4b O 103/08 – Sportschuh

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1201

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 9. Juni 2009, Az. 4b O 103/08

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

Sportschuhe, aufweisend

A. eine äußere Sohle, auf welcher ein Schaft montiert ist, welcher eine zentrale Einführzone des Fußes begrenzt,
B. eine Schnürzone, welche durch einen Schnürsenkel gebildet wird,
B1. wobei zwei Enden des Schnürsenkels gebildet werden, welche zwischen sich Umkehrelemente der Schnürzone durch einen festgelegten Verlauf verbinden,
C. einen Blockierer, welcher mit den Enden des Schnürsenkels in der Nähe seiner freien Enden in Verbindung steht,
D. eine Verstauungstasche in der Nähe der Einführzone des Fußes am Ende der Schnürzone,
D.1 wobei die Verstauungstasche angepasst ist, die freien Enden der Enden des Schnürsenkels, die sich oberhalb des Blockierers nach dem Spannen der Abschnitte erstrecken, und den Blockierer selbst aufzunehmen,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;

2. der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 4. Januar 2003 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu Ziff. a) und b) die Rechnungen vorzulegen hat,

und wobei der Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger und ihrer nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch die in Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 4. Januar 2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.789,60 EUR zu zahlen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 EUR.

VI. Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des in französischer Verfahrenssprache angemeldeten europäischen Patents EP 0 923 XXX (Anlage K 2, im Folgenden: Klagepatent), das am 20. Oktober 1998 unter Inanspruchnahme einer Unionspriorität vom 17.12.1997 (FR 97 16XXX) angemeldet und am 23. Juni 1998 veröffentlicht wurde. Die Erteilung des Patents wurde am 4. Dezember 2002 veröffentlicht. Das Klagepatent steht unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Eine deutsche Übersetzung des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 698 09 XXX T2 geführt (Anlage K 3). Das Klagepatent betrifft einen Sportschuh mit integrierter Klemmvorrichtung für Schnürsenkel. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13. Januar 2009 (Anlage B 19) das Klagepatent mit Erhebung der Nichtigkeitsklage angegriffen.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:

„Sportschuh aufweisend eine äußere Sohle (10), auf welcher ein Schaft (11) montiert ist, welcher eine zentrale Einführzone (9) des Fußes begrenzt und aufweisend eine Schnürzone (16), welche durch einen Schnürsenkel oder ein Kabel (15) gebildet wird, wobei zwei Enden (15a, 15b) gebildet werden, welche zwischen sich Umkehrelemente (1 bis 8) der Schnürzone (16) durch einen festgelegten Verlauf verbinden, und welche in der Nähe ihrer freien Enden mit einer Feststell-Einrichtung oder einem Blockierer (20) in Verbindung sind, dadurch gekennzeichnet, dass er in der Nähe der Einführzone (9) des Fußes am Ende der Schnürzone (16) eine Verstauungstasche (30) aufweist, die angepasst ist, gleichzeitig die freien Enden der Enden (15a, 15b) des Schnürsenkels (15) aufzunehmen, die sich oberhalb des Blockierers (20) nach dem Spannen der Abschnitte (12, 13) erstrecken, wie auch den Blockierer (20) selbst.“

Nachstehend verkleinert wiedergegebene Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und erläutern die patentgemäße Erfindung anhand vorzugswürdiger Ausführungsbeispiele:

Figur 1 ist eine perspektivische Ansicht eines patentgemäßen Sportschuhs. Figur 2 stellt in vergrößertem Maßstab diejenige Zone in perspektivischer Ansicht dar, in welcher der patentgemäße Sportschuh eine Verstauungstasche aufweist, wobei die Darstellung die Tasche nach dem Verstauen von Blockierer und Schnürsenkel zeigt.

Die Beklagte bot auf der in München stattfindenden Messe „IPSO Winter 2006“ einen auf nachstehend wiedergegebenem Lichtbild dargestellten Sportschuh an (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform 1):

Ferner stellt die Beklagte her und vertreibt seit Januar 2008 einen Sportschuh unter der Bezeichnung „A“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform 2), der wie aus nachstehend wiedergegebenem Lichtbild ersichtlich beschaffen ist, und dem als Anlage K 9 zur Gerichtsakte gereichten Muster entspricht:

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsformen 1 und 2 machten von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Die angegriffene Ausführungsform 2 verfüge insbesondere patentgemäß, nämlich in Gestalt einer Lasche, über eine Verstauungstasche am Ende der Schnürzone zur Aufnahme der freien Enden der Enden des Schnürsenkels. Tasche im Sinne der patentgemäßen technischen Lehre sei jedes Element, das den Blockierer und die Schnürsenkelenden gemeinsam in beliebiger Weise aufnehme und schütze. Auch stehe es einer Verwirklichung dieser technischen Lehre nicht entgegen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform das Verstauungselement über die Schnürzone hinausrage. Das Klagepatent sei nicht auf Gestaltungen begrenzt, bei denen das Verstauungselement am Ende der Schnürzone seinerseits ende.

