Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. Januar 2007, Az. 4a O 511/05
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
im deutschen territorialen Geltungsbereich des europäischen Patents 0 460 751 B1
a) DLT-Tapes, DVD-Rs und/oder Master mit Audio- und/oder Videosignalen als Erzeugnisse eines Verfahrens zur Übertragung von Audio- und/oder Videosignalen
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
wobei aufeinander folgende Signalteile mittels eines Codierungsalgorithmus in Codierungsblöcke codiert werden, wobei dieses Verfahren den nachfolgenden Verfahrensschritt umfasst:
– Das Übertragen eines Steuersignals, das indikativ ist für den Zeitpunkt, wo ein Codeblock decodiert werden soll, wobei das Steuersignal durch einen Parameter gebildet wird, der sich an einer vorbestimmten Stelle eines Codeblocks befindet, wobei dieser Parameter die Größe der Verzögerung angibt, um die der Codeblock decodiert werden muss, nachdem er empfangen worden ist;
und/oder
b) Stamper mit Audio- und/oder Videosignalen als Erzeugnisse eines Verfahrens zur Übertragung von Audio- und/oder Videosignalen
zu gebrauchen oder zum Zwecke des Gebrauchs entweder einzuführen oder zu besitzen,
wobei aufeinander folgende Signalteile mittels eines Codierungsalgorithmus in Codierungsblöcke codiert werden, wobei dieses Verfahren den nachfolgenden Verfahrensschritt umfasst:
– Das Übertragen eines Steuersignals, das indikativ ist für den Zeitpunkt, wo ein Codeblock decodiert werden soll, wobei das Steuersignal durch einen Parameter gebildet wird, der sich an einer vorbestimmten Stelle eines Codeblocks befindet, wobei dieser Parameter die Größe der Verzögerung angibt, um die der Codeblock decodiert werden muss, nachdem er empfangen worden ist;
und/oder
c) DLT-Tapes, DVD-Rs und/oder Master, auf denen codierte Audio- und/oder Videosignale gespeichert sind,
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
wobei aufeinander folgende Signalteile mittels eines Codierungsalgorithmus in Codeblöcke codiert werden, wobei das Signal ein Steuersignal aufweist, das indikativ ist für den Zeitpunkt, wo ein Codeblock decodiert werden muss, wobei das Steuersignal durch einen Parameter gebildet wird, der sich an einer vorbestimmten Stelle eines Codeblocks befindet, wobei dieser Parameter die Größe der Verzögerung angibt, um die der Codeblock decodiert werden muss, nachdem er empfangen worden ist;
und/oder
d) Stamper, auf denen codierte Audio- und/oder Videosignale gespeichert sind,
herzustellen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
wobei aufeinander folgende Signalteile mittels eines Codierungsalgorithmus in Codeblöcke codiert werden, wobei das Signal ein Steuersignal aufweist, das indikativ ist für den Zeitpunkt, wo ein Codeblock decodiert werden muss, wobei das Steuersignal durch einen Parameter gebildet wird, der sich an einer vorbestimmten Stelle eines Codeblocks befindet, wobei dieser Parameter die Größe der Verzögerung angibt, um die der Codeblock decodiert werden muss, nachdem er empfangen worden ist;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die vorstehend zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 03. Oktober 1997 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten den unter I. 1. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen unter vorstehend I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr durch die vorstehend zu I. 1. bezeichneten, seit dem 03. Oktober 1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten zu 90 % als Gesamtschuldnern auferlegt, zu 10 % trägt die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits.
V. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500.000,- € und für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse zu erbringen.
Tatbestand:
Die Klägerin ist eingetragene und allein verfügungsberechtigte Inhaberin des europäischen Patents 0 460 xxx B1 (Klagepatent). Das Klagepatent, dessen Verfahrenssprache Englisch ist, betrifft ein Verfahren zum Übertragen von Bild- und/oder Tonsignalen. Es wurde am 03. Juni 1991 unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 05. Juni 1990 angemeldet. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 03. September 1997 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft.
Die im vorliegenden Verfahren als verletzt geltend gemachten Patentansprüche 1, 11 und 12 lauten in der veröffentlichten deutschen Übersetzung (DE 691 27 xxx T2, Anlage B2-K2) wie folgt:
„1. Verfahren zur Übertragung von Audio- und/oder Video-Signalen, wobei aufeinanderfolgende Signalteile mittels eines Codierungsalgorithmus in Codeblöcke codiert werden, wobei dieses Verfahren die nachfolgenden Verfahrensschritte umfasst: Das Übertragen eines Steuersignals, das indikativ ist für den Zeitpunkt, wo ein Codeblock decodiert werden soll, dadurch gekennzeichnet, dass das Steuersignal durch einen Parameter gebildet wird, der sich an eine vorbestimmten Stelle eines Codeblocks befindet, wobei dieser Parameter die Größe der Verzögerung angibt, um die der Codeblock decodiert werden muss, nachdem er empfangen worden ist.
11. Codiertes Audio- und/oder Video-Signal, wobei aufeinanderfolgende Signalteile mittels eines Codierungsalgorithmus in Codeblöcke codiert werden, wobei das Signal ein Steuersignal aufweist, das indikativ ist für den Zeitpunkt, wo ein Codeblock decodiert werden muss, dadurch gekennzeichnet, dass das Steuersignal durch einen Parameter gebildet wird, der sich an einer vorbestimmten Stelle eines Codeblocks befindet, wobei dieser Parameter die Größe der Verzögerung angibt, um die der Codeblock decodiert werden muss, nachdem er empfangen worden ist.
12. Speichermedium, auf dem ein Signal nach Anspruch 11 gespeichert ist.“
Die Beklagte zu 1) hat gegen das Klagepatent Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist.
Die Klägerin hat das Klagepatent in einen Patentpool eingebracht, der von der M-Gesellschaft, USA verwaltet wird (nachfolgend M-GESELLSCHAFT). Der Patentpool beruht auf einer Vereinbarung aus dem Jahre 1997 betreffend die Erteilung von Lizenzen für Patente, die für die Einführung einer ISO-Norm mit der Bezeichnung M-2 zur Übertragung und Speicherung von Videosignalen notwendig sind. Die Vereinbarung wurde zwischen Inhabern von Patenten, die für die Einführung der M-2-Norm (nach deren Ansicht) als notwendig angesehen wurden, also Patenten für die Herstellung von Geräten oder Aufnahmetechniken, die dieser Norm entsprechen, sowie der M-GESELLSCHAFT und einer weiteren Gesellschaft geschlossen. Um u.a. die Einführung der Norm zu beschleunigen, haben die Parteien der M-GESELLSCHAFT eine weltweite einfache Patentlizenz erteilt. M-GESELLSCHAFT verpflichtete sich ihrerseits, jedem Unternehmen, das die M-2-Norm einführen möchte, einfache Lizenzen zu Standardbedingungen zu erteilen. Der Kommission wurde die Patentlizenzvereinbarung am 05. Januar 1998 nach Art. 6 der Verordnung Nr. 17/62 des Rates vom 06. Februar 1962 gemeldet. Die Klägerin trat der Vereinbarung später als Inhaber (ihrer Ansicht nach) notwendiger Patente, insbesondere auch des Klagepatents, bei. Bis September 2005 sind 713 Patente in 57 Ländern zugehörig zu ca. 134 Patentfamilien, die von 24 Lizenzgebern gehalten werden, Gegenstand des M-2-Patent-Pools. Insgesamt gibt es etwa 900 Lizenznehmer weltweit; davon sind 114 DVD-Presswerke. In der Europäischen Union haben 44 DVD-Presswerke eine Lizenz genommen.
Die M-GESELLSCHAFT bietet Unternehmen, die den M-2-Standard nutzen wollen, den Abschluss eines Vertrages nach Maßgabe des als Anlage BKartR 1 vorgelegten Standard-Lizenzvertrages an. Danach beträgt die Lizenzgebühr gegenwärtig nicht mehr als 0,03 US$ je DVD, die nach dem M-2-Standard codiert ist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertragstext, insbesondere unter Nr. 3.1.8 verwiesen.
Die zum M-2-Standard (vgl. die Definition unter Ziffer 1.26 des Standard-Lizenzvertrages) gehörende ISO/IEC Norm 13818-2 ist als Anlage B2-K12b in der englischen Originalsprache und als Anlage B2-K12a in teilweiser Übersetzung vorgelegt worden. Die ISO/IEC Norm 13818-1/-2 wurde 1994 verabschiedet.
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) sind, ist ein europa- und weltweit tätiges Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Sie hatte im Jahre 2004 einen Jahresumsatz von ca. 125 Millionen Euro und befasst sich vor allem auch mit der Herstellung (Pressung) und dem Vertrieb von DVD-ROMs.
Der Beklagte zu 2) ist außerdem Aufsichtsratsvorsitzender der C AG in L, an der die Beklagte zu 1) einen Geschäftsanteil von 51 % hält. Die C AG befasst sich unter anderem als sogenanntes Authoring Studio mit der Digitalisierung von Videodaten und der Herstellung sogenannter Master (Pressvorlagen), die auch als DLT oder DVD-R bezeichnet werden. Die Master dienen als Vorlage für sogenannte Glassmaster, aus denen wiederum Stamper (Stempel) hergestellt werden, die dann für die DVD-Produktion verwendet werden. Die Beklagte zu 1) generiert nach den ihr zur Verfügung gestellten Mastern die entsprechenden Glassmaster sowie die Stamper. Mit den Stampern erfolgt sodann die Produktion (Replikation) der DVD-ROMs.
Die C AG beschäftigt sich neben ihrer Tätigkeit als Authoring Studio auch mit der Vermittlung von Aufträgen für die Pressung optischer Speichermedien. Die C AG ist bei der Denic eingetragene Inhaberin der Domains „C.de“ und „xy.de“. Die Beklagte zu 1) ist eingetragene Inhaberin der Domain “….com“. Nachfolgend werden Ausschnitte von den Websites der vorgenannten Internet-Domains wiedergegeben. Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Anlagen B2-K6, -K10 und -K20 verwiesen.
Anlage B2-K6, Seite 1:
Anlage B2-K6, Seite 3 oben:
Anlage B2-K6, Seite 4 oben:
Anlage B2-K20, Seite 5:
Mit E-Mail vom 19. Juli 2005 gerichtet an die Adresse „info@xy.de“ bat das Unternehmen A um die Abgabe eines Angebots über die Herstellung einer DVD5 bzw. DVD9 in einer Stückzahl von 500 mit durchsichtiger Amaray-Box und 20 Seiten Booklet einschließlich der Lieferung des Glassmasters. Das DVD-Master könne auf DLT-Tape geliefert werden. Die C AG antwortete per E-Mail vom 22. Juli 2005 mit einem entsprechenden Angebot. Dieses wurde von A N angenommen und der Auftrag durchgeführt. Wegen der Einzelheiten der Auftragserteilung und -abwicklung wird auf die Anlage B2-K11 verwiesen. Mit Lieferschein der Beklagten zu 1) vom 31. August 2005 erfolgte die Rücksendung der für die Produktion benötigten „Werkzeuge“.
Neben der Klägerin haben zehn weitere Mitglieder des M-2-Patentpools Klage wegen Verletzung von insgesamt 15 ihrer Ansicht nach notwendiger Patente nach dem M-2-Standard vor dem Landgericht Düsseldorf erhoben.
Die Klägerin sieht in der Verwendung von Mastern (DLT-Tapes, DVD-Rs) und Stampern (nachfolgend für beide zusammenfassend: angegriffene Ausführungsformen) bei der Herstellung von DVDs eine Verletzung des von Anspruch 1 des Klagepatents geschützten Verfahrens. Die von der Beklagten zu 1) bei der Herstellung der DVDs (worunter nicht nur DVD-ROM-Videos, sondern auch DVD-ROM-Audios oder Daten-DVD-ROMs zu verstehen seien, wenn und soweit diese Videodaten enthalten) verwendeten Master und Stamper seien mit Videodaten hergestellt worden, die nach dem M-2-Standard codiert worden seien. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 sei zwingender Bestandteil des M-2-Standards. Bei einem nach dem M-2-Standard hergestellten Master oder Stamper handele es sich um ein nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestelltes Erzeugnis.
Zugleich stellten die angegriffenen Ausführungsformen Speichermedien nach den kombinierten Patentansprüchen 11 und 12 dar. Die Beklagten wüssten, dass die von ihnen mit Hilfe der angegriffenen Ausführungsformen hergestellten DVD-ROMs auf erfindungsgemäß M-2-kompatiblen Abspielgeräten abgespielt würden. Selbst wenn, was die Klägerin bestreitet, die Authoring Studios lizenzierte Codierkarten zur Herstellung der Master verwendeten, sei nach dem Inhalt des M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrags eine Erschöpfung der Rechte an dem Klagepatent hinsichtlich der Verwendung dieser Master zur DVD-Herstellung ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt,
sinngemäß im Wesentlichen wie erkannt,
wobei sie hinsichtlich der Stamper im Unterlassungsantrag nach Anspruch 1 des Klagepatents auch eine Untersagung der Benutzungshandlungen des Herstellens, Anbietens und Inverkehrbringens und im Unterlassungsantrag nach Ansprüchen 11/12 auch eine Untersagung der Benutzungshandlungen des Anbietens und Inverkehrbringens beantragt,
hilfsweise,
der Klägerin nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Verhandlung bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts in der Nichtigkeitssache gegen den deutschen Teil des Klagepatents auszusetzen.
Die Beklagten vertreten die Ansicht, dass Anspruch 1 des Klagepatents kein zwingender Bestandteil des M-2-Standards sei, weil einzelne Merkmale nicht zwingend für eine Codierung nach diesem Standard, sondern nur optional neben anderen, nicht patentgemäßen Verfahrensschritten vorgesehen seien. Bei der Datencodierung für DVD-ROMs werde entsprechend den Vorgaben des DVD-Video-Standards ausschließlich nach einer variablen Bitrate codiert, so dass Anspruch 1 des Klagepatents nie verwirklicht werden könne. Aus diesem Grunde machten die angegriffenen Ausführungsformen auch nicht von den Ansprüchen 11 und 12 Gebrauch. Zudem seien die auf den angegriffenen Ausführungsformen gespeicherten Daten keine körperlichen Gegenstände und würden in einem Arbeitsverfahren, nicht in einem Herstellungsverfahren hergestellt. Im Übrigen handele es sich auch deswegen nicht um unmittelbare Erzeugnisse des Verfahrens nach Patentanspruch 1, weil es an der Tatbestandsvoraussetzung der Unmittelbarkeit fehle.
Durch das Inverkehrbringen der Codierkarten und Codiergeräte mit Zustimmung der Klägerin sei Erschöpfung eingetreten. Die Beklagten erheben hinsichtlich Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüchen die Einrede der Verjährung; sie behaupten, die Produktions- und Vertriebstätigkeit der Beklagten zu 1) sei der Klägerin seit dem letzten Jahrzehnt bekannt gewesen. Im Übrigen sind die Beklagten der Auffassung, ein Verschulden könne ihnen nicht vorgeworfen werden.
Die Beklagten sind darüber hinaus der Meinung, dass die Klage abzuweisen sei, weil darin der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 82 EG-Vertrag (EGV) und §§ 19, 20 GWB liege. Die Klägerin, wie auch die Kläger in den Parallelverfahren, missbrauche ihre beherrschende Stellung auf dem Markt für die Lizenzierung von M-2-Technolgie. Die Klägerin, die Kläger der Parallelverfahren und die anderen Pool-Mitglieder verlangten von der Beklagten zu 1) Lizenzgebühren, die von denjenigen abwichen, die sich bei einem wirksamem Wettbewerb unter mehreren potentiellen Lizenzgebern mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Die angemessene Lizenzgebühr betrage Null, weil der M-2-Patentpool kartellrechtlich unzulässig begründet worden und deshalb nichtig sei, Art. 81 Abs. 1 und 2 EGV, § 1 GWB, § 134 BGB. Die Klägerin könne auf der Grundlage der vom M-2-Pool angebotenen Bedingungen des Patent-Portfolio-Lizenzvertrags nicht die Entrichtung von Lizenzgebühren für die Benutzung der zum Industriestandard erhobenen und – wie die Beklagten in diesem Zusammenhang unterstellen – durch das Klagepatent geschützten technischen Lehre verlangen. Die kartellrechtliche Unzulässigkeit folge aus der Tatsache, dass der Pool erwiesenermaßen zahlreiche nichtige und/oder nicht essentielle oder zum Teil nicht zwingend erforderliche Patente enthalte. Darüber hinaus würden diese Patente überwiegend von Unternehmen gehalten, die bereits an den Arbeitsgruppen zur Begründung des Standards beteiligt gewesen seien und sich anschließend im Rahmen des M-2-Pools über die Lizenzierung ihrer Patente abgestimmt hätten.
Schließlich ergebe sich die kartellrechtliche Unzulässigkeit aus der fehlenden Bereitschaft der Mitglieder, die im Pool enthaltenen Patente zu angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen zu lizenzieren. Der Pool sei auch nicht durch die Verordnung (EG) Nr. 772/2004 der Kommission über die Anwendung von Art. 81 EGV auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen vom 27. April 2004 (Gruppenfreistellungsverordnung) freigestellt. Außerdem sei die Pool-Vereinbarung geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und bezwecke oder bewirke eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes, Art. 81 Abs. 1 EGV. Auf den Comfort-Letter der Europäischen Kommission vom 18. Dezember 1998 könne sich die Klägerin nicht berufen, weil dieser lediglich eine unverbindliche schriftliche Äußerung der Kommission sei.
