Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Juli 2013, Az. 2 U 98/11
Vorinstanz: 4b O 278/08
A.
Auf die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das am 4. Oktober 2011 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
I.
Die Beklagten werden verurteilt,
1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
eine L-Aminosäure (L-Lysin), deren Biosynthese reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat erfordert, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, das mittels eines Verfahrens durch einen Mikroorganismus hergestellt wurde, welches folgende Stufen umfasst:
Kultivierung eines Mikroorganismus in einer Kultur, um die L-Aminosäure zu produzieren und in dem Kulturmedium anzuhäufen, und Gewinnen der L-Aminosäure aus dem Kulturmedium, wobei der Mikroorganismus so modifiziert worden ist, dass die Fähigkeit des Mikroorganismus, reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat aus reduziertem Nicotinamidadenindinucleotid herzustellen durch Erhöhen der exprimierten Menge eines Gens, welches für die Nicotinamidadenindinucleotidhydrogenase kodiert, in der Zelle des Mikroorganismus erhöht ist, wodurch die Produktivität des Mikroorganismus für reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat erhöht ist;
2.
den Klägerinnen unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12. Januar 2002 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
– sämtliche Angaben gegenüber der Klägerin zu 2. erst ab dem
5. Dezember 2006 zu machen sind,
– die Angaben zu den Einkaufspreisen sowie den Verkaufsstellen nur für die Zeit seit dem 1. September 2008 zu machen sind und
– die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu lit. a) und b) die entsprechenden Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine, in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind,
1. der Klägerin zu 1. allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 12. Januar 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,
2. der Klägerin zu 2. allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 5. Dezember 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
B.
Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt: Die Beklagten haben 35/40 der Gerichtskosten und ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, 18/20 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. und 17/20 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2. zu tragen. Die Klägerin zu 1. hat 2/40 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und 2/20 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Die Klägerin zu 2. hat 3/40 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie 3/20 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
C.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 700.000,00 Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise durchzusetzenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
D.
Die Revision wird nicht zugelassen.
E.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 700.000,00 festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Die in Japan geschäftsansässige Klägerin zu 1. ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 0 733 XXX (Klagepatent; Anlage K B 12; deutsche Übersetzung [DE 694 29 XXY T2] Anlage K B 13) betreffend ein Verfahren zur Herstellung einer L-Aminosäure.
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 26. Oktober 1994 unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität vom 28. Oktober 1993 eingereicht. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 12. Dezember 2001. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 694 29 XXZ geführt. Das Klagepatent steht in Kraft.
Wegen des Wortlauts der erteilten Patentansprüche 1, 2, 3 und 8 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
Auf eine von den Beklagten zu 1. und 2. erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht durch Urteil vom 21. Juli 2009 (Anlage B 1) – entsprechend einer Selbstbeschränkung der Klägerin zu 1. – den deutschen Teil des Klagepatents im eingeschränkten Umfang aufrechterhalten. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung der Beklagten zu 1. und 2., mit der diese die vollständige Nichtigerklärung des Klagepatents begehrt haben, hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 7. Januar 2013 (X ZR 138/09; veröffentlicht in GRUR 2012, 479 – Transhydrogenase) zurückgewiesen.
Die im Nichtigkeitsverfahren aufrechterhaltenen Patentansprüche 1 und 6 lauten wie folgt:
„1. Verfahren zur Herstellung einer L-Aminosäure, deren Biosynthese reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat erfordert, durch einen Mikroorganismus, welches folgende Stufen umfasst:
Kultivierung eines Mikroorganismus in einer Kultur, um die L-Aminosäure zu produzieren und in dem Kulturmedium anzuhäufen, und Gewinnen der
L-Aminosäure aus dem Kulturmedium,
wobei der Mikroorganismus so modifiziert worden ist, dass die Fähigkeit des Mikroorganismus, reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat aus reduziertem Nicotinamidadeninindinucloetid herzustellen, erhöht ist, wodurch die Produktivität des Mikroorganismus für reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat erhöht ist.
6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei die Fähigkeit des Mikroorganismus, reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat aus reduziertem Nicotinamidadeninindinucloetid herzustellen, durch Erhöhen der exprimierten Menge eines Gens, welches für die Nicotinamidadeninindinucloetidhydrogenase kodiert, in der Zelle des Mikroorganismus erhöht ist.“
Die Klägerin zu 2. ist eine in Frankreich geschäftsansässige Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1. Sie schloss mit der Klägerin zu 1. am 14. September 1994 ein „Licence Agreement“ (Anlage K 34a; deutsche Übersetzung Anlage K 39; nachfolgend: Lizenzvertrag), mit welchem ihr die Klägerin zu 1. eine ausschließliche Herstellungs- und Vertriebslizenz für die im dortigen Appendix 3 aufgelisteten Patente erteilte. Mit „Memorandum“ vom 25. Juni 2008 (Anlage K 34b; deutsche Übersetzung Anlage K 40) änderten die Klägerinnen den Lizenzvertrag mit Wirkung zum 5. Dezember 2006 ab; u. a. wurde der ursprüngliche Appendix 3 zum Lizenzvertrag durch einen neuen Appendix 3 (Anhang 1 zum Memorandum) ersetzt, in welchem erstmals das Klagepatent aufgeführt ist. Unter dem Datum des 25. August 2010 schlossen die Klägerinnen eine weiteres „Licence Agreement“ (Anlage K 41; deutsche Übersetzung Anlage K 41a), mit welchem der bestehende Lizenzvertrag, geändert durch das Memorandum, hinsichtlich des Gebiets Deutschlands klargestellt und ergänzt wurde. Wegen der Einzelheiten der vorgenannten Verträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die von den Klägerinnen zur Akte gereichten Vertragsablichtungen nebst den überreichten deutschen Übersetzungen Bezug genommen.
Die Beklagte zu 1. ist ein chinesisches Unternehmen, das auf den Cayman Islands eingetragen ist und seine Hauptverwaltung sowie seinen Geschäftssitz unter der im Rubrum angegebenen Adresse hat. Die Beklagte zu 3., bei der es sich um ein Tochterunternehmen der Beklagten zu 1. handelt, stellt eine große Palette von Produkten her, darunter auch Aminosäuren. Diese vertreibt sie u.a. über die Beklagte zu 2. Zu der Produktpalette gehört auch L-Lysin.
Im Jahre 2005 teilte die Beklagte zu 1. in einer Mitteilung gegenüber einem Analysten (Anlage K 6) und in einer Pressemitteilung (Anlage K 5) mit, dass bei der Herstellung ihres Lysins ein neuartiger Stamm von Mikroorganismen zum Einsatz komme, was mit verschiedenen Vorteilen verbunden sei. In der Folgezeit kam es in den Niederlanden, Belgien und Polen zu Patentrechtsstreitigkeiten, wobei Gegenstand des niederländischen Verfahrens auch das Klagepatent war.
In den Niederlanden wurde Anfang 2006 von den Klägerinnen ein Besichtigungsverfahren eingeleitet, welches von der B AG in die Niederlande geliefertes Lysin betraf, das aus der Quelle der Beklagten stammte. Die aus dem besichtigten Lysin genommenen Proben wurden von dem niederländischen C Institut (Anlage K 22, deutsche Übersetzung K 22a) untersucht. Gestützt auf diese, auf den 26. Juni 2006 datierende Analyse erkannte die D gegenüber den Beklagten sowie der B AG mit Urteil vom 22. August 2007 (Anlage K 4) auf eine Verletzung des Klagepatents in den Niederlanden. Mit Urteil vom 29. März 2011 (Anlage K 48; deutsche Übersetzung K 48a) bestätigte der Gerechtshof ’s-Gravenhage als Berufungsgericht die Verletzung sowie den Rechtsbestand des niederländischen Teils des Klagepatents.
In Belgien ordnete im Frühjahr 2008 das Handelsgericht Antwerpen eine Besichtigung bzw. Beschlagnahme der Lager-/Büroräume der B Benelux N.V. sowie eines von der B AG genutzten Lagerhauses der Firma E an. Der gerichtliche Sachverständige stellte in seinem Bericht vom 4. August 2008 (Anlage K 2, deutsche Übersetzung Anlage K 2b) hierzu fest, dass ein erheblicher Teil des in dem Lagerhaus der Firma E befindlichen Lysins im Eigentum der B AG stand und für den Transport nach Deutschland bestimmt war. Beides bestätigte die B AG im Rahmen eines Schriftsatzes, mit dem sie aus eben diesen Gründen eine Aufhebung der Beschlagnahme begehrte (Schriftsatz vom 6. Juni 2008, Anlage K 17, deutsche Übersetzung K 17a). Als Hersteller eines Großteils des beschlagnahmten Lysins ermittelte der gerichtliche Sachverständige die Beklagten zu 1. und 2. Proben des aufgefundenen Lysins ließ der gerichtliche Sachverständige durch das Institut F (deutsche Übersetzung Anlage K 16a) untersuchen. Die Untersuchung veranlasste den gerichtlichen Sachverständigen zu der Schlussfolgerung, dass für die Herstellung aller (bis auf eine) Proben ein
E.coli-Stamm eingesetzt wurde, der ein entsprechend dem – von den Klägerinnen in dem Parallelverfahren I-2 U 148/09 (LG Düsseldorf 4b O 215/08) geltend gemachten – europäischen Patent 0 733 XYX mutiertes Gen enthält.
Im Auftrag der Klägerinnen wurden in Deutschland zwei Säcke à 25 kg Lysin erworben (Anlage K 9). Diese Säcke waren an einen deutschen Abnehmer, die Vilomix Tiernährung GmbH, geliefert worden. Auf den Säcken wird die Beklagte zu 3. als Herstellerin genannt. Darüber hinaus findet sich auf den Säcken ein Hinweis auf die Homepage der Beklagten zu 1. Der niederländische Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen leitete die beiden Säcke an das niederländische Testinstitut C weiter, welches unter dem 10. September 2008 einen Untersuchungsbericht (Anlage K 10/10a) erstellte.
Die Klägerinnen sehen im Angebot und Vertrieb dieses Lysins in Deutschland eine Verletzung des Klagepatents. Mit ihrer Klage haben sie deshalb die Beklagten und die B AG auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung der angegriffenen Erzeugnisse, Rückruf, Urteilsveröffentlichung sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch genommen. Nach Abtrennung des Verfahrens gegen die B AG hat das Landgericht den Klägerinnen die gegenüber dieser geltend gemachten Klageansprüche durch Urteil vom 3. November 2009 (4b O 188/09; Anlage K 35) im Wesentlichen zugesprochen. Die von der B AG gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung hat der Senat durch Urteil vom 28. April 2011 (I-2 U 146/09; Anlage K 44; veröffentlicht in juris) im Wesentlichen zurückgewiesen. Die gegen das Berufungsurteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom
5. Februar 2013 (X ZR 62/11) zurückgewiesen.
Die Klägerinnen haben vor dem Landgericht geltend gemacht: Die Analyse des Instituts C (Anlage K 10/10a) der aus den in Deutschland auf den Markt gebrachten Säcken gezogenen Proben belege eine Verwirklichung des Klagepatents. Die dortigen Experimente 3A und 3B hätten sichtbar gemacht, dass in den untersuchten Lysin-Proben DNA des Bakteriums Escherichia Coli (im Folgenden: E.coli) vorhanden sei, welches über die chromosomale DNA hinaus, die die Basensequenzen des pntA und pntB Gens von E.coli enthalte, zusätzlich Plasmid-DNA aufweise, die ebenfalls diese Sequenzabschnitte beinhalte. Die Erhöhung der Fähigkeit der E.coli Bakterien, Nicotinamidadenindinucleotidphosphat (NADPH) aus Nicotinamidadenindinucleotid (NADH) herzustellen, sei mithin dadurch erreicht worden, dass die Anzahl der Kopien der Gene pntAB, die für die Nicotinamidadenindinucleotidhydrogenase (nachfolgend: Transhydrogenase) kodierten, im Vergleich zum Wildtyp erhöht sei. Neben der chromosomalen Kopie von pntAB liege zusätzlich die auf dem Plasmid enthaltene Kopie von pntAB vor. Durch Exprimierung der Kopien dieser Gene werde eine erhöhte Menge an Transhydrogenaseenzym produziert. Es sei mithin in dem untersuchten Lysin DNA einer anspruchsgemäßen Mutation des E.coli-Bakteriums gefunden worden, wobei die gefundene Mutation sogar einem bevorzugten Ausführungsbeispiel des Klagepatents (Patentanspruch 7) entspreche. Dies alles folge auch aus dem von ihnen vorgelegtem Privatgutachten von Prof. Dr. G vom 11. September 2009 (Anlage K 11), welches die von dem Institut C durchgeführten analytischen Experimente im Einzelnen erläutere sowie deren Richtigkeit bestätige. Die Beklagten seien passivlegitimiert. Für die Beklagten zu 1. und 3. ergebe sich dies u.a. aufgrund ihrer Benennung auf den in Deutschland erworbenen Lysin-Säcken. Die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2. ergebe sich aufgrund des – unstreitigen – Umstandes, dass diese auf Rechnungen, welche an die B AG gesandt worden seien und Lysin zum Gegenstand gehabt hätten, als Absender genannt werde.
