4b O 200/08 – Verpackungslaminate

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1219

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. August 2009, Az. 4b O 200/08

Rechtsmittelinstanz: 2 U 112/09

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft am jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu 1) zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

im Bereich der Bundesrepublik Deutschland

Verpackungslaminate Dritten zur Benutzung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern, die für einen in einer Retorte geeigneten Verpackungsbehälter geeignet sind, wobei der Verpackungsbehälter durch Falten und Abdichten eines Verpackungslaminats hergestellt wird, umfassend eine Kernschicht aus Pappe, äußere flüssigkeitsundurchlässige Beschichtungen und eine Gasbarriere, welche zwischen der Kernschicht und einer äußeren Beschichtung angeordnet ist, wobei die Gasbarriere an die Kernschicht durch eine Schicht aus einem Laminierungs- und Dichtungsmittel, welches einen höheren Schmelzpunkt als eine maximale Temperatur, welcher der in einer Retorte geeignete Verpackungsbehälter während einer Wärmebehandlung in einer Retorte ausgesetzt wird, aufweist, gebunden ist, und bei denen das Laminierungsmittel- oder Dichtungsmittel ein Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von über 130º C ist, angeordnet in Kontakt mit der Kernschicht;

2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.04.2008 begangen haben, und zwar unter Vorlage eines gesonderten Verzeichnisses unter Beifügung der Belege und unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, – zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer;

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
wobei die entsprechenden Verpflichtungen der Beklagten zu 2) und 3) nur für die Zeit bis einschließlich zum 30.04.2009 bestehen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 12.04.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei die entsprechenden Verpflichtungen der Beklagten zu 2) und 3) nur für die Zeit bis einschließlich zum 30.04.2009 bestehen.

III. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/5 und die Beklagten 4/5 zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,00 EUR und für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

VI. Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 EUR festgesetzt.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 1 326 XXX B1 („Klagepatent“, Anlage K 1, deutsche Übersetzung in Anlage K 2), das am 01.10.2001 unter Inanspruchnahme einer schwedischen Priorität (ES 9502XXX) vom 3.10.2000 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 12.03.2008. Zu den benannten Vertragsstaaten gehört auch die Bundesrepublik Deutschland.

Mit Schriftsatz vom 27.11.2008 reichte die Beklagte den aus den Anlagen B1, B 2 ersichtlichen Einspruch gegen das Klagepatent ein, über den bislang nicht entschieden ist. Mit ihrem Hauptantrag verteidigt die Klägerin den Anspruch 1 des Klagepatents im Einspruchsverfahren in seiner ursprünglich erteilten, nachfolgend wiedergegebenen Fassung (in deutscher Übersetzung ohne Bezugszeichen):

„Verpackungslaminat für einen in einer Retorte geeigneten Verpackungsbehälter, umfassend eine Kernschicht aus Papier oder Pappe, äußere flüssigkeitsundurchlässige Beschichtungen und eine Gasbarriere, welche zwischen der Kernschicht und einer äußeren Beschichtung angeordnet ist, wobei die Gasbarriere an die Kernschicht durch eine Schicht aus einem Laminierungs- oder Dichtungsmittel, welches einen höheren Schmelzpunkt als eine maximale Temperatur, welcher der in einer Retorte geeignete Verpackungsbehälter während einer Wärmebehandlung in einer Retorte ausgesetzt wird, aufweist, gebunden ist, und bei denen das Laminierungs- oder Dichtungsmittel ein Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von über 130º C ist.“

Hilfsweise hat die Klägerin im Einspruchsverfahren beantragt, Anspruch 1 des Klagepatents in folgender Fassung (Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1 und 8) aufrecht zu erhalten, wobei nachfolgend wiederum die deutsche Übersetzung wiedergegeben ist:

„In einer Retorte geeigneter Verpackungsbehälter, dadurch gekennzeichnet, dass er hergestellt wird durch Falten und Abdichten eines Verpackungslaminats, umfassend eine Kernschicht aus Papier oder Pappe, äußere flüssigkeitsundurchlässige Beschichtungen und eine Gasbarriere, welche zwischen der Kernschicht und einer äußeren Beschichtung angeordnet ist, wobei die Gasbarriere an die Kernschicht durch eine Schicht aus einem Laminierungs- oder Dichtungsmittel, welches einen höheren Schmelzpunkt als eine maximale Temperatur, welcher der in einer Retorte geeignete Verpackungsbehälter während einer Wärmebehandlung in einer Retorte ausgesetzt wird, aufweist, gebunden ist, und bei denen das Laminierungs- oder Dichtungsmittel ein Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von über 130º C ist, angeordnet in Kontakt mit der Kernschicht.“

Die nachfolgend eingeblendete Figur 1 des Klagepatents zeigt einen schematischen Querschnitt eines patentgemäßen Verpackungslaminats in einer bevorzugten Ausführungsform.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) bis einschließlich zum 30.04.2009 waren, stellt her und vertreibt Verpackungslaminate mit einem aus der Anlage K 6 ersichtlichen Querschnitt. Aus solchen Laminaten werden Verpackungsbehälter hergestellt, welche unter anderem über „A“ in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben werden.

Die Klägerin nimmt die Beklagten, welche weder die unmittelbare Verletzung des Klagepatents in der mit dem Hauptantrag der Klägerin im Einspruchsverfahren geltend gemachten Fassung noch die mittelbare Verletzung des Klagepatents in der mit dem Hilfsantrag der Klägerin im Einspruchsverfahren geltend gemachten Fassung bestreiten, auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung in Anspruch.

Ursprünglich hat die Klägerin eine unmittelbare Patentverletzung geltend gemacht, nunmehr aber den hiesigen Klageantrag ihrem Hilfsantrag im Einspruchsverfahren angepasst.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

im Wesentlichen wie erkannt, wobei sie allerdings die Beklagten zu 2) und 3) auch für die Zeit nach dem 30.04.2009 auf Auskunft/Rechnungslegung und Schadenersatz in Anspruch genommen hat.

Die Beklagten beantragen,

den Rechtsstreit bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über ihren gegen die Erteilung des Klagepatents gerichteten Einspruch auszusetzen, wobei sei diesen Antrag ursprünglich lediglich hilfsweise zu einem Klageabweisungsantrag gestellt haben.

Die Beklagten stützen ihren Aussetzungsantrag darauf, dass die Erteilung des Klagepatents mangels Neuheit seiner technischen Lehre bzw. jedenfalls mangels einer zugrunde liegenden erfinderischen Tätigkeit aufgrund des Einspruchs der Beklagten zu 1) widerrufen werde.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in der zuletzt – nach einer gemäß § 263 Alt. 2 ZPO wegen Sachdienlichkeit zulässigen Klageänderung – geltend gemachten Fassung des Klageantrages ganz überwiegend begründet.

Da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents mittelbar Gebrauch macht, stehen der Klägerin Ansprüche auf Unterlassung, Schadenersatz und Auskunft/Rechnungslegung zu, wobei die beiden letztgenannten Ansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3) jedoch nur bis einschließlich zum 30.04.2009 gegeben sind. Ein Anlass zur Aussetzung des Rechtsstreits besteht nicht.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Verpackungslaminat für einen für eine Retorte geeigneten Verpackungsbehälter.

