2 U 22/12 – Kinderwagen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2096

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. August 2013, Az. 2 U 22/12

Vorinstanz: 4b O 212/09

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16.02.2012 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

II.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zwangsweise beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 240.000,00 EUR festgesetzt.

G r ü n d e :

A.

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des in deutscher Sprache veröffentlichten europäischen Patents EP 1 366 XXX B1 (nachfolgend: „Klagepatent“, Anlage K1) in Anspruch, das unter dem Aktenzeichen DE 503 00 XXY.2beim Deutschen Patent- und Markenamt („DPMA“) geführt wird. Laut Registerauskunft des DPMA vom 15.06.2011 (Anlage K19) war im Zeitpunkt der Klageerhebung als Erfinder, Anmelder und Inhaber des Klagepatents „B, 84 XXZ C, DE“ eingetragen. Im Juni 2011 wurde als neuer Anmelder und Inhaber „D, 84 XXZ C, DE“ eingetragen.

Das Klagepatent, das einen zusammenklappbaren Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen zum Gegenstand hat, nimmt eine deutsche Priorität vom 29.05.2002 in Anspruch (Gebrauchsmuster DE 20208XYX). Das Klagepatent wurde am 25.04.2003 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 03.12.2003 veröffentlicht, die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 27.04.2005.

Mit Urteil vom 30.03.2011 wies das Bundespatentgericht (Az.: 5 Ni 10/10 EU, Anlage K17) die aus Anlage B1 ersichtliche Nichtigkeitsklage der Beklagten ab. Mit Urteil vom 22.05.2012 wies der Bundesgerichtshof (BGH) die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der hiesigen Beklagten zurück (Anlage BK 3).

Der Patentanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

„Zusammenklappbarer Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen mit einem Wagengestell (1), das mindestens aufweist:

– Zwei obere, spiegelbildlich angeordnete, von vorn nach hinten ansteigend und im Wesentlichen V-förmig verlaufende, durchgehende oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildeten Gestellholme (2a, 2b), deren untere Enden zum Verbringen aus einer zusammengelegten Stellung in eine Aufstellposition schwenkbar an einem Verbindungsteil (3) angekoppelt sind,
– an welchem Verbindungsteil (3) zwei untere, spiegelbildlich angeordnete, von vorn nach hinten im wesentlichen V-förmig verlaufende, durchgehende oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildete verschwenkbare Gestellholme (4a, 4b) angeordnet sind, an deren hinteren Ende Radlagerhalter (5) für hintere Räder oder Räderanordnungen (6) befestigt sind,
– mindestens eine vordere Radanordnung (7) mit mindestens einem Rad, die mittels mindestens eines Radlagerhalters (8) an dem Verbindungsteil (3) oder einem Brückenteil der unteren Gestellholme (4a, 4b) befestigt ist,

gekennzeichnet durch:

– ein aufstellbares Spreizgestänge (9) in Form eines Kreuzgestänges, das in einem bestimmten Abstand zum Verbindungsteil (3) an den Holmen (2a, 2b; 4a, 4b) und diese verbindend vorgesehen und derart ausgebildet ist, dass nach dem Aufstellen des Wagengestells die oberen und die unteren Holme (2a, 2b) in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind und beim Zusammenlegen des Spreizgestänges (9) die oberen und unteren Holme (4a, 4b) gleichzeitig aufeinander zu verschwenken.“

Die nachfolgend eingeblendeten Figuren aus der Klagepatentschrift sind zeichnerische Darstellungen einer bevorzugten erfindungsgemäßen Ausführungsform. Die Figur 1 zeigt einen zusammenklappbaren Schiebewagen in der Rückenansicht. Figur 2 enthält die der Figur 1 korrespondierende Seitenvorderansicht und Figur 3 eine korrespondierende Darstellung in einem zusammengeklappten Zustand.
.

Die Beklagte vertreibt unter der Modellbezeichnung „E“ einen Kinderwagen über das Internet (nachfolgend: „angegriffene Ausführungsform“). Sie stellte Kinderwägen des Modells E auch auf der Messe „Kind und Jugend 2009“ in Köln aus. Die Ausgestaltung und Funktionsweise ergibt sich anhand der Fotos gemäß Anlage K 13, aus der auch nachfolgend eingeblendete Bilder 1 – 3 stammen:

Mit Schreiben vom 06.08.2009 (Anlage K 4) übersandten der Rechtsanwalt und der Patentanwalt des Klägers der Beklagten den Entwurf eines Lizenzvertrages, wobei sie „als Anwälte für Herrn B, Am Industriegleis 9, 84 XXZ C, Deutschland und die Firma TFK Trends for Kids GmbH Vertrieb von Kinder-Trendartikeln, Am Industriegleis 9, 84 XXZ C, Deutschland“ auftraten. Die Beklagte erbat mehrere Firstverlängerungen, die ihr von dem Kläger zuletzt mit Schreiben vom 10.09.2009 bis zum 16.09.2009 gewährt wurden (vgl. Anlage K8). Auf der Messe Kind und Jugend 2009 übergab die Beklagte dem Kläger eine Schutzschrift vom 16.09.2009 (vgl. Anlage K9).

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, Inhaber der Firma B zu sein, nachdem der Geschäftsbetrieb der Firma B am 22.01.2007 auf ihn übergegangen sei, und insoweit auf den als Anlage K15 vorgelegten Geschäftsübergabe-Vertrag verwiesen. Er hat die Auffassung vertreten, er sei Auftraggeber der anwaltlichen Schreiben vom 10.09.2009 (Anlage K8) und vom 06.08.2009 (Anlage K4) gewesen, weshalb ihm die diesbezüglich angefallenen außergerichtlichen Rechts- und Patentanwaltskosten zu erstatten seien. Die Schutzschrift sei erst nach der Abmahnung hinterlegt worden. Die Abmahnung sei auf die Firma B gestützt worden. Ferner hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Beklagte mache durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform von dem Gegenstand der Erfindung nach dem Klagepatent wortsinngemäßen Gebrauch: Die Streben 18, 19, 20 und 21 würden von einer in einer Ebene verlaufenden Stellung in eine nahezu aufeinander liegende Stellung bewegt. Das Klagepatent verlange nicht zwingend, dass die Stützstreben wie bei einem Regenschirm zueinander bewegt werden. Hilfsweise hat der Kläger eine äquivalente Patentverletzung geltend gemacht. Ferner hat der Kläger behauptet, beim Zusammenlegen des Spreizgestänges würden die oberen und unteren Holme gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