Die Klägerin beantragt nunmehr, nachdem sie den auf Auskunft und Rechnungslegung gerichteten Klageantrag in mündlicher Verhandlung vom 12. Mai 2009 ebenso präzisiert hat wie den Antrag auf Erstattung außergerichtlicher Abmahnkosten,

die Beklagte im zuerkannten Umfang zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise: den Rechtsstreit bis zu erstinstanzlichen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des europäischen Patents EP 0 923 XXX B1 erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagte stellt zwar nicht in Abrede, dass die angegriffene Ausführungsform 1 patentverletzend ist, bestreitet aber, das Klagepatent durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform 2 zu verletzen. Die Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform 2 liege außerhalb des Schutzbereichs des Klagepatents, da bei der angegriffenen Ausführungsform das Verstauungselement eine Lasche sei, die sich über zwei Drittel der Länge der Schnürzone erstrecke, und damit weder als Tasche ausgebildet, noch am Ende der Schnürzone ausgeführt sei. Ferner meint die Beklagte, das Klagepatent werde sich im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Es beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit, vielmehr sei seine Offenbarung durch eine Kombination der Schriften US 3,845,XXX (Anlage B 5) mit der DE 88 10 XXX (Anlage B 1) ebenso nahegelegt wie durch die Kombination der US ‘XXX mit der US 2,033,XXX (Anlage B 2).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, §§ 9, 139 Abs. 1 und 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB gegen die Beklagte zu. Ferner hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich aufgewandter Rechtsanwalts- und Patentanwaltskosten als weiteren Schadensposten aus der Patentverletzung gemäß Art. 64 Abs. 1, EPÜ §§ 9, 139 Abs. 2 PatG.

I.

Das Klagepatent betrifft einen Sportschuh mit integrierter Klemmvorrichtung für Schnürsenkel. Gemäß den einleitenden Ausführungen in der Beschreibung des Klagepatents (Abschnitte [0001] bis [0005] = Anlage K 3, Seite 1 Zeile 4 bis Seite 2, Zeile 3) betrifft die ihm zugrunde liegende technische Lehre im Ausgangspunkt konventionelle Schuhe, die mit einem Schnürsenkel (oder Kabel) dadurch geschlossen werden, dass der Schnürsenkel (bzw. das Kabel) zwei innere und äußere Stücke, die eine Öffnung einer Einführzone des Fußes begrenzen, in der Weise verbindet, dass die inneren und äußeren Stücke Umkehrelemente wie beispielsweise Ösen, Schnürösen oder Haken aufweisen, und dass der Schnürsenkel (oder das Kabel) diese Umkehrelemente verbindet und dadurch eine Spannung auf die inneren und äußeren Stücke ausübt. Die technische Lehre des Klagepatents betrifft jedoch nicht alle mit einem Schnürsenkel zu schließenden Schuhe, sondern solche, die eine Feststell-Einrichtung oder einen Blockierer aufweisen, der mit den Enden des Schnürsenkels in der Nähe der freien Enden in Verbindung steht. Solche Blockierer bieten, wie aus dem Stand der Technik bekannt ist den Vorteil, dass eine Spannung auf den Schnürsenkel schnell aufgebaut und sodann bewahrt werden kann, indem am Schnürsenkel gezogen und sodann der Blockierer durch Verschieben in eine Blockierstellung verschoben wird. Es ist allerdings auch vorbekannt, dass die Blockierer für Sportschuhe zwar generell vorteilhaft sind, jedoch zugleich den Nachteil bieten, dass oberhalb des Blockierers freie Schnürsenkelenden gebildet werden, von denen die Gefahr ausgeht, dass sie sich ein- oder verhaken, so dass sie sicher verstaut werden müssen.

Aus dem Stand der Technik sind Blockierer bekannt, bei denen die Enden des Schnürsenkels in dem Körper verstaut werden können, der den Blockierer bildet. Hieran kritisiert es das Klagepatent als nachteilhaft, dass ein solcher Blockierer relativ voluminös und schwer ausgebildet werden muss und deshalb das Ausüben gewisser Sportarten behindert.

