2 U 25/13 – Drospirenon II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2103

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. September 2013, Az. 2 U 25/13

Vorinstanz: 4a O 192/12

I. Die Berufung gegen das am 23. April 2013 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf 2.500.000,- € festgesetzt.

G r ü n d e

I.

Die Antragstellerin und Verfügungsklägerin ist eingetragene Inhaberin des am 11. August 1997 unter Inanspruchnahme einer deutschen Unionspriorität vom 12. August 1996 angemeldeten, auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und am 3. April 2002 in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patentes 0 918 XXX (Verfügungspatent) betreffend ein Verfahren zur Herstellung von Drospirenon und Zwischenprodukte davon. Sein im vorliegenden Verfahren geltend gemachter Anspruch 1 lautet wie folgt:

Verfahren zur Herstellung von Drospirenon (6β, 7β, 15β, 16β-dimethylene-3-oxo-17α-pregn-4-ene-21,17-carbolactone, DRSP)

durch katalytische Hydrierung von 17α-(3-hydroxy-1-propynyl)-6β, 7β; 15β, 16β-dimethylene-5β-androstane-3β, 5, 17β-triol (ZK 34506)

in das 7α-(3-hydroxy-1-propyl)-6β, 7β; 15β, 16β-dimethylene-5β-androstane-3β, 5, 17β-triol (ZK 92XXY)

anschließende Oxidation in Gegenwart eines Rutheniumsalzes in das 6β, 7β; 15β, 16β-dimethylene-5β-hydroxy-3-oxo-17α-androstane-21, 17-carbolactone (ZK 90XYY)

und anschließende Wasserabspaltung.

Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass die in der eingetragenen Fassung des Patentanspruchs mit der Kennzahl (ZK 92XXY) bezeichnete Verbindung tatsächlich 17α-(3-hydroxy-1-propyl)-6β, 7β; 15β, 16β-dimethylene-5β-androstane-3β, 5, 17β-triol ist.

Die Verfügungsbeklagte bringt Kontrazeptiva mit dem Wirkstoff Drospirenon auf den Markt, bei deren Herstellung Dimethylenpropanol in Gegenwart von 2, 2, 6, 6-Tetra-methylpiperidine-N-oxid (E) oxidiert wird. Dadurch entsteht 5β-OH-DRSP. In einem zweiten Schritt wird Pyridin mit Wasser zu 5β-OH-DRSP hinzugefügt, um Drospirenon zu gewinnen.

Die Verfügungsklägerin meint, die Herstellung der angegriffenen Präparate verwirkliche alle Merkmale des im Verfügungspatent beanspruchten Verfahrens bis auf die geforderte Gegenwart eines Rutheniumsalzes wortsinngemäß. Das stattdessen als Oxidationskatalysator verwendete „E“ sei jedoch ein patentrechtlich äquivalentes Mittel. Die angegriffenen Verhütungsmittel „B“ und „C“ stellten unmittelbare Erzeugnisse des patentgemäßen Verfahrens dar, was zu ihren Gunsten einen derivativen Sachschutz nach § 9 Nr. 3 PatG begründe.

Mit Urteil vom 23. April 2013 hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Verfügungsklägerin ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Begehren weiter.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und es der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu insgesamt 2 Jahren, zu untersagen,

Arzneimittel mit Drospirenon (6β, 7β; 15β, 16β-dimethylene-3-oxo-17α-pregn-4-ene-21,17-carbolactone, DRSP)

unmittelbar hergestellt durch katalytische Hydrierung von 17α-(3-hydroxy-1-propynyl)-6β, 7β; 15β,16β-dimethylene-5β-androstane- 3β, 5, 17β-triol (ZK 34506)

in das 17α-(3-hydroxy-1-propynyl)-6β, 7β; 15β, 16β-dimethylene-5β- androstane-3β, 5, 17β-triol (ZK 92XXY)

anschließende Oxidation in Gegenwart von 2, 2, 6, 6-Tetramethyl-piperidine-N-oxid (E) in das 6β, 7β; 15β, 16β-dimethylene-5β- hydroxy-3-oxo-17α-androstane-21‚ 17-carbolactone (ZK 90XYY)

und anschließende Wasserabspaltung
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;

