15 U 10/14 – Abbundanlage

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2310

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 28. August 2014, Az. 15 U 10/14

Vorinstanz: 4a O 135/11

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 07.05.2013 (Az. 4a O 135/11) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18.06.2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Abbundanlagen zur Bearbeitung von Strangmaterial, insbesondere zur Bearbeitung von stangenförmigen Holzwerkstücken, Holzbalken, Brettern und dergleichen, wobei die Abbundanlage eine Auflage und eine Transporteinrichtung zum Auflegen und Transportieren des Strangmaterials aufweist, mit wenigstens einem, entlang der Transporteinrichtung angeordneten Bearbeitungsaggregat mit einer von einem Spindelantrieb angetriebenen Werkzeugspindel, welche in einer Ebene verschiebbar ist und an der ein Werkzeug für die Bearbeitung des Werkstückes angeordnet ist, wobei die Werkzeugspindel um eine zur Spindelachse senkrechte Drehachse drehbar ist,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Werkzeugspindel im oberen Bereich eines Standfußes gelagert ist und das gegenüberliegende Ende des Standfußes auf einem drehbar gelagerten Drehteller befestigt ist und wobei der Vorschub für die Bearbeitung des Werkstückes durch das Bearbeitungsaggregat von der Vorschubbewegung der Transporteinrichtung abgeleitet ist;

2.

dem Kläger unter Vorlage eines nach Kalenderjahren geordneten Verzeichnisses Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 17.08.2001 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, und unter Angaben der Namen und Anschriften der Abnehmer sowie unter Vorlage von Belegen in Form von Kopien von Rechnungen,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, sowie bei Internetwerbung der Schaltungszeiträume, der Domain, unter der die Werbung geschaltet war, sowie der Suchmaschinen und sonstigen Marketing-Tools, unter denen die fraglichen Seiten einzeln oder in einem Gesamtpaket angemeldet waren,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diese Angaben erst ab dem 03.09.2005 zu machen sind,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger sowie der nicht gewerblichen Abnehmer statt dem Kläger einem von dem Kläger zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3.

die vorstehend unter Ziffer 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen und seit dem 01.01.2008 in Verkehr gelangten Abbundanlagen oder zumindest das unter 1. bezeichnete Bearbeitungsaggregat zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 07.05.2013 (4a O 135/11), insoweit bestätigt durch das hiesige Urteil des Senats auf eine Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents 0813 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des ggf. bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird, und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;

4.

die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter 1. bezeichneten Abbundanlagen auf eigene Kosten im Bereich des unter 1. bezeichneten Bearbeitungsaggregates auszubauen und das Bearbeitungsaggregat bzw. ausgebaute Einzelteile zu vernichten;

5.

an den Kläger 9.082,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 26.08.2011 zu zahlen.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1.

an den Kläger für die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 17.08.2001 bis zum 02.09.2005 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.

dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 03.09.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Schadensersatzpflicht für die vor dem 01.01.2008 begangenen Handlungen auf die Herausgabe dessen beschränkt, was die Beklagte durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen auf Kosten des Klägers erlangt hat.

III.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 225.000,00 € abzuwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

VI.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:

Bis zum 04.08.2014: 250.000,00 EUR; ab dem 05.08.2014: 225.000,00 €.

GRÜNDE:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 0 813 XXX B2 (im Folgenden: Klagepatent, Anlage K 1) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz sowie zur Entschädigung dem Grunde nach und auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Klagepatents. Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität am 16.06.1997 angemeldet und am 29.12.1997 offengelegt. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 03.08.2005 veröffentlicht. Im Einspruchsverfahren wurde das Klagepatent in der nunmehr geltend gemachten Fassung des Klagepatentanspruchs 1 aufrechterhalten. Die von der Beklagten gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage wurde vom Bundesgerichtshof rechtskräftig abgewiesen. Das Nichtigkeitsberufungsurteil vom 13.02.2014 (X ZR 69/12) liegt dem Senat als Anlage K 12 vor.

Das Klagepatent betrifft eine Abbundanlage zur Bearbeitung von Strangmaterial. Der von dem Kläger geltend gemachten Patentanspruch 1 lautet in der aufrecht erhaltenen Fassung wie folgt:

Abbundanlage zur Bearbeitung von Strangmaterial, insbesondere zur Bearbeitung von stangenförmigen Holzwerkstücken (1), Holzbalken, Brettern und dergleichen, wobei die Abbundanlage eine Auflage (8) und eine Transporteinrichtung (7) zum Auflegen und Transportieren des Strangmaterials aufweist, mit wenigstens einem, entlang der Transporteinrichtung (7) angeordneten Bearbeitungsaggregat (6) mit einer von einem Spindelantrieb angetriebenen Werkzeugspindel (5), welche in einer Ebene verschiebbar ist und an der ein Werkzeug (2) für die Bearbeitung des Werkstückes (1) angeordnet ist, wobei die Werkzeugspindel (5) um eine zur Spindelachse (5‘) senkrechte Drehachse (D) drehbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkzeugspindel (5) im oberen Bereich eines Standfußes (3) gelagert ist und das gegenüberliegende Ende des Standfußes (3) auf einem drehbar gelagerten Drehteller (4) befestigt ist und dass der Vorschub für die Bearbeitung des Werkstückes (1) durch das Bearbeitungsaggregat (6) von der Vorschubbewegung der Transporteinrichtung (7) abgeleitet ist.

Nachfolgende Figuren, die der Klagepatentschrift entnommen worden sind, verdeutlichen die Funktionsweise der Vorrichtung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Die Figur 1 zeigt in Seitenansicht schematisch ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel einer Abbundanlage (Figur 1).

Figur 2 zeigt in Seitenansicht schematisch ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel eines Bearbeitungsaggregats.

Die Beklagte stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Abbundanlagen, insbesondere die Abbundanlagen S 4 und S 6 (angegriffene Ausführungsformen).

Nachfolgend sind vier Lichtbilder der Anlage K 7a wiedergegeben, die die angegriffene Ausführungsform S 4 zeigen, wobei der Kläger einzelne Bezugszeichen hinzugefügt hat.

