4a O 4/08 – Dosierinhalator

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 872

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. März 2008, Az. 4a O 4/08

Die einstweilige Verfügung vom 14.01.2008 wird aufrechterhalten und der Widerspruch der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Die weiteren Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Tatbestand

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 131 xxx (Verfügungspatent) im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung in Anspruch. Die Antragstellerin ist eingetragene Inhaberin des Verfügungspatents, das unter Inanspruchnahme zweier italienischer Prioritäten vom 25.11.1998 und vom 30.07.1999 am 23.11.1999 angemeldet wurde und dessen Erteilung am 04.01.2006 veröffentlicht wurde. Die deutsche Übersetzung des Verfügungspatents, dessen Verfahrenssprache Englisch ist, liegt als Anlage K1a vor. Das Patent steht in Kraft.

Das Verfügungspatent bezieht sich auf mit Druck beaufschlagte Dosierinhalatoren. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Verfügungspatents lautet in der deutschen Übersetzung:

1. Mit Druck beaufschlagte Dosierinhalatoren, enthaltend eine Zusammensetzung für die Aerosolverarbreichung, enthaltend eine Lösung von Budesonid oder Epimeren davon, ein Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel und ein Cosolvens, wobei ein Teil der oder die gesamten Innenoberflächen der Inhalatoren aus Edelstahl oder anodisiertem Aluminium besteht/bestehen oder mit einer inerten organischen Beschichtung, ausgewählt aus einem Perflouralkoxyalkan, einem Epoxy-Phenol-Harz oder einem fluorierten Ethylen-Propylen-Polyethersulfon, ausgekleidet ist/sind.

Die Antragsgegnerin ist eine bekannte Herstellerin von Generika. Sie vertreibt seit Oktober 2004 in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung A (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) einen mit Druck beaufschlagten Dosierinhalator, der eine Lösung des Wirkstoffes Budesonid im Treibmittel Norfluan enthält. Weiterhin enthält das Produkt Ethanol und 3-sn-Phosphatidylcholin. Spätestens seit Januar 2005 hatte die Antragstellerin Kenntnis von der angegriffenen Ausführungsform.

Am 12.04.2005 erhob die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin Klage (4a O 181/05) und machte Ansprüche wegen der Verletzung ihres bereits am 01.03.2001 eingetragenen Gebrauchsmusters DE 299 23 xxx geltend. Die Ansprüche 1 bis 7 des Gebrauchsmusters sind mit dem hier geltend gemachten Verfügungspatentanspruch 1 weitgehend wortgleich. Am 30.11.2005 erweiterte die Antragstellerin die Klage und nahm die hiesige Antragsgegnerin auch wegen der Verletzung des Verfügungspatents auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Das Klageverfahren hinsichtlich des Verfügungspatents wurde unter dem Aktenzeichen 4a O 181/05 (im Folgenden Hauptsacheverfahren) abgetrennt.

Die Antragsgegnerin stellte hinsichtlich des Gebrauchsmusters Löschungsantrag beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA). Außerdem legte sie am 12.04.2006 beim Europäischen Patentamt (EPA) Einspruch gegen die Erteilung des Verfügungspatents ein. Die Verhandlung im Hauptsacheverfahren (4a O 571/05) wurde daraufhin mit Beschluss vom 13.06.2006 ebenso ausgesetzt wie das Verfahren 4a O 181/05 im Hinblick auf den Löschungsantrag.

In einem Vorbescheid vom 07.12.2006 teilte die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA mit, dass mit der Löschung des Gebrauchsmusters zu rechnen sei (Anlage EVB 9). Daraufhin nahm die Antragstellerin den Widerspruch gegen den Löschungsantrag zurück. Das Gebrauchsmuster wurde am 21.01.2008 gelöscht. Bereits am 10.12.2007 wurde der gegen die Erteilung des Verfügungspatents gerichtete Einspruch von der Einspruchsabteilung des EPA zurückgewiesen und das Verfügungspatent aufrechterhalten. Die Antragsgegnerin nahm daraufhin mit Schreiben vom 06.02.2008 gegenüber der Einspruchsabteilung des EPA den Einspruch zurück und erklärte den Verzicht auf eine Beschwerde gegen die Entscheidung vom 10.12.2007. Am selben Tage erhob sie beim Bundespatentgericht (BPatG) Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Verfügungspatents. Wegen des genauen Inhalts der Nichtigkeitsklage wird auf die Anlage EVB 10 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 10.01.2008 hat die Antragstellerin das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren eingeleitet. Sie hat beantragt, im Wege der einstweiligen Verfügung, wegen besonderer Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung zu beschließen, der Antragsgegnerin zu untersagen, den Gegenstand des Verfügungspatents zu benutzen. Das Gericht hat mit Beschluss vom 14.01.2008 die einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen. Mit Schriftsatz vom 11.02.2008 hat die Antragsgegnerin Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Verfügungspatents nicht wortsinngemäß Gebrauch. Mit dem von der Antragstellerin vorgelegten Untersuchungsbericht durch die Universität Bologna ausweislich Blatt 1 der Anlage ASt8a sei ein FEP-plus-PES-Copolymer nachgewiesen worden. Ein Copolymer sei jedoch nicht Gegenstand des Verfügungspatentanspruchs. Zudem widerspreche dies dem Bericht von Prof. B, der von einem FEP-PES-Blend spreche.
Die Antragsgegnerin ist zudem der Ansicht, dass es an einem Verfügungsgrund fehle, weil sich das Verfügungspatent in dem von ihr eingeleitetem Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen werde. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Verfügungspatents beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Blatt 43 ff). Die Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA sei fehlerhaft.