der Verfügungsbeklagten aufzugeben, sämtliche in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, in Ziff. I. beschriebenen Erzeugnisse auf ihre Kosten zum Zweck der Verwahrung an einen von der Verfügungsklägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszugeben, wobei die Verwahrung andauert, bis über das Bestehen eines Vernichtungsanspruchs zwischen den Parteien rechtskräftig entschieden oder eine einvernehmliche Regelung herbeigeführt worden ist.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung der Verfügungsklägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Verfügungsklägerin unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Verfügungsklägerin ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Verfügungsanspruches zurückgewiesen und eine Verletzung des Klagepatentes durch das Herstellungsverfahren der angegriffenen Produkte verneint.

A.

Die Erfindung betrifft Verfahren zur Herstellung von Drospirenon (6β, 7β, 15β,16β-Dimethylene-3-oxo-17a-pregn-4-ene-21‚ 17-carbolactone, DRSP), sowie 6β, 7β, 15β, 16β-DimethyIene-5-hydroxy-3-oxo-17a-androstane-21‚ 17-carbolactone (ZK 90XYY) als Zwischenprodukt des Verfahrens.

1.
Drospirenon ist nach der Beschreibung des Verfügungspatents (Abs. [0002]) als steroidaler Wirkstoff, etwa aus der deutschen Patentschrift 26 52 XXZ und der deutschen Patentanmeldung 30 22 XYX bekannt. Die Herstellung erfolgt in Bezug auf die letzten vier Schritte im sogenannten Eintopfverfahren, bei dem nach der Hydrierung von Dimethylenpropinol (ZK 34506) keine der durchlaufenen Zwischenstufen Dimethylenpropanol und 5β-OH-DRSP isoliert werden (siehe nachfolgendes Schema).

Eine analoge Synthese, jedoch unter Anwendung einer Pyridiniumdichromat-Oxidation, ist aus dem Stand der Techik bekannt (Angew. Chemie, 21, 9, (1982), Seiten 696-697). Ähnliche Synthesen zur Herstellung steroidaler 17, 21-Carbolactone sind auch in den europäischen Patentanmeldungen 0 075 189 und 0 051 143 beschrieben, jedoch unter Beteiligung mikrobiologischer Reaktionen. Oxidationen unter Beteiligung von Rutheniumverbindungen werden dort nicht offenbart (Abs. [0003]).

Dimethylenpropinol (ZK 34506) wird in Tetrahydrofuran mit Wasserstoff an Palladium-Kohle zu Dimethylenpropanol (ZK 92XXY) hydriert. Die so erhaltene Hydrierlösung, die das Propanol (ZK 92XXY) als Hauptprodukt und schwankende Anteile an Lactol enthält, wird ohne Isolierung und Zwischenaufarbeitung zu Drospirenon (ZK 30595) umgesetzt (Abs. [0004]).

Hierzu wird zuerst ein Lösungsmittelwechsel von Tetrahydrofuran zu Dimethylformamid vollzogen und anschließend das Propanol bei 40°C mit einem Überschuss von 3,7 Equivalenten Pyridiniumdichromat (PDC) – einer chromhaltigen Verbindung – zu einem Gemisch von DRSP und 5β-OH-DRSP mit wechselnden Anteilen beider Komponenten oxidiert, wobei das 5β-OH-DRSP im allgemeinen als Hauptkomponente in einem Verhältnis von 2 – 3 : 1 vorliegt. Die 5β-OH-Funktion im Oxidationsprodukt ist labil gegenüber Säuren, Lewissäuren und basischen Verbingungen bei erhöhten Temperaturen, da in allen Fällen mit der Ausbildung des ∆-4,5-ungesättigten Ketons im Drospirenon ein thermodynamisch stabileres Produkt erhalten wird. Die Eliminierung der β-OH-Funktion im 5β-OH-DRSP verläuft zum thermodynamisch stabileren Drospirenon und ließ sich nicht unterdrücken (Abs. [0005]).

In der letzten Stufe der Eintopfsequenz wird das Zweikomponenten-Gemisch durch Zugabe von halbkonzentrierter Salzsäure in das DRSP, roh, überführt (Abs. [0006]).

