4a O 173/04 – Einkaufswagen II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 342

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Mai 2005, Az. 4a O 173/04

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zwangsweise durchzusetzenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 844 xxx (nachfolgend: Klagepatent, Anlage H 1), welches einen Transportwagen betrifft. Es wurde unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 21.11.1996 (DE 196 48 xxx) am 12.11.1997 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 27.05.1998 veröffentlicht. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 12.02.2003. Als Vertragsstaat ist unter anderem Deutschland benannt worden. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft. Über die seitens der Beklagten zu 1) mit Schriftsatz vom 13.08.2004 (Anlage B 6) beim Bundespatentgericht eingereichte Nichtigkeitsklage ist noch nicht entschieden.

Auf Antag der Klägerin vom 11.02.2004 (Anlage H 2) beschränkte das Deutsche Patent- und Markenamt das Klagepatent und fasste die erteilten Ansprüche 1 und 2 zu einem neuen Hauptanspruch 1 zusammen, wobei die ursprünglichen Ansprüche 3 bis 7 zu den neuen Ansprüchen 2 bis 6 geworden und die Ansprüche 8 und 9 entfallen sind. Der neue Anspruch 1 lautet wie folgt:
„Transportwagen (1), insbesondere Einkaufswagen, der zwei Griffträger (2, 3), einen Schiebegriff (4) und ein Münzschloss (8) aufweist, wobei der Schiebegriff (4) mit einem Ende an einem der beiden Griffträger (2, 3) befestigt und mit seinem anderen Ende mit dem Münzschloss (8) verbunden ist und wobei das Münzschloss (8) an dem anderen Griffträger (2 oder 3) befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung des Schiebegriffes (4) mit dem Münzschloss (8) zusätzlich durch ein auf der Längsachse (7) des Schiebegriffes (4) angeordnetes Sicherungsmittel (18) erfolgt, welches das Münzschloss (8) teilweise durchdringt und den Schiebegriff (4) mit dem Münzschloss (8) verspannt.“

Die Klägerin ist ferner Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters 296 24 xxx (nachfolgend Klagegebrauchsmuster), welches ebenfalls unter Inanspruchnahme der deutschen Priorität vom 21.11.1996 (DE 196 48 xxx) am 28.11.2001 angemeldet wurde. Auf die Anträge der Klägerin vom 22.01.2002 und 13.02.2004 (Anlagen H 3 und 4) hin beschränkte das Deutsche Patent- und Markenamt den Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters, welches am 21.11.2004 erloschen ist. Der Wortlaut des neuen Anspruchs 1 ist wie folgt:
„Transportwagen (1), insbesondere Einkaufswagen, der zwei Griffträger (2,3), einen rohrförmigen Schiebegriff (4) und ein Münzschloß (8) aufweist, wobei der mit einem Ende an einem der beiden Griffträger (2,3) befestigte Schiebegriff (4) mit seinem anderen Ende mit dem Münzschloß (8) über einen am Münzschloß (8) ausgeformten, in das andere Ende des Schiebegriffes (4) ragenden Vorsprung (9) verbunden ist und wobei das Münzschloss (8) am anderen Griffträger (2 oder 3) befestigbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbindung des Schiebegriffs (4) mit dem Münzschloß (8) zusätzlich durch ein in den Vorsprung eingeführtes, auf der Längsachse (7) des Schiebegriffs (4) angeordnetes Sicherungsmittel (18) erfolgt, welches das Münzschloß (8) teilweise durchdringt und den Schiebegriff (4) mit dem Münzschloß verspannt.“

Die nachfolgend wiedergegebene Zeichnung stammt aus der Klagepatentschrift und der Klagegebrauchsmusterschrift und verdeutlicht die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Figur 1

