilt allein schon deshalb, weil die angegriffene Ausführungsform mit ihrer vom Wortsinn des Merkmals 6.3 abweichenden Ausgestaltung der patentgemäßen Ausgestaltung nicht hinreichend gleichwirkend ist. Wie schon oben dargelegt worden ist, entnimmt der Fachmann diesem Merkmal, dass die Sperrmittel am Gelenk selbst und nicht an anderen Vorrichtungsteilen sitzen. Ein und dieselben dort vorhandenen Sperrmittel haben mehrere Funktionen: Sie legen das Gelenk sowohl im eingeschwenkten als auch im ausgeschwenkten Zustand der Längsprofile des Vertikalrahmens fest, was im Einklang mit dem vom Klagepatent verfolgten Ziel besonderer Einfachheit der Konstruktion und auch leichter Handhabbarkeit steht. Zudem sollen die Sperrmittel der sicheren Sperrung des Gelenks in beiden zuvor angesprochenen Zuständen dienen (Spalte 2, Zeile 55 – Spalte 3, Zeile 5). Auch der Gesichtspunkt der sicheren Sperrung in beiden Zuständen ist, wie der Fachmann der Beschreibung des Klagepatents entnimmt (aaO. und Spalte 4, Zeilen 45 – 48; 53 – 55), keineswegs von untergeordneter Bedeutung. Danach will das Klagepatent auch für den „Ruhezustand“, also den eingeklappten Zustand eine sichere Sperrung gewährleisten, wobei diese Sperrung nicht hinter derjenigen zurückbleiben soll, die im „Gebrauchszustand“ besteht. Die angegriffene Ausführungsform verfügt jedoch nicht über Sperrmittel, die im eingeschobenen Zustand die Stechkarre zuverlässig gegen unbeabsichtigtes Auseinanderfahren der ineinandergeschobenen Vertikalrahmenteile sichern, was jedoch nach dem Inhalt der Klagepatentschrift ein ”wesentliches Moment” (vgl. Spalte 3, Zeilen 3 und 4) der Erfindung ist.

Die von der Klägerin insoweit als gleichwirkende Mittel angeführten Gleitbuchsen der angegriffenen Ausführungsform leisten nicht das, was die im Merkmal 6.3 genannten ”unteren und die oberen Längsprofile im ein- und ausgeklappten Zustand übergreifenden Sperrmittel” leisten. Zum einen sind sie nicht in der Lage, für eine Sicherung von Ober- und Unterteil des Vertikalrahmens im ausgeschobenen Zustand zu sorgen; dies erfolgt durch eine an Querriegeln des Ober- und Unterteils angreifende Klammer, die nicht an den Gelenken angeordnet ist. Zum anderen sind sie auch nicht geeignet, für eine Sicherung im eingeschobenen Zustand zu sorgen, wie allein schon der Augenschein der Anlage B 3 lehrt. Der von der Klägerin geltend gemachte Reibschluss der Längsprofile in den Gleitbuchsen sowie der Kontakt der Rundung des Griffs mit den Gleitbuchsen kann einen Auszug des Oberteils aus dem Unterteil nicht verhindern, wie bereits der Umstand zeigt, dass man die angegriffene Ausführungsform im eingeschobenen Zustand nicht an ihrem oberen Querriegel ergreifen und dann transportieren kann. Die Reibkräfte sind in diesem Fall nicht geeignet, einen Auszug des Oberteils zu verhindern. Dasselbe gilt aber auch für den in Klagepatentschrift angesprochenen Fall, dass die zusammengelegte und eingeschobene Stechkarre gemäß Anlage B 3 in einem Fahrzeug transportiert wird, wie dies in Spalte 3, Zeilen 2 bis 5 beschrieben wird. Die Reibkräfte sind nämlich auch nicht geeignet, einen Auszug des Oberteils bei entsprechenden Erschütterungen des Kraftfahrzeugs zu verhindern. Sie bleiben in ihrer Wirkung vielmehr weit hinter dem zurück, was die – anderen, mit ihnen nicht identischen – Mittel zur Festlegung der Vertikalrahmenteile im Gebrauchszustand leisten.

Die Gleitbuchsen der angegriffenen Ausführungsform stellen somit keine den patentgemäßen Sperrmitteln, die eine sichere Sperre mittels Formschluss bewirken (vgl. ”die unteren und die oberen Längsprofile im ein- und ausgeklappten Zustand übergreifenden Sperrmittel”), hinreichend gleichwirkenden Mittel dar.

Es mag dahinstehen, ob der Fachmann im Hinblick auf die mit den Maßnahmen der Merkmalsgruppe 6 auch bezweckte Zusammenlegbarkeit und Verkleinerung der Stechkarre zur Erreichung des „Ruhezustandes“ erwägen würde, ggf. ein Gelenk durch eine Teleskoplösung („Einschiebelösung“) zu ersetzen. Jedenfalls würde der Fachmann durch die in den Patentansprüchen beschriebene Vorrichtung nicht auf den Gedanken gebracht, das Oberteil des Vertikalrahmens in dessen Unterteil einzuschieben und eine Arretierung im ausgeschobenen Zustand durch eine an Querriegel von Unter- und Oberteil angreifende Klammer zu besorgen, die ein Einschieben des Oberteils des Vertikalrahmens verhindert, und den eingeschobenen Zustand durch eine den Reibschluss von Gleitbuchsen aufrecht zu erhalten, die an unteren Enden der oberen Längsprofile und an oberen Enden der unteren Längsprofile angeordnet sind. Vielmehr wird der Durchschnittsfachmann eine solche Lösung als fernliegend und nicht auf der Linie des Klagepatents liegend ansehen, die die Funktionen der Sperrung in den beiden relevanten Zuständen des „Ausgefahrenseins“ und des „Eingeschobenseins“ unterschiedlichen – nicht nur am Gelenk angeordneten – Sperrmitteln zuweist, die darüber hinaus auch noch unterschiedliche Wirkungen haben.

III.
Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge von § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr, 10, 711, 108 ZPO.

Die Anordnung der Nichtzulassung der Revision beruht auf § 543 ZPO n. F. . Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert auch keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ä Ö Dr. B