Dem Verfügungspatent liegt die Aufgabe zugrunde, ein neues Herstellungsverfahren für Drospirenon bereitzustellen, das gegenüber dem bekannten Verfahren selektiver ist, sich einfacher ausführen lässt und ökologischer ist (Abs. (0009]).

Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

Verfahren zur Herstellung von Drospirenon (6β, 7β, 15β, 16β-dimethylene-3-oxo-17α-pregn-4-ene-21,17-carbolactone, DRSP)

durch

1. katalytische Hydrierung von 17α-(3-hydroxy-1-propynyl)-6β, 7β; 15β, 16β-dimethylene-5β-androstane-3β, 5, 17β-triol (ZK 34506)

in das 17α-(3-hydroxy-1-propyl)-6β, 7β; 15β, 16β-dimethylene-5β-andro-stane-3β, 5, 17β-triol (ZK 92XXY),

2. anschließende Oxidation in das 6β, 7β; 15β, 16β-dimethylene-5β-hydroxy-3-oxo-17α-androstane-21, 17-carbolactone (ZK 90XYY)

in Gegenwart eines Rutheniumsalzes und

3. anschließende Wasserabspaltung.

Nach dem in dieser Merkmalskombination umschriebenen Verfahren zur Herstellung von Drospirenon wird zunächst Dimethylenpropinol durch katalytische Hydrierung in Dimethylenpropanol umgewandelt, welches anschließend in Anwesenheit eines Rutheniumsalzes in 5β-OH-DRSP oxidiert wird. Erst im Anschluss daran soll in einem weiteren separaten Schritt Wasser, nämlich die 5β-OH-Funktion, abgespalten werden, so dass Drospirenon entsteht.

Auch wenn erst alle drei Maßnahmen zusammen das erfindungsgemäße Verfahren ausmachen, bildet gerade die ruthenium-katalysierte Oxidation von Dimethylenpropanol ZK 92XXY zu 5β-OH-DRSP ZK 90XYY den Kern der Erfindung. Im Rahmen der in Anspruch 1 unter Schutz gestellten technischen Lehre zeigt sich dies schon daran, dass das diesen Verfahrensschritt betreffende Merkmal (2) der vorstehenden Merkmalsgliederung für den Katalysator konkret eine bestimmte Stoffgruppe vorschreibt, nämlich die in Merkmal (2) erwähnten Rutheniumsalze. Dementsprechend bezeichnet die Klagepatentbeschreibung die ruthenium-katalysierte Oxidation auch als „Schlüsselreaktion“ des erfindungsgemäßen Verfahrens (Abs. [0012]). Die vorgenommene Qualifikation (als Schlüsselreaktion) beruht weniger auf der Trennung der Oxidation von der erst in einem nachfolgenden Schritt ausgeführten Wasserabspaltung, sondern vielmehr und entscheidend auf der Besonderheit, dass die Oxidation von Dimethylenpropanol ZK 92XXY zu 5ß-OH-DRSP ZK 90XYY ruthenium-katalysiert ist. Käme es nur auf die Trennung von Oxidation und Wasserabspaltung und nicht auch auf den konkret benannten Oxidationskatalysator an, wäre an dieser zentralen, den Kern der Erfindung umschreibenden Aussage die Erwähnung der Rutheniumkatalyse nicht nur redundant, sondern sogar sachlich unrichtig. Bestärkt wird der Fachmann in seinem Verständnis dadurch, dass sich die Beschreibung ausschließlich mit Rutheniumsalzen als Katalysator und den zusammen mit ihnen verwendbaren Oxidationsmitteln befasst (Abs. [0011], [0013] und [0022]). Die in der Verfügungspatentschrift erörterten Ausführungsbeispiele verwenden ebenfalls ausschließlich Rutheniumsalze, nämlich Ruthenium-Trichlorid.