In seinen einleitenden Bemerkungen erwähnt das Klagepatent die WO 97/02140, die ein Laminat mit einer steifen, aber faltbaren Kernschicht aus Papier oder Pappe und äußere flüssigkeitsdichte Beschichtungen aus feuchtigkeits- und hitzeresistentem thermoplastischen Material auf beiden Seiten der Kernschicht offenbart. Ferner weist dieses Laminat eine Gasbarriere in Form einer Alufolie auf, wobei diese zwischen der Kernschicht und der äußeren Schicht angeordnet ist. Aus diesem Laminat werden für die Retorte geeignete Verpackungsbehälter oder Kartons mithilfe von Abfüllmaschinen hergestellt, die aus einer Bahn oder einem vorgefertigten Rohling des Verpackungsmaterials fertige Packungen gemäß der so genannten Form-/Füll-/Siegelungstechnologie formen, befüllen und versiegeln.

Dabei werden etwa aus einem flach gefalteten schlauchartigen Verpackungsrohling Behälter dadurch hergestellt, dass der Rohling zuerst zu einem offenen, schlauchförmigen Verpackungskarton angehoben wird, der an seinem einen Ende durch Falten und Siegeln der kontinuierlichen, zusammengeführten faltbaren Endfelder des Kartons versiegelt wird, um einen im Wesentlichen planen unteren Abschluss zu bilden. Der mit dem Boden versehene Behälter wird durch sein offenes Ende mit Nahrungsmitteln befüllt, wobei das offene Ende anschließend durch weiteres Falten und Siegeln der gegenüberliegenden Endfelder zur Bildung eines im Wesentlichen planen oberen Abschlusses geschlossen wird. Sodann kann der Behälter wärmebehandelt werden, um dem Nahrungsmittel eine längere Haltbarkeit zu verschaffen.

Als Beispiel für eine solche Wärmebehandlung verweist das Klagepatent auf die WO 98/16431: Dabei befindet sich der Behälter in einer Retorte und wird mittels eines ersten zirkulierenden gasförmigen Mediums wie etwa heißem Dampf auf eine Temperatur erhitzt, die im Allgemeinen zwischen 70 und 130º C liegt. Nach einer vorbestimmten Verweilzeit wird die Zufuhr des ersten gasförmigen Mediums unterbrochen, wobei der Behälter mittels eines zweiten zirkulierenden flüssigen Mediums wie etwa kaltem Wasser abgekühlt wird. Als bevorzugte Behandlungstemperatur gibt das Klagepatent insoweit den Bereich zwischen 70 und 90º C an.

In diesem Zusammenhang führt das Klagepatent aus, dass es häufig zu Problemen kommen kann, wenn die Wärmebehandlung über 70º C durchgeführt wird und/oder während einer langen Behandlungszeit, und zwar in der Weise, dass die innere Haft- bzw. Bindefestigkeit zwischen den im Verpackungslaminat enthaltenen Schichten dazu neige, schwächer zu werden; dabei könne es sogar zu Delaminierungen kommen, was dann die mechanische Stärke und Formstabilität des Verpackungsbehälters sowie seine Dichtigkeitseigenschaften beeinträchtige.

Vor diesem Hintergrund stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, die oben wiedergegebenen Probleme in Verbindung mit dem Verpackungslaminat gemäß dem Stand der Technik zu verhindern. Insbesondere soll das technische Problem gelöst werden, einen Verpackungsbehälter anzugeben, der in einer Retorte erhitzt werden kann, ohne der Gefahr der Delaminierung mit den daraus resultierenden Folgen ausgesetzt zu sein. Schließlich liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, einen Verpackungsbehälter anzugeben, der unter Aufrechterhaltung mechanischer Stärke und Formstabilität sogar unter extrem hohen Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen in einer Retorte erhitzt werden kann.

Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt der Anspruch 1 des Klagepatents in der von der Klägerin hier geltend gemachten eingeschränkten Fassung einen Verpackungsbehälter mit folgenden Merkmalen vor:

(1) Verpackungsbehälter,
(1.1) geeignet in einer Retorte,
(1.2) hergestellt durch Falten und Abdichten eines Verpackungslaminats.