Die beiden angegriffenen Ausführungsformen unterscheiden sich lediglich im Hinblick auf die Anbringung und Beweglichkeit der Werkzeugspindel: Bei der angegriffenen Ausführungsform S 4 ist die Werkzeugspindel unmittelbar im oberen Bereich des Standfußes gelagert. Bei der angegriffenen Ausführungsform S 6 erfolgt die Lagerung der Werkzeugspindel nicht im Standfuß selbst, sondern in einem außerhalb des Standfußes befindlichen Getriebe. Der Unterschied geht aus den nachfolgenden, vom Kläger überreichten Lichtbildern hervor:

Wegen weiterer Einzelheiten – auch hinsichtlich der zwischen den Parteien streitigen Tatsachen – wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im Urteil des Landgerichts einschließlich des Berichtigungsbeschlusses vom 18.06.2013 Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

I.

die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Abbundanlagen zur Bearbeitung von Strangmaterial, insbesondere zur Bearbeitung von stangenförmigen Holzwerkstücken, Holzbalken, Brettern und dergleichen, wobei die Abbundanlage eine Auflage und eine Transporteinrichtung zum Auflegen und Transportieren des Strangmaterials aufweist, mit wenigstens einem, entlang der Transporteinrichtung angeordneten Bearbeitungsaggregat mit einer von einem Spindelantrieb angetriebenen Werkzeugspindel, welche in einer Ebene verschiebbar ist und an der ein Werkzeug für die Bearbeitung des Werkstückes angeordnet ist, wobei die Werkzeugspindel um eine zur Spindelachse senkrechte Drehachse drehbar ist,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Werkzeugspindel im oberen Bereich eines Standfußes gelagert ist und das gegenüberliegende Ende des Standfußes auf einem drehbar gelagerten Drehteller befestigt ist und wobei der Vorschub für die Bearbeitung des Werkstückes durch das Bearbeitungsaggregat von der Vorschubbewegung der Transporteinrichtung abgeleitet ist;

2. dem Kläger unter Vorlage eines nach Kalenderjahren geordneten Verzeichnisses Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 17.08.2001 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, und unter Angaben der Namen und Anschriften der Abnehmer sowie unter Vorlage von Belegen in Form von Kopien von Rechnungen,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, sowie bei Internetwerbung der Schaltungszeiträume, der Domain, unter der die Werbung geschaltet war, sowie der Suchmaschinen und sonstigen Marketing-Tools, unter denen die fraglichen Seiten einzeln oder in einem Gesamtpaket angemeldet waren,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren auf geschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diese Angaben erst ab dem 03.09.2005 zu machen sind,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger sowie der nicht gewerblichen Abnehmer statt dem Kläger einem von dem Kläger zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. die vorstehend unter Ziffer 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen und seit dem 30.04.2006 in Verkehr gelangten Abbundanlagen oder zumindest das unter 1. bezeichnete Bearbeitungsaggregat zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents 0813 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des ggf. bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird, und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;

4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter 1. bezeichneten Abbundanlagen auf eigene Kosten im Bereich des unter 1. bezeichneten Bearbeitungsaggregates auszubauen und das Bearbeitungsaggregat bzw. ausgebaute Einzelteile zu vernichten;

5. an den Kläger 9.082,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 26.08.2011 zu zahlen.

II.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. dem Kläger für die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 17.08.2001 bis zum

02.09.2005 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 03.09.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Dabei hatte der Kläger in der Klageschrift zunächst angekündigt zu beantragen, bereits ab dem 29.01.1998 zur Auskunft und Rechnungslegung und zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung zu verurteilen. Wegen der darüber hinaus gestellten, auf die Unteransprüche 3, 4, 5, 6, 8, 13, 14 und 15 gestützten „insbesondere“- Anträge wird auf die Klageschrift verwiesen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Antrag zu Ziffer I.1 und die darauf rückbezogenen Ansprüche seien nicht hinreichend bestimmt und die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten die Lehre des Klagepatents nicht. Im Übrigen seien die Ansprüche verjährt und ihrer Geltendmachung stehe der Einwand der Verwirkung entgegen.

Durch Urteil vom 07.05.2013, berichtigt durch den Beschluss vom 18.06.2013, hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die angegriffenen Ausführungsformen machten wortsinngemäß von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Der Geltendmachung der aus der Patentverletzung folgenden Ansprüche stehe nicht der Einwand der Verwirkung entgegen, denn aus dem Vorbringen der Beklagten ergebe sich nicht, dass das Umstandsmoment vorliege. Auch seien die Ansprüche nicht verjährt, denn von einer Kenntnis des Klägers von einem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen durch die Beklagte vor dem Jahr 2010 könne aufgrund des wechselseitigen Vortrags der Parteien nicht ausgegangen werden.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das Landgericht habe schon nicht über sämtliche in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge entschieden. Insbesondere bei den vom Kläger ebenfalls geltend gemachten Unteransprüchen 4 und 15 handele es sich nicht nur um Konkretisierungen des Klageanspruchs zu I. 1., sondern diese bezögen sich auf abgewandelte Ausführungsformen. Insoweit sei das landgerichtliche Urteil in Wahrheit ein – unzulässiges – Teilurteil. Angesichts der teilweisen Klagerücknahme, insbesondere der Einschränkung der auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung gerichteten Anträge auf den Zeitraum ab 17.08.2001 hätten die Kosten teilweise dem Kläger auferlegt werden müssen.

Auch sei der Klageantrag, der ohne Konkretisierung auf die angegriffenen Ausführungsformen schlicht auf die Formulierung des Patentanspruchs Bezug nehme, unzulässig.

Zu Unrecht habe das Landgericht die Verwirklichung sämtlicher Merkmale des Klagepatents durch die angegriffenen Ausführungsformen bejaht.

Bei den angegriffenen Ausführungsformen sei die Werkzeugspindel nicht um eine zur Spindelachse senkrechte Achse drehbar. Wie Absatz [0016] des Klagepatents zeige, solle die Drehung um diese Achse D patentgemäß dazu führen, dass das Bearbeitungsaggregat nach einer weiteren Transversalbewegung an die erforderliche Position herangefahren werde. Da sich aus einer Zusammenschau mit der Vorgabe des Patentanspruchs, wonach das gegenüberliegende Ende des Standfußes auf einem drehbar gelagerten Drehteller gelagert werden soll, ergebe, dass sich auch der Drehteller um die Achse D drehen solle, müsse der Standfuß mittig auf dem Drehteller angeordnet sein – wie es auch Figur 2 des Klagepatents zeige.

Bei der angegriffenen Ausführungsform S 6 fehle es zudem an einer Lagerung der Werkzeugspindel im oberen Bereich des Standfußes. Da die Spindel in einem Getriebe gelagert sei, welches fest am Standfuß montiert sei, fehle es an einer patentgemäßen Lagerung. Das Klagepatent offenbare auch nicht etwa eine irgendwie geartete „Anordnung“ der Spindel am Standfuß, sondern in Absatz [0044] eine Lagerung mittels Wälzlagern. Unteranspruch 15 dürfe für die Auslegung nicht herangezogen werden, da dieser im Widerspruch zu Patentanspruch 1 stehe: bei einer Konstellation gemäß Unteranspruch 15 könne die Werkzeugspindel nämlich nicht um eine zur Spindelachse senkrechten Drehachse drehbar sein. Schließlich werde bei beiden angegriffenen Ausführungsformen der Vorschub für die Bearbeitung des Werkstückes durch das Bearbeitungsaggregat nicht von der Vorschubbewegung der Transporteinrichtung abgeleitet. Mangels näherer Definition des Begriffs „ableiten“ in der Klagepatentschrift werde der Fachmann sich eng an den auf die Ausführungsbeispiele bezogenen Anleitungen orientieren, wonach die Transporteinrichtung und das Werkstück jeweils identische Vorschubbewegungen ausführen. Dies sei bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht der Fall.