Selbst wenn die dem Pool zugrundeliegenden Vereinbarungen nicht als kartellrechtswidrig anzusehen seien, wäre in einem vorgelagerten Markt für die Lizenzierung patentierter Technologien jedenfalls nur eine Lizenzgebühr vereinbart worden, die sich nach dem Prozentsatz der Netto-Verkaufserlöse bemesse, welche die Lizenznehmer mit ihren auf der Grundlage der lizenzierten Technologie hergestellten Produkten auf dem nachgelagerten Markt erzielen. Das ergebe sich aus der allgemeinen Preisentwicklung auf dem DVD-Markt. Seit Einführung der DVDs im Jahre 1997 sei die Nachfrage zwar exponentiell gestiegen. Dieser Anstieg der Nachfrage sei jedoch mit einem ganz erheblichen Verfall der Preise einhergegangen. Wie aus Ermittlungen der britischen U Ltd., eines anerkannten Rechercheunternehmens, hervorgehe, sei der durchschnittliche Fabrikabgabepreis sogenannter DVD5 in Europa von 2,65 US$ im Jahre 1997 auf 0,51 US$ im Jahre 2005 gefallen, was einem Rückgang von 80,7 % entspreche. Bei sogenannten DVD9 sei der Preis von 4,50 US$ im Jahre 1997 auf 0,70 US$ im Jahre 2005 gefallen, was einen Rückgang von 84,4 % bedeute. Niedriger seien die Fabrikabgabepreise allerdings gewesen, wenn die Presswerke in Zeiten geringer Auslastung Aufträge für kurzfristige Pressungen einzuwerben versucht hätten. Hier hätten die Preise im Jahre 2004 für die DVD5 zwischen 0,26 US$ und 0,43 US$ und für die DVD9 zwischen 0,46 US$ und 0,62 US$ gelegen. Besonders niedrig seien die Preise für so genannte Covermounts gewesen (also DVDs, die als Beilage/Zugabe zu Zeitungen und Zeitschriften hergestellt werden). Bei diesen habe sich der Preis im Jahre 2004 bei DVD5 auf 0,25 US$ und bei DVD9 auf 0,31 US$ belaufen. Der Beklagten zu 1) würden ganz überwiegend Aufträge für die einmalige oder regelmäßige Herstellung großer DVD-Auflagen, das heißt Auflagen von im Einzelfall bis zu fünf Millionen DVDs pro Auftrag und Titel oder 35 Millionen DVDs pro Jahr und Kunde erteilt. Dabei gehe es vielfach um die Pressung von kostenlosen Zeitschriftenbeilagen (Covermounts), kostenlosen Promotions-DVDs für Konsumgüter oder sonstigen DVDs aus dem Entertainment-Bereich. Bei solchen Pressaufträgen seien die erzielbaren Netto-Fabrikabgabepreise schon 2004 sehr niedrig gewesen. Inzwischen habe sich der Fabrikabgabepreis bei der DVD5 weiter auf 0,24 US$ (= 0,19 Euro) und bei der DVD9 weiter auf 0,25 US$ (= 0,20 Euro) reduziert. Danach habe sich der Preisverfall 2006 weiter verschärft und im Vergleich zum Jahr 1997 bei der DVD5 90,9 % und bei der DVD9 sogar 94,4 % erreicht. Die Herstellungskosten der Beklagten zu 1) für eine DVD5 hätten auf Basis letzter Kalkulationen vom September 2005 insgesamt 0,1985 US$ (0,1654 Euro) betragen, wovon 0,10 US$ auf reine Materialkosten, 0,0726 US$ auf Produktionskosten und 0,0259 US$ auf Gemeinkosten entfallen seien. Die Herstellungskosten für die DVD9 seien etwas höher gewesen; sie hätten sich auf 0,2016 US$ belaufen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass 2004 für die Herstellung einer DVD mit Videoinhalten neben der M Lizenzgebühr von 0,03 US$ Lizenzgebühren von anderen Patentpools, nämlich dem so genannten 4C-Pool in Höhe von 0,0375 US$, dem so genannten 6C-Pool in Höhe von 0,045 US$ und die AC-3 Technologie in Höhe von 0,003 US$ gefordert würden. Im Jahre 2004 habe die Summe der Lizenzgebühren der vorgenannten Patentpools einschließlich der Gebühr des M-Pools für eine DVD mit Videoinhalten also 0,1155 US$ betragen.
Darüber hinaus habe die Konkurrenz von Presswerken zugenommen, die DVDs zu Fabrikpreisen knapp über den Herstellungskosten anböten. So habe die S- Österreich AG beispielsweise am 10. Oktober 2005 der SP AG schriftlich angeboten, ein Gesamtvolumen von 30 Millionen Video-DVDs, deren Pressung gleichmäßig planbar auf das Jahr verteilt sei, zu Preisen von effektiv 0,19 Euro pro DVD5 und 0,20 Euro pro DVD9 bei einem Zahlungsziel von 30 Tagen herzustellen. Entsprechend günstige Angebote für die Pressung von DVDs erhielten deutsche Kunden auch von polnischen Presswerken, wie den Presswerken Takt und G-R. Gegenüber der X AG in Fürth hätten diese beiden Unternehmen im Februar 2006 Angebote für die Herstellung und Lieferung von DVD5 zum Preis von 0,20 Euro und DVD9 zum Preis von 0,25 Euro je Einheit bei einem Zahlungsziel von 30 Tagen, abzüglich 2 % Rabatt bei Zahlung innerhalb von 8 bis 14 Tagen abgegeben. Takt und G-R verfügten über keine Lizenzen der DVD-Patentpools 4C, 6C und M, seien aber bisher von keinem der Patentpools im Hinblick auf etwaige Patentverletzungen angegriffen worden. Derartige Niedrigpreisangebote hätten den Marktpreis so weit nach unten gezogen, dass die von U Ltd. für das Jahr 2005 ermittelten Durchschnittspreise heute nicht mehr erzielbar seien. Nach einer für den europäischen Markt durchgeführten Erhebung der F plc., B, Großbritannien, vom Februar 2006 gebe es auf dem europäischen Markt keine Angebote von DVD-Presswerken für die Herstellung von DVD5 oder DVD9 zu Preisen über 0,30 Euro pro Einheit mehr. In Anbetracht der kumulierten Lizenzgebühren der Patentpools 4C, 6C und M errechne sich bei einem Fabrikabgabepreis von 0,19 Euro für eine DVD5 und von 0,20 Euro für eine DVD9 eine Lizenzgebührenquote von 61 % pro DVD5 und von 48 % pro DVD9.
Die Beklagten meinen, dass die Klägerin und die anderen Mitglieder des M-Patentpools ihre marktbeherrschende Stellung gegenüber der Beklagten zu 1) auch deshalb missbrauchen, weil sie von dieser höhere Lizenzgebühren als von gleichartigen Lizenznehmern fordern, ohne dass es dafür eine Rechtfertigung gebe, § 19 Abs. 2, Abs. 4 Nr. 3 GWB. Eine solche Diskriminierung liege im Vergleich zu dem Presswerk T vor, dem die Klägerin eine Begrenzung der insgesamt zu zahlenden Patentlizenzgebühren auf maximal 2.000.000,– US$ pro Kalenderjahr eingeräumt hätte. Der Klägerin und den anderen Mitgliedern des M-Patentpools sei zudem vorzuwerfen, dass sie die Rechte aus ihren Patenten nicht einheitlich und diskriminierungsfrei durchsetzen. Nach Angaben der Klägerin hätten in der Europäischen Union lediglich 44 DVD-Presswerke eine M-Patentlizenz abgeschlossen, obgleich es dort mehr als 100 Unternehmen gebe, die DVD-Presswerke betrieben. Zudem behaupten die Beklagten, dass es lizenzgebührenfreie Kreuzlizenzierungen der Klägerin mit anderen Poolmitgliedern gebe. Der Umstand, dass die Mitglieder des M-Patentpools sowie namentlich die S- Österreich AG auf der Website der M-GESELLSCHAFT als Lizenznehmer aufgeführt würden, sage nichts darüber aus, dass die dort gelisteten Unternehmen tatsächlich den Standard-Lizenzvertrag unterzeichnet hätten oder gar die standardisierten Gebühren bezahlen würden.
Die Beklagten halten eine Lizenzgebühr von 2,24 € (1/134 x 300,- €, letztere entsprechend der Hälfte der Herstellungskosten eines Masters von 600,- €) für jedes DLT-Tape, jede DVD-R und jedes Master, das die Beklagte zu 1) für Zwecke der Herstellung von DVDs besitzt und verwendet, höchstens jedoch diejenige Lizenzgebühr, die andere, vergleichbare Betreiber von DVD-Presswerken für Benutzung und Besitz eines DLT-Tapes, einer DVD-R oder eines Masters für Zwecke der Herstellung von DVDs effektiv (ggf. anteilig) zahlen, sofern im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem anderen Betreiber kein sachlicher Grund dafür besteht, eine niedrigere effektive Lizenzgebühr als nach der vorstehenden Formel anzusetzen, für gerechtfertigt. Die Beklagte zu 1) hat der Klägerin ein entsprechendes bis zum 12. Mai 2006 befristetes Angebot unterbreitet, das von der Klägerin nicht angenommen wurde.
Die Beklagte zu 1) hat der Klägerin zudem folgendes bis zum 22. September 2006 befristetes Angebot zum Abschluss eines Lizenzvertrages unterbreitet:
„Die Klägerin erteilt der Beklagten zu 1) eine Lizenz, DVDs unter Benutzung des Klagepatents herzustellen, herstellen zu lassen, zu verkaufen und/oder anderweitig in Verkehr zu bringen, wobei die Lizenz sich auf den gesamten in der Klageerwiderung vom 19. Januar 2006 beschriebenen Produktionsvorgang erstreckt, d.h. ausgehend vom sogenannten Master (beispielsweise DLT-Tape oder DVD-R) über die Herstellung der Stamper bis hin zu Fertigung der DVD, wie sie an Kunden ausgeliefert wird.
Die Beklagte zu 1) zahlt der Klägerin für jede DVD, die die Beklagte zu 1) im vorstehenden Sinne unter Benutzung des Klagepatents hergestellt hat, herstellen lassen hat, verkauft und/oder anderweitig in Verkehr gebracht hat, eine laufende Lizenzgebühr, die sich wie folgt bemisst:
– 1/134 x US$ 0,04 x prozentualer Verfall der Fabrikabgabepreise seit 1997; dabei ist als prozentualer Verfall der Fabrikabgabepreise der höhere der beiden Quotienten anzusetzen, der sich – jeweils für die DVD5 und die DVD9 – ergibt, wenn man den durchschnittlichen Netto-Fabrikabgabepreis einer DVD5 bzw. DVD9 (gemäß den jährlichen Untersuchungen der U Limited) im Kalenderjahr vor dem tatsächlichen Produktionsjahr einer DVD, die die Beklagte zu 1) unter Benutzung des Klagepatents hergestellt hat, herstellen lassen hat, verkauft und/oder anderweitig in den Verkehr gebracht hat, teilt durch den durchschnittlichen Netto-Fabrikabgabepreis einer DVD5 bzw. DVD9 im Jahr 1997 (Euro 2,65 für die DVD5 und Euro 4,50 für die DVD9 gemäß Erhebungen der U Limited);
– höchstens jedoch diejenige Lizenzgebühr, die andere, vergleichbare Betreiber von DVD-Presswerken pro M-2-Video-DVD effektiv (gegebenenfalls anteilig) zu bezahlen haben für die Benutzung des Klagepatents bei Herstellung und Vertrieb der DVD, sofern im Verhältnis zwischen der Klägerin und den anderen Betreibern kein sachlicher Grund besteht, eine niedrigere effektive Lizenzgebühr als nach der vorstehenden Formel anzusetzen.“
Die Klägerin hat dieses Angebot der Beklagten zu 1) nicht angenommen.
Nach dem weiteren Vorbringen der Beklagten liegt auch ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der Klägerin und der anderen M-Poolmitglieder nach Art. 82 Abs. 1, Abs. 2 a, b und c EGV vor, weil durch die Weigerung der Klägerin, der Beklagten zu 1) eine Lizenz mit angemessener Lizenzgebühr zu erteilen, der Handel zwischen den EU-Mitgliedstaaten dadurch beeinträchtigt werde, dass die Beklagte zu 1) gehindert sei, ihre zahlreichen im europäischen Ausland ansässigen Abnehmer zu beliefern.
Die Klägerin und die zehn Kläger der Parallelverfahren missbrauchen nach Ansicht der Beklagten ihre marktbeherrschende Stellung auch dadurch, dass sie mit der konzentrierten, zeitgleichen Einreichung von 11 Patentverletzungsklagen bei dem Landgericht Düsseldorf sowie bestimmten Begleitmaßnahmen versuchten, die Beklagte zu 1) zum Abschluss des Standard-Lizenzvertrags zu zwingen, § 19 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 2 GWB, Art. 82 Abs. 1, Abs. 2a EGV. Die Beklagten meinen, dass es der Klägerin nicht um die Klärung der behaupteten Patentverletzungen gehe, sondern allein darum, die Beklagten mit Hilfe des die Existenz der Beklagten bedrohenden Kostendrucks, der durch die künstliche Vervielfachung der Gerichtsverfahren erzeugt werde, zum Abschluss der M-Poollizenz zu zwingen. Dies ergebe sich auch aus Äußerungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin Rechtsanwalt V, der in einem Telefonat am 28. Juli 2005 eingeräumt habe, dass die M-GESELLSCHAFT die Zahl der Patente, deren Verletzung gegenüber einem DVD-Presswerk geltend gemacht würde, und die Zahl der einzureichenden Patentverletzungsklagen individuell nach dem Prozessgegner bestimmen würde. Je größer das Unternehmen des Prozessgegners sei und je mehr Widerstand zu befürchten sei, desto mehr Patente würden ins Feld geführt. Durch eine einheitliche Pressemitteilung vom 02. August 2005 habe die M-GESELLSCHAFT der Beklagten zu 1) die geballte Macht ihrer Mitglieder vor Augen führen und zum Ausdruck bringen wollen, dass die Beklagte zum Abschluss einer M-Standard-Lizenz gezwungen werden könne. Zudem habe Herr L, Vice President Licensing & Business Development bei der M-GESELLSCHAFT, Ende Januar 2005 in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der I-AG, Herrn G, angedroht, dass die M-GESELLSCHAFT den Druck auf die Beklagte zu 1) noch weiter erhöhen werde, wenn diese die M Poollizenz nicht unterzeichne.
Den Einwand des Rechtsmissbrauchs erheben die Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt der missbräuchlichen Mehrfachverfolgung, der unzulässigen Druckausübung sowie der gezielten Behinderung nach § 8 Abs. 4 UWG n.F. analog, §§ 3; 4 Nr. 1 und Nr. 10 UWG n.F.
Schließlich halten die Beklagten das Klagepatent für nicht rechtsbeständig, weil es sowohl durch die US-PS 4,882,xxx (Anlage NK6/6a) als auch durch die europäische Patentanmeldung 0 076 xxx (Anlage NK7/7a) neuheitsschädlich vorweggenommen sei.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagten nicht die vermeintliche Kartellrechtswidrigkeit des M-2-Standards gegenüber den auf Verletzung des Klagepatents gestützten Klageanträgen einwenden können. Gegenstand der Klage könne allein sein, ob der Klage wegen Patentverletzung der dolo petit-Einwand unter dem Aspekt eines kartellrechtlichen Anspruchs auf Einräumung einer Lizenz gemäß §§ 19, 20 GWB bzw. Art. 82 EGV entgegenstehe. Die der Beklagten zu 1) auf der Grundlage des Standard-Vertrags angebotene Lizenz in Höhe von 0,03 US$ sei weder unangemessen noch diskriminierend. Für den Fabrikpreis einer DVD5 sei von einem Durchschnittspreis von 0,51 US$ = 0,41 € auszugehen. Dieser Durchschnittspreis finde sich in den von den Beklagten vorgelegten Unterlagen der Agentur U Ltd. (Anlage BKartR 8). Der als Anlage BKartR 9 vorgelegten Aufstellung sei zu entnehmen, dass dieser Preis für Pressaufträge für die großen Filmgesellschaften gelte, die nahezu 70 % des DVD-Marktes beanspruchten. Demgegenüber liege der Anteil der im Niedrigpreissegment angeordneten Covermounts bei nur 5 % des Gesamtmarktes. Der Lizenzanteil für alle Lizenzpools betrage nach dem Vorbringen der Beklagten 2004/2005 insgesamt 0,1155 US$ = 0,0963 €. Auch wenn man die – mit Nichtwissen bestrittenen – Herstellungskosten der Beklagten für DVD5 von 0,1654 € hinzunehme, ergebe dies Gestehungskosten von 0,2617 €. Bei einem Fabrikabgabepreis von 0,51 US$ = 0,41 € belaufe sich der Kostenanteil auf 51 % (rechnerisch zutreffend: 63,83 %).
