4b O 242/07 – Anti-Asthmatikum

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1123

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 5. März 2009, Az. 4b O 242/07

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland

Mittel, enthaltend Salmeterol und/oder ein physiologisch verträgliches Salz davon und Fluticasonpropionat zur gleichzeitigen Verabreichung durch Inhalieren bei der Behandlung respiratorischer Erkrankungen

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu einem Drittel und der Beklagten zu zwei Dritteln auferlegt.

IV. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000.000,00 EUR, für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

V. Der Streitwert wird auf 15.000.000,00 EUR festgesetzt, nämlich für den Unterlassungsantrag (Klageantrag zu I.1.) auf 10.000.000,00 EUR, für die Anträge auf Auskunft und Rechnungslegung (Klageantrag zu I.2.) sowie auf Vernichtung (Klageantrag zu I.3.) auf jeweils 800.000,00 EUR und für den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht (Klageantrag zu II.) auf 3.400.000,00 EUR.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist Inhaberin des europäischen Patents EP 0 416 XXX (Anlage K 1, im Folgenden: Klagepatent). Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 08.09.1989 am 07.09.1990 angemeldet; seine Erteilung wurde am 12.01.1994 veröffentlicht. Es betrifft Medikamente, die Salmeterol und Fluticason enthalten, und steht auch in Deutschland in Kraft. Eine deutschsprachige Übersetzung wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 690 05 XXX (Anlage K 2) geführt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 15.01.2009 (Anlagenkonvolut B 5) Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhoben.

Anspruch 1. des Klagepatents lautet:

„1. Mittel enthaltend Salmeterol und/oder ein physiologisch verträgliches Salz davon und Fluticasonpropionat bei der Herstellung von Arzneimitteln zur gleichzeitigen Verabreichung durch Inhalieren bei der Behandlung respiratorischer Krankheiten.“

Mit Anwaltsschreiben vom 28.06.2007 (Anlage K 5, deutsche Übersetzung Anlage K 5a), welches den Vermerk „without prejudice“ – zu deutsch: „ohne Präjudizwirkung“ – trug, wandte sich die Beklagte, die als Generika-Herstellerin am Markt auftritt, an den anwaltlichen Vertreter der Klägerin in Großbritannien. In dem Schreiben hieß es:

„We are writing to you as representatives of your client A Ltd (A) [sc: die Klägerin] on behalf of our client B Limited [sc.: die Beklagte]. […]
B Ltd is intending to market in Germany next year a salmeterol/fluticasone combination product with selected national distributors.
We are aware of your client’s patent EP 0 415 XXX [sc.: das Klagepatent]. We and our client have formed the view that this patent is clearly invalid and that a German court would come to the same view as the UK court on your client’s corresponding UK patent 2 235 XXX (Judgement 19 March 2004). Accordingly, we and our client expect that the German patent will also be revoked.
However, notwithstanding our conclusions on the validity of the patent, our client has no wish to launch its product without first bringing its plans to your client’s attention. Whilst we will not hesitate to seek revocation of the patent prior to launch of our product in Germany if necessary, our client does not wish to embark upon the confrontational path of revocation if there is an alternative commercial solution acceptable to both parties.
We are writing, therefore, in good faith and on this without prejudice basis, to seek your views on the possibility of reaching a mutually acceptable commercial arrangement in relation to the marketing of the product in Germany. As you know, this is something the German courts will expect our respective clients to attempt in any event. Our client has recent experience of the German courts procedures through its successful actions.
For example, B may be prepared to consider entering into a licence arrangement under the Patent or agreeing not to commence a revocation action in return for your agreement not so initiate infringement proceedings. These are two options from a variety of possible commercial solutions which may be appropriate in this case.
You will appreciate that this is a matter of considerable importance to B and, as such, we look forward to hearing from you at your earliest convenience so that discussions between the parties can begin.”