(2) Das Verpackungslaminat umfasst
(2.1) eine Kernschicht (11; 21) aus Papier oder Pappe,
(2.2) äußere flüssigkeitsundurchlässige Beschichtungen (12 und 13; 22 und 23) und
(2.3) eine Gasbarriere (14, 24),

(2.3.1) welche zwischen der Kernschicht (11; 21) und einer äußeren Beschichtung (12; 22) angeodnet ist,

(2.3.2) wobei die Gasbarriere (14, 24) an die Kernschicht (11; 21) durch eine Schicht (16; 26) aus einem Laminierungs- oder Dichtungsmittel gebunden ist.

(3) Das Laminierungs- oder Dichtungsmittel weist einen höheren Schmelzpunkt als eine maximale Temperatur auf, welcher der in einer Retorte geeignete Verpackungsbehälter während einer Wärmebehandlung in einer Retorte ausgesetzt wird.

(4) Das Laminierungs- oder Dichtungsmittel
(4.1) ist ein Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von über 130º C,
(4.2) ist in Kontakt mit der Kernschicht angeordnet.

II.

1)
Da die Beklagten das Klagepatent widerrechtlich benutzt haben, sind
sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet (Art. 64 EPÜ, §§ 9, 10, 139 Abs. 1 PatG).

Zwischen den Parteien steht zu Recht außer Streit, dass die angegriffene Ausführungsform objektiv geeignet ist, in wortsinngemäßer Weise für die Benutzung der technischen Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents in seiner hier geltend gemachten eingeschränkten Fassung verwendet zu werden.

Die angegriffene Ausführungsform stellt auch ein wesentliches Mittel im Sinne von § 10 PatG dar, was bereits daraus folgt, dass der Anspruch 1 selbst ein entsprechendes Verpackungslaminat vorsieht (vgl. BGH, GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren).

Die Beklagten sind darüber hinaus auch nicht dem Vortrag der Klägerin entgegen getreten, dass die angegriffene Ausführungsform für eine Verwendung gemäß der technischen Lehre des Klagepatents bestimmt ist.

Ebenso hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, dass eine andere Benutzung des Verpackungslaminats der Beklagten als in patentgemäßer Weise nicht ersichtlich sei, so dass auch ihr auf eine uneingeschränkte Verurteilung gerichtetes Begehren gerechtfertigt ist (vgl. Schulte/Kühnen, PatG, 8. Auflage, § 10 Rn 37).

Im Hinblick auf ihre Stellung als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) haben die Beklagten zu 2) und 3) als gesetzliche Vertreter persönlich für die begangene Patentverletzung einzustehen, weil sie kraft ihrer Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hatten (vgl. BGH, GRUR 1986, 248 – Sporthosen). Mangels der Abgabe strafbewehrter Unterlassungserklärungen besteht trotz Ausscheidens der Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer nach wie vor eine Wiederholungsgefahr (vgl. BGH, GRUR 1976, 579 – Tylosin).

2)
Die Beklagten zu 2) und 3) trifft hinsichtlich der Patentverletzungen auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden, welches der Beklagten zu 1) gemäß § 31 BGB zugerechnet wird. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten sie das Klagepatent kennen und dessen Verletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen voraussehen können. Es ist auch von dritter Seite (zumindest) eine unmittelbare das Klagepatent betreffende Benutzungshandlung unstreitig vorgenommen worden, so dass auch diese im Rahmen einer mittelbaren Patentverletzung zusätzlich erforderliche Voraussetzung für die Gewährung eines Schadensersatzanspruches erfüllt ist (vgl. dazu BGH, GRUR 2005, 848 – Antriebsscheiben-Aufzug). Die Beklagten haften der Klägerin deshalb auf Schadensersatz (Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG). Da die genaue Schadenshöhe derzeit noch nicht feststeht, hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse daran, die Schadenersatzverpflichtung der Beklagten zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen (§ 256 ZPO). Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, haben die Beklagten im zuerkannten Umfang Rechnung über ihre Benutzungshandlungen zu legen (Art. 64 EPÜ, § 140b PatG, §§ 242, 259 BGB), wobei von den Beklagten Belege vorzulegen sind (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 5, 249 – Faltenbalg). Hinsichtlich der Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ist – wie bereits im Klageantrag berücksichtigt – den Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheibenbefestiger).

