4b O 50/06 – Tampon

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 775

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 10. Oktober 2006, Az. 4b O 50/06

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Tampons, insbesondere für die Frauenhygiene, die etwa zylindrisch sind und aus bandförmigem aufgewickeltem Faservlies geformt sind und einen zentralen, etwa kreisförmigen Faserkern hoher Verdichtung und hoher Knickfestigkeit und eine gerade Anzahl von mindestens sechs in Umfangrichtung benachbarten, in gleichen Winkelabständen voneinander angeordneten Längsrippen aufweisen, die sich von dem Faserkern radial nach außen erstrecken und von weicherer Faserstruktur mit gröberer Kapillarstruktur sind,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Längsrippen durch schmale, streifenförmige in gleichen Winkelabständen voneinander auf der Umfangsfläche angeordnete Längsnuten voneinander getrennt sind, wobei sich nur die äußeren Enden der Längsrippen berühren, um eine im wesentlichen glattzylindrische Oberfläche zu bilden;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 09.03.1994 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten
b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den unter 1. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,

w o b e i

– die Beklagte zu den Angaben gemäß a) und b) die zugehörigen Bestell- und Lieferscheine sowie Rechnungen vorzulegen hat,
– der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten übernimmt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger oder Abnehmer in der Rechnung enthalten ist;

3. die in ihrem (der Beklagten) unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer (der Beklagten) Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 09.03.1994 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 1/10 und der Beklagten zu 9/10 auferlegt.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 250.000 € und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

T a t b e s t a n d :
Die Klägerin ist Lizenznehmerin des europäischen Patents 0 422 xxx B 2 (nachfolgend: Klagepatent, Anlage ROP 2), welches eine deutsche Priorität vom 12.10.1998 (3934153) in Anspruch nimmt. Das Klagepatent beruht auf der Anmeldung vom 11.10.1990, die am 17.04.1991 veröffentlicht wurde. Die Veröffentlichung des Hinweises der Patenterteilung erfolgte am 09.02.1994. Als Vertragsstaat ist unter anderem Deutschland benannt. Der deutsche Teil des Klagepatents, welcher beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Az. 690 06 xxx T3 (Anlage ROP 3) geführt wird, steht in Kraft. Im zwei Instanzen umfassenden Einspruchsverfahren erfolgte eine Änderung des Anspruchs 1. Über die mit Schriftsatz vom 13.07.2006 (Anlage L7) von der Beklagten eingereichte Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Klagepatents beim Bundespatentgericht ist derzeit nicht entschieden.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Tampon, insbesondere für die weibliche Hygiene, Verfahren und Vorrichtung für dessen Herstellung“. Der im vorliegenden Rechtsstreit vornehmlich interessierende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Tampon, insbesondere für die Frauenhygiene, der aus einem durch Aufwickeln eines Längenabschnitts aus bandförmigen Faservlies geformten, etwa zylindrischen Rohling gebildet ist, dessen Umfangsfläche auf einer geraden Anzahl von mindestens sechs in Umfangsrichtung des Wickelrohlings benachbarten Abschnitten radial zur Mittellängsachse des Rohlings gepresst ist, dadurch gekennzeichnet, dass ausschließlich schmale, streifenförmige, in gleichen Winkelabständen voneinander angeordnete Abschnitte der Umfangsfläche des Wickelrohling zu einem Vorformrohling gepresst sind, der, im Querschnitt gesehen, aus einem zentralen, etwa kreisförmigen Faserkern (16) hoher Verdichtung und Knickfestigkeit und sich von dem Faserkern radial nach außen erstreckenden Längsrippen (17) von weicherer Faserstruktur mit gröberer Kapillarstruktur besteht, die durch nach außen offene Längsnuten (18) voneinander getrennt sind, und dass danach ausschließlich die weichen Längsrippen (17) des Vorformlings (15) einen schwachen, gleichmäßigen, zur Mittellängsachse des Vorformlings (15) radialen Druck ausgesetzt wurden, derart dass sich nur die äußeren Enden der Längsrippen (17) berühren, um eine weiche, im wesentlichen glattzylindrische Oberfläche kleineren Durchmessers unter Beibehaltung der größeren Kapillarstruktur entsprechend der Endform des Tampons zu bilden (10).“

Die nachfolgenden Abbildungen der Klagepatentschrift verdeutlichen den Gegenstand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Die Figur 1 zeigt einen erfindungsgemäßen Tampon in einem mittleren Längenschnitt und Figur 4 einen Querschnitt des Tampons in vergrößerter Darstellung.