Die Beklagten, die um Klageabweisung und hilfsweise um Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gebeten haben, haben die Aktivlegitimation der Klägerinnen bestritten und außerdem geltend gemacht, dass die Klägerinnen eine Verletzungshandlung nicht substantiiert vorgetragen hätten. Insbesondere finde sich eine irgendwie geartete Verbindung zwischen den in der Anlage K 9 gezeigten Säcken und der Beklagten zu 2. nicht. Außerdem hätten die Klägerinnen eine Verletzung des Klagepatents nicht schlüssig dargetan. Die Vorlage des Analyseberichts des Instituts C vom 10. September 2008 reiche insoweit nicht aus. Es handele sich lediglich um eine Analyse des Endprodukts. Damit sei eine Aussage über das Herstellungsverfahren des Lysins nicht möglich. Soweit in dem Analysebericht die Feststellung getroffen werde, dass in den untersuchten Proben DNA von Bakterien der Gattung E.coli aufgefunden worden sei, sei die Herkunft des Bakteriums völlig unklar. Der Bericht schließe nicht aus, dass es sich um eine bloße Verunreinigung handele. Das Institut C habe es außerdem unterlassen zu untersuchen, ob in der Probe etwa auch DNA des Corynebakteriums enthalten sei. Erheblich mit Lücken behaftet sei darüber hinaus der Vortrag der Klägerinnen, dass in der Probe eine DNA mit den spezifischen Mutationen des E.coli-Bakteriums gefunden worden sei. Die durchgeführten Experimente seien nicht aussagekräftig. So genüge beispielsweise der Nachweis des Vorhandenseins eines Plasmids mit einem flankierenden Teil eines Gens nicht, weil dies nichts darüber aussage, ob das Gen tatsächlich funktional vorhanden sei und ob die entsprechenden Sequenzen, die die Expression des Gens bewirkten, ebenfalls vorhanden seien. Solange keine vollständige Gen-Sequenz des Transhydrogenase-Gens im Plasmid gezeigt sei, verbiete sich jede Schlussfolgerung. Darüber hinaus fehle die Darlegung bzw. der Nachweis einer erhöhten Produktivität des Mikroorganismus für NADPH. Die theoretischen Überlegungen der Klägerinnen, die auch noch an die falsche Schlussfolgerung anknüpfe, eine zusätzliche Kopie des für Transhydrogenase kodierenden pntAB-Gens erhöhe automatisch die Produktivität, genügten nicht. Dem Lysin als Endprodukt lasse sich die anspruchsgemäße Erhöhung ebenso wenig ansehen. Dazu bedürfe es vielmehr konkreter Untersuchungen des lebenden Mikroorganismus. Ferner lasse das klägerische Vorbringen einen schlüssigen Vortrag zur erhöhten Enzymaktivität sowie zur Erhöhung der exprimierten Menge des für die Transhydrogenase kodierenden Gens vermissen. Darüber hinaus hätten die Klägerinnen nicht berücksichtigt, dass das von ihnen getestete Lysin nicht-funktionale DNA-Sequenzen enthalte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe in seiner Entscheidung „Monsanto/Cefetra“ jedoch einen Patentschutz für eine DNA-Sequenz ohne eine funktionale Angabe abgelehnt. Überdies stelle das Lysin kein unmittelbares Verfahrenserzeugnis im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 3 PatG dar.
Durch Urteil vom 4. Oktober 2011 hat das Landgericht dem Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen im Wesentlichen entsprochen, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:
„I.
Die Beklagten werden verurteilt,
1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
eine L-Aminosäure (L-Lysin), deren Biosynthese reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat erfordert, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, das mittels eines Verfahrens durch einen Mikroorganismus hergestellt wurde, welches folgende Stufen umfasst:
Kultivierung eines Mikroorganismus in einer Kultur, um die L-Aminosäure zu produzieren und in dem Kulturmedium anzuhäufen, und Gewinnen der L-Aminosäure aus dem Kulturmedium, wobei der Mikroorganismus so modifiziert worden ist, dass die Fähigkeit des Mikroorganismus, reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat aus reduziertem Nicotinamidadenindinucleotid herzustellen durch Erhöhen der exprimierten Menge eines Gens, welches für die Nicotinamidadenindinucleotidhydrogenase kodiert, in der Zelle des Mikroorganismus erhöht ist, wodurch die Produktivität des Mikroorganismus für reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat erhöht ist;
2.
den Klägerinnen unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12. Januar 2002 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
-preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei sämtliche Angaben gegenüber der Klägerin zu 2. erst ab dem 5. Dezember 2006 zu machen sind,
wobei die Angaben zu den Einkaufspreisen sowie den Verkaufsstellen nur für die Zeit seit dem 1. September 2008 zu machen sind und
wobei die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu lit. a) und b) die entsprechenden Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine, in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3.
die gemäß dem unter Ziffer I. 1. beschriebenen Verfahren hergestellte
L-Aminosäure (L-Lysin) gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den durch das Urteil der Kammer vom heutigen Tage gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, gegebenenfalls bereits gezahlte Kaufpreise bzw. sonstige Äquivalente zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten und mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen, soweit die Erzeugnisse nach dem 30. April 2006 angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen wurden,
wobei diese Verpflichtung gegenüber der Klägerin zu 2) erst für Erzeugnisse besteht, die nach dem 5. Dezember 2006 angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht, oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen wurden.
II
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
1) der Klägerin zu 1. allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 12. Januar 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,
2) der Klägerin zu 2. allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 05. Dezember 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“
Zur Begründung hat das Landgericht – soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung – im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagten vertrieben auf dem deutschen Markt Lysin, welches nach der technischen Lehre des Klagepatents hergestellt worden sei. Alle drei Beklagten seien passivlegitimiert. Die Beklagte zu 3. werde auf den in Deutschland von den Klägerinnen erworbenen Lysin-Säcken als Herstellerin genannt. Die Beklagte zu 1. werde unter ihrer Internetadresse auf diesen Säcken genannt, wodurch sie als Anbieterin von Lysin auftrete. Bei der Beklagten zu 2. handele es sich nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten um ein mit der Beklagten zu 3. verbundenes Unternehmen, das im Bereich des Vertriebs der von der Beklagten zu 3. hergestellten Erzeugnisse tätig sei. Es bestehe kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Beklagte zu 2. auch für den Vertrieb der streitgegenständlichen Lysin-Säcke in Deutschland verantwortlich sei.
Die Benutzung des erfindungsgemäßen Verfahrens bei der Herstellung des Lysins sei von den Klägerinnen substantiiert und schlüssig vorgetragen worden. Ihren Vortrag hätten die Klägerinnen mit der Vorlage des Analyseberichts des Instituts C vom 10. September 2008 (Anlage K 10/10a) und dem Privatgutachten von Prof. Dr. G vom 11. September 2008 (Anlage K 11) untermauert. Sowohl dem Analysebericht als auch dem Privatgutachten sei zu entnehmen, dass die Proben des untersuchten Lysins DNA Material des Mikroorganismus E.coli aufwiesen, welches zudem über mindestens eine zusätzliche Kopie des pntAB-Gens auf einem Plasmid verfüge. Dem schlüssigen und substantiierten Vortrag der Klägerinnen seien die Beklagten nicht in erheblicher Weise entgegen getreten. Einer weitergehenden Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Beklagten gegen den Analysebericht des Instituts C vom 10. September 2008 bedürfe es vor diesem Hintergrund nicht, wobei allerdings anzumerken sei, dass die von den Beklagten hiergegen erhobenen Einwände nicht verfingen.
Bei dem angegriffenen Lysin handele es sich um ein unmittelbares Verfahrensprodukt im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG. Unerheblich sei, dass sich das angegriffene Lysin in seinen stofflichen Eigenschaften nicht von außerhalb des patentgeschützten Verfahrens hergestelltem Lysin unterscheide. Das unmittelbare Verfahrenserzeugnis müsse nicht mit bestimmten, durch das patentgeschützte Verfahren vermittelten spezifischen Eigenschaften versehen sein. Dass der eigentliche Fermentationsprozess, aus dem das Lysin hervorgehe, durch die in der geltend gemachten Patentanspruchskombination gelehrten Maßnahmen nicht berührt werde, sei ohne Bedeutung. Bei dem angegriffenen Lysin handele es sich auch um ein „unmittelbar“ durch das geschützte Verfahren hergestelltes Erzeugnis. Das erfindungsgemäße Verfahren führe unstreitig zu einer Steigerung der Lysinausbeute, auch wenn diese, wie die Beklagten vortrügen, „nur 6 %“ betrage. Die Steigerung der Ausbeute habe ihre Ursache in dem erfindungsgemäßen Verfahren und hafte dem Verfahrenserzeugnis auch nach Durchführung der weiteren Verfahrensschritte an.
Die von den Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des EuGH sei im Streitfall nicht einschlägig, weil es hier nicht um Stoffschutz für eine Gensequenz gehe, sondern um ein Verfahrensprodukt, das unter Benutzung des klagepatentgeschützten Verfahrens hergestellt worden sei. Die in Rede stehende EuGH-Entscheidung führe auch nicht zu einer anderen Beurteilung der Frage, was unter einem unmittelbaren Verfahrenserzeugnis zu verstehen sei.
Aus der festgestellten Patentverletzung ergäben sich die zuerkannten Klageansprüche. Sowohl die Klägerin zu 1. als Patentinhaberin als auch die Klägerin zu 2. als ausschließliche Lizenznehmerin seien insoweit aktiv legitimiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie eine vollständige Abweisung der Klage erstreben. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machen sie geltend:
Die Klägerinnen besäßen über das tatsächlich angewandte Herstellungsverfahren keine Erkenntnisse und hätten dazu keine Untersuchungen angestellt. Ihre Argumentation beruhe allein auf Schlussfolgerungen, die sie aus Untersuchungen von Lysin-Proben zögen. Dieses Lysin unterscheide sich indes in nichts von Lysin, das von nicht modifizierten Bakterien produziert worden sei. Die Indizien, auf die sich die Klägerinnen stützten, seien Spuren eines Bakteriums und DNA-Spuren, die zwar nach dem Vortrag der Klägerinnen in den gezogenen Proben enthalten seien. Wenn überhaupt, befänden sich diese Spuren in den Proben aber zusätzlich zu dem Lysin. Das Lysin selbst sei nicht etwa durch die Spuren modifiziert worden. Es handele sich mithin um Spuren, deren Herkunft sich auch nach dem Vortrag der Klägerinnen nicht eindeutig zuordnen lasse. Der Bericht des Instituts C vom 10. September 2008 reiche nicht aus, um schlüssig darzulegen, dass die Spuren zu einem Mikroorganismus gehörten, der das Lysin hergestellt habe. Denn dem Lysin lasse sich nicht ansehen, von welchem Organismus es produziert worden sei. Der Rückschluss von dem Vorhandensein der DNA-Spuren auf den für die Produktion des Lysins eingesetzten Mikroorganismus stelle eine hypothetische Möglichkeit dar, sei aber keineswegs zwingend. Ebenso seien Verunreinigungen denkbar, aufgrund derer die festgestellten DNA-Spuren in die Proben gelangt sein können.
Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, sie seien dem Vortrag der Klägerin nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Tatsächlich sei der Vortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerinnen unsubstanziiert.
Die Argumentation des Landgerichts im Hinblick auf die Verwirklichung der Merkmale der Unteransprüche 5 und 6 sei widersprüchlich. Es werde nicht auf tatsächliche Feststellungen, sondern auf Mutmaßungen der Klägerinnen abgestellt.
Darüber hinaus stelle das Lysin kein unmittelbares Verfahrenserzeugnis dar und sei vom Patentschutz nicht mehr erfasst. Es fehle sowohl an der Unmittelbarkeit als auch an einem Herstellungsverfahren. Die patentgemäßen Verfahrensschritte beträfen Eingriffe in die DNA des Bakteriums, das sodann Lysin herstelle. Diese Modifikation solle dazu führen, dass die Fähigkeit des Mikroorganismus, NADP aus NADH herzustellen, erhöht sei. Die Art und Weise der Produktion des Lysins selbst bleibe hiervon völlig unberührt. Insbesondere seien diese Verfahrensschritte nicht an der Erzeugung des Lysins beteiligt. Das Verfahren nach dem Klagepatent sei daher kein Herstellungsverfahren. Außerdem fehle es auch an der Unmittelbarkeit des Verfahrenserzeugnisses. In den natürlichen Produktionsprozess des Lysins werde nämlich durch die Verfahrensschritte nicht eingegriffen. Ebenso wenig verliehen die patentgemäßen Verfahrensschritte dem Lysin seine Eigenschaften. Keiner der erfindungsgemäßen Verfahrensschritte sei an der Herstellung des Lysins beteiligt. Dafür sei allein der Mikroorganismus verantwortlich.
Zu Unrecht habe das Landgericht die „Monsanto“-Entscheidung des EuGH nicht berücksichtigt. Die Klägerinnen wendeten sich mit dem Klagepatent gegen ein Produkt, das nicht-funktionale genetische Informationen enthalte. Dafür könne nach den Grundsätzen dieser Entscheidung Patentschutz nicht gewährt werden.