Sie beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 14.01.2008 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Widerspruch zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Verfügungspatents wortsinngemäß Gebrauch. Sie behauptet, die Innenfläche des Inhalators weise eine inerte organische Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon auf. Dies ergebe sich aus zwei Analysen der angegriffenen Ausführungsform. Bei der Pyrolyse und anschließenden Gaschromatographie und Massenspektroskopie (GC/MS) seien zum einen Tetrafluorethylen und Hexafluorpropylen, also typische Abbauprodukte eines fluorierten Ethylen-Propylen-Copolymer (FEP), und Diphenylether und 4-Hydroxybenzolsulfonsäure, die Abbauprodukte von Polyethersulfon (PES), gefunden worden. Die Abbauprodukte seien mit den Ergebnissen der Analyse eines mit fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon beschichteten Dosierinhalators der Antragstellerin und mit den Einträgen in der NIST98-Bibliothek identisch. Die infrarotspektroskopische Analyse zweier angegriffener Ausführungsformen habe ebenfalls dasselbe Spektrum ergeben wie bei dem Vergleichsprodukt der Antragstellerin, das eine Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon aufweise. Wegen des genauen Ablaufs und der Ergebnisse der durchgeführten Versuche wird auf die Untersuchungsberichte der Universität Bologna (Anlage ASt8, in deutscher Übersetzung Anlage ASt8a) und des deutschen Kunststoffinstituts, Prof. B, (Anlage ASt9) Bezug genommen.

Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens wird auf den Akteninhalt nebst Anlagen und die nachfolgenden Entscheidungsgründe verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die von der Kammer am 14.01.2008 erlassene Beschlussverfügung erweist sich auch nach Schluss der mündlichen Verhandlung über den Widerspruch der Antragsgegnerin als zulässig und begründet.

A.
Ein Verfügungsanspruch ist gegeben.

Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Unterlassung gemäß Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 PatG. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Verfügungspatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch.

I.
Das Verfügungspatent schützt im Patentanspruch 1 einen mit Druck beaufschlagten Dosierinhalator, der eine Zusammensetzung für eine Aerosolverabreichung enthält.

In der Beschreibung des Verfügungspatents wird ausgeführt, dass solche Dosierinhalatoren im Stand der Technik bekannt waren, um pharmazeutische Produkte durch Inhalation in die Atemwege verabreichen zu können. Um die Tröpfchen mit dem Aerosol aus dem Dosierinhalator in die Atemwege auszustoßen, werden Treibmittel verwendet. Laut Verfügungspatentschrift wurden über viele Jahre Chlorfluorkohlenwasserstoffe verwendet, deren Produktion aber aufgrund ihrer die Ozonschicht schädigenden Wirkung eingestellt wird. Als Ersatz werden im Stand der Technik Fluoralkane – das sind Fluorkohlenwasserstoffe – als Treibmittel vorgeschlagen.

Viele Anwendungen, die Fluoralkane als Treibmittel verwenden, enthalten weitere Zusätze, zum Beispiel Verbindungen, die als Cosolvenzen wirken, oberflächenaktive Mittel, Tenside, Dispergiermittel und Stabilisatoren.

Bei den mit dem Inhalator zu verabreichenden Zusammensetzungen kann es sich um Lösungen oder Suspensionen handeln. Nach der Verfügungspatentschrift bieten Lösungen mehrere Vorteile gegenüber Suspensionen. Sie sind bequemer herstellbar, da sie in dem Treibmittelvehikel vollständig gelöst sind, und sie vermeiden physikalische Stabilitätsprobleme, die mit Suspensionszusammensetzungen verbunden sind. Als Problem zeigt die Verfügungspatentschrift auf, dass die Verwendung dieser Formulierungen durch ihre chemische Instabilität begrenzt ist, die zur Bildung von Abbauprodukten führt.

Die WO 94/13262 schlägt die Verwendung von Säuren als Stabilisatoren vor. Sie sollen den chemischen Abbau des Wirkstoffs in Aerosolformulierungen verhindern, die Fluoralkane als Treibmittel verwenden. Die ausgewählten Medikamente umfassen Ipratropiumbromid, für das viele Zusammensetzungsbeispiele angegeben werden, bei denen der Wirkstoff in Kombination mit einer organischen oder anorganischen Säure vorliegt.

Ein weiteres Problem von Dosierinhalatoren besteht laut Verfügungspatentschrift darin, dass mikronisierte Partikel an den Innenoberflächen des Inhalators wie Behälterwandungen, Ventilen und Dichtungen haften. Darauf beziehen sich die in der Verfügungspatentschrift benannte WO 96/32099, die WO 96/32150, die WO 96/32151 und die WO 96/32345. Diese Druckschriften betreffen Dosierinhalatoren zur Verabreichung verschiedener Wirkstoffe, die nicht als Lösung, sondern als Suspension in dem Treibmittel vorliegen. Die Innenoberflächen der Inhalatoren sind teilweise oder vollständig mit einem oder mehreren Fluorkohlenstoffpolymeren beschichtet, gegebenenfalls in Kombination mit einem oder mehreren nicht-Fluorkohlenstoffpolymeren.

Die EP 642 xxx hingegen beschreibt vorzugsweise aus Aluminium hergestellte Suspensionsaerosolzerstäuber. In der WO 98/24420 wird die Verwendung von Polyestern zur Lösung der „Quellprobleme von Kunststoffteilen“ von Dosieraerosolzerstäubern beschrieben. Die WO 92/11236 wiederum betrifft einen Suspensionsaerosol eines LTD4-Antagonisten, das mittels eines Sorbitantriesters stabilisiert wird.

Diese Anmeldungen, so das Verfügungspatent, behandeln jedoch lediglich die Haftung von mikronisierten Partikeln an den Innenoberflächen des Inhalators und nicht das technische Problem der chemischen Stabilität des Wirkstoffs. Darauf bezieht sich – laut Verfügungspatentschrift – die WO 95/17195. Darin werden Aerosolzusammensetzungen beschrieben, die Flunisolid, Ethanol und als Treibmittel ein Fluoralkan umfassen. Zur Aufnahme dieser Zusammensetzung können herkömmliche Aerosolbehälter verwendet werden, wobei bestimmte Behälter die chemische und physikalische Stabilität erhöhen, darunter vorzugsweise Behälter, die mit Harzen wie Epoxyharzen (Epoxy-Phenol-Harzen und Epoxy-Harnstoff-Formaldehyd-Harzen) beschichtet sind.

