2 U 81/13 – Windenergieanlage mit Pitchregelung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2181

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. Februar 2014, Az. 2 U 81/13

Vorinstanz: 4b O 53/13

I. Die Berufung gegen das am 1. Oktober 2013 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II. Die Verfügungsklägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf 600.000,- € festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Von einer Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung der Verfügungsklägerin bleibt ohne Erfolg.

Nach den dem Senat ohne sachverständige Beratung (die im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht stattfinden kann) möglichen Erkenntnissen hat das Landgericht sich zu Recht außerstande gesehen, eine mittelbare Verletzung des Verfügungspatents durch das angegriffene Software-Upgrade „B“ (B) festzustellen.

1.
Das Verfügungspatent betrifft eine pitchgeregelte Windenergieanlage, d.h. eine solche, bei der die Rotorblätter um ihre Längsachse verstellt werden können, um die Windangriffsfläche des Rotorflügels nach Maßgabe der herrschenden Windverhältnisse bedarfsgerecht innerhalb kürzester Zeit regulieren zu können. Solches geschieht vordringlich, damit trotz veränderten Windes die für die Erzielung der maximalen Generatorleistung notwendige Umdrehungsgeschwindigkeit des Rotors konstant beibehalten wird.

a)
Hohe Windgeschwindigkeiten bergen die Gefahr in sich, dass es zu einer Beschädigung der Windenergieanlage durch mechanische Überlastung kommt. Sie stellt sich in Form einer auf die Rotorblätter einwirkenden Kraft ein, die sich von dort über den Rotor und den Turm bis in das Fundament der Anlage fortsetzt. Die auf das Rotorblatt wirkende Kraft wird durch verschiedene physikalische Größen bestimmt, und zwar durch die angeströmte Fläche des Rotorflügels, den Anströmwinkel (unter dem der Wind bei der gegebenen Windrichtung auf das Rotorblattprofil auftrifft) und den Staudruck am Rotorflügel (welcher maßgeblich von der Anströmgeschwindigkeit des Windes am Rotorprofil abhängt). Die Anströmgeschwindigkeit ihrerseits wird von zwei Faktoren beeinflusst, nämlich von der tatsächlichen Windgeschwindigkeit und von der örtlichen Umfangsgeschwindigkeit des Rotorflügels, d.h. davon, wie schnell die betrachtete, dem Wind ausgesetzte Rotorfläche momentan umläuft. Wind stellt dabei keinen konstanten, in seiner Intensität gleichbleibenden Luftstrom dar, sondern ist mit häufigen Böen ansteigender und (beim Abflauen der Bö) wieder schlagartig spürbar abfallender Geschwindigkeit verbunden.

Damit die Windenergieanlage bei Sturm keinen Schaden nimmt, ist es aus dem Stand der Technik bekannt, die Anlage abzuschalten, wenn eine maximale Windgeschwindigkeit erreicht ist, bei der die Gefahr einer mechanischen Überlastung der Rotorblätter besteht. Die Abschaltung geschieht z.B. dadurch, dass die Anlage komplett aus dem Wind gedreht und mit einer Bremse festgesetzt wird. Die Verfügungspatentschrift beurteilt die Abschaltung der Anlage in mehrfacher Hinsicht als nachteilig. Bei Windparks hat sie zur Folge, dass nahezu zeitgleich alle Energieanlagen des Parks bei Erreichen der kritischen Abschaltgeschwindigkeit in den Ruhemodus wechseln und nach einer solchen Abschaltung bei nachlassendem Wind praktisch zur selben Zeit wieder ihren Betrieb aufnehmen. Dies führt zu unerwünschten plötzlichen Spannungsänderungen im elektrischen Netz, an das die Energieanlagen des Windparks angeschlossen sind (Absatz [0009]). Durch die vollständige Stilllegung der Anlage bei Sturm reduziert sich außerdem die Energieausbeute und damit die Leistungseffizienz der Windenergieanlage (vgl. Absatz [0014]). Das Abschalten geschieht aus voller Betriebsdrehzahl, genauso wie das Wiederanfahren der Anlage bei nachlassendem Wind bei weiterhin relativ hohen Windgeschwindigkeiten aus dem Stillstand heraus erfolgt. Beides belastet die Anlagenteile mechanisch erheblich (vgl. Absatz [0014]).

Aus der EP-A 0 266 XXX ist es zur Sturmregelung weiterhin bekannt, bei steigender Windgeschwindigkeit die Drehzahl des Rotors konstant zu halten und die elektrische Leistung der Windenergieanlage zu verringern. Die nachfolgend eingeblendete Figur 6 der EP-A 0 266 XXX verdeutlicht die Leistungskennlinie einer solchen Anlage, wobei allein die durchgezogenen Graphen (ohne LOW SPEED) von Interesse sind.

Die Abbildung zeigt, dass die maximale mittlere Energieausbeute von 100 kW bei einer Windgeschwindigkeit von 12,6 m/s und einem Pitchwinkel der Rotorblätter von 0° erreicht wird. Bei steigender Windgeschwindigkeit wird sie aufrechterhalten, indem der Pitchwinkel auf 10° verändert wird. Ab einer Windgeschwindigkeit von ca. 18 m/s wird die elektrische Leistung der Anlage reduziert, indem der Pitchwinkel der Rotorblätter erhöht wird, bis die Energieausbeute bei einer Windgeschwindigkeit von etwa 33,5 m/s und einem Pitchwinkel oberhalb von 35° auf Null abfällt.