Die Klägerin ist des weiteren eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 199 xxx (Anlage H 5). Dieses betrifft nach seinem Anspruch 1 einen Transportwagen, der in einen gleichgearteten Transportwagen einschiebbar und mit einer zur Aufnahme von Waren vorgesehenen Einrichtung ausgestattet ist, wobei in seinem Griffbereich ein mit einer Kopplungseinrichtung versehenes Münzschloss angeordnet ist, das auf Pfandbasis ein gegenseitiges An- und Abkoppeln von Transportwagen mit oder ohne Inanspruchnahme einer Sammelstelle erlaubt, der dadurch gekennzeichnet ist, dass das Münzschloss im Bereich eines der beiden Grifftragarme angeordnet ist und sich sowohl am Grifftragarm als auch am Griff abstützt.
Das europäische Patent 0 199 xxx war Gegenstand des Verfahrens 4a O 242/00 vor dem Landgericht Düsseldorf, in dem die Klägerin die Beklagte zu 1), die Einkaufswagen mit einem von der Firma A GmbH (nachfolgend A) hergestellten und gelieferten Münzschloss namens „X“ herstellte und vertrieb, wegen Patentverletzung in Anspruch nahm. Gegen das der Klage stattgebende Urteil der Kammer vom 30.04.2002 (Anlage B 1) legte die Beklagte Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (2 U 75/02) kam es am 30./31.07.2002 zum Abschluss eines Vertrages zwischen der Klägerin und der Firma A, die als Streithelferin der Beklagten zu 1) aufgetreten war. Mit diesem Vertrag gewährte die Klägerin gegen Zahlung eines Pauschalbetrages der Firma A das Recht, den Vertragsgegenstand herzustellen und nach vorheriger Abstimmung direkt an Dritte zu vertreiben. Nach § 1 des Vertrages war dessen Grundlage das europäische Patent 0 199 xxx, Vertragsgegenstand das Münzschloss „X“. Wegen des konkreten Inhalts des Vertrages wird auf den Abdruck in der Anlage B 2 Bezug genommen. In dieser vertraglichen Vereinbarung sah das Oberlandesgerichts Düsseldorf, welches von patentverletzenden Handlungen der Beklagten zu 1) ausging, einen Erlass zugunsten der Firma A, dessen Wirkung sich auch auf die Beklagte zu 1), erstreckte. Infolgedessen kam es im Urteil vom 27.11.2003 (Anlage B 2) zur Zurückweisung der insoweit noch anhängigen Schadenersatz- und Rechnungslegungsansprüche der Klägerin. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Urteils wird auf die Anlage B 2 verwiesen.

Die Beklagte zu 1), deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3) ist, stellt her und vertreibt Einkaufswagen, die in ihrem rückwärtigen Bereich zwei Griffträger, einen rohrförmigen Schiebegriff und ein Münzschloss – das „X“ – aufweisen, wobei der Schiebegriff mit einem Ende an einem der beiden Griffträger befestigt und mit dem anderen Ende an einem an dem anderen Griffträger befestigten Münzschlossträger, in welchem das Münzschloß aufgenommen ist, abgestützt ist. Diese Vorrichtung meldete die Beklagte zu 1) am 12.05.2000 zum Gebrauchsmuster DE 200 08 xxx an, welches am 24.08.2000 eingetragen und am 28.09.2000 bekannt gemacht wurde.
Zur Erläuterung dieser Vorrichtung legte die Klägerin als Anlage H 14 ein Muster eines Schiebegriffs mit einem in Verbindung stehenden Münzschloss und als Anlage H 10 Fotografien vor. Einige der Fotografien werden nachfolgend verkleinert wiedergegeben; ebenso die aus der Gebrauchsmusterschrift DE 200 08 xxx stammende Zeichnung, die diese Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels darstellt, und die als Anlage B 3 überreichte Fertigungszeichnung des Münzschlosses „X“. Auf die Abbildungen wird Bezug genommen.

Zeichnung DE 200 08 xxx U1

Fertigungszeichnung Münzschloss

Die Klägerin ist der Ansicht, der von der Beklagten zu 1) hergestellte und vertriebene Einkaufswagen verwirkliche wortsinngemäß sowohl die technische Lehre des Klagepatents wie auch des Klagegebrauchsmusters.

