4b O 22/08 – Revisionsabdeckung III

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1137

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. Februar 2009, Az. 4b O 22/08

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

IV.
Der Streitwert wird auf 250.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents 0 567 XXX B1, der unter dem Aktenzeichen DE 593 00 XXX geführt wird (nachfolgend: Klagepatent, Anlage K1). Das Klagepatent wurde am 06. Februar 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der deutschen Patentanmeldung DE 42 13 XXX angemeldet und am 03. November 1993 offengelegt. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 07. Juni 1995. Das Klagepatent steht in Kraft.

Das Klagepatent betrifft eine Revisionsabdeckung. Der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

Revisionsabdeckung mit einem Revisionsrahmen (1) für Wand- und Deckeneinbau und mit einem in dem Revisionsrahmen gelagerten Revisionsdeckel (2), wobei der Revisionsdeckel eine Dämmplatte und ggf. auf seiner Rückseite eine Stahlplatte (4) und einen die Dämmplatte (3) und ggf. Stahlplatte einfassenden Deckelrahmen (5) mit einem Auflagerschenkel (6) und einem Rahmenschenkel (7) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass der Deckelrahmen (5) eine Füllung aus Spachtelmasse (8) aufweist, dass die Dämmplatte (3) ggf. mit der Stahlplatte (4) derart in die Spachtelmasse (8) eingedrückt ist, dass die Dämmplatte (3) in der erhärteten Spachtelmasse mit dem Rahmenschenkel (7) fluchtet.

Nachfolgend wird zur Veranschaulichung die Figur 2 des Klagepatents verkleinert wiedergegeben. Sie zeigt einen Querschnitt durch eine erfindungsgemäße Revisionsabdeckung:

Über eine von Dritten unter dem 23. Januar 2008 eingelegte Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent ist bislang noch nicht entschieden worden.

Der Beklagte vertreibt Revisionsabdeckungen unter der Bezeichnung „A“ (angegriffene Ausführungsform). Nachfolgend ist das Produktblatt der angegriffenen Ausführungsform, welches der Beklagte auch über das Internet (www.B.de) verbreitet, gemäß Anlage K10 auszugsweise und leicht verkleinert wiedergegeben:

Ein Muster der angegriffenen Revisionsabdeckung des Beklagten hat die Klägerin als Anlage K8 zur Gerichtsakte gereicht. Im Zuge der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform wird der Deckelrahmen mit einem Klebstoff versehen, der die Gipskartonplatte mit dem Deckelrahmen verbindet. Die Oberfläche der Gipskartonplatte schließt bei dem Muster der angegriffenen Ausführungsform bündig mit den Rahmenschenkeln des Deckelrahmens ab. Wegen weiterer Einzelheiten der angegriffenen Ausführungsform wird auf die Anlage K8 Bezug genommen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere weise der Deckelrahmen eine Füllung aus Spachtelmasse auf, in welche die Dämmplatte derart eingedrückt worden sei, dass die Dämmplatte mit dem Rahmenschenkel fluchtet, wenn die Spachtelmasse erhärtet ist. Der verwendete Klebstoff stelle die patentgemäße Spachtelmasse dar, weil diese nach dem Klagepatent ausschließlich dazu diene, die Dämmplatte im Rahmen zu halten. Der Klebstoff weise auch eine hinreichende Tiefe auf. Für den Toleranzausgleich nach dem Klagepatent genüge es, wenn die Schicht an Spachtelmasse sehr dünn ausgestaltet sei, wie die Darstellung in Figur 2 der Klagepatentschrift belege. Bei der von dem Beklagten vertriebenen angegriffenen Ausführungsform sei es möglich, durch ein mehr oder weniger festes Herunterdrücken der Dämmplatte in den Deckelrahmen die Position der Dämmplatte relativ zum Auflagerschenkel zu beeinflussen.