Die Beklagte beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil als zutreffend und treten den Ausführungen der Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Einzelnen entgegen, wobei sich insbesondere geltend machen, dass es sich bei dem angegriffenen Lysin um ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis handele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber im Wesentlichen unbegründet. Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland Lysin in den Verkehr gebracht haben, das nach dem im Klagepatent unter Schutz gestellten Verfahren hergestellt worden ist. Ferner ist das Landgericht mit Recht davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Lysin um ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis im Sinn des § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG handelt. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Wegen der Verletzung des Klagepatents stehen den Klägerinnen die gegen die Beklagten zuerkannten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatz zu. Etwas anderes gilt lediglich hinsichtlich des den Klägerinnen vom Landgericht auch zugesprochenen Rückrufanspruchs, weil ein solcher Anspruch gegen die im Ausland geschäftsansässigen Beklagten nicht besteht. Der Senat hat die Klage deshalb insoweit unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils abgewiesen, wobei er das landgerichtliche Urteil entsprechend neu gefasst hat. Dabei hat der Senat zugleich den Urteilsausspruch zu II. des landgerichtlichen Urteils wegen offensichtlicher Unrichtigkeit dahin berichtigt, dass es dort statt „die Beklagte“ richtig „die Beklagten“ heißen muss.
1.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer L-Aminosäure unter Verwendung eines Mikroorganismus.
Eine solche Aminosäure ist insbesondere L-Lysin, d. h. Lysin in der so genannten
L-Konfiguration (im Folgenden nur: Lysin), wobei es sich bei Lysin um eine essentielle Aminosäure handelt. Aminosäuren sind Bausteine der Proteine. Tierische Organismen benötigen Proteine für das Wachstum und die Reparatur von Geweben. Essentielle Aminosäuren sind solche Aminosäuren, die ein tierischer Organismus insbesondere für die Proteinbiosynthese benötigt, aber nicht selbst aus elementaren Bestandteilen aufbauen kann. Sie müssen dem Organismus deshalb mit der Nahrung zugeführt werden. Alle essentiellen Aminosäuren kommen dementsprechend in den wichtigsten landwirtschaftlichen Basisstoffen für Tierfutter (z. B. Weizen und anderen Getreidesorten) vor. Insbesondere in den aus pflanzlichen Inhaltsstoffen bestehenden Futtermitteln ist der Gehalt von Lysin allerdings gering bzw. unzureichend. Deshalb handelt es sich bei Lysin auch um eine so genannte limitierende Aminosäure, deren Mengenanteil in der Nahrung die Fähigkeit des Tieres, Proteine zu synthetisieren, begrenzt, weil die Proteinbiosynthese immer nur bis zu dem Niveau der limitierenden Aminosäure stattfinden kann. Der Lysin-Anteil in Tierfutter ist damit ein entscheidendes Qualitätskriterium. Die industrielle Herstellung von Lysin hat infolge dessen große Bedeutung erlangt.
Lysin wird industriell mit Hilfe von Mikroorganismen, wie etwa Bakterien, im Rahmen eines Fermentationsprozesses hergestellt (vgl. Anlage K B 13, Seite 1 vorletzter Absatz). Beim Fermentationsprozess werden Rohstoffe wie Glukose in einem Fermentationsbehälter (Bioreaktor) gefüllt, in dem dann durch Einsatz von spezifischen Mikroorganismen die Zielsubstanz durch den Metabolismus des Mikroorganismus hergestellt wird. Diese Biosynthese besteht aus verschiedenen chemischen Umwandlungsschritten. Als Mikroorganismen können z. B. Bakterien der Gattung Escherichia verwendet werden (vgl. Anlage K B 13, Seite 1, 1. Absatz).
Nachfolgend wird der Biosyntheseweg für Lysin in Escherichia coli (nachfolgend:
E.coli), einem typischen Mikroorganismus der Gattung Escherichia, vereinfacht in einer Grafik dargestellt:
Nach den Ausführungen in der Klagepatentschrift waren am Prioritätstag Verfahren zur Herstellung von L-Aminosäuren im Wege der Fermentation unter Einsatz von Mikroorganismen wie zum Beispiel E.coli bekannt. Hierbei sind auch genetisch veränderte Mikroorganismen eingesetzt worden. Für die Herstellung dieser gentechnisch veränderten Mikroorganismen werden die Techniken der rekombinanten DNA-Technologie eingesetzt (Anlage K B 13, Seite 2, 2. Absatz; vgl. a. BPatG, Urt. v. 21.07.2009 – 3 Ni 21/08 (EU) [nachfolgend: NU], Anlage K 30, Seite 8). Dabei werden zur Beschleunigung des Biosynthesesystems der
L-Aminosäuren in einem Wirtsorganismus ein oder mehrere Gene, die für ein oder mehrere Enzyme im biosynthetischen Weg einer L-Aminosäure kodieren, angereichert. Dies veranlasst die Mikroorganismen dazu, L-Aminosäuren in erhöhtem Maße zu produzieren.
Einige der an der Biosynthese von L-Aminosäuren beteiligten Enzyme benötigen so genannte Koenzyme, um ihre Funktion ausüben zu können. Ein wichtiges Koenzym, das für die Biosynthese vieler L-Aminosäuren benötigt wird, ist reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat (nachfolgend: NADPH) (vgl. Anlage K B 13, Seite 3, vorletzter Absatz; BGH, Urt. v. 07.02.2012 – X ZR 115/09 [nachfolgend: NU], Umdr. Seite 6 = GRUR 2012, 479, 480 Rz. 12; BPatG, NU, Anlage K 30, Seite 8). Dieses Koenzym wird im Rahmen der enzymatischen Reaktion zu Nicotinamidadenindinucleotidphosphat (nachfolgend: NADP) oxidiert und dadurch „verbraucht“. Aus oxidiertem NADP wird in vivo durch Reduktion wiederum NADPH gebildet. Das geschieht durch Umwandlung von Glukose auf dem so genannten Pentosephosphat-Weg (vgl. a. BGH, NU, Umdr. Seite 6 = GRUR 2012, 479, 480 Rz. 12)
Die Klagepatentschrift gibt an, dass zum Prioritätszeitpunkt des Klagepatents die Beziehung zwischen NADPH und der Herstellung von L-Aminosäuren unter Einsatz von Mikroorganismen noch nicht erforscht gewesen sei (Anlage K B 13, Seite 3, 3. Absatz; vgl. a. BPatG, NU, Anlage K 30, Seite 8). Als eines der Enzyme, die für die Produktion von NADPH verantwortlich sind, war zum Prioritätszeitpunkt das Enzym Nicotinamiddinukleotidtranshydrogenase (nachfolgend: Transhydrogenase) bekannt (vgl. Anlage K B 13, Seite 3, letzter Absatz; vgl. a. BPatG, NU, Anlage K 30, Seite 8). Diese katalysiert die reversible Umwandlung von NADH in NADPH (BPatG, NU, Anlage K 30, Seite 8). Bekannt war auch, dass dieses Enzym in verschiedenen Organismen vorhanden ist, so u. a. in Mikroorganismen der Gattung Escherichia (vgl. Anlage K B 13, Seite 3, letzter Absatz). Über die physiologische Funktion dieses Enzyms sei zum Prioritätszeitpunkt allerdings wenig bekannt gewesen (vgl. Anlage K B 13, Seite 3/4, übergreifender Absatz; vgl. a. BPatG, NU, Anlage K 30, Seite 8).
In der Biosynthese von L-Aminosäuren treten verschiedene Reduktionsreaktionen auf. In vielen Fällen wird dabei das Koenzym NADPH als zelleigenes Reduktionsmittel eingesetzt (Anlage K B 13, Seite 5, letzter Absatz; vgl. a. BPatG, NU, Anlage K 30, Seite 8). So erfordern – wie der vorstehend wiedergegebenen Grafik zu entnehmen ist – z. B. die Aspartatsemialdehyddehydrogenase und die Dihydrodipicolinatsynthase NADPH als Koenzym im Biosyntheseweg für Lysin (vgl. a. Anlage K B 13, Seite 5/6, übergreifender Absatz). NADPH wird – wie bereits erwähnt – im Organismus durch Umwandlung (Verstoffwechslung) von Glukose gebildet. Aus einem „verstoffwechselten“ Molekül Glukose werden hierbei NADPH-Moleküle hergestellt. Andererseits wird die Glukose auch für die Biosynthese der
L-Aminosäuren wie Lysin selbst verwendet.
Im Rahmen des Fermentationsprozesses von L-Aminosäuren wird somit an zwei Stellen Glukose benötigt: Erstens als Rohstoff für die Herstellung der L-Aminosäure als solcher und zweitens zur Erzeugung des erforderlichen Koenzyms NADPH. Wenn also – wie es das Klagepatent als These formuliert – die Bildung von NADPH in dem Mikroorganismus erhöht wird, was angesichts der Erkenntnisse aus dem Stand der Technik zu einer Beschleunigung des Fermentationsprozesses und zur Produktivitätserhöhung des Mikroorganismus führen sollte, ist dies mit der nachteiligen Folge verbunden, dass die hierfür verbrauchte Glukose nicht mehr als Zielsubstanzrohstoff (L-Aminosäure) zur Verfügung stehen kann. Eine Steigerung der Produktivität des Mikroorganismus ist mithin (letztlich nur) dann zu erzielen, wenn eine größere Menge an NADPH bereitgestellt wird, ohne dass dafür Glukose verbraucht wird (vgl. Anlage K B 13, Seite 6/7, übergreifender Absatz).
Hierfür bietet sich das in den meisten Zellen in großen Mengen vorhandene NADH an, welches in vivo aus oxidiertem Nicotinamidadenindinucleotid (NAD) mit Hilfe des Zitronensäurezyklus (TCA-Zyklus) gebildet wird (vgl. Anlage K B 13, Seite 6, drittletzter Absatz). NADH ist ein Koenzym, dessen Aufbau demjenigen von NADPH ähnlich ist. Es ist in den eingesetzten Mikroorganismen üblicherweise vorhanden, jedoch für andere Stoffwechselvorgänge von Bedeutung (BGH, NU, Umdr. Seite 6 = GRUR 2012, 479, 480 Rz. 13). Als Koenzym für die Biosynthese von L-Aminosäuren kann NADH in den meisten Fällen nicht verwertet werden (vgl. Anlage K B 13, Seite 6, drittletzter Absatz). Es kann jedoch als Wasserstoffquelle genutzt werden.
Ausgehend hiervon formuliert das Klagepatent zwei Annahmen:
– Wenn intrazelluläres NADH effizient in NADPH umgewandelt werden kann, kann die Glukose, die für die Biosynthese von NADPH durch einen Mikroorganismus erforderlich ist, gespart, und eine L-Aminosäure bei höherer Produktivität hergestellt werden (vgl. Anlage K B 13, Seite 7, vorletzter Absatz).
– Eine Möglichkeit zur effizienteren Umwandlung von NADH zu NADPH kann durch eine Erhöhung des Enzyms Transhydrogenase erfolgen. Transhydrogenase ist für die Produktion von NADPH verantwortlich und kann als Mittel zum Umwandeln von NADH in NADPH eingesetzt werden (vgl. Anlage K B 13, Seite 7, vorletzter Absatz).
Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, die Produktivität von Verfahren zur Herstellung einer L-Aminosäure unter Einsatz eines Mikroorganismus zu verbessern (vgl. Anlage K B 13, Seite 5, letzter Absatz; BGH, NU, Umdr. Seite 5 = GRUR 2012, 479, 480 Rz. 9; BPatG, NU, Anlage K 30, Seite 8).
Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent in der hier geltend gemachten Anspruchskombination (Patentansprüche 1 und 6 in der im Nichtigkeitsverfahren aufrechterhaltenen Fassung) ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
1. Verfahren zur Herstellung einer L-Aminosäure, deren Biosynthese reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat (NADPH) erfordert.
2. Das Verfahren umfasst
a) die Kultivierung des Mikroorganismus in einer Kultur,
b) um die L-Aminosäure zu produzieren und in dem Kulturmedium anzuhäufen,
c) und das Gewinnen der L-Aminosäure aus dem Kulturmedium.
3. Der Mikroorganismus ist modifiziert worden,
a) so dass die Fähigkeit, reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat (NADPH) aus reduziertem Nicotinamidadenindinucleotid (NADH) herzustellen, erhöht ist,
b) durch Erhöhung der exprimierten Menge eines Gens, welches für die
Nicotinamidnucleotidtranshydrogenase (Transhydrogenase) kodiert, in der Zelle des Mikroorganismus,
c) wodurch die Produktivität des Mikroorganismus für reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat (NADPH) erhöht ist.
Im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens kommt dem Einsatz eines modifizierten Mikroorganismus gemäß Merkmal 3 entscheidende Bedeutung zu. Durch die Modifikation des Mikroorganismus gemäß diesem Merkmal wird dessen Fähigkeit erhöht, NADPH auf anderem Wege als durch Umwandlung von Glukose herzustellen, nämlich durch Einsatz von NADH, das – wie ausgeführt – in den eingesetzten Mikroorganismen üblicherweise vorhanden ist. Durch die in Merkmal 3 definierte Modifikation kann NADH eingesetzt werden, um das für die Herstellung der L-Aminosäure benötigte NADPH ohne Einsatz von Glukose zu erzeugen. Damit steht ein höherer Anteil der eingesetzten Glukose für die Umwandlung in das angestrebte Endprodukt zur Verfügung (BGH, NU, Umdr. Seite 6/7, übergreifender Absatz = GRUR 2012, 479, 480 Rz. 13).