im Wesentlichen wie vom Landgericht erkannt, wobei er den Feststellungsantrag und den entsprechenden Antrag auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung in Bezug auf Benutzungshandlungen gestellt hat, die seit dem 27.05.2005 begangen wurden, ferner einen Vernichtungsanspruch geltend gemacht und Erstattung seiner außergerichtlichen Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgebühren in Höhe von 3.560,40 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung verlangt hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich geltend gemacht, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, weil nicht die Firma B, sondern Herr B persönlich Inhaber des Klagepatents sei. Im Übrigen sei Herr D zur Fortführung der Firma „B“ nicht berechtigt gewesen. Auf Nichtkaufleute finde das Recht zur Firmenfortführung nach § 22 HGB keine Anwendung. Ein Auftritt des D als B sei wegen des Irreführungsverbots nach § 18 Abs. 2 HGB analog unzulässig. Der Kläger habe ferner nicht substantiiert dargelegt, dass Herr D Inhaber der Firma B sei. Aus Anlage K15 ergebe sich nicht, ob der Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt worden sei. Die angegriffene Ausführungsform besitze kein aufstellbares Spreizgestänge (9) in Form eines Kreuzgestänges: Das Kreuzgestänge müsse mit den Holmen des Kinderwagens verbundene Stützstreben aufweisen, die wie bei einem Regenschirm zueinander bewegt werden könnten. Eine solche Konstruktion weise die angegriffene Ausführungsform nicht auf. Vielmehr sei das Spreizgestänge der angegriffenen Ausführungsform so ausgestaltet, dass zwei mittig miteinander verbundene und in parallelen Ebenen verschwenkbare Stützstreben vorhanden seien, die mit den unteren und oberen Gestellholmen verbunden seien. Es handele sich um ein zweidimensionales Scherengestänge und nicht um ein dreidimensionales Kreuzgestänge wie es das Klagepatent erfordere. Beim Zusammenlegen des Scherengestänges könnten die oberen und unteren Holme nicht ohne zusätzliche Gestängeteile gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt werden.

Durch Urteil vom 16.02.2012 hat das Landgericht dem Klagebegehren im Wesentlichen entsprochen, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist, es zu unterlassen,

zusammenklappbare Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen mit einem Wagengestell, das mindestens aufweist: Zwei obere, spiegelbildlich angeordnete, von vorn nach hinten ansteigend und im Wesentlichen V-förmig verlaufende, durchgehende oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildete Gestellholme, deren untere Enden zum Verbringen aus einer zusammengelegten Stellung in eine Aufstellposition schwenkbar an einem Verbindungsteil angekoppelt sind, an welchem Verbindungsteil zwei untere, spiegelbildlich angeordnete, von vorn nach hinten im Wesentlichen V-förmig verlaufende, aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildete verschwenkbare Gestellholme angeordnet sind, an deren hinteren Enden Radlagerhalter für hintere Räder oder Räderanordnungen befestigt sind, mindestens eine vordere Radanordnung mit mindesten einem Rad, die mittels mindestens eines Radlagerhalters an dem Verbindungsteil oder einem Brückenteil der unteren Gestellholme befestigt ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen ein aufstellbares Spreizgestänge in Form eines Kreuzgestänges, das einen bestimmten Abstand zum Verbindungsteil an den Holmen und diese verbindend vorgesehen und derart ausgebildet ist, dass nach dem Aufstellen des Wagengestells die oberen und unteren Holme in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind und beim Zusammenlegen des Spreizgestänges die oberen und unteren Holme gleichzeitig aufeinander zu verschwenken.

II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses Auskunft darüber zu geben, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 09.06.2011 begangen hat, und zwar unter Angabe

1. der Angebotsmengen und -zeiten sowie der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, ferner der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen, unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer
3. der einzelnen Angebote unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger
4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflage, Höhe, Verbreitungszeitraum und Vertriebsgebiet
5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– zum Nachweis der Angaben unter II.1 und II.2 Belege vorzulegen sind.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, dem diesem durch die unter I. bezeichneten, seit dem 09.06.2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger sei prozessführungsbefugt, soweit er den Unterlassungsanspruch sowie Auskunft und Rechnungslegung und Schadenersatzfeststellung für die Zeit ab dem 09.06.2011 geltend mache. Da der Kläger seit dem 09.06.2011 als Klagepatentinhaber in die Patentrolle eingetragen sei, könne er beginnend mit diesem Datum eigene Ansprüche im eigenen Namen geltend machen. Der Kläger D könne gemäß § 17 Abs. 2 HGB unter seiner Firma B klagen, da er Kaufmann i.S.d. § 1 HGB sei. Der Kläger habe ausreichend dargetan, dass Herr B ein Gewerbe betrieben habe. Die Beklagte habe demgegenüber nicht hinreichend bestritten, dass Herr B überhaupt ein Gewerbe betrieben habe, und nicht die Vermutung des § 1 Abs. 2 HGB hinreichend widerlegt. Der Kläger habe durch Vorlage der Anlage K 15 auch hinreichend dargelegt, dass der Gewerbebetrieb des Herrn B auf ihn übergegangen sei. Der Kläger sei jedoch nicht prozessführungsbefugt, soweit er in die Vergangenheit gerichtete Schadensersatz- und diese vorbereitende Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche des Herrn B aus dem Klagepatent für die Zeit vor dem 09.06.2011 geltend mache. Insbesondere habe er nicht hinreichend dargetan, dass Herr B ihm seine Ansprüche aus dem Klagepatent abgetreten habe. Als in der Rolle eingetragener Patentinhaber sei allein Herr B befugt gewesen, Klage zu erheben. Auch die Voraussetzungen einer gesetzlichen oder gewillkürten Prozessstandschaft seien nicht feststellbar. Im zulässigen Umfang sei die Klage teilweise begründet: Der Kläger sei ab seiner Eintragung in die Patentrolle am 09.06.2011 aktivlegitimiert. Das Klagepatent verlange hinsichtlich des erfindungsgemäßen Kreuzgestänges nicht zwingend, dass es sich um ein „dreidimensional“ wirkendes Gestänge in der Art eines Regenschirmes handeln müsse. Entscheidend sei über Kreuz verbundene Gestellholme die dafür sorgten, dass eine Bewegung des Kreuzgestänges bzw. eine Kraftausübung genüge, um das Gestell aufzuklappen bzw. zusammenzuklappen. Dafür spreche insbesondere ein Umkehrschluss aus den Unteransprüchen 6, 7 und 11. Das zwingende Erfordernis eines dreidimensional wirkenden Kreuzgestänges lasse sich auch nicht aus den Absätzen [0007] und [0009] des Klagepatents und einer Abgrenzung zum gewürdigten Stand der Technik gemäß der FR 2 3100 XYY A herleiten. „Gleichzeitig“ im Sinne des Anspruchs 1 verlange nicht ein zeitlich ununterbrochen gleiches aufeinander zu schwenken. Wegen der weiteren Einzelheiten der landgerichtlichen Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie eine vollständige Klageabweisung erstrebt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie weiter geltend: Das Landgericht habe zu Unrecht die Prozessführungsbefugnis des Klägers für Ansprüche aus dem Zeitraum ab dem 09.06.2011 bejaht. Die Beklagte bestreitet nunmehr mit Nichtwissen, dass der Kläger überhaupt ein Gewerbe betreibe. Ferner habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass und zu welchem Zeitpunkt der Gewerbetrieb und insbesondere das Klagepatent wirksam auf den Kläger übergegangen seien. Entgegen der Ansicht des Landgerichts müsse das erfindungsgemäße Kreuzgestänge zwingend dreidimensional wirken, nämlich „wie ein Regenschirm“. Ihre Auslegung werde durch jene des BGH im Nichtigkeitsberufungsverfahren bestätigt. Jedenfalls habe das Landgericht eine zu weitgehende Verurteilung zur Auskunftserteilung vorgenommen.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 16.02.2012 (Az.: 4b O 212/09) die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und tritt den Ausführungen der Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages im Einzelnen entgegen. Insbesondere sei das Urteil des BGH im Nichtigkeitsberufungsverfahren (Anlage BK 3) nicht zwingend im Sinne der Auslegung der Beklagten zu verstehen. Jedenfalls sei der Senat im Verletzungsrechtsstreit nicht an die Auslegung des BGH im Nichtigkeitsverfahren gebunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Zu Unrecht hat das Landgericht die Beklagte zur Unterlassung sowie Auskunftserteilung und Rechnungslegung verurteilt und deren Verpflichtung zum Schadensersatz für die Zeit ab dem 09.06.2011 festgestellt.