Die Klägerin beantragt,

I. den Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren,
zu unterlassen,
Revisionsabdeckungen mit einem Revisionsrahmen für Wand- und Deckeneinbau und mit einem in dem Revisionsrahmen gelagerten Revisionsdeckel, wobei der Revisionsdeckel eine Dämmplatte und einen die Dämmplatte einfassenden Deckelrahmen mit einem Auflagerschenkel und einem Rahmenschenkel aufweist,
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen der Deckelrahmen eine Füllung aus Spachtelmasse aufweist, wobei die Dämmplatte gegebenenfalls mit der Stahlplatte derart in die Spachtelmasse eingedrückt ist, dass die Dämmplatte in der erhärteten Spachtelmasse mit dem Rahmenschenkel fluchtet;
insbesondere wenn ferner die Dämmplatte als Gipskartonplatte ausgeführt ist;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang er die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 03. Dezember 1993 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbeziehern,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Angaben zu e) nur ab dem 07. Juli 1995 zu machen sind
und dabei zu a) und b) die zugehörigen Rechnungen mit der Maßgabe vorzulegen, dass Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse des Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,
wobei dem Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften seiner nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern der Beklagte dessen Kosten trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;

II. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist,
1. der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten und in der Zeit vom 03. Dezember 1993 bis zum 06. Juli 1995 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu bezahlen;

2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 07. Juli 1995 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

III. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.713,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2008 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,

hilfsweise,
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung der gegen das Klagepatent DE 593 00 XXX.2 erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Er macht geltend: Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die technische Lehre des Klagepatents nicht, da sie jedenfalls von den Merkmalen (3) (d) und (4) keinen Gebrauch mache. Unter einer Füllung aus Spachtelmasse sei nur eine solche zu verstehen, die es erlaube, eine Dämmplatte derart in die Spachtelmasse einzudrücken, dass durch das Maß des Eindrückens ein Fluchten der Dämmplatte mit dem Rahmenschenkel realisierbar sei. Zu diesem Zweck müsse die Spachtelmasse eine gewisse Tiefe aufweisen, die die Vornahme eines Toleranzausgleichs zur Herstellung des Fluchtens der Dämmplatte mit den Rahmenschenkeln gestatte. Die Klebstoffschicht der angegriffenen Ausführungsform sei hingegen so dünn ausgestaltet, dass ein solcher Toleranzausgleich nicht möglich sei.

Darüber hinaus sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig und werde im Nichtigkeitsverfahren vernichtet werden. Es fehle ihm gegenüber dem Stand der Technik an der erforderlichen Erfindungshöhe, zumal das Deutsche Patent- und Markenamt die zum Klagepatent identische deutsche Prioritätsanmeldung – wie die Klägerin nicht bestreitet – auf der Grundlage des nun auch dem Klagepatent entgegen gehaltenen Standes der Technik bestandskräftig zurückgewiesen habe.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zur Akte gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 2; 140 b Abs. 1 Abs. 3 PatG; §§ 242, 259 BGB; § 33 PatG nicht zu. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Revisionsabdeckung, wie sie überall dort benötigt wird, wo in einer Wand oder Decke eingelassene Installationen einerseits hinter einer Wand- oder Deckenverkleidung für den Betrachter unsichtbar verborgen werden sollen, andererseits im Bedarfsfall unter vorübergehender Entfernung der Revisionsabdeckung erreichbar sein müssen. Ihrem grundsätzlichen Aufbau nach besteht eine Revisionsabdeckung, wie sie im Stand der Technik lange bekannt war, aus einem Revisionsrahmen, der in eine Wand oder Decke eingebaut wird und die verschließbare Öffnung randseitig definiert, und einem Revisionsdeckel, der in der Montagesituation in dem Revisionsrahmen aufgenommen wird und die Öffnung verschließt. Der Revisionsdeckel weist seinerseits eine Dämmplatte (und gegebenenfalls auf der Rückseite eine Stahlplatte) sowie einen die Dämmplatte (und gegebenenfalls Stahlplatte) einfassenden Deckelrahmen mit einem Auflagerschenkel und einem Rahmenschenkel auf. Der Auflagerschenkel bildet die Auflage für die Dämmplatte, der Rahmenschenkel umrahmt die Dämmplatte, und zwar benachbart zum Revisionsrahmen.