Zur Erreichung des in Merkmal 3 a) vorgegebenen Ziels, die Fähigkeit zur Herstellung von NADPH aus NADH zu erhöhen, gibt Patentanspruch 1 kein konkretes Mittel vor. In E.coli kann das Ziel allerdings nur durch Steigerung der Aktivität des Enzyms Transhydrogenase erreicht werden. In den in der Klagepatentschrift geschilderten Ausführungsbeispielen geschieht dies durch verstärkte Expression des für dieses Enzym codierenden Gens. Diese spezielle Vorgehensweise ist in den Patentansprüchen 5 bis 7 als zwingendes Merkmal vorgesehen (BGH, NU, Umdr. Seite 7, GURUR 2012, 479, 480 Rz. 14). Patentanspruch 5 sieht vor, dass die Fähigkeit des Mikroorganismus NADPH aus NADH herzustellen, durch Erhöhen der Enzymaktivität von Transhydrogenase in einer Zelle des Mikroorganismus erhöht ist. Gemäß dem – hier in Kombination mit Patentanspruch 1 geltend gemachten – Patentanspruch 6 ist die Fähigkeit des Mikroorganismus, NADPH aus NADH herzustellen, durch Erhöhen der exprimierten Menge eines Gens, welches für Transhydrogenase kodiert, in der Zelle des Mikroorganismus erhöht (Merkmal 3 b)) und gemäß Patentanspruch 7 ist die Fähigkeit des Mikroorganismus, NADPH aus NADH herzustellen, durch Erhöhen der Anzahl der Kopien des Gens, das für Transhydrogenase kodiert, in der Zelle des Mikroorganismus erhöht. Die in einem E.coli-Bakterium vorhandenen Gene, welche für die Transhydrogenase kodieren, werden als „pntA“ und „pntB“, zusammengefasst als „pntAB“, bezeichnet.
2.
Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland Lysin in den Verkehr gebracht haben, das nach dem schutzbeanspruchten Verfahren hergestellt worden ist.
a)
Das Landgericht hat unangefochten und auch zutreffend festgestellt, dass alle drei Beklagten wegen des Vertriebs des angegriffenen Lysins in Deutschland passivlegitimiert sind.
b)
Mit dem Landgericht ist ferner davon auszugehen, dass das untersuchte Lysin nach einem Verfahren hergestellt worden ist, wie es in der geltend gemachten Kombination aus den Klagepatentansprüchen 1 und 6 beschrieben ist. Die Klägerinnen haben diese Übereinstimmung durch die Untersuchungen des
C-Instituts aus dem Jahre 2008 (Anlage K 10/10a) hinreichend belegt und durch das Privatgutachten Prof. Dr. G (Anlage K 11) ausreichend substantiiert vorgetragen. Die Untersuchungen und die Ausführungen des Privatgutachters der Klägerinnen sind nachvollziehbar und tragen entgegen der Auffassung der Beklagten die vom Landgericht gezogenen Schlussfolgerungen. Es gilt insoweit nichts anderes als in dem vom Senat durch Urteil vom 28. April 2011 (I-2 U 146/09; Anlage K 44) rechtskräftig entschiedenen Verfahren gegen die von den Beklagten belieferte B AG.
aa)
Dass das Lysin der Beklagten durch die Kultivierung eines Mikroorganismus in einer geeigneten Kultur, um das Lysin zu produzieren und in dem Kulturmedium anzuhäufen, hergestellt wurde, steht außer Frage. Aus dem von den Klägerinnen vorgelegten Untersuchungsbericht des Instituts C aus dem Jahre 2008 ergibt sich, dass bei der fermentativen Herstellung des Lysins ein E.coli-Wirtsorganismus verwendet worden sein muss. Denn in den untersuchten Lysin-Proben C 101 und C 102 wurden jeweils DNA-Spuren eines E.coli-Wirtsorganismus gefunden. Dass es sich bei der gefundenen DNA um die eines E.coli-Bakteriums handelt, haben die in dem Analysebericht beschriebenen (Anlage K 10a, Seiten 4 bis 12) und vom Privatgutachter der Klägerinnen näher erläuterten (Anlage K 11, Seiten 1 bis 3) Experimente 1A und 1B ergeben.
(1)
Im Rahmen des Experiments 1A wurde mittels einer Polymerasenkettenreaktion(PCR)-Versuchsreihe untersucht, ob in den Proben eine DNA-Sequenz aus dem cysG-Gen von E.coli aufzufinden ist. Das cysG-Gen kodiert in E.coli ein bekanntes Enzym der Biosynthese des Häm Cofaktors; es findet sich nicht in der Gattung des ebenfalls im Rahmen von Fermentationsprozessen von Lysin verwendeten Corynebakteriums. Zur Feststellung, ob eine DNA-Sequenz des cysG-Gens vorhanden ist, wurden den Proben – entsprechend den in der Biochemie gebräuchlichen und etablierten Nachweismethoden – Primer, d. h. kurze
DNA-Sonden, die sich spezifisch an in der Sequenz komplementäre Bereiche der Ziel-DNA anlagern, zugefügt. Die ausgewählten Primer amplifizieren keine Corynebakterien. Bei der sich anschließenden PCR vervielfältigten sich die
DNA-Stücke, die zwischen den Primern lagen. Nach Auftrennung wurden sie in dem Verfahren der Gelelektrophorese sichtbar gemacht. Die mittels der Gelelektrophorese identifizierten DNA-Stücke wiesen dem Analysebericht zufolge die Länge auf, nämlich 120 Basenpaare, die sie infolge der eingesetzten spezifischen Primer haben sollten bzw. die vorausgesagt war. Aus den ermittelten Daten schlussfolgert der Analysebericht, dass es praktisch sicher ist, dass die aus den Proben gewonnenen PCR-Produkte von 120 Basenpaaren die Amplifikation von in der jeweiligen Probe vorhandenen E.coli- oder Shigella-DNA-Fragmenten darstellen (Anlage K 10a, Seite 8). Gemäß den Erläuterungen des Privatgutachters der Klägerinnen zeigt bereits das Experiment A, dass die beiden Lysin-Proben mit großer Wahrscheinlichkeit E.coli-DNA enthalten und dass das E.coli-cysG-Gen in beiden Proben auch in signifikanter Menge vorhanden ist (Anlage K 11, Seite 2).
Um sicher auszuschließen, dass es sich bei der in den Proben aufgefundenen DNA nicht um das mit E.coli verwandte Bakterium Shigella handelt, wurde das Experiment 1B durchgeführt. Im Rahmen dieses Versuchs wurde untersucht, ob in den Proben eine DNA-Sequenz aus einem weiteren E.coli-Gen, dem yhfZ-Gen, aufzufinden ist. Die hierzu verwendeten Primer erkennen dieses Gen; sie wurden so gewählt, dass sie eine Unterscheidung zu dem mit E.coli verwandten Shigella-Bakterium ermöglichen (vgl. Anlage K 11, Seite 2). Im Rahmen dieses weiteren Experiments zeigte sich, dass die beiden Lysin-Proben E.coli-DNA enthalten, in der das entsprechende yhfZ-Gen mit E.coli spezifischer Sequenz auftritt. Eine Vergleichsprobe, die Coryne-DNA enthielt, zeigte hingegen keine positive Reaktion. Der Analysebericht kommt deshalb zu dem nachvollziehbaren Ergebnis, dass es praktisch sicher ist, dass die aus den Proben gewonnenen PCR-Produkte von 101 Basenpaaren die Amplifikation von in der jeweiligen Probe vorhandenen E.coli-DNA-Fragmenten darstellen (Anlage K 10a, Seite 12). Wie auch der weitere Privatgutachter der Klägerinnen, Prof. Dr. G, bestätigt hat, ist damit in den untersuchten Proben DNA von E.coli identifiziert worden (Anlage K 11, Seiten 1 bis 3).
(2)
Soweit die Beklagten eingewandt haben, eine Analyse des Lysins selbst könne keine Informationen über die Methode seiner Herstellung ergeben, hat bereits das Landgericht mit Recht darauf hingewiesen, dass das von den Klägerinnen mit der Analyse der Lysin-Proben beauftragte Institut nicht „das Lysin“, sondern die
Lysin-Proben untersucht hat, um darin befindliche DNA des Bakteriums E.coli zu identifizieren. Die Identifikation und Analyse der aufgefundenen E.coli-DNA-Spuren lässt Rückschlüsse auf die Herstellungsmethode des Lysins zu, weil gerade diese Mikroorganismen in Fermentationsprozessen eingesetzt werden. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Beklagten einen anderweitigen (plausiblen) Grund für das Vorhandensein der E.coli-DNA-Spuren in den untersuchten Lysin-Proben angeben könnten. Das ist jedoch nicht der Fall.
(2.1)
Der Hinweis der Beklagten auf eine mögliche Verunreinigung des Lysins ist nicht geeignet, die Aussagekraft des von den Klägerinnen vorgelegten Untersuchungsberichts in Zweifel zu ziehen. Dafür, dass das im Rahmen der von den Klägerinnen in Auftrag gegebenen Analyse in den Lysin-Proben aufgefundenen E.coli-DNA-Spuren von E.coli-Bakterien stammt, die infolge einer Verunreinigung in das Lysin bzw. die untersuchten Proben gelangt sind, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Die Beklagten behaupten insbesondere nicht, dass sie von ihnen stammendes Lysin ebenfalls untersucht und hierbei keine E.coli-DNA gefunden hätten. Allein eine bloß theoretische Möglichkeit einer Kontamination von Trinkwasser und/oder Lebensmitteln mit E.coli-Bakterien liefert keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine derartige Verunreinigung bei der Herstellung und/oder Untersuchung des hier in Rede stehenden Lysins tatsächlich erfolgt sein könnte. Abgesehen davon, sind auch in den in Belgien und den Niederlanden genommenen Lysin-Proben E.coli-DNA-Spuren identfifiziert worden. Es ist lebensfremd, dass sämtliches von den Beklagten stammende Lysin „Verunreinigungen“ aufweist. Außerdem handelt es sich bei dem in den Lysin-Proben nachgewiesenen E.coli-Bakterium – wie noch ausgeführt wird – nicht um den E.coli-Wildtyp, sondern um ein modifiziertes E.coli-Bakterium. Wie ein solches E.coli-Bakterium infolge einer „Verunreinigung“ in das Lysin geraten sein sollte, ist weder dargetan noch ersichtlich. Letztlich haben die Beklagten in dem niederländischen Verfahren selbst eingeräumt, dass sie für die Herstellung von Lysin einen E.coli-Stamm verwenden (vgl. Anlage K 4, Seite 14 Ziff. 5.27). Vor diesem Hintergrund kann eine Verunreinigung mit E.coli ausgeschlossen werden.
(2.2)
Andere Gründe, die das Vorhandensein der E.coli-DNA-Spuren in den untersuchten Lysin-Proben erklären könnten, führen die Beklagten nicht an und solche sind auch nicht ersichtlich.
(2.3)
Kann aber eine Verunreinigung ausgeschlossen werden und ist auch kein anderer Grund für das Vorhandensein der E.coli-DNA-Spuren in den untersuchten Lysin-Proben ersichtlich, kann das Vorhandensein dieser DNA-Spuren nur eine Ursache haben, nämlich dass es sich hierbei um Materialien handelt, die im Herstellungsprozess verwendet und nicht vollständig entfernt wurden.
(3)
Ergänzend wird in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen des Senats in dem am heutigen Tag verkündeten Urteil in dem das europäische Patent 0 733 XYX betreffenden Parallelverfahren I- 2 U 2 99/11 (LG Düsseldorf 4b O 215/08) verwiesen, wobei vorsorglich darauf hingewiesen wird, dass die hier geltend gemachte Anspruchskombination nicht auf die Herstellung durch ein E.coli-Bakterium beschränkt ist, sondern – vorbehaltlich der Verwirklichung der übrigen Anspruchsmerkmale – den Einsatz eines beliebigen Mikroorganismus ausreichen lässt. Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass das Klagepatent zusätzliche Maßnahmen wie die Verwendung eines weiteren, nicht anspruchsgemäß mutierten Mikroorganismus ausschließt. Von der Lehre des Klagepatents wird bereits dann Gebrauch gemacht, wenn ein anspruchsgemäß modifizierter Mikroorganismus zur Herstellung der L-Aminosäure verwendet wird.
bb)
Der Untersuchungsbericht des Instituts C aus dem Jahre 2008 rechtfertigt ferner den Schluss, dass die für die Herstellung des Lysins verwendeten E.coli-Bakterien so verändert wurden, dass ihre Fähigkeit, NADPH aus NADH herzustellen erhöht wurde, und zwar durch Erhöhung der exprimierten Menge eines Gens, welches für die Transhydrogenase kodiert. Das folgt aus den in einem weiteren Schritt durchgeführten Experimenten 3A und 3B. Nach dem Ergebnis dieser Experimente ist davon auszugehen, dass die Zellen des E.coli-Stammes, mit dem das Lysin hergestellt wurde, (mindestens) eine zusätzliche Kopie des pntAB-Gens enthalten.
