4a O 441/04 – Schaltschrankleuchte

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 375

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. Juni 2005, Az. 4a O 441/04

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des deutschen Gebrauchsmusters 200 14 xxx (Klagegebrauchsmuster), das am 21.8.2000 angemeldet und das am 10.1.2002 eingetragen wurde. Der Kläger hat mit Eingabe vom 4.5.2005 die Schutzansprüche in einer neuen Fassung beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Danach lautet Schutzanspruch 1 wie folgt:

„Schaltschrankleuchte bestehend aus einem mindestens zwei zugeordnete, in Längsrichtung miteinander verbundene Gehäuseteile (1, 2) aufweisenden Gehäuse mit Befestigungsvorrichtungen zur Herstellung einer Verbindung zum Schaltschrank, einem Leuchtmittel (5) mit Halterungen (6) an einer Längs- und Außenseite des einen Gehäuseteils (1) sowie mindestens einer Steckverbindung als elektrischer Eingang und mindestens einer Steckverbindung als elektrischer Ausgang für eine elektrotechnische Ausstattung im Inneren des Gehäuses, an dem ein Türpositionsschalter (7) fest montiert ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse auf der dem Leuchtmittel (5) gegenüberliegenden Längsseite mit einer vom Gehäuse nach außen zeigenden Abkantung (3) versehen ist, die die Befestigungsvorrichtungen (4) aufweist.“

Hinsichtlich der weiteren Schutzansprüche in der neuen Fassung wird auf die Anlage K 14b, hinsichtlich der Schutzansprüche in der ursprünglich erteilten Fassung wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus dem Klagegebrauchsmuster und zeigen in Figur 1 und 2 eine gebrauchsmustergemäße Schaltschrankleuchte mit angebautem Türpositionsschalter

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, vertreibt eine Schaltschrankleuchte, von der der Kläger Fotografien als Anlagen K 12 a und K 12 b sowie Zeichnungen als Anlage K 13 vorgelegt hat. Letztere werden nachfolgend wiedergegeben:

Der Kläger sieht im Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform eine wortsinngemäße, zumindest aber eine äquivalente Verletzung der in Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in der neuen Fassung enthaltenen technischen Lehre.

Nachdem der Kläger die nachfolgend wiedergegebenen Anträge zunächst im Umfang der erteilten Fassung des Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters gestellt hat, beantragt er nunmehr auf der Grundlage der neuen Fassung dieses Schutzanspruchs,

I.
die Beklagten zu verurteilen,

1.
es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

anzubieten oder zu liefern

eine Schaltschrankleuchte, bestehend aus einem mindestens zwei zugeordnete, in Längsrichtung miteinander verbundene Gehäuseteile aufweisenden Gehäuse mit Befestigungsvorrichtungen zur Herstellung einer Verbindung zum Schaltschrank, einem Leuchtmittel mit Halterungen an einer Längs- und Außenwand des einen Gehäuseteils sowie mindestens einer Steckverbindung als elektrischer Eingang und mindestens einer Steckverbindung als elektrischer Ausgang für eine elektrotechnische Ausstattung im Inneren des Gehäuses, an dem ein Türpositionsschalter festmontiert ist,

bei welcher Schaltschrankleuchte das Gehäuse an der von dem leuchtmittelabgewandten Längswand mindestens einen mit einem der beiden Gehäuseteile einstückigen Befestigungsstreifen aufweist, der rechtwinklig zu dieser Längswand nach außen steht und mit der benachbarten Gehäusewand flächenbündig abschließt und die Befestigungsvorrichtugnen zur Herstellung einer Verbindung zum Schaltschrank aufweist, insbesondere, wenn der Befestigungsstreifen zum Ausbilden mehrerer Teilstücke unterbrochen ist und/oder die Befestigungsvorrichtungen vorzugsweise als Durchbrechungen in Form von Langlöchern gestaltet sind.