Wie die Klagepatentschrift erläutert (Anlage K1, Spalte 1 Zeilen 12-35), besteht bei derartigen Revisionsabdeckungen stets das Erfordernis, Toleranzen zu berücksichtigen, insbesondere bei der Einlagerung der Dämmplatte in den Deckelrahmen des Revisionsdeckels. Derartige Fertigungstoleranzen machen es erforderlich, die Dämmplatte gegenüber dem Rahmenprofil des Deckelrahmens grundsätzlich zurückgesetzt anzuordnen. Dies erfordert wiederum nach erfolgtem Einbau einen Ausgleich in der Differenz zwischen der Höhe der Dämmplatte und dem Niveau (der Vorderkante) des Rahmenprofils. Dieser Ausgleich erfolgt in der Praxis durch Aufbringen von Spachtelmasse auf der Dämmplatte, wodurch das Niveau der Dämmplatte so weit angehoben wird, bis es mit dem Revisionsrahmen und der angrenzenden Wand oder Decke fluchtet. Der Auftrag einer Spachtelschicht auf der Dämmplatte ist insofern nachteilig, als aus der Spachtelmasse Feuchtigkeit in die Dämmplatte eindringen und diese hierdurch unter Schüsselbildung ausbeulen kann. Ein solches Ausbeulen der Dämmplatte stört nicht nur in ästhetischer Hinsicht, sondern kann sogar die Funktion der Revisionsabdeckung bzw. des Revisionsdeckels beeinträchtigen.

Vor diesem technischen Hintergrund stellt das Klagepatent sich die Aufgabe, eine Revisionsabdeckung der eingangs beschriebenen Art so fortzuentwickeln, dass der Revisionsdeckel nach erfolgtem Einbau der Revisionsabdeckung allenfalls geringfügig nachgespachtelt werden muss.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Klagepatentschrift in Vorrichtungsanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Revisionsabdeckung
(a) mit einem Revisionsrahmen (1) für Wand- und Deckeneinbau und
(b) mit einem Revisionsdeckel (2).
(2) Der Revisionsdeckel
(a) ist in dem Revisionsrahmen (1) gelagert,
(b) weist eine Dämmplatte (3) auf,
(c) weist einen Deckelrahmen (5) auf.
(3) Der Deckelrahmen (5)
(a) fasst die Dämmplatte (3) ein,
(b) umfasst einen Auflagerschenkel (6) sowie
(c) einen Rahmenschenkel (7) und
(d) weist eine Füllung aus Spachtelmasse (8) auf.
(4) Die Dämmplatte (3)
ist in die Spachtelmasse (8) derart eingedrückt, dass die Dämmplatte (3) mit dem Rahmenschenkel (7) fluchtet, wenn die Spachtelmasse erhärtet ist.

II.
Der Beklagte bestreitet nicht, dass die angegriffene Ausführungsform von den Merkmalen (1), (2) sowie Merkmal (3) (a) bis (c) des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch macht, weswegen sich weitere Ausführungen hierzu an dieser Stelle erübrigen.

Er stellt jedoch eine Verwirklichung der Merkmale (3) (d) und (4) in Abrede, weil es sich bei der Klebstoffschicht der angegriffenen Ausführungsform nicht um eine Füllung aus Spachtelmasse handele, in welche die Dämmplatte derart eingedrückt werden könne, dass sie mit dem Rahmenschenkel fluchte, wenn die Spachtelmasse erhärtet sei. Dies geschieht nur zum Teil, und zwar hinsichtlich des Merkmals (4), zu Recht, während eine Verwirklichung des Merkmals (3) (d) entgegen der von dem Beklagten vertretenen Auffassung festzustellen ist.