Zu deutsch:

„Wir schreiben Ihnen als Vertreter Ihres Mandanten A Ltd. (A) [sc.: die Klägerin] im Namen unseres Mandanten B Limited [sc.: die Beklagte]. […]
B Limited beabsichtigt, im nächsten Jahr ein Salmeterol/Fluticason-Kombinationsprodukt durch ausgewählte inländische Vertriebsunternehmen in Deutschland zu vertreiben.
Wir haben Kenntnis vom Patent EP 0 416 XXX Ihres Mandanten. Wir und unser Mandant sind zu der Auffassung gelangt, dass dieses Patent eindeutig nichtig ist, und dass ein deutsches Gericht zur gleichen Auffassung gelangen wird wie das englische Gericht hinsichtlich des entsprechenden englischen Patents 2 235 XXX Ihres Mandanten (Entscheidung vom 19.03.2004). Dementsprechend erwarten wir und unser Mandant, dass das deutsche Patent ebenfalls widerrufen wird.
Dennoch, ungeachtet unserer Schlussfolgerung hinsichtlich der Rechtsbeständigkeit des Patents, möchte unser Mandant sein Produkt nicht auf den Markt bringen, ohne seine Pläne zuvor Ihrem Mandanten zur Kenntnis zu bringen. Obwohl wir nicht zögern werden, um den Widerruf des Patentes nachzusuchen, bevor wir unser Produkt in Deutschland auf den Markt bringen, falls dies notwendig sein sollte, möchte unser Mandant den konfrontativen Weg eines Widerrufs nicht beschreiten, wenn es eine kommerzielle Alternativlösung gibt, die für beide Parteien akzeptabel ist.
Wir schreiben Ihnen daher im guten Willen und ohne Präjudizwirkung, um Ihre Meinung hinsichtlich der Möglichkeit einer gegenseitig akzeptablen geschäftlichen Vereinbarung über den Vertrieb des Produktes in Deutschland einzuholen. Wie Sie wissen, werden die deutschen Gerichte in jedem Fall von unseren Mandanten erwarten, dies zu versuchen. Unser Mandant hat durch seine erfolgreichen Klagen kürzlich Erfahrungen mit deutschen Gerichtsverfahren gesammelt.
B ist, beispielsweise, möglicherweise bereit, den Abschluss eines Lizenzvertrages für das Patent in Betracht zu ziehen oder sich zu verpflichten, kein Nichtigkeitsverfahren zu betreiben im Gegenzug für ihre Zustimmung, keine Verletzungsklage einzuleiten. Dies sind zwei Alternativen einer Reihe möglicher kommerzieller Lösungen, die in diesem Fall angemessen sein könnten. In einem „Geiste guten Willens“ wäre unser Mandant gerne bereit, sich mit Vertretern Ihres Mandanten zu treffen, um die oben genannten Vorschläge vertraulich und ohne Präjudizwirkungen zu diskutieren. […]
Sie werden verstehen, dass diese Angelegenheit von erheblicher Bedeutung von B ist und wir daher Ihrer Antwort schnellstmöglich entgegensehen, so dass die Diskussion zwischen den Parteien beginnen kann.“

Die Beklagte vertreibt bislang auf dem deutschen Markt kein Generikum oder sonstiges Arzneimittel, das von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht.

Die Klägerin ist der Auffassung, es bestehe Wiederholungsgefahr für eine Patentverletzung, da die Beklagte ausweislich ihres eigenen Schreibens vom 28.06.2007 (Anlage K 5) einen Markteintritt mit inländischen Vertriebsunternehmen angekündigt habe. Aufgrund dieses Schreibens bestehe jedenfalls eine Erstbegehungsgefahr für eine Verletzung des Klagepatents. Mit diesem Schreiben habe sich die Beklagte des Rechtes berühmt, patentverletzende Gegenstände im Inland in Verkehr zu bringen, indem sie ankündigte, diese Gegenstände in Kenntnis des Klagepatents in Verkehr zu bringen. Auch stehe zu befürchten, dass ein Produkt der Beklagten von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen werde. Schon aus dem Gesamtzusammenhang des Schreibens vom 28.06.2007 (Anlage K 5) ergebe sich, dass die Beklagte eine Kopie des Originalpräparats auf den Markt bringen wolle. Etwaige Modifikationen, die aus dem Schutzbereich des Klagepatents herausführen könnten, seien aus pharmakologischen Gründen nicht praktisch umsetzbar.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte wie zuerkannt zur Unterlassung zu verurteilen

