4a O 263/06 – Wasserbehandlung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 621

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. August 2007, Az. 4a O 263/06

I. Die Beklagten zu 1) und 3) werden verurteilt,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren – die Ordnungshaft im Fall der Beklagten zu 1) zu vollziehen an den gesetzlich für sie handelnden Personen – zu unterlassen,

1. in der Bundesrepublik Deutschland ein Verfahren zum Überführen eines rieselfähigen, schwachsauren Ionenaustauschermaterials von der H-Form in die Ca-Form anzuwenden, bei dem das Ionenaustauschermaterial mit einer wässrigen, gesättigten Ca(OH)2-Lösung in Kontakt gebracht wird, wobei die Ca(OH)2-Lösung mit noch ungelöstem Ca(OH)2 in Kontakt steht und wobei die Ca(OH)2-Lösung während des Kontaktes mit dem Ionenaustauschermaterial in Bewegung gehalten wird;
und/oder

2. nach dem vorstehend zu Ziffer I. 1. genannten Verfahren hergestellte schwachsaure Ionenaustauscherharze anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

II. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren – die Ordnungshaft zu vollziehen an den gesetzlich für sie handelnden Personen – zu unterlassen,
nach dem Verfahren gemäß vorstehender Ziffer I. 1. hergestellte schwachsaure Ionenaustauscherharze in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

III. Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt,
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1) und 2) die unter Ziffern I. und II. bezeichneten Handlungen seit dem 17. Februar 2004 begangen haben,
1. und zwar im Fall der Verurteilung zu Ziffern I. 2. und II. unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie unter Einschluss der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, Artikelnummern und Typenbezeichnungen sowie unter Einschluss der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) des erzielten Umsatzes und der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei diese Verpflichtung die Beklagte zu 3) lediglich für die Zeit ab dem 18. März 2004 trifft,
wobei die Angaben zu d) erst für die Zeit ab dem 18. März 2004 verlangt werden und
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist oder nicht;

2. im Fall der Verurteilung zu Ziffer I. 1. unter Angabe eigener Verfahrensbenutzungshandlungen unter Einschluss der Angabe, welche Produkte (unter Angabe von Typennummern und sonstigen Bezeichnungen) in welchem Umfang (Stückzahlen, Gewicht) unter Anwendung des Verfahrens hergestellt worden sind und welcher Umsatz sowie welcher Gewinn unter Berücksichtigung der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten erzielt worden ist, wobei Angaben zum Gewinn erst für die Zeit ab dem 18. März 2004 zu machen sind.

IV. Es wird festgestellt,
1. dass die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet sind, der Klägerin für die in Ziffer I. 1. (Beklagte zu 1)) bzw. in Ziffer II. (Beklagte zu 2)) bezeichneten und in der Zeit vom 17. Februar 2004 bis zum 18. März 2004 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. dass die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffern I. und II. bezeichneten Handlungen seit dem 18. März 2004 entstanden ist oder noch entstehen wird.

V. Die Beklagten werden jeweils als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von folgenden Verbindlichkeiten freizustellen:

1. die Beklagten zu 2) und 3), die Klägerin freizustellen von
a) ihrer Verbindlichkeit in Höhe von 4.824,80 € gegenüber den Klägervertretern, wobei sich diese Verbindlichkeit daraus ergibt, dass die Klägervertreter zu ihrem Aktenzeichen 00141-06 die Abmahnung der Beklagten zu 2) wegen Verletzung der Schutzrechte EP 1 098 xxx, EP 0 957 xxx und DE 299 23 xxx.x vorgenommen haben,
b) ihrer Verbindlichkeit in Höhe von 2.422,40 € gegenüber den Patentanwälten A & B, wobei sich diese Verbindlichkeit daraus ergibt, dass die Patentanwälte A & B an der vorstehend zu a) genannten Abmahnung mitgewirkt haben,

2. die Beklagten zu 1) und 3), die Klägerin freizustellen von
a) ihrer Verbindlichkeit in Höhe von 3.833,60 € gegenüber den Klägervertretern, wobei sich diese Verbindlichkeit daraus ergibt, dass die Klägervertreter zu ihrem Aktenzeichen 00969-06 die Abmahnung der Beklagten zu 1) wegen Verletzung der Schutzrechte EP 1 098 xxx und EP 0 957 xxx vorgenommen haben,
b) ihrer Verbindlichkeit in Höhe von 1.926,80 € gegenüber den Patentanwälten A & B, wobei sich diese Verbindlichkeit daraus ergibt, dass die Patentanwälte A & B an der vorstehend zu a) genannten Abmahnung mitgewirkt haben.

VI. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VII. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 95 % den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt, zu 5 % der Klägerin.

VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 220.000,- €. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die jeweilige Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:
Die Klägerin ist seit dem 17. Februar 2004 im Patent- und Gebrauchsmusterregister des DPMA eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents 1 098 xxx (nachfolgend: Klagepatent), das auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde. Das in deutscher Verfahrenssprache abgefasste Klagepatent wurde am 08. Juli 1999 unter Inanspruchnahme einer österreichischen Priorität vom 08. Juli 1998 angemeldet, die Anmeldung am 16. Mai 2001 veröffentlicht. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents erfolgte am 18. Februar 2004. Das Klagepatent steht in Kraft, die Klagepatentschrift liegt als Anlage K13 vor.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Überführen eines vorzugsweise schwachsauren Ionenaustauschermaterials von der H-Form in die Ca-Form. Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der erteilten Fassung:
Verfahren zum Überführen eines vorzugsweise schwachsauren Ionenaustauschermaterials von der H-Form in die Ca-Form, dadurch gekennzeichnet, dass das Ionenaustauschermaterial mit einer wässrigen, gesättigten Calziumhydroxid Ca(OH)2-Lösung in Kontakt gebracht wird, wobei die Calziumhydroxid-Lösung mit noch ungelöstem Calziumhydroxid in Kontakt steht.

Hinsichtlich des Wortlauts der im Wege von Insbesondere-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 2 bis 6 wird auf die Klagepatentschrift (Anlage K13) verwiesen.
Gegen das Klagepatent ist eine Nichtigkeitsklage der Beklagten bei dem Bundespatentgericht zu dem Aktenzeichen 3 Ni 48/06 (EU) anhängig (Anlage I Bo 1), über die bislang nicht entschieden wurde. Im Nichtigkeitsverfahren verteidigt die Klägerin Anspruch 1 des Klagepatents nur in dem nachfolgend wiedergegebenen eingeschränkten Umfang (vgl. Anlage I Bo 2 und 2a):
Verfahren zum Überführen eines rieselfähigen, vorzugsweise schwachsauren Ionenaustauschermaterials von der H-Form in die Ca-Form, dadurch gekennzeichnet, dass das Ionenaustauschermaterial mit einer wässrigen, gesättigten Calziumhydroxid Ca(OH)2-Lösung in Kontakt gebracht wird, wobei die Calziumhydroxid-Lösung mit noch ungelöstem Calziumhydroxid in Kontakt steht, und wobei die Calziumhydroxid-Lösung während des Kontaktes mit dem Ionenaustauschermaterial – vorzugsweise mittels eines Rührers – in Bewegung gehalten wird.