Die Beklagte stellt her und vertreibt bundesweit über die Lidl-Gruppe unter der Bezeichnung „A“ ein Tamponprodukt (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), dessen nähere Ausgestaltung sich aus der von der Klägerin als Anlage ROP 11 vorgelegten vergrößerten Fotografie eines aufgeschnittenen Musters und aus der von der Beklagten als Anlage L 4 vorgelegten lichtmikroskopischen Querschnitt-Aufnahme sowie den als Anlagen L 8 und L 9 zur Akte gereichten Mustern ergibt. Zur Veranschaulichung des Herstellungsverfahrens der angegriffenen Ausführungsform überreichte die Beklagte als Anlage L 3 eine schematische Illustration. Nachfolgend werden zum besseren Verständnis – zum Teil verkleinert – das zweite Bild der Anlage ROP 11 und die Anlagen L 4 und L 3 wiedergegeben.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Vorliegend nimmt sie die Beklagte deshalb wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung, Entschädigung und Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,
sinngemäß wie zuerkannt,
darüber hinaus die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die unter Ziffer I. 1. des Klageantrages bezeichneten, in der Zeit vom 17.05.1991 bis zum 09.03.1994 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen und auch insoweit Rechnung zu legen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung der gegen das Klagepatent erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagte stellt eine Patentverletzung in Abrede. Sie ist der Auffassung, eine solche Verletzung könne nur dann angenommen werden, wenn die angegriffene Ausführungsform nach dem im Anspruch genannten Verfahren hergestellt werde. Dies sei jedoch nicht der Fall. Abgesehen davon weise die angegriffene Ausführungsform verschiedene Sachmerkmale nicht auf.
Das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform verwendete Verfahren unterscheide sich zudem von dem im Klagepatent genannten wesentlich, da ein einheitlicher Pressvorgang durchgeführt werde und ein weiterer Schritt – schwacher Druck auf die Längsrippen – fehle. Aufgrund des den Viskosevlies umgebenen, vom Klagepatent nicht vorgesehenen zusätzlichen Hüllgewebes verdichte sich bei dem (einheitlichen) Pressvorgang nicht nur der Kern der angegriffenen Ausführungsform, sondern auch das Wattegewebe, das sich innerhalb der nach außen gerichteten Schlaufen befinde. Es ergebe sich für beide Bereiche ein im Wesentlichen gleicher Verdichtungsgrad. Aufgrund der zusätzlichen äußeren Hülle komme es zu einer andersartigen Oberflächenstruktur und fehle es an einer Beschaffenheit, die sich aus einer Pressung radial zur Mittellängsachse des Wickelrohlings ergebe. Ferner würden nicht nur bestimmte Abschnitte der Umfangsfläche gepresst, sondern wegen des „Mitnahmeeffektes“ des Hüllgewebes auch die benachbarten Bereiche der Abschnitte, auf die die Pressbacken unmittelbar einwirkten. Das Pressen erfolge des Weiteren nicht durch schmale und streifenförmige Abschnitte, sondern durch wellenförmige Flächen. Der Wickelrohling werde zudem durch den Stößel „in freiem Flug“ in die Presse befördert, so dass der Rohling eine geneigte, nicht genau definierte Position einnehme, so dass weder der Kernbereich des Rohlings noch die äußeren Bereiche, die durch wellenförmige Linien voneinander abgetrennt sind, eine in der Presse zentrierte Position einnähmen. Infolge dessen käme es zu ungleichen Winkelabständen der zu pressenden Abschnitte, zu schwankenden Breiten der jeweiligen, wellenförmig verlaufenden Längsrippen und damit einhergehend zu einer schwankenden Absorptionsfähigkeit der einzelnen Rippen. Es fehle auch ein zentraler Faserkern. Die Kanäle des Presslings blieben nach außen hin offen, woran sich durch die anschließende Expansion in der Expansionshülle grundsätzlich kaum etwas ändere. Da kein unterschiedlicher Verdichtungsgrad zwischen Faserkern und Längsrippen hergestellt werde, hätten die Längsrippen keine weichere Faserstruktur mit gröberer Kapillarstruktur. Schließlich berührten sich nicht nur die äußeren Enden der Längsrippen und es mangele an einer weichen, im wesentlichen glattzylindrischen Oberfläche, die unter Beibehaltung der gröberen Kapillarstruktur erreicht werde. Das Hüllgewebe aus Kunststoff sei – insoweit unstreitig – im Vergleich zum Faservlies hart und wenig dehnfähig.

Da sich das Klagepatent überdies insbesondere wegen unzulässiger Erweiterung gegenüber der ursprünglich erteilten Fassung sowie fehlender Neuheit als nicht rechtsbeständig erweisen werde, sei jedenfalls die hilfsweise begehrte Aussetzung des Verfahrens gerechtfertigt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage hat in der Sache überwiegend Erfolg; abzuweisen war sie lediglich im Hinblick auf den geltend gemachten Entschädigungsanspruch.
Die Beklagte macht mit der Herstellung und dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Sie ist der Klägerin deshalb in zuerkanntem Umfang zur Unterlassung, Rechnungslegung, zur Vernichtung und zum Schadenersatz verpflichtet. Anlass, den Verletzungsrechtsstreit einstweilen auszusetzen, besteht nicht.

I.
Das Klagepatent betrifft einen Tampon, insbesondere für die Frauenhygiene, sowie ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Herstellen des Tampons.

Nach den Ausführungen der Klagepatentschrift ist aus der DE-AS 14 91 161 ein Tampon bekannt, welcher durch spitze Pressbacken verursachte Längsrillen aufweist, an deren beiden Seiten Längsrippen entstehen, die bei einem anschließenden Pressvorgang mittels Pressbacken mit teilzylindrischen Pressflächen auf die etwa zylindrische Endform des Tampons gepresst sind. Dieser Tampon hat sich wegen seiner hohen Absorptionsfähigkeit, Flüssigkeitsrückhaltefähigkeit, Absorptionsgeschwindigkeit und Stand- bzw. Knickfestigkeit in der Praxis bewährt.

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, den Tampon der genannten Gattung so zu verbessern, dass die bisher erreichte Absorptionsfähigkeit und Absorptionsgeschwindigkeit im Wesentlichen erhalten bleibt, aber die spezifische Absorptionsfähigkeit (ml/gr.) des Tampons erhöht wird.