I.

Die vorrangig zu prüfende Zulässigkeit der Klage ist zu bejahen.

1.

Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass der Kläger D gemäß § 17 Abs. 2 HBG unter der inzwischen ihm zustehenden Firma B klagen könne, weil er Kaufmann im Sinne von § 1 HGB sei.

a)
Nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht den Beklagtenvortrag erster Instanz in der Weise verstand, dass nicht etwa in Abrede gestellt wurde, dass Herr B überhaupt ein Gewerbe betrieb. Vielmehr bezog sich das Bestreiten der Beklagten erstinstanzlich allein darauf, dass Herr F allenfalls Kann-Kaufmann gemäß § 1 Abs. 2 HGB und deshalb mangels Eintragung Nichtkaufmann gewesen sei. Demzufolge bestand die tatsächliche Behauptung der Beklagten bislang darin, dass Herr B keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigt habe.

Soweit die Beklagte nunmehr erstmalig in der Berufungsinstanz mit Nichtwissen bestreitet, dass Herr B ein Gewerbe betrieben habe, ist dieses neue Berufungsvorbringen nicht zulassungsfähig. Irgendwelche Tatsachen für einen Zulassungsgrund nach § 531 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 ZPO sind weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich. Insofern kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass das erstmalige Bestreiten in zweiter Instanz nicht auf Nachlässigkeit beruht habe.

Überzeugend hat das Landgericht – was mit der Berufung auch nicht gesondert angegriffen ist – ausgeführt, dass das lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholende Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 28.01.2011 nicht die Feststellung rechtfertigen kann, das Gewerbe des Herrn B habe keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Insofern hat das Landgericht zu Recht auch das Vorliegen eines Handelsgewerbes nach § 1 Abs. HGB bejaht, weshalb die fehlende Eintragung des Herrn B im Handeslregister unschädlich ist (a.e. § 2 S. 1 HGB).

b)
Soweit die Beklagte mit ihrer Berufung rügt, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass der Kläger D das Handelsgewerbe seines Vaters B übernommen habe, ist dem zu widersprechen.

Das Landgericht hat seine betreffenden Feststellungen zu Recht auf den als Anlage K 15 in Kopie eingereichten notariell beurkundeten Geschäftsübergabe-Vertrag gestützt, dessen Echtheit die Beklagte nicht in Abrede stellt. Gemäß Ziffer B., § 1 des Geschäftsübergabevertrags überlässt Herr B seinem Sohn, Herrn D, den unter Ziffer A. § 1 des Vertrages genannten Betrieb, dessen Geschäftsgegenstand u.a. die Vermarktung von Patenten, Lizenzen und Gerbrauchsmustern ist, mit allen Aktiva und Passiva, wie sie sich aus der Bilanz zum 31.12.2006 ergeben. Namentlich gingen demnach sämtliche Forderungen und Ansprüche, sämtliches Anlage- und Umlaufvermögen auf Herrn D über. Des Weiteren hält der Vertrag fest, dass sich die Vertragsteile über den Eigentumsübergang der am Tag des Besitzübergangs zum Betriebsvermögen zählenden beweglichen Gegenstände, insbesondere der Betriebsausstattung, den Geräten und Maschinen und der Vorräte einig sind. Auch ist geregelt, dass Herr B sämtliche Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie die sonstigen betrieblichen Ansprüche, insbesondere Guthaben auf betriebliche Bankkonten, wie diese am Tag des Besitzübergangs bestehen, an den Übernehmer abtritt, der die Abtretung annimmt. Weiter ist festgehalten, dass die vertragsgegenständlichen beweglichen Sachen, Rechte und Anwartschaften den Parteien bekannt sind. Zu Recht hat das Landgericht angesichts dieser detaillierten Regelungen im notariell beurkundeten Vertrag auch das Bestimmtheitserfordernis als gewahrt angesehen. Hinsichtlich des Besitzübergangs ist unter Ziffer B., § 1 VI. festgehalten, dass die Übergabe am 01.01.2007 erfolgte.

Insofern steht fest, dass der Kläger mit Wirkung zum 01.01.2007 neuer Betriebsinhaber wurde, wobei er gemäß Ziffer B. § 1 II. auch die Befugnis erwarb, die bisherige Firma (mit oder ohne Inhaberzusatz) fortzuführen.

Soweit die Beklagte rügt, dass der betreffende Vertrag nur auszugsweise vorgelegt wurde, ist dies unerheblich. Die nicht geschwärzten Passagen erlauben ohne Weiteres die oben wiedergegebenen Feststellungen. Die Beklagte zeigt ferner keine Anhaltspunkte für die Annahme auf, dass aus den nicht wiedergegebenen Passagen Umstände hervorgehen könnten, die gegen eine Übernahme zum 01.01.2007 sprächen.

2.

Ebenso ist hinsichtlich der in zweiter Instanz allein noch streitgegenständlichen Ansprüche für die Zeit ab dem 09.06.2011 die erforderliche Prozessführungsbefugnis des Klägers zu bejahen.