Die US 4.835.xxx beschreibt das Verfahren zur Herstellung von Budesonid. Die Verfügungspatentschrift führt aus, dass aus den EP 504 xxx, WO 93/05765, WO 93/18746 und WO 94/21229 bislang nur Zusammensetzungen von Budesonid mit einem Fluoralkan-Treibmittel bekannt sind, bei denen Budesonid in Suspensionen im Treibmittelsystem vorliegt und die Zusammensetzung weiterhin zusätzliche Inhaltsstoffe wie bestimmte Arten von Tensiden umfasst. Diese Suspensionsformulierungen von Budesonid haben laut Verfügungspatentschrift und der von ihr zitierten WO 98/12031 den Nachteil, bei der Dispersion und Redispersion rasch grobe Flocken zu bilden, was die Reproduzierbarkeit der Dosierung negativ beeinflussen kann. Budesonid neige auch dazu, sich aus der Suspension an den Wandflächen des Behälters abzusetzen. Um eine stabile Suspension zu erhalten, werde im Stand der Technik bislang eine Zusammensetzung verwendet, die ein Gemisch aus Fluoralkan-Treibmitteln und bis zu 3 % eines Zusatzes wie Ethanol und geringe Mengen eines Tensids enthält. Dabei werde die Dichte des Treibmittelgemisches so gewählt, dass sie im Wesentlichen mit der Dichte von Budesonid übereinstimme. Allerdings sei die Menge der Zusätze niedrig, um eine signifikante Solubilisierung des Arzneistoffes zu vermeiden. Dies führe wieder zum chemischem Abbau und einem Anstieg der Partikelgröße bei der Lagerung.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik liegt dem Verfügungspatent das Problem zugrunde, mit Druck beaufschlagte Dosierinhalatoren bereitzustellen, die die chemische Stabilität von Lösungen von Budenosid oder deren Epimere in einem Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel verbessern.

Dies soll durch den Verfügungspatentanspruch 1 erreicht werden, der folgende Merkmale aufweist:

1. Mit Druck beaufschlagte Dosierinhalatoren, enthaltend
1.1. eine Zusammensetzung für die Aerosolverarbreichung, enthaltend eine Lösung von Budesonid oder Epimeren davon,
1.2 ein Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel und
1.3 ein Cosolvens,
2. ein Teil der oder die gesamten Innenoberflächen der Inhalatoren
2.1 besteht/bestehen aus Edelstahl oder anodisiertem Aluminium oder
2.2 ist/sind mit einer inerten organischen Beschichtung ausgekleidet
2.2.1 die Beschichtung ist aus einem Perflouralkoxyalkan, einem Epoxy-Phenol-Harz oder einem fluorierten Ethylen-Propylen-Polyethersulfon ausgewählt.

II.
Die Lehre des Verfügungspatentanspruchs wird von der angegriffenen Ausführungsform wortsinngemäß verwirklicht. Bei dem Produkt A handelt es sich unstreitig um einen mit Druck beaufschlagten Dosierinhalator, der den Wirkstoff Budesonid enthält. Dieser befindet sich in Lösung mit Norfluan, einem Fuorkohlenwasserstoff-Treibmittel. Weiterhin enthält die Wirkstoffzusammensetzung Ethanol als Cosolvens und 3-sn-Phosphatidylcholin als schwer flüchtige Komponente. Streitig ist zwischen den Parteien lediglich, ob der Behälter mit einer inerten organischen Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon ausgekleidet ist (Merkmal 2.2 und 2.2.1).

1. Nach der Lehre des Verfügungspatentanspruchs muss ein Teil oder die gesamte Innenoberfläche des Dosierinhalators, wenn er nicht aus Edelstahl oder anodisiertem Aluminium besteht, mit einer inerten organischen Beschichtung ausgekleidet sein. Was unter einer inerten organischen Beschichtung zu verstehen ist, wird in der Verfügungspatentschrift nicht näher erläutert. Im Verfügungspatentanspruch selbst wird jedoch angeordnet, dass als inerte organische Beschichtung nur ein Perfluoralkoxyalkan, ein Epoxy-Phenol-Harz oder ein fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon als inerte organische Beschichtung in Frage kommen. Ist also ein Behälter ganz oder teilweise mit einem dieser Materialien beschichtet, handelt es sich bereits um eine inerte organische Beschichtung im Sinne der Lehre des Verfügungspatentanspruchs.
Weiterhin bedarf der Begriff „fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon“ der Auslegung. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon nicht um ein (Co-)Polymer handelt, sondern um eine Mischung bzw. einen Blend aus fluoriertem Ethylen-Propylen und Polyethersulfon. Dies ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung, dem die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten ist. Die Antragstellerin hat ausgeführt, dass es ein fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon-Copolymer nicht gebe und es sich bei fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon notwendigerweise um ein Gemisch bzw. Blend handeln müsse. Diese Auslegung des Begriffs wird bestätigt durch den Wortlaut des Verfügungspatentanspruchs in der – nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen – englischen Originalfassung und der zugehörigen Beschreibung. Dort werden die Bestandteile des fluorierten Ethylen-Propylen-Polyethersulfon anders als in der deutschen Fassung nicht durchgängig mit Bindestrichen geschrieben. Im Verfügungspatentanspruch und in der Beschreibung auf Seite 3 Zeile 30 der Verfügungspatentschrift (Anlage ASt1) ist die Rede von „fluorinated-ethylene-propylene polyether sulfone“, in der Tabelle 1 auf Seite 5 Zeile 51 lautet die Bezeichnung sogar „Fluorinated-ethylene-propylene/ polyether sulphone.“ Der im Verfügungspatentanspruch verwendete Begriff „fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon“ ist daher als Gemisch bzw. Blend aus fluoriertem Ethylen-Propylen und Polyethersulfon auszulegen.

2. Vor diesem Hintergrund werden die Merkmale 2.2 und 2.2.1 von der angegriffenen Ausführungsform wortsinngemäß verwirklicht, da sie eine Beschichtung aus einem Blend von fuoriertem Ethylen-Propylen und Polyethersulfon besitzt (a) und es sich dabei um einer inerte Beschichtung handelt (b). Den entsprechenden Vortrag der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin nicht in erheblicher Weise bestritten.

a) Die Antragstellerin hat zunächst schlüssig vorgetragen, die Innenfläche der angegriffenen Ausführungsform weise eine inerte organische Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon auf. Sie stützt sich für ihre Behauptung auf die Ergebnisse aus zwei Analysen der angegriffenen Ausführungsform. Bei der Pyrolyse und anschließenden Gaschromatographie und Massenspektroskopie (GC/MS) seien zum einen Tetrafluorethylen und Hexafluorpropylen, also typische Abbauprodukte eines fluorierten Ethylen-Propylen-Copolymer (FEP), und zum anderen Diphenylether und 4-Hydroxybenzolsulfonsäure, die Abbauprodukte von Polyethersulfon (PES), gefunden worden. Die Abbauprodukte seien mit den Ergebnissen der Analyse eines mit fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon beschichteten Dosierinhalators der Antragstellerin und mit den Einträgen in der NIST98-Bibliothek identisch. Die infrarotspektroskopische Analyse zweier angegriffener Ausführungsformen habe ebenfalls dasselbe Spektrum ergeben wie bei dem Vergleichsprodukt der Antragstellerin, das eine Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon aufweise.