Der Rückrufanspruch hätte nicht zugesprochen werden dürfen, da der Beklagte unbestritten vorgetragen habe, dass ein Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen nicht über Zwischenhändler oder sonstige gewerbliche Abnehmer erfolge.

Der im Hinblick auf die Abmahnkosten zugesprochene Schadensersatzanspruch bestehe zudem nicht, weil ein Schaden in Form von an den abmahnenden Rechtsanwalt gezahlten Gebühren vom Kläger nicht schlüssig dargelegt worden sei.

Das landgerichtliche Urteil beruhe schließlich insoweit auf einer Rechtsverletzung, als dass das Landgericht den Vortrag der Beklagten, wonach der Kläger bereits im Jahre 2004 durch einen Messeauftritt in Friedrichshafen der Beklagten Kenntnis von den angegriffenen Ausführungsformen erlangt habe, fälschlicherweise für unsubstantiiert gehalten habe. Jedenfalls aber hätte das Landgericht die Beklagte hierauf hinweisen müssen.

Zu Unrecht habe das Landgericht die Verwirkung mit der Begründung abgelehnt, es fehlten Anhaltspunkte für das Umstandsmoment. Da die Beklagte spätestens im Jahre 2006 von einer positiven Kenntnis des Klägers von den angegriffenen Ausführungsformen ausgehen konnte, habe sie spätestens seitdem davon ausgehen dürfen, dass der Kläger keine Rechte aus dem Klagepatent gegen die angegriffenen Ausführungsformen geltend machen werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 07.05.2013 (Az. 4a O 135/11) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat zunächst angekündigt zu beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger – wie tenoriert – beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, mit der Maßgabe, dass die Klageanträge dahingehend eingeschränkt werden, dass der Rückrufanspruch nur für ab dem 01.01.2008 in den Verkehr gebrachte Abbundanlagen gilt und dass die Schadensersatzfeststellung dahingehend erfolgen soll, dass für die Zeit ab dem 03.09.2005 Schadensersatz zu leisten ist, wobei sich die Schadensersatzpflicht für die vor dem 01.01.2008 begangenen Handlungen auf die Herausgabe dessen beschränkt, was die Beklagte durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen auf Kosten des Klägers erlangt hat.

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages. Er ergänzt: Bei der Kostenverteilung sei zu berücksichtigen, dass der Zeitraum, für den Schadensersatz geltend gemacht werde, zwar eingeschränkt worden sei, die Beklagte aber selbst vorgetragen habe, sie habe das Geschäft mit den angegriffenen Ausführungsformen erst im Jahre 2001 begonnen. Die Frage nach einer die Verjährungsfrist in Lauf setzenden Kenntnis des Klägers von den angegriffenen Ausführungsformen stelle sich nicht mehr, nachdem der Kläger den Klageantrag beschränkt habe. Zu Recht habe das Landgericht eine Verwirkung abgelehnt; auch der weitere Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung vermöge kein Umstandsmoment zu begründen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Denn die Klage ist zulässig und begründet.

A.

Die Klage ist zulässig. Entgegen der Ansicht der Beklagten durfte der Kläger bei der Formulierung seines Antrags auf den Wortlaut des Patentanspruchs 1 Bezug nehmen. Ein Klageantrag, der den Patentanspruch des Klagepatents wiedergibt, ist hinreichend bestimmt (BGH, GRUR 2005, 569, 570 – Blasfolienherstellung). Da der Kläger eine wortsinngemäße Verwirklichung sämtlicher Merkmale geltend macht, bezeichnet die wörtliche Wiedergabe des Patentanspruchs die angegriffenen Ausführungsformen auch konkret genug (Voß/Kühnen in: Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 139 Rn. 265; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 959; BGH, GRUR 1986, 803, 806 – Formstein).

B.

Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Entschädigungs- und Schadenersatzpflicht dem Grunde nach, Vernichtung und Rückruf aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB und Art. II § 1 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG gegen die Beklagte zu, da die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machen.

1.

Das Klagepatent schützt eine Abbundanlage zur Bearbeitung von Strangmaterial. Derartige Abbundanlagen ermöglichen eine Vorbearbeitung von Holzwerkstücken, indem beispielsweise Fräs-, Säge- oder Bohrarbeiten an den Werkstücken automatisch ausgeführt werden.

Eine automatische Holzbearbeitungsanlage ist – so die Klagepatentschrift – bereits aus der EP 608 XXY A1 bekannt (Anlage K 3). Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 der EP 608 XXY A1 zeigt ein Portalgehäuse 1, das von einer Führungsvorrichtung 4 in horizontaler Richtung durchsetzt wird, und an dem ein in horizontaler und vertikaler Richtung beweglicher Kreuzschlitten 3 mit einem drehbar gelagerten Spindelmotor 2 angeordnet ist.

Aus der Figur 5 ist ersichtlich, dass auf diesen Spindelmotor abwechselnd die Werkzeuge aufgesetzt werden (Absatz [0002]).

Als weiteren Stand der Technik beschreibt die Klagepatentschrift die DE 90 16 XXZ, die eine Werkzeugmaschine zur Herstellung von Verbindungen an Konstruktionselementen von Möbeln offenbart (Absatz [0003]). Hier wird das Werkstück zwischen zwei Halteteilen gehalten. Es sind eine oder mehrere Bearbeitungseinheiten vorhanden, wobei zumindest zwei Endbereiche des Werkstücks gleichzeitig bearbeitet werden können.

Die aus der DE-A 42 08 XYX bekannte Abbundanlage weist – wie aus der nachfolgenden Figur 1 ersichtlich – eine langgezogene Auflage für das Werkstück (2) auf und eine Transporteinrichtung (3), mit der das Werkstück (2) entlang der Auflage transportiert werden kann. Die Transporteinrichtung weist einen Mitnehmer (6) auf, der mit dem Werkstück verbindbar ist und das Werkstück durch die Abbundanlage hindurch zieht.

Die Klagepatentschrift sieht es als Vorteil der zuletzt beschriebenen Abbundanlage an, dass hierdurch die aufwändige Handarbeit eines Zimmermanns maschinell unterstützt werden kann. Denn die Abbundanlage ist mit einer Computersteuerung verbunden, die die Daten eines Konstruktionsprogramms übernimmt und aus diesen Daten die entsprechenden Bearbeitungsschritte für das Werkstück ermittelt. Vorteilhaft ist auch, so die Klagepatentschrift, dass durch die exakte Führung des Holzstücks durch die Transporteinrichtung eine exakte Bearbeitung erreicht wird (Absatz [0005]).