Auch wenn nicht vernachlässigt werden darf, dass die Erfindung nicht nur die vorbezeichnete „Schlüsselreaktion“ in Gestalt der ruthenium-katalysierten Oxidation beinhaltet, sondern auch die erst nachfolgende und anschließende Wasserelimenierung zum Drospirenon ZK 30595 in einem zweistufigen Verfahren im Gegensatz zum vorbekannten „Eintopf“-Verfahren, bei dem Oxidation und Wasserabspaltung gleichzeitig nebeneinander ablaufen, stellt die Verfügungspatentbeschreibung die ruthenium-katalysierte Oxidation als die entscheidende Voraussetzung für alle weiteren Maßnahmen und mit der Erfindung erzielbaren Vorteile heraus, die sowohl die in Merkmal (3) zum Ausdruck gekommene zweistufige Verfahrensführung ermöglicht und auch sämtliche angestrebten Vorteile erzielt. Die Anwesenheit des Rutheniumsalzes – nicht diejenige irgendeines beliebigen anderen Katalysators – ermöglicht die gezielte Herstellung des Zwischenproduktes 5β-OH-DRSP (Abs. [0013]), das zwar auch im vorbekannten Stand der Technik entstand, weil diese Verbindung ein unabdingbarer Schritt zur Herstellung von Drospirenon war und ist, das aber offenbar am Prioritätstag im Stand der Technik noch nicht identifiziert war und auch nicht als Zwischenprodukt isoliert wurde. Diese selektive Synthese wird in der Verfügungspatentbeschreibung (Abs. [0013]) auf die „gewählten Reaktionsbedingungen“ zurückgeführt, die nach den Erläuterungen im unmittelbar vorangehenden Satz durch die Anwesenheit einer katalytischen Menge Rutheniumtrichlorid charakterisiert sind. Die selektive Synthese des 5β-OH-DRSP ist die Voraussetzung dafür, dass die Wasserabspaltung nicht zeitgleich mit der Oxidation stattfindet, sondern – wie erfindungsgemäß angestrebt und in Merkmal (5) des Patentanspruches 1 gelehrt – in einem getrennten zweiten Verfahrensschritt ausgeführt werden kann. Auch wenn Ruthenium nach dem unstreitig gebliebenen Vorbringen der Verfügungsbeklagten im niederländischen Verfahren (vgl. Urteil der Rechtsbank Den Haag vom 24. Januar 2013, Übersetzung S. 12, Abs. 4.6.2) ebenfalls ein hochgiftiger Stoff ist, bietet seine Verwendung ökologische Vorteile, weil die bislang zur Oxidation verwendeten toxischen Chromverbindungen in Form der Pyridiniumdichromatsalze entbehrlich geworden sind und durch katalytische Mengen eines Metalls ersetzt werden (Abs. [0019]). Einen weiteren Vorteil sieht die Verfügungspatentbeschreibung in den höheren DRSP-Ausbeuten von 68 bis 75 % (Abs. [0014] und [0018]) und in dem Zurückdrängen von Nebenprodukten in eine verbleibende Größenordnung von weniger als 0,2 % (Abs. [0015] bis [0017]).

B.

Das zur Herstellung der angegriffenen Präparate benutzte Verfahren macht von Merkmal (2) des Verfügungspatents keinen Gebrauch.

Wie schon in erster Instanz sind sich die Parteien mit Recht darin einig, dass eine wortsinngemäße Verwirklichung ausscheidet, weil anstelle des im Anspruch vorgeschriebenen Rutheniumsalzes als Katalysator 2, 2, 6, 6-Tetramethylpiperidine-N-oxid (E) verwendet wird. Entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin ist E aber auch kein äquivalentes Ersatzmittel für das im Anspruchswortlaut gelehrte Rutheniumsalz.

1.
Die Grundvoraussetzungen, unter denen ein angegriffener Gegenstand die in einem Patent unter Schutz gestellte Lehre mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln verwirklichen kann, hat das Landgericht zutreffend zusammengefasst (Urteilsumdruck S. 16/17, Abs. 2.1); auf diese zutreffenden Ausführungen kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden (vgl. hierzu ferner Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Aufl., Rdnrn. 71 ff.). Bei der Betrachtung der Äquivalenz ist, wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat (Urteilsumdruck S. 17) auf den Gesamtzusammenhang der durch den Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre abzustellen. Die Erforschung des Inhalts einzelner Merkmale dient nur dazu, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruches als Einheit zu ermitteln (BGH GRUR 2006, 3013, 3015 – Baumscheibenabdeckung; 2007, 959, 961 – Pumpeinrichtung).

