4b O 287/05 – Trennung von Proteinen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1048

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. Januar 2009, Az. 4b O 287/05

Rechtsmittelinstanz: 2 U 18/09
Rechtsmittelinstanz: 2 UH 1/14 (Beschluss)
Rechtsmittelinstanz: 2 UH 1/14 (Urteil)

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monate, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,

a) ein Konzentrat von Faktor VIII anzubieten oder in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu einem der vorgenannten Zwecke entweder einzuführen oder zu besitzen, das mittels eines Verfahrens hergestellt worden ist, das durch die folgenden Schritte gekennzeichnet ist:

– als Ausgangsmaterial wird die bei niedriger Temperatur gefällte Plasmafraktion, die im Wesentlichen aus Fibrinogen, Fibronectin, dem von-Willebrand-Faktor und dem Faktor VIII besteht, verwendet;

– das besagte bei niedriger Temperatur Gefällte, das wieder in wässrige Lösung gebracht wurde, wird einer einzigen Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenausterscherharz unterworfen, dessen Matrix ein Gel von der Art eines makroretikularen Vinylpolymers ist, das durch seine Porösitäts- und Hydrophobieeigenschaften fähig ist, den Komplex aus Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor zurückzuhalten, und der Anionen austauschende Charakter des Harzes rührt von auf die Matrix gepfropften Gruppen vom DEAE-Typ her;

– durch aufeinander folgende Erhöhungen der Ionenstärke des Elutionspuffers werden selektiv die verschiedenen Proteine gewonnen

– und eine erhaltene Lösung von Faktor VIII wird gefriergetrocknet;

b) ein Konzentrat von Faktor VIII in gefriergetrockneter Form, erhältlich durch das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8 des Klagepatents in der aufrechterhaltenen Fassung, dadurch gekennzeichnet, dass es eine spezifische Aktivität von 100 lE pro mg an Proteinen besitzt und dass es von einer Qualität vergleichbar mit der eines Konzentrats gleicher Blutgruppe ist,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

2. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I.1.a) bis b) bezeichneten Handlungen seit dem 27. September 1990 begangen haben und noch begehen werden, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 26. Mai 1995 zu machen sind,

– die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die Rechnungen, Bestell- und Lieferscheine in Kopie vorzulegen haben,

– es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. die vorstehend zu I.1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 0 359 XXX, entsprechend DE 689 22 XXX, erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagten unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird.

II. Es wird festgestellt,

1. dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch zu Ziffer I.1.a) bis b) bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, die sie seit dem 26. Mai 1995 begangen haben und noch begehen werden;

2. dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin für die zu Ziffer I.1.a) bis b) bezeichneten und in der Zeit vom 27. September 1990 bis 25. Mai 1995 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

III. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 EUR.

VI. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist Inhaberin des europäischen Patents EP 0 359 XXX (Klagepatent, Anlage L 5), das unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität vom 07.06.1988 am 08.02.1989 durch das A angemeldet, am 21.03.1990 offengelegt, und dessen Erteilung am 26.04.1995 veröffentlicht wurde. Das Klagepatent steht unter anderem für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aktenzeichen DE 689 22 XXX (Anlage L 5a) in Kraft. Die übersetzten Ansprüche der Anmeldung wurden am 27.09.1990 veröffentlicht. Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur chromatographischen Trennung von Plasmaproteinen, insbesondere von Faktor VIII, von Willebrand Faktor, von Fibronectin und von Fibrinogen, sowie ein mit diesem Verfahren hergestelltes Faktor-VIII-Konzentrat.

Das als Anmelderin des Klagepatents eingetragene A führte unstreitig jedenfalls bis zur Anmeldung des Klagepatents eine Kooperation mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) , der Fa. B AG, sowie später mit der Beklagten zu 1) selber durch. Die B AG meldete am 27.05.1988 das Europäische Patent EP 0 343 XXX (Anlage B 4), betreffend ein Verfahren zur Herstellung eines hochreinen, virusfreien Antihämophiliefaktors mittels Chromatographie an. Die Anmeldung dieses Patents wurde – unter Angabe des europäischen Aktenzeichens 88108XXX.6 – bei Erteilung des Klagepatents berücksichtigt und ist in der Beschreibung des Klagepatents als Stand der Technik gewürdigt (Abschnitt [0010]). Das EP ’XXX, für das auch Mitarbeiter des A als Erfinder benannt wurden, ist nach Durchführung des Einspruchs- und Berufungsverfahrens wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit widerrufen worden. Im Rahmen ihrer Kooperation schlossen das A und die Beklagte zu 1) am 16.01.1989 eine Vereinbarung (Anlage L 15, in deutscher Übersetzung Anlage L 15a), durch welche das A eine Lizenz zur Nutzung einer „C-Technologie“ gewährte.

Gegen das Klagepatent erhoben die Beklagte zu 1) sowie die Fa. D AG Einspruch. Die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes erhielt das Klagepatent in 13 Schutzansprüchen aufrecht. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies die Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes durch Entscheidung vom 16.07.2003 (Anlage B 8, in deutscher Übersetzung Anlage B 9) zurück. Die Beklagte zu 1) erhob unter dem 10.02.2004 Nichtigkeitsklage (Anlage L 7) gegen das Klagepatent. Mit Urteil vom 09.11.2006 (Anlage L 39, Bl. 198ff. GA) hat das Bundespatentgericht das Klagepatent in eingeschränkter Fassung aufrecht erhalten.

Anspruch 1, betreffend das Verfahren, und Anspruch 12, betreffend das Konzentrat lauten nunmehr in der französischen Verfahrenssprache (Anlage L 39, Bl. 199 bis 202 GA):

„1. Procédé de séparation des protéines F VIII, fibrinogène, fibronectine et facteur de Willebrand du plasma humain ou animal et de préparation de concentrés desdites protéines à usage thérapeutique, caractérisé en ce que il comporte les étapes suivantes :
– on utilise comme matériau de départ la fraction du plasma cryoprécipitée,
– constituée essentiellement de fibrinogène, de fibronectine, de facteur de von Willebrand et de Facteur VIII;
– on soumet ledit cryoprécipité remis en solution aqueuse à une séparation unique par chromatographie sur une résine échangeuse d’anions dont la matrice est un gel de type polymère vinylique macroréticulé, capable de par ses propriétés de porosité et d’hydrophobicité de retenir le complexe Facteur VIII – facteur von Willebrand, et dont le caractère échangeur d’anion de la résine est apporté par les groupements de type DEAE greffés sur la matrice,
– et on récupère sélectivement les différentes protéines par des augmentations successives de la force ionique du tampon d’élution,
– et on lyophilise une solution de Facteur VIII obtenue.

12. Concentré de Facteur VIII sous forme lyophilisée susceptible d’être obtenu par le procédé selon l’une quelconque des revendications 1 à 8, caractérisé en ce qu’il présente une activité spécifique au moins égale à 100 UI/mg de protéines et qu’il est de qualité assimilable à celle d’un concentré isogroupe.“

Der aufrechterhaltene Anspruchswortlaut lautet in deutscher Übersetzung:

„1. Verfahren zur Trennung von Proteinen Faktor VIII, Fibrinogen, Fibronectin und von Willebrand-Faktor des menschlichen oder tierischen Plasmas und zur Herstellung von Konzentraten dieser Proteine zum therapeutischen Gebrauch, dadurch gekennzeichnet, dass es die folgenden Schritte aufweist:
– als Ausgangsmaterial wird die bei niedriger Temperatur gefällte Plasmafraktion, die im wesentlichen aus Fibrinogen, Fibronectin, Von-Willebrand-Faktor und Faktor VIII besteht, verwendet,
– das besagte bei niedriger Temperatur Gefällte, das wieder in wässrige Lösung gebracht wurde, wird einer einzigen Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz unterworfen, dessen Matrix ein Gel von der Art eines makroretikularen Vinylpolymers ist, das durch seine Porositäts- und Hydrophobieeigenschaften fähig ist, den Komplex aus Faktor VIII und Von-Willebrand-Faktor zurückzuhalten, und der Anionen austauschende Charakter des Harzes rührt von auf die Matrix gepfropften Gruppen vom DEAE-Typ her;
– durch aufeinanderfolgende Erhöhungen der Ionenstärke des Elutionspuffers werden selektiv die verschiedenen Proteine gewonnen
– und eine erhalten Lösung von Faktor VIII wird gefriergetrocknet.

12. Konzentrat von Faktor VIII in gefriergetrockneter Form, erhältlich durch das Verfahren nach einem der Anspruche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass es eine spezifische Aktivität von wenigsten 100 I.E. pro mg an Proteinen besitzt und dass es von einer Qualität vergleichbar mit der eines Konzentrats gleicher Blutgruppe ist.“

Die Beklagten zu 1) und 2) vertreiben in Deutschland unter der Bezeichnung E (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Die konkrete Ausgestaltung und Zusammensetzung der angegriffenen Ausführungsform ist den Anlage L 9 und L 10 zu entnehmen.

Die Klägerin behauptet, sie sei aktiv legitimiert. Dem stehe nicht entgegen, dass das Klagepatent durch das „(A)“ angemeldet wurde. Tatsächlich sei das A mit der mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Klägerin identisch. Die Klägerin sei Trägerin des A. Die Bezeichnung der Institution, deren Trägerin die Klägerin sei, als A folge aus der französischen Rechtslage zur Organisation von Bluttransfusionszentren, die eine solche Bezeichnung von Gesetzes wegen tragen müssten. Überdies sei sie nunmehr ausweislich des Registerauszuges vom 08.06.2006 (Anlage L 29) auch unter ihrer Bezeichnung „F“ als Patentinhaberin eingetragen.

Die Klägerin behauptet ferner, auch die Beklagte zu 3) vertreibe die angegriffene Ausführungsform in Deutschland. Überdies sei die Beklagte zu 3) die Herstellerin der angegriffenen Ausführungsform, wobei sie die angegriffene Ausführungsform an die Beklagten zu 1) und 2) liefere in dem Wissen, dass diese die angegriffene Ausführungsform zum Teil nach Deutschland liefern.