Zur Lösung dieses technischen Problems (der Aufgabe) sieht das Klagepatent in Anspruch 1 einen durch Herstellungsverfahrensschritte gekennzeichneten Tampon mit folgenden Merkmalen vor:

1. Der Tampon (10) ist etwa zylindrisch und aus einem bandförmigen aufgewickeltem Faservlies geformt.

2. Der Tampon (10) weist einen zentralen, etwa kreisförmigen Faserkern (16) hoher Verdichtung und Knickfestigkeit auf.

3. Der Tampon weist eine gerade Anzahl von mindestens sechs in Umfangsrichtung benachbarten, in gleichen Winkelabständen voneinander angeordneten Längsrippen (17) auf, die
a) sich von dem Faserkern (16) radial nach außen erstrecken,
b) von weicherer Faserstruktur mit gröberer Kapillarstruktur und
c) durch schmale, streifenförmige und in gleichen Winkelabständen voneinander auf der Umfangsfläche angeordnete Längsnuten (18) voneinander getrennt sind, wobei
d) sich nur die äußeren Enden der Längsrippen (17) berühren, um eine weiche, im wesentlichen glattzylindrische Oberfläche kleineren Durchmessers unter Beibehaltung der größeren Kapillarstruktur zu bilden.

Dem Klagepatent zufolge hat sich überraschend gezeigt, dass sich mit einem Tampon dieser Merkmale bei verbesserter Stabilität eine merkliche Erhöhung der spezifischen Absorptionsfähigkeit unter Beibehaltung der bisher erzielten Absorptionsfähigkeit und Absorptionsgeschwindigkeit bei einem überraschend geringeren Einsatz an Fasermaterial erreichen lässt. Diese Wirkung ist – so das Klagepatent – auf eine gröbere Kapillarstruktur des Fasermaterials in der Außenschicht des Tampons zurückzuführen.

III.
1)
Anspruch 1 des Klagepatents ist ein product-by-process Anspruch. Es handelt sich um einen auf einen Tampon gerichteten Sachanspruch, der jedoch in seinem Wortlaut nicht (nur) unmittelbar durch räumlich-körperliche oder funktional umschriebene Sachmerkmale des Endproduktes, sondern zum ganz überwiegenden Teil lediglich durch Herstellungsschritte und die dabei verwendeten bzw. entstehenden Vorprodukte (Wickelrohling/Vorformrohling) definiert ist. Zu klären ist mithin, welche Sachmerkmale des bezeichneten beanspruchten (End-)Gegenstandes und erfindungsgemäßen körperlichen oder funktionalen Eigenschaften sich aus der Anwendung des genannten Verfahrens bei der Herstellung ergeben. Dies ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln, wobei – wie stets – maßgebend ist, wie der angesprochene Fachmann die Angaben zum Herstellungsweg versteht und welche Schlussfolgerungen er hieraus für die erfindungsgemäße Beschaffenheit der auf diesem Weg herstellbaren Sache zieht (BGH GRUR 2001, 1129 – zipfelfreies Stahlband; BGH GRUR 2005, 749 – Aufzeichnungsträger).

Ausgehend hiervon ist der erfindungsgemäße Tampon durch die in der unter II. aufgeführten Merkmalsanalyse genannten Sachmerkmale charakterisiert. Die im Anspruch 1 beschriebenen Herstellungsschritte, die sich auf den Wickelrohling und sodann auf den Vorformrohling beziehen, führen zu einem Endprodukt, wie es aus dieser Merkmalsanalyse hervorgeht.

Zunächst sieht Anspruch 1 als Ausgangsprodukt einen durch Aufwickeln eines Längenabschnitts aus bandförmigen Faservlies geformten, etwa zylindrischen gebildeten Rohling vor, so dass – wie der Fachmann insbesondere auch der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels (Anlage ROP 3, Seite 3 Absatz [0020]) entnehmen kann – auch der Tampon selbst in etwa zylindrisch und aus einem aufgewickelten bandförmigen Faservlies geformt ist. Dies führt zu Merkmal 1.

Der Anspruch verlangt sodann, dass die Umfangsfläche des Wickelrohlings auf einer geraden Anzahl von mindestens sechs in Umfangsrichtung des Wickelrohlings benachbarten Abschnitten radial zur Mittellängsachse des Rohlings gepresst ist, wobei ausschließlich schmale, streifenförmige, in gleichen Winkelabständen voneinander angeordnete Abschnitte der Umfangsfläche des Wickelrohling gepresst sind. Der so gepresste Wickelrohling wird im Anspruch als Vorformrohling bezeichnet. Da der Fachmann weder dem Anspruch selbst noch der Beschreibung einen Anhalt dafür entnehmen kann, dass diese Pressung im Hinblick auf die Lage bzw. die Ausrichtung, die Anzahl und Ausgestaltung der zu pressenden Abschnitte im weiteren Herstellungsverfahren eine Abänderung erfährt, weist auch der erfindungsgemäße Tampon eine gerade Anzahl von mindestens sechs in Umfangsrichtung benachbarten, in gleichen Winkelabständen voneinander angeordnete gepresste Abschnitte auf, die – wie die im folgenden zu erläuternden weiteren Angaben des Anspruchs 1 zeigen – als sich vom Faserkern radial nach außen erstreckende Längsrippen ausgestaltet sind, welche – wie sich ebenfalls aus dem im folgenden erläuterten weiteren Anspruchswortlaut ergibt – durch Längsnuten voneinander getrennt sind. Dies spiegeln die Merkmale 3, 3 a und 3 c wider.

