Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. Februar 2015, Az. 4a O 75/14
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, diese zu vollziehen an einem ihrer Geschäftsführer, zu unterlassen,
Stapelvorrichtungen für Pressen zur Herstellung von Kunststoffartikeln, wie z. B. Bechern und dergleichen, die einen Stapelkopf umfassen, der einem Formnest gegenüberliegt, welches mindestens zwei Positionen hat, eine aufrechte Position und eine gedrehte Position, in der die obere Oberfläche des Formnestes dem Stapelkopf gegenüberliegt,
im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
soweit die jeweilige Stapelvorrichtung ein Führungsmittel umfasst, ausgebildet, um den Stapelkopf während der Drehung des Formnestes zu bewegen, so dass der Stapelkopf zumindest in der gedrehten Position im Vergleich zu der aufrechten Position sich in einem reduzierten Abstand von der Oberfläche des Formnestes befindet;
2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziff. I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 27.04.2013 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen und/oder bestellten Maschinen sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Typenbezeichnungen und außerdem der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie Typenbezeichnungen und außerdem der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der Art und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns,
– wobei zum Nachweis der Angaben gemäß a) und b) die entsprechenden Einkaufs- bzw. Verkaufsbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
– wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziff. I. 1. bezeichneten, seit dem 27.04.2013 begangenen Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.679,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.08.2014 zu zahlen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens (Az. 4a O 103/13) werden der Beklagten auferlegt.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
TATBESTAND:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 990 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent), dessen eingetragene Inhaberin die Klägerin ist, auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Erstattung vorgerichtlicher Kosten sowie auf Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch.
Das Klagepatent wurde am 01.10.2007 unter Inanspruchnahme der Priorität einer italienischen Schrift vom 16.04.2007 in englischer Verfahrenssprache angemeldet. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents erfolgte am 27.03.2013. Das Klagepatent ist in Kraft. Über den durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.12.2013 erhobenen Einspruch hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes bisher noch nicht entschieden.
Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Stacker apparatus for presses for manufacturing plastic articles such as cups and the like“ („Stapelvorrichtung für Pressen zur Herstellung von Kunststoffartikeln, wie z. B. Becher“). Der hier streitgegenständliche Patentanspruch 1 des Klagepatents ist wie folgt gefasst:
„A stacker apparatus, for presses for manufacturing plastic articles such as cups (4) and the like, comprising a stacking head (6) which faces a mold nest (8) which has at least two positions, an upright position and a rotated position in which the upper surface of said mold nest faces said stacking head, characterized in that it comprises a guide means (11, 12) adapted to move said stacking head during the rotation of said mold nest so that said stacking head is at a reduced distance from said upper surface of said mold nest in at least said rotated position as compared to said upright position.”
In der eingetragenen deutschen Übersetzung des Klagepatents ist Patentanspruch 1 wie folgt formuliert:
„Eine Stapelvorrichtung für Pressen zur Herstellung von Kunststoffartikeln, wie zum Beispiel Bechern (4) und dergleichen, die einen Stapelkopf (6) umfasst, der einem Formnest (8) gegenüberliegt, welcher mindestens zwei Positionen hat, eine aufrechte Position und eine gedrehte Position, in der die obere Oberfläche des Formnestes dem Stapelkopf gegenüberliegt, dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Führungsmittel (11, 12) umfasst, ausgebildet, um den Stapelkopf während der Drehung des Formnestes zu bewegen, so dass der Stapelkopf zumindest in der gedrehten Position im Vergleich zu der aufrechten Position sich in einem reduzierten Abstand von der oberen Oberfläche des Formnestes befindet.“
Die nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figuren 1, 2 und 5 zeigen nach der Klagepatentbeschreibung ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung. Bei Figur 1 handelt es sich um eine Seitenansicht der erfindungsgemäßen Stapelvorrichtung.
Die Figuren 2 und 5 zeigen – gegenüber der Figur 1 vergrößert – das untere Formnest der Presse und den Stapelkopf, wobei sich das Formnest einmal in der Artikel-Formposition (Figur 2) und einmal in der Ausstoßposition befindet (Figur 5).
Die Beklagte stellte auf der Messe „A 2013“, welche im Oktober 2013 in Düsseldorf stattfand, eine Maschine des Typs „B“ aus (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform).