Ferner ist aus dem als Stand der Technik gewürdigten deutschen Gebrauchsmuster G 88 10 XXX.4 eine Verstauungseinrichtung für Enden von Schnürsenkeln – oder Schlaufen, die nach Ausführung eines Knotens gebildet werden – bekannt, die durch eine schließbare Klappe gebildet wird, wobei die Klappe dadurch verschlossen wird, dass an einem entsprechenden Teil der Einrichtung selbsthaftende, reziprok wirkende Mittel beidseitig angeordnet sind. Hieran kritisiert das Klagepatent es als nachteilig, dass die selbsthaftenden Mittel den Einsatz spezieller Schnürsenkel erfordern, die sich nicht mit den selbsthaftenden Mitteln verhaken. Ferner kritisiert das Klagepatent an dieser vorbekannten Einrichtung, dass sie lediglich für einen Schuh mit Schnürsenkeln, jedoch ohne Blockiereinrichtung vorgesehen und daher nicht angepasst ist für das Verstauen eines eher voluminösen Blockierers, und dass sie darauf gerichtet ist, das Lösen des Knotens zu verhindern, während sich bei einem Schuh mit Blockierer dieses Problem nicht stellt.

Das Klagepatent stellt sich vor diesem technischen Hintergrund die Aufgabe (Abschnitt [0010] = Anlage K 3, Seite 3, Zeilen 1 bis 3), die Nachteile vorbekannter Schnürsenkelblockierer zu überwinden und insbesondere ein verbessertes Schutzsystem für den Blockierer und die Enden des Schnürsenkels zur Verfügung zu stellen.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

Sportschuh aufweisend

A. eine äußere Sohle (10), auf welcher ein Schaft (11) montiert ist, welcher eine zentrale Einführzone (9) des Fußes begrenzt,

B. der Schaft (11) weist eine Schnürzone (16) auf, welche durch einen Schnürsenkel (15) gebildet wird,
B1. wobei zwei Enden (15a, 15b) des Schnürsenkels (15) gebildet werden, welche zwischen sich Umkehrelemente (1 bis 8) der Schnürzone (16) durch einen festgelegten Verlauf verbinden,

C. einen Blockierer (20), welcher mit den Enden des Schnürsenkels in der Nähe seiner freien Enden (15a, 15b) in Verbindung steht,

D. eine Verstauungstasche (30) in der Nähe der Einführzone (9) des Fußes am Ende der Schürzone (16),
D.1 die angepasst ist, gleichzeitig aufzunehmen
– die freien Enden (15a, 15b) der Enden des Schnürsenkels (15), die sich oberhalb des Blockierers (20) nach dem Spannen der Abschnitte (12, 13) erstrecken, und
– den Blockierer selbst.

II.

Dass die angegriffene Ausführungsform 1 sämtliche Merkmale des Klagepatents verwirklicht, wird von der Beklagten nicht bestritten und bedarf daher keiner Erörterung. Aber auch die angegriffene Ausführungsform 2 macht von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Dies steht hinsichtlich der Merkmale A., B., B1., C. und D1. zwischen den Parteien – zu Recht – außer Streit. Indes verwirklicht die angegriffene Ausführungsform 2 auch Merkmal D.

Gemäß diesem Merkmal weist ein patentgemäßer Sportschuh eine Verstauungstasche (30) in der Nähe der Einführzone (9) des Fußes am Ende der Schnürzone (16) auf.

1.

Aus dem Zusammenhang des Anspruchswortlauts, namentlich aus dem Merkmal D1., erfährt der Fachmann, dass die patentgemäße Verstauungstasche (30) ein Abschnitt des Sportschuhs ist, in dem die freien Schnürsenkelenden (15a, 15b) und der Blockierer gemäß Merkmal C. gleichzeitig aufgenommen werden. Das Klagepatent macht dabei keine einengende Vorgabe, in welcher konkreten Weise die Verstauungstasche auszuführen ist. Insbesondere die geometrische Form der Verstauungstasche ist durch die technische Lehre des Klagepatents nicht vorgegeben. Lediglich im Zuge der Erläuterung vorzugswürdiger Ausführungsbeispiele wird vorgeschlagen, (Abschnitt [0018] = Seite 5 Zeilen 10 bis 15) die Verstauungstasche rittlings auf den oberen Rändern der Stücke (12, 13) des Schafts (11) aufzusetzen, so dass die Verstauungstasche, angebracht am oberen Ende Schnürzone (16) gemäß Merkmal D., die Schnürzone überdeckt und durch ein Öffnungssystem (32 zugänglich ist. Auch wird in entsprechender Weise als weiteres Ausführungsbeispiel vorgeschlagen (Abschnitt [0023] = Seite 6, Zeilen 13 bis 15), die peripheren Ränder der Verstauungstasche (30) auf den oberen Endzonen der Stücke (12, 13) anzunähen, mit anderen Worten, die Verstauungstasche nicht auf der Schuhzunge, sondern auf den die Schnürzone seitlich begrenzenden beiden Stücken anzubringen. Aber auch bei diesen Ausführungsbeispielen wird die geometrische Form der Verstauungstasche nicht vorgegeben.

