Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Mai 2005, Az. 4a O 271/04
Rechtsmittelinstanz: 2 U 74/05
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
Einrichtungen zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze mit einem aus vorbereiteten Elementen gerüstartig aufbaubaren System, das unterhalb einer Decke des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare Kanäle zur Aufnahme von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen enthält, wobei an die Kanäle nach unten gerichtete, Arbeitsplätzen zugeordnete Säulen anschließbar sind, die mit in Greifhöhe anzuordnenden Versorgungsanschlüssen versehen sind,
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
wobei die Säulen aus teleskopartig relativ zueinander bewegbaren Teilen bestehen, so dass die Versorgungsanschlüsse in der Höhe einstellbar sind;
2.
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen geordneten Verzeichnisses durch Übermittlung entsprechender Kopien der Bestell-, und Lieferscheine sowie Rechnungen vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 15.2.2004 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den im Urteilsausspruch zu I. 1. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dem eingetragenen Inhaber Hermann A durch die vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 15.2.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
V.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000,– Euro vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann jeweils auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Gebrauchsmusters 201 22 xxx (Klagegebrauchsmuster) auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch.
Das Klagegebrauchsmuster nimmt den Anmeldetag des deutschen Patents 101 07 xxx vom 15.2.2001 in Anspruch, welches wiederum die Priorität aus dem deutschen Patent 100 19 xxx beansprucht, und wurde am 15.1.2004 in das Register eingetragen.
Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters hat folgenden Wortlaut:
„Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze, insbesondere miteinander und/oder mit einer zentralen Einrichtung verbundene Computer-Arbeitsplätze oder dergleichen in einem Raum, mit einem aus vorbereiteten Elementen gerüstartig aufbaubaren System, das unterhalb einer Decke des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare Kanäle zur Aufnahme von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen enthält, wobei an die Kanäle nach unten gerichtete, Arbeitsplätzen zugeordnete Säulen anschließbar sind, die mit in Greifhöhe anzuordnenden Versorgungsanschlüssen versehen sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Säulen (21) aus teleskopartig relativ zueinander bewegbaren Teilen bestehen, so dass die Versorgungsanschlüsse in der Höhe einstellbar sind.“
Wegen der weiteren Schutzansprüche des Klagegebrauchsmusters wird auf die Gebrauchsmusterschrift verwiesen. Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der Klagegebrauchsmusterschrift und zeigen Ansichten gebrauchsmustergemäßer Ausführungsformen:
Eingetragener Inhaber des Klagegebrauchsmusters ist Herr Hermann A, der neben Herrn Eckhard A Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Klägerin ist. Mit schriftlicher Vereinbarung vom 8.7.2005 räumte Herr Hermann A der Klägerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer Eckhard A, eine Lizenz an dem Klagegebrauchsmuster ein und ermächtigte diese, die sich aus dem Klagegebrauchsmuster ergebenden Unterlassungsansprüche im eigenen Namen und für eigene Rechnung gegen Verletzer geltend zu machen. Zudem trat Herr Hermann A die sich aus den Verletzungshandlungen ergebenden Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung an die Klägerin ab, die die Abtretung und Ermächtigung annahm.
Die Beklagte hat beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Löschung des Klagegebrauchsmusters beantragt. Mit Bescheid vom 10.2.2005 hat die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA mitgeteilt, das mit der Zurückweisung des Löschungsantrags zu rechnen ist.
Die Beklagte stellt her und vertreibt unter der Bezeichnung „XY“ Einrichtungen zum Installieren von Versorgungsleitungen, die in Labors und Unterrichtsräumen eingesetzt werden (angegriffene Ausführungsform). Wegen der näheren Ausgestaltung dieser Einrichtungen wird auf den von der Klägerin vorgelegten Ausdruck aus dem Internet-Auftritt der Beklagten (Anlage K 7), die dort abrufbare „pdf-Datei“ (Anlage K 8) sowie drei Fotografien (Anlage K 9) Bezug genommen. Ablichtungen der Fotografien werden nachfolgend wiedergegeben:
Die Klägerin sieht in der Herstellung und dem Vertrieb der genannten Einrichtungen durch die Beklagten eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters.