Die Beklagten könnten auch nicht mit dem Vorbringen gehört werden, dass andere Presswerke die DVDs zu Fabrikpreisen knapp über den Herstellungskosten anböten. Die Angebotshandlungen der S- Österreich AG würden mit Nichtwissen bestritten und bezögen sich im Übrigen auf Covermounts für Presseverlage. Es stehe im Ermessen eines jeden Presswerkes, wie es seinen Gewinn erziele und ob es gegebenenfalls bestimmte Produkte mit Verlust anbiete, während es andere mit erheblichen Gewinnspannen auf den Markt bringe. Im Übrigen sei S- Österreich ausweislich der Lizenznehmerliste unter Nummer 870 Lizenznehmerin des M-2-Patent-Portfolio-Standard-Lizenzvertrages. In die M-2-Lizenznehmerliste würden ausschließlich Lizenznehmer aufgenommen, welche die in dem M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrag festgelegten Lizenzsätze entrichten. Auch das polnische Presswerk Takt sei unter der Nummer 911 der Liste geführt. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass es keine DVD-Angebote mehr zu Fabrikpreisen von über 0,30 € pro Einheit gebe. Die Lizenznehmerliste der M-2-Patent-Portfolio-Standard-Vertragslizenznehmer belege eindrücklich, dass namhafte Presswerke in der Lage und gewillt seien, M-2-Lizenzgebühren abzuführen, ohne dass dadurch deren Wettbewerbsposition gefährdet sei.
Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass es in der Europäischen Union mehr als 100 DVD-Presswerke gebe. Die von den Beklagten angeführten, angeblich begünstigten Presswerke CC, T und S- seien allesamt Lizenznehmer und auf der bereits erwähnten Lizenznehmerliste aufgeführt. Näherungsweise lägen Erkenntnisse vor, wonach sämtliche M-2-Patent-Portfolio-Lizenznehmer (DVD-Presswerke) weltweit einen Marktanteil von 88 % beanspruchten. Eine hundertprozentige Lizenzierung aller DVD-Presswerke sei kaum zu realisieren, weil es auch kleinere, eher unbedeutende DVD-Presswerke gebe, deren Existenz teilweise auch nur von kurzer Dauer sei. Alle DVD-Presswerke zu erfassen, sei allerdings erklärtes Ziel der M-2-Lizenzierungspolitik. Die großen, einen bedeutenden Markanteil für sich beanspruchenden Presswerke für DVDs seien tatsächlich lizenziert. Privilegierte Presswerke sowie privilegierende Sondervereinbarungen gebe es nicht, auch nicht für CC, T und S- Österreich. Alle M-2-Patent-Portfolio-Lizenznehmer erhielten eine Lizenz zu den gleichen Bedingungen. Es gebe ebenfalls keine lizenzgebührenfreien Kreuzlizenzierungen zwischen den Poolmitgliedern.
Die Lizenzangebote der Beklagten zu 1) seien für die Klägerin nicht zumutbar. Das erste Angebot der Beklagten zu 1) würde von vernünftigen Lizenzvertragsparteien schon im Ansatz verworfen, weil eine auf die verwendeten Master bezogene Einzellizenzgebühr in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen „Ausbeute“ auf Seiten des Lizenznehmers stünde. Denn diese würde allein von der Zahl der mit dem Master hergestellten DVDs abhängen. Auch das zweite Lizenzangebot der Beklagten zu 1) sei unakzeptabel. Die dabei angebotene Stücklizenz betrage lediglich 0,00005761 US$. Das sei weniger als 0,2 % des aktuellen M-2-Lizenzsatzes von 0,03 US$. Dies laufe im Ergebnis darauf hinaus, dass die Beklagten gar nichts bezahlen möchten, wenn man dieses Angebot in das Verhältnis zu den Lizenzsätzen setze, welche die übrigen lizenzierten Presswerke in Europa entrichten müssten.
Schließlich sei es nicht rechtsmissbräuchlich, dass die Klägerin und die Kläger in den Parallelverfahren gleichzeitig Klage wegen der Verletzung verschiedener Patente gegen die Beklagten erhoben hätten.
Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag der Beklagten entgegen und nimmt zur Begründung auf ihren Widerspruch im Nichtigkeitsverfahren Bezug.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Klägerin stehen sowohl wegen des Angebots, Inverkehrbringens und Gebrauchens von DLT-Tapes, DVD-Rs und sonstigen Mastern als unmittelbares Erzeugnis des Verfahrens nach Patentanspruch 1 (§ 9 Satz 2 Nr. 3 PatG) als auch wegen des Herstellens, Angebots, Inverkehrbringens und Gebrauchens von Mastern, die der in den Patentansprüchen 11 und 12 unter Schutz gestellten technischen Lehre entsprechen, gegen die Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Schadensersatz und Vernichtung zu, Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Satz 2 Nr. 1 und 3; 139 Abs. 1 und 2; 140a Abs. 1; 140b Abs. 1 und 2 PatG; §§ 242; 259 BGB. Die genannten Ansprüche sind hinsichtlich der von der Beklagten zu 1) für die Produktion der DVD-Endprodukte hergestellten Stamper jedoch auf die Benutzungshandlungen der Herstellung (hinsichtlich der Patentansprüche 11/12) und des Gebrauchens sowie des Einführens und Besitzens zu diesen Zwecken zu beschränken, die weitergehende Klage ist abzuweisen.
Die von den Beklagten vorgebrachten Einwände der Erschöpfung, des kartellrechtlichen Missbrauchs einer markbeherrschenden Stellung und des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot, Art. 82 EGV, §§ 19 und 20 GWB, der missbräuchlichen Geltendmachung der Ansprüche, § 8 Abs. 4 UWG, und der Verjährung, § 141 PatG, greifen nicht durch. Eine Aussetzung der Verhandlung im Hinblick auf die Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 1) gegen das Klagepatent ist nicht veranlasst, § 148 ZPO.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Übertragen von Audio- und/oder Videosignalen über irgendein Übertragungsmedium, wobei das Übertragungsmedium insbesondere aus einer optisch auslesbaren Platte besteht. Zugleich bezieht sich das Klagepatent auf das Übertragungsmedium, auf dem die Audio- und/oder Videosignale aufgezeichnet worden sind (Übersetzung der Klagepatentschrift, Anlage B2-K2, Seite 1, Zeilen 1-3 und 5-7; weitere Verweise ohne Zusatz betreffen die T2-Schrift nach Anlage B2-K2).
Das Klagepatent referiert zunächst die bei der Digitalisierung eines Videosignals in einem Codierungsverfahren erfolgende Umwandlung der Bildfolge in eine Reihe von Videoblöcken, die jeweils so viel an digitaler Information enthalten, dass jedes Bild ohne wesentlichen Qualitätsverlust rekonstruiert werden kann. Von den wirtschaftlichsten Codierungsverfahren werden, so die Klagepatentschrift, aufeinander folgende Signalteile in aufeinander folgende Codeblöcke variabler Länge umgewandelt, die bei Videosignalen als Videoblöcke bezeichnet werden. Die unterschiedliche Länge ergibt sich nach dem Klagepatent daraus, dass bestimmte Bilder einer Intraframe-Codierung ausgesetzt werden, bei der das Bild aus den Codeblöcken vollständig rekonstruiert werden kann, bestimmte Bilder hingegen einer Interframe-Codierung unterzogen werden, was bedeutet, dass diese Bilder nur mit Hilfe und unter Rückgriff auf andere Bilder zu rekonstruieren sind. Wenn das Speichermedium abgespielt wird, werden die aufeinander folgenden Videoblöcke, die wie erwähnt eine variable Länge aufweisen, zu unregelmäßigen Zeitpunkten ausgelesen. Außerdem können sich die Videoblöcke auf einem Speichermedium mit anderen Datensignalen abwechseln, beispielsweise mit lippensynchronen digitalen Audiosignalen entsprechend der Videoszene.
Da die den Videoblöcken entsprechenden Bilder von dem Wiedergabegerät mit einer konstanten Frequenz (von beispielsweise 25 Bildern pro Sekunde) abgespielt werden sollten und der Zeitpunkt, an dem ein Videoblock der optischen Platte ausgelesen wird, nur selten genau mit dem Zeitpunkt übereinstimmt, wo das entsprechende Bild der Videoszene wiedergegeben werden soll, werden die Videoblöcke in dem Abspielgerät einem Pufferspeicher zugeführt, und zwar mit einer Frequenz, die von der „Packung“ der Blöcke auf dem Speichermedium vollständig vorgegeben ist. Sodann werden sie mit einer zur Wiedergabe erforderlichen Frequenz aus dem Pufferspeicher ausgelesen. Der dem nächsten wiederzugebenden Bild entsprechende Videoblock sollte immer bereits vollständig im Puffer gespeichert sein (Seite 2, Zeile 12-23). Sobald ein Bild decodiert worden ist, kann der zugehörige Block aus dem Puffer entfernt und der freiwerdende Pufferraum durch nachfolgende Videoblöcke beschrieben werden. Das Fehlen eines vollständigen Videoblocks in dem Puffer zu dem Zeitpunkt, wo das entsprechende Bild decodiert und wiedergegeben werden soll, wird auch als „Unterlauf“ des Puffers bezeichnet. Die Wiedergabe der Videoszene stockt dann und ein geschmeidiger Bildlauf wird nicht erreicht. Zugleich muss vermieden werden, dass die Wiedergabe einer Videoszene zu spät nach dem Empfang des zugehörigen Videoblockes startet, weil es dann denkbar ist, dass der Puffer sich füllt und die Wiedergabe ebenfalls startet. Dies wird als „Überlauf“ des Puffers bezeichnet (Seite 3, Zeile 1-18).
Als relevanten Stand der Technik beschreibt die Klagepatentschrift ein Verfahren zur Vermeidung eines Pufferüber- und -unterlaufs, bei dem zu dem Zeitpunkt, an dem die Decodierung des gegenwärtig empfangenen Bildes starten soll, ein Steuersignal übertragen wird.
Aus diesem Stand der Technik ergeben sich nach den Angaben der Beschreibung die folgenden Merkmale aus Anspruch 1 des Klagepatents:
Verfahren
(1) zur Übertragung von Audio- und/oder Video-Signalen,
(2) wobei aufeinander folgende Signalteile mittels eines Codierungsalgorithmus in Codeblöcke codiert werden,
(3) wobei dieses Verfahren den nachfolgenden Verfahrensschritt umfasst:
(4) das Übertragen eines Steuersignals;
(5) das Steuersignal ist indikativ für den Zeitpunkt, wo ein Codeblock decodiert werden soll.
Da es nach diesem Stand der Technik auf den Zeitpunkt der Übertragung des Steuersignals ankommt, muss unbedingt gewährleistet sein, dass es aus einem einzigartigen Code besteht, der niemals an einer anderen Stelle in dem codierten Signal auftreten darf (Seite 3, Zeile 22-28). Darüber hinaus beschreibt es die Klagepatentschrift als nachteilig, dass nach diesem Verfahren eine Verzögerung von nur einem Bild zwischen der Codierung und der Decodierung jedes Bildes beibehalten werden muss, denn eine Verzögerung von mehr als einem Bild würde es erfordern, dass das Steuersignal ebenfalls angibt, welches Bild von dem Empfänger decodiert werden soll (vgl. Seite 3, Zeile 28 bis Seite 4, Zeile 2).
Davon ausgehend liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, ein verbessertes Verfahren zum Übertragen von Audio- und/oder Video-Signalen zu schaffen, bei dem das Auftreten von Überlauf und Unterlauf des Puffers vermieden wird, so dass die Wiedergabe von Bildern auf ungestörte Weise erfolgen kann (Seite 4, Zeile 3-6).
Zur Lösung dieser Aufgabe fügt Anspruch 1 des Klagepatents den oben genannten Merkmalen die folgenden weiteren Merkmale hinzu:
(6) Das Steuersignal wird durch einen Parameter gebildet, der sich an einer vorbestimmten Stelle eines Codeblocks befindet;
(7) dieser Parameter gibt die Größe der Verzögerung an, um die der Codeblock decodiert werden muss, nachdem er empfangen worden ist.
Abweichend von der deutschen Übersetzung, die von „Verfahrensschritten“ im Plural spricht, und in Anlehnung an die für die Auslegung maßgebliche englischsprachige Anspruchsfassung (Anlage B2-K1, Spalte 11 Zeile 11: „comprising the step of transmitting …“) wird auch in der hiesigen Merkmalsgliederung in Merkmal (3) der Singular benutzt. Dies deckt sich mit dem Inhalt des Anspruchs 1, der neben dem Übertragen eines Steuersignals nach Merkmal (4), das den Anforderungen der Merkmale (5) bis (7) genügt, keinen weiteren Verfahrensschritt vorsieht. Das „Bilden eines Steuersignals“ gemäß Merkmal (6) stellt keinen weiteren Verfahrensschritt dar, weil mit dieser Formulierung nur angegeben werden soll, dass ein Parameter nach Merkmalen (6) und (7) das übertragene Steuersignal darstellen soll, das Steuersignal also aus einem solchen Parameter besteht. Das wird in der maßgeblichen englischsprachigen Anspruchsfassung deutlich, die das „Bilden“ des Steuersignals durch einen näher gekennzeichneten Parameter umschreibt mit den Worten: „the control signal is constituted by …“.
Patentanspruch 12 schützt in Verbindung mit Patentanspruch 11 unmittelbar das Speichermedium, auf dem Signale nach Anspruch 11 gespeichert wurden, die nach Verfahrensanspruch 1 codiert worden sind. Die kombinierten Merkmale beider Ansprüche lassen sich in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt darstellen:
(1) Speichermedium, auf dem ein codiertes Audio- und/oder Video-Signal gespeichert ist,
(2) wobei aufeinander folgende Signalteile mittels eines Codierungsalgorithmus in Codeblöcke codiert werden,
(3) wobei das Signal ein Steuersignal aufweist, das indikativ ist für den Zeitpunkt, wo ein Codeblock decodiert werden muss,
(4) wobei das Steuersignal durch einen Parameter gebildet wird, der sich an einer vorbestimmten Stelle eines Codeblocks befindet,
(5) wobei dieser Parameter die Größe der Verzögerung angibt, um die der Codeblock decodiert werden muss, nachdem er empfangen worden ist.
Durch die über den Stand der Technik hinausgehenden Merkmale sieht das Klagepatent vor, dass das Steuersignal durch einen Parameter gebildet wird, der sich an einer vorbestimmten Stelle eines Codeblocks befindet (Merkmal (6), Anspruch 1; Merkmal (4), Ansprüche 12/11; weitere Merkmalsverweise beziehen sich nur noch auf die Merkmalsgliederung zu Anspruch 1). Dieses Steuersignal ist indikativ für den Zeitpunkt, zu dem ein Codeblock decodiert werden soll, zeigt dem Decodierer mithin an, wann die Decodierung erfolgen soll, Merkmal (5). Dies geschieht dadurch, dass der Parameter die Größe der Verzögerung angibt, um die der Codeblock nach dem Zeitpunkt seines Empfangs decodiert werden muss, Merkmal (7). Weil gemäß Merkmal (6) die Stelle des Parameters für das indikative Steuersignal, mithin seine Position im codierten Signal, vorbestimmt ist, braucht der Parameter nicht mehr einzigartig codiert zu sein, um als solcher erkannt zu werden, und kann daher einen großen Bereich verschiedener Werte annehmen (Seite 4, Zeile 10-12). Darüber hinaus ist durch die Lokalisation des Parameters an einer vorbestimmten Stelle des Codeblocks die Möglichkeit eröffnet, dass die Verzögerung nach Merkmal (7) auch mehr als eine einzelne Bildperiode betragen kann (Seite 4, Zeile 12f.). Wenn das Bild dann mit der vorgegebenen Verzögerung decodiert wird, kann es ohne die Gefahr des Pufferüber- oder -unterlaufs wiedergegeben werden, was eine ungestörte Wiedergabe gewährleistet. Durch die Übertragung des auch als Decoderverzögerungsparameter (oder Decoderverzögerung) bezeichneten Parameters wird auch die synchrone Wiedergabe zweier Signale (etwa eines Videosignals mit einem im Zeitmultiplexverfahren zugeordneten Audiosignals) ermöglicht (Seite 4, Zeile 14-21). Die Decodierverzögerung nach Merkmal (7) konkretisiert, auf welche Weise dem Decodierer mitgeteilt wird, wann er mit dem Decodieren beginnen soll, nämlich in Gestalt einer Angabe über die Größe der Verzögerung zwischen Empfang des Codeblocks und seiner Decodierung. Dieser Parameter kann nach der Klagepatentschrift (Seite 14, Zeile 19 bis Seite 15, Zeile 5) verschiedene Formate annehmen, beispielsweise eine Zeitangabe (entsprechend Unteranspruch 5), die Anzahl von Taktperioden eines vorbestimmten Taktsignals (Unteranspruch 6), den Stand eines Zählers (Unteranspruch 7) oder den Belegungsgrad des Pufferspeichers des Decodierers (Unteranspruch 8) darstellen.