Als eine Schwierigkeit bei der Konstruktion von Abbundanlagen beschreibt das Klagepatent jedoch, dass das Werkstück im Verlaufe des Transports durch die Anlage in der Regel verschiedene Bearbeitungsschritte durchlaufen muss, wozu unterschiedlichste Werkzeuge wie zum Beispiel Stirn- und Radialfräser, runde und kantige Radialfräser, verschiedene Bohrer oder Sägen erforderlich sind (Absatz [0008]).

In den aus dem Stand der Technik bekannten Anlagen wird dieser Schwierigkeit auf zweierlei Arten begegnet: die erste Möglichkeit besteht darin, für die unterschiedlichen Bearbeitungsschritte jeweils gesonderte, hintereinander angeordnete Bearbeitungsaggregate vorzusehen (Absatz [0009]). Daran kritisiert das Klagepatent jedoch, dass hierdurch die Abbundanlage aufwändiger und damit auch kostspieliger wird, da für jedes Bearbeitungsaggregat eine entsprechende Beweglichkeit durch Antriebsmittel vorgesehen werden muss. Außerdem hat die Anordnung einer Mehrzahl von Bearbeitungsaggregaten zur Folge, dass die Anlage einen großen Platzbedarf hat (Absatz [0011]).

Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass die unterschiedlichen Bearbeitungsschritte durch dasselbe Bearbeitungsaggregat ausgeführt werden, was bedeutet, dass in dem Aggregat nach Ausführung des ersten Bearbeitungsschritts das Werkzeug gewechselt werden muss. Ein solcher Werkzeugwechsel ist im Übrigen auch dann nötig, wenn zwei hintereinander der Anlage zugeführte Werkstücke auf unterschiedliche Arten bearbeitet werden müssen (Absatz [0009]). An dieser Lösung kritisiert das Klagepatent, dass der kontinuierliche Bearbeitungsprozess unterbrochen wird, wenn dasselbe Werkstück erneut der Anlage zugeführt werden muss. Dies und darüber hinaus die anfallenden Umrüstzeiten verringern den Durchsatz der Anlage erheblich (Absatz [0010]).

Vor diesem Hintergrund macht es sich das Klagepatent zur Aufgabe, eine kostengünstig herzustellende Abbundanlage zu schaffen, auf der Strangmaterial wie vorbeschrieben mit mehreren Werkzeugen bei möglichst geringem Raumbedarf der Abbundanlage bearbeitet werden kann.

Dies soll durch eine Abbundanlage gemäß Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:
Abbundanlage

a) die zur Bearbeitung von Strangmaterial, insbesondere zur Bearbeitung von stangenförmigen Holzwerkstücken (1), Holzbalken, Brettern und dergleichen geeignet ist, und folgende Bestandteile aufweist:

b) eine Auflage (8) zum Auflegen des Strangmaterials,

c) eine Transporteinrichtung (7) zum Transportieren des Strangmaterials, d) wenigstens ein Bearbeitungsaggregat (6),

e) das entlang der Transporteinrichtung (7) angeordnet ist und

f) eine Werkzeugspindel (5),

g) die von einem Spindelantrieb angetrieben wird, h) die in einer Ebene verschiebbar ist,

i) an der ein Werkzeug (2) für die Bearbeitung des Werkstückes (1) angeordnet ist,

j) die um eine zur Spindelachse (5´) senkrechte Drehachse (D) drehbar ist,

k) die im oberen Bereich eines Standfußes (3) gelagert ist,

l) dessen gegenüberliegendes Ende auf einem drehbar gelagerten
Drehteller (4) befestigt ist,

m) und bei der der Vorschub für die Bearbeitung des Werkstückes (1) durch das Bearbeitungsaggregat (6) von der Vorschubbewegung der Transporteinrichtung (7) abgeleitet ist.

2.

Die angegriffenen Ausführungsformen machen von sämtlichen vorgenannten Merkmalen Gebrauch. Was die Merkmale a), b), d), f), g), i) und l) anbelangt, so ist dies zwischen den Parteien zu Recht unstreitig. Soweit die Beklagte erstinstanzlich die Verwirklichung der Merkmale c), e) und h) in Abrede gestellt hat, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf den Seiten 15 bis 18 des landgerichtlichen Urteils verwiesen, die die Beklagte mit der Berufung zu Recht nicht angreift. Die angegriffenen Ausführungsformen machen jedoch auch von den Merkmalen j), k) und m) wortsinngemäß Gebrauch.

a)

Nach der Vorgabe in Art. 69 Abs. 1 EPÜ wird der Schutzbereich eines Patents durch die Patentansprüche bestimmt. Damit diese Bestimmung so erfolgen kann, dass die Ziele des Art. 1 des Auslegungsprotokolls erreicht werden, ist zunächst unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen der technische Sinngehalt zu ermitteln, der dem Wortlaut des Patentanspruchs aus fachmännischer Sicht beizumessen ist. Dabei sind Merkmale und Begriffe des Klagepatents grundsätzlich so auszulegen, wie dies angesichts der ihnen nach dem offenbarten Erfindungsgedanken zugedachten technischen Funktion angemessen ist (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; BGH, GRUR 2009, 655 – Trägerplatte). Dabei ist zu fragen, welche objektive Problemstellung dem technischen Schutzrecht zugrunde liegt und wie sie gelöst werden soll. Insbesondere kommt es darauf an, welche – nicht nur bevorzugten, sondern zwingenden – Vorteile mit dem Merkmal erzielt und welche Nachteile des vorbekannten Standes der Technik – nicht nur bevorzugt, sondern zwingend – mit dem Merkmal beseitigt werden sollen (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR 2000, 599 – Staubsaugerfilter). Das Verständnis des Fachmanns wird sich dabei entscheidend am in dem Schutzrecht zum Ausdruck gekommenen Zweck eines bestimmten Merkmals orientieren (BGH, GRUR 2001, 232 – Brieflocher). Die Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen darf nicht zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortlaut des Schutzanspruchs festgelegten Gegenstands führen (zum Patentrecht: BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung; BGH, GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit; BGH, GRUR 2010, 602 – Gelenkanordnung).

Der maßgebliche Durchschnittsfachmann ist vorliegend ein Maschinenbauingenieur der Fachrichtung Fertigungstechnik mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der Konstruktion und Entwicklung von Abbundanalagen (vgl. BGH, Anlage K 12, S. 6).

b)

Bei den angegriffenen Ausführungsformen ist die Werkzeugspindel um eine zur Spindelachse senkrechte Drehachse D drehbar (Merkmal j)). Der Umstand, dass die Standfüße bei den angegriffenen Ausführungsformen jeweils samt Werkzeugspindel auf einem Kreisbogen um die Drehachse D herum gefahren wird, da sie jeweils am Rand des Drehtellers angebracht sind, führt nicht aus dem Schutzbereich dieses Merkmals heraus.