1.
Ausgehend von der Kritik am Stand der Technik, dass die aus fertigungstechnischen Gründen notwendigen Toleranzen bei dem Zusammenfügen von Dämmplatte (3) und Deckelrahmen (5) es erfordern, einen (nachträglichen) Höhenausgleich durch Spachtelmasse vorzunehmen, nachdem die Revisionsabdeckung eingebaut wurde, verfolgt die technische Lehre des Klagepatents den grundlegend anderen Ansatz, dass die Höhenanpassung bereits im Zuge der Fertigung der Deckelplatte (= Revisionsdeckel vgl. Anlage K1, Spalte 1 Zeile 52) erfolgt. Die technische Lehre des Klagepatents geht nach der Darstellung in der Beschreibung (Anlage K1, Spalte 1 Zeilen 50-57) davon aus, dass schon im Zuge der Fertigung der Deckelplatte die aus fertigungstechnischen Gründen erforderlichen Toleranzen derart ausgeglichen werden können, dass ein Niveauausgleich zwischen Dämmplatte und Deckelrahmen bzw. seinem Rahmenschenkel durch Auftragen von Spachtelmasse nicht länger erforderlich ist. Als klagepatentgemäßes Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist deshalb vorgesehen, dass der Deckelrahmen eine Füllung aus Spachtelmasse aufweist (Merkmal (3) (d)) und dass die Dämmplatte (gegebenenfalls zusammen mit der im Klagepatent nur optional vorgesehenen Stahlplatte) derart in die Spachtelmasse eingedrückt wird, dass sie nach dem Erhärten der Spachtelmasse mit dem umlaufenden Rahmenschenkel fluchtet (Merkmal (4); Anlage K1, Spalte 1 Zeilen 43-50).

Hierdurch wird ermöglicht, bei der erfindungsgemäßen Revisionsabdeckung auf eine Spachtelschicht auf der Dämmplatte von vornherein weitgehend zu verzichten. Aufgrund dessen tritt das nachteilige schüsselartige Ausbeulen nicht länger auf und ist die patentgemäße Revisionsabdeckung sowohl in ästhetischer Hinsicht befriedigt als auch in funktionstechnischer Hinsicht optimiert (vgl. Anlage K1, Spalte 1 Zeile 57 bis Spalte 2 Zeile 6). Wie die Beschreibung weiter ausführt (Anlage K1, Spalte 2 Zeilen 6-14), ist tatsächlich allenfalls noch ein geringfügiges Nachspachteln des Revisionsdeckels nach dem Einbau der Revisionsabdeckung in eine Wand oder Decke erforderlich, um eine Anpassung an die die Revisionsabdeckung umgebende Wand- bzw. Deckenfläche herbeizuführen. Die hierfür erforderliche Spachtelschicht ist jedoch äußerst dünn, so dass auch ihr Feuchtigkeitsgehalt minimal ist und folglich nicht stört.

Entgegen der in der Replik von dem Klägervertreter geäußerten Ansicht, die er auch in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, dass mit Nachspachteln im Sinne des Klagepatents nur ein Angleichen der Oberflächenqualitäten der Revisionsabdeckung einerseits und der sie umgebenden Decken- oder Wandfläche andererseits gemeint sei, lassen sich für eine solche Auslegung des Schutzbereichs in dem Klagepatent keine Anhaltspunkte finden. Die verschiedenen Oberflächenqualitäten werden in der gesamten Patentschrift nicht thematisiert. Es geht alleine um Oberflächenniveaus, die angeglichen werden sollen. Insbesondere wird die Angleichung des Niveaus der Dämmplatte und des sie einfassenden Rahmens der Revisionsabdeckung behandelt. Es ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar, dass die Gipsplatten der Trockenbauwand, in die eine solche Revisionsabdeckung eingebaut werden soll, an den äußeren Rändern des Rahmens aufgeschraubt werden, so wie sie im übrigen auch auf die Wand-Ständer aufgeschraubt werden. Hierdurch kann es Unterschiede in dem Niveau der Dämmplatte der Revisionsabdeckung einerseits und der sie umgebenden Wand andererseits geben, die ggf. durch eine Nachspachteln ausgeglichen werden sollen.