Die Verfügungspatentschrift (Absatz [0011]) bezeichnet es vor dem geschilderten technischen Hintergrund als Aufgabe der Erfindung,

• den Ertrag einer Windenergieanlage zu steigern

• und trotzdem die Belastung der Anlage bei höheren Windgeschwindigkeiten zu begrenzen.

Zur Lösung dieser Problemstellung schlagen die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 4 folgende technische Lehre vor:

Anspruch 1
1. Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage mit Pitchregelung.

2. Ab Erreichen einer Windgeschwindigkeit, welche die Windenergieanlage der Gefahr aussetzt, überlastet zu werden, werden

a) die Leistung der Windenergieanlage und die Betriebsdrehzahl des Rotors

b) kontinuierlich reduziert,

c) und zwar in Abhängigkeit vom Anstieg der Windgeschwindigkeit oder der Anströmgeschwindigkeit.

Anspruch 4
1. Windenergieanlage mit Pitchregelung.

2. Die Windenergieanlage hat eine Einrichtung zur automatischen Leistungsminderung und Rotorbetriebszahlminderung.

3. Die Minderung der Leistung und der Rotorbetriebszahl findet statt

a) ab Erreichen einer Windgeschwindigkeit, welche die Windenergieanlage der Gefahr aussetzt, überlastet zu werden,

b) in Anhängigkeit vom Anstieg der Windgeschwindigkeit oder der Anströmgeschwindigkeit bzw. der wahren oder relativen Windgeschwindigkeit.
b)
Schlagwortartig zusammengefasst besteht die Lehre der Erfindung darin, für den Betrieb der Windenergieanlage einen speziellen Sturmregelungsmodus vorzusehen, der einsetzt, sobald, und der andauert, solange die Windgeschwindigkeit eine überlastungsgefährdende Grenze überschreitet. Er besteht darin, dass auf einen Anstieg der Windgeschwindigkeit mit einer Reduzierung der Anlagenleistung und – vor allem – der Rotordrehzahl reagiert wird. Über die Ein- und Ausschaltung des Sturmregelungsbetriebes entscheidet dabei die mittlere Windgeschwindigkeit, über die Leistungs- und Drehzahlreduzierung während der Sturmregelung hingegen die momentane tatsächliche Windgeschwindigkeit.

Die Verfügungspatentschrift beruht insoweit auf der Erkenntnis, dass verschiedene physikalische Faktoren, die die auf die Rotorblätter einwirkende Last bestimmen, nicht beeinflussbar sind, andere hingegen sehrwohl. Die angeströmte Fläche des Rotorflügels liegt konstruktionsbedingt fest. Ebenso unveränderlich sind die in den Staudruck eingehende Windgeschwindigkeit sowie der Anströmwinkel, der durch die herrschende Windrichtung vorgegeben ist. Einfluss genommen werden kann demgegenüber auf die für den Staudruck mitverantwortliche Umfangsgeschwindigkeit des Rotorblattes; sie kann über eine Reduzierung der Betriebsdrehzahl des Rotors herabgesetzt werden.

Den vorgenannten, teils festliegenden (und damit notwendigerweise hinzunehmenden), teils variablen Einflussgrößen weist das Verfügungspatent im Interesse eines vorteilhaften Betriebs der Windenergieanlage unterschiedliche Funktionen zu. Die Windgeschwindigkeit (der eine bestimmte Anströmgeschwindigkeit des Windes am Rotorblatt entspricht, weil sich die Anströmgeschwindigkeit vektoriell aus der tatsächlichen Windgeschwindigkeit und der örtlichen Umfangsgeschwindigkeit des Rotorblattes zusammensetzt, vgl. Absatz [0003]) und der Anströmwinkel, die beide nicht beeinflussbar sind, können als Parameter für eine drohende Überlastungssituation am Rotorflügel vorgesehen werden. In diesem Sinne weist der allgemeine Beschreibungstext den Fachmann im Absatz [0013] darauf hin, dass ein bestimmtes Maß der Windgeschwindigkeit und ein ungünstiger Anströmwinkel als Messgrößen dafür genommen werden können, ob auf den Rotorflügel eine Anströmgeschwindigkeit (d.h. eine auf das Rotorprofil einwirkende Kraft) lastet, die zu einer Überlastungssituation führen kann. Wird eine solche Gefahr (anhand der ermittelten Wind- bzw. Anströmgeschwindigkeit sowie ggf. anhand des festgestellten Anströmwinkels) erkannt, wird der schädliche Staudruck durch Einwirkung auf die einzig beeinflussbare Größe, nämlich die Umfangsgeschwindigkeit des unter Staudruck stehenden Rotorblattes, vermindert, indem die Betriebsdrehzahl des Rotors verlangsamt wird. Einem Anwachsen der Belastung des Rotorflügels bei steigender Windgeschwindigkeit wird also durch eine Reduzierung der Drehzahl und damit einhergehend der Umfangsgeschwindigkeit des Rotors entgegengewirkt (Absatz [0013]). Mit verminderter Rotordrehzahl verringert sich zwangsläufig zugleich die elektrische Leistung der Windenergieanlage, die durch den an den (nunmehr langsamer drehenden) Rotor angeschlossenen Generator bereitgestellt wird. Die nachfolgende Figur 1 der Verfügungspatentschrift verdeutlicht diese Zusammenhänge.