3)
Mit ihrem Ausscheiden als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) zum 30.04.2009 endet die schadensersatzrechtliche Haftung der Beklagten zu 2) und 3) jedoch, so dass die Klage der Teilabweisung zu unterliegen hat, soweit die Klägerin von ihnen auch für die Zeit nach dem 30.04.2009 Schadenersatz sowie Auskunft und Rechnungslegung verlangt.

III.

Dem Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits bis zur Entscheidung über den Einspruch der Beklagten zu 1) vom 28. November 2008 (Anlagen B 1, B 2) gegen die Erteilung des Klagepatents ist nicht zu entsprechen. Die Voraussetzungen des § 148 ZPO liegen nicht vor.
Die Entscheidung über die Aussetzung steht im Ermessen des Verletzungsgerichts, wobei dieses anhand des ihm vorgelegten Sachverhalts zum Einspruchsverfahren die Erfolgsaussichten der Nichtigkeitsklage überprüft. Aufgrund der Tatsache, dass die Aussetzung für den Kläger wegen der langen Verfahrensdauer von Einsprüchen und Nichtigkeitsklagen einen erheblichen Einschnitt in seine Rechte, vor allem den zeitlich begrenzten Unterlassungsanspruch bedeutet und außerdem ein Missbrauch des Beklagten vermieden werden soll, kommt eine Aussetzung in der Regel nach der derzeitig gültigen Rechtsprechung in der ersten Instanz nur dann in Betracht, wenn es in hohem Maße wahrscheinlich erscheint, dass das Klagepatent aufgrund des Einspruchs und der Nichtigkeitsklage widerrufen oder vernichtet wird (vgl. BGH, GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug). Eine derartige Sachlage besteht hier keineswegs.

1)
Die technische Lehre des Klagepatents in seiner hier geltend gemachten eingeschränkten Fassung ist nicht neuheitsschädlich vorweggenommen.

a)
Dies gilt zunächst hinsichtlich der Entgegenhaltung E1 (US 4,533,XXX). Diese offenbart in ihrem Beispiel 12 ein fünfschichtiges Verpackungslaminat (III), aus dem ein Verpackungsbehälter geformt wird.

Ob im Hinblick auf die E1 die Merkmale 1.1 und 4.1 des Klagepatents voroffenbart sind, bedarf keiner Entscheidung der Kammer, weil jedenfalls das Merkmal 1.2 nicht neuheitsschädlich vorweggenommen ist.

Das Merkmal 1.2 des Anspruchs 1 des Klagepatents in seiner eingeschränkten Fassung lehrt, den Verpackungsbehälter durch Falten und Abdichten des – in den weiteren Merkmalen näher konkretisierten – Verpackungslaminats herzustellen.