Der Fachmann wird daher als patentgemäße Verstauungstasche ungeachtet der konkreten Formgebung jeden Abschnitt des Sportschuhs verstehen, der aufgrund seiner Dimensionierung und seiner Begrenzungen geeignet ist, Blockierer und Schnürsenkelenden gleichzeitig in der Weise aufzunehmen, dass diese beiden Elemente räumlich abgetrennt vom Rest des Schuhs gehalten werden.

Diese Sichtweise ergibt sich auch aus der gebotenen funktionsorientierten Auslegung des Klagepatents, also der Deutung der Merkmale und Begriffe des Patentanspruchs dahingehend, wie dies angesichts der ihnen nach der offenbarten Erfindung zugedachten technischen Funktion angemessen ist (BGH GRUR 2001, 232, 233; OLG Düsseldorf GRUR 2000, 599, 601 – Staubsaugerfilter). Im Zuge der allgemeinen Beschreibung der Erfindung stellt es das Klagepatent als Vorteil seiner technischen Lehre heraus, dass (Abschnitt [0012] = Seite 3, Zeilen 16 bis 23) im patentgemäßen Sportschuh zwei Funktionen erfüllt werden, nämlich neben der Blockierung des Schnürsenkels durch einen an sich vorbekannten Blockierer (vgl. Abschnitt [0016] = Seite 4, Zeile 30 bis Seite 5, Zeile 2) zugleich auch eine Verstauung von Blockierer und Schnürsenkel im Sinne einer „Anti-Verhakung“, welche eine perfekte Sicherheit beim Vermeiden eines unbeabsichtigten Verhakens der freien Enden des Schnürsenkels bietet. Hieran erkennt der Fachmann, dass die Verstauungstasche dann ihre Funktion erfüllt, wenn durch die Aufnahme von Schürsenkelenden und Blockierer in ihr gewährleistet ist, dass sich diese beiden Elemente in keiner Weise ungewollt verhaken können. Durch welche konkrete Formgebung dies bewerkstelligt wird, ist ohne Belang, sofern nur Schnürsenkel und Blockierer räumlich von anderen Elementen ferngehalten werden, mit denen sie sich verhaken könnten.

Dass hierin die objektive Aufgabe und technische Leistung des Klagepatents liegt, findet der Fachmann bereits mit Blick auf den in der Patentbeschreibung gewürdigten Stand der Technik bestätigt: Von diesem grenzt sich das Klagepatent gerade dadurch ab, dass (Abschnitt [0004] = Seite 1, Zeile 26 bis Seite 2, Zeile 3) es Blockierer als hilfreiches Element von Sportschuhen anerkennt, aber das Problem identifiziert, dass oberhalb des Blockierer der in ihm blockierte Schnürsenkel frei ist und sich der Schnürsenkel und/oder der Blockierer verhaken kann, was das Ausüben bestimmter Sportarten behindert. Die technische Leistung des Klagepatents liegt demnach darin, das System eines Schnürsenkelblockierers aufzugreifen, jedoch dahin weiterzuentwickeln, dass sein gewichtigster Nachteil – die Gefahr des Verhakens von Schnürsenkel und/oder Blockierer eliminiert wird.

Schließlich ist auch der Schilderung eines Ausführungsbeispiels (Abschnitt [0025] = Seite 6, Ziel 29 bis Seite 7, Zeile 2) zu entnehmen, dass dieses den Vorteil bietet, ein sicheres Vermeiden des Herausgehens von Blockierer und Schnürsenkelenden aus der Verstauungstasche zu garantieren und zugleich den Blockierer gegen äußere Angriffe zu schützen.

2.