2.
ihm – dem Kläger – unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1) bezeichneten Handlungen seit dem 11.1.2002 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und – zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen sowie Typenbezeichnungen und den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie Typenbezeichnungen und den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist;

II.
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm – dem Kläger – allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 11.1.2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie stellen die Schutzfähigkeit der Lehre aus Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters wegen Fehlens eines erfinderischen Schrittes in Frage. Zudem sind sie der Ansicht, dass die angegriffenen Ausführungsform den Gegenstand des Klagegebrauchsmuster weder wortsinngemäß noch äquivalent verwirklicht.

Der Kläger verteidigt die Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

I.

Das Klagegebrauchsmuster betrifft eine Schaltschrankleuchte. In der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters wird ausgeführt, dass derartige Leuchten der Beleuchtung des Innenraumes von Schaltschränken dienen. Beim Einsatz der Leuchten muss wegen der meist beengten Platzverhältnisse auf einen kompakten Aufbau, eine robuste Handhabung und auf eine ausreichende Ausleuchtung des Schaltschrankes Wert gelegt werden.

Außerdem soll sichergestellt sein, dass die Leuchte bei geschlossener Schaltschranktüre ausgeschaltet und bei geöffneter Schaltschranktüre der Innenraum beleuchtet wird. Für eine entsprechende Betätigung der Leuchte werden bekannte Schalter mit Öffner-Kontakt, sogenannte Türpositionsschalter, verwendet. Diese mechanischen Türpositionsschalter werden in der Regel am Schaltschrankrahmen befestigt und sind über eine Anschlussleitung direkt oder über eine Steckverbindung an die elektrotechnische Ausstattung im Inneren des Leuchtengehäuses angeschlossen.

Eine Schaltschrankleuchte besteht – nach den weiteren Erläuterungen in der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters – aus einem Gehäuse mit Befestigungsvorrichtungen zur Herstellung einer Verbindung zum Schaltschrank. Dabei muss häufig der Deckel des Gehäuses abgenommen werden, um eine Niet- oder Schraubverbindung durch die Gehäusewand herzustellen. Nachteilig ist außerdem bei diesem Aufbau, dass die elektrotechnische Ausstattung auf Deckel und Gehäuse verteilt ist und dadurch eine relativ aufwändige Verdrahtung entsteht.

Das Leuchtmittel mit seinen Halterungen erstreckt sich insbesondere über den mittleren Teilbereich einer Gehäuse-Längsseite. Mindestens eine Steckverbindung dient als elektrischer Eingang und mindestens eine weitere als elektrischer Ausgang für die elektrotechnische Ausstattung im Inneren des Gehäuses. Dadurch lassen sich zum Beispiel mehrere Schaltschrankleuchten miteinander koppeln.

Schaltschränke und Schaltschrankleuchten werden in größeren Serien hergestellt, so dass der spätere Einsatzzweck bzw. die Ausstattung im Inneren bei der Installation zum Teil noch unklar sind. Daher müssen nicht nur die Befestigungspunkte des Gehäuses, sondern auch die Steckverbindungen gut zugänglich sein.

Dem Klagegebrauchsmuster liegt das Problem (die Aufgabe) zugrunde, die Montage einer Schaltschrankleuchte zu vereinfachen.

Das soll nach Schutzanspruch 1 in der Fassung der Eingabe der Klägerin an das Deutsche Patent- und Markenamt vom 4.5.2005 durch folgende Merkmalskombination erreicht werden:

Schaltschrankleuchte bestehend aus:

1. einem Gehäuse,
1.1. das Gehäuse weist
1.1.1. mindestens zwei zugeordnete, in Längsrichtung miteinander verbundene Gehäuseteile (1, 2) mit
1.1.2. Befestigungsvorrichtungen (4) zur Herstellung einer Verbindung zum Schaltschrank auf und
1.2. an dem Gehäuse ist ein Türpositionsschalter fest montiert;