(1)
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, diente das Experiment 3A dem Zweck, ein in den Proben vorhandenes Plasmid, d. h. eines runden DNA-Fragments, das eine relativ kurze Kette hat, nachzuweisen, welches in dem Wildstamm von E.coli nicht vorhanden ist. Grundlage dieses Experiments waren von der Klägerin zu 1. zur Verfügung gestellte Plasmide, welche in dem von dieser entwickelten E.coli-Stamm vorhanden sind. Eines der Plasmide, das Plasmid 2, enthält das pntAB-Gen, das für das Enzym Transhydrogenase kodiert. Da pntAB-Sequenzen per se durch eine PCR-Reaktion amplifziert werden, so dass eine Unterscheidung zwischen chromosomalen und Plasmind-pntAB nicht ohne weiteres möglich ist, wurden für das Experiment Sequenzen, die die Kodierungsbereiche von pntAB flankieren und damit spezifisch für die Konstruktion des Plasmids sind, mittels der PCR amplifiziert. Zur Amplifikation von chromosomaler DNA und von DNA aus Plasmid 2 wurden wiederum Primer eingesetzt. Der für das Plasmid 2 konstruierte Primer (AKIA7816) ist auf eine Sequenz gerichtet, die an pntAB auf dem Plasmid 2, nicht aber auf der natürlich vorkommenden DNA angrenzt. In Kombination mit dem für die chromosomale DNA konzipierten Primer (AKIA7935) ist für das Plasmid 2 eine Amplifikation in der Größe von ca. 120 Basenpaaren zu erwarten. Die PCR ergab, dass die untersuchten Proben entsprechend große Amplifikationen aufweisen, wobei die Amplikongröße nach dem Analysebericht sogar mit derjenigen aus dem von der Klägerin zu 1. zur Verfügung gestellten DNA-Stamm identisch ist (Anlage K 10a, Seite 11). Aus den gefundenen Ergebnissen folgt, dass die untersuchten Proben DNA mit aneinander angrenzenden Sequenzen enthalten, die künstlich bei der Konstruktion von Plasmid 2 kombiniert wurden (Anlage K 10a, Seite 11). Die Tatsache, dass diese angrenzenden Bereiche ein einzigartiges Merkmal von Plasmid 2 darstellen, wurde durch das Fehlen eines entsprechenden Signals bei
Wildtyp-E.coli-DNA bestätigt (Anlage K 10a, Seite 11). Wegen der Identität der Amplikon-Größe kommt der Analysebericht ferner zu dem Schluss, dass nicht nur die dieselben aneinandergrenzenden Sequenzen wie in Plasmid 2 vorliegen, sondern dass außerdem die Bindungsstellen der Primer durch dieselbe Anzahl von Nukleotiden voneinander getrennt werden, wie die des Stammes der Klägerin zu 1. (Anlage K 10a, Seite 11). Der Untersuchungsbericht sieht es vor diesem Hintergrund als praktisch sicher an, dass die beiden Proben das Plasmid 2 enthalten (Anlage K 10a, Seite 11). Weiterhin zeigt das Experiment 3A dem Analysebericht zufolge, dass die Proben, wie der eigene Stamm der Klägerin zu 1., sowohl die chromosomalen als auch Plasmid-Sequenzen umfassen, während der E.coli-Kontroll-Stamm lediglich die chromosomalen Sequenzen aufweist (Anlage K 10a, Seite 11). Wie auch Prof. Dr. G bestätigt hat, ist durch das Experiment 3A aus wissenschaftlicher Sicht gezeigt, dass die Lysin-Proben DNA enthalten, die aus einem Plasmid stammen, dass im Wildstamm von E.coli nicht auftritt, das jedoch in dem Bakterienstamm der Klägerin zu 1. enthalten ist (Anlage K 11, Seite 6).
Das ferner durchgeführte Experiment 3B diente dem Nachweis, dass die untersuchten Lysin-Proben DNA enthalten, die für das Plasmid aus dem Stamm der Klägerin zu 1., das das pntAB-Gen trägt, spezifisch ist, und dass dieses Plasmid das pntAB-Gen trägt. Hierfür wurden vier Paare von DNA-Primern verwendet, die jeweils Teile des pntAB Gens mit den dieses Gen stromaufwärts und stromabwärts liegenden flankierenden Bereiche erkennen. Die für das Plasmid 2 konzipierten Primer tragen die Kennzeichnung pntAB_A_uF02 und pntAB_A_uR01 (Grenzbereich stromaufwärts) sowie pntAB_A_dF02 und pntAB_A_dR02 (Grenzbereich stromabwärts). Die an die flankierenden Bereiche des chromosomalen pntAB-Gens anbindenden Primer tragen die Bezeichnung pntAB_dF01 und pntAB_dR02. Die jeweiligen Primer sind spezifisch. Die erstgenannten Paare binden nur an Plasmid-Kopien des pntAB Gens, die zweitgenannten nur an genomischen Kopien des pntAB Gens. Bei Durchführung einer PCR-Versuchsreihe war sowohl für die stromaufwärts- wie auch für die stromabwärts-spezifische PCR-Reaktion bezüglich Plasmid-DNA amplifizierte DNA mit einer erwarteten Amplikongröße von 330 bzw. 290 Basenpaaren feststellbar. Dagegen konnte bei Verwendung der Primer-Kombination keine amplifizierte DNA aus der Wildtyp-E.coli-DNA gewonnen werden. Entsprechendes gilt für die genomische Kopie des pntAB Gens; hier wurde die erwartete Amplikongröße bei den untersuchten Proben festgestellt. Mittels der sich anschließenden Sequenzanalyse wurde sodann erkannt, dass die PCR-Produkte der untersuchten Proben plasmidspezifische DNA-Sequenzen stromaufwärts und stromabwärts des pntAB Gens unter Einschluss einer lagen DNA-Sequenz aus dem pntAB Gen selbst enthalten. Die gewonnen Ergebnisse zeigen, dass die
Lysin-Proben chromosomale DNA aus E.coli enthalten, die zumindest Teile des
pntAB-Gens darstellen, und dass die Proben zusätzlich DNA enthalten, die ebenfalls einen Teil des E.coli-pntAB-Gens darstellt, welches in ihrer natürlichen chromosomalen Umgebung nicht vorkommt (Anlage K 10a, Seite 53). Der Untersuchungsbericht kommt vor diesem Hintergrund zu dem nachvollziehbaren Ergebnis, dass damit praktisch feststeht, dass das E.coli, welches das untersuchte Lysin produziert hat, gentechnisch verändert wurde, und zwar durch die Hinzufügung von Plasmid(en) mit DNA, die das pntAB-Gen aus der E.coli-Kodierung für Transhydrogenase darstellt (Anlage K 10a, Seite 40). Auch dieser Versuch und seiner Bewertung durch das Institut C wird durch das von den Klägerinnen vorgelegte Privatgutachten von Prof. Dr. G bestätigt. Danach ist durch die Versuchsreihe nachgewiesen, dass in den analysierten Proben nachgewiesene Plasmid nicht nur hinsichtlich spezifischer (flankierende) DNA-Bereiche identisch und von der genomischen Umgebung des pntAB-Gens unterschiedlich ist, sondern auch das pntAB-Gen trägt. Nach der von den Klägerinnen überreichten Stellungnahme von Prof. Dr. G ist damit zugleich nachgewiesen, dass auch die Zellen des Produktionsstammes, mit denen das untersuchte Lysin hergestellt wurde, (mindestens) eine zusätzliche Kopie des pntAB-Gens (nämlich auf dem Plasmid) enthalten (Anlage K 11, Seite 7).
(2)
Ergänzend ergibt sich das Gleiche auch aus dem – von der
M in Bezug genommenen (vgl. Anlage K 4, Seite 22 Ziff. 5.57) – C-Bericht aus dem Jahre 2006 (Anlage K 22; deutsche Übersetzung Anlage K 22a) betreffend die Proben mit den Nummer 1016 und 1017. Dass die Lieferung, aus der diese Proben enCmmen wurden, von der Abnehmerin der Beklagten, der B AG, stammt, war im niederländischen Parallelverfahren unstreitig; dort hatte die ebenfalls verklagte B AG lediglich eingewandt, die Klägerinnen hätten diese Lieferung provoziert (vgl. Anlage K 4, Seiten 7 f. Ziff 5.1). Die Klägerinnen haben darüber hinaus auch belegt, dass das Lysin tatsächlich aus einer Lieferung der B AG über Lysin aus der Quelle der Beklagten stammt. Ausweislich der Rechnung gemäß Anlage K 21 lieferte die B AG 15.000 kg Lysin aus der Herstellung von Global Bio-Chem an H in Amsterdam, wobei die Ware nach Vlaardingen geliefert werden sollte und ausweislich des mit der Anlage K 45 vorgelegten Frachtbriefs auch nach dorthin zur Firma I geliefert wurde. Der Gerichtsvollzieher nahm ausweislich des als Anlage K 45 vorgelegten Berichts (deutsche Übersetzung Anlage K 45a) einen der bei I vorgefundenen 600 Säcke mit, während für die Klägerin zu 1. ihr niederländischer Rechtsanwalt Mr. J fünf Säcke mitnahm. Ausweislich der dem Bericht beigefügten Fotos wird u.a. die Beklagte zu 3. auf den betreffenden Säcken als autorisierter Hersteller genannt und wird auf der Verpackung ferner auf die Webseite der Beklagten zu 1. hingewiesen. Dass die von den Klägerinnen vorgelegten Urkunden tatsächlich mit dem in den Ablichtungen dokumentierten Inhalt erstellt wurden, ziehen die Beklagten ersichtlich nicht in Zweifel. In den seinerzeit untersuchten Proben mit den Nummern 1016 und 1017 ist ebenfalls DNA von E.coli identifiziert worden, bei der es sich nicht um DNA des Wildtyps von E.coli handelte. Das Experiment 3 führte zu einem Ergebnis wie das Experiment 3A des
C-Berichts aus dem Jahre 2008. Der Analysebericht von 2006 sieht es aufgrund des Untersuchungsergebnisses ebenfalls als praktisch sicher an, dass die untersuchten Proben das Plasmid 2 enthalten (Anlage K 22a, Seite 21). Zutreffend ist zwar, dass seinerzeit von dem Institut C das Experiment 3B des späteren C-Berichts aus dem Jahre 2008 nicht vorgenommen wurde. Eine ergänzende Analyse der Probe wurde aber im Juni 2006 von der K (Anlage K 33; deutsche Übersetzung Anlage K 33a) durchgeführt, bei der auch der Nachweis der Übergangssequenzen zum Plasmid 2 als Experiment Nr. 5 durchgeführt wurde. In diesem Versuch wurden ausweislich des – von der M gleichfalls in Bezug genommenen (vgl. Anlage K 4, Seite 22 Ziff. 5.57) – Sequenzen erhalten, die identisch mit den Sequenzen der Upstream- und Downstream-Bereiches identisch sind, die das pntAB-Gen im Plasmid flankieren. Die Untersuchung bestätigte das Vorliegen zweier unterschiedlicher Sequenzfragmente, die das pntAB-Gen umgeben. (vgl. Anlage K 33, Seiten 29 ff., (34)).
Dass das in den Niederlanden aufgefundene Lysin anders hergestellt wurde als dasjenige Lysin, welches im Auftrag der Klägerinnen in Deutschland erworben wurde (Anlage K 9), behaupten die Beklagten nicht und hierfür ist auch nichts ersichtlich. Dagegen spricht die Mitteilung (Anlage K 5) der Beklagten zu 1. aus dem Jahre 2005, in der es heißt, dass der neuartige Stamm von Mikroorganismen in der zweiten Hälfte des Jahres in allen Produktionsbereichen voll zum Einsatz kommen werde. Dass die Produktionsmethode in der Folgezeit geändert worden sei, behaupten die Beklagten nicht.
(3)
Durch die von den Klägerinnen in Auftrag gegebenen Untersuchungen ist in den untersuchten Lysin-Proben sowohl das Vorhandensein des spezifischen Plasmids 2, wie es in dieser Form nur in dem von der Klägerin zu 1. modifizierten E.coli-Bakterium vorkommt, als auch die Anfangs- und Endsequenz eines dort eingefügten pntAB-Gens nachgewiesen worden. Da die Beklagten keine anderweitige Erklärung für das Vorhandensein der mit der Sequenzierung nachgewiesenen Endstücke des plasmidischen pntAB-Gens liefern, muss davon ausgegangen werden, dass der zur Herstellung des angegriffenen Lysin eingesetzte Mikroorganismus (mindestens) eine zusätzliche Kopie des pntAB-Gens (nämlich auf dem Plasmid) enthält.
cc)
Der Einwand der Beklagten, die durchgeführten Untersuchungen seien nicht ausreichend und es bedürfe eines weitergehenden Nachweises, dass das in der Lysin-Proben nachgewiesene plasmidische E.coli-pntAB-Gen vollständig und funktionsfähig gewesen und auch tatsächlich exprimiert worden sei, bleibt ohne Erfolg. Eine vollständigen Sequenzierung des pntAB-Gens ist nicht erforderlich. Die Beklagten zeigen keinen Grund für die Verwendung eines Plasmids mit einem nicht-funktionsfähigen pntAB-Gen auf. Da die Verwendung eines derartigen Plasmids die Lysin-Produktion in E.coli nicht verbessern würde und auch sonst kein Grund für die Verwendung eines solchen Plasmids dargetan oder ersichtlich ist, muss davon ausgegangen werden, dass ein voll funktionsfähiges pntAB-Gen auf dem benutzten Plasmid vorhanden ist. Die Klägerinnen haben überdies bereits in erster Instanz dargelegt, dass die im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen sequenzierte DNA-Sequenz den natürlichen Promotor und die Initiationssequenz des E.coli-pntAB-Gens aufweist (Schriftsatz v. 23.06.2009, Seiten 23 bis 24 [Bl. 183 – 184 GA]; Schriftsatz v. 29.12.2010, Seite 24 [Bl. 260 GA]). Die in der Abbildung 12 D des C-Analyseberichts aus dem Jahre 2008 (Anlage K 10/10a) abgebildeten
DNA-Sequenzen der Proben C101 und C102 weisen danach neben dem Beginn des kodierenden Teils des pntAB auch dessen natürlichen Promotor und die Initiationssequenz für die Transkription des Gens auf. Dem sind die Beklagten weder in erster Instanz noch im Berufungsrechtszug entgegengetreten. Der Promoter eines Gens veranlasst die Expression des von dem Gen kodierten Enzyms (hier: Transhydrogenase). Weshalb das auf dem Plasmid befindliche pntAB-Gen gleichwohl nicht funktionsfähig sein sollte, erschließt sich vor diesem Hintergrund nicht.
dd)
Ohne Erfolg wenden die Beklagten ferner ein, die Klägerinnen hätten weder dargelegt bzw. nachgewiesen, dass der zur Herstellung des angegriffenen Lysins verwandte Mikroorganismus eine erhöhte Fähigkeit zur Herstellung von NADHP besitze, noch dass diese Fähigkeit durch Erhöhung der Enzymaktivität von Transhydrogenase in einer Zelle erhöht worden sei, noch dass ein Zusammenhang zwischen der Erhöhung der Enzymaktivität und der Erhöhung der exprimierten Menge eines für Transhydrogenase kodierenden Gens und eine dadurch erhöhte Produktivität des Mikroorganismus für NADPH bestehe.