Die Einwendungen der Antragsgegnerin gegen die Analyse-Ergebnisse greifen nicht durch. Sie behauptet, das Untersuchungsergebnis der Universität belege nicht die Verwirklichung des Merkmal 2.2.1, denn es sei ausweislich Blatt 1 der Anlage ASt8a ein FEP-plus-PES-Copolymer nachgewiesen worden. Ein Copolymer sei jedoch nicht Gegenstand des Verfügungspatentanspruchs. Die Antragstellerin hat daraufhin ihren Vortrag näher konkretisiert und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es ein FEP-plus PES-Copolymer gar nicht gebe. Vielmehr könne es sich technisch nur um eine Mischung bzw. einen Blend aus fluoriertem Ethylen-Propylen und aus Polyethersulfon handeln. Dies wird durch die Stellungnahme von Prof. B in seinem Untersuchungsbericht (Anlage ASt9) bestätigt. Dort heißt es auf Seite 4 zum fluorierten Ethylen-Propylen-Polyethersulfon:
„Allerdings ist der in dem Bericht [Anm.: Untersuchungsbericht der Universität Bologna, Anlage ASt8 bzw. ASt8a] benutzte Ausdruck „Copolymer“ aus den bereits erläuterten Gründen nicht zutreffend, sondern hätte als „Blend“ aus FEP und PES bezeichnet werden müssen, zumal Copolymere aus fluoriertem Ethylen, Propylen und Polysulfat als Handelsprodukte gar nicht bekannt sind und wohl auch nur sehr schwer herzustellen wären.“
Bei den „bereits erläuterten Gründen“ in der zuvor wiedergegebenen Textstelle handelt es sich um Ausführungen auf Seite 2 des Berichts von Prof. B. Dort erläutert er zu dem Begriff „fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon“, dass es für den Fachmann selbstverständlich sei, dass es sich dabei um ein als Polymerblend bezeichnetes Gemisch aus FEP und PES handele.
Nach den weiter konkretisierten Darlegungen der Antragstellerin stellt sich also die Feststellung in dem Untersuchungsbericht der Universität Bologna, es handele sich bei der Beschichtung um ein Copolymer, als bloße Falschbezeichnung dar. Nicht zuletzt ergibt sich dies auch aus dem Umstand, dass die Beschichtung der von der Firma 3M bezogenen Behälter der Antragstellerin ausweislich der Anlage zum Untersuchungsbericht (Anlage ASt9) aus einem „blend of fluoroethylene propylene (FEP) / polyethersulfone (PES)“ besteht und die Untersuchung dieses Produkts zu denselben Analyseergebnissen führte wie die angegriffene Ausführungsform.

Diesen konkreten Vortrag der Antragstellerin zur Beschichtung, insbesondere zu den Bestandteilen und der Verbindung von fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon, hat die Antragsgegnerin nicht in erheblicher Weise bestritten. Es wäre Aufgabe der Antragsgegnerin gewesen, spätestens nach dem durch die Untersuchungsergebnisse untermauerten Vortrag der Antragstellerin, dass es sich bei der Beschichtung der angegriffenen Ausführungsform um einen Blend aus FEP und PES handele, weil fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon als Copolymer nicht existiere, ihr Bestreiten näher zu konkretisieren und zum Beispiel darzulegen, aus welchem Material die Beschichtung der von ihr vertriebenen Dosierinhalatoren tatsächlich besteht oder welche alternativen Materialien zumindest auf Basis der Untersuchungsergebnisse für eine mögliche Beschichtung in Frage kämen. Insofern ist der Vortrag der Antragstellerin, bei der Beschichtung der angegriffenen Ausführungsform handele es sich um einen Blend aus FEP und PES, mithin aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon, nicht hinreichend qualifiziert bestritten worden.

b) Da von der Antragsgegnerin nicht erheblich bestritten worden ist, dass die Beschichtung der angegriffene Ausführungsform aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon besteht (Merkmal 2.2.1), handelt es sich zugleich um eine inerte organische Beschichtung (Merkmall 2.2). Denn wie bereits erläutert, ist eine inerte organische Beschichtung unter anderem dann vorhanden, wenn die Beschichtung ganz oder teilweise aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon besteht.

3. Da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Verfügungspatents Gebrauch macht, ist die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG.

B
Es besteht zugunsten der Antragstellerin ein Verfügungsgrund

Als Verfügungsgrund erfordert der Erlass einer einstweiligen Verfügung die unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu ermittelnde Dringlichkeit der einstweiligen Regelung. Durch Veränderung des bestehenden Zustandes muss entweder die Verwirklichung der Rechte des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden können (§ 935 ZPO) oder die Regelung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheinen (§ 940 ZPO) (Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Aufl. 2003, § 143 Rdnr. 326). Diese Prüfung erfordert unter anderem eine Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, die gegen die Interessen des Antragstellers abgewogen werden müssen (Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 139 PatG Rdnr. 153a mit Nachweisen zur Rechtsprechung).

Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen sind auch Zweifel an der Schutzfähigkeit eines Patents zu berücksichtigen. Grundsätzlich gilt, dass bei einer Sachlage, die im Hauptverfahren zu einer Aussetzung wegen eines anhängigen Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens führen würde, eine einstweilige Verfügung nicht erlassen werden kann (OLG Düsseldorf GRUR 1983, 79; OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 263). Darüber hinaus kann der Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits unangemessen sein, weil der Antragsgegner aufgrund der Situation in einem Eilverfahren in seinen Möglichkeiten beschränkt ist, die mangelnde Schutzfähigkeit eines Patents und die Erfolgsaussichten eines Nichtigkeitsverfahren kurzfristig darzulegen, oder weil das Gericht aufgrund der Eilbedürftigkeit gehindert ist, neu entgegengehaltenen Stand der Technik im Hinblick auf die Frage der Schutzfähigkeit eingehend zu würdigen (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG 10. Aufl.: § 139 PatG Rn 153b m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Das Hauptverfahren ist vielmehr bereits seit April 2005 rechtshängig. Die Parteien haben umfangreich zur Schutzfähigkeit des Verfügungspatents Stellung genommen. Das Gericht hat zunächst im Hauptsacheverfahren die Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes über den Einspruch der Antragsgegnerin gegen das Klagepatent beschlossen. Die Einspruchsabteilung hat den Einspruch zurückgewiesen. Das Gericht verurteilt die Antragsgegnerin im parallelen Hauptsacheverfahren mit zeitgleich zu dieser Entscheidung verkündeten Urteil wegen Patentverletzung, ohne dem Aussetzungsantrag stattzugeben. Danach besteht kein Anlass, die Frage der Schutzfähigkeit hier anders zu gewichten als im Hauptsacheverfahren. Ist daher unter den vorgenannten Voraussetzungen eine Patentverletzung unzweifelhaft gegeben und wurde der am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Einspruchsverfahren geprüft beziehungsweise besteht eine vertretbare Begründung dafür, trotz eines bislang nicht berücksichtigten neuen Stands der Technik die Erfindungshöhe zu bejahen, ist ein Verfügungsgrund regelmäßig zu bejahen, soweit keine anderen überwiegenden Interessen bestehen.

Legt man diese Grundsätze zugrunde, ist den Verbietungsinteressen der Antragstellerin der Vorrang einzuräumen.

1. Bei der Frage, ob sich das Verfügungspatent voraussichtlich als rechtsbeständig erweist, ist zu berücksichtigen, dass das EPA den Einspruch der Antragsgegnerin gegen die Erteilung des Verfügungspatents zurückgewiesen hat. Diese Entscheidung ist für das Bundespatentgericht und seine Entscheidung über die Nichtigkeitsklage der Antragstellerin zwar nicht bindend. Allerdings kommt sie einer gewichtigen sachverständigen Stellungnahme gleich, in die sowohl der bereits im Erteilungsverfahren geprüfte als auch im Erteilungsverfahren unberücksichtigte Stand der Technik für die Beurteilung der Erfindungshöhe eingeflossen ist. Da die Entscheidung der Einspruchsabteilung beim EPA, den Einspruch gegen die Erteilung des Verfügungspatents zurückzuweisen, auf einer plausiblen und vertretbaren Begründung beruht, besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Verfügungspatent für nichtig erklärt wird. Vielmehr besteht begründeter Anlass für die Erwartung, dass die Nichtigkeitsklage ohne Erfolg bleiben wird. Das gilt auch im Hinblick auf die im Zwischenbescheid vom 07.12.2006 geäußerte Ansicht der Gebrauchsmusterabteilung des DPMA im Löschungsverfahren zum parallelen Gebrauchsmuster.

a) Die Einspruchsabteilung hat die Druckschrift WO 98/13031 (nachfolgend TM 10, im Einspruchsverfahren D12) als nächstliegenden Stand der Technik angesehen und diese Ansicht im Wesentlichen damit begründet, dass sich die TM 10 als einzige Druckschrift speziell mit Zusammensetzungen aus Budesonid und einem Treibmittel in Dosierinhalatoren und zudem mit der chemischen Stabilität von Budesonid beschäftigt. Unter Berücksichtigung von Ziel und Aufgabe der Entgegenhaltung TM 10 und vor dem Hintergrund der Lehre des Verfügungspatentanspruchs kommt die Einspruchsabteilung zu der Auffassung, dass es sich bei der TM 10 um den nächstliegenden Stand der Technik handele. Sie hat weiter ausgeführt, dass der Fachmann durch die TM 10 keine Anregungen erhalte, Lösungen von Budesonid mit einem höheren Cosolvens-Gehalt vorzuschlagen, weil er aufgrund der TM 10 wisse, dass bereits eine Konzentration von 5 % w/w Ethanol in Suspensionformulierungen zum Abbau des Wirkstoffs führe. Vielmehr werde er von der Lehre des Verfügungspatentanspruchs weggeführt. In diesem Zusammenhang hat die Einspruchsabteilung auf die Ausführungen in der TM 10 auf Seite 7 Zeile 11-16 und auf das Beispiel 14 in der TM 10 hingewiesen. Ebenso erfährt der Fachmann auf Seite 2 Zeile 30 bis Seite 3 Zeile 2 der TM 10, dass bei höheren Zugaben von Ethanol Stabilitätsprobleme mit Budesonid auftreten. Die Antragsgegnerin hat nicht aufgezeigt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Bewertung der TM 10 durch die Einspruchsabteilung nicht zumindest vertretbar ist.

b) Die Antragsgegnerin vertritt in der Nichtigkeitsklageschrift die Auffassung, der Fachmann nehme die Druckschrift WO 95/17195 A1 (nachfolgend TM 5; im Einspruchsverfahren D 1) als Ausgangspunkt für seine Überlegungen, um zur Lehre des Verfügungspatentanspruchs zu gelangen. Die TM 5 betrifft unter anderem pharmazeutische Aerosolformulierungen in einer Lösung, bestehend aus dem Wirkstoff Flunisolid, einem Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel und Ethanol als weiteres Cosolvens. Darüberhinaus offenbart die Druckschrift einen mit Druck beaufschlagten Dosierinhalator zur Verabreichung der Aerosolformulierungen. Die Ansicht der Antragsgegnerin steht in Widerspruch zur Einschätzung der Einspruchsabteilung, die ausgeführt hat, dass es lediglich bei rückschauender Betrachtung möglich sei, ausgehend von der TM 5 die für eine stabile Lagerung von Budesonid geeigneten Behälter aufzufinden und der Fachmann auch keinen Anlass gehabt habe, gerade Flunisolid durch Budesonid zu ersetzen.