Merkmal j) gibt lediglich vor, dass die Achse, um die die Werkzeugspindel drehbar sein soll, senkrecht zur Spindelachse stehen soll. Daraus folgert der Fachmann aber nicht, dass diese Drehachse identisch sein muss mit dem Zentrum des Standfußes, auf welchem wiederum die Werkzeugspindel angebracht ist. Denn genauere Angaben dazu, wo sich die angesprochene, senkrecht zur Spindel stehende Achse im Verhältnis zur Spindel befinden soll und wie dementsprechend die Drehbewegung der Spindel im Verhältnis zur Drehachse verlaufen soll, macht der Wortlaut nicht. Dem Fachmann ist lediglich klar, dass die Drehung der Werkzeugspindel um diese Achse bewirkt werden soll durch die Drehung des Drehtellers. Denn dies folgt aus einer Zusammenschau mit Merkmal m), wonach das gegenüberliegende Ende des Standfußes auf einem drehbar gelagerten Drehteller befestigt ist. Die Drehung soll damit – wie die Bezeichnung „Drehteller“ bereits deutlich macht – durch den Drehteller erfolgen. Dieser Zusammenhang wird besonders durch die Absätze [0014] und [0022] der Klagepatentschrift deutlich: In Absatz [0014] wird es als ein Vorteil der Erfindung gegenüber dem Stand der Technik herausgestellt, dass auf der Spindel ein großes Spektrum unterschiedlichster Werkzeuge angeordnet werden können, weil die Position der Werkzeugspindel relativ zum Werkstück beliebig veränderlich ist. In Absatz [0022] heißt es hierzu, die Vielseitigkeit der erfindungsgemäßen Abbundanlage begründe sich aus der Verschiebbarkeit der Werkzeugspindel in einer Ebene, die zur Vorschubrichtung abgewinkelt ist und der Drehbarkeit der Werkzeugspindel um eine zur Spindelachse senkrechte Drehachse (…). Hierzu sei die Spindel zusammen mit dem Spindelantrieb auf einem drehbaren Standfuß angeordnet (…). Hieraus folgt, dass die Drehung der Werkzeugspindel um die Achse D dadurch bewirkt werden soll, dass sich der Drehteller und damit auch der Standfuß, an dem die Werkzeugspindel angeordnet ist, dreht. Diese Drehung ist aber unabhängig davon, ob der Standfuß auf dem Drehteller mittig oder außermittig angeordnet ist.

Auch die Funktion des Merkmals j) spricht gegen die von der Beklagten vertretene einschränkende Auslegung. Denn die Funktion dieses Merkmals besteht darin, dazu beizutragen, dass die Position der Werkzeugspindel relativ zum Werkstück beliebig veränderlich ist. Diesen Vorteil stellt das Klagepatent in Absatz [0014] heraus sowie in dem vorzitierten Absatz [0022]. Die Drehung eines außermittig auf dem Drehteller angebrachten Standfußes trägt aber in demselben Maße zu dieser Positionierbarkeit bei wie ein mittig angebrachter Standfuß. Wird beispielsweise zuerst durch einen Fräser die Stirnseite des Werkstücks bearbeitet, so ist die Spindel so gedreht, dass der Fräser der Stirnseite zugewandt ist. Wenn danach eine Seite des Werkstücks bearbeitet werden soll, so dreht sich der Drehteller um 90°. Damit nun der Fräser tatsächlich seitlich des Werkstücks positioniert ist und nicht dem Vorschub des Werkstücks im Wege steht, bedarf es jedoch noch einer Querbewegung des gesamten Drehtellers mitsamt Standfuß und Spindel. Dass diese Bewegung notwendig ist, beschreibt auch das Klagepatent, und zwar in Absatz [0015] mit den Worten „und entsprechend in der Ebene quer zum Werkstück verfahrenem Bearbeitungsaggregat“ sowie im Absatz [0016] mit den Worten „Transversalbewegungen des Bearbeitungsaggregats“ und in Absatz [0022] mit den Worten „kann die Werkzeugspindel dann durch eine Querbewegung rechtwinklig zur Vorschubrichtung (…) verfahren werden“. Die hier angesprochene Querbewegung kann in dem Ausführungsbeispiel des Klagepatents etwa durch den auf Gleitlagern 26 gelagerten Führungsbaum 25 ausgeführt werden. Ist der Standfuß nun außermittig auf dem Drehteller angeordnet, so ist zur richtigen Positionierung lediglich eine etwas andere (kürzere oder längere) Querbewegung notwendig, als wenn der Standfuß mittig darauf platziert wird. Erspart wird diese Querbewegung nicht. Auch bei einer mittigen Anordnung des Standfußes kann somit nicht durch eine einzige Bewegung, nämlich die Drehung des Drehtellers um 90°, bereits die nächste korrekte Arbeitsposition der Werkzeugspindel erreicht werden. Dass die Querbewegung möglichst gering gehalten werden soll, ist der Klagepatentschrift nicht zu entnehmen. Es wird auch nicht zum Ziel erklärt, dass die gewünschte Endposition jeweils mit möglichst wenigen Bewegungen der Einzelteile des Bearbeitungsaggregats erreicht werden soll. Die Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik liegt vielmehr darin, dass eine Werkzeugspindel mit mehreren Werkzeugen bestückt wird und dass zur Nutzung dieser multifunktionalen Werkzeugspindel eine besonders flexible Positionierung der Werkzeugspindel gegenüber dem Werkstück ermöglicht wird.

Der Umstand, dass in den Ausführungsbeispielen lediglich eine mittige Anordnung des Standfußes auf dem Drehteller gezeigt wird, ändert an diesem Auslegungsergebnis nichts, denn die Ausführungsbeispiele können einen weiter gefassten Patentanspruch nicht einschränken (BGHZ 160, 204, 210 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit; BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe).

Bei beiden angegriffenen Ausführungsformen dreht sich jeweils der Drehteller um eine durch den Mittelpunkt verlaufende Achse, und die Werkzeugspindeln sind außermittig auf diesem befestigt. Indem sich bei einer Drehung des Drehtellers damit die Werkzeugspindeln auf dem Weg eines Kreisbogens um eine Achse drehen, die von der Werkzeugspindel senkrecht zum Mittelpunkt des Drehtellers führt, ist Merkmal j) erfüllt.

c)

Auch ist bei beiden Ausführungsformen das Merkmal k) verwirklicht. Im Hinblick auf die Ausführungsform S 4 ist dies zwischen den Parteien unstreitig. Aber auch bei der Ausführungsform S 6 ist die Werkzeugspindel im oberen Bereich des Standfußes gelagert.