Die Klägerin meint, die Beklagten verletzten das Klagepatent wortsinngemäß. Durch das von den Beklagten ausgeführte Verfahren würde ein Konzentrat zum therapeutischen Gebrauch erzielt. Dass nach der Verfahrensausführung noch eine weitere Filtration durchgeführt wird, sei deshalb unschädlich, weil dies zwingende Voraussetzung der Herstellung aller Arzneimittel sei. Auch finde im angegriffenen Verfahren eine einzige Trennung durch Chromatographie statt. Die weiteren Verfahrensschritte, namentlich die im angegriffenen Verfahren durchgeführte Ultrafiltration, stehe dem nicht entgegen, weil durch diese technische Lehre nicht ausgeschlossen werde, dass über eine einzige Trennung durch Chromatographie hinaus weitere Verfahrensschritte ausgeführt werden. Nach der Lehre des Klagepatents müsse nicht auf die Ultrafiltration verzichtet werden, sie sei im Gegenteil sinnvoll, um aus den zu reinigenden Proteinlösungen unerwünschte Begleitsubstanzen zu entfernen. Schließlich stehe es der Annahme einer wortsinngemäßen Patentverletzung nicht entgegen, dass bei Durchführung des angegriffenen Verfahrens ein Produkt erhalten wird, das einen Komplex aus dem Faktor VIII und dem von-Willebrand-Faktor darstelle. Dies diene gerade zu einer Stabilisierung des Faktor VIII-Konzentrats, wobei ein Verhältnis von 1 zu 1 bis 1 zu 3 günstig sei.

Die Klägerin beantragt nunmehr, nachdem sie die Klageanträge mit Schriftsatz vom 25.01.2006 (Bl. 193ff. GA) nach Klageerhebung im Hinblick auf die teilweise Aufrechterhaltung des Klagepatents angepasst und zudem die Klage objektiv um die Geltendmachung eines Rückrufanspruchs erweitert hat, sinngemäß,

die Beklagten wie zuerkannt zu verurteilen,

wobei sie über die zuerkannte Verurteilung hinaus Rechnungslegung sowie Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung bereits für die Zeit ab dem 21. April 1990 begehrt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise: den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs über den deutschen Teil des EP 0 359 XXX B2 auszusetzen.

höchst hilfsweise: den Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch in Form einer Bankbürgschaft erbracht werden kann, ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.

Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin. Inhaberin des Klagepatents sei ausweislich der Klagepatentschrift nicht die Klägerin, sondern das „(A)“, das nicht mit der Klägerin identisch sei. Nach dem insofern maßgeblichen französischen Recht sei die Klägerin daher nicht berechtigt, Rechte aus dem Klagepatent geltend zu machen.

Ferner bestreiten die Beklagten eine Passivlegitimation der Beklagten zu 3) schon deshalb weil diese in der Bundesrepublik Deutschland die angegriffene Ausführungsform weder in Verkehr bringe, noch gebrauche noch einführe.

Schließlich bestreiten die Beklagten eine Patentverletzung durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland. Die angegriffene Ausführungsform enthalte neben Faktor VIII auch einen so großen Anteil an von-Willebrand-Faktor, dass das zur Herstellung durchgeführte Verfahren nicht mehr als ein solches zur Trennung von Proteinen Faktor VIII, Fibrinogen, Fibronectin und von-Willebrand-Faktor gelten könne. Eine Trennung setze voraus, dass die voneinander zu trennenden Proteine nach Durchführung des Verfahrens in hinreichend reiner Form vorlägen. Auch eigne sich die angegriffene Ausführungsform nicht zum therapeutischen Gebrauch. Das aus dem Herstellungsverfahren der angegriffenen Ausführungsform gewonnene Produkt müsse noch ultrafiltriert werden, so dass das Verfahren selber noch nicht zu einem Faktor-VIII-Konzentrat zum therapeutischen Gebrauch führe.

Überdies werde die angegriffene Ausführungsform nicht durch eine einzige Trennung durch Chromatographie gewonnen. Die durchzuführende Ultrafiltration sei ein weiterer, über die „einzige Trennung“ gemäß der Lehre des Klagepatents hinausgehender Verfahrensschritt. Schließlich belege die Anwesenheit des von-Willebrand-Faktors in der angegriffenen Ausführungsform auch, dass das zur Herstellung angewandte Verfahren nicht dazu führe, dass die verschiedenen Proteine gewonnen würden. Zu erzielen sei lediglich ein unreines Faktor-VIII-Konzentrat unter Anwesenheit des von-Willebrand-Faktors, so dass wenigstes der Faktor VIII nicht als Protein selektiv gewonnen werden könne.

Zusätzlich machen die Beklagten ein privates Vorbenutzungsrecht gemäß § 12 PatG geltend für den Fall, dass der Schutzbereich des Klagepatents dahin bestimmt werden sollte, dass er auch ein Verfahren umfasst, das zu einem Konzentrat des Faktors VIII in Anwesenheit des von-Willebrand-Faktors führt und das neben der chromatographischen Trennung als weiteren Verfahrensschritt eine Ultrafiltration umfasst. An einem solchen Verfahren habe die Beklagte zu 2) spätestens seit Mai 1988 Erfindungsbesitz gehabt. Sie habe es nach Maßgabe von Änderungsanzeigen an den Blutspendedienst der DRK-Landesverbände Nordrhein und Westfalen-Lippe (Anlagenkonvolut B 40) angewandt und in Ausführung des Verfahrens das Präparat „G“ hergestellt. Das so erworbene Vorbenutzungsrecht erstrecke sich auch auf die Beklagte zu 3), welche den Betrieb zur Produktion von „H“ übernommen habe. Auch für die Beklagte zu 1) wirke sich das Vorbenutzungsrecht der Beklagten zu 2) aus.

Außerdem sind die Beklagten der Auffassung, zur Ausübung eines solchen Verfahrens – gerichtet auf Gewinnung eines Faktor-VIII-Konzentrats mit Anteilen des von-Willebrand-Faktors und unter Einschluss einer Ultrafiltration – seien sie gegenüber der Klägerin durch die mit dem A geschlossene Vereinbarung vom 16.01.1989 (Anlage L 15, deutsche Übersetzung als Anlage L 15a) berechtigt. Durch diese Vereinbarung sei den Beklagten eine kostenlose Lizenz an der Durchführung dieses Verfahrens eingeräumt worden.

Hinsichtlich des hilfsweisen Antrages auf Vollstreckungsschutz machen die Beklagten geltend, die mit der angegriffenen Ausführungsform behandelten Patienten würden mit dieser dauerhaft behandelt und könnten jedenfalls nicht kurz- oder mittelfristig auf andere, wenngleich ähnliche Produkte umgestellt werden. Den zahlreichen mit der angegriffenen Ausführungsform behandelten Patienten drohten Gesundheitsrisiken bei einer kurz- oder mittelfristigen Umstellung auf andere Produkte.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 25.07.2006 (Bl. 121ff. GA) durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens der Sachverständigen PAin I. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten der Sachverständigen PAin I vom 28.08.2008 (Bl. 353ff. GA) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2008 (Bl. 470ff. GA) verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist bis auf einen geringen Teil der geltend gemachten Ansprüche begründet. Sie war lediglich im Hinblick auf einen geringen Zeitraum, für den Ansprüche auf Rechnungslegung und Entschädigung geltend gemacht wurden, abzuweisen.

A.

Die Klage ist zulässig. Sofern mit der Neufassung der zuletzt gestellten Anträge auf Grundlage der Antragsformulierung im Schriftsatz vom 14.11.2003 (Bl. 454ff. GA) die Klage teilweise geändert wird, ist die Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO sachdienlich. Die an den Begriff der Sachdienlichkeit geknüpften Voraussetzungen, dass nämlich mit der geänderten Fassung der Klageanträge die noch bestehenden Streitpunkte miterledigt und neue Rechtsstreitigkeiten vermieden werden können (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 263 Rn. 13 m.w.N.), sind erfüllt: Soweit der Klageantrag auf Auskunft und Rechnungslegung (Ziffer I.2.) geändert wird, fasst die Klägerin den Antrag genauer und passt ihn den geänderten Anforderungen der gerichtlichen Praxis zur Bestimmtheit dieses Klageantrages an (vgl. etwa zur Fassung des Antrags auf Auskunft über den erzielten Gewinn OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.09.2008, I-2 U 57/07). Das ist sachdienlich, weil damit der Streitpunkt des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs einem Sachurteil und damit der Erledigung zugänglich gemacht wird. Gleiches gilt für den Antrag auf Rückruf (Ziffer I.3.), mit dem die Klägerin den durch Gesetz vom 01.09.2008 (BGBl. I, S. 1191) im Hinblick auf die „Enforcement-Richtlinie“ eingefügten Änderungen des PatG Rechnung trägt.

B.

Die Klage ist in weitaus überwiegendem Maße begründet.

I.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Für die Zeit ab dem 02.06.2006 folgt dies für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß Artt. 2 Abs. 2, 97 EPÜ i.V.m. § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG bereits daraus, dass die Klägerin ausweislich des von ihr vorgelegten Registerauszugs vom 08.06.2006 (Anlage L 29) ab diesem Zeitpunkt als Inhaberin des deutschen Teils des Klagepatents im Patent- und Gebrauchsmusterregister des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen ist. Die Registereintragung legitimiert den eingetragenen Inhaber prozessual zur Geltendmachung der Rechte aus dem Patent (Busse/Schwendy, PatG, 6. Aufl., § 30 Rn. 34), so dass der eingetragene Patentinhaber jedenfalls zur klageweisen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs berechtigt ist (Kühnen/Geschke, Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Auflage Rn. 334).

Aber auch für die Zeit vor dem 02.06.2006 und im Hinblick auf die Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung sowie Rückruf patentverletzender Produkte, ist die Klägerin aktiv legitimiert. Insofern steht es zur Überzeugung der Kammer, welche gemäß § 294 ZPO im Wege des Freibeweises gewonnen werden konnte, fest, dass die Klägerin mit der zuvor eingetragenen Patentinhaberin, dem (A) identisch ist.