aa) Die Einspruchsabteilung hat zur Begründung angeführt, dass sich die TM 5 nicht ausschließlich mit konkreten Innenbeschichtungen von Inhalatorbehältern beschäftige. Es werde vielmehr allgemein die Verwendung herkömmlicher Aerosolbehälter vorgeschlagen, zur Verbesserung der chemischen Stabilität seien jedoch Glas- oder Aluminiumampullen, deren Kammer mit einem Harz überzogen ist, zu bevorzugen. Daneben diskutiere die Entgegenhaltung Zusätze zu der Aerosolformulierung, um die chemische Stabilität zu verbessern (S. 5 Z. 1-30 bzw. S. 3 der deutschen Übersetzung Anl. zu B9). Die TM 5 präsentiere also eine Reihe gleichwertiger Alternativen, um die chemische Stabilität von Flunisolid zu verbessern. Die Antragsgegnerin hat nicht aufgezeigt, dass das Verständnis der Einspruchsabteilung von der TM 5 nicht zumindest vertretbar ist. Der Einwand der Antragsgegnerin, die Einspruchsabteilung habe fehlerhaft angenommen, die TM 5 beschäftige sich nicht mit dem Problem der chemischen Stabilität von Steroiden, überzeugt nicht. Denn die Einspruchsabteilung geht vielmehr davon aus, dass die TM 5 keine allgemeine Lehre offenbare, zur Verbesserung der chemischen Stabilität verschiedener Wirkstoffe Behälter mit einer bestimmten Beschichtung zu versehen (vgl. S. 4 der deutschen Übersetzung zur Anlage B9).

Die Ausführungen der Einspruchsabteilung sind auch vor dem Hintergrund der Tabelle 8 der Entgegenhaltung TM 5 zumindest plausibel. Der Antragsgegnerin ist zwar zuzugeben, dass der beschichtete Aluminiumbehälter den geringsten prozentualen Verunreinigungswert (0,14 %) aufweist. Dazu hat die Einspruchsabteilung jedoch ausgeführt, diese Werte seien für den Fachmann kein Anzeichen dafür, dass epoxy-beschichtete Behälter zu bevorzugen seien, weil die Tabelle hinsichtlich des Abbaus nur kleine Unterschiede zu den übrigen Ampullen (Glas: 1,07 %; Aluminium: 2,07 %) zeige und keine Unterschiede bezüglich der Wirkstoffrückgewinnung aufweise. Ob diese Interpretation der Tabellenwerte zutreffend ist, kann die Kammer mangels eigener Fachkenntnis letztlich nicht entscheiden. Allerdings ist die Einspruchsabteilung fachkundig besetzt, so dass deren Entscheidung einer gewichtigen, sachverständigen Stellungnahme gleichkommt. Es besteht daher für die Kammer kein Anlass, von der durch die Einspruchsabteilung des EPA gefundenen Einschätzung abzuweichen, zumal die Antragsgegnerin keine weitere Gründe dafür angibt, wann Unterschiede im Wirkstoffabbau signifikant sind. Vielmehr hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass es bereits Messfehler im ersten Nachkommastellenbereich gebe, was an den Werten für die Wirkstoffrückgewinnung von über 100 % (100,6 % oder 100,1 %) erkennbar sei. Dies spricht dafür, dass die Unterschiede in den Abbauwerten für den Fachmann nicht signifikant sind.

bb) Ebenso wenig kann nach der Entscheidung der Einspruchsabteilung mit der für eine Aussetzung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass es für den Fachmann ausgehend von der TM 5 nahegelegen hat, den Wirkstoff Flunisolid durch Budesonid zu ersetzen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin hat die Einspruchsabteilung bei ihrer Entscheidung die strukturelle Ähnlichkeit von Flunisolid und Budesonid nicht außer Acht gelassen. Sie hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es eine Vielzahl von Steroiden mit einer strukturellen Ähnlichkeit zu Flunisolid gebe. Gleichwohl könnten die strukturellen Unterschiede, die in der Entscheidung der Einspruchsabteilung ausdrücklich benannt werden, zu bemerkenswerten Unterschieden hinsichtlich der Stabilität der Wirkstoffe Flunisolid und Budesonid führen (vgl. S. 7 der Anl. B 9).

Die Einspruchsabteilung hat darüber hinaus ausgeführt, dass der Fachmann, selbst wenn er Budesonid als Wirkstoff in Erwägung zöge, doch auch die Lehre aus der TM 10 berücksichtigen müsse. Diese vermittelt dem Fachmann, dass Budesonidlösungen und sogar -suspensionen mit einem hohen Gehalt an Cosolvens (Ethanol) zu vermeiden sind, um den Abbau des Wirkstoffs zu verhindern. Die Einspruchsabteilung hat daraus den Schluss gezogen, im Stand der Technik sei nicht nur kein Hinweis dafür vorhanden, dass beim Ersetzen von Flunisolid in der TM 5 durch Budesonid ähnliche Stabilitätsergebnisse zu erwarten seien, sondern der Fachmann werde durch die Lehre der TM 10 sogar von der Lösung, Flunisolid durch Budesonid in der Zusammensetzung der TM 5 zu ersetzen, abgehalten. Die Antragsgegnerin hat nicht aufgezeigt, dass diese Einschätzung der fachkundig besetzten Einspruchsabteilung nicht zumindest plausibel ist.

Vor dem Hintergrund der Argumentation der Einspruchsabteilung vermag auch die Einwendung der Antragsgegnerin nicht zu überzeugen, der Fachmann habe Veranlassung gehabt, Flunisolid durch Budesonid zu ersetzen, weil Budesonid einen höheren Wirkungsgrad als Flunisolid habe und preisgünstiger sei. Denn nach der Begründung der Einspruchsabteilung wird der Fachmann aufgrund seiner Kenntnis von der TM 10 davon abgehalten, Flunisolid durch Budesonid zu ersetzen. Darüber hinaus liegt dem Vortrag der Antragsgegnerin die Vorstellung zugrunde, der Fachmann werde eine Aerosolformulierung mit dem Wirkstoff Budesonid herstellen, weil dieser den höchsten Wirkungsgrad hat und preisgünstig ist. Ausgehend von diesem Vorhaben wird der Fachmann – mit dem Ziel einer Budesonid-haltigen Aerosolformulierung – jedoch die TM 10 und nicht die TM 5 heranziehen, weil letztere Flunisolid zum Gegenstand hat.

c) Die Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA begegnet auch im Hinblick auf den Zwischenbescheid der Gebrauchsmusterabteilung vom 06.12.2006 im Löschungsverfahren zum parallelen Gebrauchsmuster keinen durchgreifenden Bedenken. In dem Bescheid vertrat die Gebrauchsmusterabteilung die Auffassung, dass sich das Gebrauchsmuster aufgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit als nicht rechtsbeständig erweise und gelöscht werde. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich dabei lediglich um die vorläufige Auffassung der Gebrauchsmusterabteilung handelte. Eine Entscheidung über die Löschung des Gebrauchsmusters war damit noch nicht verbunden. Darüber hinaus fehlt es dem Vorbescheid an einer differenzierten Begründung, wie sie der Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA zugrunde liegt, so dass auch insoweit keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents hervorgerufen werden.