und darüber hinaus

I. die Beklagte zu verurteilen,

2. der Klägerin unverzüglich schriftlich und vollständig Auskunft zu erteilen und darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 12. Januar 1994 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines gesonderten Verzeichnisses unter Beifügung der Belege, insbesondere unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten bzw. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, und -preisen unter Einschluss von Produktbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, und -preisen unter Einschluss von Produktbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs- und Vertriebskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den einzelnen unter I.1. näher bezeichneten Mitteln zugeordnet werden;

3. die in ihrem Besitz oder Eigentum in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen, unter I.1 bezeichneten Mittel zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I.1 bezeichneten und seit dem 12. Februar 1994 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

hilfsweise: der Beklagten gemäß § 142 ZPO aufzugeben, binnen zwei Wochen die folgenden Urkunden bzw. Abschriften hiervon vorzulegen:

a. Vereinbarungen und Vereinbarungsentwürfe mit ausgewählten deutschen Vertriebspartnern über die Vermarktung bzw. Belieferung mit einem generischen Salmeterol/Fluticasonpropionat-Kombinationspräparat und sonstige Korrespondenz (per Brief, Fax, E-Mail etc.), die auf den Absatz eines generischen Salmeterol/Fluticasonpropionat-Kombinationspräparats in Deutschland gerichtet ist;

b. Vereinbarung über die strategische Allianz mit F hinsichtlich der Vermarktung eines Salmeterol/Fluticasonpropionat-Kombinationsprodukts in Europa.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise: den Rechtsstreit auszusetzen bis das Bundespatentgericht über die von der Beklagten eingereichte Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des EP 0 416 XXX (DE 690 05 XXX) entschieden hat.

Die Beklagte ist der Auffassung, eine Erstbegehungsgefahr bestehe aufgrund ihres Anwaltsschreibens vom 28.06.2007 nicht. Dieses Schreiben sei nach britischem Recht zu beurteilen. Aufgrund dessen habe der Vermerk „without prejudice“ eine besondere Bedeutung, er privilegiere nämlich nach britischem Recht Äußerungen, die im Rahmen von Verhandlungen getätigt werden. Aus so gekennzeichneten Äußerungen könne aus Rechtsgründen keine Erstbegehungsgefahr für ein rechtswidriges Handeln folgen. Diese Rechtslage nach britischem Recht folge aus einem Urteil des High Court of Justice vom 10.11.2004 (Anlage B 1, deutsche Übersetzung Anlage B 2), dem ein paralleler Fall zugrunde gelegen habe. Aus dieser Entscheidung ergebe sich, dass nach britischem Recht Äußerungen, wie diejenigen im Schreiben vom 28.06.2007, bloße Verhandlungspositionen seien. Hinsichtlich einer solchen Äußerung dürfe die Beklagte darauf vertrauen, dass diese nicht in einem Gerichtsverfahren gegen sie verwendet wird.

Ferner ist die Beklagte der Auffassung, das Klagepatent werde sich nicht als rechtsbeständig erweisen, da es nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte den geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 PatG. Die weiteren geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Schadensersatzpflicht gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, §§ 139, 140a, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB stehen ihr hingegen nicht zu.

I.

Das Klagepatent betrifft Medikamente enthaltend Salmeterol und Fluticason. Es bezweckt die verbesserte Behandlung von Asthma und anderen respiratorischen Erkrankungen durch die kombinierte Verwendung eines bronchodilatorischen Arzneimittels mit einem steroiden antiinflammatorischen Arzneimittel. Asthma ist ein krankhafter Zustand gekennzeichnet durch eine schwankende und reversible Obstruktion der Luftwege, welche durch einen komplexen inflammatorischen Prozess hervorgerufen wird. Dementsprechend zeigt das Krankheitsbild zwei Komponenten: die Verkrampfung der Bronchialröhren einerseits und die Entzündung und/oder das Anschwellen der Bronchialröhren andererseits. Beide Komponenten sind behandlungsbedürftig.