Den Begriff des Steuersignals nach Merkmal (4) versteht der Fachmann auf dem Gebiet des Klagepatents, ein Elektroingenieur der Fachrichtung Nachrichtenübertragung mit Universitätsabschluss und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der digitalen Datenübertragung und den dort verwendeten Codier- und Decodierverfahren, dahin, dass das Steuersignal unmittelbar steuernd auf die gesteuerte Einheit – den Decodierer – einwirken muss, ohne diesem eine eigene Entscheidungsmöglichkeit zu überlassen, für die er auf andere Parameter (d.h. andere als denjenigen, der das Steuersignal im Sinne des Klagepatents bildet) zurückgreifen müsste. Inhalt des Steuersignals ist die Angabe, zu welchem Zeitpunkt ein Codeblock decodiert werden soll, denn für diesen soll das Steuersignal indikativ sein (Merkmal (5)). Der allgemeine Wortsinn des „Steuersignals“ wird durch Merkmal (7) noch unterstrichen. Denn die „Größe der Verzögerung“ bezeichnet bereits einen endgültigen Parameter auf Decoderseite und nicht lediglich eine Bezugsgröße, auf deren Grundlage der endgültige Parameter vom Decodierer zunächst noch errechnet werden muss. Im in der Klagepatentschrift ausdrücklich gewürdigten Stand der Technik war ein Steuersignal bekannt, das zu exakt diesem Zeitpunkt übertragen wurde und somit allein durch seine Übertragung den Beginn des Decodiervorgangs am betreffenden Codeblock markierte. Um die damit verbundenen Nachteile, die erforderliche Einzigartigkeit des Steuersignals und die maximale Verzögerung von nur einem Bild, zu vermeiden, sieht Anspruch 1 des Klagepatents gemäß Merkmal (6) vor, dass sich das Steuersignal an einer vorbestimmten Stelle befindet (und daher nicht mehr einzigartig zu sein braucht, um erkannt zu werden), und gemäß Merkmal (7), dass der das Steuersignal bildende Parameter die Größe der Verzögerung zwischen Empfang des Codeblocks und seinem Decodierbeginn angibt (so dass die Decoderverzögerung auch über ein Bild hinausreichen kann). Die Lösung dieser Aufgabe des Klagepatents hängt aber nicht davon ab, sich auch von dem überkommenen und allgemeinen Verständnis des „Steuersignals“ zu lösen, wonach dieses eine unmittelbare Steuerungswirkung entfaltet, ohne der gesteuerten Einheit noch Entscheidungsfreiheiten zu lassen. Es würde damit über den Wortsinn des „indikativen Steuersignals, das mittels der Größe der Verzögerung den Zeitpunkt angibt, zu dem ein Codeblock decodiert werden soll“, hinausgehen, lediglich einen Füllstand des Codiererpuffers anzugeben und zu übertragen, aus dem der Decodierer sodann durch eigene Rechenoperationen ableiten könnte, wann er mit dem Decodieren des betreffenden Codeblocks beginnen soll. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass dem Decodierer unter der Prämisse eines gleich großen Pufferspeichers die Berechnung des Decodierzeitpunktes in Kenntnis des codiererseitigen Pufferfüllstandes möglich sein mag. Denn dies entspräche nicht dem Wortsinn des indikativen Steuersignals nach Merkmalen (5) und (7). Dass die Puffergröße B auf Codierer- wie Decodiererseite im Zusammenhang mit dem in der Klagepatentschrift dargestellten bevorzugten Ausführungsbeispiel gleich groß gesetzt ist, lässt für die Auslegung nicht den Schluss zu, dass auch die Lehre des Klagepatents dies voraussetzt, denn dafür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Das Steuersignal nach Merkmalen (5) bis (7) wird in der Figur 3A der Klagepatentschrift anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Dabei bezeichnet das Klagepatent mit „Td“ die so genannte Decoderverzögerung (vgl. Seite 4, Zeile17f. und Seite 9, Zeile 27f.), die die Verzögerungszeit zwischen dem Zeitpunkt, an dem der Empfang des betreffenden Videoblocks in dem Decodierungspuffer beginnt, und dem Zeitpunkt, an dem dieser Videoblock aus dem Decodierungspuffer ausgelesen werden soll, angibt. Während auf der x-Achse der Zeitverlauf (unter Berücksichtigung einer der Bildwiedergabe entsprechenden Taktung) wiedergegeben ist, sind auf der y-Achse die ein- bzw. ausgelesenen Datenmengen hinsichtlich beider Puffer (auf Codierer- wie auf Decodiererseite) aufgetragen. Die stufenartige Kurve ne(t) gibt die in den Codierungspuffer („e“ für engl. Encoder) eingelesenen Blöcke wieder, die stufenartige Kurve nd(t) die aus dem Decodierungspuffer („d“ für Decoder) ausgelesenen Blöcke. Die Gerade nS(t) setzt den aus dem Codierungspuffer ausgelesenen Datenfluss mit dem in den Decodierungspuffer eingelesenen Datenfluss gleich und vernachlässigt dabei, wie die Beschreibung selbst erwähnt (Seite 9, Zeile 6f.), eine etwa erforderliche tatsächliche Übertragungszeit. Um sowohl einen Über- als auch einen Unterlauf des Decodierungspuffers zu vermeiden, müssen die das Einlesen in den Codierungspuffer und das Auslesen aus dem Decodierungspuffer betreffenden stufenartigen Datenübertragungskurven ne(t) und nd(t) auf die Gerade nS(t) mit ihrem gleichmäßigen, bitweisen Datenstrom bzw. Datenströmen abgestimmt werden. Für den im Rahmen der klagepatentgemäßen Lehre interessierenden Decodierungspuffer bedeutet dies, dass die Kurve nd(t) weder die Gerade nS(t) schneidet (Unterlauf) noch die Gerade n1(t) (Überlauf), die in einem (vertikalen) Abstand B von der Geraden nS(t) verläuft, wobei der Abstand B der Puffergröße auf Decodiererseite entspricht (vgl. Seite 9, Zeile 9-13). Lediglich im bevorzugten Ausführungsbeispiel ist die Puffergröße B des Decodierers gleich groß wie diejenige des Codierers (vgl. Seite 9, Zeile 1-3). Die Entladekurve des Decodiererpuffers muss daher auf der x-Achse so angeordnet werden, dass sie beide Begrenzungslinien nicht schneidet, um sowohl einen Über- als auch einen Unterlauf zu vermeiden. Dies gibt der Parameter Td vor, der ergänzt um den Parameter Te (für die Verzögerung zwischen dem Einlesen der Bildblöcke in den Codierungspuffer und dem Beginn des Auslesens aus dem Codierungspuffer) die gesamte zeitliche Verschiebung zwischen der Kurve ne(t) und der Kurve nd(t) bestimmt. In dem konkreten Beispiel nach Figur 3 der Klagepatentschrift, bei dem die Puffer auf Codierer- wie auf Decodiererseite gleich groß und die Einlese- und Auslesegeschwindigkeit konstant und zueinander gleichförmig sind, entsprechen sich die genannten Kurven, wobei die Kurve nd(t) lediglich die Kurve ne(t) um das Zeitintervall T = Te + Td verschoben darstellt. Dabei schreibt das Klagepatent nicht vor, wie der Verzögerungsparameter Td zu berechnen ist, sondern stellt seine Berechnung in das Können des Fachmanns.
Die Klagepatentschrift weist im Zusammenhang mit der Darstellung der bevorzugten Ausführungsform zwar darauf hin, dass der Verzögerungsparameter an sich nur einmalig zusammen mit dem ersten Videoblock einer Videoszene angegeben und übertragen werden müsste, woraufhin der Ausleseprozess mit der konkreten Bildfrequenz automatisch fortsetzt werden könne (Seite 10, Zeile 29 bis Seite 11, Zeile 5; zugleich Unteranspruch 2). Dabei wird aber vorausgesetzt, dass die Puffer auf Codierer- und Decodiererseite gleich groß sind und mit einer konstanten Ein- und Auslesegeschwindigkeit arbeiten. Zugleich stellt die Klagepatentschrift klar, dass die Decoderverzögerung im Allgemeinen für jeden Videoblock anders sein wird (Seite 11, Zeile 9f.). Es ist daher patentgemäß auch möglich, den Decoderverzögerungsparameter einem jedem Videoblock gesondert zuzuweisen, was die Beschreibung anhand des 7. Teilbildes der Figur 3A und der Decoderverzögerung Td7 ausdrücklich erläutert (vgl. Seite 11, Zeile 14 bis Seite 12, Zeile 2; zugleich Unteransprüche 3 und 4). Auch die Klagepatentschrift unterscheidet somit zwischen einem einmaligen Verzögerungsparameter Td und einem individuellen (auf den Block „x“ bezogenen) Verzögerungsparameter Tdx, wobei sich beide Varianten innerhalb der Lehre nach Anspruch 1 halten (vgl. Unteranspruch 2 einerseits, Unteransprüche 3 und 4 andererseits).
Aus der Schilderung der Beschreibung, wie sich ein geeigneter Wert für die Decoderverzögerung Td berechnen lässt (Seite 10, Zeile 21-28), darf allerdings nicht geschlossen werden, die senderseitige Berechnung der Verzögerungszeit werde als Teil der technischen Lehre des Klagepatents mit beansprucht. Dem steht bereits entgegen, dass der Verzögerungsparameter nicht zwingend durch eine Zeitangabe darstellt werden muss (wie es Gegenstand des abhängigen Unteranspruchs 5 ist), sondern ebenso gut auch eine Anzahl Taktperioden eines vorbestimmten Taktsignals bezeichnen (Unteranspruch 6), den Stand eines Zählers (Unteranspruch 7) oder den Belegungsgrad eines Pufferspeichers (Unteranspruch 8) angeben kann (vgl. Seite 14, Zeile 19 bis Seite 15, Zeile 2). Bei dem Rückgriff auf die Zeitangabe Td aus dem bevorzugten Ausführungsbeispiel nach Figur 3 handelt es sich daher lediglich um eine beispielhafte Angabe.
Nach Merkmal (7) gibt der das Steuersignal (das den Zeitpunkt der Decodierung eines Codeblocks anzeigt) bildende Parameter die „Größe der Verzögerung“ an. In der maßgeblichen englischen Anspruchsfassung heißt es:
„indicating the quantity of delay with which the code block must be decoded after it has been received“.
Das belegt auch im Hinblick auf Merkmal (5), dass nach der Lehre des Klagepatents dem Decoder allein durch den anspruchsgemäßen Verzögerungsparameter angezeigt („indicating …“) werden muss, welches der richtige Zeitpunkt für den Beginn des Auslesens ist. Für die Bestimmung der Verzögerungszeit darf der Decoder keine weiteren Angaben als diese „Größe der Verzögerung“ („the quantity of delay“) benötigen, um den Zeitpunkt des Decodierungsbeginns berechnen zu können; allein der das Steuersignal bildende Verzögerungsparameter soll die Größe der Decodierungsverzögerung ab dem Empfangszeitpunkt des betreffenden Codeblocks anzeigen. Nur diesen Parameter, der im bevorzugten Ausführungsbeispiel in dem Anhang „LBL“ enthalten ist (vgl. Seite 7, Zeile 4-6, Zeile 21 und Seite 11, Zeile 19-21), soll der Decoder verwenden müssen, ohne im Zuge einer Auswertung daneben auch auf andere Angaben zurückzugreifen, wie etwa die Puffergröße oder sonstige Betriebsparameter auf Codiererseite. Dies deckt sich mit den in Unteransprüchen 5 bis 8 genannten Beispiele für die Darstellung des Verzögerungsparameters, die sämtlich von den Betriebsparametern des Codierers (etwa seiner Puffergröße) abstrahieren. Weder der (absolute oder relative) Belegungsgrad des Decoderpuffers noch die Angabe der Zeitverzögerung ab dem Einschreiben des Videoblocks in den Decoderpuffer noch der Stand eines Zählers sind davon abhängig, welche Betriebsparameter auf Seiten des Codierers gegeben sind.
Der Wortsinn des Begriffs „Steuersignal“, das für den Zeitpunkt, wo ein Codeblock decodiert werden soll, „indikativ“ ist im Sinne des Merkmals (5), beschreibt mithin, dass das Steuersignal die von ihm angesprochene Einheit (den Decodierer) unmittelbar und ohne Hinzunahme weiterer Hilfsgrößen steuert. Ein dergestalt „indikatives Steuersignal“ liegt hingegen nicht vor, wenn der Decoder das Signal noch unter Hinzunahme weiterer Umstände und Umfeld-Bedingungen interpretieren und auswerten muss, wobei das Signal ihm lediglich einen Parameter neben anderen benötigten zur Verfügung stellt, aus denen der Decoder den Zeitpunkt für die Decodierung (die das Klagepatent offensichtlich mit dem Zeitpunkt des Auslesens und Entfernens aus dem Decoderpuffer gleichsetzt, vgl. Seite 2, Zeile 24-26) sodann seinerseits errechnen kann. Dabei können sich die Beklagten auch nicht auf die diversen nach den beschreibenden Ausführungen (Seite 14, Zeile 19ff.) und den Unteransprüchen 5 bis 8 möglichen Größen berufen, die den Verzögerungsparameter patentgemäß darstellen können. Denn auch sie alle haben gemein, dass der Decoder allein aus ihnen und ohne weitere Erkenntnisse über Betriebsparameter des verwendeten Codierers den Zeitpunkt des Decodierens (und damit zugleich des Auslesens) unmittelbar ableiten kann.
Die Beklagten berufen sich für ihr weiteres Verständnis des Klagepatents darauf, dass die Gesamtverzögerungszeit T eine Konstante darstelle, die sich aus der Codierverzögerung Td und der Decodierverzögerung Te zusammensetzt. Sie lasse sich in Kenntnis der Puffergröße B (gemessen in Bit) und der Videobitrate (in Bit/s), mit der der Puffer beschrieben und ausgelesen wird, leicht errechnen (vgl. Seite 10, Zeile 21-28). Das alles lässt sich der Beschreibung des beschriebenen Ausführungsbeispiels entnehmen (vgl. etwa Seite 9, Zeile 23 bis Seite 10, Zeile 5 und Seite 10, Zeile 21-28) und ist als solches zwischen den Parteien auch nicht umstritten. Gleichwohl rechtfertigt dies nicht die Annahme, dem Klagepatent genüge es, wenn dem Decodierer durch die Angabe eines irgendwie gearteten Signals die Berechnung des blockbezogenen Decodierbeginns ermöglicht wird. Denn es ist nicht Gegenstand der patentgemäßen Lehre, wie die „Größe der Verzögerung“ (Merkmal (7)) berechnet wird. Dass die Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels dem Fachmann Möglichkeiten an die Hand gibt, wie er die Größe Td als Zeitangabe im Sinne der Variante nach Unteranspruch 5 berechnen kann (und wie auch ein Decoder, dem die codiererseitige Verzögerung Te sowie die dortige Puffergröße mitgeteilt wird, die Größe Td rechnerisch ermitteln könnte), ändert nichts daran, dass die Ermittlung der „Größe der Verzögerung“ in den Patentansprüchen keinen Niederschlag gefunden hat. Die in den Unteransprüchen 5 bis 8 genannten Darstellungsvarianten deuten vielmehr indiziell darauf hin, dass das Klagepatent eine Berechnung auf Decodiererseite gerade nicht als patentgemäß angesehen hat, wie dies auch dem allgemeinen Verständnis eines „Steuersignals“ entspricht.
Die hier vertretene Auslegung steht auch im Einklang mit Unteranspruch 8 des Klagepatents, wonach der Parameter nach Merkmalen (6) und (7) den Belegungsgrad eines Pufferspeichers angibt, in dem die empfangenen Codeblöcke gespeichert werden. So ist es nur dann (aber immerhin dann) möglich, die Größe der Verzögerung durch den Belegungsgrad des decoderseitigen Pufferspeichers anzugeben, wenn der Codierer die Gesamtpuffergröße des Decoders bereits kennt. Eine Entscheidungsmöglichkeit bleibt dem Decoder auch in diesem Fall nicht, denn er muss lediglich den Abgleich zwischen dem erreichten Pufferfüllstand und dem ihm codiererseitig bereits vorgegebenen Belegungsgrad vornehmen. Das hält sich im Rahmen eines „indikativen Steuersignals“, das dem Decodierer keinen Entscheidungsspielraum lässt. Auch nach Unteranspruch 8, der auf Anspruch 1 rückbezogen ist, übernimmt damit bereits der Codierer die Vorgabe der „Größe der Verzögerung“ (Merkmal (7)), auf die der Decodierer schlicht reagiert. Unteranspruch 8 lässt sich daher entgegen der Ansicht der Beklagten einer engen Auslegung des „indikativen Steuersignals“ nicht entgegenhalten, weil auch hier bereits der Codierer allein die Bestimmung der Größe der Verzögerung vorgenommen hat und diese lediglich in Gestalt des Belegungsgrades ausdrückt. Die technische Lehre des Klagepatents ist mit dem Übertragen der Audio- und/oder Video-Signale in dem Sinne „beendet“, als der Decodierer keine Berechnung der Größe der Verzögerung mehr vorzunehmen braucht, weil dies bereits codiererseitig im Steuersignal berücksichtigt wurde.
In Abkehr vom Stand der Technik, wo ein Steuersignal übertragen wurde, das unmittelbar den Decodierbeginn in Sinne eines „Jetzt“-Befehls markierte, soll das patentgemäße Steuersignal an einer vorbestimmten Stelle (etwa in dem im Zusammenhang mit dem bevorzugten Ausführungsbeispiel erwähnten „label LBL“) angeordnet sein (Merkmal (6)), so dass das Steuersignal nicht mehr zwingend eine charakteristische Struktur aufweisen muss und eine größere Flexibilität in der Darstellung der Größe der Verzögerung erreicht wird. Es kann daher zu einem beliebigen Zeitpunkt übermittelt werden, weil es die Information, wann der zugehörige Codeblock verarbeitet werden soll, in sich trägt. Anspruchsgemäß ist jedenfalls eine Darstellung des Steuersignals in einem jedem Codeblock vorangestellten Header (vgl. Seite 6, Zeile 13-15 in Verbindung mit dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1E), wobei nicht jeder Codeblock, zumindest aber der erste einer Videoszene, das Steuersignal enthalten muss.
II.
Das Verfahren zur Übertragung von Audio- und/oder Videosignalen nach Anspruch 1 des Klagepatents ist zwingender Bestandteil des M-2-Standards.
1.