Diese Maschine wurde im Rahmen eines durch die Klägerin angestrengten Besichtigungsverfahrens auf dem Messestand der Beklagten durch den Sachverständigen C untersucht. Die grundsätzliche technische Gestaltung der durch den Sachverständigen untersuchten Maschine lässt sich anhand der nachfolgend verkleinert eingeblendeten, den Seiten 2 und 3 des als Anlage K 8 zur Akte gereichten Prospekts entnommenen Abbildung erkennen.
Die Maschine weist neben einer (nicht gezeigten) Bevorratungsvorrichtung für eine Rolle Kunststofffolie einen Formgebungs- und Stanzvorrichtung (im Bild im linken Bereich) und eine Stapelvorrichtung auf (im Bild rechts).
In der Formgebungs- und Stanzvorrichtung ist eine zweiteilig ausgebildete Formbildungseinrichtung angeordnet, die aus einem feststehenden Oberteil (1) und einem translatorisch und rotatorisch relativ zum Oberteil bewegbaren Unterteil (2) besteht. Das Unterteil weist, wie die nachfolgend verkleinert eingeblendete, dem im Besichtigungsverfahren eingeholten Gutachten entnommene Abbildung zeigt, vier Reihen mit jeweils acht Formnestern auf, die der Ausbildung von Kunststoffbechern aus der zwischen dem Ober- und Unterteil geführten Kunststofffolie dienen.
Die Bewegung des Unterteils erfolgt über eine am Maschinengestell gelagerte Welle (7), die an ihren Enden über Kniehebel (8) mit dem Unterteil verbunden ist. Über die Kniehebel wird eine Rotation der Welle in eine oszillierende Hub- und Schwenkbewegung des Unterteils umgesetzt. Zwischen den an dem Unterteil angeschlossenen Kniehebeln und dem Unterteil sind an beiden Seiten des Unterteils Kurvenscheiben (9) angeordnet.
Die Stapelvorrichtung schließt sich an die Formgebungs- und Stanzvorrichtung an. Sie weist einen Stapelkopf (11) auf, der aus einem in einem Maschinengestell angeordneten, im Wesentlichen quaderförmigen Gehäuse (12) besteht, welches zwei parallel angeordnete Oberflächen (13) hat. Dies verdeutlicht die nachfolgend verkleinert eingeblendete, ebenfalls dem im Besichtigungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten entnommene Abbildung.
Eine der beiden Oberflächen ist in Richtung der Formgebungs- und Stanzvorrichtung des Unterteils (der Formgebungs- und Stanzvorrichtung) ausgerichtet. Die zweite der beiden Oberflächen schließt an Führungen an, die jeweils aus in regelmäßigen Abständen um die Bohrungen angeordneten Rundstäben ausgebildet sind. Die Führungen dienen dem Transport der von dem Unterteil an den Stapelkopf übergebenen Kunststoffbecher, die am Ende der Führungen gestapelt und bei Bedarf entnommen werden. Der Stapelkopf weist ferner eine Kopfplatte (15) auf, die in Übereinstimmung mit dem Gehäuse des Stapelkopfes ebenfalls vier Reihen mit jeweils acht Bohrungen aufweist. Die Kopfplatte ist über zwei seitlich an der Kopfplatte und dem Gehäuse angeordnete Führungsstangen (16) relativ zum Gehäuse verschiebbar geführt, wobei die Führungsstangen fest mit der Kopfplatte verbunden und in Führungen des Gehäuses geführt sind.
An der dem Gehäuse zugewandten Oberfläche der Kopfplatte ist eine Platte (12a) angeschraubt, die zweiundreißig Hohlzylinder (12b) aufweist. Jeder Hohlzylinder ist in einer Bohrung des Gehäuses geführt. Die Länge der Hohlzylinder ist geringfügig größer als die Länge der Relativbewegung der Kopfplatte zum Gehäuse. Weiterhin sind an dem Gehäuse zwei Druckluftzylinder angeordnet, die jeweils eine Kolbenstange aufweisen, die an der Kopfplatte befestigt ist. An der Kopfplatte sind weiterhin zwei Führungselemente mit jeweils einer darin drehbar gelagerten Rolle angeordnet. Die Rollen stehen bei betriebsbereiter Maschine in Kontakt mit den Führungsflächen der Kurvenscheiben.