Die weiteren mit der Klage gleichzeitig geltend gemachten Schutzrechte, das europäische Patent 0 957 xxx und das deutsche Gebrauchsmuster 299 23 xxx.x, die ein Verfahren und eine Wasserbehandlungseinrichtung zum Fällen oder Ausflocken von Inhaltsstoffen aus Lösungen betreffen, sind Gegenstand der parallelen Verfahren 4a O 375/06 und 4a O 381/06, die aus dem vorliegenden abgetrennt wurden. Der Gegenstand aller mit der Klage geltend gemachten Schutzrechte steht in Zusammenhang mit dem Fällen und Ausflocken von Inhaltsstoffen (insbesondere Kalk) aus Lösungen. Während das Verfahren hierzu durch das EP 0 957 xxx (Rechtsstreit 4a O 375/06) und die Wasserbehandlungseinrichtung durch das Gebrauchsmuster DE 299 23 xxx.x (Rechtsstreit 4a O 381/06) geschützt werden, befasst sich das Klagepatent mit einem Verfahren zur Herstellung des hierbei verwendeten Ionenaustauschermaterials.

Eingetragene Erfinder des Klagepatents sowie des parallelen Patents EP 0 957 xxx sind die Herren C und D, die zum damaligen Zeitpunkt bei der E GmbH im Bereich Technik und Forschung beschäftigt waren. C ist heute Mitgeschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin. Die E GmbH hatte ihren Sitz in Innsbruck (Österreich) und fiel am 15. Februar 1999 in Konkurs. Sie befasste sich mit der Entwicklung von Produkten und Verfahren zur chemiefreien Behandlung von Flüssigkeiten, insbesondere Trinkwasser, sowie mit der Entwicklung und Anwendung von Verfahren und Vorrichtungen zur Fertigung dieser Produkte. In Vereinbarungen der Herren C und D mit der E GmbH vom Dezember 1997 war vereinbart, dass diese die Schutzrechte gegen Vergütung nutzen konnte, wobei ihr Übertragungen der Schutzrechte gestattet waren. Die Vereinbarung stand unter der auflösenden Bedingung, dass die übertragenen Rechte im Konkursfall der E GmbH an die Herren C und D als Erfinder zurückfallen sollten. Als diese mit Eröffnung des Konkursverfahrens die Übertragung vom Masseverwalter begehrten, geschah dies mit Ausnahme des prioritätsbegründenden Patents des EP 0 957 xxx, dessen Verletzung hier Gegenstand des Parallelverfahrens 4a O 375/06 ist. Der seinerzeitige Geschäftsführer der E GmbH, G sen., hatte dieses Schutzrecht im November 1998 und damit vor Eröffnung des Konkursverfahrens ohne Wissen der Herren C und D auf seinen Sohn, Herrn G, übertragen. Nachdem die eingetragenen Erfinder die Übertragung gerichtlich angefochten hatten, wurde Herr G (jun.) zur Einwilligung in die Rückübertragung der Anmeldung dieses Patents verurteilt. Das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichts Innsbruck liegt als Anlage K1 vor. Es ist nach Bestätigung in der Berufungs- (Anlage K2) und Revisionsinstanz (Anlage K3) rechtskräftig. Die eingetragenen Erfinder des EP 0 957 xxx und des Klagepatents brachten beide Schutzrechte in die von ihnen gegründete Klägerin ein. Vor der seit dem 17. Februar 2004 als Inhaberin des deutschen Teils des Klagepatents eingetragenen Klägerin war seit dem 15. Januar 2004 ihre Komplementärin eingetragene Inhaberin der Klagepatentanmeldung, zuvor waren es die Herren D und C.

Herr G gründete mit Gesellschaftsvertrag vom 01. März 1999 die Beklagte zu 1) und mit Gesellschaftsvertrag vom 17. November 1999 die Beklagte zu 2). Nachdem er im Januar 2003 als Geschäftsführer beider Gesellschaften ausgeschieden war, ist die Beklagte zu 3) – seine Tante – Geschäftsführerin der Beklagten zu 1) und 2).

Die Beklagte zu 2) vertreibt Geräte zur Wasserbehandlung, die in Verbindung mit einem mitgelieferten Granulat dazu dienen, Kalk aus Wasser auszufällen. Die Beklagte zu 2) bietet unter anderem über das Internet so genannte E-Geräte an, deren Arbeitsweise ausweislich der als Anlagen K17 und K18 in Kopie zur Akte gereichten Informationen nach dem dort so genannten „E-Effekt“ wie folgt beschrieben wird:
„Beim Durchfließen des E-Gerätes überströmen die im Wasser gelösten Kalkmoleküle die Oberflächen eines ganz neu entwickelten Granulates, das positiv als Catalysator wirkt: Die Granulat-Oberflächen sind so gestaltet, dass die Kalkmoleküle bei Berührung dieser Matrix in kristalliner Form ausfällen und sehr schnell zu Calcitkristallen auswachsen.
Nach Abschluss dieses immer gleichen Wachstums im E Catalysator haften diese Kristalle nicht mehr an anderen Oberflächen und werden schwebend im Wasser mitgeführt.“ (Anlage K17)

In der über das Internet abrufbaren und den Geräten in gedruckter Form beigelegten „Montage- und Betriebsanleitung mit technischen Daten“ (auszugsweise als Anlage K18 vorgelegt) werden Aufbau und Funktion des E-Gerätes wie folgt beschrieben:
„Der E X® besteht aus einem Polyglastank mit einem Anschlusskopf.
Der Behälter ist mit kugelförmigem X® Material gefüllt. In dieses Bett aus Granulat strömt das Wasser durch den Anschlusskopf und das Zulaufrohr ein.
(…)
Durch Kontakt der im Wasser gelösten Kalkbestandteile mit der Oberfläche des X® Granulates im Schwebebett erfolgt ein optimales Wachstum von speziellen Antikalk-Kristallen (Impfkristalle). Diese Kristalle bleiben schwebend im Wasser und verhindern so den Kalkansatz.“

Das in den Zitaten aus Anlagen K17 und K18 so genannte „kugelförmige X® Material“ (Granulat) wird von der Beklagten zu 1) hergestellt und teils direkt an die Abnehmer, teils an die Beklagte zu 2) vertrieben, die es an dritte Abnehmer weiterliefert. Es wird nachfolgend auch als angegriffene Ausführungsform bezeichnet.