Schon anhand des Anspruchswortlautes sieht der Fachmann, dass der Behälter – mangels Beschränkung dieser Vorgabe auf einzelne Komponenten – in seiner Gesamtheit durch Falten hergestellt werden soll. Sodann zeigt die Wiedergabe des Standes der Technik durch das Klagepatent dem Fachmann, dass es hierbei die Herstellung von Verpackungsbehältern aus einer Bahn oder einem vorgefertigten Rohling des Verpackungsmaterials im Auge hat (vgl. Seite 2, 1. Absatz der deutschen Übersetzung in Anlage K 2; bestätigt wird dies auch durch die nähere Beschreibung der Herstellung im betreffenden 2. Absatz). Auch die Aufgabenstellung (siehe Seite 4, 2. Absatz der Anlage K 2), wonach die zuvor erläuterten Probleme in Verbindung mit dem Verpackungslaminat des Standes der Technik verhindert werden sollen, gibt dem Fachmann keinen Anlass zur Annahme, das – entsprechend der Lösung des Klagepatents allein in seiner Zusammensetzung der Beschichtungen veränderte – Laminat solle bzw. könne auch in anderer Form als in einer einzigen Bahn oder einem Rohling für die Herstellung durch Falten und Abdichten zur Verfügung gestellt werden. In dieser Erkenntnis wird der Fachmann dadurch bestärkt, dass es auf Seite 17 der Anlage K 2 heißt: „Aus einem Verpackungslaminat gemäß der vorliegenden Erfindung können … Verpackungsbehälter oder Kartons durch Falten und Versiegeln auf die oben genannte Art und Weise (Anm.: Hervorhebung durch die Kammer) hergestellt werden“. Der Hinweis „auf die oben genannte Art und Weise“ nimmt erkennbar Bezug auf die Schilderung des Standes der Technik, wonach die Herstellung von Verpackungsbehältern aus einer Bahn oder einem vorgefertigten Rohling des Verpackungsmaterials erfolgte. Eine patentgemäße Faltung wird der Fachmann daher so verstehen, dass nicht lediglich die Körperform, sondern gerade auch die oberen und unteren Verschlussseiten derart hergestellt werden, dass der Behälter in seiner Gesamtheit aus einem einzigen Bogen hergestellt wird.

Ein derartiges Falten offenbart die E1 indes nicht: Vielmehr wird gemäß Beispiel 12 der E1 der Behälter aus vier unterschiedlichen Komponenten gebildet, nämlich einem zylindrischen Laminatrohr, einem Bodenverschluss, einem oberen Verschluss sowie einem Polypropylenring. Soweit in der E1, Spalte 12, Zeile 10 von „gefaltet“ die Rede ist, bezieht sich dies auf den Vorgang, dass ein Laminat in ein zylindrisches Rohr gerollt wird. Das deckt sich gerade nicht mit dem „Falten“ nach dem Verständnis des Klagepatents. Unbehelflich ist der Hinweis der Beklagten auf die Ausführungen der Klägerin in den Druckschriften D23 bis D25. Soweit diesen überhaupt zu entnehmen sein sollte, dass dort das Rollen eines Laminates zu einem Rohr und ein anschließendes Verschweißen der überlappenden Längsnaht als „Falten“ verstanden werde, ist zu beachten, dass das Klagepatent unter anderem zum Begriff „Falten“ sein eigenes Lexikon beinhaltet und dieses – entsprechend dem zuvor Ausgeführten – eben vor-aussetzt, dass auch die oberen und unteren Bereiche des Behälters durch Falten aus ein- und demselben Laminatstück entstehen müssen.

b)
Auch die Entgegenhaltung E2 (JP-A-57-70XXX) stellt keinen neuheitsschädlichen Stand der Technik dar.

Auch insoweit bedarf es nicht der Klärung, ob das Merkmal 4.1 in der E2 vorweggenommen ist. Jedenfalls offenbart die E2 nämlich nicht das Merkmal 2.3.2, wonach das Laminierungs- oder Dichtmittel in Kontakt mit der Kernschicht angeordnet ist.

Die E2 offenbart in Figur 2 eine Schicht 9, die zwischen der Kernschicht 6 und der potentiellen Polypropylenschicht 2 eingefügt ist. Demzufolge ist das Polypropylen nicht für die Bindung zwischen der Barriere und der Kernschicht verantwortlich, weil die Festigkeit der Verbindung zur Kernschicht von dem nicht näher spezifizierten Klebstoff der Schicht 9 abhängt und eben nicht von dem Polypropylen.

c)
Auch die Entgegenhaltung E10 (DD 283 XXX A5) ist nicht geeignet, den Einwand fehlender Neuheit des Anspruchs 1 des Klagepatents in seiner hier geltend gemachten Fassung zu stützen.