Es ist bekannt, zur Behandlung der Verkrampfung der Bronchialröhren als bronchodilatorische Arzneimittel Stoffe aus der Gruppe der 2-Adrenozeptorstimulatoren (2-Sympathomimetika) einzusetzen. Am längsten bekannt ist insofern der Stoff Salbutamol, an dem sich allerdings seine nur vier- bis sechsstündige Wirkungsdauer als nachteilig erwiesen hat, was nämlich für die Behandlung mancher Patienten, insbesondere bei nächtlichem Asthma, zu kurz ist. Ferner ist aus der GB-A-2 140 XXX als Bronchodilator aus der Gruppe der 2-Adrenozeptorstimulatoren der Stoff Salmeterol (systematisch: 4-Hydroxy-1-[[[6-(4-phenylbutoxy)hexyl]amino]methyl]-1,3-benzoldimethanol) bekannt.

Hinsichtlich der Behandlung des inflammatorischen Aspekts von Asthma ist bekannt, dass antiinflammatorische Corticosteroide zur Therapie geeignet sind. Als ein solches ist aus der GB-A-2 088 XXX Fluticasonpropionat (systematisch: 6,9-Difluor-11-hydroxy-16-methyl-17-proiponyloxy-3-oxoandrosta-1,4-dien-17-thiocarbonsäure-S-fluor-methylester) bekannt.

Schließlich ist bekannt, dass zur Asthmatherapie eine Kombination von Bronchodilator für den unmittelbaren Rückgang (des Spasmus) einerseits und eines antiinflammatorischen Corticosteroids andererseits sinnvoll ist. Die vorbekannten Kombinationen unter Verwendung von Salbutamol und Beclomethasondipropionat (Handelsnamen etwa C A) weisen den auf der begrenzten Wirkungsdauer von Salbutamol beruhenden Nachteil auf, dass sie einen etwa vierstündigen Dosierungsplan erforderlich machen, was beispielsweise für die Behandlung nächtlichen Asthmas nicht geeignet ist.

Das Klagepatent stellt sich vor diesem Hintergrund die Aufgabe (Seite 2, Zeilen 21 bis 28), eine Kombinationstherapie bei der Behandlung von Asthma, insbesondere nächtlichem Asthma zur Verfügung zu stellen, die eine beträchtlich größere Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit der bronchodilatorischen Wirkung aufweist als bislang bekannte Kombinationen, und einen zweimal-täglichen Dosierungsplan („bis in diem“, „b.i.d.“) erlaubt.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent ein Arzneimittel mit folgenden Merkmalen vor:

1. Mittel, enthaltend

2. Salmeterol und/oder ein physiologisch verträgliches Salz davon, und

3. Fluticasondipropionat

4. zur gleichzeitigen Verabreichung durch Inhalation

5. bei der Behandlung respiratorischer Erkrankungen.

Das Klagepatent erläutert, dass die Kombination von Salmeterol und/oder einem physiologisch verträglichem Salz hiervon (Säureadditionssalze von anorganischen und organischen Säuren) einerseits und Fluticasondipropionat andererseits in einer zur Verabreichung durch Inhalation geeigneten Form (Dosieraerosol mit FCKW oder als trockene Pulverformulierung z.B. in D- oder E-Inhalatoren) als hoch wirksame Behandlung und/oder als prophylaktische Therapie für Asthmatiker geeignet ist.

II.

Der Klägerin steht aus dem Klagepatent ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu.

1.

Aus dem anwaltlichen Schreiben der Beklagten vom 28.06.2007 (Anlage K 5) folgt im Zusammenhang mit den konkreten Umständen des vorliegenden Falles eine Erstbegehungsgefahr für eine Verletzung des Klagepatents.

a)