Die Klägerin behauptet, die Beklagten benutzten ungeachtet der Rückübertragung der Schutzrechte auf die Herren C und D weiterhin die von dem Klagepatent geschützte Technologie: Die Beklagte zu 1) wende bei der Herstellung des Granulates in der Bundesrepublik Deutschland ein Verfahren nach Anspruch 1 des Klagepatents an und vertreibe – insoweit wie die Beklagte zu 2) – nach diesem Verfahren hergestellte Ionenaustauscherharze.

Der Klägerin beantragt,
im Wesentlichen wie erkannt, wobei der Unterlassungsantrag für die Bewegung der Ca(OH)2-Lösung die weitere Angabe enthält, dass diese „vorzugsweise mittels eines Rührers“ erfolge, die Klägerin die Auskunft und Rechnungslegung durch die Beklagten sowie die Feststellung der Entschädigungspflicht der Beklagten zu 1) und 2) bereits für den Zeitraum seit dem 17. Juni 2001 geltend macht, der Auskunftsantrag zu III. 2. keine zeitliche Einschränkung hinsichtlich der Angaben zum erzielten Gewinn enthält und wobei der der Verurteilung zu Ziffer V. zugrunde liegende Klageantrag statt auf Freistellung auf Zahlung gerichtet ist.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,

hilfsweise,
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage, die die Beklagten gegen das Klagepatent EP 1 098 706 bei dem Bundespatentgericht eingereicht haben und die dort unter dem Aktenzeichen 3 Ni 48/06 (EU) anhängig ist, auszusetzen.

Die Beklagten halten das Klagepatent insbesondere im Hinblick auf den neu eingeführten Stand der Technik in Gestalt der US-PS 5,371,110 (Anlage I Bo 1a/1b) für nicht rechtsbeständig. Auch die Einschränkungen, mit denen die Klägerin das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren verteidigt, könnten – so die Beklagten – eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
Bei dem in Gestalt der angegriffenen Ausführungsform vorliegenden Ionenaustauschermaterial in der Ca-Form handele es sich nicht um ein solches, das nach dem vom Klagepatent geschützten Verfahren hergestellt worden sei. Die Beklagte zu 1) verwende für die Herstellung des Granulats vielmehr ein eigenes Verfahren, dessen Ausgestaltung ein Betriebsgeheimnis darstelle, welches sie der Klägerin in zumutbarer Weise nicht offenbaren könne.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen (das heißt insbesondere mit Ausnahme des Entschädigungsanspruchs vor dem 17. Februar 2004) begründet.
Der Klägerin stehen Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Entschädigung, Auskunft und Rechnungslegung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, 2 Satz 1; 9 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1, Nr. 3 PatG; Art. II § 1 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG; §§ 242; 259 BGB zu. Nicht begründet ist die Klage jedoch, soweit die Klägerin Feststellung der Entschädigungspflicht der Beklagten zu 1) und 2) für patentverletzende Handlungen in der Zeit vom 17. Juni 2001 bis zum 16. Februar 2004 sowie vorbereitende Auskunft und Rechnungslegung für diesen Zeitraum geltend macht.
Eine Aussetzung der Verhandlung nach § 148 ZPO ist schließlich nicht veranlasst.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Überführen eines vorzugsweise schwachsauren Ionenaustauschermaterials von der H-Form in die Ca-Form sowie in den Ansprüchen 7 bis 10 die Verwendung einer Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens.
Bei der Wasserbehandlung werden oft so genannte Ionenaustauscher verwendet, bei denen es sich regelmäßig um Festkörper (zumeist in Körner- oder Granulatform) mit einem dreidimensionalen, wasserunlöslichen makromolekularen Gerüst (Matrix) handelt, das zahlreiche Gruppen (so genannte Ankergruppen) trägt. Da jede Ankergruppe positiv oder negativ geladen ist, enthält der Ionenaustauscher zum Zwecke seiner Elektroneutralität eine entsprechende Anzahl von Gegenionen, die zusammen mit den Ankergruppen auch als „funktionelle Gruppen“ bezeichnet werden. Der Effekt, dass die locker gebundenen Gegenionen gegen andere, in der umgebenden Flüssigkeit gelöste gleichsinnig geladene Ionen ausgetauscht werden können, wird bei der herkömmlichen Wasserbehandlung ausgenutzt: Die im Wasser enthaltenen unerwünschten Ionen werden gegen die Gegenionen des Ionenaustauschermaterials ausgetauscht und dem Wasser auf diese Weise entzogen. Wenn alle bzw. nahezu alle Gegenionen des herkömmlichen Ionenaustauschermaterials ausgetauscht sind, verliert dieses seine Wirkung und muss regeneriert werden, indem es wieder mit austauschfähigen Gegenionen versehen wird. Bei den beispielsweise in Geschirrspülautomaten häufig verwendeten starksauren Ionenaustauschermaterialien in der Natrium-Form geschieht diese Regeneration beispielsweise unter Verwendung von Kochsalz.
Dem Verfahren, das Gegenstand des europäischen Patents 0 957 xxx (auf dieses stützt sich das parallele Verletzungsverfahren 4a O 375/06) ist, liegt die davon abweichende Grundidee zugrunde, Ionenaustauschermaterialien bereits vor dem Einsatz mit Gegenionen (zur Kalkkristallkeimbildung sind dies Ca2+-Ionen) zu beladen und in der Einsatzsituation im Wasser eine dort so bezeichnete katalytische Fällung zu bewirken, bei der es nicht zu einem Austausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung kommt. Damit verbindet sich der Vorteil, dass dem Wasser der natürlicherweise enthaltene Kalk nicht entzogen wird, was insbesondere bei der Verwendung als Trinkwasser nicht erwünscht wäre, dass jedoch gleichwohl im Wasser gelöster Kalk ausfällt und in der kristallinen Form – obwohl er im Wasser enthalten bleibt – nicht mehr zu Ablagerungen und Schäden an Wasserrohren und Armaturen führen kann. Darüber hinaus ermöglicht es das Ausbleiben eines Ionenaustauschs, dass auf eine regelmäßige Regeneration des Ionenaustauschermaterials verzichtet werden kann. Das Klagepatent befasst sich mit der Herstellung des für die Anwendung des Verfahrens nach dem EP 0 957 xxx benötigten Ionenaustauschermaterials in der Ca-Form.
An dem Wasserbehandlungsverfahren nach dem EP 0 957 xxx knüpft die Klagepatentschrift (Anlage K13) an, wenn sie erläutert, dass schwachsaure Ionenaustauschermaterialien in der Ca-Form in der Lage seien, auf katalytischem Wege Kalk aus kalkhaltigen Wässern zu fällen. Damit dieser katalytische Effekt deutlich zum Tragen kommen könne, sei es notwendig, das Ionenaustauschermaterial möglichst vollständig in die Ca-Form zu überführen. Denn eine Restbeladung des Materials mit H+-Ionen (die Beladung mit H+-Ionen wird auch als H-Form bezeichnet) würde bei dem Einsatz im Wasser infolge Ionenaustauschs den pH-Wert des Wassers absenken und auf diese Weise der katalytischen Wirkung der mit Ca2+-Ionen beladenen funktionellen Gruppen entgegenwirken (Anlage K13, Abschnitt [0002], Seite 2, Zeilen 5-10).
Vor diesem Hintergrund verfolgt das Klagepatent die Aufgabe, eine möglichst vollständige Überführung des Ionenaustauschermaterials von der H-Form in die Ca-Form zu gewährleisten und eine aus den erwähnten Gründen unerwünschte Restbeladung des Materials mit H+-Ionen zu vermeiden. Insoweit führt die Klagepatentschrift weiter aus, dass übliche im Handel erhältliche Ionenaustauschermaterialien in der H-Form (etwa das Erzeugnis Lewatit S 8528 der Bayer AG) die Eigenschaft aufwiesen, dass ein Ionenaustausch mit anderen Kationen erst ab einem bestimmten pH-Wert möglich werde, so dass einer direkten Konvertierung der Materialien, beispielsweise in einer Calziumchlorid (CaCl2)-Lösung, aus diesem Grund eine Grenze gesetzt sei. Denn der Ionenaustausch stoppe mit dem Unterschreiten der pH-Wertschwelle (die unter anderem in Abhängigkeit von dem jeweiligen Gegenion und dessen Konzentration zwischen 3 und 6 liege). Daher seien Maßnahmen notwendig, die den Ionenaustausch auch bei hohen pH-Werten ermöglichen. Bei starksauren Ionentauschern sei der Ionenaustausch weniger empfindlich auf pH-Werte (vgl. Anlage K13, Abschnitt [0004], Seite 2, Zeilen 16-23).