Das Vorprodukt, den Vorformrohling, beschreibt Anspruch 1 als im Querschnitt gesehen aus einem zentralen, etwa kreisförmigen Faserkern (16) hoher Verdichtung und Knickfestigkeit bestehend, mit sich von dem Faserkern radial nach außen erstreckenden Längsrippen (17) von weicherer Faserstruktur mit gröberer Kapillarstruktur, die durch nach außen offene Längsnuten (18) voneinander getrennt sind. Dies findet zum einen mit Blick auf den Vorformrohling und zum anderen für den Tampon selbst in der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels sowie hinsichtlich des zentralen Faserkerns des Endproduktes in der allgemeinen Beschreibung seinen Niederschlag (Anlage ROP 3, Seite 3 Absatz [0021], Seite 5, Absatz [0031] f., Figur 4, Seite 2, Absatz [0006])). Der Fachmann erkennt mangels Ansatzpunktes für eine sich anschließende Veränderung des Vorformrohlings bei diesen räumlich-körperlichen Eigenschaften zwanglos, dass auch das Endprodukt einen zentralen, etwa kreisförmigen Faserkern hoher Verdichtung und Knickfestigkeit (Merkmal 2) aufweist und – im Querschnitt gesehen – sich von dem Faserkern radial nach außen erstreckende Längsrippen hat, die eine weichere Faserstruktur mit gröberer Kapillarstruktur haben (Merkmale 3, 3 a und 3 b). Der zentrale Faserkern sorgt infolge der Faserverdichtung für die erfindungsgemäße Stabilität; die weniger verdichteten Längsrippen zeichnen sich durch eine weichere Faserstruktur mit gröberer Kapillarstruktur aus. Beides steht im Fokus des Klagepatents. Insbesondere letzteres dient der Erfüllung Aufgabe, die spezifische Absorptionsfähigkeit unter Beibehaltung der bisher erzielten Absorptionsfähigkeit und Absorptionsgeschwindigkeit bei geringem Einsatz von Fasermaterial zu erreichen. Selbstredend hat dies nicht nur Geltung für den (beschriebenen) Vorformrohling, sondern auch für das Endprodukt.

Wie dem Anspruch und der Beschreibung in der Klagepatentschrift ferner zu entnehmen ist, werden in einem weiteren Verfahrensschritt ausschließlich die weichen Längsrippen (17) des Vorformrohlings (15) einem schwachen, gleichmäßigen, zur Mittellängsachse des Vorformrohlings (15) radialen Druck ausgesetzt, derart, dass sich nur die äußeren Enden der Längsrippen (17) berühren. Infolge dessen bewegen sich die äußeren Enden der Längsrippen aufeinander zu und die bis dahin (beim Vorformrohling) offenen Längsnuten (18) werden verschlossen. Hierdurch entsteht erfindungsgemäß eine weiche, im Wesentlichen glattzylindrische Oberfläche kleineren Durchmessers unter Beibehaltung der größeren Kapillarstruktur im Außenbereich des Tampons. (Anlage ROP 3, Seite 3 Absatz [0021], Seite 5, Absatz [0032]). Dies führt zu der in Merkmale 3 d beschriebenen endgültigen Oberfläche bzw. Oberflächenform des Tampons. Darüber hinaus verdeutlicht auch dieser Verfahrensschritt dem Fachmann das Vorhandensein von zwei unterschiedlichen Verdichtungszonen innerhalb des Endprodukts. Im Inneren des Tampons befindet sich der im ersten Schritt gepresste Faserkern mit hoher Verdichtung, während die Faserstruktur des Außenbereichs infolge des zweiten, nur schwachen Druck auf die Längsrippen ausübenden Schrittes einen geringeren Verdichtungsgrad aufweist (Merkmale 2, 3 b).

Weitere Sachmerkmale und räumlich-körperliche oder funktionale Eigenschaften des Endproduktes, die aus dem im Anspruch genannten Herstellungsverfahren erwachsen, gibt das Klagepatent dem Fachmann nicht an die Hand. Derartige Sachmerkmale und räumlich-körperlichen Eigenschaften des Tampons wurden auch von der Beklagten, die (lediglich) die exakte Einhaltung der genannten Verfahrensschritte bei der Herstellung des Tampons gefordert hat, nicht benannt.

2)
Das durch einen product-by-process Anspruch geschützte Erzeugnis genießt absoluten Schutz, und zwar unabhängig von der Art seiner Herstellung. Denn Gegenstand des Patents ist trotz der Beschreibung durch das Herstellungsverfahren das Erzeugnis als solches. Mithin ist ein Erzeugnis, welches die gleichen Eigenschaften wie das durch den product-by-process Anspruch Geschützte aufweist, als patentverletzend anzusehen, gleichgültig, ob es mittels eines von dem in Anspruch genannten Weg hergestellt wurde (BGH GRUR 1993, 651 – Tetraploide Kamille; BGH GRUR 2001, 1129 – zipfelfreies Stahlband; BGH GRUR 2005, 749 – Aufzeichnungsträger).

Dies ist vorliegend bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Sie weist sämtliche Sacheigenschaften auf wie das durch Anspruch 1 geschützte Erzeugnis.

a)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht das Merkmal 1. Sie ist etwa zylindrisch und aus einem bandförmigen aufgewickelten Faservlies geformt. Dass die angegriffene Ausführungsform darüber hinaus unstreitig zusätzlich von einem Kunststoff-Hüllgewebe umschlossen ist, steht dem nicht entgegen.
Ein zusätzliches Gewebe, welches ebenfalls ein vom Klagepatent als Material ausdrücklich bestimmtes Vlies (Anlage ROP 3, Seite 3, Absatz [0020]) ist, wird zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Es wird jedoch, wie der Fachmann anhand des Anspruchswortlauts, der Beschreibung und bei funktionsorientierter Auslegung erkennt, auch nicht ausgeschlossen. Der Sinn eines Tampons ist die Absorption von Flüssigkeit, so dass es aus einem Material bestehen muss, welches die dafür erforderlichen Fähigkeiten aufweist. Das Material – das Faservlies – muss in der Lage sein, Körperflüssigkeit aufzusaugen und hierbei zu expandieren, und zwar unter Berücksichtigung der vom Klagepatent vorgesehenen (speziellen) Absorptionsfähigkeit und Absorptionsgeschwindigkeit. Soweit diese technische Funktion gewährleistet ist, ist es nach der Erfindung unerheblich, ob die Flüssigkeitsaufnahme mittels eines nur aus „einem“ Faservlies aufgewickelten Tampons erfolgt oder mittels eines solchen, das von einem „zweiten“ Faservlies umhüllt wird.
Dass das Kunststoff-Hüllgewebe der angegriffenen Ausführungsform die Absorption der Flüssigkeit in irgendeiner erheblichen Weise beeinträchtigt, hat die Beklagte nicht vorgebracht. Das Kunststoff-Hüllgewebe ist flüssigkeitsdurchlässig und – wie die Inaugenscheinnahme zeigt – auch in einem Umfang vorhanden, der die erfindungsgemäße Expansion des Tampons erlaubt.