Hinsichtlich der Positionierung der in der ausgeführten Weise zu verstehenden Verstauungstasche macht das Klagepatent gemäß Merkmal D. lediglich die Vorgabe, dass sich die Verstauungstasche am Ende der Schnürzone 16 in der Nähe der Einführzone befinden muss. Eine exaktere Eingrenzung der Position, etwa auf bestimmte Anteile der Schnürzone, welche von der Verstauungstasche patentgemäß überdeckt werden können, findet nicht statt.

Lediglich die bereits angeführten vorzugswürdigen Ausführungsbeispiele (Abschnitt [0018]= Seite 5 Zeilen 10 bis 15 und Abschnitt [0023] = Seite 6, Zeilen 13 bis 17) schlagen vor, die Verstauungstasche auf den Stücken (12, 13) anzunähen, welche die Schnürzone (16) seitlich begrenzen. Hierin liegt aber keine Begrenzung der Position, sondern im Gegenteil ein Hinweis darauf, dass die Verstauungstasche auch dann in patentgemäßer Weise positioniert ist, wenn sie nicht nur die Schnürzone (16), sondern auch andere Elemente, etwa die seitlichen Stücke (12, 13) teilweise überdeckt.

Entsprechend obigen Ausführungen und namentlich mit Blick auf die gebotene funktionsorientierte Auslegung unter Beachtung der oben dargelegten objektiven Aufgabe der Erfindung versteht der Fachmann die Positionierung der Verstauungstasche in der Weise als patentgemäß, dass die Verstauungstasche am Ende der Schnürzone so angebracht wird, dass in ihr Schürsenkel und Blockierer sicher aufgenommen werden können. Jede Position am Ende der Schnürzone, die dies gewährleistet, ist patentgemäß, auch wenn die Verstauungstasche über die Schnürzone hinausragt. Ebenso erkennt der Fachmann, dass die Positionierung der Verstauungstasche in Richtung der Fußeinführzone (9) hin den Zweck hat, die freien Enden der Schnürsenkel unmittelbar dort aufzunehmen, wo sie auftreten: Der Schnürsenkel läuft oberhalb des Blockierers, also in Richtung der Fußeinführzone (9) in freien Enden aus. Unterhalb des Blockierers verbindet er unter mechanischer Spannung die Umkehrelemente (1 bis 8) an den seitlichen Stücken (12 und 13). Ein Aufbewahren des Schnürsenkels ist damit nur oberhalb des Blockierers, nicht unterhalb erforderlich.

Hierin wird der Fachmann auch durch die Zeichnungen gestützt, welche gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ für die Auslegung des Patentanspruchs heranzuziehen sind: Figur 1 und dementsprechend die hieraus als vergrößerter Ausschnitt entnommene Figur 2 zeigen jeweils, dass die Verstauungstasche (30) zu einem gewissen Teil oberhalb der Schnürzone (16) liegt, welche nach oben hin durch die Verbindungslinie zwischen den beiden obersten Umkehrelementen (7, 8) begrenzt wird. Zugleich überdeckt die Verstauungstasche in diesen Figuren einerseits Teile der seitliche Stücke (12, 13) und ragt andererseits über das obere Ende der Schnürzone in Richtung der Fußeinführzone (9) hinaus.

3.

Hiervon ausgehend, lässt sich feststellen, dass jedenfalls die angegriffene Ausführungsform 2 (entsprechend dem als Anlage K 9 zur Gerichtsakte gereichten Muster) Merkmal D. verwirklicht. Die patentgemäße Verstauungstasche wird bei dieser angegriffenen Ausführungsform dadurch gebildet, dass die Breitseite eines dreieckigen Materialabschnitts am oberen Ende der Schuhzunge angenäht ist, nach unten hin in Richtung der Schuhspitze umgeklappt und an der Spitze der Dreiecksform mittels eines Hakens an dem kreuzweise verlaufenden Schnürsenkel befestigt werden kann. Wird dieser Materialabschnitt heruntergeklappt und befestigt, überdeckt er sowohl das in Schlaufenform geführte Schnürsenkelende als auch den Blockierer der angegriffenen Ausführungsform 2, so dass die beiden Element gehalten und von einem Kontakt oder gar Verhaken mit anderen Elementen des Schuhs abgehalten werden.