(1)
Nach der Lehre des Klagepatents soll der Mikroorganismus so modifiziert werden, dass seine Fähigkeit, NADPH aus NADH herzustellen, erhöht ist (Merkmal 3 a)). Unteranspruch 5 – auf den der hier in Kombination mit Patentanspruch 1 geltend gemachte Unteranspruch 6 rückbezogen ist – schlägt hierzu zunächst vor, dass die Fähigkeit des Mikroorganismus, NADPH aus NADH herzustellen, durch Erhöhen der Enzymaktivität von Transhydrogenase erhöht wird. Wenn Patentanspruch 6 sodann lehrt, die Fähigkeit des Mikroorganismus zur Herstellung von NADPH aus NADH durch Erhöhen der exprimierten Menge eines für Transhydrogenase kodierenden Gens zu erhöhen, geht das Klagepatent erkennbar davon aus, dass die Erhöhung der exprimierten Menge eines Transhydrogenasegens zwangsläufig zu einer erhöhten Enzymaktivität führt. Eine Erhöhung der Enzymaktivität wird mit anderen Worten aus Sicht des Klagepatents zwangsläufig durch eine Erhöhung der exprimierten Menge eines für Transhydrogenase kodierenden Gens erreicht. Als eine Möglichkeit einer Modifikation des Mikroorganismus, bei welcher die Expressionsmenge eines Gens, das für die Transhydrogenase kodiert, erhöht wird, schlägt das Klagepatent in Patentanspruch 7 die Erhöhung der Anzahl der Kopien des für die Transhydrogenase kodierenden Gens in der Zelle des Mikroorganismus vor. Das Klagepatent geht folglich davon aus, dass durch letztere Maßnahme eine Erhöhung der Expressionsmenge eines für Transhydrogenase kodierenden Gens erreicht wird, dass dies eine erhöhte Enzymaktivität von Transhydrogenase zur Folge hat und dass dies in der Folge zu einer erhöhten Fähigkeit des Mikroorganismus zur Herstellung von NADPH aus NADH führt. Die Erhöhung der Anzahl der Kopien des für die Transhydrogenase kodierenden Gens in der Zelle des Mikroorganismus hat damit nach der Lehre des Klagepatents zwangsläufig eine Erhöhung der Expression von Transhydrogenase zur Folge. Dies ist – wie es das Gericht ´s-Gravenhage in dem niederländischen Verfahren ausgedrückt hat (Anlage K 4, Seite 22 Ziff. 5.57) – eine „logische Folge“ dieser Maßnahme. Die erhöhte Menge exprimierter Transhydrogenase führt zu einer erhöhten Enzymaktivität, was in der Folge zu einer erhöhten Fähigkeit, NADPH aus NADH herzustellen, führt.
Das Klagepatent geht aber nicht nur davon aus, dass die vorgeschlagene Erhöhung der Anzahl der Kopien des für die Transhydrogenase kodierenden Gens in der Zelle des Mikroorganismus zu einer erhöhten Fähigkeit des Mikroorganismus zur Herstellung von NADPH aus NADH führt, sondern es nimmt auch an, dass durch diese Maßnahme die Produktivität des Mikroorganismus für NADPH erhöht ist, weil die Transhydrogenase NADH in NDPH katalysiert und so eine größere Menge an NADPH bereitgestellt wird, ohne dass dafür Glukose verbraucht wird. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wort „wodurch“ in Patentanspruch 1, sondern auch aus der Klagepatentbeschreibung, in der es auf Seite 12, zweiter bis vierter Absatz, heißt (Unterstreichungen hinzugefügt):
„Als Mittel zur Erhöhung der Produktivität eines Mikroorganismus kann ein Mittel zum Erhöhen der Enzymaktivität von Transhydrogenase in einem Mikroorganismus beispielhaft genannt werden.
Als Mittel zum Erhöhen der Enzymaktivität von Transhydrogenase kann ein Mittel zum Erhöhen der Expressionsmenge eines Transhydrogenasegens in einem Mikroorganismus beispielhaft genannt werden. …
Als Mittel zum Erhöhen der exprimierten Menge eines Transhydrogenasegens in einem Mikroorganismus kann ein Mittel zum Erhöhen der Kopienzahl eines Transhydrogenasegens in einem Mikroorganismus beispielhaft genannt werden.“
(2)
Vorliegend ist – wie ausgeführt (sie oben) – aufgrund des von den Klägerinnen vorgelegten C-Analyseberichts aus dem Jahr 2008 davon auszugehen, dass der E.coli-Produktionsstamm, mit dem das untersuchte Lysin der Beklagten hergestellt wurde, (mindestens) eine zusätzliche Kopie des pntAB-Gens aufweist, nämlich die des Plasmids. Das bedeutet, dass der zur Herstellung von Lysin verwendete
E.coli-Stamm über zusätzliche DNA verfügt, die ebenfalls für das Enzym Transhydrogenase kodiert. Bei einer größeren Anzahl dieser Gene wird eine größere Menge an Transhydrogenase kodiert und eine größere Menge dieses Enzyms führt zu einer verstärkten Umwandlung von NADH in NADPH, wodurch – nach der Logik des Klagepatents – die Produktivität des Mikroorganismus für NADPH gesteigert wird.
(3)
Zwar kann das Enzym theoretisch auch eine umgekehrte Reaktion (NDPH zu NADH) katalysieren. Hierfür ist im Streitfall jedoch nichts dargetan und auch ersichtlich. Es geht um die industrielle Produktion von Lysin. Diese erfolgt selbstverständlich unter Bedingungen, in denen ausreichend Ausgangsmaterialien, Vorprodukte sowie Energie für die Lysin-Biosynthese zur Verfügung stehen. Unter diesen Bedingungen katalysiert die Tanshydrogenase die Umwandlung von NADH in NADPH. Anhaltspunkte dafür, dass bei der Herstellung des angegriffenen Lysins das Enzym unter Produktionsbedingungen zur Reaktion in die umgekehrte Richtung führt, sind weder dargetan noch ersichtlich.
c)
Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen (§ 286 Abs. 1 ZPO) ist aus den vorstehenden Gründen davon auszugehen, dass das angegriffene Lysin nach dem klagepatentgemäßen Verfahren hergestellt worden ist.
Dass die Klägerinnen keine unmittelbaren Erkenntnisse über das tatsächlich angewandte Herstellungsverfahren besitzen und den zur Herstellung des angegriffenen Lysins eingesetzten Mikroorganismus nicht untersucht haben, ist entgegen der Auffassung der Beklagten unschädlich. Die Benutzung des unter Schutz gestellten Verfahrens kann auch indirekt anhand von Indizien dargetan und belegt werden, die logische Rückschlüsse auf die Anwendung dieses Verfahrens und damit auf den unmittelbaren Beweistatbestand zulassen (zum Indizienbeweis vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 286 Rdnr. 9a m.w.N.). So verhält es sich hier. Die Klägerinnen haben hinreichende Umstände dargetan, die darauf schließen lassen, dass das angegriffene Lysin durch das klagepatentgemäße Verfahren hergestellt worden ist. Diese Indizien haben die Beklagten nicht zu entkräften vermocht. Ihr Bestreiten ist insgesamt unzureichend. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt es regelmäßig kein erhebliches Bestreiten dar, wenn sich der Beklagte darauf beschränkt, am Sachvortrag des Klägers lediglich zu bemängeln, dessen Ausführungen zum Verletzungstatbestand seien unsubstanziiert. Ebenso reicht es nicht aus, lediglich auf theoretische Möglichkeiten hinzuweisen, die einer Patentbenutzung entgegenstehen könnten. Es hätte den Beklagten vielmehr angesichts des substanziierten, durch Analyseberichte belegten Sachvortrages der Klägerinnen oblegen, konkret darzutun, welches Merkmal aus welchem Grunde nicht verwirklicht sein soll. Hieran fehlt es jedoch. Weder haben die Beklagten konkret dargetan, dass sie ihr Lysin auf anderem Wege als durch das klagepatentgemäße Verfahren herstellen, und dies näher erläutert, noch haben sie eigene Untersuchungsberichte vorgelegt, die die von den Klägerinnen überreichten Analyseberichte sowie das von den Klägerinnen vorgelegte Privatgutachten in Zweifel ziehen. Dass ihnen entsprechendes Vorbringen ohne Offenbarung von Betriebsgeheimnissen schlechterdings nicht möglich sei, zeigen die Beklagten nicht auf, und hierfür ist auch nichts ersichtlich.
3.
Zutreffend hat das Landgericht auch entschieden, dass das angegriffene Lysin als nach dem in den geltend gemachten Ansprüchen des Klagepatents beschriebenen Verfahren unmittelbar hergestelltes Erzeugnis nach § 9 Nr. 3 PatG vom Schutz des Klagepatents erfasst ist.
a)
Nach Art. 64 Abs. 2 EPÜ bzw. § 9 Nr. 3 PatG erstreckt sich der Patentschutz auf die durch ein Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse, wenn Gegenstand des europäischen Patents ein Verfahren ist. Hintergrund der in den besagten Vorschriften enthaltenen Regelung ist die Vorstellung des Gesetzgebers, dass der Inhaber eines Verfahrenspatents den ihm zustehenden wirtschaftlichen Wert der Erfindung nicht in angemessener Weise ausschöpfen kann, wenn ihm nicht auch der Handel mit den durch das Verfahren unmittelbar hervorgebrachten Erzeugnissen vorbehalten bleibt (vgl. Senat, Urt. v. 28.01.2010 – I-2 U 131/08, NJOZ 2010, 1781, 1783 – interframe dropping; LG Düsseldorf, InstGE 7, 70, 84 – Videosignal-Codierung I m.w.N.).
b)
Zutreffend ist, dass die § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG, Art. 64 Abs. 2 EPÜ einen (das Anbieten, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen, Besitzen) umfassenden Sachschutz nicht uferlos, sondern (nur) für diejenigen Erzeugnisse vorsehen, die durch das patentierte Verfahren unmittelbar hergestellt sind. Bereits die Gesetzesformulierung macht insofern deutlich, dass der derivative Erzeugnisschutz nicht auf jedwedes Verfahren anwendbar ist, sondern nur für solche Verfahren gilt, die ein Erzeugnis hervorbringen. Es entspricht von daher zu Recht gefestigter Auffassung, dass § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG allein bei Vorliegen eines Herstellungsverfahrens einschlägig ist, welches sich dadurch auszeichnet, dass mit ihm ein Erzeugnis hervorgebracht oder ein Erzeugnis äußerlich oder hinsichtlich seiner inneren Beschaffenheit irgendwie verändert wird. Demgegenüber bleiben reine Arbeitsverfahren, bei denen kein Erzeugnis geschaffen oder in seiner Konstitution variiert, sondern – im Gegenteil – veränderungsfrei auf eine Sache eingewirkt (diese z. B. bloß untersucht, gemessen oder befördert) wird, außerhalb des Anwendungsbereichs von § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG (vgl. Senat, InstGE 12, 258, 260 – Blut/Gehirnschranke; Benkard/Scharen, PatG/GebrMG, 10. Aufl., § 9 PatG Rdnr. 53 f.; Benkard/Jestaedt/Osterrieth, EPÜ, 2. Aufl., Art. 64 Rdnr. 22; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 9 PatG Rdnr. 101; Mes, PatG GebrMG, 3. Aufl., § 9 PatG Rdnr. 63; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 9 PatG Rdnr. 82 f.; Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 6. Aufl., Rdnr. 189; Haedicke/Timmann, Hdb. PatR, § 8 Rdnr. 48; Kraßer, Patentrecht, 6. Aufl., S. 773).