b)
Die angegriffene Ausführungsform macht ebenso von Merkmal 2 Gebrauch. Sie weist einen zentralen, etwa kreisförmigen Faserkern hoher Verdichtung und Knickfestigkeit auf.
Dem Einwand, der Faserkern sei nicht zentral, kann nicht gefolgt werden. Zwar ist der Begriff „zentral“ als Mittelpunkt bzw. als in der Mitte liegend zu verstehen, ähnliches folgt aus dem Wortbestandteil „Kern“, so dass erfindungsgemäß eine Verdichtung zur Mittellängsachse des Tampons vorausgesetzt ist.
Dem Klagepatent kommt es insoweit jedoch nicht darauf an, dass der Faserkern im exakt berechneten bzw. geometrischen Mittelpunktes des Tampons liegt. Dies folgt zunächst aus dem Sinn und Zweck eines im Zentrum befindlichen Faserkerns. Der Faserkern zeichnet sich durch eine hohe Verdichtung des Faservlieses aus und dient erkennbar auch dem Zweck, die erforderliche Knickfestigkeit und Stabilität zu gewährleistet. Der Tampon soll, wie insbesondere auch der vom Klagepatent gewürdigte Stand der Technik – die DE-AS 14 91 161 (Anlage L 1) – zu erkennen gibt, weder beim Einführen in eine Körperhöhle noch während der Absorption von Flüssigkeit brechen oder abknicken. Dafür, dass dieser Zweck nur dann erfüllt wird bzw. werden kann, wenn sich der Faserkern exakt in der Mitte des Tampons befindet, bieten sich keine Anhaltspunkte.
Dass die Positionsangabe des Klagepatents nicht als Festlegung eines genau berechneten geometrischen Bereichs zu verstehen ist, bestätigt ferner die allgemeine Beschreibung, wonach der Durchmesser des Tampons den üblichen physiologischen Bedingungen entsprechend auf zwischen 13 und 15 mm festgelegt ist, wobei der zentrale Faserkern vorzugsweise einen Durchmesser von 4 bis 8 mm aufweisen kann (Anlage ROP 3, Seite 2, Absatz [0006]). Der zentrale Faserkern wird mithin variabel in Verhältnis zu einem ebenso variablen Durchmesser gesetzt. Die Angaben sind relativ. Überdies zeigt Figur 4 des Klagepatents eine bevorzugte Ausführungsform bei der der verdichtete Faserbereich zum Teil bis in die Längsrippen hineinreicht. Eine exakt definierte Grenze zwischen den unterschiedlichen Verdichtungszonen, die für eine Zentralität im Sinne einer genau berechneten geometrischen Mitte sprechen könnte, findet sich demnach auch hier nicht.

Dass die angegriffene Ausführungsform nicht die vom Klagepatent geforderte Stabilität und/oder Knickfestigkeit aufweist, hat die Beklagte nicht behauptet.

c)
Gleichfalls verwirklicht ist Merkmal 3. Die angegriffene Ausführungsform weist eine gerade Anzahl von mindestens sechs in Umfangsrichtung benachbarten, in gleichen Winkelabständen voneinander angeordneten Längsrippen auf.

Soweit die Parteien in diesem Zusammenhang darüber streiten, ob bei Herstellung der angegriffenen Ausführungsform der Rohling „im freien Flug“ von dem Stößel in die Presse gestoßen wird und ob sodann in der Presse eine automatische Zentrierung des Rohlings erfolgt, bedarf dieser Streit keiner Entscheidung. Selbst wenn derartiges zugunsten der Beklagten anzunehmen wäre und daraus die – von ihr vorgebrachte – Folge erwachsen würde, dass die Winkelabstände der Längsrippe (bei jedem) Tampon ungleich seien, hindert dies nicht die Verwirklichung des in Rede stehenden Merkmals. In den Schutzbereich des Klagepatents fallen auch Tampons mit ungleichen Winkelabständen.

Bereits der im Anspruch gewählte Begriff „gleich“ lässt Raum für „entsprechende“, „vergleichbare“ Winkelabstände. Auch eine ausdrückliche Bestimmung eines stets zu beachtenden Winkelabstand erfolgt nicht.