Der Einwand der Beklagten, es handele sich bei diesem Materialabschnitt der angegriffenen Ausführungsform 2 nicht um eine Tasche, sondern um eine Lasche, welche vom Schutzbereich des Klagepatents nicht umfasst sei, greift im Ergebnis nicht durch. Die Gestaltung der Verstauungstasche ist nach dem oben Ausgeführten gerade nicht darauf beschränkt, dass die Tasche – wie die Beklagte meint – durch ein elastisches Material in einer geschlossenen Position gehalten wird. Die Verwendung bestimmter elastischer Materialien, um ein Halten der Tasche in geschlossener Position zu gewährleisten, ist erst Gegenstand von Unteransprüchen (2. und 4.); der Schutzbereich der klagepatentgemäßen Lehre ist hierauf nicht begrenzt.

Es kommt nach der technischen Lehre des Klagepatents entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht darauf an, dass die Verstauungstasche eine oder mehrere Wandungen aufweist, welche den Blockierer in Position halten. Das Klagepatent ist – wie bereits ausgeführt – offen hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Verstauungstasche, für die allein gelehrt ist, dass sie den Blockierer sicher halten und vor einem Verhaken mit anderen Elementen des Schuhs bewahren muss.

Auch dem weiteren Einwand der Beklagten, bei der angegriffenen Ausführungsform ende die Verstauungstasche nicht an der Schnürzone, was nicht patentgemäß sei, kann aus den oben ausgeführten Gründen nicht gefolgt werden. Eine solche Begrenzung der Positionierung der Verstauungstasche nimmt das Klagepatent nicht vor. Im Gegenteil zeigen die Figuren 1 und 2 gerade Gestaltungen als patentgemäß, bei denen die Verstauungstasche noch oben hin über die Schnürzone hinaus ragt.

Schließlich ist es unschädlich, dass die Verstauungstasche der angegriffenen Ausführungsform an ihrer unteren, mit einem Haken versehenen Spitze bis in die Mitte der Schnürzone hineinragt. Gleichwohl befindet sie sich am Ende der Schnürzone in der Nähe der Fußeinführzone: Dort ist ihre Breitseite mit der Schuhzunge verbunden, und dort überdeckt sie im geschlossenen Zustand Blockierer und Schnürsenkelende. Ein Erstrecken von funktionsunwesentlichen Abschnitten der Verstauungstasche bis zur Mitte der Schnürzone steht weder der Funktion der Verstauungstasche entgegen, noch wird dadurch die Positionierung am Ende der Schnürzone aufgehoben.

III.

Da die Beklagte das Klagepatent widerrechtlich benutzt hat, ist sie der Klägerin gemäß Artikel 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen verpflichtet. Die Beklagte trifft ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Bei Anwendung der von ihr im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt hätte sie die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können. Für die Zeit nach Patenterteilung schuldet die Beklagte daher Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, Artikel 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG. Da die genaue Schadensersatzhöhe derzeit noch nicht feststeht, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagte hat, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird. Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz zu beziffern, ist die Beklagte verpflichtet, im zuerkannten Umfange über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen. Im Rahmen der gemäß § 140 b PatG bestehenden Auskunftspflicht hat die Beklagte außerdem die betreffenden Belege zu überlassen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 5, 249 – Faltenbalg). Hinsichtlich der Angebotsempfänger ist der Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger; Kühnen/Geschke, Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Aufl., Rn. 437).

Darüber hinaus hat die Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1, EPÜ §§ 9, 139 Abs. 2 PatG Anspruch auf Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwalts- und Patentanwaltskosten für die Erstellung der Abmahnung vom 8. Februar 2006 (Anlage K 6). Die Kosten einer Abmahnung stellen einen ersatzfähigen Schadensposten dar (Kühnen/Schulte, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 205). Dass die angegriffene Ausführungsform 1, gegen welche sich die Abmahnung richtete, die technische Lehre des Klagepatents widerrechtlich verwirklicht, steht – wie die Beklagte in mündlicher Verhandlung vom 12. Mai 2009 ausdrücklich erklärt hat – nicht im Streit. Auch in ihrer patentanwaltlichen Erwiderung auf die Abmahnung vom 24. März 2006 (Anlagenkonvolut K 7) hat die Beklagte nicht bestritten, dass die angegriffene Ausführungsform 1 von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Die Beklagte hat auch insofern unter Außerachtlassung der von ihr im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt und damit schuldhaft gehandelt. Die Klägerin durfte sich daher – zumal zur Verhinderung weiterer Verletzungshandlungen durch die Beklagte – herausgefordert fühlen, Patent- und Rechtsanwälte mit der Prüfung der patentrechtlichen Lage und dem Abfassen einer Abmahnung zu beauftragen, und die hierfür notwendigen Kosten aufzuwenden. Die ersatzfähigen Kosten belaufen sich jedenfalls sowohl für die Tätigkeit des beteiligten Rechtsanwalts als auch des Patentanwalts auf eine Mittelgebühr, mithin 1,3 Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 500.000,00 EUR, also für Rechts- und Patentanwalt auf jeweils 3.894,80 EUR, insgesamt also auf 7.789,60 EUR.