a)
Auch wenn zugunsten der Verfügungsklägerin davon ausgegangen wird, dass der Katalysator E eine Wasserabspaltung während der Oxidation in gleicher Weise vermeidet wie das in Patentanspruch 1 gelehrte Rutheniumsalz und dass es am Prioritätstag im durchschnittlichen Wissen und Können des Fachmanns lag, Rutheniumsalz durch E zu ersetzen, fehlt es jedenfalls an der Gleichwertigkeit. Sie verlangt, dass die Überlegungen, die der Fachmann zum Auffinden eines äquivalenten Ersatzmittels anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht. Orientierung am Patentanspruch setzt voraus, dass der Patentanspruch in allen seinen Merkmalen nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Überlegungen des Fachmanns bildet. Es ist insofern nicht ausreichend, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens die abgewandelte Lehre (Verwendung von E) als technisch sinnvoll und in gleicher Weise zielführend wie die im Patentanspruch formulierte Lehre (Oxidationskatalyse mittels Rutheniumsalz) erkennt. Es reicht auch nicht aus, die Gleichwertigkeit isoliert für das abgewandelte Mittel festzustellen; vielmehr muss die angegriffene Ausführungsform in ihrer für die Merkmalsverwirklichung relevanten Gesamtheit eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellen (BGH, GRUR 2007, 959 – Pumpeneinrichtung). Bei allem ist der Patentinhaber an die technische Lehre gebunden, die er unter Schutz hat stellen lassen (BGH, GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil). Die vom Patent gegebene technische Lehre muss von ihm als sinnhaft hingenommen und darf bei der Suche nach einem gleichwirkenden Ersatzmittel in ihrer sachlichen Berechtigung nicht infrage gestellt werden. Trifft der Patentanspruch eine Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Möglichkeiten, eine technische Wirkung zu erzielen, müssen die fachmännischen Überlegungen zu möglichen Abwandlungen gerade auch mit dieser Auswahlentscheidung in Einklang stehen (BGH, a.a.O., S. 705 Tz. 35 – Okklusionsvorrichtung m.w.N.).