Die Klägerin beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen,
Auskunft zu erteilen darüber, in welchem Umfang die Beklagte zu 1) Transportwagen, insbesondere Einkaufswagen, der zwei Griffträger, einen rohrförmigen Schiebegriff und ein Münzschloss aufweist, wobei der mit einem Ende an einem der beiden Griffträger befestigte Schiebegriff mit seinem anderen Ende mit dem Münzschloss über einen am Münzschloss ausgeformten, in das andere Ende des Schiebegriffs ragenden Vorsprung verbunden ist und wobei das Münzschloss an dem anderen Griffträger befestigt ist,
seit dem 12.05.2000 hergestellt, vertrieben, angeboten und beworben hat,
bei denen die Verbindung des Schiebegriffes mit dem Münzschloss zusätzlich durch ein in den Vorsprung eingeführtes, auf der Längsachse des Schiebegriffes angeordnetes Sicherungsmittel erfolgt, welches das Münzschloss teilweise durchdringt und den Schiebegriff mit dem Münzschloss verspannt;
und zwar unter Angabe
– der Liefermengen, -zeiten, – preise und –orte, des erzielten Umsatzes und des erzielten Gewinns unter detaillierter Angabe aller Kostenfaktoren,
– der Angebotsmenge, -orte, -zeiten und –preise
– er betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Verbreitungsgebieten, -zeiten und –mengen;

II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner
1. an die Klägerin eine angemessene Entschädigung für die Benutzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer 1. vom 12.05.2000 bis zum 06.03.2002 zu zahlen;
2. allen Schaden zu ersetzen, der Klägerin aus Handlungen gemäß vorstehender Ziffer 1. seit dem 07.03.2002 entstanden ist und noch entsteht;

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen
hilfsweise den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über die gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht – 4 Ni 47/04 (EU) – auszusetzen.

Die Beklagten erheben die Einrede aus § 145 PatG. Die Klage sei unzulässig, da sie gegen das Gebot der Klagekonzentration verstoße. Der Gegenstand des hiesigen Verfahrens, die Münzschlösser „X“, sei bereits Gegenstand des Verfahrens 4a O 274/00 bzw. 2 U 75/02 gewesen. Zudem sei die Klage bereits deshalb unbegründet, weil jedenfalls der Verletzungstatbestand seinerzeit Gegenstand einer umfassenden und streiterledigenden Vereinbarung der Klägerin mit der Firma A gewesen sei. Der hieraus erwachsene Erfüllungseinwand stehe allen Beklagten zur Seite. Aber auch dann, wenn durch die Vereinbarung keine Ansprüche aus dem Klagepatent betroffen wären, stünde der „Nachforderung“ der Klägerin der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Eine Verletzung der Klageschutzrechte stellen die Beklagten in Abrede. Bei ihrer Vorrichtung erfolge das Verbinden des Griffrohres mit dem Münzschloss allein in formschlüssiger Weise. Das Eingreifen des Gewindes der Schraube in die Bohrung des Zapfens führe nicht zu einem kraftschlüssigen Verspannen. Darüber hinaus werde kein Sicherungsmittel verwendet, welches das Münzschloss durchdringe, auch nicht teilweise. Mit Blick auf die hilfsweise beantragte Aussetzung sind die Beklagten der Ansicht, das Klagepatent ergebe sich neuheitsschädlich und in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, das Klagegebrauchsmuster sei nicht schutzfähig.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Schadenersatz und Entschädigung nach den Art. 2, 64 EPÜ, §§ 139 Abs. 2, 9 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB, § 140 b PatG und § 33 PatG bzw. § 11, 12a, 24 Abs. 2, 24 b Abs. 1, 2 GebrMG i. V. m. §§ 242, 259 BGB nicht zu. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die technische Lehre des Klagepatents und/oder des Klagegebrauchsmusters nicht.

I.