Soweit die Beklagte auch in diesem Zusammenhang weiterhin bestreitet, dass der etwaige Gewerbebetrieb und das Klagepatent wirksam auf den Kläger übergegangen seien ist das – ungeachtet der unter 1. bereits erfolgten Ausführungen zum Übergang des Gewerbebetriebes – für die Frage nach der Prozessführungsbefugnis schon aus grundsätzlichen Erwägungen irrelevant. Die Beklagte verkennt nämlich, dass unter der von der Sachlegitimation streng zu trennenden „Prozessführungsbefugnis“ das Recht zu verstehen ist, über das behauptete (streitige) Recht einen Prozess als die richtige Partei im eigenen Namen zu führen, ohne dass eine eigene materiell-rechtliche Beziehung zum Streitgegenstand vorzuliegen braucht (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. A., vor § 50 Rn 18). Die Prozessführungsbefugnis ist daher immer dann gegeben, wenn der Kläger ein Recht, dessen Inhaber er zu sein behauptet, im eigenen Namen geltend macht. Besondere Feststellungen erfordert die Prozessführungsbefugnis lediglich dann, wenn ein Recht geltend gemacht wird, dessen Inhaber nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ein Dritter ist (Zöller/Vollkommer, a.a.O, vor § 50 Rn 19).

Jedenfalls nach der Behauptung des Klägers stehen ihm zumindest ab dem Zeitpunkt der am 09.06.2011 erfolgten Rolleneintragung die von ihm auch im eigenen Namen geltend gemachten streitgegenständlichen Ansprüche zu. Insofern ist die Prozessführungsbefugnis für den in zweiter Instanz allein noch interessierenden Zeitraum – eine Anschlussberufung in Bezug auf etwaig für die Zeit vor dem 09.06.2011 bestehende Ansprüche hat der Kläger nicht eingelegt – unzweifelhaft gegeben. Ob der Kläger in Bezug auf die Ansprüche für die Zeit ab Eintragung auch aktivlegitimiert ist, ist für die Frage der Zulässigkeit der Klage hingegen unerheblich.

II.

Die nach alledem zulässige Klage ist jedoch unbegründet, weil die angegriffene Ausführungsform unter keinem patentrechtlichen Aspekt von der technischen Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents Gebrauch macht. Dem Kläger stehen die vom Landgericht für die Zeit ab dem 09.06.2011 zuerkannten Ansprüche wegen vermeintlicher Verletzung des Klagepatents daher nicht zu.

1.

Das Klagepatent lehrt einen zusammenklappbaren Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen mit einem Wagengestell, das sich aus einer Gebrauchsstellung in eine Verstaustellung zusammenklappen lässt.

Als Stand der Technik erwähnt das Klagepatent zunächst die US 3,881,XYZ A, aus der ein Kinderwagen, insbesondere Sportwagen bekannt sei, wie er in der nachfolgenden, aus der US `739 stammenden Zeichnung abgebildet ist.

Der vorbekannte Kinderwagen verfüge über eine Rahmenkonstruktion, die ein unteres, scherenartig an einem Gelenkstück angelenktes Paar von Seitenholmen (1, 1`) aufweise, die durch zusammenklappbare Querholme miteinander verbunden seien. Auf den Seitenholmen seien verschiebbare Gelenke für die schwenkbewegliche Befestigung von Rückenholmen (5, 5′) vorgesehen, an deren Ende jeweils ein Schiebegriff angebracht sei. Zur Stabilisierung der Konstruktion in aufgestellter Lage seien zwischen den beiden Rückenholmen obere und untere Querholme (8, 8′, 9, 9′) vorgesehen, die jeweils an einem Ende aus zwei gleich langen, gelenkig miteinander verbundenen Stangen bestünden und an einem anderen Ende an den Rückenholmen angelenkt seien. An den Rückenholmen seien vorderseitig Sitzholme (11, 11′) angelenkt, die schwenkbeweglich mit ihren vorderen Enden an Lagern der Seitenholme befestigt seien. Rückseitig der Rückenholme seien Beinstützen vorgesehen, die mit ihren anderen Enden an den Querholmen drehgelenkig befestigt seien. Durch die verschiebliche Anordnung der Gelenke an den Rückenholmen einerseits und durch die zusammenlegbaren Querholme andererseits könne das Wagengestell bei gleichzeitigem Verschieben der Gelenke für die Rückenholme auf den Seitenholmen vollständig zusammengelegt werden.

Als weiteren Stand der Technik führt das Klagepatent die FR 75 14XZX an, deren Figur 1 das nachfolgend eingeblendete Kinderwagengestell zeigt.

Die FR `964 lehre ein Kinderwagengestell, das einen gleichen Aufbau wie das aus der US `739 bekannte Gestell aufweise, bei dem jedoch im Gegensatz dazu die Rückenholme (14, 14′) an festen Lagern an den Seitenholmen (1, 1′) schwenkbeweglich gelagert seien und die Rückenholme unterhalb eines zusammenlegbaren Scherengestänges (18, 18′, 19, 19′), das als Spreizgestänge zwischen den Rückenholmen vorgesehen sei, geteilt und gegeneinander verschwenkbar ausgeführt seien, so dass diese zusammen mit den Sitzholmen ein Kräfteparallelogramm bildeten. Für die Spreizung der Seitenholme sei zusätzlich ein zusammenlegbarer Querholm zwischen den unteren Abschnitten der Rückenholme vorgesehen.

Vor diesem technischen Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, die vorbekannten zusammenklappbaren Schiebewagen derart fortzuentwickeln, dass diese bei vereinfachter Konstruktion leicht aufgestellt und zusammengeklappt werden können.

Zur Lösung dieses technischen Problems sieht der Anspruch 1 des Klagepatents einen Schiebewagen mit den folgenden Merkmalen vor:

1. Zusammenklappbarer Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen mit einem Wagengestell (1), das mindestens aufweist:

1.1 zwei obere Gestellholme (2a, 2b),
1.2 zwei untere Gestellhome (4a, 4b),
1.3 ein Verbindungsteil (3),
1.4 ein Spreizgestänge (9),
1.5 eine vordere Radanordnung (7) und
1.6 hintere Räder oder Radanordnungen (6).

2. Die oberen Gestellholme (2a, 2b)

2.1 sind durchgehend oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildet,
2.2 sind spiegelbildlich angeordnet,
2.3 verlaufen von vorn nach hinten ansteigend und im Wesentlichen V-förmig.

3. Die unteren Gestellholme (4a, 4b)

3.1 sind durchgehend oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildet,
3.2 sind spiegelbildlich angeordnet,
3.3 steigen von vorn nach hinten an,
3.4 sind verschwenkbar,
3.5 weisen hintere Enden auf, an denen Radlager (5) für die hinteren Räder oder Räderanordnungen (6) befestigt sind.