Zur Lösung schlägt Anspruch 1 in der hier geltend gemachten eingeschränkten Fassung, mit der er im Nichtigkeitsverfahren allein verteidigt wird, die Kombination folgender Merkmale vor:
(1) Verfahren zum Überführen eines rieselfähigen, vorzugsweise schwachsauren Ionenaustauschermaterials von der H-Form in die Ca-Form;
(2) das Ionenaustauschermaterial wird mit einer wässrigen, gesättigten Calziumhydroxid Ca(OH2)-Lösung in Kontakt gebracht;
(3) die Calziumhydroxid-Lösung steht mit noch ungelösten Calziumhydroxid in Kontakt;
(4) die Calziumhydroxid-Lösung wird während des Kontaktes mit dem Ionenaustauschermaterial – vorzugsweise mittels eines Rührers – in Bewegung gehalten.

Die Beschreibung der Klagepatentschrift erläutert den Gegenstand der technischen Lehre dahin, dass Calziumhydroxid (Ca(OH)2) in Wasser eine relativ geringe Löslichkeit habe, was für den Fachmann zunächst ein Hindernis darstelle, Ca(OH)2 als ein geeignetes Konvertierungsmittel anzusehen. Wenn aber – wie es Anspruch 1 vorsieht – beispielsweise eine wässrige Lösung mit einem ausreichenden Bodensatz an Ca(OH)2 in Kontakt stehe, gehe ein Teil dieses Bodensatzes in Lösung, immer wenn durch irgendwelche Vorgänge in der Lösung Ca2+-Ionen bzw. OH–Ionen verbraucht werden und das Löslichkeitsprodukt unterschritten werde. Dieses Nachlösen von Ca2+- bzw. OH–Ionen erfolge besonders schnell, wenn der Bodensatz durch Umrühren aufgewirbelt werde und sich Ca(OH)2-Kolloide bildeten (vgl. Anlage K13, Abschnitt [0007], Seite 2, Zeilen 29-35). Gebe man in eine Suspension der beschriebenen Art ein schwach- oder starksaures Ionenaustauschermaterial in der H+-Form, so finde sofort ein Austausch der H+-Ionen des Ionenaustauschers gegen Ca2+-Ionen aus der Lösung statt, während die in die Lösung übergehenden H+-Ionen durch die in der Lösung vorhandenen OH–Ionen sofort zu Wassermolekülen (H2O) neutralisiert würden. Die nun in der Lösung fehlenden Ca2+-Ionen und OH–Ionen würden durch Nachlösen aus dem Bodensatz bzw. der Ca(OH)2-Suspension ersetzt (vgl. Anlage K13, Abschnitt [0008], Seite 2, Zeilen 36-40).