Der M-2-Video-Standard verwirklicht die Merkmale des Anspruchs 1 durch die Vorgaben in Abschnitt 6.3.9 betreffend den dort genannten Parameter „vbv_delay“. Insoweit heißt es in der deutschen Übersetzung nach Anlage B2-K12a:
„vbv_delay – Vbv_delay ist eine vorzeichenlose 16-Bit-Ganzzahl. In allen Fällen, in denen vbv_delay nicht den hexadezimalen Wert FFFF aufweist, ist der Wert von vbv_delay die Anzahl von Perioden eines 90 kHz Taktes, der von dem 27 MHz Systemtaktgeber abgeleitet ist, die die VBV nach Empfang des letzten Byte des Bildstartcodes warten soll, bevor das Bild decodiert wird. Vbv_delay muss codiert sein, um die Verzögerung darzustellen, wie oben spezifiziert, oder sie muss mit dem hexadezimalen Wert FFFF codiert sein. …“
Die Bezeichnung „VBV“ steht für den „video buffering verifier“ und ist in Ziffer 3.135 des Standards (Anlage B2-K12b, Seite 7) definiert als
„A hypothetical decoder that is conceptually connected to the output of the encoder. Its purpose is to provide a constraint on the variability of the data rate that an encoder or editing process may produce.”
Der Parameter vbv_delay stellt ein Steuersignal dar, das für den Zeitpunkt, an dem der Codeblock, dem es vorangestellt ist, decodiert werden soll, indikativ ist (Merkmale (4) und (5)). Es wird zugleich durch einen Parameter gebildet, der sich im „Picture Header“, also im Bilddateianfangssatz (Abschnitt 6.3.9), befindet und damit an einer vorbestimmten Stelle des Codeblocks (Merkmal (6)). Das ergibt sich aus der Behandlung des Parameters vbv_delay in dem Abschnitt 6.3.9, der ausweislich seiner Überschrift den Bilddateianfangssatz („Picture Header“) betrifft. Indem immer dann, wenn vbv_delay nicht den hexadezimalen Wert FFFF aufweist, der Wert von vbv_delay die Anzahl von Perioden eines 90 kHz-Taktes angibt, die „Video buffering verifier“ nach Empfang des letzten Byte des Bildstartcodes warten soll, bevor das Bild decodiert wird, gibt der Parameter vbv_delay die Größe der Verzögerung im Sinne des Merkmals (7) an.
Die Beklagten haben nicht substantiiert in Abrede gestellt, dass damit das Verfahren nach Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß benutzt wird. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dann, wenn vbv_delay den Wert FFFF aufweist, was auch nach Abschnitt 6.3.9 möglich ist, kein patentgemäßes Steuersignal übertragen wird. Zugleich haben die Beklagten aber nicht bestritten, dass in allen anderen Fällen, in denen vbv_delay nicht auf den Wert FFFF gesetzt ist, ein Steuersignal nach den Merkmalen (4) und (5) übertragen wird, das durch einen Parameter gebildet wird, der sich an einer vorbestimmten Stelle eines Codeblocks befindet (Merkmal (6)) und die Größe der Verzögerung angibt, um die der Codeblock nach seinem Empfang decodiert werden muss (Merkmal (7)). Soweit die Beklagten in der Klageerwiderung die Verwirklichung des Merkmals (7) mit dem Argument in Abrede gestellt haben, Abschnitt 6.3.9 lasse betreffend den Parameter vbv_delay nicht erkennen, dass nach Ablauf der übermittelten Anzahl der Perioden die Decodierung sofort beginnen soll, ist ihnen darin nicht zu folgen. Die Beklagten berufen sich auf die dort gewählte Formulierung „the number of periods (…) that the VBV shall wait after receiving the final byte of the picture start code before decoding the picture“ („… warten soll, bevor …“), der nur entnommen werden könne, dass nicht vor dem Ablauf der vorgegebenen Perioden mit dem Decodieren begonnen werden soll, während damit nicht bestimmt sei, dass die Decodierung tatsächlich sofort nach Ablauf starte. Für das von ihnen zugrunde gelegte Verständnis besteht aus Sicht eines Fachmanns keinerlei Veranlassung. Insbesondere haben die Beklagten nicht dargetan, welchen Sinn es machen sollte, dem Decodierer nur eine „Mindestwartezeit“ vorzuschreiben, die dieser auch überschreiten kann. Der Fachmann wird die zitierte Stelle des Standards daher so interpretieren, dass zumindest in der Regel unmittelbar nach dem Ablauf der Perioden mit dem Decodieren zu beginnen ist, weil für ein abweichendes Verständnis keine Veranlassung dargetan und eine solche auch sonst nicht ersichtlich ist.
Die Beklagten verweisen darauf, dass es im Rahmen des M-2-Standards durchaus sinnvoll sein könne, den Parameter vbv_delay auf den Wert FFFF zu setzen, um beispielsweise eine Codierung mit variabler Bitrate anzuzeigen, was bei der Video-DVD-Codierung den Regelfall darstelle. So sehe der M-2-Standard in Abschnitt D.12.2 (Anlage B2-K12b, Seite 155) unter „Trick modes“ / „Encoder“ vor (zitiert nach der deutschen Übersetzung im Duplikschriftsatz der Beklagten, Bl. 309 GA):
„Füge einen Bild_Header() ein mit den gleichen Parametern wie ein normaler Bitstrom mit der Ausnahme, dass es bevorzugt werden kann, variablen Bitraten-Betrieb anzuzeigen. Ein Weg, dies zu erzielen, ist, vbv_delay auf FFFF (hex) zu setzen.
BEACHTE – In den meisten Fällen werden temporal_reference und vbv_delay in einem Decoder ignoriert, daher braucht das DSM temporal_reference und vbv_delay nicht auf korrekte Werte zu setzen.“
Da DVDs durchweg mit einer variablen Bitrate und niemals mit einer konstanten Bitrate codiert würden, wie die Beklagten im Termin vortragen ließen, könne das Verfahren nach Klagepatentanspruch 1 bei Video-DVDs keinesfalls zur Anwendung kommen. Eine konstante Bitrate sei bei DVDs sinnwidrig. Aus diesem Grunde empfehle der M-2-Video-Standard in Abschnitt D.12.2 die Anzeige eines variablen Bitraten-Betriebs. Darauf deute auch hin, dass die zitierte Anmerkung für DSM („digital storage media“, vgl. die Definition in Ziffer 3.42, Anlage B2-K12b, Seite 3) es für entbehrlich erachte, vbv_delay auf korrekte Werte zu setzen. Den vollständigen Verzicht auf eine konstante Bitrate bei Video-DVDs wollen die Beklagten auch der DVD-Video-Spezifikation entnehmen, die sie in der Version 1.13 vom März 2002 im Termin in Kopie überreicht haben. Auf der Seite VI5-40 der DVD-Video-Spezifikation weise die Tabelle 5.4.1.2-1 in der Zeile „Bit rate“ darauf hin, dass bei DVD-ROMs der Parameter vbv_delay zwingend auf FFFF (hexadezimal) gesetzt werden müsse; die DVD-Video-Spezifikation schränke den M-2-Video-Standard insoweit für DVD-ROMs weiter ein. Der Zusatz „with vbv_delay coded as (FFFFh)“ beziehe sich sowohl auf eine variable als auch auf eine konstante Bitrate. Dies werde – so die Beklagten – bestätigt durch den im Termin überreichten Auszug aus dem Benutzerhandbuch des DVD-Video Verifiers der Klägerin, mit dem Video-DVDs auf Kompatibilität mit dem DVD-Standard und dem M-2-Standard überprüft werden: Die dort unter Ziffer 4.4.10 aufgeführte Fehlermeldung „ERROR 3460“ trete bei der Überprüfung von Video-DVDs immer dann auf, wenn der Parameter vbv_delay nicht auf FFFF (hexadezimal) gesetzt sei. Bei Video-DVDs sei eine konstante Bitrate daher ausgeschlossen und vbv_delay könne gar nicht anders als auf FFFF (hexadezimal) gesetzt sein.
In diesem Verständnis des M-2-Video-Standards und der DVD-Video-Spezifikation vermag die Kammer den Beklagten nicht zu folgen. Auch die DVD-Video-Spezifikation sieht auf Seite VI5-40 in der Zeile „Bit rate“ ausdrücklich alternativ eine konstante Bitrate (gleich oder kleiner als 9.80 Mbps) oder („or“) eine variable Bitrate (gleich oder kleiner als 9.80 Mbps) vor. Aus diesem Grunde bestätigt die von der Beklagten vorgelegte DVD-Video-Spezifikation im Gegenteil sogar den Vortrag der Klägerin, weil auch der DVD-Video-Standard eine „constant bit rate“ als Alternative zu einer „variable-maximum bit rate“ ausweist. Inwieweit sich die Anweisung „with vbv_delay coded as (FFFFh)“ auch auf eine konstante Bitrate beziehen soll, wie die Beklagten meinen, ist nicht erkennbar. Sie schließt sich (drucktechnisch) vielmehr in ein und derselben Zeile an die „variable Bitrate“ an, während die zuvor erwähnte „konstante Bitrate“ durch einen zweifachen Zeilensprung davon getrennt ist. Dass sich die Anweisung „with vbv_delay coded as (FFFFh)“ ausschließlich auf die variable Bitrate bezieht, korrespondiert zugleich mit Abschnitt D.12.2 (Anlage B2-K12b, Seite 155), wonach es einen Weg zur Anzeige einer variablen Bitrate darstellt, den Parameter vbv_delay auf „FFFF (hex)“ zu setzen. Dabei wird nicht verkannt, dass es sich bei dem gesamten Anhang D des M-2-Video-Standards um einen nicht verbindlichen Teil handelt, so dass Rückschlüsse aus ihm nicht zwingend sind. Die Fehlermeldung des DVD-Video Verifiers, auf welche die Beklagten hinweisen ließen, hat die Klägerin plausibel erklärt, so dass auch die Fehlermeldung nicht die Annahme zulässt, bei DVDs komme ausschließlich eine variable Bitrate in Betracht: Die Fehlermeldung „ERROR 3460“ trete – wie die Klägerin erläutert hat – nur dann auf, wenn eine variable Bitrate vorgesehen sei und der Parameter vbv_delay (dennoch) nicht auf „FFFF (hexadezimal) gesetzt sei. Dieser Interpretation der Fehlermeldung sind die Beklagten im Termin nicht mehr entgegengetreten. Der DVD-Video Verifier geht also offenbar davon aus, dass ungeachtet des (nicht obligatorischen) Abschnitts D.12.2 die Setzung von vbv_delay auf „FFFF (hex)“ nicht nur ein, sondern der zwingende Weg ist, um dem Decoder eine variable Bitrate anzuzeigen. Im vorliegenden Zusammenhang genügt es jedoch, feststellen zu können, dass auch bei DVDs eine konstante Bitrate möglich ist, was Seite VI5-40 des DVD-Video-Standards nicht etwa widerlegt, sondern im Gegenteil sogar bestätigt. Insoweit hat die Klägerin im Termin plausibel dargelegt, dass es bevorzugt werden kann, eine konstante Bitrate zu wählen und damit eine größere Menge an zu übertragenden Daten in Kauf zu nehmen, um die Abspielbarkeit der konkreten DVD auf einer Vielzahl von DVD-Playern (auch auf solchen, bei denen eine variable Bitrate Probleme hervorrufen könnte) sicherzustellen. Dem können die Beklagten schließlich auch nicht mit dem Hinweis auf Abschnitt D.9.11 (Anlage B2-K12b, Seite 153) entgegentreten, selbst wenn man zu ihren Gunsten darüber hinwegsieht, dass Anhang D keine zwingenden Bestandteile des Standards enthält. Denn selbst diese Stelle des Standards erwähnt ausdrücklich eine konstante Bitrate neben einer variablen. Welcher Art von Bitrate bei DVDs in der Praxis der Vorrang zukommt (welche also den „Normalfall“ darstellt), bedarf keiner abschließenden Klärung. Denn festzuhalten ist, dass eine konstante Bitrate neben einer variablen jedenfalls möglich und weder durch den M-2-Video-Standard noch durch die DVD-Video-Spezifikation ausgeschlossen ist.
2.
Legt man dies zugrunde, wollen die Beklagten eine zwingende Benutzung des Klagepatents aber immer noch damit in Abrede stellen, dass nicht bei jeder Codierung einer Videosequenz der Parameter vbv_delay auf einen anderen Wert als „FFFF (hex)“ gesetzt sein müsse. Anspruch 1 des Klagepatents werde daher bei einer M-2-Codierung nicht zwingend verwirklicht. Vielmehr sei es im Rahmen des Standards auch möglich, mit einer variablen Bitrate zu arbeiten und dies durch die Setzung von vbv_delay auf „FFFF (hex)“ anzuzeigen.
a) Dem liegt das Verständnis zugrunde, eine „zwingende“ Verwirklichung könne nur dann erfolgen, wenn bei jedem einzelnen Codiervorgang von dem patentgemäßen Verfahren Gebrauch gemacht werden muss, so dass bereits die Existenz alternativer, außerhalb der technischen Lehre des Klagepatents liegender Codieroptionen einer „zwingenden“ Verwirklichung entgegenstehe. Die in diesem Sinne jedenfalls optionale Benutzung des Verfahrens nach Anspruch 1 des Klagepatents genügt für einen schlüssigen Tatsachenvortrag der Klägerin. Eine durchgehende Anwendung des Verfahrens nach dem Klagepatent bezüglich eines Teils einer einzelnen Bildsequenz ist bereits deswegen nicht möglich, weil bestimmte Patente zueinander in einem Eventualverhältnis stehen. Der M-2-Standard ist so beschaffen, dass er je nach Struktur der zu codierenden Video-Information, das heißt des aktuell vorliegenden Videobildes oder eines Teils desselben, bei der Codierung verschiedene, jeweils geeignete alternative Codierverfahren anwendet, die eine situationsangepasste optimale Kompression der konkreten Video-Information ermöglichen.
Die Beklagten haben demgegenüber nicht geltend gemacht, dass bei den von ihnen in der Vergangenheit gepressten DVDs die Anspruch 1 des Klagepatents verwirklichenden Optionen unter keinen Umständen genutzt wurden. So mag bei einzelnen DVDs eine Codierung unter Nutzung einer variablen Bitrate vorgenommen worden sein, so dass Anspruch 1 insoweit nicht benutzt wurde. Es ist jedoch weder ersichtlich noch von den Beklagten dargetan, dass sich auf den von ihnen gepressten DVD-ROMs nicht auch Bildsequenzen befinden, die auf anspruchsgemäße Weise codiert wurden. Dies rechtfertigt unter Berücksichtigung der Vielzahl der von der Beklagten zu 1) in der Vergangenheit gepressten DVD-ROMs die Annahme, dass die in der Praxis sowohl von Film zu Film als auch innerhalb eines einzelnen Films stark variierenden Eigenschaften der zu codierenden Bilddatenströme dazu führen, dass abwechselnd sämtliche beschriebenen Codierungsverfahren – und damit auch das klagepatentgemäße – zur Anwendung kommen.
b) Vor diesem Hintergrund obläge es der Darlegungslast der Beklagten vorzutragen, dass es trotz standardgemäßer Codierung nach dem M-2-Standard tatsächlich nicht zu einer patentgemäßen Verfahrensführung bei der Codierung für die streitgegenständlichen Master gekommen ist. Die Beklagten können dagegen nicht mit Erfolg einwenden, zu solchen Darlegungen nicht imstande zu sein.
Eine Erklärung mit Nichtwissen, wie sie von den Beklagten vorgebracht wird, ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nur für solche Tatsachen zulässig, die nicht eigene Handlungen der Partei betreffen und nicht Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung sind. Die Beklagten möchten ihre Berechtigung zu einem Bestreiten mit Nichtwissen daraus ableiten, dass die Beklagte zu 1) im Zuge ihrer DVD-Herstellung durch Vervielfältigung des aus dem Master über einen Glassmaster hergestellten Stampers das Codierungsverfahren unter Einschluss des patentgemäßen Verfahrens zur Übertragung von Audio- und/oder Videosignalen nicht selbst anwendet. Die Beklagte zu 1) erhalte die zur Herstellung der angegriffenen DVD-ROMs benötigten Master vielmehr von Authoring Studios als unternehmensfremden Dritten, die ihrerseits die Codierung bereits vorgenommen hätten, weshalb den Beklagten Einzelheiten der dabei von dritter Seite verwendeten Verfahren nicht bekannt sein könnten.
Daran ist zutreffend, dass Einzelheiten des verwendeten Codierverfahrens unter diesen Umständen keine „eigenen Handlungen“ der Beklagten und auch nicht „Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung“ sein mögen; gleichwohl scheidet eine Anwendung des § 138 Abs. 4 ZPO aus, wenn die Unkenntnis der sich mit Nichtwissen erklärenden Partei darauf beruht, dass sie bestehende Erkundigungspflichten verletzt hat. Solche Erkundigungspflichten werden in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BB 2001, 2187; NJW 1999, 1965; vgl. auch OLG Köln, NZG 2002, 870) angenommen, wenn es sich bei dem entgegnungsbedürftigen Sachverhalt im Vorgänge im Bereich von Personen – nicht nur des eigenen, sondern auch eines fremden Unternehmens – handelt, die unter Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung derjenigen Partei tätig geworden sind, die sich im Prozess zu den Behauptungen des Gegners zu erklären hat.