4. An dem Verbindungsteil (3) sind

4.1 die unteren Enden der oberen Gestellholme (2a, 2b) zum Verbringen aus einer zusammengelegten Stellung in eine Aufstellposition schwenkbar gekoppelt und
4.2 die unteren Gestellholme (4a, 4b) befestigt.

5. Die vordere Radanordnung (7)

5.1 weist mindestens ein Rad auf und
5.2 ist mittels mindestens eines Radlagerhalters (8) an dem Verbindungsteil (3) oder einem Brückenteil der unteren Gestellholme (4a, 4b) befestigt.

6. Das Spreizgestänge (9) ist

6.1 aufstellbar und
6.2 in Form eines Kreuzgestänges ausgebildet.
6.3 Das Kreuzgestänge ist

6.3.1 an den Holmen (2a, 2b; 4a, 4b) in einem bestimmten Abstand zum Verbindungsteil (3) und die Holme verbindend vorgesehen,
6.3.2 derart ausgebildet, dass nach dem Aufstellen des Wagengestells die oberen (2a, 2b) und die unteren Gestellholme (4a, 4b) in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind, und
6.3.3 derart ausgebildet, dass beim Zusammenlegen des Spreizgestänges (9) die oberen (2a, 2b) und unteren Gestellholme (4a, 4b) gleichzeitig aufeinander zu verschwenken.

2.

Es fehlt an einer wortsinngemäßen Verwirklichung der Merkmalsgruppe 6.3, weil die angegriffene Ausführungsform kein erfindungsgemäß ausgestaltetes Kreuzgestänge aufweist.

Als Durchschnittsfachmann ist ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der bei einem Hersteller von Kinderwagengestellen mit Konstruktionsaufgaben befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt, anzusehen (BGH, Anlage BK 3, S. 9, Rz. 14).

a)
Zu folgen ist dem Landgericht noch in dem Ansatz, dass ein Kreuzgestänge ein Spreizgestänge ist, bei dem die Stützstreben „über Kreuz“ angeordnet sind, so dass sie einen Kreuzungspunkt aufweisen, und die freien Enden der Stützstreben an den oberen und unteren Gestellholmen angebracht sind und diese miteinander verbinden, so dass es zu einer Bewegungskopplung kommt. Angesichts des Begriffs „Kreuzgestänge“ und der dezidierten Vorgaben in den Merkmalen 6.2 und 6.3 wird für den Fachmann erkennbar, dass es sich bei dem erfindungsgemäßen Gestänge um eine bestimmte Form bzw. Bauart eines Spreizgestänges handelt, und zwar derart, dass die Stützstreben ein Kreuz zwischen den oberen und den unteren Gestellholmen (2a, 2b, 4a und 4b) bilden.

Die technische Funktion des erfindungsgemäßem Kreuzgestänges liegt darin begründet, ein Mittel zum Aufstellen und zum Zusammenlegen des Wagengestells zur Verfügung zu stellen, wobei sich dieses aus einer Gebrauchsstellung in eine Verstaustellung und umgekehrt zusammen- bzw. aufklappen lassen soll (Klagepatentschrift Absätze [0001], [0014]). Diesbezüglich will das Klagepatent, was vor allem in Absatz [0006] des Klagepatents betont ist, einen einfachen Mechanismus zum Aufstellen/Zusammenlegen zur Verfügung stellen, der für den Nutzer leichter handhabbar ist als vorbekannte Mechanismen. Demgemäß bewirkt das erfindungsgemäße Kreuzgestänge, dass zum einen nach dem Aufstellen die oberen und die unteren Gestellholme in eine V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind; damit korrespondierend bewirkt es weiter, dass beim Zusammenlegen die oberen und unteren Gestellholme gleichzeitig aufeinander zu verschwenken. Indem das Kreuzgestänge die Gestellholme „über Kreuz“ – mithin links oben mit rechts unten und rechts oben mit links unten – verbindet, wirkt es auf die Holme, was eine entsprechende Bewegungskopplung zur Folge hat. Das Bewegungsmoment des Kreuzgestänges wird also auf die Holme übertragen. Dabei liegt das technische Verdienst der Erfindung darin begründet, dass eine einzige Kraftausübung auf das Kreuzgestänges ausreicht, um das Wagengestell entweder auf- oder zusammenzuklappen. Der so erhöhte Komfort für den Nutzer besteht darin, dass keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den jeweils gewünschten Zustand des Wagens zu erhalten. Zusätzlich hat das Kreuzgestänge die technische Funktion, die jeweilige Stellung des Wagengestells zu sichern und die erforderliche Verdrehsicherheit sowie Stabilität des Wagengestells zu gewährleisten (vgl. [0007] und [0014] der Klagepatentschrift).

b)
Zu widersprechen ist dem Landgericht allerdings in Bezug auf die Annahme, das Klagepatent lege nicht zwingend fest, in welchen Ebenen und/oder auf welchen Achsen es zu einer Bewegung des Kreuzgestänges komme, so dass insbesondere kein „dreidimensional“ wirkendes Gestänge in der Art eines Regenschirms erforderlich sei.

aa)
Aufgrund des im Nichtigkeitsverfahren ergangenen BGH-Urteils (Anlage BK 3, insbesondere S. 10, Rz. 15) steht für den Senat de facto fest, dass ein Kreuzgestänge, dessen Holme lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkt werden können, nicht als ein Kreuzgestänge im Sinne der Merkmalsgruppe 6.3 angesehen werden kann. Dies ergibt im Umkehrschluss, dass das Klagepatent – positiv formuliert – ein Kreuzgestänge verlangt, dessen Holme dreidimensional aufeinander zu verschwenkbar sind. Der BGH hat dies damit begründet (Anlage BK 3, S. 10, Rz. 15), dass ein Kreuzgestänge mit lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkbaren Holmen nicht so ausgebildet sei, dass beim Zusammenlegen obere und untere Home gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt werden (Merkmal 6.3.3). Das allgemeine Konstruktionsprinzip des erfindungsgemäßen Wagengestells liegt im Wesentlichen darin, dass die vier Gestellholme zum einen an demselben Verbindungsteil angelenkt sind und zum anderen untereinander durch ein als Kreuzgestänge ausgebildetes Spreizgestänge verbunden sind, so dass die oberen und die unteren Holme wie ein Regenschirm beim Aufstellen sowohl zu- als auch gegeneinander in eine V-Position gebracht werden und beim Zusammenlegen gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt werden (BGH, Anlage BK 3, S. 9 unten).