Denn der E10 ist kein Verpackungsbehälter zu entnehmen, der durch Falten und Abdichten eines Verpackungslaminats hergestellt wird.

Die E10 offenbart – vgl. unter anderem die Figuren 1 bis 3 – Behälter aus Karton mit einem giebelartigen Abschluss. Die Behälterherstellung wird auf Seite 5 unten, Seite 6 der E10 näher erläutert. Die Seitenwände 10, 11 und eine fünfte Fläche 12 eines Kartons werden verbunden, wobei ein unterer Verschluss und eine giebelförmige Oberseite 14 vorhanden sind. Die oberen Klappen 19 werden in Flächen-Flächen-Beziehung zueinander (vgl. Fig. 1) und die Klappen 20 mit den unteren Teilen der Klappen 19 wärmeverschlossen (vgl. Fig. 2).

Damit besteht jedenfalls keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Einspruchsabteilung zur Ansicht gelangen wird, die Herstellung des Verpackungsbehälters nach der E10 beruhe allein auf einer bloßen Faltung des Kartonmaterials: Es bedarf nämlich darüber hinaus teilweise – nämlich zur Herstellung des Giebels – einer „Anschweißung“ einzelner Kartonkomponenten an andere. Das geht über ein bloßes Falten im Sinne eines Zurückschlagens eines Teiles auf ein anderes hinaus, da es eben teils noch einer darüber hinausgehenden Maßnahme bedarf.

Ohne Erfolg haben die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.07.2009 dagegen eingewandt, das „Falten“ des Verpackungsbehälters betreffe allenfalls einen „Nebenkriegsschauplatz“ der technischen Lehre des Klagepatents, was sich schon daran zeige, dass die betreffende Lehre zunächst nur in einem Unteranspruch und keinem Nebenanspruch des Klagepatents enthalten gewesen sei. Insoweit ist zunächst klarzustellen, dass auch Elemente einer technischen Lehre, die zunächst Gegenstand eines Unteranspruchs war, selbstverständlich geeignet sind, einem durch sie eingeschränkten Hauptanspruch zur Neuheit zu verhelfen. Im Übrigen stellt der Anspruch 8 gemäß dem Hauptantrag einen Nebenanspruch dar, weil er – anders als die ein Verpackungslaminat betreffenden Ansprüche 1 bis 7 – die Art und Weise der Herstellung eines Verpackungsbehälters lehrt.

d)
Schließlich nimmt auch die Entgegenhaltung E11 (WO90/09XXXA2) nicht die technische Lehre des Anspruchs 1 Klagepatents gemäß Hilfsantrag im Einspruchsverfahren in neuheitsschädlicher Weise vorweg.

Insoweit gelten die Ausführungen zur Entgegenhaltung E10 entsprechend. In Bezug auf die E11 haben die Beklagten betreffend das Merkmal 1.2 weder einen über denjenigen der E10 hinausgehenden Offenbarungsgehalt vorgetragen noch ist ein solcher sonstwie ersichtlich.

2)
Dass die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis gelangen wird, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, ist ebenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich. Denn es finden sich durchaus vernünftige Argumente für die Bejahung der Erfindungshöhe.

a)
Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der von den Beklagten angeführten Kombinationen der E4 (DE 30 39 XXX A1) mit jeweils den Entgegenhaltungen E3, E4 (DE 30 39 XXX A1), E5 und E6.

Die E4 offenbart eine mehrschichtige Laminatstruktur aus zwei äußeren Thermoplastschichten (im Wesentlichen aus Kunstharz mit einem Schmelzpunkt über 115º C), einer papierartigen Schicht und aus einer Aluminiumfolie. Die Parteien stimmen darin überein, dass das im Beispiel 1 der E4 beschriebene Verpackungslaminat zwischen der Papierschicht (= Kernschicht nach Klagepatent) und der Aluminiumfolie (= Gasbarriere nach Klagepatent) keine Polypropylenschicht mit einem Schmelzpunkt über 130º C enthält, sondern stattdessen als Laminierungs- oder Dichtungsmittelschicht eine LDPE-Schicht mit einem darunter liegenden Schmelzpunkt hat, so dass es an einer Voroffenbarung des Merkmals 4 mangelt.