Für exakt übereinstimmende „gleiche“ Winkelabstände ohne jegliche Abweichung bei jedem Tampon streitet ebenso wenig der Sinn und Zweck der Winkelabstände.
Die „gleichen“ Winkelabstände der Längsrippen stehen zunächst im Zusammenhang mit der Ausbildung des zentralen, etwa kreisförmigen Faserkerns. Wie bereits erläutert, wird der Wickelrohling erfindungsgemäß nicht vollständig und in seinem gesamten Umfang zu einem Vorformrohling gepresst; vielmehr erfolgt das Pressen ausschließlich durch einzelne Abschnitte der Pressbacken, was an den gepressten Stellen zu einer hohen Faserverdichtung und zur Ausbildung von Längsnuten sowie damit einhergehend von Längsrippen führt. Die hohe Faserverdichtung im Kern des Rohlings – und sodann im Tampon – hat zum Ziel, die Stabilität und die Knickfähigkeit des Tampons zu gewähren. Sichergestellt ist dies, wenn die Verdichtung zur Mittellängsachse hin und in der Mitte liegend vorgenommen wird, so dass ein – unter b) näher erläuterter – zentraler Faserkern entsteht. Bewirkt wird diese zentrale Faserkernverdichtung erkennbar durch in Umfangsrichtung in gleichen Abständen pressende Abschnitte. Die „gleichen“ Winkelabstände sind zudem die Voraussetzung für die Ausbildung eines „in etwa“ kreisförmigen Tampons. Schließlich haben sie Bedeutung für die Absorption der Flüssigkeit. Der „gleiche“ Winkelabstand trägt dazu bei, dass jede Längsrippe in gleicher Art und Weise und in gleichem Ausmaß expandieren kann.

Die Stabilität, die Absorptionsfähigkeit und die in etwa kreisrunde Form der angegriffenen Ausführungsform sind – trotz etwaiger ungleicher Winkelabstände – unstreitig.

d)
Die angegriffene Ausführungsform weist unstreitig einen Faserkern und Längsrippen auf, die sich von dem Faserkern aus radial nach außen erstrecken. Merkmal 3 a) ist erfüllt.

e)
Gleiches gilt für das Merkmal 3 b). Bei der angegriffenen Ausführungsform sind im Faserkern und in den Längsrippen unterschiedliche Verdichtungszonen vorhanden, wobei die Längsrippen eine weichere Faserstruktur mit größerer Kapillarstruktur besitzen.

Vorab ist zu bemerken, dass der Anspruch nicht eine bestimmte Verdichtung bzw. einen bestimmten Verdichtungsgrad des Faserkerns und/oder der Längsrippen vorgibt, sondern diese in Verhältnis zueinander setzt. Der Faserkern muss von beiden Bereichen den höheren Verdichtungsgrad aufweisen, während die Längsrippen im Vergleich dazu eine weichere Struktur in ihren Fasern haben müssen.

Die Längsrippen mit derart weicherer Faserstruktur tragen wesentlich zur Erfüllung der Aufgabe des Klagepatents bei, die spezifische Absorptionsfähigkeit des Tampons unter Reduzierung des einzusetzenden Fasermaterials zu verbessern. Da die Längsrippen im ersten Herstellungsschritt nicht gepresst werden und im zweiten Schritt (nur) auf sie lediglich ein schwacher Druck ausgeübt wird, verdichten sich die Fasern der Längsrippen nicht in einem so hohen Grad wie im gepressten Faserkern mit der Folge, dass eine lockere Faser- und gröbere Kapillarstrukturen vorhanden und ein besseres Aufsaugen pro Gramm des Faservlieses möglich ist (Anlage ROP 3, Seite 1, Absatz [0004] f, Seite 2, Absatz [0022], Seite 5, Absatz [0032]). Nicht nur die Längsrippen selbst können dadurch schneller mehr Flüssigkeit aufnehmen; auch der davon umgebene Faserkern bietet eine größere Oberfläche und die Möglichkeit besser zu expandieren sowie zu absorbieren.

Dass die angegriffene Ausführungsform diesen Anforderungen entspricht, ist sowohl der Anlage ROP 11 wie auch der Anlage L 4 zu entnehmen. Die dort zu erkennenden unterschiedlichen Farbstufen bzw. Schattierungen im Faserkern und in den Längsrippen spiegeln die unterschiedlichen Verdichtungsgrade wider. Während auf dem ersten Bild der Anlage ROP 11 die weiß erscheinenden Flächen als hoch verdichtete Faserstruktur zu erkennen sind, sind es bei dem zweiten Bild und der Anlage L 4 die dunkelgrauen. Auf eine exakte geometrische Abgrenzung des zentralen Faserkerns kommt es dabei ebenso wenig an wie auf eine exakt übereinstimmende Verdichtung bei jeder Längsrippe. Überdies ist daran zu erinnern, dass weder die Stabilität noch die (spezifische) Absorptionsfähigkeit der angegriffenen Ausführungsform entsprechend dem Klagepatent in Abrede gestellt worden ist.

e)
Der Verwirklichtung der technischen Lehre des Klagepatents steht auch nicht der Einwand entgegen, die angegriffene Ausführungsform weise keine streifenförmigen, sondern wellenförmigen Längsnuten auf. Merkmal 3 c ist erfüllt.

Zum einen gibt das Klagepatent als räumliche Ausgestaltung der Längsnuten keinen Streifen vor, sondern nur eine streifenförmige Ausprägung, worunter auch eine wellenförmige Gestalt zwanglos zu begreifen ist. Der Fachmann erkennt zum anderen bei funktionsorientierter Auslegung, dass es dem Klagepatent auf die Einhaltung einer bestimmten Form der Längsnuten im Sinne eines (geradlinigen) Streifens nicht ankommt. Ein besonderer Zweck, der mit einer solchen Form, nicht aber durch eine Wellenform erzielt werden könnte, ist nicht gegeben. Die Längsnuten werden beim Pressen des Wickelrohlings verursacht. Dort, wo die Abschnitte der Pressbacken unmittelbar angreifen, werden sie im Faservlies ausgebildet. Da ausschließlich einzelne Abschnitte gepresst werden, entstehen zugleich die Längsrippen, welche das wesentliche Charakteristikum der technischen Lehre des Klagepatents sind. Die Längsnuten haben die Aufgabe, die erfindungsgemäßen Längsrippen mit auszubilden und voneinander zu trennen, wodurch der erforderliche Raum für die bei Aufnahme von Flüssigkeit erforderliche Expansion der Längsrippen und des Faserkerns geschaffen wird. Diesem Zweck genügen auch solche Längsnuten, bei denen die unmittelbar angreifenden Pressbacken als wellenförmige Abschnitte ausgebildet sind, wie insbesondere die angegriffene Ausführungsform belegt.