Vorstehend wiedergegebene Ausführungen des BGH finden sich sogleich im Anschluss an die Wiedergabe der Merkmalsgliederung im Nichtigkeitsberufungsurteil. An dieser Stelle wird – gleichsam als Präambel vor der Abhandlung der Einwendungen im Nichtigkeitsverfahren im Detail – der Kern der allgemeinen Erfindung herausgearbeitet. Schon durch diesen Aufbau kommt zum Ausdruck, dass es sich um die kennzeichnenden und zwingenden Anforderungen an das erfindungsgemäße Konstruktionsprinzip handelt. Zu widersprechen ist der Klägerin namentlich darin, dass es dem BGH hier ausschließlich darum gegangen sei, eine Abgrenzung zur scherenartigen Konstruktion gemäß dem Stand der Technik in der FR 75 14XZX (Anlage K 7 des Nichtigkeitsverfahrens) vorzunehmen, welcher indes nicht entnommen werden könne, dass das Klagepatent allgemein ein dreidimensional wirkendes Kreuzgestänge verlange. Vielmehr erwähnt der BGH die betreffende Entgegenhaltung FR `964 nur als ein Beispiel für ein nicht erfindungsgemäßes Kreuzgestänge, bei dem die Holme lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkt werden können. Deshalb trifft die Rüge der Klägerin, die Beklagte habe „die betreffenden Passagen des BGH-Urteils aus dem Zusammenhang gerissen“, nicht zu. Demnach scheiden sämtliche Kreuzgestänge, die in diesem Sinne lediglich zweidimensional konstruiert sind, aus dem Schutzbereich der technischen Lehre des Klagepatents aus.

Für den Senat besteht deshalb faktisch eine Bindung an die vorgenannte Auslegung des BGH im Nichtigkeitsverfahren (vgl. Senat, Urteil v. 27.01.2011 – I-2 U 18/09; vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. A., Rn 1704): Um keinen Zulassungsgrund zu schaffen, ist der Senat gezwungen, seiner Beurteilung diejenige Auslegung der Anspruchsmerkmale zugrunde zu legen, die das Nichtigkeitsberufungsurteil gemäß Anlage BK 3 vorgibt. Auch wenn es in der geschilderten Situation an sich Sache des Tatrichters im Verletzungsprozess ist, die Patentauslegung (als Akt der Rechtsanwendung) eigenverantwortlich vorzunehmen, gilt es jedoch zu beachten, dass eine Divergenz zwischen der Auslegung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit und derjenigen im (Berufungs)Nichtigkeitsverfahren ein Grund für die Zulassung der Revision wäre (vgl. BGH, GRUR 2010, 858 – Crimpwerkzeug III). Da die Revisionszulassung in diesem Falle darauf abzielen würde, im Verletzungsprozess demselben Verständnis der Anspruchsmerkmale Geltung zu verschaffen, wie sie der Nichtigkeitsentscheidung entspricht, wäre es zwar rechtstheoretisch denkbar, vorliegend eine abweichende Patentauslegung vorzunehmen. Allerdings wäre ein solches Unterfangen im Ergebnis erkennbar sinnlos, da absehbar wäre, dass der BGH die abweichende Auslegung im anschließenden Revisionsverfahren im Sinne seiner Auslegung verwerfen würde (vgl. Senat, Urteil v. 27.01.2011 – I-2 U 18/09; vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. A., Rn 1704).

bb)
Unabhängig von der vorerwähnten ohnehin gegebenen faktischen Bindung des Senats überzeugen aber auch die Argumente der Beklagten und der Kammer für ihren Ansatz, dass das erfindungsgemäße Kreuzgestänge nicht notwendig dreidimensional wirken müsse, nicht. Dies ergibt sich – der BGH hat seine Auslegung im Berufungsnichtigkeitsurteil nicht im Detail erläutert – anhand folgender Erwägungen:

Zwar mag es grundsätzlich so sein, dass die Übertragung der auf das Kreuzgestänge wirkenden Kraft bzw. Bewegung auf die Gestellholme unabhängig davon ermöglicht werden kann, ob das Kreuzgestänge in nur einer Ebene („zweidimensional“) oder in zwei Ebenen („dreidimensional“) bewegbar ist. Jedoch hat sich das Klagepatent entgegen der Ansicht des Landgerichts auf letztgenannte Lösung festgelegt.

aaa)
Anderes lässt sich zunächst nicht aus den vom Landgericht angeführten Unteransprüchen 6, 7 und 11 schließen.

Richtig ist zwar, dass die Unteransprüche 6 und 7 ausdrücklich eine bevorzugte Ausführungsform unter Schutz stellen, bei der für die Stützstreben Schwenklagerhalter vorgesehen sind, an denen die Stützstreben schwenkbeweglich gelagert sind. Dort sorgen die Schwenklagerhalter für die erforderliche Beweglichkeit, wobei durch deren Verschieben das Gestell zusammengeklappt oder in die aufgestellte Gebrauchsposition verbracht werden kann. Soweit das Landgericht indes bemerkt, bei dieser Konstruktion könne das Kreuzgestänge selbst auch nur in einer Ebene verschoben werden, weshalb diese auch vom breiteren Hauptanspruch 1 umfasst sein müsse, verfängt dies nicht. Denn letztlich beschäftigt sich der Unteranspruch 6 nur mit den Schwenklagerhaltern und nicht mit dem erfindungsgemäßen Kreuzgestänge als solchem, weshalb sich entsprechende Rückschlüsse allgemeiner Art auf das Kreuzgestänge im Ergebnis verbieten. Allein dass es möglich wäre, bei der in den Unteransprüchen 6 und 7 gelehrten Konstruktion auch ein zweidimensional wirkendes Kreuzgestänge zu verwenden, bedeutet nicht, dass solches auch erfindungsgemäß ist.

Der unter anderem auch auf den Anspruch 1 rückbezogene Unteranspruch 11 betrifft eine bevorzugte Ausführungsform, bei der das Kreuzgestänge einen mittigen Lagerhalter mit Schwenklagern aufweist, in denen die Stützstreben angeordnet sind, und bei der der Lagerhalter so angeordnet ist, dass er durch rückseitiges Wegziehen oder durch nach vorne gerichtetes Schieben das Kreuzgestänge zusammenklappt, wobei sich gleichzeitig die Holme aufeinander zu bewegen. Richtig ist insoweit, dass der Unteranspruch 11 damit ein Kreuzgestänge unter Schutz stellt, das in zwei Ebenen wirkt. Unzutreffend ist gleichwohl der vom Landgericht gezogene Umkehrschluss, dass der Schutzbereich des Hauptanspruchs 1 demgemäß auch bloß zweidimensional wirkende Kreuzgestänge umfassen müsse. Vielmehr erkennt der Fachmann, dass der Unteranspruch 11 ein ganz spezielles dreidimensional wirkendes Kreuzgestänge lehrt. Seine Besonderheit gegenüber dem Hauptanspruch 1 besteht also nicht etwa darin, dass dort erstmals ein dreidimensional wirkendes Kreuzgestänge an sich gelehrt würde, sondern (unter anderem) darin, dass zusätzlich Arretierungsmittel für die Stützstrebenenden vorgesehen werden, die die Besonderheit gegenüber der allgemeinen technischen Lehre des Hauptanspruchs 1 ausmachen.