Im Ergebnis ermöglicht es die Lehre des Klagepatents somit, den sichtbaren Teil der Dämmplatte – anders als im Stand der Technik – überhaupt nicht mehr oder allenfalls nur noch in geringem Maße mit Spachtelmasse versehen zu müssen, um sein Niveau an dasjenige der umgebenden Wand oder Deckenfläche vollständig anzupassen.

Als Vorteil von besonderer Bedeutung hebt es die Klagepatentschrift hervor (vgl. Anlage K1, Spalte 2 Zeilen 14-21), dass für die Befestigung der Dämmplatte (und gegebenenfalls der Stahlplatte) in dem Deckelrahmen Schraubverbindungen nicht länger erforderlich seien, weil die Spachtelmasse eine Haftbrücke zwischen dem Deckelrahmen einerseits und der Dämmplatte andererseits bilde. Soweit sich die Beschreibung näher mit der Spachtelmasse befasst (Anlage K1, Spalte 2 Zeilen 25-35), hebt sie die nahezu homogene Haftverbindung hervor, die die Spachtelmasse mit dem Gips einer Dämmplatte aus Gipskarton (Unteranspruch 2) eingehen könne. Die Spachtelmasse könne nämlich nicht nur auf der Basis von feingemahlenem Zement, sondern auch auf Basis von Gips und Zement aufgebaut sein und z.B. Quarzsand oder Quarzmehl als Zuschlagstoffe oder Füller, gegebenenfalls unter Beigabe üblicher Zusatzmittel wie Kunstharze, enthalten, um jene elastischen Eigenschaften einzustellen, die für eine einwandfreie Haftbrücke zwischen Deckelrahmen und Gipskartonplatte sorgen.

Der Fachmann entnimmt dieser für die Auslegung des Patentanspruchs nach Art. 69 EPÜ heranzuziehenden Beschreibung folgendes:

a)
Zum einen setzt das in Merkmal (4) bezeichnete Ziel, in dem Revisionsdeckel der geschützten Revisionsabdeckung eine Dämmplatte derart in den Deckelrahmen einsetzen zu können, dass jene mit diesem bzw. mit dem Rahmenschenkel „fluchtet“, nicht voraus, dass ein Nachspachteln gänzlich entbehrlich wird. Das Klagepatent begnügt sich insofern ausdrücklich damit, dass ein großflächiges Nachspachteln (also ein Auffüllen des Deckelrahmens mit Spachtelmasse, Anlage K1, Spalte 1 Zeile 22f.), mit den aus dem Stand der Technik bekannten Nachteilen, nicht mehr erforderlich ist, sondern allenfalls ein „geringfügiges“ (Anlage K1, Spalte 2 Zeile 7). Der durch die Anordnung der Spachtelmasse unter statt auf der Dämmplatte mögliche Niveauausgleich muss nicht perfekt sein, vielmehr wird nur ein geringfügiges Nachspachteln geduldet, was nicht die Gefahr mit sich bringt, dass die Dämmplatte unter Schüsselbildung ausbeult, ohne aus einem „Fluchten“ im Sinne des Merkmals (4) herauszuführen.

b)
Die Funktion der Spachtelmasse, die im Rahmen des Merkmals (3) (d) als Füllung aus Spachtelmasse primär dazu dient, die Dämmplatte im Deckelrahmen zu halten, indem sie eine Haftbrücke bildet (vgl. Anlage K1, Spalte 2 Zeilen 18-21), kann zum anderen bei Berücksichtigung des Merkmals (4) nicht auf diese bloße Haltefunktion beschränkt werden. Merkmal (4) setzt darüber hinausgehend voraus, dass die Spachtelmasse bei der geschützten Vorrichtung ein derartiges Eindrücken der Dämmplatte in die Spachtelmasse ermöglicht, dass die Dämmplatte mit dem Rahmenschenkel in dem oben dargelegten Sinne fluchtet. Dies ist das Mittel zum Niveauausgleich.