Es kann dabei wegen § 250 Satz 2 BGB dahinstehen, ob die Klägerin die Kosten für die Abmahnung ihrerseits bereits erstattet hat. Bereits vor der Zahlung hat die Klägerin einen Anspruch auf Freistellung von der Honorarforderung, mit der sie ihr Vermögen belastet hat, wodurch ein nach §§ 249, 250 BGB im Wege der Naturalrestitution zu ersetzender Schaden entstanden ist. Ein solcher Befreiungsanspruch wandelt sich nach allgemeiner Ansicht auch ohne Setzung einer Frist nach § 250 Satz 2 BGB durch Erhebung einer Zahlungsforderung in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Schuldner die Freistellung als Ersatzleistung ernsthaft und endgültig verweigert, da die Fristsetzung dann nur noch eine überflüssige Förmelei wäre (BGH 2004, 1868, 1869; BGH NJW 1999, 1542; BGH NJW-RR 1996, 700; Oetker, in: MünchKomm z. BGB, 5. Aufl., § 250 Rn. 7 m.w.N.). Eine solche Leistungsverweigerung kann in der Stellung eines vollumfänglichen Klageabweisungsantrages liegen (BGH NJW 2004, 1868, 1869; BGH NJW 1984, 1460; LG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2004, Az. 4b O 360/04 – Irreführende Abmahnung). Demnach ist auch im vorliegenden Fall eine Fristsetzung durch die Klägerin entbehrlich gewesen.

IV.

Eine Aussetzung des Rechtsstreits kommt nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht in Betracht.

1.

Nach der Auffassung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und den Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) bestätigt wurde, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen.

Die Aussetzung kommt danach in Betracht, wenn entweder das prozessuale Verhalten der Klägerin eindeutig ihre Interessen hinter die der Beklagten zurücktreten lässt und/oder mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (ein Widerruf oder) eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Letzteres wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren – oder in einem erfolglos durchgeführten Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren – berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.

2.

Unter Anwendung dieser Maßstäbe lässt sich keine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für eine Vernichtung des Klagepatents feststellen, um eine Aussetzung des Rechtsstreits zu rechtfertigen. Die Beklagte macht lediglich geltend, das Klagepatent beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Dass die beiden von der Beklagten angeführten Kombinationen von Druckschriften die technische Lehre des Klagepatents nahelegen, ist nicht hinreichend wahrscheinlich.

a)

Hinsichtlich der Kombination der US 3,845,XXX (Anlage B 5, in deutscher Übersetzung Anlage B 5a) mit der G 88 10 XXX (Anlage B 1) fehlt es an der hinreichenden Wahrscheinlichkeit schon deshalb, weil die G ‘XXX Gegenstand des Erteilungsverfahrens war und das Klagepatent trotz Prüfung dieser Offenbarung erteilt wurde. Gegen eine Erheblichkeit der Schrift US ‘XXX darüber hinaus spricht bereits der formale Aspekt, dass sie am 5. November 1974, mithin 23 Jahre vor dem Prioritätszeitpunkt des Klagepatents veröffentlicht wurde. Es spricht gegen die Wahrscheinlichkeit eines Naheliegens der technischen Lehre des Klagepatents durch die US ‘XXX, wenn diese Schrift über 23 Jahre lang bekannt war, ohne dass die technische Lehre des Klagepatents aufgefunden wurde. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend macht, der als Anlage B 4 auszugsweise vorgelegte Verkaufsprospekt zeige gerade, dass der Fachmann ohne weiteres auf die in der US ‘XXX offenbarte Technik zurückgreife, begründet dies im Ergebnis keine höhere Wahrscheinlichkeit für das Fehlen erfinderischer Tätigkeit. Die Anlage B 4 ist entgegen der Auflage im Beschluss vom 3. Juli 2008 (Bl. 35 GA) und unter Missachtung von § 184 GVG nicht in deutscher Übersetzung zur Akte gereicht worden, so dass eine inhaltliche Prüfung der Textbestandteile dieser Anlage nicht möglich ist. Die Abbildungen in dieser Anlage lassen nicht erkennen, von welcher Technik die abgebildeten Sportschuhe bei der Konstruktion des Schnürbereichs und der die Schnürzone abdeckenden Lasche Gebrauch machen.