Das Klagepatent und das Klagegebrauchsmuster betreffen einen Transportwagen, insbesondere einen Einkaufswagen, der zwei Griffträger, einen Schiebegriff und ein Münzschloss aufweist, wobei der Schiebegriff mit einem Ende an einem der beiden Griffträger befestigt und mit dem anderen Ende mit dem Münzschloss verbunden ist und wobei das Münzschloss an dem anderen Griffträger befestigt ist.

Beide Klageschutzrechte erwähnen einleitend unter Nennung der EP 0 199 xxxB 1 den Stand der Technik, welcher einen Nachteil bei der Wahl der steckbaren Verbindung aufweist. Um nämlich den Schiebegriff auf das Münzschloss aufstecken zu können, ist zwischen dem Schiebegriff und dem Münzschloss ein gewisses Spiel erforderlich. Dieses Spiel lässt eine mehr oder weniger „wackelige“ Verbindung zu, die mit zunehmendem Gebrauch nicht stabiler wird. Es ist sogar zu befürchten, dass die beschriebene Verbindung im Laufe der Zeit mehr und mehr ausschlägt, so dass dies dem Benutzer eines derartigen Transportwagens nicht mehr zugemutet werden kann.

Es ist Aufgabe der dem Klagepatent und dem Klagegebrauchsmuster zugrunde liegenden Erfindungen, einen gattungsgemäßen Transportwagen so weiter zu entwickeln, dass diese Nachteile auf einfache Weise vermieden werden.
Die Lösung der Aufgabe besteht darin, dass die Verbindung des Schiebegriffs mit dem Münzschloss durch ein Sicherungsmittel erfolgt, das den Schiebegriff mit dem Münzschloss verspannt. Die Verbindung mit dem Schiebegriff und dem Münzschloss erfolgt somit nicht nur, wie bekannt, durch Formschluss, sondern diese Verbindung wird zusätzlich auf kraftschlüssige Weise stabilisiert und ohne großen technischen Aufwand verbessert. Das erwähnte „Wackeln“ tritt nicht mehr auf. Dies ist der entscheidende Vorteil.

Das Klagepatent sieht deshalb einen Transportwagen mit folgenden Merkmalen vor:
(1) Transportwagen (1)
(2) mit zwei Griffträgern (2, 3)
(3) einem Schiebegriff (4)
(4) und einem Münzschloss (8)
(5) der Schiebegriff (4) ist
(5.1) mit einem Ende an einem der beiden Griffträger (2,3) befestigt
(5.2) mit seinem anderen Ende mit dem Münzschloss (8) verbunden
(6) das Münzschloss (8) ist an dem anderen Griffträger befestigt
(7) das Sicherungsmittel (18)
(7.1) verbindet den Schiebegriff (4) mit dem Münzschloss (8) zusätzlich
(7.2) ist auf der Längsachse (7) des Schiebegriffs (4) angeordnet
(7.3) durchdringt das Münzschloss (8) teilweise
(7.4) und verspannt den Schiebegriff (4) mit dem Münzschloss

Das Klagegebrauchsmuster sieht einen Transportwagen mit folgenden Merkmalen vor:
(1) Transportwagen (1)
(2) mit zwei Griffträgern (2, 3)
(3) einem rohrförmigen Schiebegriff (4)
(4) und einem Münzschloss (8)
(5) der Schiebegriff (4) ist
(5.1) mit einem Ende an einem der beiden Griffträger (2,3) befestigt
(5.2) mit seinem anderen Ende mit dem Münzschloss (8) über einen am Münzschloss ausgeformten, in das andere Ende des Schiebegriffs ragenden Vorsprung verbunden
(6) das Münzschloss (8) ist an dem anderen Griffträger befestigbar
(7) das Sicherungsmittel (18)
(7.1) verbindet den Schiebegriff (4) mit dem Münzschloss (8) zusätzlich
(7.2) ist in den Vorsprung eingeführt,
(7.3) ist auf der Längsachse (7) des Schiebegriffs (4) angeordnet
(7.4) durchdringt das Münzschloss (8) teilweise
(7.5) und verspannt den Schiebegriff (4) mit dem Münzschloss.