Ein etwaiger Breitenunterschied einzelner Längsnuten ist unerheblich. Auf die möglicherweise hieraus folgende schwankende Absorptionsfähigkeit einzelner Rippen kommt es nicht an. Die spezifische Absorptionsfähigkeit des gesamten Endprodukts ist ausschlaggebend, die – unstreitig – bei der angegriffenen Ausführungsform gegeben ist.

f)
Schließlich entspricht die angegriffene Ausführungsform auch dem Merkmal 3 d. Bei ihr berühren sich nur die äußeren Enden der Längsrippen, um eine weiche, im wesentlichen glattzylindrische Oberfläche kleineren Durchmessers unter Beibehaltung der größeren Kapillarstruktur zu bilden.

Wie der Fachmann erkennt, dient die Berührung nur der äußeren Enden der Längsrippen zunächst der Ausbildung von Leitungskanälen zwischen dem Faserkern und der geschlossenen Umfangsfläche. Mittels dieser die Kapillarkräfte verstärkenden Kanäle wird die Absorptionsfähigkeit verbessert; sowohl die Längsrippen mit der weicheren Faserstruktur als auch der Faserkern mit der höher verdichteten Struktur können in kürzerer Zeit pro Gramm mehr Flüssigkeit aufnehmen und sich schneller ausdehnen. Die Oberfläche, die für die Flüssigkeitsaufnahme zur Verfügung steht, wird vergrößert (Anlage ROP 3, Seite 2, Absatz [0004], Seite 6, Absatz [0032]).
Die Berührung nur der Enden ergibt sich bei Inaugenscheinnahme der angegriffenen Ausführungsform und aus den Anlagen ROP 11 und L 4. Diese belegen die Ausbildung von Leitungskanälen zwischen Faserkern und geschlossener Umfangsfläche, wie sie insbesondere der Figur 4 der Klagepatentschrift zu entnehmen sind. Die Berührung über einen bestimmten räumlichen Umfang bzw. Bereich ist nicht vonnöten. Das Klagepatent enthält keine weitergehende räumliche oder zahlenmäßige Vorgabe des Bereichs der äußeren Enden, der sich berühren soll. Einer solchen Vorgabe bedarf es auch nicht zur Erzielung der mit dem Verschluss bezweckten Folge.
Soweit die Beklagte gestützt auf Anlage L 4 einwendet, nicht alle äußeren Enden der Längsrippen würden sich berühren, ist zu bemerken, dass es sich insoweit lediglich um eine lichtmikroskopische Querschnittsaufnahme eines Exemplars der angegriffenen Ausführungsform handelt. Dass diese keine allgemeingültige Aussage enthält, folgt aus der Inaugenscheinnahme und der Anlage ROP 11. Ohnedies ist der Anlage nur bei zwei von acht Längsrippen keine Berührung zu entnehmen. Dass die angegriffene Ausführungsform infolge dessen nicht über die erhöhte spezifische Absorptionsfähigkeit verfügt, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

Die Berührung der äußeren Enden der Längsrippen hat ferner den Zweck, eine weiche, im Wesentlichen glattzylindrische Oberfläche des Tampons zu schaffen (Anlage ROP 3, Seite 3, [0021]). Die Oberfläche dient allein der angenehmen Handhabung (Anlage ROP 3, Seite 3, [0006]).
Die angegriffene Ausführungsform ist im Wesentlichen zylindrisch und – wie die Inaugenscheinnahme zeigt – weich. Dass die Oberfläche von der zusätzlichen Schicht, dem Kunststoff-Hüllgewebe, gebildet wird, ist insoweit unbeachtlich. Mangels entgegenstehendem Sachvortrag ist auch eine angenehme Handhabung der angegriffenen Ausführungsform anzunehmen.