Mit einer „Lagerung“ eines Bauteils verbindet der Fachmann eine Anordnung, die eine Bewegung dieses Bauteils gegenüber demjenigen Bauteil ermöglicht, an/in dem es gelagert ist. Dass das Klagepatent den Begriff ebenfalls in diesem Sinne verwendet, ist für den Fachmann deshalb offensichtlich, weil ihm bewusst ist, dass sich die Werkzeugspindel um ihre eigene Achse drehen können muss. Sie muss sich drehen können, damit die an ihr befestigten Werkzeuge wie Fräser, Bohrer etc. zur Anwendung kommen können. Im Patentanspruch kommt diese als selbstverständlich vorausgesetzte Drehbarkeit der Werkzeugspindel um ihre eigene Achse dadurch zum Ausdruck, dass von einer „von einem Spindelantrieb angetriebenen Werkzeugspindel“ die Rede ist (Merkmal g)). Für diese Funktion, eine Drehbarkeit der Werkzeugspindel um ihre eigene Achse zu ermöglichen, ist es jedoch unerheblich, ob die in Merkmal k) geforderte Lagerung unmittelbar am Standfuß erfolgt oder ob weitere Bauteile am Standfuß befestigt sind, über die diese Lagerung mittelbar erfolgt.

Auch macht der Patentanspruch zu der Frage, ob die Lagerung unmittelbar im Standfuß oder aber mittelbar über weitere, am Standfuß befestigte Bauteile erfolgen soll, keine Vorgabe. Denn er verlangt keine Lagerung „im Standfuß“. Das Wort „im“ bezieht sich vielmehr offensichtlich auf die Wendung „im Bereich“, so dass lediglich eine Lagerung – ob unmittelbar oder mittelbar – im oberen Bereich dieses Standfußes verlangt wird.

In seinem Ausführungsbeispiel zeigt das Klagepatent zwar eine unmittelbare Lagerung der Spindel am Standfuß mittels Wälzlagern (Absatz [0044]). Auch hier gilt jedoch der Grundsatz, dass ein Ausführungsbeispiel einen allgemeiner gefassten Patentanspruch nicht einschränken kann (BGHZ 160, 204, 210 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit; BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe).

Da das Klagepatent mithin zwar eine Lagerung der Spindel am Standfuß im Sinne einer eine Drehbarkeit zulassenden Anordnung vorgibt, aber offen lässt, ob die Lager unmittelbar am Standfuß oder aber an einem daran befestigten Bauteil angebracht sind, verletzt auch die Ausführungsform S 6 das Merkmal k). Dort ist die Werkzeugspindel ebenfalls drehbar gelagert, wenn auch in einem – seinerseits am Standfuß befestigten – eigenen Getriebe.

d)

Schließlich ist bei den angegriffenen Ausführungsformen auch der Vorschub für die Bearbeitung des Werkstücks durch das Bearbeitungsaggregat von der Vorschubbewegung der Transporteinrichtung abgeleitet, wie Merkmal m) es vorgibt.

Es kann nicht entsprechend der Auffassung der Beklagten davon ausgegangen werden, dass Merkmal m) voraussetzt, der Vorschub der Transporteinrichtung und des Werkstücks müssten stets identisch sein. Vielmehr gibt Merkmal m) – wie bereits der Bundesgerichtshof (Anlage K 12, Rn. 14) und das Bundespatentgericht (Anlage K 11, S. 8 f.) ausgeführt haben – vor, dass der Vorschub für die Bearbeitung des Werkstücks zumindest in Längsrichtung des Werkstücks auch durch eine entsprechende Vorschubbewegung der Transporteinrichtung erzeugt werden kann.

Das Merkmal m) differenziert in seinem Wortlaut zwischen dem „Vorschub für die Bearbeitung des Werkstücks durch das Bearbeitungsaggregat“ einerseits und der

„Vorschubbewegung der Transporteinrichtung“ andererseits. Mit dem Vorschub für die Bearbeitung des Werkstücks, vom Klagepatent auch kurz als „Vorschub“ bezeichnet, ist – so erkennt der Fachmann – die Relativbewegung zwischen dem Werkstück und dem an der Werkzeugspindel befestigten Werkzeug gemeint.

Dies folgt aus Absatz [0014], in dem es heißt, der Vorschub werde durch die Bewegung des Werkstückes durch die Anlage vollzogen. Hier geht es nicht um die Frage, wie sich das Werkstück generell durch die Anlage bewegt, sondern es geht es um die Frage, ob sich für einen Fortgang des Bearbeitungsvorgangs das Werkstück bewegt oder aber das Bearbeitungsaggregat. Das Klagepatent führt diesen Vorteil, dass sich das Werkstück bewegt, im Hinblick auf den Stand der Technik auf, an dem es kritisiert hatte, dass es aufwändig und damit kostspielig sei, eine Beweglichkeit für (dort sogar mehrere) Bearbeitungsaggregate vorzusehen. Deshalb solle sich bei der klagepatentgemäßen Erfindung auch das Werkstück in der Bearbeitung weiterbewegen. In den Absätzen [0026] und [0028] des allgemeinen Teils der Beschreibung heißt es hierzu weiter, der Vorschub der erfindungsgemäßen Abbundanlage könne sowohl durch eine Bewegung des Bearbeitungsaggregats, als auch durch die Werkstückbewegung oder einer Kombination aus beiden Bewegungen vollzogen werden. Auch hier wird die Bewegung des Werkstücks und des Werkzeugs zueinander beschrieben.

Wenn Merkmal m) vor diesem Hintergrund nun vorgibt, dass der Fortgang der Bearbeitung des Werkstücks durch das Bearbeitungsaggregat von der Vorschubbewegung der Transporteinrichtung abgeleitet sein soll, so wird hiermit lediglich ausgesagt, dass anspruchsgemäß die Transporteinrichtung zu diesem Fortgang ihren Beitrag leisten soll. Ein festes Verhältnis zwischen der Bewegung der Transporteinrichtung und der Bewegung des Werkstücks enthält Merkmal m) nicht. Insbesondere wird der Fachmann nicht davon ausgehen, dass diese Bewegungen immer identisch sein müssen. Zwar zeigt das Ausführungsbeispiel eine solche Ausgestaltung, denn dort besteht die Transporteinrichtung aus einer motorisch entlang einer Führungsbahn 17 getriebenen Schleppeinrichtung 18, die über einen Stempel 19 mit dem Werkstück 1 verbunden ist (Absatz [0037]). Hier wird die Bewegung der Transporteinrichtung identisch auf das Werkstück übertragen, und das Klagepatent bezeichnet diese Ausführung in Absatz [0049] auch als vorteilhaft, da das Werkstück genau geführt werden kann. Eine vergleichbare Ausgestaltung hatte das Klagepatent auch aus der DE 42 08 XYX (Anlage K 5) als vorbekannt beschrieben und hierzu in Absatz [0005] hervorgehoben, durch die exakte Führung des Holzstücks durch die Transporteinrichtung werde eine exakte Bearbeitung erreicht.