Im Absatz [0014] fasst die Verfügungspatentschrift die Vorteile des erfindungsgemäßen Vorgehens wie folgt zusammen:

Anders als bisher vorgesehen, wird also erfindungsgemäß mit Vorteil nicht die Windenergieanlage bei Erreichen einer Grenzgeschwindigkeit vollständig abgeschaltet werden und diese Grenzgeschwindigkeit also als Abschaltgeschwindigkeit definiert, sondern die Windenergieanlage wird lediglich zwangsweise in ihrer Betriebsdrehzahl reduziert, sobald die Anströmgeschwindigkeit v über den Wert der Grenzgeschwindigkeit anwächst. Die Windenergieanlage kann also oberhalb der üblichen »Abschaltgeschwindigkeit« weiter betrieben werden, wodurch ihre Leistungskennlinie zu größeren Windgeschwindigkeiten verlängert und der Energieertrag und die Netzverträglichkeit der Windenergieanlage verbessert werden. Insbesondere können durch die zwangsweise Betriebsdrehzahlreduzierung bei pitchgeregelten Windenergieanlagen die Belastungen durch die Erfindung in günstiger Weise begrenzt werden. Es werden durch die Erfindung zu starke, wechselnde Belastungen der Rotorblätter und damit zu unsymmetrische, pulsierende Belastungen der ganzen Anlage, die mit steigender Windgeschwindigkeit zunehmen, vermieden.

aa)
Wann die Gefahr einer mechanischen Überlastung der Windenergieanlage besteht, hängt von den ihr eigenen konstruktiven Gegebenheiten ab. Jede Anlage bestimmter Konstitution hat insofern ihren ganz spezifischen Wert der Windgeschwindigkeit (m/s), zu dem die Gefahr einer Überlastung einsetzt. Er drückt sich entweder in der als solcher bestimmten Windgeschwindigkeit oder in der unter zusätzlicher Berücksichtigung der Umfangsgeschwindigkeit des Rotorflügels aus ihr resultierenden Anströmgeschwindigkeit des Windes am Rotorblattprofil aus (vgl. Merkmale 2c, 3b). Beide Werte stellen gleichermaßen Berechnungsgrößen für die schädliche Belastung des Rotorblattprofils dar, wobei die Windgeschwindigkeit einen noch weiter vorgelagerten Belastungsfaktor repräsentiert als die Anströmgeschwindigkeit, die bereits eine abschließende Aussage über den am Rotorblattprofil tatsächlich wirksamen Staudruck trifft (vgl. Absätze [0002], [0003], [0005] a.E.). Da mit zunehmender Windgeschwindigkeit die Gefahr von Böen höherer Geschwindigkeit steigt, kann die Überlastungsgefahr über eine bestimmte mittlere Windgeschwindigkeit (von z.B. 25 m/s) definiert werden, bei der erfahrungsgemäß Böen zu erwarten sind, deren Intensität die Windenergieanlage an ihre mechanische Belastungsgrenze führt. Selbst wenn es – wie die Verfügungsklägerin geltend macht – insoweit kein allgemein verbindliches Zeitfenster geben mag, ist die Verwendung eines zehnminütigen Auswertezeitraumes, über das die während dessen gemessenen tatsächlichen Windgeschwindigkeiten gemittelt werden, jedenfalls üblich (vgl. Anl. WKS 11a). Zwar stellt nicht die mittlere Windgeschwindigkeit als solche, sondern die höhere und stark wechselnde Geschwindigkeit einer in ihrem Kontext mit Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Bö den Überlastungsfall dar. Dennoch ist es nicht angebracht, die Gefahrengrenze für eine Überlastung der Anlage statt anhand einer bestimmten mittleren Windgeschwindigkeit (von z.B. 25 m/s) mithilfe eines bestimmten höheren, die eigentliche Überlastungsgefahr herbeiführenden Wertes der momentanen Windgeschwindigkeit einer Bö (von z.B. 30 m/s) festzulegen. Folge hiervon wäre, dass bereits ein singulärer Windstoß der besagten, als Grenzmarke eingerichteten Stärke die Sturmregelung in Gang setzen würde, obwohl tatsächlich keine Wetterlage gegeben ist, die dies rechtfertigt. Erst die Auswertung der Windgeschwindigkeiten über einen hinreichend langen Betrachtungszeitraum, wie sie beim Abstellen auf die mittlere Windgeschwindigkeit stattfindet, stellt sicher, dass die Sturmregelung nur dort zur Anwendung kommt, wo sie wegen einer in diesem Sinne verfestigten Wetterlage wirklich geboten und sinnvoll ist, und auch nur so lange in Funktion bleibt, bis eine unter die Belastungsgrenze fallende mittlere Windgeschwindigkeit ihren Betrieb entbehrlich macht.