Sie beantragt,
wie zuerkannt, wobei sie zusätzlich beantragt, dass die Beklagte die Richtigkeit ihrer Angaben 2. a) und b) durch Übermittlung entsprechender Belege nachzuweisen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise
die Verhandlung auszusetzen, bis über den Löschungsantrag entschieden worden ist.
Die Beklagte bestreitet die Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters, weil dieses nicht neu und nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe. Zudem liege eine unzulässige Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Patentanmeldung vor, aus der das Klagegebrauchsmuster abgezweigt worden sei. Selbst wenn das Klagegebrauchsmuster rechtsbeständig wäre, könnte keine Verletzung vorliegen, weil sich die angegriffene Ausführungsform in diesem Fall keine Erfindung gegenüber der Anlage K 3 darstellen würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und hat ganz überwiegend auch in der Sache Erfolg.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz sowie ganz überwiegend auch der Anspruch auf Rechnungslegung zu, §§ 24 Abs. 1 und 2, 24 b GebrMG, §§ 242, 259 BGB.
I.
Das Klagegebrauchsmuster betrifft eine Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen für mehrere Arbeitsplätze, insbesondere miteinander und/oder mit einer zentralen Einrichtung verbundene Computer-Arbeitsplätzen, in einem Raum.
In der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters wird im Wesentlichen ausgeführt, dass solche Einrichtungen flexibel und schnell umrüstbar ausgestaltet sein sollen, um leicht an die jeweiligen Raumverhältnisse und an Anforderungen angepasst werden zu können, die sich durch die Fortentwicklung der Technik, beispielsweise der Computertechnik, stellen.
Es seien sogenannte Deckenampeln oder Flügel bekannt, die eine Länge von mehreren Metern oder ein Breite von 30 cm bis 60 cm hätten, die von der Decke abgehängt würden, so dass sie sich in einer Höhe von 190 cm bis 215 cm befänden, also knapp oberhalb der Greifhöhe einer erwachsenen Person. Diese Deckenampeln oder Flügel stellten die Versorgungsanschlüsse zur Verfügung. Der Anschluss von Endverbrauchsgeräten erfordere ein Strecken einer erwachsenen Person über die normale Greifhöhe hinaus oder das Benutzen von Hilfsmitteln, wie Hockern oder Leitern. Das Anschließen sei daher unbequem und umständlich. Darüber hinaus befänden sich die Deckenampeln oder Flügel für hochgewachsene Personen in Kopfhöhe oder nur knapp darüber, so dass sie eine Gefahr bildeten. Außerdem behinderten die Versorgungseinheiten die Raumbeleuchtung oder würfen Schatten. Es sei deshalb häufig eine Zusatzbeleuchtung aus den Versorgungseinheiten erforderlich. Für eine gute Lichtverteilung würden die Versorgungseinrichtungen allerdings zu niedrig hängen.
Dem Klagegebrauchsmuster liegt vor diesem Hintergrund das Problem zugrunde, eine Einrichtung der genannten Art zu schaffen, die einen flexiblen Aufbau und eine flexible Installation von Versorgungsleitungen ermöglicht, die leicht zu bedienen ist und die zu möglichst geringen Behinderungen führt.
Das soll nach Schutzanspruch 1 durch die nachfolgende Merkmalskombination erreicht werden:
1. Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze in einem Raum
2. mit einem aus vorbereiteten Elementen gerüstartig aufbaubaren System,
3. das System enthält unterhalb einer Decke des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare Kanäle,
4. die Kanäle dienen zur Aufnahme von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen
5. an die Kanäle sind nach unten gerichtete, Arbeitsplätzen zugeordnete Säulen anschließbar,
6. die Säulen sind mit in Greifhöhe anzuordnenden Versorgungsanschlüssen versehen,
7. die Säulen (21) sind aus teleskopartig relativ zueinander bewegbaren Teilen bestehen, so dass die Versorgungsanschlüsse in der Höhe einstellbar sind.
II.
1.) Der Gegenstand von Schutzanspruch 1 geht nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, § 15 Abs. 1 Nr. 3 GebrMG.