II.

Die Klage ist zulässig; insbesondere ein Verstoß gegen § 145 PatG liegt nicht vor. Die Klägerin ist aufgrund des Verfahrens 4a O 242/00 bzw. 2 U 75/02 nicht gehindert, die Beklagten aus den Klageschutzrechten mithilfe der vorliegenden, eigenständigen Klage in Anspruch zu nehmen. Zwischen dem Verfahren 4a O 242/00 bzw. 2 U 75/02 und der vorliegenden Klage besteht weder die erforderliche personelle noch sachliche Identität.
Zunächst stehen einander nicht zur Gänze die gleichen Parteien gegenüber. In dem Verfahren 4a O 242/00 bzw. 2 U 75/02 hatte die Klägerin lediglich die Beklagte zu 1) in Anspruch genommen, nicht aber auch die im hiesigen Klageverfahren ebenso verklagte Beklagte zu 2) und/oder den Beklagten zu 3). Eine Erstreckung der geltend gemachten, als Ausnahmetatbestand ausgestalteten Einrede gem. § 145 PatG auf die Beklagten zu 2) und 3) kommt nicht in Betracht. Eine etwaige aus dem materiellen Recht erwachsene Gesamtschuld der Beklagten ist insoweit ohne Belang.
Des weiteren ist die Bestimmung des § 145 PatG schon von ihrem Wortlaut her nicht bei Geltendmachung von Gebrauchsmustern anwendbar, auch nicht auf nebeneinander bestehende Patente und Gebrauchsmuster (BGH GRUR 1995, 338 – Kleiderbügel; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 145 Rdnr. 7).
Zudem betreffen das Verfahren 4a O 242/00 bzw. 2 U 75/02 und die nunmehrige Klage nicht dieselbe oder eine gleichartige Handlung. Bei einer aus mehreren Teilen bestehenden Gesamtvorrichtung ist das Vorliegen einer solchen Handlung nach den jeweiligen mit dem Klageantrag konkret beschriebenen, durch die Ausgestaltung der Teile der Gesamtvorrichtung charakterisierenden konkreten Verletzungstatbeständen zu bestimmen. Wenn die weitere Klage aus einem anderen Patent folgt, das die Gesamtvorrichtung wegen der besonderen Ausgestaltung eines anderen als des in der vorherigen Klage bestimmten Teils der Vorrichtung zum Gegenstand hat, ist dann nicht dieselbe bzw. keine gleichartige Handlung anzunehmen, wenn sich der Klageantrag der weiteren Klage auf die durch die konkrete Ausgestaltung des anderen Teils charakterisierte Gesamtvorrichtung bezieht (BGH GRUR 1989, 187 – Kreiselegge II). So liegt der Fall hier. Das dem Verfahren 4a O 242/00 bzw. 2 U 75/02 zugrundeliegende europäische Patent 0 199 xxx betraf die Anordnung und Abstützung des Münzschlosses im Bereich eines der beiden Grifftragarme, während Gegenstand des hiesigen Klagepatents eine zusätzlich Sicherung der Verbindung des Schiebegriffs mit dem Münzschloss zum Gegenstand hat.

III.

Die Klage ist hingegen unbegründet.