bb)
Wenn die Ansprüche des Verfügungspatents eine Herabsetzung der Energieleistung und der Rotorbetriebsdrehzahl „ab Erreichen“ einer überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit vorsehen, so ist dem nicht schon dadurch Genüge getan, dass es innerhalb desjenigen Windgeschwindigkeitsbereiches, der die Gefahr einer mechanischen Überlastung mit sich bringt, einen – ggf. schon vorher begonnenen – Betrieb mit verminderter Leistung und Drehzahl gibt. Die Patentansprüche sind nicht dahin formuliert, dass für die Dauer einer überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit ein reduzierter Leistungs- und Drehzahlbetrieb stattfindet; vielmehr ist vorgesehen, dass derartiges „ab Erreichen einer überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit“ geschehen soll, womit klargestellt ist, dass der reduzierte Betrieb nicht zu irgendeinem beliebigen (früheren) Zeitpunkt aufgenommen werden soll. Dem Fachmann ist diese technische Anweisung auch ohne weiteres verständlich, wenn er sich das Anliegen der Verfügungspatentschrift vor Augen führt, den Ertrag einer Windenergieanlage gegenüber dem Stand der Technik zu erhöhen. Um die Ausbeute zu steigern, soll bei Erreichen einer überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit die bisherige Abschaltung der Windenergieanlage ersetzt werden durch einen leistungs- und betriebsdrehzahlmäßig reduzierten Weiterbetrieb, womit an die Stelle einer Nullausbeute, wie sie im Stand der Technik üblich war, eine fortdauernde Energiegewinnung auf niedrigerem Niveau tritt. Variiert werden soll – mit anderen Worten – derjenige Anlagenbetrieb, der herkömmlich Anlass für eine Abschaltung gegeben hat, aber nicht die (als solche in der Verfügungspatentschrift nicht kritisierte) Handhabung, wie sie für die Zeitspanne vor dem Auftreten einer überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit gebräuchlich war. Das bedeutet gleichzeitig auch, dass der Sturmregelungsmodus erfindungsgemäß wieder verlassen wird, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit unter die überlastungsgefährdende Grenze sinkt, was auch sachlich konsequent ist, weil es fortan keiner Sturmregelung mehr bedarf.

cc)
Daraus folgt jedoch nicht, dass für eine konkrete Windenergieanlage nur ein einziger Geschwindigkeitswert existieren würde, der die Gefahr einer Anlagenüberlastung repräsentiert und der deshalb auch im Sinne eines singulären Zahlenwertes den Beginn des erfindungsgemäß reduzierten Anlagenbetriebes vorgibt. In den Fällen der Nachrüstung bestehender (bisher bei Sturm abgeschalteter) Windenergieanlagen mit einer erfindungsgemäß veränderten Betriebssteuerung muss ein reduzierter Anlagenbetrieb deswegen nicht notwendigerweise erst mit dem Erreichen derjenigen Windgeschwindigkeit einsetzen, der für die fragliche Windenergieanlage als Abschaltgeschwindigkeit ausgewiesen ist.

Wann eine „Überlastung“ der Windenergieanlage vorliegt, ist das Ergebnis einer wertenden Abwägung unterschiedlicher, zum Teil konkurrierender Umstände. Beim Finden der „überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit“ geht es ersichtlich nicht nur um diejenige Geschwindigkeit, bei der eine sofortige oder kurzfristige „gewaltsame“ Beschädigung der Windenergieanlage zu erwarten steht. Eine unerwünschte „übermäßige“ Belastung kann sich – jenseits von regelrechten Schadensfällen – auch in einem erhöhten Verschleiß der mechanischen Anlagenteile äußern, der erst auf längere Sicht Schaden verursacht. Er resultiert – wie die Verfügungsklägerin nachvollziehbar dargelegt hat – vornehmlich aus einem permanenten Verstellen der Rotorflügel beim Pitchen, wie es in Reaktion auf sich ändernde Windgeschwindigkeiten erforderlich ist, um einen ordnungsgemäßen (d.h. einerseits vollständig ertragreichen, andererseits Überbelastungen vermeidenden) Betrieb der Windenergieanlage zu gewährleisten. Da mit zunehmender mittlerer Windgeschwindigkeit die Wahrscheinlichkeit starker Böen mit rasch wechselnden Windgeschwindigkeiten zunimmt, ist eine hohe mittlere Windgeschwindigkeit tendenziell mit einem häufigen Pitchen der Rotorflügel und – in der weiteren Folge dessen – mit einem vorzeitigen Verbrauch der daran beteiligten Anlagenteile verbunden. Umgekehrt gilt dasselbe. Eine niedrige mittlere Windgeschwindigkeit begründet eine bloß geringe Gefahr starker Böen, führt dementsprechend nur seltener zum Pitchen der Rotorflügel zum Ausgleich turbulenzbedingter Geschwindigkeitswechsel und verschleißt demzufolge auch die dafür notwendigen Anlagenteile nicht in gleichem Maße.

Dadurch, dass die Eingriffsgrenze für die erfindungsgemäße Verringerung der elektrischen Anlagenleistung auf einen bestimmten Wert der Windgeschwindigkeit eingestellt wird, ist sogleich eine Entscheidung darüber getroffen, wie häufig und in welchem Ausmaß (d.h. um welchen Verstellwinkel) die Rotorflügel im Anlagenbetrieb voraussichtlich pitchen werden. Anlass für eine veränderte Positionierung der Rotorflügel besteht unter Energiegewinnungsgesichtspunkten nämlich nur dann, wenn die geforderte (reduzierte) Leistung bei innerhalb einer Bö nachlassendem Wind nicht bereits mit der vorhandenen oder einer demgegenüber bloß geringfügig veränderten Winkelstellung der Rotorblätter erzielt werden kann. Je höher die elektrische Leistung der Windanlage ist, um so häufiger wird es turbulenzbedingt einer signifikanten Verstellung der Rotorblätter bedürfen, und je geringer die von der Windenergieanlage zu erbringende Leistung ist, umso weniger muss gepitcht werden und umso häufiger wird eine bloß geringfügige Korrektur der Rotorblattstellung genügen, um die geforderte elektrische Leistung der Anlage zu erzielen.