Eine unzulässige Erweiterung liegt vor, wenn der Gegenstand des Gebrauchsmusters gegenüber der ursprünglichen Offenbarung so verändert worden ist, dass ein Fachmann aus dem Gebrauchsmuster Angaben erhält, die er mit seinem bloßen Fachwissen der ursprünglichen Offenbarung nicht entnommen hätte (Bühring, 6. Aufl., § 15 GebrMG, Rdn. 26).
Das ist bei Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters auch hinsichtlich des Merkmals 7 nicht der Fall, weil sich dessen Ausgestaltung aus der Beschreibung der Anmeldeunterlagen des Stammpatents ergibt, wenn dort eine „abgewandelte Ausführungsform“ beschrieben wird, bei der die Säulen 21 aus teleskopartig relativ zueinander bewegbaren Teilen bestehen, so dass der Anschlusskasten 22 mit den Versorgungsanschlüssen in der Höhe einstellbar ist (Umdruck, Seite 6, letzter Absatz = DE-OS 101 07 912 Rdn. 0028). Dem Fachmann wird auch eine Ausgestaltung einer Versorgungseinrichtung nach den Merkmalen 1 bis 6 in Kombination mit dem Merkmal 7 offenbart. Denn die vorgenannte Beschreibung des Merkmals 7 in den Anmeldeunterlagen bezieht sich auf die Figur 4, welche wiederum eine perspektivische Ansicht auf eine Einzelheit des gerüstartigen Systems nach Figur 1 zeigt, das die Merkmale 1 bis 6 aufweist (vgl. auch Bescheid des DPMA vom 10.2.2005, Anlage K 14, Seite 3 f.).
Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 4. Mai 2005 und in der mündlichen Verhandlung darauf abgehoben hat, dass in der Rückbeziehung der Schutzansprüche 15 und 16 über den Schutzanspruch 13 auch auf den Schutzanspruch 2 gegenüber den ursprünglichen Patentansprüchen 16 und 17 der Stammpatentanmeldung sowie in der Rückbeziehung des Schutzanspruchs 12 auf Schutzanspruch 11 auch auf Schutzanspruch 2 gegenüber dem ursprünglichen Schutzanspruch 10 der Stammpatentanmeldung eine unzulässige Erweiterung liegen soll, ist dies unbehelflich, weil die Klage weder auf die Schutzansprüche 15 und 16 noch auf den Schutzanspruch 12 gestützt ist.
Selbst wenn im Hinblick auf den Gegenstand der Schutzansprüche 15 und 16 sowie auf des Schutzanspruchs 12 eine unzulässige Erweiterung vorliegen sollte, worüber hier nicht abschließend zu befinden ist, hätte dies im Übrigen auch nicht die Unwirksamkeit der Abzweigung als solcher zur Folge (BGH, GRUR 2003, 867 – Momentanpol). Aus Änderungen in der abgezweigten Gebrauchsmusteranmeldung, die gegenüber der Patentanmeldung eine Erweiterung bedeuten würden, können (lediglich) keine Rechte hergeleitet werden (BGH, a.a.O.), was hier auch nicht der Fall ist, weil sich die Klage allein auf Schutzanspruch 1 und nicht auf die Schutzansprüche 15, 16 und 12 stützt.
2.) Der Gegenstand von Schutzanspruch 1 ist schutzfähig, weil er neu ist, auf einem erfinderischen Schritt beruht und gewerblich anwendbar ist, § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 GebrMG.
a) Der Gegenstand von Schutzanspruch 1 hat als neu zu gelten, weil die Beklagte keinen Stand der Technik aufgezeigt hat, der diesen vorweg genommen hat, § 3 GebrMG.
Das US-amerikanische Patent 4 993 683 (Anlage D 9 zur Anlage B 1) offenbart ein Deckenstativ zur Aufnahme medizinischer Geräte in einem Operationssaal. An einer Decke ist ein um eine vertikale Achse verschwenkbarer Ausleger befestigt, von dem eine Säule gehalten wird. An dieser Säule sind Halterungen angeordnet, die mittels Handrädern gegenüber der Säule höhenverstellbar sind. Die Entgegenhaltung offenbart weder ein aus vorbereiteten Elementen gerüstartig aufbaubares System, das unterhalb der Decke des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare Kanäle enthält (Merkmale 2 und 3) noch Säulen, die aus teleskopartig zueinander bewegbaren Teilen bestehen, so dass die Versorgungsanschlüsse in der Höhe einstellbar sind (Merkmal 7).