Die von der Klägerin vorgelegten Rechtsgutachten der Professoren J vom 27.05.2005 (Anlage L 2) und K ebenfalls vom 27.05.2005 (Anlage L 3) kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, das A sei mit der Klägerin identisch. Der Privatgutachter J führt aus, die Klägerin und das A stellten nicht etwa zwei getrennte Einheiten dar, vielmehr sei das A lediglich eine Ausführungsstruktur der Klägerin, welche den Zweck habe, ihren Auftrag zu erfüllen, einen dem Verein übertragenen öffentlichen Dienst bereit zu stellen (Anlage L 2, Seite 2, letzter Absatz). Dies begründet Professor J in nachvollziehbarer Weise damit, dass die französische Verordnung vom 16.01.1954 in ihrem Art. 2 abschließend die Rechtsstrukturen aufzählt, die Bluttransfusionseinrichtungen betreiben können; ferner regelt diese Verordnung in ihrem Art. 3, dass diese Einrichtungen einen bestimmten Namen zu führen haben (Anlage L 3, Seite 3, erster Absatz). Auch verweist das Gutachten schlüssig auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zweiter Instanz in Paris vom 23.02.1999, in der ausdrücklich festgestellt worden sei, dass dem A keine Rechtspersönlichkeit zukomme, die sich von der als Rechtsträger fungierenden Institution unterscheide (Anlage L 2, Seite 3, dritter Absatz). Hierin fügt sich nahtlos die Darstellung von Professor K ein, welcher ausführt, die Klägerin habe entsprechend dem genannten Art. 2 der französischen Verordnung vom 16.01.1954 als angemeldeter Verein eine Bluttransfusionseinrichtung gegründet, deren Name indes durch Art. 3 Abs. 2 der genannten Verordnung festgelegt sei (Anlage L 3, Seite 4f.). Auch führt Professor K logisch stimmig aus, das A sei als Regiebetrieb der Klägerin einzuordnen und stelle mithin eine einfache funktionelle Untergliederung ohne Rechtspersönlichkeit dar (Anlage L 3, Seite 5f.).

Diesem Ergebnis stehen die von der Beklagten vorgelegten Rechtsgutachten des Professor L vom 01.04.2005 (Anlage B 1) und vom 25.07.2005 (Anlage B 2) nicht entgegen. Diese beiden Gutachten vermögen in ihrem Ergebnis nicht zu überzeugen. Auch Professor L gelangt zu dem Ergebnis, das A besitze keine eigene Rechtspersönlichkeit (Anlage B 1, Seite 9). Die hierauf basierenden Schlussfolgerungen sind indes nicht nachvollziehbar: Daraus, dass das A keine Rechtspersönlichkeit habe, zieht der Privatgutachter L – insofern noch nachvollziehbar – die Schlussfolgerung, das A könne keine Verträge schließen und überhaupt keine rechtlich wirksamen Handlungen vornehmen (Anlage B 1, Seite 4). Nicht mehr nachzuvollziehen ist hingegen, dass der Privatgutachter L nicht dartut, welche juristische Person das Klagepatent tatsächlich erwarb, indem das A als Inhaberin eingetragen wurde. Mit der Frage, wer der Rechtsträger einer als „A“ bezeichneten Einrichtung ist, befasst er sich nicht. Vielmehr beschränkt er seine Überlegungen auf den Ansatz, ob durch Bevollmächtigung oder Rechtsnachfolge das Patent von der Klägerin erworben sein könnte (Anlage B 1, Seite 10ff.), was der Privatgutachter – in sich stimmig – mit Hinweis darauf verneint, das A habe keine Rechtspersönlichkeit, könne also nicht rechtlich wirksam handeln. Welche Rechtspersönlichkeit aber durch das Handeln unter der Bezeichnung „A“ berechtigt und verpflichtet wird, bleibt unklar.

Auch das Ergänzungsgutachten räumt diese Unklarheit nicht aus. Diesem Ergänzungsgutachten ist schon im Ausgangspunkt entgegenzutreten, wenn es ausführt, die Gutachten der Professoren J und K widersprächen sich (Anlage B 2, Seite 1). Diese beiden Gutachten gelangen, wie soeben ausgeführt, zu dem selben Ergebnis, wenngleich sie sich in der Begründung unterscheiden. Die Ausführungen von Professor L, wonach das A ein Regiebetrieb sei, der von einer Körperschaft abhänge, welche wiederum Trägerin der Rechte und Pflichten aus der Tätigkeit des Regiebetriebs sei, spricht gerade für eine juristische Identität zwischen dem A und der Klägerin: Auch Professor L geht von einer Rechtsfähigkeit der Klägerin aus, während er die Rechtsfähigkeit des A verneint. Wenn aber das A von der Klägerin abhängig ist, so wirkt für und gegen sie alles Handeln unter der Bezeichnung A. Hierfür spricht zusätzlich der vom Privatgutachter L berichtete Umstand, dass der Präsident der Klägerin den Direktor des A bevollmächtigt habe, Patentanmeldungen namens der Klägerin, nicht aber unter der Bezeichnung der A vorzunehmen. Hieraus folgt, dass eine Anmeldung unter der Bezeichnung A lediglich eine falsche oder wenigstens irreführende Bezeichnung des eigentlichen Inhabers ist, also der Körperschaft, welche Trägein des als A bezeichneten Betriebs bzw. Betriebsteils ist.

II.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur chromatographischen Trennung von Plasmaproteinen, insbesondere von Faktor VIII, von-Willebrand-Faktor, Fibronectin und Fibrinogen, sowie ein hierdurch erhaltenes Konzentrat von Faktor VIII. Ein solches Verfahren wird für die Bereitstellung von Blutproteinen zu therapeutischen Zwecken benötigt. Zur therapeutischen Anwendung gelangen Konzentrate der Blutgerinnungsfaktoren Faktor VIII, Fibrinogen und von-Willebrand-Faktor. Beispielsweise bei der Behandlung der Hämophilie A ist es wichtig, über Konzentrate von Faktor VIII in sehr hoher Reinheit zu verfügen, da die Patienten wiederholt Injektionen von Faktor-VIII-Konzentraten sowie von Fibrinogen und Immunglobulinen erhalten, die, wenn nicht ein hohes Maß an Reinheit gewährleistet ist, schwerwiegende Nebenwirkungen in Gestalt von Immunreaktionen auslösen können.

Aus dem Stand der Technik ist ein Verfahren bekannt, bei dem Faktor-VIII-Konzentrate aus einer bei niedriger Temperatur gefällten Fraktion des menschlichen Plasmas hergestellt werden. Bei diesem Verfahren gilt es als Nachteil, dass sie mehrere Schritte der Ausfällung erfordert und eine Reinheit nur in der Größenordnung von 1 I.E./mg erreicht, jedenfalls nicht mehr als 10 bis 20 I.E./mg. Ferner sind bekannt Techniken der sterischen Ausschlusschromatographie oder molekularen Filtration. Hieran ist nachteilig, dass bei niedriger Ausbeute ein Produkt mit einer spezifischen Aktivität von nicht mehr als 30 I.E./mg erhalten wird, und das eine Zugabe von Albumin als Stabilisator nötig ist, was wiederum die spezifische Aktivität absenkt. Auch ist ein Verfahren bekannt, in dem Konzentrate von Faktor VIII dadurch hergestellt wurden, dass ein Kontakt mit Kugeln von porösem Siliziumdioxid bewirkt wurde, an denen Protein-Verunreinigungen mit niedrigem Molekulargewicht festgehalten werden; jedoch hat das so erhaltene Produkte eine verhältnismäßig niedrige spezifische Aktivität von 1 I.E./mg.

Ein weiteres vorbekanntes Verfahren lehrt die Anwendung von Methoden der Immunaffinitätschromatographie, nämlich den Faktor VIII mit Hilfe von auf einem chromatographischen Träger montierten immobilisierten Antikörpern zu reinigen. Diese Techniken werden als leistungsfähig gewürdigt, als nachteilig wird aber erkannt, dass drastische Lösungen zur Desorption erforderlich sind, etwa die Ultrafiltration als ergänzendem Schritt, die aber der biologischen Aktivität des Faktors VIII schaden kann. Das mit diesen Techniken erhaltene Faktor-VIII-Konzentrat erreicht zwar eine hohe spezifische Aktivität von 1.000 bis 3.000 I.E./mg, ist aber so instabil, dass ein Stabilisator wie etwa Albumin hinzugegeben werden muss, wodurch wiederum die spezifische Aktivität auf 3 bis 5 I.E./mg verringert wird. Auch bleiben bei diesen Techniken Antikörper zurück, etwa solche von Nagetier-Ursprung, die immunologische Reaktionen auslösen können. Ebenso werden vorbekannte Techniken der Ionenaustauschchromatographie insofern als nachteilig kritisiert, als sie komplizierte Arbeitsvorgänge erforderlich machen und nur niedrige Ausbeute bieten.

Schließlich ist aus der europäischen Patentanmeldung EP 88108XXX.6 – die zur Erteilung des EP ’XXX der Fa. B AG führte – ein Verfahren zur Herstellung von Faktor VIII bekannt, welches von einem bei niedriger Temperatur Gefällten (Kryopräzipitat) ausgeht, das zunächst extrahiert und einer Reaktion mit einer Suspension von Aluminiumhydroxid unterzogen wird, sodann zentrifugiert und schließlich zur weiteren Reinigung durch eine Gelpermeationschromatographie auf einem Ionenaustauscherharz des hydrophilen Typs wie Fractogel-DEAE weiter gereinigt wird.