2.
Zwar verwirklicht die angegriffene Ausführungsform entgegen der von dem Beklagten vertretenen Ansicht Merkmal (3) (d), wonach der Deckelrahmen eine Füllung aus Spachtelmasse aufweisen muss, die nach ihrem Erhärten eine Haftbrücke zwischen Deckelrahmen und Dämmplatte herstellt. Denn es ist – auch angesichts des Musters gemäß Anlage K8 – nicht ersichtlich, dass die bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform verwendete Klebemasse nicht in der Lage wäre, als Haftbrücke zu dienen, etwa weil sie eine derart dünne Viskosität aufweisen würde, dass sie bereits durch das Gewicht der Dämmplatte aus dem Deckelrahmen herausgedrückt wird. Die Klebemasse der angegriffenen Ausführungsform verbindet vielmehr die Dämmplatte sicher mit dem Deckelrahmen und stellt aus diesem Grund eine Füllung aus Spachtelmasse im Sinne des Merkmals (3) (d) dar.

3.
Die Klägerin hat jedoch – ungeachtet der Tatsache, dass die Dämmplatte der angegriffenen Revisionsabdeckung mit den Rahmenschenkeln fluchtet – nicht schlüssig vorgetragen, dass die Dämmplatte bei der angegriffenen Ausführungsform derart in die noch flüssige Klebstoffmasse als Spachtelmasse eingedrückt (worden) ist, dass nach deren Erhärten die Dämmplatte mit dem Rahmenschenkel fluchtet.
Die Klägerin macht in ihrer Replik geltend, dass es für die Dicke der Klebeschicht alleine darauf ankomme, dass sie in der Lage sei, auch noch so geringfügige Toleranzen auszugleichen. Diese lägen in dem maßgeblichen Bereich der Gipskartonplatten bei gerade einmal 0,5 mm, weswegen eine Dicke von nur einem Millimeter für die Klebeschicht bereits ausreichend sei, um das erfindungsgemäße Ziel des Niveauausgleichs zu erreichen.
Mit dieser Argumentation dringt die Klägerin jedoch nicht durch.
Anknüpfend an den Wortlaut des Merkmals (4), wonach die Dämmplatte (3) in die Spachtelmasse (8) derart eingedrückt sein muss, dass sie mit dem Rahmenschenkel (7) des Deckelrahmens (5) fluchtet, wenn die Spachtelmasse erhärtet ist, ist von der patentgemäßen Spachtelmasse über die Haltefunktion hinaus zu fordern, dass sie zumindest in einem gewissen Maß ein Eindrücken der Dämmplatte in die Spachtelmasse ermöglicht.
Das Maß des patentgemäß mindestens zu fordernden Eingedrücktseins wird dadurch bestimmt, was durch die Maßnahme des Eindrückens erreicht werden soll. Dies ist ein (weitgehendes) Fluchten in dem Sinne eines zumindest annähernd gleichen Niveaus von Dämmplatte einer- und Rahmenschenkel andererseits, welches nach dem Einbau der Revisionsabdeckung allenfalls ein geringfügiges Nachspachteln erforderlich macht. Dieses geringfügige Nachspachteln schließt die Gefahr eines Ausbeulens aus.
Dass ein lediglich minimales Eindrücken der Dämmplatte in die Spachtelmasse hierfür nicht ausreichen kann, sondern die Spachtelmasse einen ausreichenden Einstellbereich zur Verfügung stellen muss, ergibt sich aus der Beschreibung in Spalte 1, Zeilen 50 bis 57. Danach macht sich die technische Lehre die Erkenntnis zunutze, dass schon im Zuge der Fertigung der Deckelplatte die aus fertigungstechnischen Gründen erforderlichen Toleranzen derart ausgeglichen werden können, dass ein nachträglicher Niveauausgleich (weitgehend, vgl. Spalte 2 Zeilen 6-11) entbehrlich wird. Einen solchen Toleranzausgleich bereits bei der Fertigung kann jedoch nur eine solche Spachtelmasse gewährleisten, die einen ausreichenden „Einstellbereich“ für die Dämmplatte in Relation zum Rahmenschenkel zur Verfügung stellt. Ausgangspunkt ist hierbei die von Anspruch 1 geschützte fertiggestellte Vorrichtung.