Bei der angegriffenen Ausführungsform ist die Folie zwischen dem Ober- und dem Unterteil der Formgebungs- und Stanzvorrichtung geführt. Das Oberteil ist fest im Maschinengestell gelagert. Das Unterteil wird auf einer Bewegungsbahn derart zum Oberteil geführt, dass in den Formnestern des Unterteils Kunststoffbecher aus der Kunststofffolie ausgebildet werden können. Im Anschluss hieran senkt sich das Unterteil in einem ersten linearen Abschnitt der Bewegungsbahn vom Oberteil ab, bevor das Unterteil dann in Uhrzeigerrichtung eine rotatorische Bewegungsbahn ausführt. Diese rotatorische Bewegung erfolgt ungefähr über einen Winkelbereich von 40 Grad. In der Endstellung der rotatorischen Bewegung nimmt das Unterteil (2) mit seiner die Formnester aufweisenden Oberfläche eine Position ein, in der diese Oberfläche parallel zur Oberfläche der Kopfplatte des Stapelkopfes angeordnet ist, welche der Formgebungs- und Stanzvorrichtung zugewandt ist. Diese relative Ausrichtung des Unterteils zur Kopfplatte dient der Übergabe der fertigen Kunststoffbecher von der Formgebungs- und Stanzvorrichtung in die Stapelvorrichtung.
Sobald das Unterteil aus der linearen Bewegung weg vom Oberteil in die rotatorische Bewegung übergeht, bewegt sich die Kopfplatte in Richtung auf das Unterteil der Formgebungs- und Stanzmaschine zu, wobei der wesentliche Teil dieser Bewegung am Ende der rotatorischen Bewegung des Unterteils erfolgt. Die Koordination dieser Bewegungen der Kopfplatte und des Unterteils der Formgebungs- und Stanzmaschine erfolgt durch die Kombination der Kurvenscheiben am Unterteil der Formgebungs- und Stanzvorrichtung und der Führungselemente mit den Rollen, die an der Kopfplatte angeordnet sind.
Hinsichtlich der weiteren Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Sachverständigen in dem im vorausgegangenen Besichtigungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten Bezug genommen.
Zwischen den Parteien steht nicht in Streit, dass die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Da die Beklagte gleichwohl auf die Abmahnung der Klägerin die geforderten Erklärungen nicht abgab, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.07.2014, der Beklagten zugestellt am 18.08.2014, Klage erhoben.
Die Klägerin beantragt,
zu erkennen wie geschehen.
Hinsichtlich der Formulierung der durch die Klägerin in Form von „insbesondere, wenn“-Anträgen formulierten Hilfsanträge wird auf die Klageschrift Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise:
Aussetzung.
Sie meint, das Klagepatent werde im Einspruchsverfahren vernichtet. Zum einen werde die Erfindung in der Klagepatentschrift nur unzureichend offenbart. Zum anderen fehle es auch an der erfinderischen Tätigkeit.
Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Erstattung vorgerichtlicher Kosten sowie auf Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m.
§§ 242, 259 BGB zu. Für eine Aussetzung der Verhandlung bietet der durch die Beklagte erhobene Einspruch keine Veranlassung.
I.
Das Klagepatent betrifft eine Stapelvorrichtung für Pressen zur Herstellung von Kunststoffartikeln, die an einer mit einem beweglichen unteren Formnest ausgestatteten Maschine angebracht werden kann.
Wie das Klagepatent einleitend ausführt, verfüge ein derartiges, der Formung der Artikel dienendes Formnest mindestens über zwei Arbeitspositionen: eine Position zum Formen der Artikel und eine Position, um sie auszustoßen. In der Ausstoßposition sei das Formnest gekippt und zum Stapelkopf hin gerichtet, der eine Vielzahl von Stapelkanälen einschließe, in welche die geformten Artikel bewegt werden könnten.
Damit sich das Formnest aus der vertikalen Position in die Stapelposition drehen könne ohne den Stapelkopf zu behindern, müsse der Stapelkopf bei derartigen Systemen, wie sie etwa aus der US 4,565,XXX bekannt seien, in einem Abstand vom Formnest angeordnet werden. Dies führe allerdings dazu, dass Artikel mit einer länglichen Form, die durch den Ausstoß-Luftstrom gekippt würden, zwischen dem Formnest und dem Stapelkopf am Einlass der Stapelkanäle eingekeilt würden.
Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zu Grunde, eine Stapelvorrichtung bereitzustellen, die es ermöglicht, den Abstand zwischen dem Formnest und dem Einlass der Kanäle der Stapelvorrichtung während des Ausstoßens der Artikel wesentlich zu verringern. Darüber hinaus soll eine Vorrichtung bereitgestellt werden, welche die Arbeit zuverlässiger macht und die in der Lage ist, die Artikel schneller und präziser zu stapeln.
Zur Lösung dieser Aufgabe ist in Patentanspruch 1 eine Stapelvorrichtung mit den folgenden Merkmalen vorgesehen:
1. Stapelvorrichtung für Pressen zur Herstellung von Kunststoffartikeln, wie zum Beispiel Bechern (4) und dergleichen.
2. Die Stapelvorrichtung umfasst einen Stapelkopf (6).
3. Der Stapelkopf (6) liegt einem Formnest (8) gegenüber.
4. Das Formnest (8) hat mindestens zwei Positionen,
4.1. eine aufrechte Position und
4.2. eine gedrehte Position, in der die obere Oberfläche des Formnestes dem Stapelkopf gegenüberliegt.
5. Die Stapelvorrichtung umfasst ein Führungsmittel (11, 12).
5.1. Das Führungsmittel ist ausgebildet, um den Stapelkopf während der Drehung des Formnestes zu bewegen,
5.1.1. so dass der Stapelkopf zumindest in der gedrehten Position des Formnestes (8) im Vergleich zu deren aufrechter Position sich in einem reduzierten Abstand von der oberen Oberfläche des Formnestes befindet.
II.
Dass die angegriffene Ausführungsform vor dem Hintergrund der Ausführungen des Sachverständigen in dem im Besichtigungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht, hat die Beklagte zu Recht nicht in Frage gestellt.
Da die Beklagte die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland auch angeboten und vertrieben und damit widerrechtlich von der Lehre des Klagepatents im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG Gebrauch gemacht hat, stehen der Klägerin die folgenden Ansprüche zu:
1.
Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes ohne Berechtigung erfolgt.
2.
Des Weiteren hat die Beklagte der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG), denn sie hätte als Fachunternehmen die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB.
Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.
3.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist der Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.10.2010, Az.: I-2 U 42/09).
4.
Schließlich hat die Beklagte der Klägerin auch ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG. Die Zinsentscheidung folgt aus § 291 i. V. m. 288 Abs. 1 BGB.
III.
Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung.
1.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BIPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 2784 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als Solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Eine Aussetzung ist vielmehr grundsätzlich erst dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent dem erhobenen Einspruch bzw. der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (vgl. BGH, Az.: X ZR 61/13, Beschluss v. 16.09.2014). Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.
2.
Dies vorausgeschickt liegen die Voraussetzungen einer Aussetzung der Verhandlung nicht vor.
a)
Dies gilt zunächst im Hinblick auf den durch die Beklagte erhobenen Einwand der unzureichenden Offenbarung.
Bei der Beurteilung der Frage der Ausführbarkeit der Erfindung kommt es darauf an, ob es einem Fachmann möglich ist, die Erfindung anhand der Offenbarung praktisch zu verwirklichen (vgl. Schulte/Moufang, Patentgesetz, 9. Auflage, § 34 Rz. 349 ff.). Eine Erfindung ist daher nur dann unzureichend offenbart, wenn ein für das Gebiet der Erfindung zuständiger Fachmann anhand der Patentschrift unter Zuhilfenahme seines Fachwissens mit zumutbarem Aufwand nicht in der Lage ist, die unter Schutz gestellte Erfindung in ausreichendem Maße im gesamten beanspruchten Bereich praktisch zu verwirklichen (vgl. Schulte/Moufang, a.a.O., § 21 Rz. 28). Die Beweislast für eine unzureichende Offenbarung obliegt dabei dem Einsprechenden, der in der Regel unter exakter Nacharbeitung der Bedingungen des Patents nachweisen muss, dass die Erfindung nicht ausführbar ist (vgl. Schulte/Moufang, a.a.O., § 21 Rz. 37).
Diesen Anforderungen wird die Einspruchsbegründung der Beklagten nicht gerecht. Dass die Erfindung durch den Fachmann unter Zuhilfenahme seines Fachwissens mit zumutbarem Aufwand nicht praktisch verwirklicht werden könnte, lässt sich für die nicht fachkundig besetzte Kammer anhand des Vorbringens der Beklagten nicht feststellen.