Ausgehend von diesem Stand der Technik stellt sich das Klagepatent die Aufgabe (Abschnitte [0001] und [0010]), Proteine einer Fraktion des menschlichen oder tierischen Plasmas durch Anionenaustauschchromatographie nach einer Technik zu trennen, die es gestattet, in einem einzigen Schritt Faktor VIII, Fibrinogen und von-Willebrand-Faktor in einem sehr hohen Reinigungsgrad zu erhalten. Dabei sollen neue Methoden zur Gewinnung von Proteinkonzentraten, insbesondere Faktor-VIII-Konzentrate, zur Verfügung gestellt werden, die im industriellen Maßstab anwendbar sind und die hochreine und von Proteinen fremden Ursprungs wie den Antikörpern tierischen Ursprungs vollkommen freie Produkte liefern.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seiner aufrecht erhaltenen Fassung ein Verfahren und ein mit dem Verfahren erhaltenes Konzentrat mit folgenden Merkmalen vor:

Anspruch 1:

1. Verfahren zur Trennung von Proteinen Faktor VIII, Fibrinogen, Fibronectin und von-Willebrand-Faktor

2. des menschlichen oder tierischen Plasmas

3. zur Herstellung von Konzentraten dieser Proteine

4. zum therapeutischen Gebrauch,

dadurch gekennzeichnet, dass es die folgenden Schritte aufweist:

5. als Ausgangsmaterial wird eine Plasmafraktion verwendet, die
5.1 bei niedriger Temperatur gefällt wird, und
5.2 im wesentlichen aus Fibrinogen, Fibronectin, von-Willebrand-Faktor und Faktor VIII besteht;

6. das besagte bei niedriger Temperatur Gefällte
6.1 wird wieder in wässrige Lösung gebracht und
6.2 wird einer einzigen Trennung durch Chromatographie an einem Anionenaustauscherharz unterworfen;
6.2.1 die Matrix des Anionenaustauscherharzes ist ein Gel
6.2.2 von der Art eines makroretikularen Vinylpolymers,
6.2.3 das durch seine Porositäts- und Hydrophobieeigenschaften fähig ist, den Komplex aus Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor zurückzuhalten,
6.2.4 und der Anionen austauschende Charakter des Harzes rührt von auf die Matrix aufgepfropften Gruppen vom DEAE-Typ her;

6.3. durch aufeinanderfolgende Erhöhung der Ionenstärke des Elutionspuffers werden selektiv die verschiedenen Proteine gewonnen;

7. und eine erhaltene Lösung von Faktor VIII wird gefriergetrocknet.

Anspruch 12:

1. Konzentrat von Faktor VIII in gefriergetrockneter Form;

2. erhältlich durch ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8

dadurch gekennzeichnet, dass es

3. eine spezifische Aktivität von wenigstens 100 I.E. pro mg an Proteinen besitzt und

4. von einer Qualität vergleichbar mit der eines Konzentrats gleicher Blutgruppe ist.

III.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme lässt sich tatrichterlich feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents in seiner aufrecht erhaltenen Fassung Gebrauch macht.

1.

Zwischen den Parteien steht – zu Recht – außer Streit, dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 2., 3., 5., 6.1 und 7. des Anspruchs 1 verwirklicht. Die angegriffene Ausführungsform wird aus einem Verfahren gewonnen, in dem Proteine des menschlichen oder tierischen Plasmas voneinander getrennt werden (Merkmal 2.) um ein Konzentrat dieser Proteine herzustellen (Merkmal 3.). Ausgangsmaterial im Herstellungsverfahren der angegriffenen Ausführungsform ist eine Plasmafraktion, die bei niedriger Temperatur gefällt wird und im wesentlichen aus Fibrinogen, Fibronectin, von-Willebrand-Faktor und Faktor VIII besteht. Dieses bei niedriger Temperatur Gefällte (Kryopräzipitat) wird sodann wieder in wässrige Lösung gebracht (Merkmal 6.1.) und die nach diesem Verfahren erhaltene Lösung wird zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform schließlich gefriergetrocknet (Merkmal 7.)

2.

Die angegriffene Ausführungsform wird durch ein Verfahren hergestellt, das darüber hinaus auch Merkmal 1. des Anspruchs 1 verwirklicht.

a)

Gemäß diesem Merkmal lehrt das Klagepatent ein Verfahren zur Trennung von Proteinen Faktor VIII, Fibrinogen, Fibronectin und von-Willebrand-Faktor. Dem Anspruchswortlaut entnimmt der maßgebliche Fachmann, ein promovierter Biochemiker oder Molekularbiologe mit mehrjähriger Laborerfahrung bei der Anwendung von Trennmethoden für Proteine, dass mithilfe des patentgemäßen Verfahrens die in Merkmal 1. genannten Proteine in voneinander getrennter Weise erhalten werden, nämlich mit einem bestimmten Maß an Reinheit der jeweiligen Proteine. In welchem konkreten Maß die Reinheit der Lehre des Patents entspricht, kann der Fachmann dem Wortlaut des Anspruchs 1 nicht entnehmen.

Allerdings kann der Fachmann in der Patentbeschreibung, die er gemäß § 14 Satz 2 PatG zur Auslegung des Anspruchswortlauts heranzieht (BGH GRUR 1989, 903, 904 – Batteriekastenschnur; BGH GRUR 1992, 594, 596 – Mechanische Betätigungsvorrichtung), Angaben zur Reinheit des Faktor VIII-Konzentrats von den anderen im Merkmal 1 genannten Proteinen erkennen: Gemäß der Beschreibung des patentgemäßen Verfahrens (Abschnitt [0022]) werden aus der vorgereinigten Plasmafraktion der Faktor VIII, der von-Willebrand-Faktor und das Fibronectin am verwendeten Austauscher-Harz adsorbiert, das Fibrinogen hingegen verbleibt im Filtrat der nicht adsorbierten Proteine. Sodann wird (Abschnitt [0023]) die Ionenstärke des Puffers erhöht und dadurch das Fibronectin sowie ein großer Teil des von-Willebrand-Faktors eluiert. Indem die Ionenstärke des Puffers sodann weiter erhöht wird (Abschnitt [0024]), wird schließlich der Faktor VIII in Gegenwart von geringen Mengen des von-Willebrand-Faktors eluiert, so dass das Konzentrat direkt gefriergetrocknet werden kann, und zwar ohne dass zuvor ein Stabilisator zugegeben werden muss. Der Fachmann legt Merkmal 1 demnach im Hinblick auf die Gewinnung von Konzentraten des Faktors VIII durch das klagepatentgemäße Verfahren in der Weise aus, dass das Verfahren zu einem Konzentrat von Faktor VIII führt, das allerdings auch geringe Mengen des von-Willebrand-Faktors enthält bzw. enthalten kann.

In diesem Verständnis wird der Fachmann zusätzlich durch die Darstellung eines Ausführungsbeispiels gestützt. Die Patentbeschreibung stellt als ein Beispiel die Herstellung eines Konzentrats von Faktor VIII dar (Abschnitt [0045ff.]). Das Konzentrat gemäß diesem Beispiel wird als hinreichend rein und konzentriert beschrieben, um direkt konditioniert und gefriergetrocknet zu werden (Abschnitt [0045]). Bei der Angabe der mittleren Zusammensetzung der nach diesem Verfahren gewonnenen Lösung wird die Reinheit des Faktors VIII mit 30 bis 45 I.E. pro Milliliter angegeben, die spezifische Aktivität mit 120 bis 250 I.E. pro Milligramm. Die Anwesenheit des von-Willebrand-Faktors als Antigen wird mit 11 bis 23 E. pro Milliliter angegeben. Dies offenbart ein Verfahren als patentgemäß, in welchem Proteine des Typs Faktor VIII nicht in völliger Abwesenheit von Proteinen des von-Willebrand-Faktors vorliegen, sondern in Vergesellschaftung mit diesem.

Dies hat auch das Ergebnis der Beweisaufnahme ergeben. Die Sachverständige PAin I hat in ihrem Gutachten vom 28.08.2008 (Seite 37 = Bl. 389 GA) in nachvollziehbarerer Weise ausgeführt, dass der Fachmann bei Beachtung der Patentbeschreibung und des geschilderten Beispiels davon ausgeht, das patentgemäße Verfahren führe zu einem Faktor-VIII-Konzentrat, das gleichwohl geringe Mengen an von-Willebrand-Faktor enthalte. Die Sachverständige erläutert, dass Faktor VIII im Blut als Komplex mit dem von-Willebrand-Faktor vorliegt und daher vor ungezielter Aktivierung bzw. Inaktivierung geschützt ist (Seite 4 = Bl. 356 GA). Dieses Ergebnis stützt die Sachverständige in nachvollziehbarer Weise mit dem Hinweis darauf, dem Fachmann sei bekannt, dass der von-Willebrand-Faktor den Faktor VIII stabilisiere. Dies fügt sich in die Beschreibung des Klagepatents ein, nach der (Abschnitt [0024]) ein Eluat von Faktor VIII in Anwesenheit geringer Mengen des von-Willebrand-Faktors ohne weitere Zugabe eines Stabilisators gefriergetrocknet werden kann.

Der Einwand der Beklagten, dem Fachmann sei zum Prioritätszeitpunkt die Eigenschaft des von-Willebrand-Faktors als Stabilisator für den Faktor VIII nicht bekannt gewesen, so dass er zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen sei, eine höchstmögliche Reinheit des Faktor VIII-Konzentrats, mithin die Abwesenheit des von-Willebrand-Faktors sei Voraussetzung für die Stabilisierung und damit die Grenze des Schutzbereichs, greift im Ergebnis nicht durch. Zwar ist bei der Bestimmung des Schutzbereichs eines Patents das Fachwissen maßgeblich, das im Prioritätszeitpunkt vorhanden war (BGH GRUR 2003, 550 – Richterausschluss). Jedoch ist gerade in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels, also eines auch aus Sicht des Fachmanns ungeachtet des aktuellen allgemeinen Fachwissens patentgemäßen Verfahrens, der Hinweis enthalten (Abschnitte [0045] und [0047]), dass ein Konzentrat unter Anwesenheit geringer Mengen des von-Willebrand-Faktors stabil genug ist, um direkt, ohne Zugabe eines Stabilisators gefriergetrocknet zu werden. Überdies hat die Sachverständige bei der Beurteilung der Frage, ob die Anwesenheit des von-Willebrand-Faktors im erhaltenen Faktor-VIII-Konzentrat einer Verwirklichung der patentgemäßen technischen Lehre entgegensteht den Prioritätszeitpunkt des Klagepatents beachtet. Ausweislich ihres schriftlichen Gutachtens (dort Seite 2 = Bl. 354 GA) hat sie der Begutachtung den Prioritätszeitpunkt des Klagepatents zugrunde gelegt. Auch hat sie in ihrer mündlichen Anhörung nochmals ausdrücklich erläutert, dass dem Fachmann sogar schon vor dem Prioritätszeitpunkt, nämlich seit den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts bekannt war, dass die Stabilität des Faktor VIII an die Anwesenheit des von-Willebrand-Faktors gekoppelt ist.