2. einem Leuchtmittel (5),
2.1. das Leuchtmittel weist Halterungen (6) an einer Längs- und Außenseite des einen Gehäuseteils (1) auf;

3. und mindestens einer Steckverbindung als elektrischer Eingang und mindestens einer Steckverbindung als elektrischer Ausgang für eine elektrotechnische Ausstattung im Inneren des Gehäuses;

4. das Gehäuse ist auf der dem Leuchtmittel (5) gegenüberliegenden Längsseite mit einer vom Gehäuse nach außen zeigenden Abkantung versehen, die die Befestigungsvorrichtungen (4) aufweist.

Mit einer solchen Ausgestaltung wird – nach den Ausführungen des Klagegebrauchsmusters – die Montage vereinfacht, weil das Gehäuse über die Abkantung leicht am Schaltschrankrahmen befestigt werden kann. Die Befestigungsvorrichtungen an der Abkantung sind frei einsehbar und gut von unten zugänglich, so dass die Montage auch mit einem Schraubenzieher maschinell erfolgen kann und nicht wie herkömmliche Schaltschrankleuchten von hinten, das heißt aus dem Bereich des Schaltschrank-Innenraumes heraus, angeschraubt werden müssen.

II.

1.) Der Gegenstand von Schutzanspruch 1 ist nicht schutzfähig, § 1 Abs. 1 GebrMG.

Dieser hat zwar als neu zu gelten, weil nicht aufgezeigt worden ist, dass eine solche Schaltschrankleuchte zum Stand der Technik gehört hat, §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 GebrMG.

Denn keine der von den Parteien vorgelegten Druckschriften zeigt eine Schaltschrankleuchte, die ein Gehäuse aufweist, das auf der dem Leuchtmittel gegenüberberliegenden Längsseite mit einer vom Gehäuse nach außen zeigenden Abkantung versehen ist.

Das Vorbringen der Beklagten, die in den als Anlagen B 2 und B 3 vorgelegten Fotografien gezeigten Leuchten entsprächen der tatsächlichen Handhabung im Markt, lässt offen, wann, durch wen und wo derartige Leuchten vor dem Anmeldetag des Klagegebrauchsmusters der Öffentlichkeit zugänglich waren und stellt sich daher als nicht hinreichend substantiiert dar. Der insoweit angebotene Zeugenbeweis ist unzulässig, weil dies auf einen Ausforschungsbeweis hinausliefe. Wird gleichwohl zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die in den Anlagen B 2 und B 3 gezeigten Leuchten tatsächlich offenkundig vorbenutzt worden sind, ist bei diesen jedenfalls nicht das Gehäuse auf der dem Leuchtmittel gegenüberliegenden Längsseite mit einer vom Gehäuse nach außen zeigenden Abkantung versehen, die die Befestigungsvorrichtungen aufweist. Vielmehr verfügt (lediglich) ein mit dem Gehäuse verbundenes Winkeleisen über eine solche Abkantung.

2.) Gleichwohl ist der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 in der genannten Fassung nicht schutzfähig, weil es an einem erfinderischen Schritt fehlt, § 1 Abs. 1 GebrMG. Denn zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass es dem Durchschnittsfachmann am Anmeldetag des Klagegebrauchsmusters aufgrund von routinemäßigen Überlegungen möglich gewesen wäre, eine solche Schaltschrankleuchte aufzufinden.

Dabei geht die Kammer davon aus, dass es sich beim Durchschnittsfachmann um einen insbesondere in der Montage von Schaltschränken erfahrenen Elektromeister oder Ingenieur der Elektrotechnik handelt, der sich mit der verbesserten Ausgestaltung von Schaltschränken und dabei insbesondere von Schaltschrankleuchten befasst.