Von einer solchen Sachlage ist jedenfalls für den Zeitraum ab Mitte 2004 auszugehen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte zu 1) seit dieser Zeit mit 51 % des Aktienbestandes Mehrheitsgesellschafterin der im Bereich des Authoring tätigen C AG ist. Gemäß §§ 17 Abs. 2; 16 Abs. 1 AktG hat diese Stellung als Mehrheitsgesellschafterin zur Folge, dass kraft Gesetzes ein Beherrschungsverhältnis (widerleglich) vermutet wird, demzufolge die Beklagte zu 1) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die C AG ausüben kann (§ 17 Abs. 1 AktG). Diese Vermutung ist hier von den Beklagten nicht widerlegt worden. Die Widerlegung gelingt, wenn Tatsachen behauptet und erforderlichenfalls bewiesen werden, aus denen sich ergibt, dass ein beherrschender Einfluss aus Rechtsgründen nicht ausgeübt werden kann. Dass von einer vorhandenen Einflussmöglichkeit tatsächlich kein Gebrauch gemacht, Einfluss also tatsächlich nicht ausgeübt wird, ist unerheblich, weil schon die Möglichkeit der Einflussnahme eine Abhängigkeit begründet (Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 17 Rn. 18). Im vorliegenden Fall machen die Beklagten pauschal geltend, dass die C AG den Weisungen der Beklagten zu 1) nicht unterstehe. Daraus ergibt sich nicht, dass ein beherrschender Einfluss aus Rechtsgründen nicht ausgeübt werden kann. Für die rechtliche Beurteilung ist daher davon auszugehen, dass die C AG seit Mitte 2004 von der Beklagten zu 1) beherrscht wird. Damit steht zugleich fest, dass die C AG, die Kenntnis über die Details der von ihr selbst vorgenommenen Datencodierung hat, im Sinne der im vorangehenden Absatz zitierten Rechtsprechung „unter der Verantwortung“ der Beklagten zu 1) ihre Geschäftstätigkeit ausgeübt hat. Demgegenüber unerheblich ist die nicht näher substantiierte Behauptung der Beklagten, nur in geringem Umfang mit der C AG als Authoring Studio zusammengearbeitet zu haben. Angesichts der verstrichenen Zeit von weit mehr als zwei Jahren und des zugleich erheblichen Ausmaßes der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) enthält das pauschale Vorbringen der Beklagten keine Anhaltspunkte, dass etwa nur ganz vereinzelt auf DLT-Tapes, DVD-Rs und Master der C AG als Grundlage für die von der Beklagten zu 1) durchgeführte DVD-Pressung zurückgegriffen worden wäre.
Darüber hinaus spricht gegen die Zulässigkeit eines Bestreitens mit Nichtwissen durch die Beklagten auch die enge Zusammenarbeit zwischen der Beklagten zu 1) und der C AG. Deren Authoring-Tätigkeit erfolgt in so enger Abstimmung mit der Beklagten zu 1), dass davon gesprochen werden kann, es handele sich nicht um Vorgänge im Bereich eines für die Beklagten dritten (d.h. unbekannten) Unternehmens, sondern um Vorgänge im eigenen Geschäftsbereich der Beklagten zu 1), von denen die Beklagten zu 2) und 3) als Geschäftsführer Kenntnis haben müssen. Die Beklagten haben nicht in Abrede gestellt, dass die C AG im Rahmen des Authoring den M-2-Standard anwendet. Dies ergibt sich auch aus ihrem Internetauftritt (Anlage B2-K6, Seite 4), wo ausdrücklich damit geworben wird, dass das Videomaterial des Kunden „direkt in das Format M-2 digitalisiert (…)“ wird. Dies entspricht auch dem jüngeren Internetauftritt, wie er als Anlage B2-K20 vorgelegt wurde (dort ebenfalls Seite 4). Zugleich heißt es dort, dass die C AG seit Oktober 2003 über eine komplett ausgestattete 5.1-Version des DVD Creator von Sonic verfüge, wobei es sich um ein Programm handelt, das – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – die Videodaten in das M-2-Format umwandelt.
Zusätzlich zu dem Angebot, das Authoring, also die M-2-Digitalisierung von Videomaterial, vorzunehmen, bietet die C AG für die Fälle, in denen der Kunde bereits über einen M-2-digitalisierten Master verfügt, die Kontrolle dieses Masters an. Das ergibt sich aus den werblichen Angaben der C AG, wie sie als Anlage B2-K6 vorgelegt wurden. Dort (Seite 3) wird ausgeführt, dass die C AG jetzt ein Testsystem von P aufgebaut habe, um speziell Video-DVDs auf Qualität hinsichtlich Encoding, Authoring und Mastering zu testen. Weiter heißt es:
„Seit Anfang Dezember 2003 werden alle DVD-Produktionen, die bei C erstellt werden mit diesem System getestet und protokolliert, bevor sie im Presswerk vervielfältigt werden. Dieser Service steht auch allen Kunden zur Verfügung, die über C reine CD- oder DVD-Pressungen abwickeln.“
Von diesen werblichen Angaben haben die Beklagten Kenntnis und machen sie sich im Rahmen einer gemeinschaftlichen Tätigkeit mit der C AG zu eigen. Dies folgt daraus, dass auf der Website www.xy.de durch den Link „C AG“ eine unmittelbare Weiterleitung zu dem Internetauftritt der C AG erfolgt (vgl. Anlagen B2-K6 und B2-K20, jeweils Seite 1). Zwar mag, wie die Beklagten vortragen, die C AG Inhaberin der Domain www.xy.de sein. Dies ist hingegen unerheblich, weil der Adressteil „ods“ das der Firma der Beklagten zu 1) vorangestellte Kürzel darstellt. Zugleich heißt es auf der Eingangsseite unter www.xy.de einleitend:
„Willkommen bei
…
O-Serv.
Aktuell:
Ab dem 01. Juni 2005 wird der Vertrieb der O- GmbH in Deutschland, Österreich und Schweiz durch unsere Tochtergesellschaft C AG erfolgen.
Alle Pressaufträge werden weiterhin in Europas größtem Presswerk, der O- GmbH gefertigt.“
Bei der angeführten Rufnummer handelt es sich um die Rufnummer der Beklagten zu 1), die ihren Unternehmenssitz in Ö hat, wie sich unter anderem aus dem Internetauftritt der Beklagten zu 1) unter der URL www…. (vgl. Anlage B2-K6, Seite 2) ersehen lässt. Auf der Homepage der Beklagten zu 1) (www….) wird ebenso die oben genannte Rufnummer der Beklagten zu 1) neben den Angaben der für Verkauf, Einkauf und Technik verantwortlichen Personen sowie der gewerblichen Anschrift zitiert (Anlage B2-K6, Seite 2). Die C AG gibt demgegenüber auf ihrer Homepage www.C.de als Unternehmenssitz L an. Die Beklagten haben nicht behauptet, dass alle diese Angaben ohne Wissen und Wollen der Beklagten zu 1) und ohne ihr Zutun oder ihre Zustimmung durch die C AG vorgenommen wurden. Es erscheint vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen der Beklagten zu 1) und der C AG auch der allgemeinen Erfahrung zu widersprechen. Hinzu kommt, dass die Dienstleistung der C AG auf der Internetseite www.xy.de Anlage B2-K6, Seite 1), also auf einer Website, die die Firma der Beklagten zu 1) verwendet, dadurch vorgestellt wird, dass die C AG ein auf den Service rund um das Thema der optischen Datenträger spezialisiertes Unternehmen sowie eines der größten DVD-Authoring Studios in Deutschland mit umfangreicher und langjähriger Erfahrung in der Programmierung von DVDs sei. Damit stellen sich die Internetauftritte der Beklagten zu 1) einerseits und der C AG andererseits als aufeinander abgestimmt und sich (auch hinsichtlich der angebotenen Dienstleistungen) sinnvoll ergänzend dar. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme der Beklagten, es handele sich um „völlig unabhängige Internetauftritte“, unzutreffend.
Des Weiteren arbeiten die Beklagte zu 1) und die C AG als DVD-Authoring Studio und Vertriebsgesellschaft auch bei Akquisition und Abwicklung von Aufträgen zusammen, wie der von der Klägerin initiierte und durch die „A N“ durchgeführte Testauftrag verdeutlicht. Die an die Beklagte zu 1) gerichtete Auftragsanfrage, als die sich die E-Mail an die Adresse info@xy.de (Anlage B2-K11, Seite 1) darstellt, wurde von der C AG bearbeitet (vgl. Anlage B2-K11, Seiten 2 bis 7, von der Klägerin als „5“ bezeichnet). Als E-Mail-Anschrift, über welche die weitere Korrespondenz mit der A N abgewickelt wurde, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen info@C.de. Die Auslieferung erfolgte dann wiederum durch die Beklagte zu 1), wie sich aus dem Lieferschein Nr. 003626-05 (Anlage B2-K11, letzte Seite) ergibt. Denn dieser trägt wiederum die Firmenbezeichnung der Beklagten zu 1) sowie das die Telefonnummer … verwendende Logo, das auch auf der Internetseite www.xy.de in den Vordergrund gerückt ist.
Dies alles belegt eine gemeinschaftliche Wahrnehmung der Tätigkeiten durch die Beklagte zu 1) einerseits und die C AG andererseits, die es gerechtfertigt erscheinen lässt, den Beklagten die Berufung darauf zu verweigern, bei der DVD-Pressung einerseits und dem DVD-Authoring andererseits handele es sich um Vorgänge in getrennten Geschäftsbereichen. Die Beklagten können sich daher hinsichtlich der Benutzung des M-2-Standards bei der Herstellung der DLT-Tapes, DVD-Rs und Master, aus denen die Beklagte zu 1) die Stamper für die DVD-Vervielfältigung herstellt, nicht zulässigerweise auf ein Bestreiten mit Nichtwissen berufen.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagten mit ihrem Schriftsatz vom 11. Dezember 2006 anhand einer konkreten von der Beklagten zu 1) durchgeführten DVD-Produktion vorgetragen haben, dass bei der DVD nach Anlage B DVD 2 der Parameter vbv_delay durchweg auf „FFFF“ gesetzt sei. Eine einzelne DVD vermag weder zu belegen noch den dahingehenden substantiierten Sachvortrag zu ersetzen, dass es bei keiner der von der Beklagten zu 1) in der Vergangenheit verwendeten Master im Zuge der Datencodierung zu einer Verwendung des Verfahrens nach Anspruch 1 gekommen sei.
III.
Die von der Beklagten zu 1) bei der Herstellung von DVD-ROMs mit M-2 codierten Videodaten verwendeten DLT-Tapes, DVD-Rs, Master und Stamper stellen unmittelbare Erzeugnisse des durch Patentanspruch 1 geschützten Verfahrens dar.
1.
Streitgegenständlich sind, wie nunmehr zwischen den Parteien unstreitig ist, DLT-Tapes, DVD-Rs, Master und Stamper für die Herstellung solcher DVD-ROMs, auf denen nach dem M-2-Video-Standard codierte Videodaten gespeichert sind. Dies umfasst nicht nur (reine) DVD-ROM-Videos, sondern auch DVD-ROM-Audios und sonstige Daten-DVD-ROMs, wenn auf ihnen M-2-codierte Videodaten enthalten sind. Da bei der DVD-Pressung keine Veränderung der Datenstruktur erfolgt, ist auch für die angegriffenen DLT-Tapes, DVD-Rs, Master und Stamper darauf abzustellen, ob sie zumindest auch M-2-codierte Videodaten enthalten. Dementsprechend versteht die Kammer die Unterlassungsanträge und -aussprüche dahin, dass von ihnen trotz der „und/oder“-Verknüpfung zwischen „Audiosignalen“ und „Videosignalen“ nur solche angegriffenen Ausführungsformen erfasst werden, auf denen zumindest auch Videodaten nach dem M-2-Standard enthalten sind. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 21. September 2006 vorgetragen, dass M-2-codierte Videodaten nicht nur auf DVD-ROM-Videos, sondern auch auf DVD-ROM-Audios und sonstigen Daten-DVD-ROMs enthalten sein können. Dies ergibt sich zugleich aus den von der Klägerin beispielhaft vorgelegten Kopie einer Animation und eines Covers einer frei im Handel erhältlichen DVD-ROM-Audio „Queen – A Night at the Opera“ und „Eagles – Hotel California“. Die erstgenannte DVD-ROM enthält codierte Musikdateien, die das Musikvideo zu dem Titel „Bohemian Rhapsody“ beinhalten. Die zweitgenannte DVD-ROM-Audio enthält eine Videodatei, die einen Kommentar des Produzenten der DVD-ROM-Audio zeigt. Dem substantiierten Vortrag der Klägerin, dass M-2-codierte Videodaten auch auf DVD-ROM-Audios und auf sonstigen Daten-DVD-ROMs enthalten sein können, sind die Beklagten nicht mehr entgegengetreten, so dass er als zugestanden zugrunde gelegt werden kann.
2.
Für die rechtliche Beurteilung ist insoweit von folgenden technischen Gegebenheiten auszugehen:
Filmaufzeichnung: Zunächst wird ein Spielfilm mittels einer Kamera aufgezeichnet. Entweder handelt es sich um einen auf Magnetband (analog) gespeicherten Film oder um einen mit einer digitalen Kamera aufgenommenen Videofilm, wobei die Bildpunkte 1 : 1 mit allen zugehörigen Informationen (wie z.B. Helligkeit, Farbe etc.) auf einem Band bzw. einer Kassette namens „Digibeta“ abgespeichert sind.
Codierung: Im Anschluss daran erfolgt die Codierung des Videofilms durch Authoring Studios. Das Codierverfahren geschieht unabhängig von der ursprünglichen Aufzeichnungsart in einer in einen PC eingebrachten Codier- bzw. Encodersteckkarte. Dort werden das Ausgangsmaterial bzw. die primären Quelldaten komprimiert, das heißt nach dem M-2-Standard codierte Daten erzeugt und diese gespeichert. Dabei werden grob skizziert folgende Verfahren durchgeführt:
• Bilden von Bildblöcken
• Aufteilung in I-, P- und B-Bilder
• Blockbasierte Bewegungskompensation, einschließlich:
• Transformation gemäß einer diskreten Kosinustransformation (DCT)
• Quantifizierung der DCT-Koeffizienten
• Codeoptimierung mit Zig-Zag-Scan
• Lauflängenkodierung
• Huffmancodierung
Speicherung der codierten Daten und Formatierung: Die M-2-codierten Daten werden auf der Festplatte gespeichert und sodann in das DVD-Format formatiert. Diese Formatierung geschieht ohne Veränderung oder Bearbeitung der codierten M-2 Daten.
Master: Das Authoring Studio fertigt nach der DVD-Formatierung ein „DLT-Tape“, eine „DVD-R“ oder ein sonstiges Master an, auf dem die gemäß dem M-2-Standard codierten Daten gespeichert sind. Die Master werden entweder an den Kunden oder direkt an ein Presswerk ausgeliefert.
Glassmaster: Das „DLT-Tape“, die „DVD-R“ oder der sonstige Master dienen als Pressvorlage für die von der Beklagten zu 1) serienmäßig vorgenommene Pressung des Endproduktes, der DVD-ROMs. Die Beklagte zu 1) verwendet die Master dabei zunächst, um einen so genannten Glassmaster zu erstellen.
Stamper: Der Glassmaster bildet sodann die Vorlage für die Herstellung eines so genannten Stampers (Stempels), bei dem es sich – ähnlich einer Matrize – lediglich um eine Negativabbildung der Dateninhalte der „DLT-Tapes“, der „DVD-R’s“ oder der sonstigen Master handelt.
DVD: Mit Hilfe des Stampers werden in der automatischen Pressanlage der Beklagten zu 1) die Dateninhalte der ursprünglichen Pressvorlage unverändert in Kunststoff- bzw. Polycarbonatscheiben eingeprägt, die als DVD-ROMs aus dem Produktionsprozess hervorgehen. Die DVD-ROMs werden sodann von der Beklagten zu 1) an die Kunden ausgeliefert und können auf handelsüblichen DVD-Playern abgespielt werden.
3.
Nach Art. 64 Abs. 2 EPÜ bzw. § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG erstreckt sich der Schutz auf die durch ein Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse, wenn Gegenstand des europäischen Patents ein Verfahren ist. Hintergrund der in den Vorschriften enthaltenen Regelung ist die Vorstellung des Gesetzgebers, dass der Inhaber eines Verfahrenspatents den ihm zustehenden wirtschaftlichen Wert der Erfindung nicht in angemessener Weise ausschöpfen kann, wenn ihm nicht auch der Handel mit den durch das Verfahren unmittelbar hervorgebrachten Erzeugnissen vorbehalten bleibt (Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl., S. 798).
a) Auf die zwischen den Parteien umstrittene Rechtsfrage, ob auch nichtkörperliche Verfahrenserzeugnisse unter den Verfahrenserzeugnisschutz fallen (vgl. hierzu Benkard/Scharen, PatG, 10. Aufl., § 9 Rn. 53), kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Denn mit der Klage werden Aufzeichnungsträger (Master und Stamper) angegriffen, auf denen die Daten mit Hilfe von entlang einer Aufzeichnungsspur vorgesehenen Vertiefungen und Erhebungen gespeichert werden, d.h. körperliche Erzeugnisse gemäß § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG (vgl. BPatG, Mitt. 1969, 75; Bruchhausen, GRUR 1979, 743; Benkard/Jestaedt, EPÜ, Art. 64 Rn. 25; Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 9 Rn. 100 ff.; Wolfram, Mitt. 2003, 57).