Im Übrigen erscheint es angesichts des Offenbarungsgehalts der US ‘XXX nicht wahrscheinlich, dass sie in Kombination mit der G ‚XXX die klagepatentgemäße Erfindung nahegelegt hat. Die US ‘XXX offenbart lediglich einen Blockierer für Schnürsenkel, der einen sicheren Halt an einem bestimmten Ort der Schnürsenkel gewährleisten soll. Im Klagepatent selber ist beschrieben, dass sowohl ein Blockierer vorbekannt ist, als auch die Verstauung von Schnürsenkeln in einer Tasche gemäß der G ‘XXX. Gleichwohl wurde es als ausreichende erfinderische Tätigkeit angesehen, dass in einer Aufnahme nicht nur der Schnürsenkel, sondern auch ein Blockierer aufgenommen wird. Mehr als einen Blockierer, den es nach der Aufgabenstellung des Klagepatents zusammen mit den Schnürsenkeln zu verstauen gilt, offenbart die US ‘XXX auch nicht.

Der von der Beklagten vorgelegte Bescheid des US-Patentamts vom 16. Februar 2001 zu der zum Klagepatent parallelen US-Patentanmeldung (Anlage B 6, in deutscher Übersetzung Anlage B 6a) gelangt zwar gleichwohl zum Ergebnis, dass eine Kombination der G ‘XXX mit der US ‘XXX die patentgemäße technische Lehre nahelege. Dieses Ergebnis erscheint aber schon deshalb nicht zwingend, weil der Bescheid eine Auseinandersetzung mit der Frage vermissen lässt, ob der Fachmann aus der G ‘XXX die technische Lehre für eine Verstauungstasche entnimmt, die nach ihrer Stabilität und Dimensionierung geeignet ist, nicht nur Schnürsenkelenden, sondern auch einen Blockierer aufzunehmen. Als vernünftiges Argument für die Bejahung erfinderischer Tätigkeit lässt sich insoweit anführen, dass der Fachmann auch unter Berücksichtigung der beiden genannten Entgegenhaltungen vor der Aufgabe stand, einen – an sich vorbekannten – Blockierer in einer hinreichend stabilen und großen Verstauungstasche unterzubringen und ihm die Lösung dieser Aufgabe nicht durch diese Schriften nahegelegt wurde.

b)

Entsprechendes gilt für die Kombination der US ‘XXX mit der US 2,022,XXX (Anlage B 2, in deutscher Übersetzung Anlage B 2a). Die US ‘XXX wurde am 26. November 1935 veröffentlicht, mithin über 60 Jahre vor dem Prioritätszeitpunkt des Klagepatents. Es erscheint nicht wahrscheinlich, dass eine derart alte Druckschrift eine Offenbarung beinhaltet, durch die eine technische Lösung nahegelegt worden sein soll, die erst nach so langer Zeit aufgefunden wurde.

Zum Offenbarungsgehalt der US ‘XXX gilt das oben zur US ‘XXX Gesagte entsprechend: Die Beklagte führt die US ‘XXX gewissermaßen als Substitut für die im Erteilungsverfahren geprüfte G ‘XXX an. Die US ‘XXX offenbart ebenso wie die G ‘XXX eine Vorrichtung zum Abdecken von Schnürsenkeln. Die US ‘XXX zielt indes – anders als die G ‘XXX – ausweislich ihrer einleitenden Schilderungen eher darauf, das Aussehen des Schuhs – im Hinblick auf den damaligen modischen Geschmack – zu verbessern und gleichzeitig den Schnürsenkel abzudecken und zu schützen. Dass sie dazu beiträgt, ein Verhaken freier Schürsenkelenden bei sportlicher Betätigung zu verhindern, ist der US ‘XXX nicht zu entnehmen. Dass die Beklagte sich auf diese Schrift beruft, die in ihren Figuren eine laschenförmige Schnürsenkelabdeckung zeigt, erscheint daher – und auch im Hinblick auf die gestalterische Ähnlichkeit der in der US ‘XXX zeichnerisch dargestellten Ausführungsbeispiele zur angegriffenen Ausführungsform 2 – als unstatthafte rückschauende Betrachtung.

c)

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der im Nichtigkeitsverfahren eingeführten Entgegenhaltung GB 380,909 (im Nichtigkeitsverfahren Anlage NK 11) ist nicht möglich; die Beklagte hat diese Schrift, welche am 11. Mai 1932 veröffentlicht wurde, nicht in deutscher Übersetzung beigebracht.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.