Ob und in welchem Ausmaß eine verschleißbedingte Abnutzung als tolerabel angesehen oder ihr durch eine geringere Eingriffs-Windgeschwindigkeit entgegengesteuert werden soll, ist in gewissem Umfang eine Einschätzungssache. Schon vor diesem Hintergrund eröffnet der Begriff der „überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit“ für den Fachmann einen Beurteilungsspielraum, der ihn nicht zu einem einzigen, allein richtigen Geschwindigkeitswert führt, sondern zu einer Bandbreite beieinander liegender Windgeschwindigkeiten, die allesamt das Prädikat verdienen, dass mit ihnen die Gefahr einer „übermäßigen“ Belastung der Windenergieanlage verbunden ist. Der Überlastungsgefahrenwert ist im Zusammenhang mit der Erfindung des Verfügungspatents erst recht nicht allzu streng zu begreifen. Solange nach dem Stand der Technik die einzig mögliche Reaktion auf eine überlastungsgefährdende Windgeschwindigkeit darin bestanden hat, die Windenergieanlage abzuschalten und damit vorübergehend vollständig auf eine Energiegewinnung zu verzichten, hat der Fachmann gewisse Verschleißschäden hingenommen, um nicht zu frühzeitig aus der Energiegewinnung aussteigen zu müssen. Durch die technische Lehre des Verfügungspatents haben sich die Bewertungsfaktoren deutlich verschoben, weil bei Auftreten einer überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit nunmehr eine Handlungsalternative zur Verfügung steht, die es erlaubt, auf niedrigerem Niveau eine fortgesetzte Energieausbeute zu betreiben. Die Konsequenzen aus dem Erreichen der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit sind mithin qualitativ ganz andere, nämlich weit weniger einschneidende. Das erlaubt es dem Fachmann, bei der zur Festlegung der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit notwendigen Abwägung mehr Rücksicht auf solche mittel- oder langfristigen Verschleißerscheinungen zu nehmen, die er bisher wegen der unvermeidlichen Anlagenstilllegung und dem damit einhergehenden Produktionsausfall notgedrungen toleriert hat. Hierzu besteht dank der Erfindung des Verfügungspatents kein Anlass mehr. Da die Überschreitung der Geschwindigkeitsgrenze lediglich eine herabgesetzte Energieausbeute zur Folge hat, ist der Fachmann im Stande, die eine Anlagenüberlastung kennzeichnende Geschwindigkeitsmarke nach unten zu korrigieren, um nunmehr auch mittel- oder langfristigen Verschleißerscheinungen zu begegnen.

dd)
Das Verfügungspatent gibt mit seinen Ansprüchen 1 und 4 nicht nur vor, zu welchem Zeitpunkt und für welche Dauer die elektrische Leistung und die Rotorbetriebszahl herabgesetzt werden sollen; beide Ansprüche verhalten sich darüber hinaus auch dazu, in welcher Weise dies geschehen soll. Denn beide Ansprüche halten den Fachmann übereinstimmend an, die Leistung der Windenergieanlage und die Betriebsdrehzahl des Rotors „in Abhängigkeit vom Anstieg der Windgeschwindigkeit oder der Anströmgeschwindigkeit“ herabzusetzen (Merkmale 2c, 3b). Damit ist nicht bloß gemeint, dass ein Anstieg der Windgeschwindigkeit oder ein Anstieg der Anströmgeschwindigkeit des Windes am Rotorblattprofil (je nach dem, welcher Wert im Einzelfall bestimmt wird) irgendeine Minderung der Leistung und der Betriebsdrehzahl zur Folge hat, sondern es ist – weil die Leistungs- und Betriebszahlreduzierung „in Abhängigkeit vom Geschwindigkeitsanstieg“ stattfinden soll – vorgeschrieben, dass der Zuwachs an Geschwindigkeit einerseits und die Verringerung der Leistung und der Rotordrehzahl andererseits in einer Korrelation zueinander stehen, so dass ein qualitativ anderer (sic.: kleinerer oder größerer) Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit auch eine qualitativ andere (sic.: kleinere bzw. größere) Reduktion der Anlagenleistung und der Rotordrehzahl nach sich zieht. Dass die Leistungs- und Drehzahlverminderung abhängig vom Zuwachs der Windgeschwindigkeit stattzufinden hat, bedeutet insofern auch, dass prinzipiell mit jedem weiteren Anstieg der Geschwindigkeit auch eine weitere Reduktion der Leistung und der Betriebsdrehzahl verbunden ist. Die im Patentanspruch 1 enthaltene Forderung nach einer „kontinuierlichen“ Leistungs- und Drehzahlreduzierung unterstreicht dies besonders prägnant. Nur mit ihr kann es aus der Sicht des Fachmanns auch gelingen, für die Windenergieanlage den angestrebten Sturmschutz bereit zu stellen. Ein fortschreitender Anstieg der Windgeschwindigkeit über das überlastungsgefährdende Maß hinaus lässt sich durch eine Verlangsamung der Umfangsgeschwindigkeit des Rotors nämlich nur dann in der vom Verfügungspatent beabsichtigten, eine mechanische Überlastung der Anlage zuverlässig ausschließenden Weise kompensieren, wenn der einen, den Staudruck am Rotorblattprofil erhöhenden Belastungsgröße (steigende Wind/Anströmgeschwindigkeit) eine andere, den Staudruck in etwa gleichem Maße reduzierende Entlastungsgröße (verminderte Rotationsgeschwindigkeit) entgegengesetzt wird.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin reicht es nicht aus, dass es nach Erreichen der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit bei einem Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit nur gelegentlich zu einer Reduzierung der Anlagenleistung und der Rotorbetriebsdrehzahl kommt. Sowohl Patentanspruch 1 als auch Patentanspruch 4 verlangen nach ihrem eindeutigen Wortlaut, dass beide Betriebsgrößen (sic.: Leistung, Drehzahl) in Abhängigkeit vom Anstieg der Windgeschwindigkeit herabgesetzt werden. Dem ist nur Rechnung getragen, wenn im Sturmbetrieb der Anlage auf jeden Zuwachs der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit mit einer gegenläufigen Einwirkung auf die Anlagenleistung und die Rotorbetriebszahl reagiert wird. Anderenfalls ließe sich auch der vom Verfügungspatent ins Auge gefasste Schutz vor übermäßiger Belastung nur unvollständig verwirklichen, weil es infolge derjenigen Betriebssituationen, bei denen ein Anstieg der Windgeschwindigkeit keine Herabsetzung der Anlagenleistung und der Rotordrehzahl zur Folge hat, zu einer unerwünschten Belastung der Rotorflügel kommen würde, die zu vermeiden das erklärte Ziel der Erfindung des Verfügungspatents ist.