Ohne nähere Begründung erklärte die Gebrauchsmusterabteilung, Budesonid und Flunisolid seien hinsichtlich ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften als gleichwertig anzusehen. Daher sei es für den Fachmann bei Kenntnis der TM 5 naheliegend, Flunisolid durch den bekannten Wirkstoff Budesonid zu ersetzen und dafür den in der TM 5 beschriebenen Behälter mit Epoxy-Phenol-Harz-Beschichtung zu verwenden; zumindest könne eine geeignete Oberfläche anhand einer Versuchsreihe ohne erfinderisches Zutun ermittelt werden. Die Einspruchsabteilung hat hingegen darauf hingewiesen, dass die TM 5 schon gar keinen Anhaltspunkt dafür liefere, dass Budesonid im Vergleich zu Flunisolid eine ungleich geringere Stabilität aufweise und infolgedessen auch gar kein Anlass für eine Auswahlentscheidung hinsichtlich der Behälter bestehe. Ebenso wenig könne ohne rückschauende Betrachtung davon ausgegangen werden, dass der Fachmann Flunisolid durch Budesonid ersetze. Die Begründung der Einspruchsabteilung ist – wie bereits unter lit. a) und b) dargestellt – plausibel und vertretbar. Der Bescheid der Gebrauchsmusterabteilung vom 06.12.2006 vermag diese Einschätzung nicht grundsätzlich in Zweifel zu ziehen.

d) Schließlich hilft der Antragsgegnerin auch nicht der Hinweis auf die weiteren in der Nichtigkeitsklage enthaltenen Entgegenhaltungen weiter, soweit sie noch nicht im Erteilungsverfahren oder im Einspruchsverfahren berücksichtigt worden sind. Es handelt sich dabei um den Auszug aus dem Buch „Arzneimittelwirkungen“ von E. Mutschler (Anlage TM 7) und die Druckschrift WO 97/01329 (TM 8).

In der TM 7 werden beispielhaft neben Budesonid auch Beclometason-dipropionat und Flunisolid als inhalativ angewandte Glucocorticoide zur Anwendung gegen Asthma bronchiale genannt. Auch wenn der Fachmann dem Artikel entnimmt, dass Budesonid einen höheren Wirkungsgrad als die anderen Glucocorticoide und eine zu Flunisolid ähnliche Strukturformel hat, stellt dies die Begründung der Einspruchsabteilung nicht in Frage. Diese hat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass eine ähnliche Strukturformel den Fachmann nicht ohne weiteres veranlasse, Flunisolid durch Budesonid zu ersetzen. Im Übrigen kann auf die Ausführungen unter lit. a) und b) verwiesen werden.

Gleiches gilt für die TM 8. Diese Druckschrift betrifft ethanolische Wirkstofflösungen zur Erzeugung treibgasfreier Aerosollösungen. Neben einer Vielzahl verschiedener Steroide, die als Wirkstoff in Aerosolformulierungen verwendet werden können, wird auch Budesonid in Lösung genannt. Allerdings wird weder die Verwendung von Treibmitteln offenbart, noch gibt die Druckschrift einen Hinweis auf die Verwendung bestimmter Beschichtungen zur Verbesserung der Stabilität von Budesoniden. Mit der von der Einspruchsabteilung zu den anderen Entgegenhaltungen gefundenen Begründung kann auch im Fall der TM 8 argumentiert werden, dass der Fachmann ausgehend von der TM 8 keinen Anlass hat, speziell Budesonid aus der Vielzahl von Wirkstoffzusammensetzungen auszuwählen und Stabilitätsprobleme durch die Auswahl bestimmter Behälter zu lösen. Vielmehr wird der Fachmann von der Lehre des Verfügungspatents weggeführt, weil in der TM 8 der Verzicht auf Treibmittel und der Einsatz von Verneblern befürwortet wird und Stabilitätsprobleme allgemein durch den Zusatz eine organischen oder anorganischen Säure gelöst werden können. In gleicher Weise vermag die Argumentation der Einspruchsabteilung zu greifen, wenn der Fachmann ausgehend von der TM 5 in Erwägung zieht, Budesonid als Wirkstoff auszuwählen. Er müsste – wie unter lit. b) ausgeführt – zunächst den aus der TM 10 bekannten Vorbehalt überwinden, dass bei Budesonid in einer Zusammensetzung mit über 5 % w/w Ethanol chemische Stabilitätsprobleme auftauchen. Dieser Vorbehalt wird durch die TM 8 nicht ausgeräumt, weil sich die TM 8 nicht speziell auf Budesonid bezieht und Stabilitätsprobleme lediglich in allgemeiner Form angesprochen, aber durch den Zusatz einer Säure gelöst werden.