Der Fachmann, der die Anweisung des Merkmals (4) ernst nimmt, entnimmt ihr ein Mindestmaß an Eindrückbarkeit der Dämmplatte in die noch nicht erhärtete Spachtel- bzw. Klebstoffmasse. Dieses Mindestmaß steht in Wechselwirkung mit der Frage, welche Anforderungen an das Ziel der Eindrückbarkeit, das patentgemäße „Fluchten“, gestellt werden. Würde man – was wie ausgeführt nicht gerecht-fertigt ist – eine vollständige Niveaugleichheit, also ein perfektes Fluchten, verlangen, müsste der Verstellbereich in Gestalt einer möglichen Eindrücktiefe der Dämmplatte in die Spachtelmasse so groß sein, dass jegliche Fertigungstoleranz, die bei Herstellung der zum Revisionsdeckel zu verbindenden Einzelteile, der Dämmplatte und des Deckelrahmens, unerlässlich ist, vollständig überwunden wird. Die erforderliche Eindrücktiefe in die noch nicht erhärtete Masse entspräche dann dem ohne Ausgleich maximal zu gewärtigenden Höhenunterschied, der sich aus den unvermeidbaren Fertigungstoleranzen ergibt, deren Größe die Klagepatentschrift freilich nicht mitteilt. Gegen die Praktikabilität dieses Ansatzes bestehen allerdings insofern Bedenken, als ein patentgemäßes „Fluchten“ ohnehin keine perfekte Niveaugleichheit erfordert, weshalb die maximal auszugleichende Toleranz auch nicht mit der mindestens erforderlichen Eindrücktiefe gleichgesetzt werden kann.

Vor dem Hintergrund der Funktion der Spachtelmasse nach der technischen Lehre des Klagepatents, den erwünschten Niveauausgleich weitestgehend bereits bei dem Zusammenfügen von Dämmplatte und Deckelrahmen zuzulassen, ist es jedoch auch nicht gerechtfertigt, bereits jedes minimale Eingedrücktsein der Dämmplatte in die Füllung aus Spachtelmasse ausreichen zu lassen. Erforderlich ist zumindest ein solches Eingedrücktsein der Dämmplatte in die Spachtel- bzw. Klebemasse, dass das Eindrücken für die Entbehrlichkeit eines nachträglichen großflächigen Spachtelauftrags erkennbar kausal geworden ist.
An der fertigen Revisionsabdeckung, die vor dem Hintergrund des Vorrichtungsanspruchs 1 für die Beurteilung des Benutzungstatbestandes maßgeblich sein muss, ist dies dadurch festzustellen, dass man sich die Klebstoffschicht (freilich unter hypothetischer Beibehaltung ihrer Haltefunktion) hinwegdenkt und die Frage beantwortet, ob ohne jeglichen Höhenausgleich vermittels der Klebstoffschicht ein nachträgliches großflächiges Nachspachteln der Dämmplatte erforderlich wäre. Die von der Lehre des Klagepatents erstrebte nennenswerte Verringerung des auch nach Eindrücken der Dämmplatte und Erhärten der Spachtelmasse verbleibenden Niveauunterschieds muss gewährleisten, dass die Problematik eines unerwünschten großflächigen Nachspachtelns mit der Gefahr der „Schüsselbildung“ jedenfalls verringert, wenn nicht sogar vermieden wird.