Zudem waren nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien Schaltschrankleuchten der nachfolgend wiedergegebenen Art im Stand der Technik und damit auch dem genannten Durchschnittsfachmann bekannt (vgl. auch die als Anlage K 6 vorgelegte deutsche Offenlegungsschrift 27 01 518):

Die vorstehend eingeblendete Schaltschrankleuchte besteht aus einem Gehäuse, das Befestigungsvorrichtungen zur Herstellung einer Verbindung zum Schaltschrank aufweist. Zudem ist ein Türpositionsschalter an dem Gehäuse festmontiert. Vorhanden ist des weiteren ein Leuchtmittel, das Halterungen an einer Längs- und Außenseite eines Gehäuseteils aufweist. Die Schrankleuchte weist notwendigerweise mindestens eine Steckverbindung als elektrischer Eingang und mindestens eine Steckverbindung als elektrischer Ausgang für eine elektrotechnische Ausstattung im Inneren des Gehäuses auf.

Aus der Zeichnung geht nicht hervor, ob das Gehäuse aus zwei zugeordneten, in Längsrichtung miteinander verbundenen Gehäuseteilen besteht. Jedoch liegt es im handwerklichen Können des Durchschnittsfachmanns das Gehäuse in der genannten Art und Weise zweiteilig auszugestalten. Ist das Gehäuse zweiteilig ausgestaltet, dann weist das Leuchtmittel die Halterungen notwendigerweise an einer Längs- und Außenseite eines der Gehäuseteile auf.

Das Gehäuse der im Stand der Technik bekannten und vorstehend wiedergegebenen Schaltschrankleuchte ist allerdings nicht auf der dem Leuchtmittel gegenüberliegenden Längsseite mit einer vom Gehäuse nach außen zeigende Abkantung versehen, die die Befestigungsvorrichtungen aufweist. Vielmehr verfügt das Leuchtengehäuse an der Stirnseite über zwei vom Gehäuse nach außen zeigenden Abkantungen, wobei sich die eine Abkantung von der Stirnseite in Verlängerung der Oberseite des Gehäuses und die andere Abkantung von der Stirnseite in Verlängerung der dem Leuchtmittel gegenüberliegenden Längsseite erstreckt. Beide Abkantungen weisen langlochartige Ausnehmungen auf, die erkennbar eine Schraubbefestigung an den ebenfalls mit Ausnehmungen versehenen Streben des Schaltkastens erlauben. Soll die Leuchte an der türseitigen Strebe angeschraubt werden, ist es erforderlich, wie in der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters angedeutet (vgl. Anlage K 1, S. 3, Abs. 3), dass die Schaltschrankleuchte von hinten, also aus dem Bereich des Schaltschrank-Innenraums heraus, angeschraubt wird.

Nach Ansicht der Kammer hat es aber für den Durchschnittsfachmann, der erkannt hat, dass eine solche hinterseitige Montage umständlich ist, bei Anwendung seines Fachwissens ohne weiteres nahe gelegen, in Fortführung der vorhandenen stirnseitigen Abkantungen ergänzend oder ausschließlich eine Abkantung an der dem Leuchtmittel gegenüberliegenden Längsseite vorzusehen, um eine bequeme Montage der Leuchte von unten her zu ermöglichen, wenn diese an der türseitigen Strebe des Schaltschrankes angebracht werden soll.

Da demnach die Lehre des von der Klägerin geltend gemachten Schutzanspruchs 1 in der neu eingereichten Fassung mit Ausnahme der Merkmale 1.1.1. und 4 bereits im Stand der Technik bekannt waren und der Durchschnittsfachmann die fehlenden Merkmale ohne erfinderisches Bemühen auffinden konnte, erweist sich das Klagegebrauchsmusters in dem mit der Klage geltend gemachten Umfang als nicht schutzfähig.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 23.06.2005 kann, soweit darin neues tatsächliches Vorbringen enthalten ist nicht mehr berücksichtigt werden, § 296 a ZPO. Ein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht nicht, § 156 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 30.000,– Euro.