Indem das Verfügungspatent eine Reduzierung der Leistung und der Rotordrehzahl für einen „Anstieg“ der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit vorsieht, ist für den Fachmann zugleich klargestellt, dass ein Rückgang der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit, wie er sich z.B. beim Abflauen einer Bö einstellen kann, eine derartige Maßnahme nicht zur Folge haben soll. Eine Leistungs- und Drehzahlherabsetzung bei abnehmendem Wind wäre auch sinnlos, weil mangels hinreichender Windgeschwindigkeit kein Staudruck am Rotorblattprofil herrscht, der druckreduzierende Gegenmaßnahmen erfordert. Darüber hinaus würde eine bei nachlassender Windgeschwindigkeit veranlasste Reduzierung der Rotordrehzahl auch ohne Not die Energieausbeute der Windenergieanlage schmälern, was dem Anliegen zuwiderläuft, den Energieertrag zu steigern.

ee)
Die Leistungs- und Drehzahlreduzierung im laufenden Sturmregelungsbetrieb (d.h. bei Anhalten einer mittleren Windgeschwindigkeit oberhalb der überlastungsgefährdenden Marke) findet in Abhängigkeit von einem Anstieg der tatsächlichen Wind- oder Anströmgeschwindigkeit statt. Anders als für das Initiieren und Beibehalten der Sturmregelung darf deshalb nicht erst ein Zuwachs der mittleren Wind- oder Anströmgeschwindigkeit Konsequenzen für die Regelung der Anlagenleistung und der Rotordrehzahl haben. Vielmehr ist bereits auf eine Zunahme der tatsächlichen Wind- bzw. Anströmgeschwindigkeit – und damit zeitnah zum Auftreten des darin liegenden Überlastungsfaktors – mit einer Herabsetzung der elektrischen Anlagenleistung und der Rotordrehzahl zu reagieren. Denn würde statt dessen auf einen (z.B. über 10 Minuten) gemittelten Geschwindigkeitswert abgestellt, könnten sich zur Überlastung der Anlage führende Betriebszustände ergeben, denen nicht sogleich entgegengewirkt wird, weil das für die Messwertermittlung notwendige Zeitfenster noch nicht geschlossen ist. Der Zweck der Erfindung, eine übermäßige mechanische Belastung der Windenergieanlage zu unterbinden, würde damit zu einem guten Teil verfehlt.

Exakt dieser Zweck bedingt andererseits aber auch, dass nicht schon jeder Anstieg der tatsächlichen Windgeschwindigkeit auf irgendeinen Wert allein deswegen, weil der momentan gemessene Geschwindigkeitswert oberhalb des vorhergehenden Messwertes liegt und damit einen „Anstieg“ der Windgeschwindigkeit repräsentiert, zu einer Reduzierung der Leistung und der Rotordrehzahl führt. Ein Geschwindigkeitszuwachs kann sich z.B. bei einer nach vorübergehendem Abflauen wieder ansteigenden Bö auf eine tatsächliche Windgeschwindigkeit ergeben, die unterhalb der überlastungsgefährdenden Grenze bleibt. Eine solche Windgeschwindigkeit ruft keinen unerwünschten Staudruck am Rotorblattprofil hervor, weswegen auch kein Handlungsbedarf für eine druckreduzierende Verlangsamung der Umdrehungsgeschwindigkeit des Rotors besteht. Unteranspruch 2 des Verfügungspatents steht diesem Verständnis nicht entgegen. Er sieht vor, dass die Rotordrehzahl bevorzugt derart reduziert wird, dass das auf den Rotor der Windenergieanlage wirkende Belastungsniveau bei steigender Windgeschwindigkeit oberhalb der überlastungsgefährdenden Marke annähernd konstant bleibt oder reduziert wird. Wie sich nicht zuletzt aus dem erläuternden Beschreibungstext im Absatz [0016] der Verfügungspatentschrift ergibt, hat Unteranspruch 2 nicht die Belastungssituation am Rotorblattprofil im Blick, sondern zielt vielmehr darauf ab, eine übermäßige Beanspruchung des Antriebsstranges (= Rotor) der Windenergieanlage zu vermeiden.

Ob der für die Reduzierung der Rotorbetriebsdrehzahl verantwortliche und deshalb im laufenden Sturmregelungsmodus festzustellende Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit das Ergebnis einer Messung im eigentlichen Sinne ist oder – wie die Verfügungsklägerin behauptet – das Resultat einer Rechenoperation ist, in die insgesamt drei Größen eingehen, nämlich der aktuelle Pitchwinkel, die momentane elektrische Leistung des Windrades und die augenblickliche Rotordrehzahl, ist zwischen den Parteien streitig und für den Senat nicht abschließend zu beurteilen.