4.
Dass dies bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall ist, hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan. Denkt man sich die Klebstoffschicht (bei gedanklich weiterhin in dem Deckelrahmen haftender Dämmplatte) hinweg, so wäre ein Nachspachteln der Gipskartonplatte weiterhin entbehrlich. Mit der bei der angegriffenen Ausführungsform feststellbaren Menge an Klebstoff zwischen Dämmplatte und Deckelrahmen konnte sich bei dem Einfügen der Dämmplatte in den Deckelrahmen allenfalls eine so minimale Differenz im Höhenniveau zwischen Dämmplatte und Rahmenschenkel ergeben, dass diese Differenz für die Zielerreichung, ein Nachspachteln entbehrlich zu machen, nicht von Bedeutung ist.

Selbst dann, wenn man die Dicke der Klebstoffschicht vollständig ignorieren würde, wäre auf der Grundlage des eigenen Vortrags der Klägerin nicht erkennbar, dass ein Nachspachteln der Dämmplatte in diesem Fall erforderlich gewesen wäre, um ihr Höhenniveau an dasjenige des Deckelrahmens anzupassen.

Selbst wenn – zugunsten der Klägerin – davon ausgegangen wird, dass die Fertigungstoleranzen bei 0,5 mm auf jeder Seite der Gipskartonplatte liegen, was dazu führt, dass für eine Platte alleine bereits eine Toleranz von 1 mm zu berücksichtigen ist, sind darüber hinaus auch noch die Fertigungstoleranzen für den Metallrahmen zu berücksichtigen, so dass auch größere Niveauunterschiede zu überbrücken sein dürften, als von der Klägerin in der Replik geltend gemacht. Es kommt daher nicht darauf an, wie die Klägerin geltend macht, ob die 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf in ihrer Entscheidung vom 07. Oktober 2008 zu dem Geschäftszeichen 4a O 217/07 zu Unrecht von einer auszugleichenden Differenz von 2, eher jedoch 3 – 5 mm ausgegangen ist. Aufgrund dessen kann es auch dahingestellt bleiben, weswegen die Klägerin in dem dortigen Verfahren noch vorgetragen hatte, dass von Toleranzen von mindestens 2, eher jedoch 3 – 5 mm auszugehen sei. Denn jedenfalls ist ein Wert > 1 mm zu Grunde zu legen.

Führt man sich diese nach dem Stand der Technik verbleibenden Höhendifferenzen vor Augen und vergleicht sie mit der in Anlage K8 erkennbaren Klebstoffmenge, wird deutlich, dass die äußerst geringe Klebstoffschicht für die Entbehrlichkeit eines Nachspachtelns bei der angegriffenen Ausführungsform nicht mitursächlich geworden sein kann. Mit dem bloßen Auge ist die Klebeschicht nämlich nicht zu erkennen. Aus dem ausgeschnittenen Dreieck ist zudem erkennbar, dass die Klebeschicht nicht einmal über die gesamte Breite des Auflegerrahmens verteilt wurde, da die Papierkaschierung nur teilweise an der Gipsplatte haften geblieben ist. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass nur eine „hauchdünne“ Klebschicht zwischen der Dämmplatte und dem Rahmen aufgetragen worden ist, die keinen Beitrag zu einem Niveauausgleich leisten konnte. Dass es eines Nachspachtelns bei der angegriffenen Ausführungsform nicht bedarf, beruht jedenfalls nicht auf einem gewissen Maß an Eindrücktiefe der Dämmplatte in die Klebstoffmasse, sondern allenfalls auf der Wahl einer so hochwertigen Dämmplatte, dass sie in ihrer Stärke weitgehend an die Höhe des Rahmenschenkels angepasst ist. Die Klägerin hat daher nicht dargetan, die Klebstoffschicht der angegriffenen Ausführungsform sei mit einer solchen Stärke aufgetragen worden, dass ein Eindrücken in dem von Merkmal (4) verlangten Maße möglich gewesen wäre.

III.
Da eine Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform nicht festgestellt werden kann, ist die Frage seines Rechtsbestandes für die vorliegende Entscheidung nicht vorgreiflich. Eine Aussetzung der Verhandlung nach § 148 ZPO im Hinblick auf die anhängige Nichtigkeitsklage kommt daher nicht in Betracht.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709, 108 ZPO.