II.
Die Beklagten haben nicht qualifiziert bestritten, von diesem Verfahren bei der Herstellung des von den Beklagten zu 1) und 2) angebotenen und vertriebenen Ionenaustauschermaterials Gebrauch zu machen. Die Beklagte zu 1) hat damit dem § 9 Satz 2 Nr. 2, Alt. 1 PatG zuwider das Verfahren, das Gegenstand des Klagepatents ist, angewendet und wie die Beklagte zu 2) entgegen § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG ein unmittelbares Erzeugnis des geschützten Verfahrens in den Verkehr gebracht.
Die Beklagten bestreiten eine Herstellung des Ionenaustauschermaterials nach der technischen Lehre des Klagepatents, ohne jedoch positiv anzugeben, nach welchem alternativen Verfahren die Beklagte zu 1) arbeite. Mit diesem einfachen Bestreiten haben sie ihrer sekundären Darlegungslast vor dem Hintergrund des ergänzenden Vortrags der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht genügt. Aus der Klagepatentschrift selbst ergeben sich zwei zu Anspruch 1 alternative Verfahren zur Herstellung eines Ionenaustauschermaterials in der Ca-Form durch Konvertierung eines zunächst in der H-Form vorliegenden Ionenaustauschermaterials. So nennt zum einen Abschnitt [0005] (Anlage K13, Seite 2, Zeilen 24-26) ein in dem Dokument „DERWENT Publications Ltd., London 1994, XP2118840“ beschriebenes Verfahren zum Überführen eines starksauren Harzes von der H+-Form in die Ca++-Form in einer CaCl2-Lösung durch Zugabe von CaO oder Ca(OH)2. Damit ist jedoch – wie die Beklagten inhaltlich nicht in Abrede stellen – ausschließlich ein starksaures Ionenaustauschermaterial gemeint. Zum anderen beschreibt die Klagepatentschrift in den Abschnitten [0015] bis [0017] (Anlage K13, Seite 2, Zeile 58 bis Seite 3, Zeile 8) und den Abschnitten [0031] bis [0036] (Anlage K13, Seite 3, Zeile 56 bis Seite 4, Zeile 39) auch für die Konvertierung eines schwachsauren Ionenaustauschermaterials von der H-Form in die Ca-Form ein alternatives Verfahren, und zwar „den Umweg über die Na-Form“ (vgl. Anlage K13, Seite 3, Zeile 1). Bei diesem Verfahren werde – wie die Klagepatentbeschreibung ausführt – ein schwachsaures Ionenaustauschermaterial durch konzentrierte NaOH-Lauge (Natronlauge) von der H-Form in die Na-Form überführt und das sodann in der Na-Form vorliegende Harz anschließend mittels einer CaCl2-Lösung in die Ca-Form gebracht. Nachdem die Kammer dieses alternative Verfahren in der mündlichen Verhandlung zur Sprache gebracht hatte, ließ die Klägerin erläutern, dass es sich dabei um ein reines Laborverfahren handele, das für einen Einsatz in industriellem Maßstab zu aufwendig und daher nicht geeignet sei. Obwohl dies in der Klagepatentschrift nur andeutungsweise seinen Ausdruck findet (vgl. Anlage K13, Abschnitt [0036], Seite 4, Zeile 37: „technisch und resourcenmäßig aufwendiger“), sind die Beklagten diesem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten. Es ist daher als zwischen den Parteien unstreitig zugrunde zu legen, dass eine industrielle Herstellung eines Ionenaustauschermaterials in der Ca-Form auf dem „Umweg über die Na-Form“ nicht in Betracht kommt. Damit korrespondiert, dass die Beklagten auch in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen haben, die Beklagte zu 1) wende dieses Alternativverfahren an.
Spätestens zu dem Zeitpunkt, als sich durch das Ausscheiden des „Umwegs über die Na-Form“ das geschützte Herstellungsverfahren als für eine industrielle Fertigung (wie sie von der Beklagten zu 1) praktiziert werden muss) alternativlos darstellte, wäre von den Beklagten für ein qualifiziertes Bestreiten des Verletzungstatbestands die positive Angabe zu verlangen gewesen, in welcher Weise sich das von ihnen angeblich angewandte Verfahren von demjenigen nach Anspruch 1 des Klagepatents unterscheiden soll. Dies hätte entweder die positive Angabe verlangt, welche Ausgangsstoffe die Beklagte zu 1) abweichend von der Lehre des Klagepatents (ein Ionenaustauschermaterial in der H-Form und eine wässrige, gesättigte Calziumhydroxid-Lösung) verwende, oder die Bezeichnung einer abweichenden Verfahrensgestaltung, etwa hinsichtlich der Merkmale 3 und/oder 4. Beides ist nicht geschehen. Die Beklagten haben unter Berufung auf Geheimhaltungsinteressen schlicht davon abgesehen, im Einzelnen anzugeben, von welchen Merkmalen des geschützten Verfahrens die Beklagte zu 1) keinen Gebrauch machen sollte. In ihrem schriftsätzlichen Vortrag beschränken sie sich auf bloße Andeutungen, von welchen Merkmalen des Patentanspruchs 1 nicht notwendigerweise Gebrauch gemacht werden müsste. So heißt es in der Duplik vom 09. Juli 2007 auf Seite 3 (Bl. 79 GA) im Hinblick auf Merkmal 3 (Kontakt der Calziumhydroxid-Lösung mit noch ungelöstem Calziumhydroxid), dass es „auch ohne dieses Merkmal“ gehe. In gleicher Weise sei Merkmal 4 (Bewegung der Calziumhydroxid-Lösung während des Kontaktes mit dem Ionenaustauschermaterial) allenfalls für die Effizienz und Schnelligkeit des Verfahrensablaufs vorteilhaft, aber „keinesfalls notwendig“. Daraus leiten die Beklagten ab, dass das Verfahrensprodukt auch unter Weglassung zweier Merkmale hergestellt werden könnte, ohne jedoch positiv anzugeben, wie die Beklagte zu 1) abweichend von der technischen Lehre des Klagepatents tatsächlich produziere. Denn die Ausführungen der Beklagten zu den nach ihrer Auffassung „verzichtbaren“ Merkmalen 3 und 4 münden in dem Vortrag: „Tatsächlich jedoch arbeiten die Beklagten ganz anders.“ (Seite 4 der Duplik vom 09. Juli 2007, Bl. 80 GA). Weitere Angaben zu der von der Beklagten zu 1) angewendeten Produktionsmethode lassen sich dem schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten nicht entnehmen. Dass diese „ganz anders“ als die patentgemäße ausgestaltet sei, lässt die Frage, inwiefern es an bestimmten Merkmalen fehlen sollte, völlig offen. Ohne substantiierten Vortrag liefe aber auch der von den Beklagten angetretene Gegenbeweis durch Vernehmung des Zeugen G jun. (vgl. Seite 5 der Duplik vom 09. Juli 2007, Bl. 81 GA) auf eine unzulässige Ausforschung hinaus, weil auch dieser Zeuge ohne vorrangige Substantiierung seitens der Beklagten allenfalls bekunden könnte, dass die Beklagte zu 1) „nicht so“ wie von der Klägerin vorgetragen und dem Klagepatent entsprechend produziere. Logisch vorrangig ist der Parteivortrag, der erst bei hinreichender Substantiierung ohne eine unzulässige Ausforschung der Beweiserhebung unterworfen werden könnte.
Ohne nähere Substantiierung des von der Beklagten zu 1) tatsächlich verwendeten Verfahrens stellt sich ihr Bestreiten als nicht hinreichend qualifiziert (§ 138 Abs. 2 und 3 ZPO) dar.

III.
Aus der von den Beklagten nicht in ausreichender Weise bestrittenen Benutzung der technischen Lehre des Klagepatents ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.

1.
Die Beklagten sind der Klägerin gegenüber zur Unterlassung (Art. 64 Abs. 1 EPÜ; §§ 139 Abs. 1; 9 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 PatG) verpflichtet. Die Beschränkung des Unterlassungsantrags auf ein (zwingend und nicht nur vorzugsweise) schwachsaures Ionenaustauschermaterial, wie es in dem zum Hauptantrag erhobenen Hilfsantrag aus dem Schriftsatz vom 13. Juli 2007 (Seite 4f., Bl. 86f. GA) als weitere „hilfsweise-Formulierung“ enthalten ist, entspricht der angegriffenen Ausführungsform, die unstreitig ein schwachsaures Ionenaustauschermaterial in der Ca-Form darstellt, und deckt sich mit den Unterlassungsanträgen zu I. 2. und II., die sich ausdrücklich auf schwachsaure Ionenaustauscherharze beziehen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin auch ihren auf § 9 Satz 2 Nr. 2, Alt. 1 PatG gestützten Unterlassungsantrag nur in Abstimmung auf die angegriffene Ausführungsform geltend macht. Die im Unterlassungsantrag entsprechend Merkmal 4 enthaltene Angabe, dass die Bewegung der Calziumhydroxid-Lösung „vorzugsweise mittels eines Rührers“ erfolge, ist im Rahmen der Verurteilung als fakultatives Merkmal entbehrlich.