Das vom Klagepatent unter Schutz gestellte Verfahren ist ein Herstellungs- und nicht bloß ein Arbeitsverfahren. Welche Art von Verfahren vorliegt, beurteilt sich nach dem Patentanspruch. Gegenstand der hier geltend gemachten Patentanspruchskombination ist danach ein Verfahren zur Herstellung einer
L-Aminosäure (Merkmal 1), bei der es sich insbesondere um Lysin handelt (vgl. Unteranspruch 2). Dass es sich um ein Herstellungsverfahren handelt, ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Patentanspruchs 1. Das unter Schutz gestellte Verfahren, welches den Einsatz eines modifizierten Mikroorganismus vorsieht, umfasst hiernach die Kultivierung des modifizierten Mikroorganismus in einer Kultur, um die L-Aminosäure zu produzieren und in dem Kulturmedium anzuhäufen, und das Gewinnen der L-Aminosäure aus dem Kulturmedium (Merkmal 2). Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird so aus einem Ausgangsstoff bzw. Ausgangsstoffen – im Wesentlichen Glukose – ein neues körperliches Erzeugnis hergestellt. Die L-Aminosäure (hier: L-Lysin) wird körperlich durch das unter Schutz gestellte Verfahren hervorgebracht, wobei sie gegenüber dem Ausgangsstoff ersichtlich etwas Neues darstellt.
Vergeblich wenden die Beklagten in diesem Zusammenhang ein, das angegriffene Lysin unterscheide sich in seinen stofflichen Eigenschaften nicht von außerhalb des patentgeschützten Verfahrens hergestelltem Lysin. Der Schutz des § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG erfordert lediglich, dass das patentgeschützte Verfahren einen Gegenstand hervorgebracht hat, der vorher noch nicht vorhanden war und in diesem Sinne neu sein muss, sich aber in seinen Eigenschaften nicht von auf anderem Wege hergestellten gleichartigen Gegenständen zu unterscheiden braucht (vgl. Senat, Urt. v. 28.04.2011 – I-2 U 146/09, Anlage K 44, Seite 40; RGSt 46, 262, 263; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 9 PatG Rdnr. 100; Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 PatG Rdnr. 53). Dass das als unmittelbares Verfahrenserzeugnis geschützte Produkt keine von gleichartigen Gegenständen abweichende Eigenschaft aufzuweisen braucht, ergibt sich nicht zuletzt aus § 139 Abs. 3 PatG, der für Erzeugnisse mit neuen Eigenschaften eine Beweiserleichterung vorsieht, indem bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche von einem anderen hergestellte Erzeugnis als nach dem patentierten Verfahren hergestellt gilt. Diese Regelung hätte nicht auf neuartige Erzeugnisse beschränkt zu werden brauchen, wenn ohnehin keine anderen Erzeugnisse vom Schutz des § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG erfasst wären (Senat, Urt. v. 28.04.2011 – I-2 U 148/09, Anlage K 44, Seite 40 f.; vgl. a. Kühnen, a.a.O., Rdnr. 203).
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist es auch ohne Bedeutung, dass der eigentliche Fermentationsprozess, aus dem das Lysin hervorgeht, durch die in der geltend gemachten Patentanspruchskombination gelehrten Maßnahmen nicht berührt wird. Auch mikrobiologische Verfahren sind Herstellungsverfahren, die unmittelbare Verfahrenserzeugnisse hervorbringen können (Senat, Urt. v. 28.04.2011 – I-2 U 146/09, Anlage K 44, Seite 41; Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 PatG Rdnr. 53, letzter Abs.; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 9 PatG Rdnr. 101; Schulte/Kühnen, a.a.O., § 9 Rdnr. 82). Dieses Verfahren muss lediglich die Schutzvoraussetzungen erfüllen, ohne dass es darauf ankommt, an welcher Stelle des Verfahrens seine unter Schutz gestellte Besonderheit liegt. § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG schafft einen bedingten Erzeugnisschutz und erfasst jedes Erzeugnis, das durch das geschützte Verfahren unmittelbar hergestellt wird, so, als seien sie durch ein Erzeugnispatent unter Schutz gestellt (Benkard/Scharen a.a.O., Rdnr. 53, Abs. 1 a.E. m.w.N.). Hierbei kommt es nicht nur auf die einzelnen Verfahrensschritte an, die zur Herstellung des unmittelbaren Erzeugnisses ausgeführt werden müssen, sondern die Besonderheit kann auch darin bestehen, dass andere Randbedingungen des Verfahrens verändert werden und der Erfolg dieser Veränderung darin besteht, dass die ansonsten gleich gebliebenen Verfahrensschritte zu einer höheren Erzeugnisausbeute führen oder den Herstellungsvorgang beschleunigen. Zur erstgenannten Kategorie gehört auch das im Klagepatent unter Schutz gestellte Verfahren, bei dem der Mikroorganismus, aus dem die L-Aminosäure hergestellt wird, durch Erhöhung der exprimierten Menge eines Gens, welches für die Transhydrogenase kodiert, so modifiziert worden ist, dass die Fähigkeit des Mikroorganismus, NADPH aus NADH herzustellen, erhöht ist; hierdurch ist die Produktivität des Mikroorganismus für NADPH erhöht worden, was zu einer Erhöhung der Lysinausbeute führt. Auch diese Beeinflussung der Erzeugnisausbeute kann Teil eines unter Schutz gestellten Verfahrens sein (Senat, Urt. v. 28.04.2011 – I-2 U 146/09, Anlage K 44, Seite 41). Im Streitfall führt der Einsatz des anspruchsgemäß modifizierten Mikroorganismus unstreitig zu einer Steigerung der Lysinausbeute, auch wenn diese, wie die Beklagten geltend machen, „nur 6 %“ betragen sollte. Diese Steigerung der Lysinausbeute hat ihre Ursache in dem erfindungsgemäßen Verfahren.
Soweit die Beklagten mit der Berufung geltend machen, die patentgemäßen Verfahrensschritte beträfen lediglich Eingriffe in die DNA des Bakteriums und keiner der erfindungsgemäßen Verfahrensschritte sei an der Herstellung des Lysins beteiligt, ist dies so nicht richtig. Unter Schutz gestellt ist – wie ausgeführt – ein Verfahren zur Herstellung einer L-Aminosäure. Dieses Verfahren sieht die Verwendung eines in bestimmter Weise modifizierten Mikroorganismus vor, wobei dessen Einsatz entscheidende Bedeutung zukommt. Denn durch die anspruchsgemäße Modifikation des Mikroorganismus wird dessen Fähigkeit erhöht, NADPH auf anderem Wege als durch Umwandlung von Glukose herzustellen, nämlich durch den Einsatz von NADH. Dieses kann durch die anspruchsgemäße Modifikation eingesetzt werden, um das für die Herstellung der L-Aminosäure benötigte NADPH ohne Einsatz von Glukose zu erzeugen, womit ein höherer Anteil der eingesetzten Glukose für die Umwandlung in die angestrebte L-Aminosäure zur Verfügung steht. Das führt bei der Herstellung der L-Aminosäure zu einer Erhöhung der Ausbeute. Dass Lysin – in geringerer Ausbeute – auch mit einem nicht anspruchsgemäß modifizierten Mikroorganismus erzeugt werden kann, vermag nichts daran zu ändern, dass bei dem unter Schutz gestellten Verfahren unter Einsatz eines modifizierten Mikroorganismus eine L-Aminosäure als Endprodukt erzeugt wird.
c)
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem von den Klägerinnen geltend gemachten Patentschutz auch nicht entgegen, dass sich der Schutz des § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG auf unmittelbar durch das geschützte Verfahren hergestellte Erzeugnisse beschränkt. Denn auch diese Eigenschaft weist das angegriffene Lysin auf.
Die von § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG geforderte „Unmittelbarkeit“ ist problemlos zu bejahen, wenn das Erzeugnis direkt durch das patentierte Verfahren erhalten worden ist, dem patentgemäßen Verfahren also keine weiteren Bearbeitungs- oder Behandlungsmaßnahmen nachgefolgt sind, um zu dem mit der Verletzungsklage angegriffenen Erzeugnis zu gelangen (vgl. Senat, Urt. v. 28.01.2010 – I-2 U 131/08, NJOZ 2010, 178, 1784 – interframe dropping; OLG Karlsruhe, InstGE 11, 15 – SMD-Widerstand; Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 PatG Rdnr. 55; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 9 PatG Rdnr. 106; Mes, a.a.O., § 9 PatG Rdnr. 64; Mes, GRUR 2009, 305, 307; Schulte/Kühnen, a.a.O., § 9 Rdnr. 84; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 192). Unter welchen Voraussetzungen anschließende Bearbeitungs- oder Weiterbearbeitungsmaßnahmen dem nach dem geschützten Verfahren hergestellten Erzeugnis die Selbständigkeit oder seine prägenden Eigenschaften nehmen oder in relevanter Weise beeinträchtigen, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden, denn ein Endprodukt, das aus einem geschützten Verfahren hervorgeht, wie es auf das hier angegriffene Lysin und das unter Schutz gestellte Verfahren zutrifft, ist in jedem Fall ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 3 (Senat, Urt. v. 28.04.2011 – I-2 U 146/09, Anlage K 44, Seite 42; Schulte/Kühnen, a.a.O., Rdnr. 84 a.E. Abs. 4).
Entgegen der erstmals im Verhandlungstermin geäußerten Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dem Lysin keineswegs nur um ein „Zwischenprodukt“. Nach dem maßgeblichen Patentanspruch ist – wie ausgeführt – ein Verfahren zur Herstellung einer L-Aminosäure unter Schutz gestellt. Die durch das erfindungsgemäße Verfahren erzeugte L-Aminosäure (L-Lysin) ist kein Zwischen-, sondern das Endprodukt. Denn sie gelangt so, wie sie aus dem Fermentationsprozess hervorgegangen ist, in den Verkehr. Zwar werden bei der Produktion von Lysin unter Einsatz eines E.coli-Bakteriums Teile des produzierten Lysins zu Cadaverin abgebaut, sofern das Bakterium nicht entsprechend der Lehre des im Parallelverfahren I- 2 U 100/11 (LG Düsseldorf 279/08) geltend gemachten europäischen Patents 0 796 912 modifiziert und der Abbau von Lysin zu Cadaverin hierdurch beseitigt ist. Auch wenn bei der Produktion der natürlich stattfindende Abbau von Lysin zu Cadaverin nicht oder nicht vollständig beseitigt ist, womit sich das vorliegende Klagepatent nicht befasst, liegt am Ende der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens aber immer Lysin vor, weil nur ein Teil des produzierten Lysins zu Cadaverin abgebaut wird. Der nicht abgebaute Teil des Lysins bleibt erhalten und wird nicht verändert und gelangt so in den Verkehr.
Die weiteren Erwägungen der Beklagten geben zu einer anderen Beurteilung ebenfalls keinen Anlass. Richtig ist, dass die Schutzerstreckung auf unmittelbare Verfahrenserzeugnisse ihre innere Rechtfertigung darin findet, dass sich der Wert einer Verfahrenserfindung ganz maßgeblich in dem aus dem patentierten Verfahren hervorgegangenen Produkt verkörpert (Kühnen, a.a.O., Rdnr. 201). Im Unterschied zu Arbeitsverfahren haben Herstellungsverfahren – um die es im Rahmen von § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG gehrt – ein Erzeugnis zum Ergebnis, das dank des patentierten Verfahrens äußerlich oder stofflich verändert oder gänzlich neu hervorgebracht ist. Die für § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG relevante Verfahrensführung ist insoweit kein ergebnisloser Selbstzweck, sondern zielgerichtet darauf angelegt, ein Erzeugnis bestimmter (nämlich mit der Verfahrensführung verbundener) Beschaffenheit, Wirkungs- oder Funktionsweise zu erhalten (Kühnen, a.a.O., Rdnr. 201). Hier wird durch das unter Schutz gestellte Verfahren aber ein gegenüber dem Ausgangsstoff neues Erzeugnis hervorgebracht, nämlich Lysin. Mehr verlangt § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG nicht. Dass sich das nach dem patentgeschützten Verfahren erzeugte Lysin der Beklagten in seinen stofflichen Eigenschaften nicht von außerhalb des patentgeschützten Verfahrens hergestellten Lysin unterscheidet, ist aus den bereits angeführten Gründen ohne Bedeutung.