2.
Nach den mit der Beweiskraft des § 314 ZPO ausgestatteten Feststellungen des landgerichtlichen Urteils verändert das angegriffene B-Upgrade die Betriebssteuerung bestehender Windenergieanlagen dahingehend, dass diese bei Erreichen ihrer Abschaltgeschwindigkeit von 25 m/s nicht mehr in den Ruhemodus wechseln, sondern ihren Betrieb mit reduzierter elektrischer Leistung und (u.U.) herabgesetzter Rotordrehzahl fortsetzen. Aktiviert wird die B-Software bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von 23 m/s, wobei auf jeweils andere Weise auf die vorgenannten Regelgrößen – die elektrische Leistung und die Rotordrehzahl – Einfluss genommen wird. Während die elektrische Leistung abhängig vom Pitchwinkel der Rotorblätter geregelt wird (indem bei sich verringerndem Pitchwinkel auch die Leistung herabgesetzt wird), erfolgt die Justierung der Rotordrehzahl in Abhängigkeit von den gemessenen Beschleunigungen des Rotors, wobei die Beschleunigungsmesswerte ohne Rücksicht auf ihr positives oder negatives Vorzeichen (d.h. sowohl bei steigender als auch bei sinkender Beschleunigung) in die Drehzahlregelung eingehen und auf die Rotorbetriebsdrehzahl Einfluss genommen wird, sobald der gemessene Beschleunigungswert einen bestimmten Betrag erreicht.

3.
Bei dem vorbeschriebenen Prozedere lässt sich nicht feststellen, dass die mit einem B-Upgrade ausgestatteten Windenergieanlagen (bezüglich Anspruch 1: bei ihrem Betrieb) wortsinngemäßen Gebrauch von der technischen Lehre des Verfügungspatents machen.

a)
Dass ein sturmregelnder Eingriff in die Anlagenleistung und die Rotordrehzahl bereits bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von 23 m/s – und damit geringfügig vor Erreichen der Abschaltgeschwindigkeit der Anlage von 25 m/s – einsetzt, ist unerheblich. Oben wurde im Einzelnen dargelegt, dass und warum die „überlastungsgefährdende Windgeschwindigkeit“ im Sinne des Verfügungspatents nicht einfach mit der Abschaltgeschwindigkeit des Standes der Technik gleichgesetzt werden kann, sondern es das berechtigte Interesse an einer verbesserten Schonung der Anlagenteile vor verschleißbedingten Schäden gebietet, die Grenze der die Anlage in eine Überlastungsgefahr führenden Windgeschwindigkeit maßvoll darunter anzusetzen. Im Streitfall liegt die Eingriffsgeschwindigkeit mit 23 m/s lediglich 2 m/s unterhalb der bisherigen Abschaltgeschwindigkeit von 25 m/s. Der Abstand ist dermaßen gering, dass er sich plausibel mit einem legitimen gesteigerten Verschleißschutz erklären lässt, den die Erfindung des Verfügungspatents gestattet.

b)
Die ab einer mittleren Windgeschwindigkeit von 23 m/s stattfindende Reduzierung der elektrischen Anlagenleistung vollzieht sich nach Maßgabe des Pitchwinkels, den die Rotorflügel beim Betrieb der Windenergieanlage einnehmen. Verändert sich der Pitchwinkel nach unten, wird er also kleiner, wird auch die Leistung der Anlage verringert, wobei solches bei jeder weiteren Reduzierung des Pitchwinkels abermals geschieht. Welchen Pitchwinkel die Rotorblätter einnehmen und ob der Pitchwinkel gegenüber seiner aktuellen Position verändert wird, hängt von der momentanen Windgeschwindigkeit ab, die vor Ort herrscht. Bei steigender Windgeschwindigkeit wird der Pitchwinkel – wie die Verfügungsklägerin im Verhandlungstermin erläutert hat – geringer. Das Maß des Pitchwinkels ist insofern ein unmittelbarer Indikator für die Windgeschwindigkeit, womit die vom Pitchwinkel abhängige Leistungsreduzierung letztlich durch die tatsächliche Windgeschwindigkeit, und zwar deren Anstieg, bestimmt wird. Bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von weniger als 23 m/s wird der Sturmregelungsmodus wieder verlassen.

c)
Auf welche Weise die gemessenen Beschleunigungswerte des Rotors für eine Regelung seiner Drehzahl bei Sturm herangezogen werden, gibt der Sachvortrag der Verfügungsklägerin nicht her. Es lässt sich deshalb auch nicht tatrichterlich feststellen, dass die Rotordrehzahl – wie vom Verfügungspatent vorgesehen und vorstehend erläutert – in Abhängigkeit vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit erfolgt.