Soweit die Beklagte zunächst darauf verweist, der Begriff „reduzierter Abstand“ sei mehrdeutig, vermag die Kammer dem bereits deshalb nicht zu folgen, weil der streitgegenständliche Patentanspruch ausdrücklich klarstellt, zu welcher Bezugsgröße der Abstand reduziert werden soll. Der Stapelkopf soll sich zumindest in der gedrehten Position des Formnestes im Vergleich zu dessen aufrechter Position in einem reduzierten Abstand zur Oberfläche des Formnestes befinden. Der Abstand zwischen dem Stapelkopf und der Oberfläche des Formnestes soll demnach in der gedrehten Position des Formnestes kleiner sein als in dessen aufrechter Position.
Auch der weitere Hinweis darauf, der in der Beschreibung genannte Druckluftzylinder an sich gewährleiste noch keine Bewegung des Stapelkopfes, vermag eine unzureichende Offenbarung nicht zu begründen. Denn der streitgegenständliche Patentanspruch stellt es in das Belieben des Fachmanns, wie der Stapelkopf bewegt werden soll. Dass der Fachmann anhand seines Fachwissens nicht in der Lage wäre, eine geeignete Konstruktion bereitzustellen, mit welcher die beanspruchte Bewegung des Stapelkopfs realisiert werden kann, vermag die Kammer nicht zu erkennen.
Schließlich trägt auch der Verweis auf die vermeintliche Divergenz zwischen der Formulierung des Patentanspruchs und der Klagepatentbeschreibung den Vorwurf der unzureichenden Offenbarung nicht. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Einlassplatte nach der Klagepatentbeschreibung zum Formnest bewegt wird (vgl. Abschnitte [0021], [0024] und [0026]). Allerdings handelt es sich bei einer solchen Gestaltung um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel, welches sich auch unter den streitgegenständlichen Patentanspruch subsumieren lässt. Zwar verlangt dieser, dass sich der Stapelkopf während der Drehung des Formnestes bewegt. Wie der Fachmann jedoch bereits der Formulierung des streitgegenständlichen Patentanspruchs entnimmt, soll dadurch der Abstand zwischen der Stapelvorrichtung und dem Stapelkopf reduziert werden. Vor diesem Hintergrund ist dem Fachmann – auch unter Berücksichtigung der Aufgabe des Klagepatents (vgl. Abschnitt [0008]) – klar, dass es klagepatentgemäß nicht darauf ankommt, dass der gesamte Stapelkopf bewegt wird. Eine Bewegung im Sinne der Merkmalsgruppe 5 liegt vielmehr auch dann vor, wenn lediglich die Platte des Stapelkopfes in Richtung des Formnests bewegt wird. Denn auch in einem solchen Fall wird der Abstand zwischen dem Formnest und der Stapelvorrichtung verringert. Der Fachmann findet somit in der Klagepatentbeschreibung ein konkretes Beispiel, wie sich die im streitgegenständlichen Patentanspruch angesprochene Bewegung des Stapelkopfes realisieren lässt.
b)
Darüber hinaus scheidet eine Aussetzung auch unter dem Gesichtspunkt der fehlenden erfinderischen Tätigkeit aus.
Unabhängig davon, dass die Beklagte die Entgegenhaltungen D1 bis D7 entgegen der prozessleitenden Verfügung vom 23.12.2014 sowie dem ergänzenden Hinweis vom 12.01.2015 teilweise lediglich in englischer Sprache vorgelegt hat, lässt bereits ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren nicht erkennen, dass die technische Lehre des streitgegenständlichen Patentanspruchs in einem dieser Dokumente oder in deren Kombination naheliegend offenbart wäre. Wie die Beklagte selbst einräumt wird nach den in den Entgegenhaltungen offenbarten Lösungen jeweils lediglich das Formnest zum Stapelkopf, nicht aber – wie in der Merkmalsgruppe 5 gefordert – der Stapelkopf zum Formnest bewegt. Weshalb der Fachmann gleichwohl, ausgehend von einer der durch die Beklagte zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung herangezogenen Schriften, bei denen es sich auch teilweise um bereits im Patenterteilungsverfahren berücksichtigten Stand der Technik handelt (Entgegenhaltungen D2 und D4), ohne erfinderisch tätig zu werden zu der durch das Klagepatent beanspruchten technischen Lösung gelangen soll, erschließt sich nicht.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 S. 1; 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.