Soweit die Beklagten unter Verweis auf Kraßer (Patentrecht, 6. Aufl., S. 775) einwenden, dass es an der von § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG geforderten Unmittelbarkeit fehle, wenn sich die Besonderheiten eines Herstellungsverfahrens nicht auf die Beschaffenheit des Erzeugnisses, sondern nur in wirtschaftlichen Vorteilen wie Kostenersparnis oder höherer Ausbeute auswirken, kann der Senat der in Bezug genommenen Literaturstelle schon nicht entnehmen, dass es hiernach in derartigen Fallkonstellationen immer an der Unmittelbarkeit fehlen soll. Die in Bezug genommene Aussage dürfte sich dem Kontext nach vielmehr auf Fälle beziehen, in denen das Erzeugnis nach Abschluss des patentierten Herstellungsverfahrens noch Gegenstand von weiteren Bearbeitungs- oder Behandlungsmaßnahmen ist, was hier nicht der Fall ist. Jedenfalls vermag der Senat der Auffassung der Beklagten, wonach es an der Unmittelbarkeit stets dann fehlen soll, wenn sich die Besonderheiten eines Herstellungsverfahrens nicht auf die Beschaffenheit des Erzeugnisses, sondern nur in wirtschaftlichen Vorteilen wie Kostenersparnis oder höherer Ausbeute auswirken, aus den bereits angeführten Gründen nicht beizutreten. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kann es für die Beurteilung, ob ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis vorliegt, grundsätzlich keinen Unterschied machen, ob die mit der Verfahrenserfindung hervorgerufenen Eigenschaften ihren Niederschlag in einer neuartigen Ausgestaltung oder in einer verbesserten Funktionsweise des Erzeugnisses gefunden haben oder darin liegen, dass ein strukturell sowie in Bezug auf sein Wirkungsprofil bereits bekanntes Erzeugnis im Vergleich zum Stand der Technik (lediglich) preiswerter gefertigt werden kann (vgl. Kühnen, a.a.O., Rdnr. 203). Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass Patente auf Herstellungsverfahren, mit denen sich Produktionskosten einsparen lassen, wertvoller sein können als Schutzrechte auf Verfahren, mit denen dem erhaltenen Erzeugnis gegenüber dem Bekannten eine neue (innere oder äußere) Konstitution und/oder eine verbesserte, ggf. sogar zusätzliche Funktionalität verliehen wird (Kühnen, a.a.O., Rdnr. 203). Gleiches trifft auf Patente zu, die zu einer Steigerung der Produktivität führen. Solche Patente dennoch kategorisch vom ergänzenden Sachschutz auszunehmen, ist weder aus betriebs- noch aus volkswirtschaftlicher Sicht vernünftig und auch im Hinblick auf den Zweck gewerblicher Schutzrechte nicht angebracht (Kühnen, a.a.O., Rdnr. 203; vgl. a. Haedicke/Timmann, a.a.O., § 8 Rdnr. 70). Der mit einer Patentgewährung verfolgte Belohnungsgedanke, der zugleich den Anreiz dafür schafft, Neuerungen nicht geheim zu halten, sondern der Öffentlichkeit preiszugeben, verlangt im Gegenteil, dass jeder Erfindung ein Monopolschutz zuteil wird, der dem Wert entspricht, um den der Stand der Technik durch sie bereichert worden ist. Kostensenkende oder die Produktivität steigernde Herstellungsverfahren unterscheiden sich insoweit nicht in entscheidungserheblicher Weise von solchen Verfahren, die ein strukturell verändertes Produkt hervorbringen, weswegen beide Kategorien von Herstellungsverfahren auch im Hinblick auf den ihnen zugebilligten Erzeugnisschutz grundsätzlich gleich zu behandeln sind. Aus gutem Grund stellt deshalb auch der Gesetzeswortlaut von § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG einzig und allein darauf ab, dass mit dem Verfahren, in Bezug auf das ein ergänzender Sachschutz in Rede steht, ein Erzeugnis hergestellt wird, und ist darüber hinaus in § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG nicht zur – weiteren – Bedingung gemacht, dass das mittels des Verfahrens hergestellte Erzeugnis neu zu sein hat. Die einzige Rechtsfolge, die das Gesetz an die Neuheit des Verfahrenserzeugnisses knüpft, ist die in § 139 Abs. 3 PatG vorgesehene Darlegungs- und Beweiserleichterung, der zufolge bei einem Verfahrenspatent zur Herstellung eines „neuen“ Erzeugnisses bis zum Nachweis des Gegenteils das von einem anderen hergestellte gleiche Erzeugnis als nach dem patentierten Verfahren hergestellt gilt (Kühnen, a.a.O., Rdnr. 203).
d)
Die von den Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des EuGH „Monsanto/Cefetra“ (GRUR 2010, 989, 990 = GRUR Int. 2010, 841) steht dem von den Klägerinnen geltend gemachten Patentschutz nicht entgegen.
Der EuGH hat mit dem vorgenannten Urteil entschieden, dass Art. 9 der EU-Biotechnologierichtlinie 98/44/EG (nachfolgend: BioTRl) dann, wenn das patentierte Erzeugnis in dem Verarbeitungserzeugnis (Sojamehl) enthalten ist, wo es nicht die Funktion erfüllt, für die es patentiert ist, diese Funktion jedoch zuvor in der Pflanze erfüllt hat, aus der dieses Verarbeitungserzeugnis (Sojamehl) gewonnen wurde, oder wenn das Erzeugnis diese Funktion möglicherweise erneut erfüllen könnte, nachdem das Material aus dem Verarbeitungserzeugnis (Sojamehl) isoliert und dann in die Zelle eines lebenden Organismus eingebracht worden ist, keinen patentrechtlichen Schutz gewährt und abweichenden nationalen Regelungen („absoluter Stoffschutz“) entgegensteht. Die Entscheidung befasst sich mit der Reichweite des Stoffschutzes auf Gensequenzen gerichteter Patentansprüche. In dem dortigen Fall ging es um Patentschutz für eine Gensequenz, deren Einschleusung in die DNA Soja-Pflanzen resistent gegen das Herbizid Glyphosat machte, während die im dortigen Patent enthaltenen relevanten Verfahrensansprüche auf die Herstellung Glyphosat-resistenter Pflanzen gerichtet waren und das aus den Bohnen entsprechend veränderter Sojapflanzen hergestellte Sojamehl kein Verfahrensprodukt im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG war. Hier geht es jedoch nicht um Stoffschutz für eine in dem angegriffenen Produkt enthaltene Gensequenz, sondern um den Schutz eines Verfahrensproduktes (Lysin), das unter Benutzung eines patentgeschützten Verfahrens, welchen den Einsatz eines modifizierten Mikroorganismus umfasst, hergestellt worden ist. Die in den untersuchten Lysin-Proben aufgefundenen DNA-Spuren des Herstellungsorganismus dienen im Streitfall nur als Nachweis, dass der zur Herstellung des Verfahrenserzeugnisses verwendete Mikroorganismus anspruchsgemäß modifiziert wurde, sie bilden aber nicht den Grund der Patentverletzung (Senat, Urt. v. 28.04.2011 – I-2 U 146/09, Anlage K 44, Seiten 39 – 40). Für die patentverletzende Eigenschaft des angegriffenen Lysins spielt es keine Rolle, ob sich in dem von den Beklagten in Verkehr gebrachten Lysin noch
DNA-Spuren des zur Herstellung benutzten Mikroorganismus finden lassen.
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, führt die von den Beklagten in Bezug genommene EuGH-Entscheidung auch nicht zu einer anderen Beurteilung der Frage, was unter einem „unmittelbaren Verfahrenserzeugnis“ zu verstehen ist. Zum einen hat sich der EuGH mit dieser Thematik überhaupt nicht befasst. Zum anderen übersehen die Beklagten, dass es sich bei dem klagepatentgemäß hergestellten Lysin nicht um „biologisches Material“ handelt. Biologisches Material ist nach der mit Art. 2 Abs. 1 a) BioTRl übereinstimmenden Legaldefinition in § 2a Abs. 3 Nr. 1 PatG ein Material, das genetische Informationen enthält und sich selbst reproduzieren oder in einem biologischen System reproduziert werden kann. Das hier unter Schutz gestellte Verfahren dient der Herstellung einer L-Aminosäure (hier: Lysin). Diese enthält keine genetische Informationen. Das klagepatentgemäße Verfahren ist deshalb kein Verfahren zur Herstellung von biologischem Material im Sinne von § 2a Abs. 3 Nr. 1 PatG, so dass bei der Frage, ob es sich bei Lysin um ein unmittelbares Verfahrensprodukt handelt, auch nicht die von den Beklagten geforderte Bedeutung der dem biologischen Material innenwohnenden Funktion berücksichtigt werden muss. Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang einen deutlichen Widerspruch in der Begründung des Landgerichts sehen, weil dieses darauf abstelle, dass Lysin kein biologisches Material sei, andererseits aber darauf hinweise, dass auch mikrobiologische Verfahren Herstellungsverfahren sein könnten, liegt ein solcher Widerspruch tatsächlich nicht vor. Nach § 2a Abs. 2 PatG (vgl. a. Art. 2 Abs. 1 b) BioTRl) ist ein „mikrobiologisches Verfahren“ ein Verfahren, bei dem mikrobiologisches Material verwendet, ein Eingriff in mikrobiologisches Material durchgeführt oder mikrobiologisches Material hervorgebracht wird. Erfüllt ein Verfahren auch nur eine der genannten Bedingungen, ist es als mikrobiologisch anzusehen (Schulte/Moufang, a.a.O., § 2a PatG Rdnr. 52). Bei dem klagepatentgemäßen Verfahren wird zur Herstellung von Lysin ein modifiziertes Bakterium und damit mikrobiologisches Material verwendet, weshalb es sich um ein mikrobiologisches Verfahren im Sinne von § 2a Abs. 2 PatG handelt. Das durch dieses Verfahren erzeugte Lysin ist zwar ein durch ein mikrobiologisches Verfahren gewonnenes Erzeugnis. Es ist aber kein biologisches Material im Sinne von § 2a Abs. 3 Nr. 1 PatG, für das § 9a PatG eine Sonderregelung enthält.
e)
Der Senat bleibt deshalb bei seiner im Urteil vom 28. April 2011 (I-2 U 146/09; Anlage K 44) vertretenen Auffassung, dass das unter Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens gewonnene Lysin als unmittelbares Verfahrenserzeugnis Gegenstand des Verbotsrechts des Patentinhabers aus § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG ist. Gegen diese Beurteilung hat der Bundesgerichtshof offenbar keine Bedenken gehabt. Andernfalls hätte er die von der deutschen Abnehmerin der Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde nicht zurückgewiesen.
4.
Dass die Beklagten, nachdem sie entgegen § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG ein Erzeugnis in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und in den Verkehr gebracht haben, das als unmittelbares Produkt des im Klagepatent beschriebenen Verfahrens vom Klagepatent mit unter Schutz gestellt ist, den Klägerinnen in zuerkanntem Umfang zur Unterlassung, zum Schadenersatz, zur Rechnungslegung und zur Auskunft verpflichtet sind, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt (Abschnitt III. 1. – 3. der Entscheidungsgründe; Seiten 30 – 32 des Urteilsumdruckes); auf die dortigen – von der Berufung nicht gesondert angegriffenen – Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Soweit das Landgericht die Beklagten antragsgemäß auch zum Rückruf des patentverletzenden Lysins verurteilt hat, kann der diesbezügliche Urteilsausspruch allerdings keinen Bestand haben, weil alle drei Beklagten im Ausland geschäftsansässig sind. Ein Vernichtungsanspruch nach § 140a Abs. 1 PatG gegen einen im Ausland ansässigen Beklagten besteht nur, wenn der ausländische Beklagte verletzende Gegenstände – im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – im Inland noch im Besitz/Eigentum hat (Senat, InstGE 7, 139 – Thermocycler; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 1207). Dies haben die Klägerinnen nicht dargetan, weshalb sie den gegen die Beklagten zunächst ebenfalls geltend gemachten Vernichtungsanspruch in erster Instanz zu Recht zurückgenommen haben. Ein im Ausland ansässiger Verletzer, der – mangels inländischen Besitzes/Eigentums im Verurteilungszeitpunkt – keinem Vernichtungsanspruch unterliegt und dessen Rückruf nur dazu führt, dass ein für § 140a PatG unzureichender ausländischer Besitz/Eigentum begründet wird, unterliegt aber auch keinem Rückrufanspruch aus § 140 Abs. 3 PatG (Kühnen, a.a.O., Rdnr. 1237).
5.
Zutreffend hat das Landgericht beide Klägerinnen als zur Geltendmachung der von ihm zuerkannten Ansprüche aktivlegitimiert angesehen. Insoweit wird ebenfalls auf die zutreffenden – von der Berufung nicht angegriffenen – Darlegungen im angefochtenen Urteil (Abschnitt III. 1. und 2., Umdruck Seiten 30 – 32 oben) Bezug genommen, denen der Senat in vollem Umfang beitritt.
Dass zum 1. November 2011 im Konzern der Klägerinnen neue Patentlizenzvereinbarungen geschlossen worden sind, hat auf die Aktivlegitimation der Klägerinnen keinen Einfluss. Die Klägerin zu 1. ist weiterhin Patentinhaber. Sie hat nunmehr unstreitig der L. (nachfolgend nur: L) als neuer Muttergesellschaft der Klägerin zu 2. eine ausschließliche Lizenz an dem Klagepatent erteilt, verbunden mit der Befugnis zur Erteilung von Unterlizenzen an verbundene Unternehmen. Da der geschlossene Lizenzvertrag den bestehenden Lizenzvertrag nur klarstellt (vgl. Anlage FBD 1/1a Ziff. 1), ist davon auszugehen, dass es im Verhältnis zur L als neuen (Haupt-) Lizenznehmerin bei den Lizenzregelungen, die bislang im Verhältnis zur Klägerin zu 2. galten, geblieben ist. Die L hat in Ausübung des ihr eingeräumten Rechts der Klägerin zu 2. eine ausschließliche (umsatzabhängige) Lizenz an dem Klagepatent erteilt, so dass die Klägerin zu 2. weiterhin ausschließliche Lizenznehmerin ist. Dies wird von den Beklagten auch nicht bestritten.
III.
Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der ersten Instanz aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO und hinsichtlich des Berufungsverfahrens aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.