Hinzu kommt ein weiteres: Das Klagepatent lehrt es zwar als Aufgabe der Erfindung (Abschnitte [0001] und [0010]), Protein-Konzentrate mit sehr hohem Reinigungsgrad zu erhalten. Aber auch der Begriff der Reinheit ist gemäß der Offenbarung des Klagepatents als relativer Begriff zu verstehen und nicht in dem Sinne, dass eine vollständige Trennung verschiedener Proteine aus menschlichem oder tierischem Plasma erforderlich ist. Ein Protein-Konzentrat hat nach der technischen Lehre des Patents die erforderliche Reinheit, wenn es in – und trotz – Anwesenheit weiterer Proteine eine ausreichende spezifische Aktivität im menschlichen Organismus zu entfalten vermag. Auch die Sachverständige hat in der mündlichen Erläuterung ihres Gutachtens ausgeführt (Bl. 471f. GA), dass nach der technischen Lehre des Klagepatents ein Konzentrat als rein zu bezeichnen ist, in dem andere Proteine in geringen Mengen enthalten sind, wenngleich die Vergesellschaftung etwa des Faktor VIII mit anderen Proteinen die spezifische Aktivität des Faktor-VIII-Konzentrats absenkt. Entscheidend ist aus Sicht des Fachmanns die Erreichung des therapeutischen Ziels, nämlich Faktor VIII in einem Konzentrat in der Gestalt zur Verfügung zu stellen, dass die biologische Aktivität des Proteins erzielt wird, also das Protein seine bestimmungsgemäße Rolle im menschlichen Organismus ausüben kann, der Faktor VIII beispielsweise in der Kaskade der Blutgerinnung wirksam wird.

b)

Hiernach verwirklicht das Verfahren, das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen durchgeführt wird, Merkmal 1. Die angegriffene Ausführungsform enthält einen Anteil des von-Willebrand-Faktors gemessen als Antigen von etwa 30 bis 60 Prozent. Dieser Anteil ist, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, als so geringer Anteil anzusehen, dass er einem patentgemäßen Verfahren zur Trennung der Proteine in der Plasmafraktion nicht entgegensteht. Die Sachverständige hat festgestellt (Gutachten vom 28.08.2008, Seite 38 = Bl. 390 GA), dass die Menge des enthaltenen von-Willebrand-Faktors sich im Rahmen dessen bewege, was der Fachmann als reinen Faktor VIII gemäß der Lehre des Klagepatents und namentlich im Hinblick auf die Angaben zum Ausführungsbeispiel (Abschnitt [0047]) beurteilt. Dies belegt die Sachverständige in überzeugender Weise mit dem Hinweis darauf, dass im Ausgangsprodukt, also in der Plasmafraktion das Verhältnis von Faktor VIII zum von-Willebrand-Faktor bei 1 zu 100 liege, mithin nach der Elution des von-Willebrand-Faktors deutlich reduziert ist.

3.

Das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform ausgeführte Verfahren verwirklicht auch Merkmal 4. des Patentanspruchs 1.

a)

Insoweit lehrt das Klagepatent nach dem Anspruchswortlaut, dass sich das durch das patentgemäße Verfahren gewonnene Konzentrat zum therapeutischen Gebrauch eignet. Diesem Wortlaut entnimmt der Fachmann die Anweisung, dass das Produkt des patentgemäßen Verfahrens dazu geeignet sein muss, als Wirkstoff in einem pharmazeutischen Präparat im Rahmen einer bestimmten Therapie Verwendung zu finden. Aufgrund dieser Anweisungen versteht der Fachmann Merkmal 2. in der Weise, dass das aus dem Verfahren gewonnene Konzentrat nach der Lehre des Klagepatents dann zum therapeutischen Gebrauch geeignet ist, wenn es keine Stoffe enthält, die dem therapeutischen Einsatz – beispielsweise mehrfache Injektionen zur Behandlung von Hämophilie A – entgegenstehen könnten.

Aus der Patentbeschreibung erfährt der Fachmann (Abschnitt [0003]), dass das Verfahren zur Gewinnung eines Wirkstoffs dient, welcher durch wiederholte Injektionen zur Behandlung von Hämophilie A (Bluterkrankheit) eingesetzt werden soll. Auch erfährt der Fachmann aus der allgemeinen Beschreibung der patentgemäßen Erfindung (Abschnitt [0030]), dass der Wirkstoff den Anforderungen genügen muss, wie sie durch die von der Europäischen Pharmakopöe verfassten Richtlinien empfohlen werden. Dabei lehrt die Patentbeschreibung, dass das aus dem Verfahren erhaltene Konzentrat von sehr hoher Reinheit ist, frei von Fibrinogen und Immunglobulinen G, einen nur geringen Anteil an Fibronectin aufweist und frei von menschlichen Blutgruppenantikörpern ist oder nur geringe Mengen davon enthält, mithin von der Qualität einheitlicher Blutgruppen ist.

Dafür, dass ein Anteil des von-Willebrand-Faktors mit dem therapeutischen Zweck unvereinbar wäre, enthält das Klagepatent keinen Hinweis. Im Gegenteil erfährt der Fachmann aus der allgemeinen Beschreibung der Erfindung (Abschnitt [0024]), dass ein Faktor-VIII-Konzentrat zusammen mit einem geringen Anteil des von-Willebrand-Faktors eluiert wird, und aus der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels (Abschnitt [0047]), dass der von-Willebrand-Faktor in einer nach einem patentgemäß Verfahren gewonnenen Lösung in einem nicht unerheblichen Anteil enthalten ist.

Dieses fachmännische Verständnis von der Lehre des Klagepatents hat auch die Beweisaufnahme ergeben. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten nachvollziehbar und anschaulich dargestellt (Gutachten Seite 21 = Bl. 373 GA), dass aus Sicht des Fachmanns die Eignung zum therapeutischen Gebrauch im Sinne des Klagepatents vom Reinheitsgrad des mit dem Verfahren gewonnenen Konzentrats abhängt, und dass sich dieser Reinheitsgrad danach bestimmt, ob die in der Patentschrift als dem therapeutischen Erfolg entgegenstehenden Proteine – zu denen der von-Willebrand-Faktor nicht zählt – in dem Konzentrat nicht enthalten ist.

Dem Einwand der Beklagten, nach der Lehre des Klagepatents verwirkliche ein Verfahren Merkmal 4. nicht, wenn es eine Ultrafiltration vorsehe, um den therapeutischen Einsatz des gewonnenen Konzentrats zu gewährleisten, da bei einem solchen Verfahren erst ein nicht im Anspruch erwähnter Verfahrensschritt zur Eignung zum therapeutischen Gebrauch führen und außerdem ein vom Klagepatent gelehrter Vorteil des patentgemäßen Verfahrens verfehlt würde, kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Das Klagepatent lehrt nach dem Wortlaut seines Anspruchs 1 nicht, dass die Durchführung einer Ultrafiltration außerhalb der patentgemäßen technischen Lehre liege. Ein Verfahren, das die Ultrafiltration zusätzlich zu den im Anspruchswortlaut gelehrten Verfahrensschritten vorsieht, ist vom Wortlaut auch umfasst. Zwar ist den Beklagten zuzugeben, dass es das Klagepatent bei der Würdigung des Standes der Technik als Vorteil schildert (Abschnitt [0007]), wenn eine Ultrafiltration nicht erforderlich ist. Auch formuliert es das Klagepatent als Vorteil der offenbarten technischen Lehre (Abschnitt [0013]), dass ein Verfahren zur Verfügung gestellt wird, das eine weitere, das Verfahren komplizierende Behandlung wie die Ultrafiltration überflüssig macht. Indes findet der Verzicht auf die Ultrafiltration im Anspruchswortlaut keinen Niederschlag. Bei der Auslegung des Patentanspruchs kann die Patentbeschreibung deshalb nicht in der Weise berücksichtigt werden, dass ein bestimmter Gegenstand des Patents allein aus der Beschreibung und nicht aus dem Patentanspruch abgeleitet wird (BGH GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube). Wenn der Patentanspruch eine allgemeine Lehre enthält, wird der Schutzbereich des Patents nicht dadurch eingeschränkt, dass dem Fachmann aus der Beschreibung eine besondere Gestaltung offenbart wird (BGH GRUR 1985, 967 – Zuckerzentrifuge). Andernfalls würde der Patentanspruch in unstatthafter Weise in Form einer sachlichen Einschränkung „unter seinen Wortlaut“ ausgelegt (BGH GRUR 2004, 1023, 1025 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung).

b)

Die angegriffene Ausführungsform beruht demnach auf einem Verfahren, das von der in Merkmal 4. offenbarten technischen Lehre Gebrauch macht. Die angegriffene Ausführungsform enthält, wie oben dargelegt, den von-Willebrand-Faktor nur zu einem so geringen Anteil, dass sie in der Therapie der Hämophilie einsetzbar ist. Dass die angegriffene Ausführungsform einer Ultrafiltration unterzogen wird, führt nicht aus dem Schutzbereich heraus. Wie oben ausgeführt, erwähnt es das Klagepatent als erheblichen Vorteil des patentgemäßen Verfahrens, dass eine Ultrafiltration nicht durchgeführt werden muss, schreibt aber nicht vor, dass auf diesen Vorteil nicht verzichtet werden darf, dass also die dennoch ausgeführte Ultrafiltration der patentgemäßen Lehre widerspräche.

4.

Auch Merkmal 6.2 des Klagepatents wird durch das Verfahren, das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform Anwendung findet, verwirklicht.

a)

Dem Wortlaut des Patentanspruchs nach wird nach der erfindungsgemäßen Lehre das bei niedriger Temperatur Gefällte in einer einzigen Trennung durch Chromatographie auf einem Austauscherharz unterworfen.