1)
Allerdings vermögen sich die Beklagten nicht auf die zwischen der Klägerin und der Firma A während des damaligen Verfahrens am 30./31.07.2002 geschlossenen Vereinbarung berufen. Etwaige Verletzungshandlungen des Klagepatents bzw. des Klagegebrauchsmuster werden hiervon nicht erfasst, eine Freistellung der Beklagten erfolgte nicht. Grundlage der Vereinbarung vom 30./31.07.2002 war entsprechend deren § 1 das europäische Patent 0 199 xxx, nicht jedoch die hier geltend gemachten Schutzrechte. Daran ändert auch der Umstand, dass als „Vertragsgegenstand“ das Pfandschloss „X“ bezeichnet wurde, nichts. Zudem hatten die Parteien der Vereinbarung auch keine Veranlassung, das Klagepatent oder das Klagegebrauchsmuster in den Bereich der Vereinbarung einzubeziehen. Insbesondere für die Firma A gab es keine dahingehenden Interessen. In dem Verfahren 4a O 242/00 bzw. 2 U 75/02 war die Firma A im Hinblick auf die von ihr begangene mittelbare Verletzung des europäischen Patents 0 199 xxxdurch Herstellung und Lieferung des Schlosses „X“ an die Beklagte zu 1) als Streitverkündete dieser aufgetreten und musste mit Regressansprüchen der Beklagten zu 1) rechnen. Im vorliegenden Verfahren war sie an den Verletzungshandlungen, die die Klägerin den Beklagten vorwirft – Weiterentwicklung des Schlosses „X“ durch selbständigen Einbau eines zusätzlichen klageschutzrechtsgemäßen Sicherungsmittels – in keiner Weise beteiligt. Die Gefahr einer Regresspflicht besteht und bestand folglich für die Firma A zu keiner Zeit.

2)
Die angegriffene Ausführungsform macht jedoch nicht von der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre Gebrauch. Zwar ist zwischen den Parteien die Verwirklichung der Merkmale (1) bis (7.2) durch die angegriffene Ausführungsform unstreitig, es mangelt jedoch jedenfalls an der Verwirklichung des Merkmals (7.4).
Nach diesem Merkmal soll das Sicherungsmittel, das den Schiebegriff mit dem Münzschloss zusätzlich verbindet, auf der Längsachse angeordnet ist und das Münzschloss teilweise durchdringt, den Schiebegriff mit dem Münzschloss verspannen.

Wie zwischen den Parteien unstreitig und aus der Beschreibung in der Klagepatentschrift ersichtlich, fordert dieses Merkmal, dass neben der – bereits bekannten – formschlüssigen Verbindung zwischen Schiebegriff und Münzschloss diese Verbindung zusätzlich auf kraftschlüssige Weise stabilisiert werden soll, so dass ein „Wackeln“ verhindert wird (Anlage H 2, Sp. 1, Z. 39 – 45). Dieser Kraftschluss geschieht durch das Verspannen. Im Rahmen der Erläuterung der Figur 1, die ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel darstellt, führt das Klagepatent insoweit aus, dass das Verspannen beim Einschrauben des Sicherungsmittels durch Aufweiten des Vorsprungs erfolgt, so dass dessen Wandungen allseits gegen die Innenwand des Schiebegriffs gedrückt werden (Anlage H 2, Sp. 2 Z. 56 – Sp. 3. Z. 2).

Ein derartiges nicht nur form-, sondern auch kraftschlüssiges Verspannen kann bei der angegriffenen Ausführungsform nicht festgestellt werden. Bei dieser weist der Münzschlossträger eine Ringnut auf, in welche das zugeordnete Ende des Schiebegriffs eingesetzt ist, wobei der Schiebegriff endseitig mit seiner äußeren und seiner inneren Umfangsfläche an der Außenwand bzw. der Innenwand der Ringnut anliegt. In dem Schiebegriff ist endseitig eine als zylindrische Maschinenschraube ausgeführte Schraube aufgenommen, die mit dem Schiebegriff dreh- und axialfest verbunden ist. Eingesetzt ist eine Standard-Maschinenschraube M 10 gemäß ISO, deren Außendurchmesser des Gewindes 10 mm und dessen Kerndurchmesser 8,16 mm beträgt. Der Münzschlossträger der angegriffenen Ausführungsform weist zur Aufnahme der Schraube einen vorstehenden Zapfen mit einer zentralen, nicht konischen Bohrung auf bzw. einen Vorsprung mit einem Dorn, der vier Finger hat. Durch Drehen des Griffrohres wird die Maschinenschraube in die zentrale Bohrung des Zapfens bzw. in den Dorn des Vorsprungs eingeschraubt. Mit dem zunehmenden Eindringen der Schraube in die zylindrische, 9,7 mm große Bohrung dringt auch das Griffrohr entsprechend tiefer in die Ringnut des Münzschlossträgers bzw. der Zapfens des Münzschlossträgers dringt in das stirnseitig offene Ende des Griffrohres ein, bis das Griffrohr schließlich stirnseitig auf dem Grund der Ringnut anstößt.