2.
Die Beklagten haben der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ; §§ 139 Abs. 2 Satz 1; 9 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 PatG). Als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Den Beklagten zu 1) und 2) ist das patentverletzende Handeln der Beklagten zu 3) als ihrer gesetzlichen Vertreterin analog § 31 BGB zuzurechnen.
Für den Offenlegungszeitraum, beginnend einen Monat nach Veröffentlichung der Anmeldung und endend mit Ablauf eines Monats nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents, kann grundsätzlich eine angemessene Entschädigung für die Benutzung des Gegenstandes der Patentanmeldung verlangt werden (Art. II § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 IntPatÜG). Die Aktivlegitimation der Klägerin für den Entschädigungsanspruch ist hier jedoch erst für die Zeit ab dem 17. Februar 2004, dem Zeitpunkt ihrer Eintragung als Inhaberin der Klagepatentanmeldung bzw. des Klagepatents, dessen Erteilung am Folgetag veröffentlicht wurde, schlüssig dargetan. Für den davor liegenden Zeitraum vom 16. Juni 2001 (einen Monat nach Veröffentlichung der Anmeldung am 16. Mai 2001) bis zum 16. Februar 2004 einschließlich war nicht die Klägerin, sondern ihre Komplementär-GmbH bzw. waren die Herren D und C als Inhaber der Klagepatentanmeldung eingetragen (vgl. Anlage K23). Ob und in welcher Weise diese ihnen zustehende Entschädigungsansprüche auf die Klägerin übertragen haben sollten, ist nicht schlüssig dargelegt. Der Entschädigungsanspruch der Klägerin ist daher erst ab dem 17. Februar 2004 festzustellen.
Da die genaue Entschädigungs- und Schadenshöhe derzeit noch nicht feststeht, es jedoch hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach hier anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4.
Die Beklagten sind im Umfang ihrer Verurteilung zu Ziffer V. zur Freistellung der Klägerin von den Kosten der vorgerichtlichen Tätigkeit ihrer rechts- und patentanwaltlichen Vertreter verpflichtet. Der von der Klägerin gegen die Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von den Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung wegen Patentberühmung ist unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 683 Satz 1; 677; 670 BGB, dem Grunde nach gerechtfertigt, was die Beklagten zu Recht nicht in Abrede stellen. Sie haften der Klägerin als Gesamtschuldner, die Beklagten zu 2) und 3) im Hinblick auf die Abmahnung zu dem Zeichen 00141-06 (Anlagen K28 und K29), die Beklagten zu 1) und 3) angesichts der Abmahnung zu dem Zeichen 00969-06 (Anlagen K26 und K27). Die Klägerin hat die hinsichtlich der Passivlegitimation „vertauschten“ Anträge auf Hinweis im Termin richtiggestellt.
Der Einwand der Beklagten, der Ansatz einer 1,8-Geschäftsgebühr sei nicht gerechtfertigt (in der mündlichen Verhandlung haben sie diesen schriftsätzlich im Verfahren 4a O 382/06 nur im Hinblick auf die Abmahnung wegen Patentberühmung erhobenen Einwand auch auf die Abmahnungen wegen Patentverletzung erstreckt), greift nicht durch. Die Höhe der Gebühren eines Rechtsanwalts und gemäß § 143 Abs. 3 PatG auch derjenigen eines mitwirkenden Patentanwalts bestimmt sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und hier wiederum nach § 2 Abs. 2 RVG in Verbindung mit dem Vergütungsverzeichnis zum RVG. Die den Anwälten zustehenden Gebühren für ihre im Zusammenhang mit einer Abmahnung entfaltete Tätigkeit richten sich zunächst nach dem Gegenstandswert der Angelegenheit, den die Klägerin hier in nicht zu beanstandender Weise mit 300.000,- € (Zeichen 00141-06, zwei Patente sowie ein Gebrauchsmuster) bzw. 200.000,- € (Zeichen 00969-06, zwei Patente) angesetzt hat. Auf der Grundlage dieser Gegenstandswerte kann der anwaltliche Vertreter für seine außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Klägerin nach §§ 13, 14 RVG i.V.m. Abschnitt 4 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG eine 1,8-Gebühr zugrunde legen. Gleiches gilt für die Berechnung der Gebühren der von der Klägerin beauftragten patentanwaltlichen Vertreter in Deutschland sowie der österreichischen Patentanwälte A & B, Innsbruck. Im Zusammenhang mit den Abmahnungen wegen Patentverletzung ist die Mitwirkung sowohl österreichischer als auch deutscher Patentanwälte unter den gegebenen Umständen nicht zu beanstanden.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG hat der Rechts- bzw. Patentanwalt die Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Gericht hat im Rahmen des Anspruchs des Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten auf Ersatz- der bzw. Freistellung von den angefallenen Rechtsanwaltsgebühren allein darüber zu entscheiden, ob der Ansatz der hier anteilig geltend gemachten 1,8-Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG ist. Bei der hiernach vorzunehmenden Überprüfung hat das Gericht zu berücksichtigen, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG dem Anwalt bei der Bestimmung der Gebühren ein Ermessen einräumt, so dass diese verbindlich ist, wenn die bestimmte Gebühr eine gewisse Toleranzgrenze nicht überschreitet. Es entspricht der Rechtsprechung der Kammer (vgl. Urteil vom 07. März 2006, Az. 4a O 325/05), dass dem Rechtsanwalt, der seine Vergütung gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen bestimmt, ein 20-prozentiger Toleranzbereich zusteht, innerhalb dessen die Vergütungsbestimmung noch nicht als unbillig anzusehen ist (vgl. auch Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 25. Oktober 2005, Az. 4b O 199/05; AG Brühl, NZV 2004, 416 m.w.N.). Einen Anhalt dafür, welche Rahmengebühr der Gesetzgeber für einen normal gelagerten Fall als angemessen erachtet hat, liefert der Zusatz zu Ziffer 2400 VV (Anlage 1 zum RVG), nach dem eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Aus dieser alternativen Formulierung folgt, dass eine Überschreitung der 1,3 Gebühr bereits dann gerechtfertigt ist, wenn eine der beiden Voraussetzungen gegeben ist. Für Fälle der vorliegenden Art, in denen es um die Verletzung von Patenten geht, ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese sowohl für Rechtsanwälte wie auch Patentanwälte zunächst unabhängig von einer konkreten Betrachtungsweise bereits als schwierig zu gelten haben, da es sich bei dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und insbesondere des Patentrechts nicht um einen solchen handelt, der üblicherweise in der Juristenausbildung behandelt wird. Hierzu bedarf es einer besonderen Spezialisierung, die von den Rechtsanwälten gefordert wird, wenn sie sich mit solchen Aufgaben befassen. Dass üblicherweise gleichzeitig auch ein Patentanwalt hiermit betraut ist, ändert an der Bewertung der Schwierigkeit der Angelegenheit für den verantwortlich tätigen Rechtsanwalt nichts, da dieser trotz der Unterstützung durch den Patentanwalt mit der Klärung technischer Sachverhalte genauso befasst ist wie mit der Überprüfung von rechtlichen Fragestellungen. Gleiches hat für den Patentanwalt zu gelten, der in seiner Ausbildung nicht schwerpunktmäßig mit Fragen des Verletzungsprozesses und dessen Vermeidung befasst ist.
Schon auf Grund dieser Umstände ist hier eine Überschreitung der 1,3 Gebühr nach Ziffer 2400 VV (Anlage 1 zum RVG) gerechtfertigt. Der Ansatz einer 1,8-Gebühr ist im vorliegenden Fall auch noch angemessen. Es handelt sich zwar um eine vergleichsweise überschaubare Technik, jedoch waren hinsichtlich aller Schutzrechte auch Fragen ihres Rechtsbestandes zu überprüfen, was einen Gebührensatz von 1,5 als angemessen erscheinen lässt. Unter Beachtung des den Anwälten zugestandenen Toleranzbereichs von 20 % ist eine Gebühr von 1,8 daher noch als billig anzusehen. Infolge der Vorbemerkung zu Teil 3 Abs. 4 zum VV RVG ist (jedenfalls) die Hälfte, maximal 0,75, auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Rechtsstreites anzurechnen, so dass jeweils eine nicht anrechenbare Geschäftsgebühr von (zumindest) 1,05 verbleibt.
Daraus errechnet sich hinsichtlich der Abmahnung der Beklagten zu 2) (Aktenzeichen der Klägervertreter 00141-06) ein durch die Beklagten zu 2) und 3) freistellungspflichtiger Betrag im Verhältnis zu den Klägervertretern in Höhe von 4.824,80 € (2 x 2.402,40 € zuzüglich Auslagenpauschale von 20,00 €), im Verhältnis zu den Patentanwälten A & B in Höhe von 2.422,40 €. Hinsichtlich der Abmahnung der Beklagten zu 1) (Aktenzeichen der Klägervertreter 00969-06) ergibt sich ein durch die Beklagten zu 1) und 3) freistellungspflichtiger Betrag im Verhältnis zu den Klägervertretern in Höhe von 3.833,60 € (2 x 1.906,80 € zuzüglich Auslagenpauschale von 20,00 €), im Verhältnis zu den Patentanwälten A & B in Höhe von 1.926,80 €.
Abweichend von der beantragten Verurteilung zur Zahlung sind die Beklagten nur zur Freistellung der Klägerin von den bestehenden und noch nicht erfüllten Verbindlichkeiten zu verurteilen. Dem ersatzpflichtigen Befreiungsschuldner muss es überlassen bleiben, auf welche Weise er die Befreiung von der Verbindlichkeit bewirken will (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2007, § 257 Rn. 17; Staudinger/Bittner, BGB, Neubearbeitung 2004, § 257 Rn. 7 und 13); auf die von der Klägerin beantragte Zahlung kann er nicht festgelegt werden. In der konkret beantragten Verurteilung zur Zahlung steckt als Minus der Antrag auf Verurteilung zur Befreiung, welche dem Befreiungsschuldner auch die weiteren Möglichkeiten offen lässt, so dass die Umstellung des Antrags durch die Kammer vorgenommen werden konnte.