Ob eine Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents bereits eingetreten ist oder jedenfalls droht, mithin also die Frage nach der Begehungsgefahr, ist auch bei der vorliegenden Konstellation der Inanspruchnahme eines britischen Unternehmens durch eine britische Patentinhaberin nach deutschem Recht zu beurteilen. Die – bereits eingetretene oder noch drohende – Verletzungshandlung in Deutschland ist Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch aus dem Klagepatent nach deutschem Patentrecht in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 EPÜ. Unerheblich ist dabei, ob die Anknüpfungstatsachen, die für die Annahme einer Verletzungshandlung in Betracht kommen, innerhalb oder außerhalb Deutschlands eingetreten sind, also auch, ob Handlungen der Beklagten, hinsichtlich derer die Klägerin eine (Erst-)Begehungsgefahr geltend macht, im Inland oder im Ausland begangen wurden. Dabei ist allerdings auf alle konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen. Sofern Erklärungen der Beklagten gegenüber der Klägerin im Ausland als Anknüpfungstatsache in Betracht kommen, sind diese Erklärungen vor dem Hintergrund der im Ausland üblichen Geschäftspraxis zu würdigen, sofern die Klägerin aus ihrem objektiven Empfängerhorizont den Zusammenhang zwischen der Erklärung und der im Ausland herrschenden Geschäftspraxis erkennen konnte.

b)

Eine Erstbegehungsgefahr ist anzunehmen, wenn ein Patenteingriff zwar noch nicht erfolgt ist, aber ernsthafte und greifbare Tatsachen dafür vorliegen, dass sich der in Anspruch Genommene in naher Zukunft rechtswidrig verhalten werde (BGH GRUR 1992, 318, 319 – Jubiläumsverkauf; BGH GRUR 1994, 57, 58 – Geld-zurück-Garantie; BGH GRUR 1993, 53 55 – ausländischer Inserent; BGH GRUR 1999, 1097, 1099 – Preissturz ohne Ende; BGH GRUR 2001, 1174, 1175 – Berühmungsaufgabe). Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn sich der in Anspruch Genommene des Rechts berühmt, bestimmte Handlungen vornehmen zu dürfen (BGH GRUR 1992, 612, 614 – Nicola; BGH GRUR 1987, 125, 126 – Berühmung; BGH GRUR 1990, 678, 679 – Herstellerkennzeichen auf Unfallwagen; BGH GRUR 1992, 404, 405 – Systemunterschiede; BGH GRUR 1992, 618, 619 – Pressehaftung II; BGH GRUR 1994, 638, 639 – fehlende Planmäßigkeit; BGH GRUR 1995, 595, 598 – Kinderarbeit; BGH GRUR 1999, 1097, 1099 – Preissturz ohne Ende; BGH GRUR 2001, 1174, 1175 – Berühmungsaufgabe; BGH GRUR 2002, 360, 366 – „H.I.V. POSITIVE“ II; BGH GRUR 2003, 428, 431 – Big Bertha).

Dabei stellt die bloße Äußerung der Auffassung, zu einem bestimmten Handeln berechtigt zu sein noch keine Berühmung dar, sofern sie nicht in der Weise erfolgt, dass die Inanspruchnahme des Rechts als ernstliche Gefahr der Begehung erscheint (BGH GRUR 1999, 1097 – Preissturz ohne Ende; BGH GRUR 2001, 1174, 1175 – Berühmungsaufgabe). Äußerungen zu einer angeblichen Berechtigung zum Handeln, die im Rahmen eines Rechtsstreits getätigt werden, können grundsätzlich auch als Berühmung beurteilt werden und eine Erstbegehungsgefahr begründen, aber nur, wenn die Erklärung die Bereitschaft erkennen lässt, sich im Sinne der zur Rechtsverteidigung vertretenen Auffassung zu verhalten, weswegen namentlich etwa an die Begründung der Erstbegehungsgefahr durch Erklärungen im Rahmen von Vergleichsgesprächen strengere Anforderungen zu stellen sind (BGH GRUR 1990, 687, 688 – Anzeigenpreis II; BGH GRUR 1992, 404, 405 – Systemunterschiede; BGH GRUR 1992, XXX, 630 – Pajero). Außerhalb einer Berühmung begründet die Tatsache, dass die technischen Voraussetzungen zur Benutzung der technischen Lehre des Klagepatents geschaffen werden, für sich genommen noch keine Erstbegehungsgefahr (BGH GRUR 1992, 612, 614f. – Nicola).