Dass sich bei diesem Eindrehen die vier Finger des Dorns infolge der eingeschraubten Schraube spreizen, und so deren Wandungen an die Innenwand des Schiebegriffes drücken, ist nicht ersichtlich. Aufgrund des (Außen-)Durchmessers der verwendeten Maschinenschraube und des Innendurchmessers der Bohrung dringt beim Einschrauben die Schraube nur um 0,15 mm in das die Bohrung begrenzende Kunststoffmaterial ein. Ein erkennbares Aufweiten des Zapfens mit der Folge eines (radialen) Verspannens folgt daraus nicht. Ein solches kann auch nicht auf den vorgelegten Fotografien oder anhand des eingereichten Musters erkannt werden. Die Finger des Dorns bleiben bei Druckeinwirkung von außen und innen nahezu unbewegt; beim Eindrehen der Schraube ist kein Spreizen zu sehen. Auch zeigen die vier Finger keine äußeren Spuren, die auf ein Aufweiten schließen lassen. Soweit Einkerbungen vorhanden sind, entsprechen diese den Windungen der Maschinenschrauben, werden demnach beim schlichten Einschrauben hervorgerufen.

Ein kraftschlüssiges Verspannen des Schiebegriffs mit dem Münzschloss im Sinne des Klagepatents kann auch nicht darin gesehen werden, dass das bei der angegriffenen Ausführungsform verwandte Sicherungsmittels eingeschraubt wird, mithin eine Schrauben-Mutter-Verbindung entsteht. Dass die Verbindung in diesem Zustand fest ist, genügt für die Annahme eines Kraftschlusses nicht. Das Einschrauben führt an der Innenwand der vier Finger des Dorns lediglich zu Einschnitten von 0,15 mm. Das Griffrohr ist durch schlichtes (entgegen gesetztes) Drehen los zu schrauben; ein irgendwie geartetes Hindernis, welches nur durch Ausübung von Kraft, die über die für die Drehbewegung erforderliche hinausgeht, überwinden werden müsste, ist nicht erkennbar. Die Schrauben-Mutter-Verbindung bzw. das schlichte Ineinandergreifen der Schraube und der Bohrung des Zapfens bzw. dem Dorn stellt demnach allein einen Formschluss dar.

Angesichts des Fehlens des Merkmales (7.4) bedarf es keiner Erörterung der zwischen den Parteien weiter umstrittenen Frage, ob das bei der angegriffenen Ausführungsform verwendete Sicherungsmittel entsprechend Merkmal (7.3) teilweise das Münzschloss durchdringt.

3)
Die Klägerin vermag auch keine Ansprüche aus dem Klagegebrauchsmuster herleiten. Dessen Schutzfähigkeit gemäß §§ 1, 3 GebrMG unterstellt, ist nämlich gleichfalls eine Verletzung nicht festzustellen.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die im Klagegebrauchsmuster unter Schutz gestellten technischen Lehre, die in hier maßgeblichen Teil ebenso zu verstehen ist, wie die des Klagepatents, nicht. Insoweit wird auf die Ausführungen unter III. 2) Bezug genommen. Jedenfalls von einem kraftschlüssigen Verspannen des Schiebegriffs mit dem Münzschloss wie es Merkmal (7.5) des Klagegebrauchsmusters erfordert, ist deshalb nicht auszugehen.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus den §§ 709, 108 ZPO.

V.
Der Streitwert beträgt 200.000,00 EUR.