Soweit die Beklagten meinen, ausgehend von der E4 habe sich dem Fachmann die objektive Aufgabe gestellt, ein dem Beispiel 1 der E4 entsprechendes Verpackungslaminat anzugeben, welches auch auf Tempe- raturen oberhalb des Schmelzpunktes von LDPE erhitzt werden kann, ohne dass es dabei zur Bildung von Löchern in der zwischen der Papierschicht und der Aluminiumschicht gelegenen Laminierungs- oder Dichtungsmittelschicht kommt, läuft dies auf eine unzulässige ex-post-Betrachtung hinaus. Die E4 löst die auftretenden Probleme nämlich in der Weise, dass die äußeren und inneren Schichten zu einem Polymer mit höherem Schmelzpunkt geändert werden – bezüglich der Laminierungs- oder Dichtungsschicht, die den Kern mit der Barriereschicht verbindet, werden aber keine Maßnahmen vorgeschlagen. Insoweit kann es dahinstehen, ob der Fachmann die Heraushebung der ausgezeichneten Hafteigenschaften von LDPE ignoriert hätte und sich deshalb nicht von der Verwendung eines Polypropylens hätte abhalten lassen. Die E4 besagt jedenfalls nichts über die Entstehung von Löchern in der Laminierungs- oder Dichtungsschicht. Es gibt auch im Übrigen keine Hinweise für den Fachmann darauf, irgendetwas an der Laminierungsschicht verändern zu müssen. Den Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, dass der Fachmann die betreffenden Probleme ohne Weiteres auf die Laminierungsschicht übertragen wird, da hierfür kein Anlass ersichtlich ist.

b)
Das vorstehend zur E4 Ausgeführte gilt entsprechend, soweit die Beklagten anführen, der Fachmann gelange durch Kombination der Entgegenhaltung E7 (JP-A-56-041XXX) mit jeweils den Entgegenhaltungen E3 bis E6 zur mit dem Hilfsantrag beanspruchten technischen Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents. Denn die E7 unterscheidet sich von der E4 nur in den – hier nicht entscheidenden – innersten und äußersten Schichten des Laminats. Von daher gewinnt der Fachmann aus dieser ebenso wenig einen Anhalt, irgendeine Veränderung der Laminierungsschicht vorzunehmen.

c)
Ohne Erfolg bleibt auch der Hinweis der Beklagten auf die Kombination der Entgegenhaltung E9 (EP 0 887 XXX A1) mit der E 10.

Wie die Beklagten selbst einräumen, offenbart das in Sp. 1, Zeilen 14 – 25 der E9 gelehrte Laminat nicht die technische Lehre des Merkmals 4.1. Soweit die Beklagten meinen, der E9 liege die objektive Aufgabe zugrunde, das in ihr gelehrte Laminat dahingehend zu verbessern, dass sich bei ihm bei einer Wärmebehandlung die Aluminiumfolie weniger leicht von der Papierschicht löse, und die Lösung dieses technischen Problems mittels der technischen Lehre des Merkmals 4.1 habe im Hinblick auf die E10 nahegelegen, überzeugt dies nicht. Denn es ist jedenfalls kein entsprechender Kombinationsanlass für den Fachmann erkennbar. Zu einem solchen haben die Beklagten zum einen nichts vorgetragen; zum anderen macht die Klägerin zu Recht darauf aufmerksam, dass die E9 gar nicht auf das Problem gerichtet ist, Verpackungsmaterialien herzustellen, die den Bedingungen in einer Retorte gewachsen sind.

IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basieren auf § 709 ZPO.