b)
Im Streitfall vermittelt die Verfügungspatentschrift dem Fachmann, dass die Erfindung die Verwendung eines bestimmten konkret benannten Oxidationskatalysators voraussetzt, nämlich die Verwendung eines Rutheniumsalzes. Auch wenn die Patentschrift ihm keine Erklärung dafür gibt, dass und warum die vorbeschriebenen erfindungsgemäß angestrebten Wirkungen den Einsatz gerade von Rutheniumsalz bedingen und andere Stoffe, insbesondere solche aus dem organischen Bereich, die in gleicher Weise eine Wasserabspaltung aus 5β-OH-DRSP während der Oxidation verhindern, dennoch nicht zur Anwendung im Rahmen der Erfindung in Betracht kommen und ihm eine wirklich zwingende Erklärung auch nicht selbst in den Sinn kommen mag, bleibt es dennoch eine Tatsache, dass Anspruch 1 des Verfügungspatentes aus den geeigneten Oxidationskatalysatoren Rutheniumsalze ausgewählt und sich darauf festgelegt hat. Dass dem so ist, ergibt sich für den Fachmann hinreichend aus dem Umstand, dass der Patentanspruch hinsichtlich der verschiedenen Verfahrensschritte selbst mit Bedacht differenziert: Für die katalytische Hydrierung (Merkmal 1) und für die Wasserabspaltung (Merkmal 3) werden keinerlei nähere Vorgaben zu dem für die Katalyse einzusetzenden Stoff gemacht. Anders verhält es sich insoweit mit der Oxidation, für die nach der Lehre des Patentanspruchs nicht – rein funktional – irgendein Katalysator, sondern ganz konkret ein Ruthemiumsalz verwendet werden soll. Der Fachmann kann daraus nur schließen, dass es – im Gegensatz zu den Verfahrensschritten des Hydrierens und des Wasserabspaltens – eben nicht in seinem Belieben stehen soll, welches Oxidationsmittel er einsetzt. Diese ausweislich der Anspruchsfassung ganz bewusst vorgenommene Auswahl muss der Fachmann dahingehend begreifen, dass das Verfügungspatent andere für die erfindungsgemäß angestrebte Oxidationsreaktion unter Vermeidung einer gleichzeitigen Wasserabspaltung ebenso geeignete Katalysatoren nicht eingesetzt sehen will. Wird die im Patentanspruch 1 gegebene Lehre zum technischen Handeln ernstgenommen, so gibt es deshalb keinen naheliegenden Weg dahin, das in Anspruch 1 gelehrte Rutheniumsalz durch die Substanz E zu substituieren. Rutheniumsalz ist ein anorganischer metallischer Katalysator, während E ein organischer Stoff mit einem Stickstoffatom an aktiver Stelle ist, dessen Verwendung nicht nur ein anderes Oxidationsmittel bedingt als der Einsatz von Rutheniumsalz, sondern möglicherweise auch Auswirkungen auf die Drospirenon-Ausbeute hat. Um diese Ersatzmaßnahmen in Betracht zu ziehen, muss der Fachmann die Anweisungen des Verfügungspatentanspruches 1 ignorieren und an ihre Stelle eigene Überlegungen über die Tauglichkeit und Zweckmäßigkeit organischer Katalysatoren für die hier in Rede stehende Oxidationsreaktion setzen. Zwar erkennt der Fachmann anhand der Patentbeschreibung, dass das Klagepatent Kritik an chromhaltigen Oxidationsmitteln übt, und dies in zweierlei Hinsicht. Zum einen, weil sie während der Oxidation bereits zu einer Wasserabspaltung und damit zu einer Entstehung von DRSP führen, das dementsprechend der Zersetzung durch das Oxidationsmittel ausgesetzt ist (Abs. [0015] bis [0017]); zum anderen deshalb, weil chromhaltige Oxidationsmittel ökologisch problematisch sind (Abs. [0019]). Da – wie der Fachmann weiß – nicht nur Rutheniumsalze chromfrei sind, mag es ihn überraschen, dass der Patentanspruch die zu verwendenden Oxidationsmittel dennoch auf sie beschränkt. Der Fachmann wird die betreffende Anweisung des Patentanspruchs aber spätestens dann ernstnehmen, wenn er in der Patentbeschreibung (Abs. [0012]) erläutert findet, dass der Oxidation zu 5ß-OH-DRSP ohne gleichzeitige Wasserabspaltung eine Schlüsselfunktion innerhalb des patentgemäßen Verfahrens zukommt, und wenn er in diesem Zusammenhang weiter erläutert findet (Abs. [0019]), dass der ökologische Fortschritt der Erfindung darin besteht, die bisherigen toxischen Chromverbindungen des Oxidationsmittels durch ein metallenes Oxidationsmittel ersetzt zu haben. Gerade weil das Klagepatent selbst im Kontext der verbesserten Umweltverträglichkeit des patentgemäßen Verfahrens den Bogen lediglich zu metallischen Oxidationskatalysatoren (und nicht darüber hinaus) schlägt, wird er davon abgehalten, die damit aufgezeigte Grenze zu überschreiten, indem er erwägt, dass neben Rutheniumsalzen (die im Anspruch genannt sind) und Metallen (auf die der Beschreibungstext verallgemeinert) aus der Sicht des Klagepatents auch jede andere beliebige chemische Verbindung in Betracht kommt, wenn sie nur chromfrei ist, die Oxidation zu 5ß-OH-DRSP beschleunigen kann und dabei nicht wasserabspaltend wirkt. Mit solchen Überlegungen würde sich der Fachmann gegen den Geist der Erfindung des Klagepatents stellen, das ihn – wie dargelegt – gerade darüber belehrt, dass eben kein beliebiges Oxidationsmittel gebraucht werden kann, sondern mindestens ein chromfreies Metall. Ob ein solches in den Äquivalenzschutz einzubeziehen wäre, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung und kann daher offenbleiben. Vorliegend genügt die Feststellung, dass sich angesichts des Anspruchswortlauts und des Inhalts der Patentbeschreibung eine Ausdehnung des Schutzbereichs über chromfreie Metalle hinweg in jedem Fall verbietet.