Entgegen der Ansicht der Beklagten stehen im Streitfall als Verfahrenserzeugnisse keine Videosignale oder Daten ohne jegliche Materialisierung in Streit. Schutz wird von der Klägerin vielmehr für die unter Anwendung des klagepatentgemäßen Verfahrens erzeugten Informations- und Aufzeichnungsstrukturen beansprucht, die auf einem Aufzeichnungsträger – hier den DLT-Tapes, DVD-Rs, Mastern und Stampern – vorhanden sind.
Anspruch 1 des Klagepatents betrifft ein Verfahren zur Übertragung von Audio- und/oder Videosignalen. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 ermöglicht es dabei, die zum Zwecke der Übertragung komprimierten Daten ohne Datenverlust durch decoderseitigen Pufferüber- oder -unterlauf zu übertragen. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorstehenden Ausführungen unter II. der Entscheidungsgründe Bezug genommen. Das Ergebnis der patentgemäßen Codierung wird für die weitere Bearbeitung genutzt, indem darauf auch die weiteren Codierungsschritte nach dem M-2-Standard angewandt werden. Ohne die anspruchsgemäßen Maßnahmen zur Angabe der Größe der Verzögerung, mit welcher ein Codeblock nach seinem Empfang decodiert werden muss, wäre es nicht möglich, die weitergehende Datenkompression durchzuführen, weil eine fehlerfreie Wiedergabe der Dateninhalte nicht gewährleistet wäre. Als Ergebnis des anspruchsgemäßen Übertragungsverfahrens liegt eine Aufzeichnungsstruktur mit physikalischen Eigenschaften vor, welche es ermöglicht, das auf der Aufzeichnungsstruktur gespeicherte Bildsignal weiter zu komprimieren, um das Bild mit einer verringerten Binärleistung zu übertragen (vgl. BGH, GRUR 2005, 749 – Aufzeichnungsträger).
Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erzeugten Informations- und Aufzeichnungsstrukturen sind Speicherkapazitäten beanspruchende Informationseinheiten, die auf dem jeweiligen Speichermedium durch Speichereinheiten festgehalten werden und nur infolge des Speicherplatzes existieren. Die Aufzeichnungsträger weisen eine durch verschiedene Magnetisierungszustände oder durch bestimmte Vertiefungen und Erhebungen („Pits“ und „Lands“) in der Laufspur hervorgerufene räumlich-körperliche Struktur auf, durch welche die codierte bzw. komprimierte Informationsstruktur auf dem Aufzeichnungsträger gegenständlich vorhanden ist.
b) Das erfindungsgemäße Verfahren zur Übertragung von Audio- und/oder Videosignalen ist ein Herstellungs-, und nicht bloß ein Arbeitsverfahren (zur Abgrenzung beider Verfahren vgl. BGH, GRUR 1998, 130 – Handhabungsgerät; GRUR 1990, 508 – Spreizdübel; GRUR 1986, 163 – Borhaltige Stähle; GRUR 1951, 314 – Motorblock). Es lehrt, wie mittels der benannten Verfahrensschritte aus einem bestimmten Ausgangsprodukt ein von diesem abweichendes Endprodukt entsteht.
Die technische Lehre des Klagepatents bezieht sich auf die Übertragung von Audio- und/oder Videosignalen und steht, wie Merkmal (2) belegt, in unmittelbarem Zusammenhang mit der Codierung der gespeicherten Videodaten. Bei Anwendung des patentierten Verfahrens werden – wie die Beklagten an anderer Stelle selbst ausführen – die Daten des auf den Rechner überspielten Videofilms im Arbeitsspeicher der Codierkarte des Rechners verschiedenen Komprimierungsschritten unterzogen, um dem M-2 Standard zu genügen. Nach der Komprimierung ergeben sich „reduzierte Daten“. Unstreitig ist, dass die – von einem zunächst analogen oder digitalen Videofilm stammenden – „primären Quelldaten“ während des erfindungsgemäßen Verfahrens in einer Codier- oder Encodersteckkarte codiert und komprimiert werden. Dies geht einher mit der Veränderung und Bearbeitung der anfänglich vorhandenen Informations- und Aufzeichnungsstruktur einschließlich der Reduzierung der erforderlichen Speicherkapazitäten. Die nach dem Verfahren vorhandenen Ausgangsdaten unterscheiden sich aufgrund dessen von den Eingangsdaten, den primären Quelldaten. Im Vergleich zu diesen ist ihr Umfang bzw. der erforderliche Speicherplatz auf einem Aufzeichnungsträger (unstreitig) um bis zu 90 % verringert.
c) Die streitgegenständlichen DVD-ROMs sind schließlich „unmittelbare“ Erzeugnisse des erfindungsgemäßen Verfahrens.
Eine „Unmittelbarkeit“ zwischen Verfahren und Erzeugnis im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG ist zunächst und ohne weiteres dann zu bejahen, wenn es sich bei dem angegriffenen Produkt um einen Gegenstand handelt, der mit Abschluss des allerletzten Schritts des geschützten Verfahrens erhalten wird (Benkard/Scharen, PatG, 10. Aufl., § 9 Rn. 55; Busse, a.a.O., § 9 Rn. 105; Kraßer, a.a.O., S. 800 ff.; Schulte/Kühnen, Patentgesetz, 7. Aufl., § 9 Rn. 69). Losgelöst von dieser rein zeitlich-chronologischen Betrachtung ist eine „Unmittelbarkeit“ ferner dann gegeben, wenn sich das angegriffene Erzeugnis zwar nicht als Resultat des allerletzten Verfahrensschritts darstellt, sondern als ein Zwischenprodukt, das im Anschluss an das patentgeschützte Verfahren weiteren Behandlungsmaßnahmen unterzogen worden ist, sofern das patentierte Verfahren zur Hervorbringung des Erzeugnisses bestimmungsgemäß und nach der Verkehrsanschauung wesentlich beigetragen hat und das durch die Erfindung geschaffene Erzeugnis seine charakteristischen Eigenschaften und seine Selbständigkeit nicht durch die weiteren Behandlungsschritte eingebüßt hat. Entscheidend ist die Beibehaltung der dem Erzeugnis durch das patentgemäße Herstellungsverfahren aufgeprägten Identität (LG Düsseldorf, Entsch. 1997, 31, 37 – Halbleiterbauelement; Court of Appeal, GRUR Int. 1998, 718 – Pioneer Electronics/Warner Music; Benkard, a.a.O., § 9 Rn. 55; Beier/Ohly, GRUR Int. 1996, 973ff.; Busse, a.a.O., § 9 Rn. 106 ff.; Kraßer, a.a.O., S. 800 ff.; Schulte, a.a.O., § 9 Rn. 69).
Um ein solches Zwischenprodukt im vorstehend beschriebenen Sinne handelt es sich auch bei den während des Vorgangs der Codierung von Videodaten nach Merkmal (2) des Patentanspruchs 1 codierten Bildern, die nach dem anspruchsgemäßen Verfahren übertragen werden. Das codierte Bild ist ein wesentlicher Zwischenschritt, um eine Codierung nach dem M-2-Standard überhaupt erreichen zu können. Die erhebliche Kompression, die eine wesentliche Eigenschaft des M-2-Standards ist, wird in maßgeblichem Umfang auch dadurch ermöglicht, dass den übertragenen Daten in dem Verfahren nach Anspruch 1 ein indikatives Steuersignal beigefügt wird. Bei dieser Sachlage beruht das endgültige Verfahrensergebnis zu einem wesentlichen Teil auf dem durch das einen wesentlichen Codierungsschritt (Merkmal (2)) einschließenden Übertragungsverfahren gewonnenen Zwischenprodukt und erlangt einen nicht unerheblichen Teil seines Wertes durch die darin vorhandenen codierten Bilder, die mit einem anspruchsgemäßen indikativen Steuersignal übertragen werden. Das erfindungsgemäße Verfahren ist mithin ein wesentliches Element, um Bilder mit geringerer Datenmenge generieren zu können, so dass das Verfahrensergebnis seine prägende Eigenschaft auch aus dem klagepatentgemäßen Übertragungsverfahren erlangt.
Bei Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze sind die streitbefangenen DLT-Tapes, DVD-Rs, Master und Stamper als unmittelbar durch das geschützte Verfahren hervorgebracht anzusehen. Denn die angegriffenen Ausführungsformen enthalten jeweils die gleichen verkörperten Daten wie die jeweils vorangehenden Zwischenprodukte. Maßgeblich ist allein das Vorhandensein von nach Patentanspruch 1 übertragenen Videodaten.
Für die Master ist dabei entscheidend, dass nach Abschluss sämtlicher in Patentanspruch 1 vorgesehener Verfahrensschritte die codierten Informations- und Aufzeichnungsstrukturen im Arbeitsspeicher der Encodersteckkarten und danach auf der Festplatte des Rechners gespeichert sind. Mittels dieser dem Ende des Verfahrensablaufs folgenden Speicherung werden die M-2-Videodaten dauerhaft materialisiert. Insoweit handelt es sich um das (erste) Zwischenprodukt, da die auf der Festplatte gespeicherten Daten anschließend einer DVD-Formatierung und sodann einer Aufzeichnung bzw. Speicherung auf einem anderen Aufzeichnungsträger, den DLT-Tapes, DVD-Rs bzw. sonstigen Mastern, unterzogen werden. Weil weder die Transformierung in das DVD-Format noch die Speicherung auf den Aufzeichnungsträgern zu einer weiteren Bearbeitung oder Veränderung der unter Anwendung des Verfahrens gemäß Anspruch 1 gewonnenen codierten Daten führt, diese mithin ihre durch das Verfahren hervorgerufenen charakteristischen Eigenschaften ohne Einschränkung beibehalten, ist die mit dem Komprimierungsverfahren verbundene Identität auch in den Mastern gewahrt. Die durch das Codieren und Komprimieren gewonnene Aufzeichnungsstruktur, die durch das erfindungsgemäße Verfahren erst ermöglicht wird, geht nicht verloren; ein unabhängiges und selbständiges neues Produkt ist nicht zu erkennen.
Soweit die Beklagten demgegenüber einwenden, die gespeicherten Daten und ihre Datenstruktur würden in den von ihnen aufgelisteten Herstellungsschritten grundlegend verändert, ist ihr Sachvortrag unsubstantiiert und deshalb prozessual unbeachtlich. Zwar ist es zutreffend, dass eine Übertragung und Speicherung der Daten von der Festplatte auf verschiedene Aufzeichnungsträger erfolgt. Dies geschieht jedoch unstreitig ohne eine Veränderung oder Bearbeitung der bereits gemäß dem M-2-Standard codierten Bilddaten; es handelt sich um nichts anderes als den schlichten Wechsel eines Speichermediums. Die Materialisierung der nach dem durchgeführten Verfahren gewonnenen Informations- und Aufzeichnungsstruktur erfolgt – unter Beibehaltung dieser Strukturen – anstatt auf der Festplatte nunmehr auf einer Kunststoff- bzw. Polycarbonatscheibe. Die technisch entscheidende Informations- und Aufzeichnungsstruktur bleibt dabei unverändert. Der Austausch des Substrats ist lediglich als eine andere „Verpackung“ anzusehen, die den hinreichenden Zusammenhang zwischen dem patentgemäßen Verfahren und seinem Erzeugnis nicht zerfallen lässt (vgl. BGH, GRUR 2004, 495 – Signalfolge).
Die gleiche Beurteilung ist für die von der Beklagten zu 1) hergestellten und benutzten Stamper vorzunehmen. Auch wenn sie – ähnlich einer Matrize – eine Negativabbildung der Dateninhalte der Master sind, bleiben die ursprünglich mit dem klagepatentgemäßen Verfahren gewonnenen Informations- und Aufzeichnungsstrukturen unverändert. Eine Bearbeitung oder Veränderung der dem M-2-Standard entsprechenden codierten Daten bei der Erstellung des Stampers erfolgt nicht, weswegen es sich auch bei den Stampern um Erzeugnisse handelt, die unmittelbar aus dem Übertragungsverfahren nach Patentanspruch 1 hervorgegangen sind.
IV.
Allerdings war die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin im Hinblick auf die Stamper beantragt hat, den Beklagten auch die Benutzungshandlungen des Anbietens und Inverkehrbringens im Hinblick auf Anspruch 1 des Klagepatents zu untersagen. Darauf beruht die abgetrennte Untersagung unter I. 1. b) des Tenors, die allein die Stamper betrifft.
Die angegriffenen Stamper werden von der Beklagten zu 1) aus Glassmastern selbst hergestellt, um mit ihnen die Pressung der DVD-Endprodukte vorzunehmen. Zu diesem Zwecke werden sie von der Beklagten zu 1) unzweifelhaft gebraucht. Die Klägerin hat hingegen nicht schlüssig dargetan, dass die Stamper auch als solche (das heißt gegenständlich) angeboten und in Verkehr gebracht werden, was eine Wiederholungsgefahr für diese Benutzungshandlungen begründen könnte. Die Auftraggeber der Beklagten zu 1) entrichten ihren Werklohn für die Herstellung der DVD-Endprodukte; an den hierfür von der Beklagten zu 1) benötigten Zwischenprodukten sind sie erkennbar nicht interessiert. Da die Beklagte zu 1) die Stamper ausschließlich dazu herstellt und gebraucht, um die anschließend von ihr in den Verkehr gebrachten DVD-ROMs zu pressen, kann die Benutzungshandlung des Gebrauchens keine Wiederholungsgefahr für ein Anbieten und Inverkehrbringen begründen. Denn dieser Schluss von einer Benutzungshandlung auf eine andere ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Umstände – wie regelmäßig – nach der Lebenserfahrung dafür sprechen, dass ein angebotenes Produkt auch vertrieben, ein hergestelltes auch in den Verkehr gebracht wird. Schon aus einem Anbieten und Inverkehrbringen verbietet sich jedoch der Schluss auf ein Herstellen, weil es sich bei dem Patentverletzer auch nur um ein Vertriebsunternehmen handeln kann. Dem ist der Fall gleich zu behandeln, dass ein reines Zwischenprodukt nur (hergestellt und) gebraucht wird (die Stamper), um andere (End-) Produkte (die DVD-ROMs) herstellen zu können.
Anders verhält es sich mit Blick auf die Master (DLT-Tapes, DVD-Rs). Da diese der Beklagten zu 1) von den Authoring Studios ihrer Auftraggeber als Vorprodukte zur Verfügung gestellt werden, damit die Beklagte zu 1) aus ihnen Glassmaster und Stamper als Zwischenprodukte für die DVD-Pressung herstellen kann, sprechen bereits die tatsächlichen Umstände dafür, dass die Master (DLT-Tapes, DVD-Rs) nach Abwicklung des Vervielfältigungsauftrags an die Auftraggeber zurückgegeben werden, denn die Beklagte zu 1) hat keine erkennbare Verwendung mehr für sie. Dies bestätigt auch das Vorgehen der Beklagten zu 1) im Falle des Musterauftrags der A (Anlage B2-K11), wo die „Werkzeuge“ (Produktionsunterlagen) an die Auftraggeberin zurückgereicht wurden, wie der Lieferschein der Beklagten zu 1) (Anlage B2-K11, letztes Blatt) zeigt. Angesichts dessen hätte es substantiierten Vortrags der Beklagten bedurft, warum die Beklagte zu 1) auch nach Auftragsabwicklung im Besitz der ihr nur zu Produktionszwecken überlassenen Master bleiben sollte, anstatt diese wieder an ihre Auftraggeber zurückzugeben bzw. im Falle einer Herstellung bei der C AG erstmals herauszugeben.
V.
DLT-Tapes, DVD-Rs, Master und Stamper mit Videoinhalten, die unter Verwendung des Verfahrens nach Patentanspruch 1 codiert wurden, stellen Speichermedien dar, die sämtliche Merkmale der kombinierten Patentansprüche 12 und 11 verwirklichen. Die Beklagten sind der Klägerin daher auch im Umfang der Untersagungsaussprüche zu I. 1. c) und d) zur Unterlassung verpflichtet.
1.
Die Verwirklichung der Anspruchsmerkmale (1) bis (5) der kombinierten Ansprüche 12 und 11 durch diejenigen angegriffenen Ausführungsformen, auf denen der Parameter vbv_delay zur Übertragung mit konstanter Bitrate auf einen Wert ungleich „FFFF (hex)“ gesetzt ist, folgt aus den Feststellungen unter II. und III. der Entscheidungsgründe, wonach Anspruch 1 zwingender Bestandteil des M-2-Standards ist, die Beklagten ein Gebrauchmachen von der Option nach Anspruch 1 nicht substantiiert bestritten haben und die angegriffenen Ausführungsformen ein unmittelbares Erzeugnis des Verfahrens nach Anspruch 1 zur Übertragung von Audio- und/oder Videosignalen darstellen. Denn die Merkmale des Verfahrensanspruchs 1 einerseits und des aus Ansprüchen 12 und 11 kombinierten Vorrichtungsanspruchs andererseits entsprechen sich, wie zwischen den Parteien nicht in Streit steht.
2.