c)

Unter Anwendung dieser Grundsätze begründet das anwaltliche Schreiben der Beklagten vom 28.06.2007 (Anlage K 5) eine Erstbegehungsgefahr. Schon aus dem Wortlaut des Schreibens ergeben sich greifbare Anhaltspunkte dafür, die Beklagte werde in naher Zukunft rechtswidrig von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Hierbei ist auf den objektiven Empfängerhorizont der Beklagten abzustellen, also darauf, wie ein objektiver Dritter bei vernünftiger Beurteilung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände die vom Erklärenden gewählten Ausdrucksformen hätte verstehen können und müssen (für die Bestimmung des objektiven Empfängerhorizonts bei der Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen vgl. BGH NJW 2006, 286, 287; Bamberger/Roth, BeckOK BGB, Edition 10, § 133 Rn. 27).

Die Beklagte kündigt an, im „nächsten Jahr“, also im Jahr 2008 ein kombiniertes Salmeterol/Fluticason-Produkt in Deutschland auf den Markt bringen zu wollen, verbunden mit der Einschätzung, das ihr – der Beklagten – durchaus bekannte Klagepatent würde in einem etwaigen Nichtigkeitsverfahren keinen Bestand haben. Die Ankündigung des Markteintritts wird unbedingt ausgesprochen und nicht etwa von einer Mitwirkung oder Zustimmung seitens der Klägerin abhängig gemacht. Vielmehr bringt die Beklagte aus Sicht der Klägerin zum Ausdruck, ein Verbietungsrecht der Klägerin erkenne sie deshalb nicht an, weil aus ihrer Sicht der deutsche Teil des Klagepatents ebenso mangels Rechtsbeständigkeit widerrufen würde wie bereits der britische Teil durch die Entscheidung vom 19.03.1994 tatsächlich widerrufen wurde.

Hieran ändert der Abschnitt des Schreibens nichts, in welchem die Beklagte der Klägerin, eine „kommerzielle Alternativlösung“ andient und dabei beispielhaft den Abschluss eines Lizenzvertrages oder einer Nichtangriffsabrede anbietet. Dieses bloße Gesprächsangebot bleibt im Ergebnis unverbindlich, was aus Sicht der Klägerin schon daran erkennbar ist, dass die Beklagte schreibt, sie wolle ihr Produkt nicht auf den Markt bringen, ohne dies vorher der Klägerin „zur Kenntnis zu bringen“. Damit ist – wie auch aus Sicht der Klägerin erkennbar ist – für die Beklagte der Markteintritt mit einem patentverletzenden Produkt nicht von einer Zustimmung der Klägerin oder dem Erzielen einer Übereinkunft mit ihr abhängig. Die Beklagte beschränkt sich vielmehr darauf, ihr Vorhaben der Klägerin als bevorstehend anzukündigen. Sie will ihr Vorhaben gleichsam nicht von der Klägerin genehmigen lassen, sondern es ihr lediglich anzeigen. Ersichtlich betriff das von der Beklagten unterbreitete Gesprächsangebot nur das „wie“ des bevorstehenden Markteintritts, nicht aber, ob dieser Markteintritt überhaupt stattfinden wird.

Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass die Beklagte hinsichtlich ihres Gesprächsangebots klarstellt, sie werde trotz einer Bemühung darum, den „konfrontativen Weg des Widerrufs nicht [zu] beschreiten“, gleichwohl „nicht zögern […], um den Widerruf des Patents nachzusuchen“, wobei sie erläuternd ausführt, dass nach ihren (angeblich erfolgreichen) Erfahrungen mit deutschen Gerichtsverfahren die Gerichte erwarten würden, dass sich die Parteien um eine gütliche Einigung bemühen. Der Bezug zwischen dem Gesprächsangebot einerseits und der drohenden Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent andererseits besteht somit (auch) in der Weise, dass das Gesprächsangebot aus Sicht der Beklagten eine Voraussetzung für die Durchführung des Nichtigkeitsklageverfahrens ist. Jedenfalls kann umgekehrt die Klägerin nicht davon ausgehen, es läge im Rahmen ihrer Möglichkeiten, eine Nichtigkeitsklage der Beklagten dadurch abzuwenden, dass sie auf deren Gesprächsangebot eingeht. Im Übrigen erscheint aus Sicht der Klägerin der Verhandlungsspielraum gegenüber der Beklagten hinsichtlich beider beispielhaft genannter Möglichkeiten eines Übereinkommens eingeschränkt: Sofern die Beklagte anbietet, die Parteien könnten einen Lizenzvertrag abschließen, darf die Klägerin nicht erwarten, einen hinreichend hohen Lizenzsatz durchsetzen zu können, weil ja die Beklagte von der Vernichtbarkeit des zu lizenzierenden Schutzrechts ausgeht und damit nicht bereit sein dürfte, durch Inanspruchnahme einer Lizenz ein wirtschaftlich hohes Wagnis einzugehen. Entsprechendes gilt für das Angebot einer Nichtangriffsabrede: Die Beklagte gibt ihrer deutlichen Einschätzung Ausdruck, sie könne das Klagepatent erfolgreich anfechten; angesichts dessen verbleibt der Klägerin kaum eine Alternative, als die Anfechtung dadurch zu vermeiden, dass sie der Beklagten zusagt, etwaige Nutzungshandlungen nicht anzugreifen.

Auch der Zusatz „without prejudice“ im Schreiben der Beklagten steht der Annahme einer Erstbegehungsgefahr nicht entgegen. Soweit die Beklagte einwendet, in dieser Weise gekennzeichnete Anwaltsschreiben seien nach britischem Recht prozessual nicht verwertbar, greift dies nicht durch. Wie oben bereits ausgeführt, ist die materiell-rechtliche Situation im Hinblick auf eine (Erst-)Begehungsgefahr nach deutschem Recht zu prüfen, wenngleich im Hinblick auf die Besonderheiten des konkreten Falles. Das anzuwendende Prozessrecht ist ebenfalls dem deutschen Recht zu entnehmen, und zwar nach dem Grundsatz der lex fori. Ein Verwertungsverbot wie von der Beklagten geltend gemacht ist dem anwendbaren deutschen Prozessrecht aber fremd. Im Gegenteil ist anerkannt, dass auch Erklärungen im Rahmen von Vergleichsgesprächen eine Erstbegehungsgefahr begründen können, wenngleich insoweit strengere Maßstäbe anzulegen sind (BGH GRUR 1990, 687, 688 – Anzeigenpreis II; BGH GRUR 1992, 404, 405 – Systemunterschiede; BGH GRUR 1992, XXX, 630 – Pajero).

Bedeutung kann der Zusatz „without prejudice“ daher nur innerhalb der materiellrechtlichen Prüfung in dem Sinne erlangen, dass ein solcher Zusatz – was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt – nach britischen Gepflogenheiten grundsätzlich dazu dient, Vergleichsverhandlungen als solche zu kennzeichnen und der Gegenseite zu verdeutlichen, dass die „without prejudice“ gemachten Äußerungen zum Zwecke von Vergleichsverhandlungen gemacht werden. Indes hat die Beklagte mit ihrem anwaltlichen Schreiben vom 28.06.2007 eine Verhandlungssituation nur insofern eröffnet, dass der Klägerin Gespräche darüber angeboten wurden, ob ein ohnehin und unbedingt bevorstehender Markteintritt der Beklagten mit einem von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machenden Produkt durch den Abschluss einer Vereinbarung flankiert werden könnte. Ob ein solcher Markteintritt überhaupt stattfinden würde, hat die Beklagte nicht zur Disposition gestellt und damit nicht zum Gegenstand von Vergleichsverhandlungen gemacht. Der Zusatz „without prejudice“ bezieht sich auf diesen Aspekt daher inhaltlich nicht. Die Beklagte kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, ihre unbedingte Ankündigung eines Markteintritts dürfe wegen dieses Zusatzes keine Rechtsfolgen auslösen. Aus Sicht der Klägerin war dieser Zusatz nicht geeignet, die Besorgnis einer bevorstehenden Patentverletzung zu beseitigen.