Die Neuheit des Gegenstandes von Schutzanspruch 1 wird auch nicht durch das US-amerikanische Patent 3 556 435 (Anlage D 10 zur Anlage B 1) in Frage gestellt. Dieses betrifft eine Einrichtung für einen Operationssaal einer Klinik. An der Decke des Operationssaals ist ein Gerätegehäuse angebracht, aus welchem teleskopartig Hilfseinrichtungen sowie ein Hilfsgehäuse ausführbar sind, an dem Instrumententräger befestigt sind. Es wird damit keine Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze in einem Raum offenbart, die die Merkmale 2 bis 6 des Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters aufweist.
Der Beitrag in der Schweizerischen Bauzeitung Nr. 24 vom 11. Juni 1998 (Anlage D 5 zur Anlage B 1) stellt eine Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze vor, die den Merkmalen 2 bis 6 des Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters entspricht. Nicht offenbart wird jedoch das Merkmal 7. Dem steht der Verweis der Beklagten auf Seite 12, Spalte 1, Zeilen 11 bis 14, wo ausgeführt wird, dass die modular nach Bedarf zusammengesteckten Mediensäulen mit einer Konsole in der gewünschten Lage am Deckenraster fixiert wird, nicht entgegen. Auch diese Stelle enthält für den Fachmann keinen konkreten Hinweis darauf, die Säule aus teleskopartig zueinander bewegbaren Teilen zu bilden, so dass die Versorgungsanschlüsse in der Höhe einstellbar sind (vgl. auch DPMA, Bescheid vom 10.2.2005, Anlage K 14, Seite 5, letzter Absatz).
b) Die Lehre aus Schutzanspruch 1 beruht auf einem erfinderischen Schritt.
Zwar offenbaren sowohl der bereits genannte Beitrag von Martinoni und Schmucki in der Schweizerischen Bauzeitung Nr. 24 vom 11. Juni 1998 (Anlage D 5 zur Anlage B 1) als auch das deutsche Gebrauchsmuster 94 11 771 (Anlage D 1 zur Anlage B 1) eine Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze in einem Raum nach Maßgabe der Merkmale 1 bis 6. Weder die genannten Entgegenhaltungen noch eine der anderen von der Beklagten aufgeführten Druckschriften haben es dem Fachmann jedoch nahegelegt, bei einer solchen Einrichtung die Säulen aus teleskopartig zueinander bewegbaren Teilen so auszugestalten, dass die Versorgungsanschlüsse in der Höhe einstellbar sind. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf das US-amerikanische Patent 3 599 922 (Anlage D 8 zur Anlage B 2) abhebt, ist festzustellen, dass dieses bereits keine teleskopartig höhenverstellbaren Säule offenbart und daher den Fachmann auch nicht dazu anregen konnte, die Säulen der in den Druckschriften D 1 und D 5 gezeigten Einrichtungen nach Maßgabe des Merkmals 7 auszugestalten. Eine Anregung zur teleskopartigen Höhenverstellung der Säulen der aus den Entgegenhaltungen D 1 und D 5 bekannten Einrichtungen konnte der Fachmann schließlich auch nicht der US-amerikanischen Patent 3 556 455 (Anlage D 10 zur Anlage B 1) entnehmen, weil es sich dabei um einen gattungsfremden Stand der Technik handelt (keine Einrichtung zum Installieren von Versorgungs- und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze mit einem gerüstartig aufbaubaren System). Gleiches gilt im Hinblick auf den als Anlage K 3 vorgelegten Prospekt der Beklagten, selbst wenn zu ihren Gunsten unterstellt wird, dass dieser bereits vor dem Prioritätsdatum des Klagegebrauchsmusters verteilt worden und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. In dem Prospekt werden jedenfalls keine teleskopartig höhenverstellbaren Säulen offenbart und einen Hinweis zur teleskopartigen Höhenverstellung konnte der Fachmann weder den Entgegenhaltungen D 1 und D 5, die eine solche Ausgestaltung ebenfalls nicht offenbart haben, noch der gattungsfremden Entgegenhaltung D 10 entnehmen.
c) Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 ist schließlich auch gewerblich anwendbar.