Diesem Wortlaut entnimmt der Fachmann, dass Ausgangspunkt für einen weiteren Verfahrensschritt die bei niedriger Temperatur ausgefällte Plasmafraktion ist, die aus den zu isolierenden Proteinen (Fibrinogen, Fibronectin, von-Willebrand-Faktor und Faktor VIII) besteht. Insoweit zieht der Fachmann für das Verständnis von Merkmal 6.2 auch die in anderen Merkmalen enthaltenen technischen Lehren nach dem Anspruchswortlaut mit in Betracht, namentlich Merkmal 5., welches das in Merkmal 6.2 erwähnte „bei niedriger Temperatur Gefällte“ in der wiedergegebenen Weise definiert. Bei der Auslegung des Patentanspruchs wird der Fachmann stets den gesamten Anspruch in den Blick nehmen und nicht einzelne Merkmale isoliert betrachten (BGH GRUR 2004, 845, 846 – Drehzahlermittlung). Ferner entnimmt der Fachmann dem Anspruchswortlaut die technische Lehre, dass diese chromatographische Trennung geschieht, nachdem die bei niedriger Temperatur ausgefällte Plasmafraktion gemäß Merkmal 5. wieder in wässrige Lösung gebracht wurde.

Im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „einzige“ versteht der Fachmann den Anspruchswortlaut in der Weise, dass sich dieser Begriff als Attribut auf den Satzbestandteil „Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz“ bezieht. Die Beschränkung auf einen einzigen Verfahrensschritt ist nach dem Anspruchswortlaut daher keine Aussage, die über den gesamten Verfahrensprozess getroffen wird, sondern es wird lediglich die Anzahl der Verfahrensschritte durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz auf einen einzigen solchen Verfahrensschritt beschränkt. Darüber, ob weitere, nicht zur Chromatographie gehörende Verfahrensschritte durchgeführt werden dürfen, ohne dass dies der patentgemäßen Lehre widerspräche, enthält der Anspruchswortlaut keine Angaben. Der Fachmann versteht diesen Wortlaut daher als offen formuliert in dem Sinne, dass die Ausführung weiterer Verfahrensschritte nicht außerhalb des Schutzbereichs des Klagepatents liegt.

Hierin fügen sich auch die Erörterungen nach der allgemeinen Erfindungsbeschreibung ein. Schon in der Darstellung des nach dem patentgemäßen Verfahren erreichten Vorteils (Abschnitt 0013]) ist die für den Fachmann erkennbare Erläuterung enthalten, dass die gesuchten, in der Plasmafraktion enthaltenen Proteine auf einer einzigen chromatographischen Kolonne getrennt werden können. Demnach ist es der Verfahrensschritt der Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz (in einer Kolonne, also in einem säulenartigen Behältnis), der die Trennung der Proteine voneinander bewirkt. Die Trennung der Proteine soll mithin allein durch Chromatographie erzielt werden, so dass die Protein-Konzentrate in der gewünschten Reinheit aus dem Verfahren gewonnen werden können. Dies entnimmt der Fachmann auch der weiteren allgemeinen Beschreibung, in der erläutert wird (Abschnitt 0021]), welches konkrete Austauscherharz dazu geeignet ist, die den Faktor VIII enthaltende Plasmafraktion so zu verarbeiten, dass ein Konzentrat von Faktor VIII mit sehr hoher Reinheit und einer Qualität, die mit der eines Konzentrats von Plasma gleicher Blutgruppe vergleichbar ist, erzielt werden kann. Auch ist der Beschreibung an dieser Stelle zu entnehmen, dass in demselben chromatographischen Verfahrensschritt auch die drei weiteren in der Plasmafraktion enthaltenen Proteine als Konzentrat gewonnen werden können, was wiederum die technische Lehre einer einzigen chromatographischen Trennung zum Ausdruck bringt.

Ferner wird der Fachmann in diesem Verständnis wiederum durch die Erläuterung des vorzugswürdigen Herstellungsbeispiels 2 (Abschnitt 0045]) gestützt. Dort wird beschrieben, dass die Lösung von Faktor VIII bereits genügend rein und konzentriert ist, nachdem sie durch ein chromatographisches Verfahren gewonnen wurde, welches gemäß dem Verfahrensbeispiel 1 (Abschnitt 0037]) eine einzige Chromatographie auf einer Kolonne mit dem M vorsieht. Nach diesem als vorzugswürdiges Ausführungsbeispiel beschriebenen und jedenfalls patentgemäßen Verfahren reicht ein einziger chromatographischer Verfahrensschritt zur Trennung aus, um Reinheit und Konzentration in ausreichendem Maße zu erreichen. Diese Parameter hängen somit von der Durchführung der Chromatographie ab, nicht von anderen Verfahrensschritten.

Hinsichtlich der Durchführung einer Ultrafiltration enthält die Patentbeschreibung keine Aussage des Inhalts, dass deren Durchführung für das Ziel des Verfahrens, nämlich eine spezifische Aktivität von 100 I.E./mg zu erreichen, von Bedeutung ist. Dieses Ziel kann nach dem patentgemäßen Verfahren auch ohne die Durchführung einer Ultrafiltration erreicht werden. Umgekehrt lehrt das Klagepatent nicht, dass die Erreichung des Ziels durch die Ausführung der Ultrafiltration zwangsläufig vereitelt wird und ein Verfahren, das auch eine Ultrafiltration umfasst, nicht der technischen Lehre des Klagepatents entspricht. Das Klagepatent enthält lediglich gleichsam als Warnung den Hinweis darauf, dass (Abschnitt 0007]) die Ultrafiltration sich schädigend auf die spezifische Aktivität des Konzentrats auswirken kann. Dem ist aber nicht zu entnehmen, dass ein Konzentrat mit der spezifischen Aktivität von (wenigstens) 100 I.E./mg nicht auch nach Ausführung der Ultrafiltration erreicht werden kann. Sofern der Fachmann aus anderen Gründen als demjenigen, ein Konzentrat von ausreichender spezifischer Aktivität zu erlangen, eine Ultrafiltration vornehmen will, etwa um das schon erhaltene Konzentrat von Inhaltsstoffen zu befreien, die dem Einsatz als Medikament entgegen stehen, wird er sich an der Ultrafiltration nicht durch die technische Lehre des Klagepatents gehindert sehen.

Auch die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Fachmann die Lehre des Klagepatents in dieser Weise versteht. Die Sachverständige PAin I hat in der mündlichen Erläuterung ihres Gutachtens schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt (Bl. 477f. GA), dass und aufgrund welcher Überlegungen bei Berücksichtigung der Darstellung in Abschnitt [0026] der Fachmann der Patentbeschreibung entnimmt, eine Ultrafiltration sei bei Durchführung des patentgemäßen Verfahrens dann nicht notwendig, wenn bei der Elution der Proteine von der Chromatographie-Säule die Ionen-Stärke der Pufferlösung durch Zugabe von Natriumchlorid erhöht wird. Das erfindungsgemäß eingesetzte Harz erlaube insoweit die Verwendung von Natriumchlorid, schreibe sie aber nicht vor und schließe insbesondere die Verwendung anderer Salze für die Disorption nicht aus. Dem Fachmann sei aber bekannt, dass bei Verwendung eines anderen Salzes eine Ultrafiltration notwendig ist. Daher verstehe der Fachmann die Anweisung zum technischen Handeln gemäß dem Klagepatent dahin, dass bei der Verwendung eines anderen Puffers die Durchführung der Ultrafiltration patentgemäß sei.

b)

Demnach lässt sich feststellen, dass das für die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform eingesetzte Verfahren Merkmal 6.2 verwirklicht. Unstreitig umfasst das angegriffene Verfahren nur einen einzigen Verfahrensschritt der Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz. Ebenso unstreitig erreicht das so gewonnene Konzentrat eine spezifische Aktivität von mehr als 100 I.E./mg, auch nachdem es einer Ultrafiltration unterworfen wurde.

5.

Im Hinblick darauf, dass gemäß obigen Ausführungen das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform angewandte Herstellungsverfahren Merkmal 1. verwirklicht, lässt sich ebenso feststellen, dass dieses Verfahren auch Merkmal 6.3 verwirklicht.

Gemäß seinem Wortlaut lehrt der Patentanspruch nach Merkmal 6.3, dass durch aufeinanderfolgende Erhöhung der Ionenstärke des Elutionspuffers selektiv die verschiedenen Proteine gewonnen werden. Der Fachmann, der auch für das Verständnis dieses Merkmals den gesamten Anspruchswortlaut mit allen Merkmalen in den Blick nimmt, erkennt, dass „die verschiedenen Proteine“ diejenigen sind, die gemäß Merkmal 5.2 in der als Ausgangsmaterial dienenden, durch Ausfällung bei niedriger Temperatur gewonnenen Plasmafraktion enthalten sind, mithin Fibrinogen, Fibronectin, von-Willebrand-Faktor und Faktor VIII. Weiter erkennt der Fachmann, dass diese Proteine nach Durchführung der Chromatographie selektiv gewonnen werden, also jedes einzelne Protein für sich, indem nämlich die Ionenstärke des Elutionspuffers erhöht wird. Auf diese Weise wird jedes der vier Proteine in der nach dem Klagepatent geforderten Reinheit und Konzentration gewonnen.

Wie oben ausgeführt, enthält der Anspruchswortlaut keine Angaben dazu, wie die hinreichende Reinheit und Konzentration zu bemessen ist, so dass der Fachmann für das Verständnis der technischen Lehre darauf angewiesen ist, die Patentbeschreibung heranzuziehen. Aus dieser erfährt er (Abschnitt [0024]), dass das Faktor-VIII-Konzentrat in Gegenwart von geringen Mengen des von-Willebrand-Faktors eluiert und sodann ohne weitere (Reinheit und/oder Konzentration beeinflussende) Verfahrensschritte gefriergetrocknet werden kann. Ferner entnimmt der Fachmann der Erläuterung eines vorzugswürdigen Ausführungsbeispiels (Abschnitt [0047]), dass nach einem vorzugswürdigen, mithin jedenfalls patentgemäßen Verfahren ein Faktor-VIII-Konzentrat gewonnen wird, welches auch einen nicht unerheblichen Anteil des von-Willebrand-Faktors aufweist. Somit wird ein Faktor-VIII-Konzentrat gemäß Merkmal 6.3 auch dann in patentgemäß hinreichender Reinheit und Konzentration gewonnen, wenn es über einen gewissen Anteil des von-Willebrand-Faktors verfügt. Auch die Sachverständige gelangt in ihrem schriftlichen Gutachten vom 28.08.2008 (Seite 35ff. = Bl. 387ff. GA) zu dem von der Kammer geteilten Ergebnis, dass das Klagepatent – zumal im Hinblick auf die genannten Beschreibungsstellen – lehrt, Faktor VIII liege in hinreichend reiner Form vor, wenn zugleich nur geringe Mengen des von-Willebrand-Faktors vorhanden sind.