In technischer Hinsicht ist es allerdings richtig, dass eine gemessene positive oder negative Rotorbeschleunigung Rückschlüsse darauf zulässt, welche Windgeschwindigkeit während der Messung geherrscht hat. Jeder Geschwindigkeitszuwachs des Rotors (z.B. als Folge des Auftretens einer Bö, welche die Rotorblätter schneller rotieren lässt), schlägt sich in korrespondierenden positiven (= steigenden) Beschleunigungsmesswerten des Rotors nieder, während umgekehrt jede Verlangsamung des Rotors (als Folge eines Nachlassens der Bö) ihren Ausdruck in entsprechenden negativen (= fallenden) Beschleunigungsmesswerten des Rotors findet. Da Beschleunigungswerte in die Messung einfließen, sind ausschließlich Windgeschwindigkeitswechsel regelungsrelevant. Sie treten vor allem im Zusammenhang mit einer (ansteigenden oder abflauenden) Bö auf, deren Wahrscheinlichkeit und Intensität – rein statistisch betrachtet – mit wachsender mittlerer Windgeschwindigkeit zunimmt. Häufige und starke Böen, wie sie für eine hohe mittlere Windgeschwindigkeit charakteristisch sind, führen dementsprechend zu wiederholten hohen (sic.: zunächst stark ansteigenden und danach wieder deutlich abfallenden) Messwerten; seltene und weniger stark ausgeprägte Böen, die das Kennzeichen geringer mittlerer Windgeschwindigkeiten sind, haben – umgekehrt – niedrige (erst mäßig ansteigende und anschließend abfallende) Beschleunigungsmesswerte zur Folge. Werden – wie dies nach dem eigenen Sachvortrag der Verfügungsklägerin (GA I 170) bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall ist – die positiven bzw. negativen Vorzeichen der gemessenen Beschleunigungswerte nicht berücksichtigt, sondern „vorzeichenneutral“ lediglich diejenigen Beträge ermittelt und verwertet, um die die Beschleunigung des Rotors in absoluten Werten gestiegen oder gesunken ist, sind grundsätzlich zwei Szenarien für eine mögliche Drehzahlregulierung denkbar. Zum einen könnten die einzelnen erhobenen Beschleunigungsmesswerte als solche die Regelungsgrundlage bilden, zum anderen könnte die Regelung durch die aufaddierte Summe der innerhalb eines bestimmten Zeitfensters gewonnenen (auf- und absteigenden) Beschleunigungsmesswerte veranlasst werden. Bei der erstgenannten Variante läge ersichtlich keine dem Verfügungspatent entsprechende Sturmregelung vor, weil auch ein negativer Beschleunigungsmesswert, sofern er nur die vorgegebene Betragsschwelle überschreitet, zu einer Reduzierung der Rotordrehzahl führt, womit diese – erfindungswidrig – auch bei einem Rückgang der tatsächlichen Windgeschwindigkeit stattfinden würde. Bei der zweitgenannten Variante würde mit der Drehzahlregelung nicht (zeitnah) auf eine Veränderung der tatsächlichen Wind- oder Anströmgeschwindigkeit reagiert, sondern eine mittlere Geschwindigkeitsänderung herangezogen. Mit der technischen Lehre des Verfügungspatents wäre derartiges (wenn überhaupt) allenfalls dann zu vereinbaren, wenn das gewählte Messzeitfenster hinreichend klein bemessen ist, so dass die durch die Messwertsumme ausgelöste Drehzahlregulierung noch als eine augenblickliche Reaktion auf die veränderten Windverhältnisse angesehen werden kann. Ein kurz bemessenes Zeitfenster, in dem die Beschleunigungsmesswerte ohne Rücksicht auf ihr positives oder negatives Vorzeichen addierend berücksichtigt werden, lässt andererseits jedoch Raum dafür, dass eine bestimmte, für die Drehzahlreduzierung ausreichende Messwertsumme darauf beruht, dass während der Messung – im Sinne der Darlegungen zur ersten Variante – bei einer sich abflachenden Bö lediglich ein Rückgang der Windgeschwindigkeit vorgekommen ist.

Wie die Drehzahlregelung bei der angegriffenen Ausführungsform im einzelnen geschieht, ist völlig unklar. Es ist schon nicht ersichtlich, ob die einzelnen Beschleunigungsmesswerte isoliert die Drehzahlreduzierung auslösen oder ob stattdessen eine auf ein bestimmtes, geeignetes Zeitfenster bezogene Messwertsummenberechnung erfolgt. Gänzlich unklar ist darüber hinaus, welche konkreten Konsequenzen aus einem bestimmten Beschleunigungsmesswert bzw. einer bestimmten Beschleunigungsmesswertsumme gezogen werden. Um der technischen Lehre des Verfügungspatents zu entsprechen, wäre es notwendig, dass die Betriebsdrehzahl des Rotors „in Abhängigkeit vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit“ reduziert wird. Das verlangt, dass ein Geschwindigkeitsanstieg nicht nur irgendeine Herabsetzung der Rotordrehzahl zur Folge hat, sondern dass mit einem bestimmten Maß an Zuwachs der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit ein bestimmtes, korrespondierendes Maß an Verringerung der Rotorbetriebsdrehzahl verbunden ist. Ob derartiges nach erfolgter Installation des B-Upgrades geschieht, ist nach dem Ergebnis der gesamten Verhandlungen (§ 286 ZPO) ungewiss.

Auch die von der Verfügungsklägerin im Verfahren überreichten Unterlagen geben für den Senat zu allem keinen verlässlichen Aufschluss. Aus ihnen ergibt sich lediglich, dass die Rotorgeschwindigkeit herabgesetzt wird, um die Struktur der Windenergieanlage zu wahren (Anl. WKS 11a) und dass eine Begrenzung der Rotationsgeschwindigkeit im Verhältnis zum Anstieg der Windgeschwindigkeit und der Intensität der Turbulenzen stattfindet (Anl. WKS 10a). Welche verletzungsrelevanten tatrichterlichen Rückschlüsse die von der Verfügungsklägerin im Verhandlungstermin erörterten Inhalte der Anlagen WKS 11a, S. 4 – 6 und WKS 12, S. 5 zulassen, ist ohne sachverständige Hilfe nicht zu beantworten.

Im Hauptsacheverfahren wird eine Verurteilung der Verfügungsbeklagten daher aller Voraussicht nach nicht ohne die Hinzuziehung eines Sachverständigen in Betracht kommen können.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.