III.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht den Gegenstand von Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß. Das ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, so dass es dazu keiner weiteren Begründung bedarf.
Die Beklagte wendet jedoch ein, Medienversorgungseinrichtungen, die wie die angegriffene Ausführungsform ausgestaltet seien, hätten vor der Priorität des Klagegebrauchsmusters bereits zum Gemeingut der Technik gehört, und nimmt insoweit insbesondere auf ihren Prospekt aus dem Jahre 1994 sowie auf die als Anlagen D 5, D 8, D 9 und D 10 zur Anlage B 1 vorgelegten Druckschriften Bezug, die bereits oben unter II. näher erläutert wurden.
Das Vorbringen der Beklagten greift nicht durch. Die Prüfung des Einwandes des freien Standes der Technik (sog. Formstein-Einwand) setzt nicht nur voraus, dass von jedem einzelnen Merkmal des Klageschutzrechtes Gebrauch gemacht wird, sondern auch, dass mindestens eines dieser Merkmale nicht in wortsinngemäßer Form verwirklicht ist (BGH, GRUR 1999, 914 – Kontaktfederblock). Daran fehlt es jedoch hier, weil die angegriffene Ausführungsform alle Merkmale des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß verwirklicht.
IV.
Die Klägerin ist in gewillkürter Prozessstandschaft zur klageweisen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs wegen Verletzung des Klagegebrauchsmusters berechtigt. Sie hat als Lizenznehmerin nicht nur das erforderliche wirtschaftliche Interesse an der Inanspruchnahme der Beklagten, sondern ist auch zur Geltendmachung der sich aus dem Klagegebrauchsmuster ergebenden Unterlassungsansprüche im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ermächtigt worden. Sowohl die Einräumung einer Lizenz als auch die Ermächtigung zur Klageerhebung ergeben sich aus der als Analge K 2a vorgelegten Vereinbarung, die zwischen dem eingetragenen Inhaber des Klagegebrauchsmusters, Herrn Hermann A, und dem Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten, Herrn Eckhard A am 17.3.2005 zustande gekommen ist.
Die Klägerin ist zudem nach Abtretung als Inhaberin der eingeklagten Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche berechtigt. An dem wirksamen Zustandekommen der Abtretungsvereinbarung vom 17.3.2005 besteht ebensowenig Zweifel wie an dem wirksamen Zustandekommen des vorgenannten Lizenzvertrages bzw. der vorgenannten Klageermächtigung.
V.
1.) Die Beklagte ist im zuerkannten Umfang zur Unterlassung verpflichtet, weil sie die angegriffen Ausführungsform herstellen bzw. vertreiben, § 24 Abs. 1 GebrMG.
2.) Die Klägerin kann von der Beklagten auch Schadensersatz verlangen, § 24 Abs. 2 GebrMG. Denn als Fachunternehmen hätten die Beklagten die Gebrauchsmusterverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es überdies hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
3.) Damit die Klägerin den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern kann, sind die Beklagten ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
Die Beklagte ist im Rahmen der Rechnungslegung auch zur Vorlage der im Ausspruch genannten Belegen verpflichtet, weil der Gläubiger erst durch die Vorlage der Belege die Möglichkeit erhält, die Verlässlichkeit der Rechnungslegung zu überprüfen und sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ein Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung besteht (vgl. BGH, GRUR 2002, 709, 712 – Entfernung der Herstellungsnummer III; GRUR 2003, 433, 434 – Cartier-Ring). Daraus folgt zugleich, dass der Schuldner – wie allerdings von der Klägerin beantragt – die Richtigkeit seiner Angaben nicht auch seinerseits nachzuweisen hat. Deshalb ist die Klage in diesem Umfang abzuweisen.
V.
Die Aussetzung der Verhandlung im Hinblick auf das gegen Klagegebrauchsmuster gerichtet Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt ist nicht veranlasst, § 19 GebrMG. Zur Begründung kann auf die vorstehenden Ausführungen zur Schutzfähigkeit verwiesen werden.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.
Der Streitwert beträgt 300.000,– Euro.