Wenn also auch zu erkennen ist, dass das Klagepatent diese Ausführung als vorteilhaft ansieht, wird der Fachmann angesichts des weiter gefassten Wortlauts nicht davon ausgehen, dass sich das Klagepatent auf diese lediglich als bevorzugt beschriebene Ausführung beschränken will, zumal die konkrete Transporteinrichtung des Ausführungsbeispiels in den Patentansprüchen auch nicht aufgeführt wird. Die Funktion des Merkmals m) besteht darin, dass die Beweglichkeit, die bei der Konstruktion der Anlage für die Bearbeitungsaggregate vorzusehen ist, in Grenzen gehalten werden soll, da dies die Herstellung verteuert (vgl. Absatz [0011]). Dieses Ziel wird aber schon dann erreicht, wenn die Transporteinrichtung jedenfalls einen Beitrag leistet zum Vorschub des Werkstücks während des Bearbeitungsvorgangs. Zu der Frage, auf welche Weise sichergestellt wird, dass der Bearbeitungsvorgang auch exakt ausgeführt wird, enthält Merkmal m) demgegenüber keine Angaben. Diese würde der Fachmann dort auch nicht erwarten. Denn ihm ist angesichts der Absätze [0005] und [0006] ohnehin klar, dass die Bearbeitung des Werkstücks vorzugsweise mittels eines Computerprogramms gesteuert werden sollte. Wie dieses Computerprogramm mit der Abbundanlage verbunden wird, bleibt aber dem Fachmann überlassen. Insbesondere erhält er durch den Patentanspruch keine Vorgaben, an welcher Stelle das Programm die für die Steuerung relevanten Informationen wie etwa den Vorschub, den Fortgang der Bearbeitung etc. messen soll.

Bei den angegriffenen Ausführungsformen bewegen sich bei der Bearbeitung der Werkstücke unstreitig – wie es das Merkmal m) vorgibt – nicht nur die Bearbeitungsaggregate, sondern auch die Werkstücke. Diese Bewegung der Werkstücke wird bewirkt durch die Transporteinrichtung. Das Werkstück wird zum einen durch das sich absenkende Gliederband durch die Anlage geführt (Anlage K 7a, Abbildung 2, oben mit der Ziffer „7“ bezeichnet) und zum anderen durch das linke weiße Band (Anlage K 7a, Abbildung 2, ebenfalls unten mit der Ziffer „7“ bezeichnet). Das linke weiße Band führt das Werkstück durch das Bearbeitungsaggregat, indem es das Werkstück gegen das rechts gezeigte weiße Band presst. Beide Bänder wirken für den Vorschub des Werkstückes zusammen, so dass der Vorschub zumindest auch von der Transporteinrichtung abgeleitet ist. Nach den vorstehenden Ausführungen ist es für die Verwirklichung des Merkmals m) auch irrelevant, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen der Vorschub der Transporteinrichtung nicht identisch ist mit dem Vorschub des Werkstücks, da es zu Schlupf kommen kann, und dass die Steuerung des Bearbeitungsvorgangs nicht darauf abstellt, welche Vorschubbewegungen die Transporteinrichtung (das linke weiße Transportband) vollzieht.

3.

Nachdem der Kläger – mit Zustimmung des Beklagtenvertreters durch rügelose Einlassung – den Klageantrag auf einen Zeitraum beschränkt hat, in welchem die Ansprüche unstreitig nicht verjährt sind, geht die Einrede der Verjährung ins Leere. Denn der Schadensersatzanspruch ist in dem geltend gemachten Zeitraum ab dem 01.01.2008 nicht verjährt. Unabhängig davon, ob aufgrund einer Kenntnis des Klägers von den angegriffenen Ausführungsformen die Verjährungsfrist bereits zu laufen begonnen hatte, ist durch die Klageeinreichung am 17.08.2011 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. §§ 253 Abs. 1, 167 ZPO die Verjährung gehemmt worden, so dass alle seit dem 01.01.2008 entstandene Schadensersatzansprüche nicht verjährt sind. Wie vom Kläger geltend gemacht verbleibt für die Zeit davor (03.09.2005 bis zum 31.12.2007) auch für den Fall, dass man den Eintritt von Verjährung für diese Ansprüche unterstellt, der Restschadensersatzanspruch. Indem der Kläger für die Zeit vor dem 17.08.2001 keine Ansprüche mehr geltend macht, berücksichtigt er auch die Verjährungshöchstfrist von zehn Jahren gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB.

4.

Die Einrede der Verwirkung greift nicht durch. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Verletzer wegen der Untätigkeit des Schutzrechtsinhabers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Neben einem sogenannten Zeitmoment bedarf es mithin stets des Vorliegens eines sogenannten Umstandsmoments (BGH, NJW-RR 2006, 235; BGH GRUR 2001, 323, 325 – Temperaturwächter; OLG Düsseldorf, BeckRS 2007, 16112, S. 16 – Fahrbare Betonpumpe). Dies hat die Beklagte darzulegen und zu beweisen.

Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, hat die Beklagte diese Voraussetzungen nicht dargetan. Auch in der Berufungsinstanz fehlt es an entsprechendem Vortrag, worauf der Kläger bereits in der Berufungserwiderung hingewiesen hat. Die Beklagte verweist insoweit lediglich darauf, dass der Kläger vom Vertrieb der Ausführungsform S 4 Kenntnis hatte. Die Beklagte hat aber schon nicht dargetan hat, welche Maßnahmen sie getroffen hat, um sich auf die Nichtgeltendmachung der Rechte aus dem Klagepatent, auf die sie vertraut haben will, einzurichten.

5.

Aus der Patentverletzung ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.

a)

Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden. Denn das Urteil des Landgerichts stellt kein unzulässiges Teilurteil dar, was gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO – bei entsprechendem Antrag der Beklagten – eine Zurückverweisung rechtfertigen würde. Der Kläger hat die Unteransprüche 3, 4, 5, 6, 8, 13, 14 und 15 lediglich „insbesondere“ geltend gemacht. Daher handelt es sich bei diesen Anträgen um Hilfsanträge im prozessualen Sinne (Fitzner/Lutz/Bodewig/Voß, PatG, 4. Aufl. 2012, Vor §§ 139 Rn. PatG, Rn. 46; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 6. Aufl. 2013, Rn. 535). Sie konkretisieren lediglich beispielhaft das durch den Hauptanspruch umrissene Rechtsschutzbegehren (LG Mannheim, InstGE 12, 200, Rn. 161 – Sticktoffmonoxyd-Nachweis; Meier-Beck, GRUR 1998, 276, 277). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, denn sämtliche geltend gemachten Unteransprüche des Klagepatents sind auf Hauptanspruch 1 des Klagepatents zurückbezogen. Damit ist der auf Patentanspruch 1 bezogene Hauptantrag am weitesten gefasst und Ausführungsformen, die Merkmale der genannten Unteransprüche erfüllen, erfüllen zwangsläufig auch die Merkmale von Patentanspruch 1. Entgegen der Ansicht der Beklagten gilt dies auch für die Unteransprüche 4 und 15. Eine Ausführungsform nach Unteranspruch 4, bei der die Werkzeugspindel „im Endbereich des Standfußes“ gelagert ist, erfüllt zugleich die Merkmale von Patentanspruch 1. Dieser ist insoweit weiter gefasst, weil er nur eine Lagerung „im oberen Bereich eines Standfußes“ fordert. Auch Unteranspruch 15 ist kein selbstständiger Nebenanspruch. In Unteranspruch 15 wird eine Variante beschrieben, bei der die Werkzeugspindel nicht nur um ihre eigene Achse drehbar ist und – über den Drehteller – auch um eine senkrecht dazu stehende Achse, sondern außerdem um eine weitere Achse in der dritten Raumdimension. Hier soll also die Spindel auf dem Standfuß zusätzlich noch „verkippt“ werden können. Auch diese Ausgestaltung fällt unter Patentanspruch 1. Dass das Klagepatent hiervon ausgeht, ergibt sich bereits aus der Formulierung des Unteranspruchs 15, der auf die vorhergehenden Ansprüche, die sämtlich auf Patentanspruch 1 zurückbezogen sind, Bezug nimmt. Der kennzeichnende Teil des Unteranspruchs 15 steht auch nicht im Widerspruch zu Merkmal j), wonach die Werkzeugspindel um eine zur Spindelachse senkrechte Drehachse drehbar sein muss. Zwar gibt es bei einer Konstellation gemäß Unteranspruch 15, bei der die Spindel verkippbar ist, nicht mehr nur „eine Spindelachse“, sondern theoretisch viele verschiedene mögliche Spindelachsen, je nachdem, in welcher Position sich die Spindel gerade befindet. Dem Fachmann ist aber klar, dass das Merkmal j) dann natürlich nicht bedeuten kann, dass die Spindel um eine Vielzahl von Drehachsen drehbar sein muss, also um alle Drehachsen, die sich ergeben, wenn man von allen möglichen Stellungen der Werkzeugspindel das Lot zieht. Dies würde auch der Formulierung des Merkmals j) widersprechen, das die Drehbarkeit um nur eine Achse vorsieht („eine zur Spindelachse senkrechte Drehachse“). Der Fachmann wird bestrebt sein, eine Auslegung zu finden, bei der sich Widersprüche zwischen einzelnen Ansprüchen nicht ergeben (BGH, GRUR 2011, 701, 703 – Okklusionsvorrichtung; BGH, GRUR 2008, 887 – Momentanpol II; BGH, GRUR 2009, 653 – Straßenbaumaschine; OLG Düsseldorf, Mitt. 1998, 179 – Mehrpoliger Steckverbinder). Deshalb wird er davon ausgehen, dass es für die Verwirklichung des Merkmals j) ausreichend ist, wenn die Spindel um eine Drehachse D drehbar ist, die senkrecht zu einer möglichen Position der Spindel steht.

Indem das Landgericht die Verwirklichung von Patentanspruch 1 bejaht hat, hat es daher vollumfänglich über das materielle Klagebegehren entschieden.

b)

Im Hinblick auf die Rechtsfolgen zum Unterlassungsanspruch, den Anspruch auf Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, Schadensersatz und Entschädigung ist auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu verweisen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch der Rückrufanspruch gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG begründet. Dabei ist unerheblich, dass die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen nicht an gewerbliche Weiterverkäufer vertreibt, sondern nur an Unternehmen, die die Anlagen unmittelbar selbst einsetzen. Denn der Rückruf ist gegenüber allen gewerblichen Abnehmern/Besitzern durchzuführen (Voß/Kühnen in: Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 140a Rn. 31; Rinken: Fitzner/Lutz/Bodewig, PatG, 4. Aufl. 2012, § 140a Rn. 51). Auf die Frage, ob diese die Ausführungsformen zur eigenen Benutzung in ihrem Betrieb besitzen oder zum Weiterverkauf, kommt es dabei nicht an.

Auch ist der Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Erstattung der Abmahnkosten gemäß § 139 Abs. 2 PatG begründet. Der Kläger hat vorgetragen, dass er die Abmahnkosten an seinen Vertreter gezahlt hat. Dies hat die Beklagte zwar mit Nichtwissen bestritten. Allerdings kann dies tatsächlich dahinstehen, wie das Landgericht angenommen hat. Denn unabhängig davon, ob der Kläger die Kosten tatsächlich bereits beglichen hat, wurde er – und das hat die Beklagte nicht bestritten – in dieser Höhe von seinem Vertreter in Anspruch genommen. Selbst wenn der Kläger das Honorar bisher nicht gezahlt hätte, hätte sich der in diesem Fall bestehende Freistellungsanspruch gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Dies geschieht, wenn der Beklagte die Erfüllung des Anspruchs ernsthaft und endgültig verweigert (BGH, NJW 2011, 2509; BGH, NJW 2004, 1868; OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.2013, Az. I 2 U 29/12 = BeckRS 2013, 20066), was vorliegend der Fall ist, nachdem die Beklagte eine Schadensersatzverpflichtung insgesamt ablehnt.

C.

Bei der Bemessung des Streitwerts war von dem vom Kläger in der Klageschrift angegebenen Streitwert von 250.000,00 € auszugehen, der den objektiven Gegebenheiten und den Wertfestsetzungen des Senats in ähnlichen Angelegenheiten entspricht. Durch die Beschränkung des Klageantrags mit Schriftsatz vom 05.08.2014 hat sich der Streitwert um ein Zehntel auf 225.000,00 € reduziert. Denn es war zu berücksichtigen, dass das Klagepatent schon bei Klageerhebung nur noch eine relativ kurze Laufzeit (bis zum 16.06.2017) hat, so dass dem Unterlassungsanspruch ein Anteil von 50 % vom Gesamtstreitwert zukam. 30 % entfielen auf den Feststellungsantrag und die restlichen 20 % zu gleichen Teilen auf den Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch sowie die Ansprüche auf Vernichtung und Rückruf. Nachdem der Kläger den Schadensersatzanspruch auf die Zeit nach dem 01.01.2008 beschränkt hat und für die Zeit davor nur noch einen Restschadensersatzanspruch geltend gemacht hat, war der Streitwert um knapp ein Drittel des darauf entfallenden Streitwerts zu reduzieren. Wird weiter berücksichtigt, dass der Kläger auch den Rückrufanspruch teilweise eingeschränkt hat, war eine Reduzierung um 10 % vorzunehmen. Da die Zuvielforderung 10 % des Streitwerts nicht überschreitet und durch die Zuvielforderung nur geringfügig höhere Kosten verursacht wurden, waren auch unter Berücksichtigung von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten gemäß §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO vollständig aufzuerlegen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.