IV.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung bis zu einer rechtskräftigen oder zumindest erstinstanzlichen Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Nichtigkeitsklage der Beklagten gegen das Klagepatent besteht keine hinreichende Veranlassung.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 3 PatG, wonach der Patentschutz mit Veröffentlichung der Patenterteilung eintritt). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Ist dies nicht der Fall, so verdient das Interesse des Patentinhabers an einer alsbaldigen Durchsetzung seiner – zeitlich ohnehin begrenzten – Rechte aus dem Patent den Vorrang vor dem Interesse der Gegenpartei, nicht aus einem Patent verurteilt zu werden, das sich möglicherweise später als nicht rechtsbeständig erweist. Eine nur beschränkte Verteidigung im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren kann für eine Aussetzung sprechen, jedoch nur unter der weiteren Voraussetzung, dass auch die eingeschränkte Lehre in ihrer Schutzfähigkeit zumindest zweifelhaft ist (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 139 Rn. 107). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht hier keine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits.
Ob die der Patentfähigkeit der technischen Lehre des Klagepatents allein entgegengehaltene US-Patentschrift 5,371,110 (Anlage I Bo 1a, Übersetzung Anlage I Bo 1b) den Gegenstand des eingetragenen Patentanspruchs 1 neuheitsschädlich vorwegnimmt oder seiner Erfindungshöhe entgegensteht, bedarf angesichts der eingeschränkten Verteidigung des Klagepatents keiner abschließenden Klärung. Die Klägerin verteidigt Anspruch 1 nur unter Einschluss der Eigenschaft des Ionenaustauschermaterials, rieselfähig zu sein (Merkmal 1), sowie des weiteren Merkmals 4. Beide Merkmale werden in der ursprünglichen Anmeldung des Klagepatents in den Unteransprüchen 3 (Merkmal 4) und 8 (rieselfähig) als zum Gegenstand der Erfindung gehörig offenbart.
Die Entgegenhaltung offenbart Ionenaustauscherpolymere und Verfahren zu ihrer Herstellung. Die Ionenaustauscherharze dienen zum Abscheiden von Schwermetallionen aus Wasser oder wässrigen Lösungen. Die Ionenaustauscherpolymere können als Ionenaustauscherpolymerfasern (Anlage I Bo 1 a, Spalte 2, Zeile 31: „ion exchange polymer fibers“) oder als Ionenaustauscherfilm (Spalte 2, Zeile 47: „ion exchange film“) vorliegen. In der Zusammenfassung der Erfindung nach der US-Patentschrift 5,371,110 heißt es, dass das Polymergemisch als Film gegossen oder als Faser extrudiert werden kann (Anlage I Bo 1 a, Spalte 2, Zeilen 24f.: „The polymer mixture may be cast as a film or extruded as a fiber.“). Die von der Entgegenhaltung offenbarte Umwandlung von der Säure- (d.h. H-) Form in die Kalziumform erfolgt dadurch, dass das Ionenaustauschermaterial beispielsweise in eine wässrige Suspension von Kalziumhydroxid eingelegt und dort gelagert wird (vgl. Anlage I Bo 1 a, Spalte 3, Zeilen 37-39: „Conversion of the polyacid to the calcium form is accomplished by storing the films or composites in an aqueous suspension of Ca(OH)2…“).
Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass mit dem hier offenbarten Lagern („storing“) des Ionenaustauscherpolymers seine Einbringung in eine Kalziumhydroxid-Suspension umschrieben wird, was zugleich bedeutet, dass das Ionenaustauschermaterial mit einer wässrigen, gesättigten Kalziumhydroxid-Lösung in Kontakt gebracht wird (Merkmal 2). Gesättigt ist sie deshalb, weil der verwendete Begriff der „Suspension“ dem Fachmann auf dem Gebiet des Klagepatents zeigt, dass es sich um eine übersättigte Lösung von Ca(OH)2 handelt, in der noch ungelöstes Ca(OH)2 enthalten sein muss, weil unterhalb der Sättigungsgrenze des Kalziumhydroxids in Wasser das nicht gelöste Ca(OH)2 weiter in Lösung gehen würde und keine Suspension entstünde. Aus dem Begriff der Kalziumhydroxid-Suspension erschließt sich dem Fachmann zugleich, dass die Ca(OH)2-Lösung mit noch ungelöstem Kalziumhydroxid in Kontakt stehen muss (Merkmal 3), weil ja gerade dies eine Suspension in Abgrenzung zur Lösung auszeichnet.
Aus Sicht der Kammer bestehen aber grundlegende Bedenken dagegen, dass der Fachmann des Prioritätszeitpunktes ausgehend von der Entgegenhaltung das von dieser offenbarte Verfahren zur Umwandlung von Ionenaustauscherpolymeren von der H- in die Ca-Form auch auf ein rieselfähiges Ionenaustauschergranulat nach Merkmal 1 anwenden und zudem das weitere Merkmal 4 hinzufügen würde, nach dem die Kalziumhydroxid-Lösung während des Kontaktes mit dem Ionenaustauschermaterial in Bewegung gehalten wird. Von einer solchen Bewegung wird er auf der Grundlage der Entgegenhaltung sogar eher abgehalten. Diese Bedenken stehen der überwiegenden Wahrscheinlichkeit eines Erfolges der Nichtigkeitsklage im Ergebnis entgegen. Im Einzelnen:
Mit dem Merkmal „rieselfähig“ umschreibt die Klagepatentschrift, dass es sich bei dem Ionenaustauschermaterial um ein Granulat handelt, dessen einzelne Körper in Körnerform vorliegen. Dies entspricht der herkömmlichen körperlichen Erscheinungsform von Ionenaustauschermaterialien und ermöglicht es, die funktionellen Gruppen in der dreidimensionalen Matrix mit einer größtmöglichen Kontaktfläche zur umgebenden Flüssigkeit anzuordnen. Die Maßnahme gemäß Merkmal 4, die Kalziumhydroxid-Lösung während ihres Kontakts mit diesem Granulat in Bewegung zu halten, dient nach den Ausführungen der Beschreibung des Klagepatents dazu, durch das Aufwirbeln des Bodensatzes ein Nachlösen von Ca2+- bzw. OH–Ionen zu fördern (vgl. Anlage K13, Seite 2, Zeilen 34f.). Ein rieselförmiges Ionenaustauschermaterial wird durch eine solche Bewegung nicht in Mitleidenschaft gezogen. Von einer derartigen Bewegung, die zu einem Aufwirbeln des Bodensatzes führt, wird der Fachmann auf der Grundlage der Entgegenhaltung aber eher abgehalten. Indem diese für die körperliche Ausgestaltung des Ionenaustauscherpolymers als einzige Alternativen einen Film und Fasern nennt (Anlage I Bo 1a, Spalte 2, Zeilen 24f.), zeigt sie, dass sie filigrane Ausgestaltungen vor Augen hat, die jedenfalls keine Körnerstruktur aufweisen. Konsequenterweise offenbart die Entgegenhaltung auch keine Bewegung der Kalziumhydroxid-Suspension im Sinne des Merkmals 4, sondern spricht nur von einem Lagern („storing“) der Filme oder Komposite in der Suspension. Gerade diejenige körperliche Gestalt, die die Entgegenhaltung vorrangig vor Augen hat (Membrane, Filme und gegebenenfalls Fasern), könnte durch eine Bewegung der Kalziumhydroxid-Lösung während ihres Kontakts mit dem Ionenaustauschermaterial leicht zerstört werden. Der Fachmann wird daher ausgehend von der Entgegenhaltung auch nicht aufgrund seines allgemeinen Fachwissens zu der Maßnahme greifen, die Lösung in Bewegung zu halten.
Die Beklagten ließen im Termin im Ausgangspunkt zu Recht darauf hinweisen, dass die Entgegenhaltung einen Sonderfall des (nicht rieselfähigen) Ionenaustauschermaterials im Blick hat. Nicht zu folgen vermag ihnen die Kammer in der Schlussfolgerung, dass der Fachmann den Gegenstand der Entgegenhaltung dennoch ohne weiteres auf rieselfähige Ionenaustauschermaterialien übertragen würde. Denn es bestehen grundlegende Unterschiede zwischen einem rieselfähigen Ionentauschermaterial nach dem Klagepatent und den in der US-Patentschrift 5,371,110 offenbarten Strukturen. Mit der Rieselfähigkeit des Materials nach dem Klagepatent verbindet sich die Anordnung der funktionellen Gruppen in einer dreidimensionalen Matrix. Diese hat zur Folge, dass der gesamte Körper in der Anwendungssituation mit der ihn umgebenden Lösung reagieren kann. Bei der Entgegenhaltung sind die funktionellen Gruppen nur in einzelnen Molekülen innerhalb der Film- bzw. Membranstruktur angeordnet. Aus dieser im Wesentlichen zweidimensionalen Anordnung ergibt sich im Vergleich zu einer Körnerstruktur eine deutlich geringere Oberfläche, was insgesamt auch nur eine geringere Beladung mit Kalzium-Ionen ermöglicht. Wenn der Fachmann, der sich entsprechend der Zielsetzung nach dem Klagepatent um ein Verfahren bemüht, ein Ionenaustauschermaterial von der H-Form möglichst vollständig in die Ca-Form zu überführen, die Entgegenhaltung US 5,371,110 als nächstkommenden Stand der Technik überhaupt heranzieht, erscheint es wenig wahrscheinlich, dass er ausgehend von ihr zum Gegenstand des eingeschränkt verteidigten Anspruchs 1 des Klagepatents gelangt, indem er das speziell für Filme und Fasern offenbarte Verfahren eines Lagerns in der Kalziumhydroxid-Suspension auf rieselfähige Materialien überträgt. Davon wird er durch die Einleitung der Entgegenhaltung vielmehr abgehalten, die als ein bekanntes Verfahren zur Dekontaminierung von Wasser das Pumpen des Wassers durch eine Masse von Ionenaustauschkügelchen in einen Tank explizit nennt (Anlage I Bo 1a, Spalte 1, Zeilen 33-35) und als teuer verwirft (Spalte 1, Zeilen 36f.).
Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Nichtigkeitsklage auch gegenüber dem eingeschränkt verteidigten Anspruch ist daher nicht zu erkennen.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11; 709 Satz 1 und 2; 711 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 200.000,- € festgesetzt.