bbb)
Zutreffend verweist das Landgericht zwar auf folgenden Aufbau des Absatzes [0007] der Klagepatentschrift: Nach dessen Satz 1 ist das Wagengestell „ähnlich aufgebaut wie ein Schirmgestänge“. Gemäß dessen Satz 2 sind mit den Worten „ähnlich aufgebaut wie ein Schirmgestänge“ vier Holme gemeint, die aus einer zusammengeklappten Position in eine aufgestellte Position relativ zueinander verschwenkbar sind. Gemäß dessen Satz 3 kann dies auch dadurch geschehen, dass – anders als bei einem Regenschirm (Hervorhebung durch Senat) – lediglich die oberen Holme gegenüber den unteren Holmen relativ verschwenkbar sind.

Der im allgemeinen Beschreibungsteil befindliche Satz 3 des Absatzes [0007] der Klagepatentschrift spricht demnach zwar prima facie dafür, dass dreidimensional nach Art eines Regenschirms funktionierende Kreuzgestänge eine lediglich besonders bevorzugte Ausführungsform sein könnten. Das Nichtigkeitsberufungsurteil des BGH lässt nicht im Einzelnen erkennen, warum ein Kreuzgestänge, dessen Holme nur in einer Ebene zueinander verschwenkt werden können, nicht erfindungsgemäß sei. Der Grund liegt in Folgendem:

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass es im Anspruch 1 gemäß der ursprünglichen Offenbarung EP-A-1- 366 968 (Anlage B 10) im Anspruch 1 „… ein aufstellbares Spreizgestänge das in einem …“ hieß, während der erteilte und im Nichtigkeitsverfahren uneingeschränkt aufrecht erhaltene Anspruch 1 „… ein aufstellbares Spreizgestänge in Form eines Kreuzgestänges, das in einem…“ verlangt, bedarf es nicht der Spekulation, ob der BGH im Rahmen seiner Auslegung die Offenlegungsschrift gemäß Anlage B 10 zu Rate zog und auf diesem Wege zu seinem Auslegungsergebnis gelangte (in BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung wurde offen gelassen, ob die Offenlegungsschrift zulässiges Auslegungsmaterial darstellt; dagegen Kühnen, GRUR 2012, 664).

Bereits ein Abgleich des vorgenannten Satzes 3 mit der rechtsbeständigen Fassung des Anspruchs 1 des Klagepatents ergibt, dass die betreffende Beschreibungsstelle nicht vom Schutzumfang des Anspruchs 1 umfasst ist. Eine technische Lehre, die ausschließlich in der Beschreibung oder den Zeichnungen beschrieben ist, aber in den Patentansprüchen keinen Niederschlag gefunden hat, genießt keinen Patentschutz (vgl. BGH, GRUR 1980, 219, 220 – Überströmventil; BGH, GRUR 1987, 626, 627 f. – Rundfunkübertragungssystem). Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass in der Patentbeschreibung erwähnte Ausführungsformen aufgrund der prinzipiell gegebenen Einheit von Anspruch und Beschreibung (BGH, GRUR 2008, 887 – Momentanpol II; BGH, GRUR 2009, 653 – Straßenbaumaschine; Senat, Mitt. 1998, 179 – Mehrpoliger Stecker) Veranlassung geben müssen, danach zu fragen, ob nicht eine Auslegung der Merkmale des Hauptanspruchs in Frage kommt, bei der sämtliche als erfindungsgemäß beschriebenen Varianten auch vom Anspruchswortlaut erfasst werden (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage, Rn 12).

Denn die technische Lehre von Satz 3 im Absatz [0007] des Klagepatents, wonach nur die oberen, nicht aber die unteren Holme verschwenkbar sind, ist unter keinem technischen Blickwinkel mit dem Erfordernis des Merkmals 6.3.3 in Einklang zu bringen. Das Merkmal 6.3.3 setzt nämlich voraus, dass beim Zusammenlegen des Spreizgestänges die oberen und die unteren Holme gleichzeitig aufeinander zu verschwenken (Hervorhebung durch Senat). Mithin verlangt der Anspruch eine aktive Beteiligung aller Holme, also auch der unteren Holme, weshalb auch diese zwingend verschwenkbar sein müssen.

Aufgrund der gleichen Erwägungen ist auch das weitere im Absatz [0007] enthaltene, vom Landgericht argumentativ herangezogene Ausführungsbeispiel (Sp. 2, Z. 51 ff. der Beschreibung des Klagepatents) nicht mit dem Anspruch 1 in Einklang zu bringen und daher nicht Teil des Schutzumfangs. Denn auch dort wird lediglich von einem Verschwenken der oberen Holme in Richtung der unteren Holme ausgegangen.

Festzuhalten bleibt daher, dass von den im allgemeinen Beschreibungsteil in Absatz [0007] des Klagepatents beschriebenen Ausführungsformen nur noch solche für den Schutzumfang des Anspruchs 1 von Relevanz bleiben, die ähnlich wie ein Schirmgestänge aufgebaut sind.

ccc)
Auch der Absatz [0009] der Klagepatentschrift kann entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht als Beleg dafür dienen, dass nach der allgemeinen Erfindung auch zweidimensional wirkende Kreuzgestänge geschützt seien.

Nach dem Absatz [0009] der Beschreibung ist ein Spreizgestänge in Form eines Kreuzgestänges besonders vorteilhaft, wenn – wie beim Regenschirm – die Streben durch Bewegung des Lagerhalters in Längsrichtung aufgestellt und zusammengefaltet werden können. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang angenommen hat, die betreffenden Erläuterungen seien ausschließlich auf X-förmige Kreuzgestänge bezogen, verfängt diese Argumentation aus mehreren Gründen nicht:

Wenn die Annahme des Landgerichts zuträfe, könnte dem nur entnommen werden, dass nach dem Verständnis des Klagepatents entsprechend ausgestaltete X-förmige Kreuzgestänge besonders geeignete Konstrukte aus der Gattung der dreidimensional wirkenden Kreuzgestänge sind. Demgemäß wäre selbst dann der Umkehrschluss, dem allgemeinen Schutzumfang unterfielen auch zweidimensional wirkende Kreuzgestänge, unzulässig. Vielmehr beträfe die besondere Eignung dann spezielle dreidimensional wirkende Kreuzgestänge, nämlich die X-förmigen.