2. Der Verfügungsgrund kann nicht mit der Begründung verneint werden, die Antragstellerin habe mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ohne einleuchtenden Grund längere Zeit zugewartet.
Der Einwand der Antragsgegnerin, die Antragstellerin habe spätestens seit Anfang 2005 vom Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform durch die Antragsgegnerin gewusst und habe bereits zu diesem Zeitpunkt eine einstweilige Verfügung – gestützt auf das damalige Gebrauchsmuster – beantragen können, so dass es nunmehr an der Dringlichkeit fehle, greift nicht durch. Denn der vorliegende Verfügungsantrag ist nicht auf das Gebrauchsmuster, sondern das Verfügungspatent gestützt, das erst später erlassen wurde.
Dass die Antragsgegnerin nicht unmittelbar nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Verfügungspatents im Wege der einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin vorging, kann der Antragstellerin nicht entgegengehalten werden. Denn nach dem Vortrag der Antragstellerin legte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 07.11.2005 – also vor der Erteilung des Verfügungspatents – im parallelen Gebrauchsmusterverletzungsprozess neuen und im Patenterteilungsverfahren ungeprüften Stand der Technik vor mit dem Vortrag, dieser sei neuheitsschädlich. Vor diesem Hintergrund waren Zweifel an den Erfolgsaussichten eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unmittelbar nach Erteilung des Verfügungspatents durchaus angebracht, was sich im Nachhinein mit dem Aussetzungsbeschluss im Hauptsacheverfahren vom 13.06.2007 bestätigte. Dementsprechend bestand auch im Hinblick auf das anhängige Einspruchsverfahren vor dem EPA die begründete Erwartung, dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim zuständigen Gericht ohne Erfolg bleiben würde. Erst durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA vom 10.12.2007 änderte sich diese Prozesssituation. Es lag erstmals eine von einem in technischer Hinsicht fachkundig besetzten Spruchkörper verfasste Entscheidung zur Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents vor, was die Antragstellerin auch umgehend veranlasste, einen Monat später den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zu stellen. Erst im Dezember 2007 bestand hinreichende Aussicht auf den Erfolg des Verfügungsantrags.

3. Es bestehen auch keine anderweitigen überwiegenden Interessen der Antragsgegnerin an der ungehinderten Nutzung des Gegenstands des Verfügungspatents. Dabei ist der eingangs erwähnte Grundsatz zu berücksichtigen, dass dem Interesse der Antragstellerin regelmäßig der Vorrang gebührt, wenn der Verfügungsanspruch unzweifelhaft und die Rechtsbeständigkeit gesichert ist.

a) Demnach ist für die Interessenabwägung der Vortrag der Antragsgegnerin unerheblich, bei der angegriffenen Ausführungsform handele es sich um eine eigene originäre Produktentwicklung und nicht um ein Generikum. Denn die Antragsgegnerin hat nicht dargetan, welche damit verbundenen Umstände ein überwiegendes Interesse an der weiteren Nutzung des Erfindungsgegenstands rechtfertigen könnten. Angaben zum Beispiel zu den Entwicklungskosten, den Marktzutrittsmöglichkeiten oder den firmeninternen Umsatzanteilen fehlen.

b) Ebenso wenig führt der Vortrag der Antragsgegnerin, das Verfügungsverbot sei nicht geeignet, einen Preisverfall des Produkts der Antragstellerin rückgängig zu machen, zu einem anderen Ergebnis der Interessenabwägung. Der Antragsgegnerin ist sicherlich zuzugeben, dass die Bestimmung der Festbeträge durch die Krankenkassen Einfluss auf die Preisgestaltung hat. Die Anbieter können Arzneimittelpreise nicht ungeachtet der Festbeträge festsetzen. Denn die Patienten müssen die Differenz zwischen dem Arzneimittelpreis und dem Festbetrag selbst zahlen. Soweit sie auf andere, vergleichbare Produkte – im vorliegenden Fall unter Umständen auf Pulverpräparate – wechseln können, wird dadurch die Preisfestsetzung seitens des Anbieters und auch sein Marktanteil beeinflusst.
Auf der anderen Seite ist nicht dargetan, dass Pulverpräparate und Dosieraerosole, wie sie von den beiden Parteien angeboten werden, beliebig austauschbar sind. Soweit dies nicht der Fall ist, kann der Marktanteil der Antragstellerin mit ihrem Produkt BudiAir durch den Markteintritt der Antragsgegnerin mit der angegriffenen Ausführungsform nicht unbeeinflusst geblieben sein. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass auch dann, wenn in die Festbetragsberechnung eine Vielzahl von Produkten einfließt, der von der Antragsgegnerin für ihre angegriffene Ausführungsform festgesetzte Preis den Festbetrag beeinflusst haben wird, zumal der Marktanteil der Antragsgegnerin mit Aerosol-Dosierinhalatoren ausweislich der Anlage EVB 22 und den Marktanteilsangaben der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 25.02.2008 nicht vernachlässigbar gering ist.
Vor diesem Hintergrund kann durch das Verbot, von der Lehre des Verfügungspatentanspruchs Gebrauch zu machen, sicherlich nicht der vollständige Preisverfall auf Seiten der Antragstellerin rückgängig gemacht werden. Gleichwohl entfällt dadurch nicht das überwiegende Verbietungsinteresse der Antragstellerin. Vielmehr soll mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung das patentverletzende Verhalten unmittelbar für die Zukunft untersagt werden, um weitere Beeinträchtigungen auszuschließen. Zu diesen Beeinträchtigungen gehört auch der Verlust weiterer Marktanteile, der nach Vorstehendem zu erwarten ist, aber durch die Unterlassungsverfügung verhindert werden kann.

c) Weiterhin trägt die Antragsgegnerin vor, das Verbot, die angegriffene Ausführungsform zu vertreiben, würde ihre Patienten, die an ihr Produkt gewohnt seien, unzumutbar beeinträchtigen. Es drohe der Abbruch der Therapie. Dieser Vortrag ist unbeachtlich, weil die Patienten auf Arzneimittel gleicher Wirkung umsteigen können. Eine damit einhergehenden Umgewöhnung im Geschmack begründet angesichts der fortdauernden Verletzung des – voraussichtlich rechtsbeständigen – Verfügungspatents kein überwiegendes Interesse der Antragsgegnerin an der Nutzung des Gegenstands der Erfindung.

4. Schließlich entfällt der Verfügungsgrund nicht aufgrund des Umstands, dass über den Widerspruch im hiesigen einstweiligen Verfügungsverfahren und über die Klage im Hauptverfahren gemeinsam verhandelt worden ist und zeitgleich eine Entscheidung in beiden Verfahren ergeht. Maßgebender Zeitpunkt für die Überprüfung der erlassenen Beschlussverfügung durch das Gericht ist der Schluss der mündlichen Verhandlung (Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl.: § 925 Rn 2 f). Zu diesem Zeitpunkt war eine den Verfügungsgrund ausschließende Hauptsacheentscheidung nicht in der Welt.

C
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO analog.

Streitwert: 350.000,00 EUR