Unter solchen Umständen fehlt es an einem zum Patentanspruch gleichwertigen Austauschmittel. Der Fall liegt insoweit vergleichbar zu einem Sachverhalt, in dem der Senat die Gleichwertigkeit ebenfalls verneint hat (Urteil vom 07.07.2012 I-2 U 48/10, Umdruck S. 26 ff., S. 31; bestätigt vom Bundesgerichtshof durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 19.12.2012 – X ZR 91/11). Das Klagepatent schützte dort auf eine Tragschiene nebeneinander aufrastbare Module für einen Datenbus. Die Leistungsstromversorgung der an die Module angeschlossenen Busteilnehmer sollte über „Messer-Gabel-Kontakte“ an den Seitenflächen der benachbarten Module bewerkstelligt werden, während für die Verbindung der Stromversorgungsleitungen für die Modulelektrik seitlich an den Modulen angebrachte „Druckkontakte“ vorgesehen waren. Die angegriffene Ausführungsform bediente sich insgesamt nur „Messer-Gabel-Kontakten“. Damals hat der Senat ausgeführt:

Was die elektrische Verbindung der Datenbusleitungen sowie der Stromversorgungsleitungen für die Modulelektronik der aneinandergereihten Einzelreihenklemmen betrifft, wird zwar der patentgemäße Erfolg in gleicher Weise wie mit einem „Druckkontakt“ erreicht. Auch mag es im durchschnittlichen Können und Wissen des Fachmanns gelegen haben zu erkennen, dass sich für die Zwecke der Erfindung anstelle eines „Druckkontaktes“ ebenso gut ein – sogar für höhere Ströme geeigneter – Messer-Gabel-Kontakt eignet, und zwar mit dem besonderen, zusätzlichen Nutzen, dass es wegen der anders wirkenden Kontaktfederkräfte nicht zu einem unerwünschten Verschieben aneinandergereihter Einzelreihenklemmen kommen kann. Bei der rechtlich notwendigen Orientierung an derjenigen technischen Lehre, die dem Fachmann mit Patentanspruch 1 des Klagepatents gegeben wird, kann es indessen nicht mehr als naheliegend angesehen werden, die im Patentanspruch geforderten „Druckkontakte“ durch Messer-Gabel-Kontakte zu ersetzen. Der Fachmann erkennt nämlich, dass das Klagepatent die zuletzt genannte Kontaktkategorie nicht etwa übersehen hat. Sie werden – ganz im Gegenteil – im Patentanspruch 1 ausdrücklich für eine bestimmte Art der Stromversorgung (scil.: der angeschlossenen Busteilnehmer) vorgeschlagen. Auch wenn dem Fachmann in der Patentschrift keine Erläuterung dafür gegeben wird und ihm abgesehen von den obigen Darlegungen eine wirklich zwingende Erklärung möglicherweise auch nicht selbst in den Sinn kommt, bleibt es insofern eine Tatsache, dass Patentanspruch 1 hinsichtlich der zu verbindenden Stromleitungen sowie der dazu einzusetzenden Kontakte differenziert. Die Stromleitungen für die Versorgung der Busteilnehmer sollen mittels Messer-Gabel-Kontakten verbunden werden; die Stromverbindung für die Versorgung der Modulelektrik soll mit Hilfe von Druckkontakten bewerkstelligt werden. Die ausweislich der Anspruchsfassung ganz bewusst vorgenommene Differenzierung nach Stromkreisen und Kontaktarten muss der Fachmann dahingehend begreifen, dass das Klagepatent für die Stromversorgung der E/A-Modul-Elektronik die in anderem Zusammenhang für tauglich gehaltenen Messer-Gabel-Kontakte gerade nicht eingesetzt sehen will. Wird die im Patentanspruch 1 gegebene Lehre zum technischen Handeln ernst genommen, so gibt es deshalb keinen naheliegenden Weg dahin, „Druckkontakte“ durch Messer-Gabel-Kontakte zu substituieren. Um diese Ersatzmaßnahme in Betracht zu ziehen, muss der Fachmann vielmehr die Anweisungen des Patentanspruchs 1 ignorieren und an ihre Stelle eigene Überlegungen über die Tauglichkeit und Zweckmäßigkeit elektrischer Kontakte für die Stromversorgung der Modulelektronik setzen. Unter solchen Umständen kann von einem zum Patentanspruch gleichwertigen Austauschmittel keine Rede sein.
Mit dieser Konstellation hat der vorliegende Fall gemeinsam, dass der Patentanspruch sich ebenfalls auf ein bestimmtes konkret bezeichnetes Mittel (Druckkontakte) festgelegt hat, dessen Einsatz dem angesprochenen Fachmann auf der Grundlage der Anspruchsfassung und der zu ihrer Auslegung heranzuziehenden Patentbeschreibung als unabdingbar erscheint. Das trifft auch auf die Verwendung des im Anspruch 1 des Verfügungspatentes gelehrten Rutheniumsalzes zur Oxidation bei der Drospirenon-Herstellung zu.