Abgesehen davon ist zu beachten, dass es im Absatz [0009] „…z.B. in X-Form, wenn…“ (Hervorhebung durch Senat) heißt. Demnach bezieht sich der betreffende Absatz mit der dort im Anschluss beschriebenen Merkmalskombination gerade nicht allein auf die „X-Form“, sondern der Fachmann sieht, dass sich die Vorgaben des Konditionalsatzes allgemein auf Kreuzgestänge beziehen. Auch wenn demnach alle Kreuzgestänge nach Art eines Schirmgestänges „als besonders vorteilhaft“ beschrieben werden, versteht der Fachmann auch das nicht als Hinweis darauf, im Geiste des Klagepatents notfalls auch auf zweidimensional wirkende Kreuzgestänge zurückgreifen zu können. „Besonders vorteilhaft“ ist hier nämlich nicht im Sinne einer bloß bevorzugten Ausführungsform, sondern als Betonung der herausragenden Eigenschaften des nach dem allgemeinen Erfindungsgedanken zwingend vorausgesetzten dreidimensional wirkenden Kreuzgestänges zu verstehen. Das ergibt sich für den Fachmann spätestens dann, wenn er sich erneut vergegenwärtigt, dass die in der Beschreibung nach Absatz [0007] des Klagepatents als erfindungsgemäß beschriebenen, nicht nach Art eines Regenschirms konstruierten Ausführungsformen außerhalb des Schutzbereichs des Anspruchs 1 liegen (siehe näher oben unter bb). Selbst wenn also „besonders vorteilhaft“ ursprünglich als Herausstellungsmerkmal gegenüber nicht schirmartig konstruierten Kreuzgestängen gemeint gewesen sein sollte, erkennt der Fachmann, dass diese Formulierung angesichts des zu beachtenden Primats des Anspruchs ihren Sinn eingebüßt hat.

ddd)
Schließlich spricht auch der in der Patentbeschreibung gewürdigte Stand der Technik, insbesondere der FR 2 310 XZY A, für die hier vertretene Auslegung. Aus der Kritik des Klagepatents (vgl. Absatz [0005] der Klagepatentbeschreibung) ergibt sich, dass das Klagepatent sich von der dort verwirklichten Lösung nach dem Prinzip eines Scherengestänges gerade abgrenzen will, weil dort die Holme lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkt werden können (vgl. BGH-Urteil im Berufungsnichtigkeitsverfahren, Anlage BK 3 , S. 10). Erfindungsgemäß muss demnach in Abgrenzung dazu zwingend eine Bewegungskopplung in mehr als nur einer Ebene ermöglicht werden.

b)
Ausgehend von verstehender Auslegung des klagepatentgemäßen Begriffs des „Kreuzgestänges“ lässt die konstruktive Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform nicht die Feststellung eines erfindungsgemäßen Kreuzgestänges zu, weshalb eine wortsinngemäße Verwirklichung der Merkmalsgruppe 6.3 zu verneinen ist.

Richtig mag zwar sein, dass die angegriffene Ausführungsform ein aufstellbares Spreizgestänge in Form eines Kreuzgestänges aufweist (vgl. mittleres Bild auf Blatt 15 GA = S. 16 der Klageschrift).

Unstreitig war und ist jedoch, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform jedenfalls um ein nur zweidimensional wirkendes Spreizgestänge handelt, d.h. es sind nach dem unstreitigen Parteivorbringen lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkbare Streben vorhanden (vgl. auch Bilder 7, 8, 10, und 11 der Anlage K 13). Demnach ist auch nur eine zweidimensionale Bewegung möglich. Von diesem tatsächlichen Ausgangspunkt ging auch das Landgericht aus (vgl. explizit LGU, S. 27 oben) und erörterte vor diesem Hintergrund, ob das Klagepatent solche nur zweidimensionalen Kreuzgestänge ebenfalls erfasse. Der Kläger ist dieser zutreffenden Feststellung auch in zweiter Instanz nicht entgegen getreten, sondern hat allein die Auslegung des Landgerichts verteidigt und vorgebracht, die abweichende Auslegung des BGH im Nichtigkeitsverfahren sei für den Senat nicht bindend. Er hat nicht etwa hilfsweise vorgebracht, das Gestänge der angegriffenen Ausführungsform lasse ein Verschwenken der Streben sogar in zwei Ebenen zueinander zu.

3.

Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die technische Lehre des Klagepatents auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.

Der Kläger hat auch in zweiter Instanz trotz entsprechenden richterlichen Hinweises in der mündlichen Verhandlung (siehe Protokoll vom 18.07.2013, S. 1, Blatt 355 GA) kein Austauschmittel aufgezeigt und keinen entsprechenden Klageantrag formuliert.

Unabhängig davon ist festzuhalten, dass jedwedes Austauschmittel in Gestalt eines bloß zweidimensional wirkenden Kreuzgestänges jedenfalls nicht dem für die Äquivalenz unter anderem erforderlichen Kriterium der Gleichwertigkeit genügen würde, weil es nicht am technischen Sinngehalt des Anspruchs 1 des Klagepatents orientiert wäre (vgl. BGH, GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil; 2007, 58 – Pumpeneinrichtung; 2011, 313 – Crimpwerkzeug IV). Das gilt selbst dann, wenn man anzunehmen hätte, dass die Lösung der angegriffenen Ausführungsform im Vergleich zum Stand der Technik gewisse Verbesserungen (nämlich Verbindungsschenkel, die bewirken, dass auch die oberen Holme jeweils auf die unteren Holme schwenken und so eine Verschiebung auf der Längsachse bewirkt wird, weshalb ein einziger „Kraftakt“ für das Zusammenlegen ausreicht) aufweisen sollte. Das könnte nichts daran ändern, dass das Austauschmittel gleichwohl der vom Klagepatent gerade abgelehnten Gattung der bloß zweidimensional wirkenden Kreuzgestänge zugehörig wäre.

Namentlich sind die im Absatz [0007] enthaltenen, mit dem Wortsinn des Anspruch 1 nicht zu vereinbarenden Ausführungen zu nicht nach Art eines Regenschirms konstruierten Kreuzgestängen kein tauglicher Anhalt für den Fachmann, eine solche Lösung sei am Sinngehalt der technischen Lehre des Klagepatents orientiert und daher gleichwertig. Denn für den Fall, dass die Beschreibung mehrere Möglichkeiten offenbart, wie eine bestimmte technische Wirkung erzielt werden kann, jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden ist, begründet die Benutzung einer der übrigen Möglichkeiten regelmäßig keine Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln, weil der Patentinhaber insoweit eine sog. Auswahlentscheidung getroffen hat (BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung; 2012, 45 – Diglycidverbindung).

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.