Aus diesen Gründen greift der Einwand der Beklagten nicht durch, erfindungsgemäß müsse aus dem nach dem Klagepatent gelehrten Verfahren der Faktor VIII ohne über das Maß an üblichen Verunreinigungen hinausgehende Anteile des von-Willebrand-Faktors gewonnen werden können.

Demnach verwirklicht das angegriffene Verfahren Merkmal 6.3: Es ist unstreitig, dass der von-Willebrand-Faktor in der angegriffenen Ausführungsform in aus Sicht des Fachmanns nur geringen Mengen vorhanden ist, und dass ferner die weiteren Proteine durch das angegriffene Verfahren gewonnen werden können.

IV.

Aus den obigen Ausführungen folgt ebenso, dass sich eine Verwirklichung sämtlicher Merkmale des Anspruchs 12. in seiner aufrecht erhaltenen Fassung feststellen lässt. Zwischen den Parteien steht, entsprechend dem wechselseitigen Vorbringen zu Anspruch 1., zu Recht lediglich in Streit, ob durch die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 1. und 2. verwirklicht werden. Die Beklagten stellen nicht in Abrede, dass die spezifische Aktivität an Proteinen bei der angegriffenen Ausführungsform wenigstens 100 I.E. pro mg beträgt (Merkmal 3.), und dass die angegriffene Ausführungsform von einer Qualität vergleichbar mit der eines Konzentrats gleicher Blutgruppe ist (Merkmal 4.)

Die Verwirklichung dieser streitigen Merkmale folgt gemäß obigen Ausführungen daraus, dass Anspruch 12. des Klagepatents als product-by-process-Anspruch formuliert ist, sein Schutzbereich als Sachanspruch sich mithin auf alle Erzeugnisse erstreckt, welche die Produkteigenschaften besitzen, die das anspruchsgemäße Herstellungsverfahren dem Erzeugnis verleiht. Der Schutzbereich des als product-by-process-Anspruch formulierten Sachanspruchs wird insoweit beispielhaft durch die Beschreibung des Verfahrens erläutert, welches zu dem geschützten Erzeugnis führt. Geschützt ist freilich unabhängig von dem Verfahren jedes Erzeugnis, dass die entsprechenden Produkteigenschaften besitzt. Wie oben unter III. ausgeführt, handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform gemäß der technischen Lehre des Klagepatents um ein Konzentrat von Faktor VIII, unbeschadet dessen, dass der Faktor VIII in der angegriffenen Ausführungsform in Anwesenheit geringer Mengen des von-Willebrand-Faktors vorliegt (Merkmal 1.). Ferner wird, wie ebenfalls oben unter III. ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform in einem Verfahren gewonnen, wie es durch Anspruch 1. des Klagepatents offenbart wird (Merkmal 2.)

V.

Es lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagten rechtmäßig handeln, indem sie von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen.

1.

Soweit die Beklagten ein Vorbenutzungsrecht gemäß § 12 PatG einwenden, lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte zu 2) im Prioritätszeitpunkt am 07.06.1988 die patentgemäße Erfindung in Besitz genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte.

Indem sich die Beklagten darauf berufen, die Beklagte zu 2) habe schon im Juli und August 1988 das Präparat „N“ an die Universität Bonn und das Unternehmen O in Münster geliefert, ist nicht – Merkmal für Merkmal – dargetan, dass das zur Herstellung dieses Präparats ausgeführte Verfahren sämtliche Merkmale des Anspruchs 1. und das Präparat selber sämtliche Merkmale des Anspruchs 12. verwirklicht. Die Beklagten beschränken ihren Vortrag insoweit darauf, dass zur Herstellung des Präparats „N“ eine „gelchromatographische Reinigung von Faktor VIII mit P“ durchgeführt worden sei. Hierdurch ist nur dargetan, dass das Verfahren zur Herstellung von „N“ einen chromatographischen Verfahrensschritt unter Anwendung eines Anionenaustauscherharzes (nämlich P, welches auch im Klagepatent (Abschnitt [0019] als geeignetes Harz Erwähnung findet) gemäß Merkmal 6.2 des Anspruchs 1. umfasst . Nicht dargetan ist, ob dieser Verfahrensschritt zur Trennung nach der Lehre des Klagepatents dient, oder ob mit der behaupteten „Reinigung“ des Faktor VIII ein hiervon zu unterscheidender Verfahrensschritt ausgeführt wird. Ebenso wenig ist dargetan, dass dieser Verfahrensschritt – vorausgesetzt, er diente zur patentgemäßen Trennung der Plasmaproteine – der einzige chromatographische Verfahrensschritt gemäß Merkmal 6.2 ist, oder ob weitere chromatographische Trennungen vorgenommen werden. Zu den übrigen Merkmalen der Ansprüche 1. und 12. schließlich – etwa zur spezifischen Aktivität des Konzentrats, welche gemäß Merkmal 3. des Anspruchs 12. wenigstens 100 I.E./mg betragen muss – bringen die Beklagten nichts vor.

Mit der pauschalen Bezugnahme auf die als Anlage zur Gerichtsakte gereichten arzneimittelrechtlichen Anzeigen zum Präparat „N“ (Anlagen B 40 (1) und B 40 (2)) genügen die Beklagten der ihnen obliegenden Darlegungslast ebenfalls nicht. Diese Anzeigen, die nur Angaben zu den arzneimittelrechtlich bedeutsamen Parametern der Zusammensetzung und eine skizzenhafte Darstellung des Herstellungsprozesses enthalten, lassen den exakten Ablauf des Herstellungsverfahrens nicht erkennen. Die in beiden Anzeigen enthaltene Anlage 1 belegt wiederum nur die Durchführung einer „gelchromatographischen Reinigung von Faktor VIII mit P“, nicht aber die Einhaltung der übrigen vom Klagepatent gelehrten Verfahrensweise. Überdies lässt diese Anlage erkennen, dass Ausgangssubstanz für die Chromatographie offenbar eine Proteinfraktion ist, welche durch Extraktion mit einer Ethanollösung, welche wiederum Heparin enthält, gewonnen wurde. Dies lässt sich nicht mit der Vorgabe gemäß Merkmal 5. des Anspruchs 1. vereinbaren, wonach Ausgangsmaterial lediglich die bei niedriger Temperatur ausgefällte Plasmafraktion sein soll. Im Übrigen enthalten die arzneimittelrechtlichen Anzeigen keine Angaben zur spezifischen Aktivität des Präparats. Die Anzeigen enthalten nur Angaben zu den absoluten Mengen in I.E., nicht aber zur spezifischen Aktivität in I.E./mg.

Auch das Vorbringen der Beklagten, zu welchem Zeitpunkt sie die Veranstaltungen für die Benutzung der klagepatentgemäßen Nutzung getroffen haben will, ist nicht hinreichend konkret. Indem die Beklagten Lieferzeiten für die zur Durchführung des patentgemäßen Verfahrens notwendigen Apparaturen und Materialien nennen, legen sie nicht in nachvollziehbarer Weise dar, wann sie konkret die Veranstaltungen zur Benutzung der Erfindung aufgenommen haben wollen. Der genannten Zeitpunkt „mindestens im Mai 1988“ lässt sich dem jedenfalls nicht entnehmen, ebenso wenig ein anderer Zeitpunkt vor dem Prioritätstag 07.06.1988.

Im übrigen haben die Beklagten ihr tatsächliches Vorbringen zu einem angeblichen Vorbenutzungsrecht, welches die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.11.2008 (Bl. 460ff. GA) wirksam bestritten hat, nicht unter Beweis gestellt.

Es kann daher dahinstehen, ob sich aus einem – vorliegend nicht feststellbaren – Vorbenutzungsrecht der Beklagten zu 2) ein Vorbenutzungsrecht der Beklagten zu 1) und 3) ergeben könnte. Umstände dafür, dass ein von der Beklagten zu 2) angeblich erworbenes Vorbenutzungsrecht auch die Beklagten zu 1) und 3) zur Nutzung der technischen Lehre des Klagepatents berechtigten könnte, sind nicht dargetan. Es erscheint daher zweifelhaft, ob die Beklagten zu 1) und 3) sich auf ein Vorbenutzungsrecht, wenn es denn bestünde, überhaupt berufen könnten.

2.

Die Beklagten können sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, ihnen sei durch die zwischen der Klägerin, handelnd unter der Bezeichnung A, und den Beklagten zu 1) und 2) am 16.01.1989 abgeschlossene Vereinbarung (Anlage l 15, in deutscher Übersetzung als Anlage L 15a) eine kostenlose Lizenz am Klagepatent eingeräumt worden.

Zum einen haben die Beklagten nicht hinreichend dargelegt, dass mit dieser Vereinbarung gerade eine Lizenz für das patentgemäße Verfahren eingeräumt wurde. Sofern die Beklagten sich darauf berufen, die in Ziffer 2. dieser Vereinbarung lizenzierte „C-Technologie“ entspreche deshalb derjenigen nach dem Klagepatent, weil diese Technologie ausweislich der Vereinbarung Gegenstand der französischen Patentanmeldung FR 88.07XXX gewesen sei, also der Prioritätsanmeldung zum Klagepatent, ist dies nicht mit dem Vorbringen der Beklagten in Einklang zu bringen, das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform ausgeführte Verfahren mache von der Lehre des Klagepatents gar keinen Gebrauch. Wenn dieses Verfahren, für das sich die Beklagten auf eine Lizenz gemäß der Vereinbarung vom 16.01.1989 berufen, nicht klagepatentgemäß ist, dann erstreckt sich die erteilte Lizenz nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten auch nicht auf das Klagepatent, weil dann die französische Patentanmeldung Nr. 88.07XXX, die als Prioritätsanmeldung dieselbe technische Lehre wie das Klagepatent beinhalten muss, nicht das angegriffene Verfahren lehren kann. Ist aber das angewandte Verfahren klagepatentgemäß, ist nicht nachzuvollziehen, warum sich die Beklagten hieran eine Lizenz einräumen lassen und damit eine Schutzrechtsinhaberschaft der Klägerin anerkennen wollten, wenn sie doch für dieses Verfahren zugleich eine Vorbenutzung und mithin vorhergehenden Erfindungsbesitz geltend machen.

Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass den Beklagten durch die Vereinbarung vom 16.01.1989 eine Lizenz zur beliebigen Nutzung des Klagepatents eingeräumt wurde. Aus dem Wortlaut der Vereinbarung ergibt sich, dass die Klägerin lediglich eine Lizenz für den Verkauf der von den „Unternehmen Q, R und S hergestellten Produkte“ erteilte. Die Beklagten bringen selber vor, dass es sich bei den so bezeichneten Fertigungsstätten um Lohnfertiger handelte, und dass die angegriffene Ausführungsform nicht bei diesen hergestellt wird. Damit hat die Klägerin den Beklagten das Anbieten und Inverkehrbringen der angegriffenen Ausführungsform nicht gestattet. Dem Argument der Beklagten, als „Minus“ sei auch die Gestattung des Vertriebs von Produkten aus eigenen oder zukünftigen anderen Produktionsstätten enthalten, ist nicht zu folgen. Wenn sich die Beklagten darauf eingelassen haben, die Lizenz auf Produkte zu beschränken, welche aus den – nach dem Vorbringen der Beklagten – zum damaligen Zeitpunkt einzigen Produktionsstätten stammte, ist kein Grund dafür dargetan oder ersichtlich, dass diese Beschränkung im Ergebnis wirkungslos sein und die Lizenz für alle in irgend einer Weise produzierten Präparate gelten sollte. Das wäre kein „Minus“, sondern eine weitergehende Lizenz, deren Erteilung nicht dargetan ist.

VI.

Die Rechtsfolgen der Patentverletzung treffen auch die Beklagte zu 3), die neben den Beklagten zu 1) und 2) passiv legitimiert ist. Dem klägerischen Vorbringen, dass die Beklagte zu 3) die angegriffene Ausführungsform zu einem erheblichen Anteil herstellt in dem Wissen, dass diese Produkte nach Deutschland eingeführt werden, sind die Beklagten nicht entgegen getreten. Als Herstellerin der angegriffenen Ausführungsform haftet die Beklagte zu 3) als Mittäterin im Sinne des § 840 BGB, da sie wissentlich und willentlich den inländischen Vertrieb, also das Anbieten und Inverkehrbringen im Geltungsbereich des deutschen Teils des Klagepatents, mitverursacht hat (BGH GRUR 2002, 599 – Funkuhr; LG Düsseldorf InstGE 1, 154).

Da somit alle Beklagten das Klagepatent widerrechtlich benutzt haben, sind sie der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet. Die Beklagten trifft dabei ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Bei Anwendung der von ihnen im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt hätten sie die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können. Für die Zeit nach Patenterteilung schulden die Beklagten als Gesamtschuldner deshalb Ersatz desjenigen Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG, § 840 BGB. Für die Zeit zwischen der Veröffentlichung der in die deutsche Sprache übersetzten Ansprüche der europäischen Anmeldung und der Erteilung des Klagepatents, also für den Zeitraum vom 27. September 1990 bis zum 25. Mai 1995, schulden die Beklagten die Zahlung einer angemessenen Entschädigung gemäß Art. II § 1 Abs. 1 und 2 IntPatÜG. Die genaue Höhe der Schadensersatz- und Entschädigungszahlung lässt sich für die Klägerin derzeit noch nicht beziffern, weil sie ohne ihr Verschulden keine Kenntnis vom Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen der Beklagten hat. Die Klägerin hat damit ein anerkennenswertes rechtliches Interesse daran, dass die Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, die ihr zustehende Entschädigung und den ihr zustehenden Schadensersatz zutreffend beziffern zu können, haben die Beklagten im zuerkannten Umfang Rechnung über ihre Benutzungshandlungen zu legen gemäß § 140b PatG, §§ 242, 259 BGB. Hinsichtlich der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger ist den Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger; Kühnen/Geschke, Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Aufl., Rn. 437).

Die Klägerin kann von den Beklagten auch den Rückruf der patentverletzenden Gegenstände im zuerkannten Umfang gemäß § 140a Abs. 3 PatG verlangen. Die Beklagte kann sich nicht gemäß § 140a Abs. 4 darauf berufen, der Rückruf patentverletzender Erzeugnisse wäre unverhältnismäßig im Hinblick auf die Interessen von Patienten, die mit der angegriffenen Ausführungsform behandelt werden. Die Beklagten haben zwar vorgebracht (allerdings im Hinblick auf den hilfsweise gestellten Antrag auf Abwendung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung), solche Patienten seien auf die Behandlung mit der angegriffenen Ausführungsform angewiesen und könnten nicht, jedenfalls nicht kurz- oder mittelfristig, auf ähnliche Produkte umgestellt werden. Dieses Vorbringen ist jedoch bereits nicht hinreichend konkret, da die Beklagten nicht aufzeigen, aus welchen Gründen genau dies nicht möglich sein soll, insbesondere weshalb ein Wechsel auf vorhandene Alternativprodukte ausgeschlossen sein soll. Diese Darlegung wäre aber Voraussetzung dafür, diese Interessen Dritter mit den Interessen der Klägerin sachgerecht abwägen zu können. Überdies haben die Beklagten auf das Bestreiten der Klägerin hin ihren Vortrag nicht unter Beweis gestellt, so dass sie der Beweislast nicht genügt haben, die ihnen für die Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch als Einrede gegenüber dem Rückrufanspruch obliegt (Kühnen/Schulte, PatG, 8. Aufl., § 140a Rn. 16 allgemein zu § 140a; zur Einrede der Unverhältnismäßigkeit gegen den Vernichtungsanspruch vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 7, 139 – Thermocycler).

Abzuweisen war die Klage nur insoweit, als die Klägerin Rechnungslegung und Feststellung für die Zeit zwischen Anmeldung des Klagepatents und Veröffentlichung der übersetzten Ansprüche geltend machte, mithin für den Zeitraum vom 21. April 1990 bis zum 27. September 1990. Dies folgt aus der Regelung des Art. 2 § 1 Abs. 2 IntPatÜG, welche Entschädigungsansprüche aus der europäischen Patentanmeldung erst ab dem Tage der Veröffentlichung der deutschen Übersetzung Patentsprüche gewährt.

VII.

Eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage kommt bei Ausübung des insoweit eröffneten Ermessens (Kühnen/Geschke, a.a.O., Rn. 611) nicht in Betracht. Dies setzt voraus, dass es in hohem Maße wahrscheinlich erscheint, dass das Klagepatent auf die Nichtigkeitsklage hin vernichtet wird (BGH GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug). Ein solches hohes Maß an Wahrscheinlichkeit lässt sich nicht feststellen.

Gegen die Annahme einer so hohen Wahrscheinlichkeit spricht bereits, dass das Bundespatentgericht als technisch sachkundig besetztes Gericht unter Mitwirkung einschlägig ausgebildeter Naturwissenschaftler zu dem Ergebnis gelangt ist, das Klagepatent sei in eingeschränkter Form schutzfähig und die Nichtigkeitsklage im Übrigen abzuweisen.

Auch hat die Beklagte zu 1), ausweislich ihrer zur Gerichtsakte gereichten Berufungsbegründung vom 04.09.2007 (Anlage B 32), neue Entgegenhaltungen nur zu der Frage der Neuheit der Gefriertrocknung eines Faktor-VIII-Präparats geltend gemacht. Diese Entgegenhaltungen (in der Berufungsbegründung der Beklagten als Anlagen Jo 1 bis Jo 7 bezeichnet) sind nicht zur hiesigen Gerichtsakte gereicht worden, auch haben die Beklagten den Offenbarungsgehalt dieser Entgegenhaltungen nicht erläutert. Es lässt sich damit nicht, auch nicht in summarischer Weise überprüfen, ob aufgrund dieser Entgegenhaltungen davon auszugehen ist, dass auch unter Aufnahme des entsprechenden Merkmals 7. in Anspruch 1 die patentgemäße neuheitsschädlich vorweggenommen ist. Im übrigen hat die Klägerin ihrerseits das Urteil des Bundespatentgerichts vom 09.11.2006 (Anlage L 39) angegriffen und dabei ausweislich ihres Schriftsatzes vom 08.10.2007 (Anlage B 37) geltend gemacht, die Erfindung sei auch ohne dieses Merkmal neu, da das Bundespatentgericht den Offenbarungsgehalt der im Nichtigkeitsverfahren eingeführten Entgegenhaltung K 6 (in Anlagenkonvolut B 13) falsch beurteilt habe. Ob die Klägerin mit diesem Angriff auf das erstinstanzliche Nichtigkeitsurteil Erfolg haben wird und deshalb die von der Beklagten zu 1) neu eingeführten Entgegenhaltungen zum neuen Merkmal 7. im Ergebnis ohne Bedeutung sind, lässt sich nicht derart sicher prognostizieren, dass ein Obsiegen der Beklagten in der Berufungsinstanz mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre.

VIII.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Klägerin ist mit ihren klageweise geltend gemachten Ansprüchen nur zu einem sehr geringfügigen Teil unterlegen. Die Zuvielforderung hat keinen Gebührensprung und damit keine höheren Kosten verursacht.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 108 ZPO. Dem Hilfsantrag der Beklagten, gemäß § 712 ZPO die Abwendung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung zu gestatten, war nicht zu entsprechen. Die Beklagten haben – wie bereits oben unter VI. ausgeführt – ihr Vorbringen hierzu, bestimmte Patienten seien auf die Behandlung mit der angegriffenen Ausführungsform angewiesen, nicht hinreichend konkretisiert und trotz des Bestreitens der Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Hinzu kommt, dass die Schutzdauer des Klagepatents am 08.02.2009 endet, und damit Patienten in naher Zukunft bereits (wieder) mit der angegriffenen Ausführungsform versorgt werden können.