b)
Dass der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Staubsaugerrohr“ (GRUR 2005, 41, 42) eine aus Polyäthylen bestehende Dichtungshülse eines Staubsaugerrohres als äquivalentes Ersatzmittel für eine Dichtungshülse angesehen hat, die nach den Vorgaben des Patentanspruches aus Polyamid zu bestehen hatte, weil der Fachmann ohnehin aus der vorgegebenen Werkstoffgruppe (Polyamid) den im konkreten Fall zu verwendenden Werkstoff auswählen müsse, weswegen er seinen Blick auch auf Werkstoffe außerhalb dieser Gruppe richte, wenn sie ebenfalls den angestrebten Erfolg gewährleisten könnten, steht dem gefundenen Ergebnis mangelnder Gleichwertigkeit nicht entgegen. In dem seinerzeit in Rede stehenden Patent ging es nicht um die chemischen Eigenschaften der sich gegenüberstehenden Stoffe, sondern um deren physikalische Eigenschaften wie Festigkeit, Formbeständigkeit, Gleitfähigkeit, Elastizität und Abriebfestigkeit, ohne dass stoffliche Veränderungen zu erwarten oder beabsichtigt waren. Hier geht es dagegen um ein chemisches Verfahren und die chemischen Eigenschaften des Katalysators, der im Zusammenwirken mit anderen Mitteln eine bestimmte chemische Reaktion auslösen, nämlich als Zwischenprodukt Hydroxy-Drospirenon erzeugen soll.

c)
Zutreffend hat daher auch das fachkundig besetzte schweizerische Bundespatentgericht in seinem Beschluss vom 13. Februar 2013 eine Verletzung des Verfügungspatentes mit äquivalenten Mitteln mit der Erwägung verneint, die stofflichen Unterschiede zwischen Rutheniumsalz und E hinderten den Fachmann angesichts der spezifischen Nennung der Wichtigkeit des Rutheniumsalzes als Kernelement der Erfindung, diesen Katalysator durch einen organischen Stoff wie E zu ersetzen (S. 42/43). Auch das niederländische Gericht in Den Haag hat eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln zutreffend verneint. Dass das Berufungsgericht in Turin zum gegenteiligen Ergebnis gekommen ist und eine Verletzung in äquivalenter Form bejaht hat, veranlasst den Senat nicht zu einer anderen Beurteilung, denn das Berufungsgericht in Turin hat lediglich auf der Grundlage ihm vorliegender Sachverständigengutachten die Gleichwirkung bejaht, ohne die Gleichwertigkeit zu prüfen (Übersetzung S. 27 ff.).

Auch die Technische Beschwerdekammer hat in ihrer Entscheidung zum Rechtsbestand des Teilungspatentes EP 1 149 XYZ keine Aussagen getroffen, die zur Anerkennung der Gleichwertigkeit führen. Zur technischen Lehre des Verfügungspatentes, der Stammanmeldung des vorbezeichneten Teilungspatentes, wird lediglich ausgeführt, es offenbare die Oxidation in Gegenwart eines Rutheniumsalzes zu 5β-OH-DRSP in einem zweistufigen Verfahren. Gegenstand der weiteren Ausführungen der Technischen Beschwerdekammer ist jedoch nicht die technische Lehre des Verfügungspatentes, sondern diejenige des Teilungspatentes, das sich nicht mit dem Oxidationsschritt befasst, sondern mit der nach der Lehre des Verfügungspatentes anschließenden Wasserabspaltung.

III.

Da die Berufung der Verfügungsklägerin erfolglos geblieben ist, hat sie nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.