3)
Mit Blick auf das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform führende Verfahren, auf welches es nach den obigen Erläuterungen nicht ankommt, bleibt zu bemerken, dass sich dieses – wenn es denn als maßgeblich anzusehen wäre – nicht von dem im Klagepatent genannten unterscheidet. Der Einwand, es werde lediglich ein einheitlicher Pressvorgang durchgeführt, nicht hingegen in einem weiteren Schritt (nur) auf die Längsrippen ein schwacher Druck ausgeübt, so dass der zweite wesentliche Verfahrensschritt fehle, verfängt nicht.
Aufgrund des den Faservlies umgebenden Kunststoff-Hüllgewebes verdichtet sich bei dem Pressvorgang der angegriffenen Ausführungsform unstreitig nicht nur der Faserkern, sondern auch der in den Längsrippen befindliche Faservlies. Dieser Bereich weist in seiner Faserstruktur – wie festgestellt – einen im Vergleich zum Faserkern nicht so hohen Verdichtungsgrad auf. Das Kunststoff-Hüllgewebe ist zwar nur wenig dehnfähig; die Dehnfähigkeit ist jedoch keineswegs so gering, dass der Faservlies beim Anpressen einzelner Abschnitte der Pressbacken infolge eines „Mitnahmeeffektes“ des Hüllgewebes in seinem gesamten Umfang in selbem Maße zusammengepresst wird. Dies gibt die Inaugenscheinnahme des Endprodukts zu erkennen. Auch die Beklagte behauptet eine derartig umfassende, vollständige Pressung nicht; in anderem Zusammenhang spricht sie nur von „Mitnahmeeffekten“ auf die benachbarten Bereiche der Abschnitte, auf die die Pressbacken einwirken. Nach dem Pressvorgang wird der Vorformrohling der angegriffenen Ausführungsform – wie Anlage L 3 veranschaulicht – durch ein Führungselement in eine starre Expansionshülle geführt, in der die angegriffene Ausführungsform, auch nach dem Vorbringen der Beklagten, auf ihren endgültigen Durchmesser expandiert.
Mithin wird dem Rohling, den die Pressbacken freigeben, keine vollständige Expansion erlaubt. Vielmehr wird er mit Hilfe eines Führungselements in die seine vollständige Expansion begrenzende Expansionshülle eingeführt. In dieser dehnt sich der Rohling aus, jedoch nur so weit, wie es die starre Expansionshülle zulässt. Diese wirkt seiner vollständigen Ausdehnung entgegen und übt somit radialen Druck auf die Längsrippen aus.
Dies entspricht in der Wirkung der im Klagepatent vorgeschlagenen Vorgehensweise, zunächst den Vorformrohling expandieren zu lassen und sodann auf die Längsrippen des vollständig ausgedehnten Rohlings einen schwachen Druck auszuüben. Beides führt zum Berühren der äußeren Enden der Längsrippen und damit zur Ausbildung der Leitungskanäle mittels Verschließen der Längsnuten. Ob dies mit Hilfe einer erstmalig angreifenden (schwachen) Druckbeaufschlagung nur auf die Längsrippen geschieht oder durch eine als Ausdehnungsgrenze wirkende starre Expansionshülse für bereits zum Teil gepresste Längsrippen, macht technisch keinen Unterschied. Das Klagepatent schließt ein solches Vorgehen auch nicht aus. Das im Anspruch beschriebene Herstellungsverfahren spricht lediglich von einem „Aussetzen eines radialen Druckes“, ist mithin offen formuliert. Eine Einschränkung erfährt der Anspruchswortlaut auch weder durch die allgemeine Beschreibung oder – wie dargestellt – infolge unterschiedlicher Wirkungen noch allein durch die in den Figuren 5 bis 9 dargestellten bevorzugten Ausführungsformen.

IV.
Die Beklagte ist der Klägerin gegenüber gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1, 9 Nr. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da sie den Gegenstand des Klagepatents unberechtigt benutzt hat. Sie hat der Klägerin darüber hinaus Schadensersatz gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG zu leisten. Denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Überdies ist es hinreichend wahrscheinlich, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt. Ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung ist demnach anzuerkennen, § 256 ZPO. Damit die Klägerin den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern kann, ist die Beklagte ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat zudem über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 140 b PatG. Die danach geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2 mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung vorzunehmen sind. Gemäß § 140 a PatG hat die Klägerin außerdem die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen patentverletzenden Gegenstände zu vernichten.

Nicht zuzusprechen war hingegen der von der Klägerin begehrte Entschädigungsanspruch. Ein solcher besteht nach Art. II § 1 IntPatÜG bei einer nicht in deutscher Sprache abgefassten Patentanmeldung erst von dem Tag an, an dem eine vom Patentanmelder eingereichte deutsche Übersetzung der Patentansprüche vom Deutschen Patentamt veröffentlicht worden ist oder der Anmelder eine solche Übersetzung dem Benutzer der Erfindung übermittelt hat. Die Klägerin hat jedoch weder Tatsachen vorgetragen, aus denen die letztgenannte Übermittlung hervorgeht noch mitgeteilt, ob bereits die Anmeldung des Klagepatents die im erteilten Klagepatent enthaltenen deutschen Ansprüche enthielt. Ihr Vortrag ist mithin insoweit nicht schlüssig.

V.
Die mit Schriftsatz vom 13.07.2006 (Anlage L 7) erhobene Nichtigkeitsklage gibt keinen Anlass, den Verletzungsrechtsstreit einstweilen auszusetzen (§ 148 ZPO). Eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Nichtigkeitsklage vermag die Kammer nicht festzustellen.

Soweit die Beklagte die Neuheit in Abrede stellt und dabei auf die DE-AS 14 91 161 (Anlage L 1) und das US-Patent 2,425,004 (Anlage AN4_1 zu Anlage L 7) verweist, wurde dieser Stand der Technik bereits bei Erteilung des Klagepatents wie auch in dem dagegen erhobenen – durch zwei Instanzen laufenden – Einspruchsverfahren geprüft. Dass diese Druckschriften möglicherweise auch eine andere Sichtweise zulassen als diejenige, die das Europäische Patentamt veranlasst hat, die Neuheit des Klagepatents anzunehmen, ist unerheblich. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass das vom Europäischen Patentamt vertretene Verständnis schlechterdings unvertretbar wäre. Eine Übersetzung des ebenfalls von der Beklagten als neuheitsschädlich herangezogenen US-Patents 2,499,414 (Anlage AN4_2 zu Anlage L 7), die einen Kreuzverweis zu dem US-Patent 2,425,004 enthalten soll, ist nicht vorgelegt worden.

Der Einwand der Beklagten, der ursprüngliche Schutzbereich des Klagepatents habe nur solche Tampons umfasst, die in ihrer Endform als Erzeugnis nach außen offene Längsnuten aufweisen, nun heiße es hingegen erweiternd in Anspruch 1, dass sich die äußeren Enden der Längsrippen berühren, bleibt ohne Erfolg. In dieser Änderung des Anspruchs ist keine Erweiterung des Schutzbereichs zu sehen, sondern eine Beschränkung auf eine in der ursprünglichen Patentschrift bereits beschriebene und in Figur 4 bildlich dargestellte bevorzugte Ausführungsform.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709 S. 1 und 2, 108 ZPO.