Den Beklagten ist auch die Benutzungshandlung des Herstellens (§ 9 Satz 2 Nr. 1 PatG) bezüglich der DLT-Tapes, DVD-Rs und sonstigen Master – die Stamper stellt sie unter Verwendung der Master unstreitig selbst her – zu untersagen. Die Herstellung von DLT-Tapes, DVD-Rs und sonstigen Mastern erfolgt bei den Authoring Studios, die die Umwandlung der Videodaten in den M-2-Standard und die Formatierung in den DVD-Video-Standard vornehmen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter III. 2. der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Der Beklagten zu 1) – die sich das Tun und Unterlassen ihrer Geschäftsführer, der Beklagten zu 2) und 3), zurechnen lassen muss, § 31 BGB analog – sind die Herstellungshandlungen der C AG betreffend die Master (DLT-Tapes, DVD-Rs) als mittäterschaftliche Handlungen zuzurechnen. Eine mittäterschaftlich begangene Handlung, wie sie in § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB erwähnt ist, setzt eine gemeinschaftliche Begehung der Patentverletzung im Sinne der strafrechtlichen Mittäterschaft, mithin ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken Mehrerer zur Herbeiführung eines Erfolges, hier der Verletzung des Klagepatents, voraus. Diese Voraussetzungen sind im Verhältnis der Beklagten zu 1) zur C AG erfüllt, wie sich aus einer Gesamtschau der Aspekte der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung zwischen beiden Unternehmen, der offenkundig aufeinander abgestimmten Internetauftritte unter den Adressen www…., www.xy.de und www.C.de sowie schließlich der konkreten Auftragsabwicklung, wie sie anhand des Musterauftrags nach Anlagekonvolut B2-K11 dokumentiert ist, ergibt. Die im Zuge der Herstellung von DVD-ROMs mit Videoinhalten erforderlichen Leistungen der Beklagten zu 1) und der C AG sind erkennbar aufeinander abgestimmt und stellen sich als eine „Hand in Hand“ erfolgende und damit in arbeitsteiliger Vorgehensweise erbrachte Gesamtleistung dar.
Zunächst sind die Internetauftritte der C AG und der Beklagten zu 1) äußerst eng miteinander verzahnt und erkennbar aufeinander abgestimmt, wie die Anlagen B2-K6, -K10 und -K20 belegen. Die Website www.xy.de verweist per Link auf die Seite www.C.de, die ihrerseits schon dem Namen nach eindeutig der C AG zugeordnet werden kann. Dort (vgl. Anlage B2-K6, Seite 4) wird der „Komplettservice“ der C AG (die auf der Eingangsseite von www.xy.de als „spezialisiert auf Vertrieb und Service rund um das Thema der optischen Datenträger“ und als „eines der größten DVD-Authoringstudios in Deutschland“ bezeichnet wird) beschrieben. Der „DVD-Authoring-Komplettservice“ der C AG umfasst danach „alle notwendigen Schritte von der Konzeption über das Authoring, bis hin zur Pressung und Distribution“. Unter dem weiteren Punkt „CD-Produktion / DVD-Produktion“ (Anlage B2-K6, Seite 5) weist die C AG darauf hin, dass sie für Auflagen ab 500 Stück mit einem der größten Presswerke Europas zusammenarbeite, womit unstreitig die Beklagte zu 1) gemeint ist. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Domain www.xy.de von der C AG gehalten wird, wie die Beklagten durch die Anlage B4 belegt haben, während nur die Domain www…. formal der Beklagten zu 1) zusteht. Die Domain-Inhaberschaft ist für die Frage des mittäterschaftlichen Zusammenwirkens bei der Verletzung des Klagepatents nicht von maßgeblicher Bedeutung. Denn ungeachtet des formalen Aspekts der Domain-Inhaberschaft macht sich die Beklagte zu 1) den Inhalt der verlinkten Internet-Verlautbarungen der C AG mittelbar zu eigen. Dies geschieht durch die von der Beklagten zu 1) offenbar gewollte (zumindest aber geduldete) Benutzung ihres Firmenlogos „… O-SERV.“ mit Hervorhebung der Telefonnummer der Beklagten zu 1) auf der Seite www.xy.de, wobei diese Domain auch ihrer Bezeichnung nach eindeutig und offensichtlich absichtsvoll auf die Beklagte zu 1) hindeutet. Wenn die Beklagte, die mit 51 % Mehrheitsgesellschafterin der C AG und zudem personell mit ihr verflochten ist, diese Benutzung ihrer Unternehmensbezeichnung nicht wünschen würde, wäre es ihr ohne Weiteres möglich, dies der C AG als Domaininhaberin zu untersagen. Der schlichte Verweis der Beklagten auf die Domain-Inhaberschaft an „www.xy.de“ ist demgegenüber unerheblich, weil es im vorliegenden Fall um die Feststellung geht, dass die Beklagte zu 1) mit der C AG bei dem Angebot ihrer Leistungen und der konkreten Auftragsabwicklung „Hand in Hand“ und aufeinander abgestimmt zusammenarbeitet, indem das Authoring nebst DVD-Video-Formatierung und Herstellung der Master bei der C AG, die anschließende Pressung der DVD-ROMs bei der Beklagten zu 1) stattfindet. Diese Zusammenarbeit manifestiert sich, wie gezeigt, auch in den aufeinander aufbauenden Werbeauftritten im Internet, die kaum voneinander unterschieden werden können, ohne dass es dabei auf die lediglich formale Inhaberschaft an den jeweiligen Domains ankäme.
Die Irrelevanz der Domain-Inhaberschaft belegt auch eine Aussage auf der Eingangsseite von www.xy.de (Anlagen B2-K6 und -K20, jeweils Seite 1), die nur der Beklagten zu 1) zugerechnet werden kann, wenn es dort heißt:
„Ab dem 01. Juni 2005 wird der Vertrieb der O-Serv. GmbH in Deutschland, Österreich und Schweiz durch unsere Tochtergesellschaft C AG erfolgen.“
Diese Aussage kann nur von der Beklagten zu 1) oder jedenfalls mit ihrer Duldung getätigt werden und ist ihr daher unabhängig von der Domain-Inhaberschaft zuzurechnen. Zugleich ergibt sich daraus inhaltlich, dass die C AG in den Vertrieb der Beklagten zu 1) u.a. in Deutschland seit dem 01. Juni 2005 eingebunden ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann daher aus dem Link der Seite www.xy.de auf die Seite www.C.de ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken der Beklagten zu 1) mit der C AG abgeleitet werden. Indem es die Beklagte zu 1) als Mehrheitsgesellschafterin duldet, dass die C AG die fremde Firma und das Firmenlogo der Beklagten zu 1) (vgl. die Eingangsseite unter www…., Seite 2 der Anlage B2-K6) nutzt, macht sie sich sehenden Auges die Aussagen auf der unmittelbar verlinkten Seite www.C.de zu eigen. Der neuere Internetauftritt der C AG auf der Seite www.xy.de lässt dies noch deutlicher werden, wenn darin (vgl. Anlage B2-K20, Seite 2 oben) ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die C AG Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) ist und sie als solche „die Produktion von CDs und DVDs in Deutschland, Österreich und in der Schweiz“ „vertreibt“. Bezeichnenderweise ist auch hier als Kontaktadresse ausdrücklich „info@xy.de“ angegeben. Dies deutet weiter darauf hin, dass es die auf Seiten der Beklagten zu 1) und der C AG verantwortlich handelnden Personen darauf anlegen, die zwischen den Unternehmen bestehende Verknüpfung hinsichtlich des Produktionsablaufs werblich in den Vordergrund zu rücken.
Diese Verknüpfung im Produktionsprozess wird auch hinsichtlich der konkreten Auftragsabwicklung anhand des in dem Anlagenkonvolut B2-K11 dokumentierten Bestellvorgangs der A deutlich. Die Anfrage der A richtete sich an die Adresse info@xy.de (Anlage B2-K11, Seite 1), die Antwort erfolgte unmittelbar durch die C AG (Seite 2), ebenso das Angebot (Seite 3f), die Auftragsbestätigung (Seite 5) und die Rechnungsstellung (Seite 6f.). Lediglich der Lieferschein, mit dem die „Werkzeuge“ (Produktionsunterlagen) zurückgesandt wurden, lautet auf die Beklagten zu 1) (letzte Seite). Ein Kunde, der ausweislich der auf der Internetseite www.xy.de angegebenen Kontaktadresse info@xy.de meint, sich an die Beklagte zu 1) zu wenden, tritt daher in Wahrheit mit der C AG in Kontakt, die den Bestellvorgang im weiteren Verlauf für die Beklagte zu 1) abwickelt. Daran zeigt sich exemplarisch die arbeitsteilige Vorgehensweise im Sinne einer arbeitstechnischen Aufgabenteilung zwischen der Beklagten zu 1) und der C AG, innerhalb derer sich die Beklagte zu 1) die Arbeitsergebnisse der C AG zunutze macht, während diese bei der Auftragsakquisition ausdrücklich auf die Teilleistungen der Beklagten zu 1) als Presswerk Bezug nimmt. Zugleich nimmt die C AG in einem Teilbereich des Vertriebs (das heißt bei kleineren Aufträgen, wie demjenigen nach Anlage B2-K11) die kaufmännische Auftragsabwicklung für die Beklagte zu 1) vor, was einen weiteren Aspekt des arbeitsteiligen Handelns der Beteiligten beleuchtet.
Demgegenüber ist es für die mittäterschaftliche Zusammenarbeit nicht von Belang, dass die C AG – worauf die Beklagten hinweisen – keine Authoring-Dienstleistungen für die Beklagte zu 1) in deren Auftrag, in deren Namen oder für Rechnung der Beklagten zu 1) erbringt. Denn auch ohne dies wird die C AG erkennbar durch die Beklagte zu 1) in die Abwicklung solcher Pressaufträge eingebunden, bei denen die Kunden noch nicht über einen fertigen Master verfügen, der bei einem anderen Authoring Studio als der C AG hergestellt wurde. Wenn die Beklagten darauf verweisen, dass „nur ein sehr kleiner Teil der Kunden der Beklagten zu 1)“ die Authoring- und Digitalisierungsleistungen der C AG in Anspruch nehme, ist dies nicht von Belang. Zum einen gestehen die Beklagten damit zu, dass es immerhin Kunden gibt, die das „Komplettangebot“ in Anspruch nehmen, also Master bei C AG herstellen lassen, welche von der Beklagten zu 1) anschließend als Grundlage für die Vervielfältigung verwendet werden. Zum anderen kommt es für das mittäterschaftliche Zusammenwirken der beteiligten Unternehmen im Rahmen des DVD-Herstellungsprozesses nicht auf den Umfang der tatsächlich praktizierten Zusammenarbeit an, wie er sich in der Zahl der tatsächlichen Fälle niederschlägt. Denn jedenfalls ist der werbliche Auftritt beider Unternehmen darauf angelegt, einen Produktionsprozess Hand in Hand darzustellen, und die Beklagte zu 1) erhält die ihrerseits für die Herstellung der Glassmaster, Stamper und DVD-ROMs benötigten Master zumindest unter anderem von der C AG. Jedenfalls in diesen Fällen stellt mithin die C AG im Zusammenhang mit dem Authoring und der dabei praktizierten M-2-Codierung sowie der DVD-Video-Formatierung Master her, auf deren Grundlage die Beklagte zu 1) die weitere DVD-ROM-Produktion betreibt.
3.
Hinsichtlich der Stamper, welche die Beklagte zu 1) aus den ihr überlassenen Mastern über den Zwischenschritt der Glassmaster selbst herstellt und bei der DVD-Pressung (Vervielfältigung) verwendet, sind die Beklagten unter I. 1. d) des Entscheidungsausspruchs nur zur Unterlassung der Benutzungshandlungen des Herstellens und Gebrauchens (sowie des Besitzes und Einführens zu diesen Zwecken) zu verurteilen, § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG. Ein Anbieten und Inverkehrbringen der Stamper, welche die Beklagte zu 1) lediglich als Zwischenprodukt zur Vervielfältigung herstellt und benutzt, hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter Ziffer IV. der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
VI.
Die Rechte aus dem Klagepatent sind – anders als die Beklagten meinen – nicht dadurch erschöpft, dass die auf den angegriffenen DLT-Tapes, DVD-Rs, Mastern und Stampern gespeicherten Signale in einem Codierer unter Einsatz solcher Codierkarten (das heißt Codierungsvorrichtungen und Codierungssoftware) codiert worden sind, für die die Anbieter der entsprechenden Geräte (P, Pinnacle Systems und Sonic Solutions) eine Lizenzvereinbarung mit M-GESELLSCHAFT getroffen haben.
Erschöpfung meint den Verbrauch des Patentrechts. Der Einwand ist dann begründet, wenn die Partei, die sich darauf beruft, schlüssig darlegen kann, dass der Patentinhaber selbst oder ein mit dessen Zustimmung handelnder Dritter das patentierte Erzeugnis oder das unmittelbare Erzeugnis eines patentierten Verfahrens in einem der Vertragsstaaten der EU in Verkehr gebracht habe (BGH, GRUR 1997, 116 – Prospekthalter; GRUR 2001, 223 – Bodenwaschanlage; Benkard/Scharen, a.a.O. § 9 Rn. 16 m.w.N.). Besonderheiten gelten allerdings für Verfahrenspatente. Das Recht an einem patentgeschützten Verfahren wird nicht dadurch verbraucht, dass die zur Durchführung des Verfahrens erforderliche Vorrichtung mit Zustimmung des Patentinhabers in den Handelsverkehr gelangt (BGH, GRUR 1980, 38 – Fullplastverfahren; a.a.O. – Bodenwaschanlage). Denn durch das Inverkehrbringen der zur Ausübung eines Verfahrens erforderlichen Vorrichtung wird weder das Verfahren selbst in Verkehr gebracht, noch wird eine unmittelbare Benutzungshandlung in Ausübung des Verfahrenspatents vorgenommen (Benkard/Scharen, a.a.O.). Es ist daher allein zu prüfen, ob derjenige, der vom Inhaber des Verfahrenspatents oder mit dessen Zustimmung eine zur Ausübung des Verfahrens erforderliche Vorrichtung erworben hat, diese bestimmungsgemäß benutzen darf. Dafür kommt es auf die getroffenen Vereinbarungen an.
Das klagepatentgemäße Verfahren (Anspruch 1) wird nicht mit Zustimmung der Klägerin ausgeübt, die anspruchsgemäßen Speichermedien (Ansprüche 12 und 11) nicht mit Zustimmung der Klägerin hergestellt. Die Beklagten machen insoweit geltend, dass die Beklagte zu 1) bei der DVD-Produktion die angegriffenen Ausführungsformen als fertige Pressvorlagen verwende, die bereits identisch sämtliche Dateninhalte aufweisen würden, die dann später auch die von der Beklagten zu 1) hergestellten Replikationen enthalten würden. Bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen in Authoring Studios verwendeten diese, wie die Beklagten behaupten, die M-2-Codierer von Koninklijke P Electronics N.V. bzw. die M-2-Codierkarten DC-2000 von Pinnacle Systems und SD-2000 von Sonic Solutions. Diese Codierer bzw. Codierkarten seien mit Zustimmung aller M-2-Patentpool-Mitglieder in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebracht worden. P, Pinnacle Systems und Sonic Solutions seien Lizenznehmer der M-GESELLSCHAFT in Bezug auf sämtliche Patente des M-2-Patentpools. Diese Lizenzverträge würden, wie die Beklagten behaupten, zum Herstellen und zum Vertreiben von Codierkarten bzw. Codierungssoftware, welche nach dem M-2-Standard codieren, berechtigen. M-GESELLSCHAFT gebe auf ihrer Website öffentlich bekannt, dass die oben genannten Hersteller einen Lizenzvertrag mit M-GESELLSCHAFT in Bezug auf die M-2-Technologie abgeschlossen hätten.
Ungeachtet dessen, dass die Beklagten keine näheren Umstände über die Art und den Umfang der angeblich abgeschlossenen Lizenzverträge vorgetragen haben, spricht gegen ihr Vorbringen, dass den Herstellern eine Lizenz zum Herstellen und Vertreiben der Codierkarten bzw. Codierungssoftware erteilt worden und damit Erschöpfung auch in Bezug auf die von der Beklagten zu 1) verwendeten Master und Stamper eingetreten sei, der als Anlage BKartR 1 vorgelegte M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrag. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Bedingungen der den Codiergeräteherstellern erteilten Lizenz mit dem überreichten Lizenzvertrag übereinstimmen. Die Beklagten haben dies zwar bezweifelt und begehren eine Vorlage der mit den Codiergeräteherstellern abgeschlossenen Lizenzverträge. Eine Rechtsgrundlage ist hierfür jedoch nicht zu erkennen. Denn selbst wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass eine Anordnung nach § 142 ZPO bereits dann in Betracht kommt, wenn lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die behauptete und mittels der vorzulegenden Unterlage aufzuklärende Tatsache spricht (vgl. BGH, Mitt. 2006, 523 – Restschadstoffentfernung), verbietet sich eine Vorlegungsanordnung im vorliegenden Fall, da die Beklagten für einen ihrerseits vorgetragenen und behaupteten Vertragsinhalt keinerlei Anhaltspunkte vorgebracht haben. Es würde sich insoweit um eine Ausforschung handeln, die auch im Rahmen des § 142 ZPO unzulässig ist.
In Artikel 2.3 des genannten Vertrages (Anlage BKartR 1) ist geregelt:
“M-2 Encoding Products, M-2 Distribution Encoding Products, M-2 Encoding Software, and M-2 Bundled Encoding Software. Subject to Paragraph 7.16.2 hereof and to the other terms and conditions of this Agreement, the Licensing Administrator hereby grants the Licensee a royalty-bearing worldwide, nonexclusive, nontransferable sublicense under all M-2 Essential Patent(s) in the M-2 Patent Portfolio to make, have made, use for purposes other than encoding an M-2 Video Event for recording on an M-2 Packaged Medium, and sell, offer for sale or otherwise distribute M-2 Encoding Products , M-2 Distribution Encoding Products, M-2 Encoding Software, and M-2 Bundled Encoding Software. No License is granted herein, by implication or otherwise, to customers of licensee to use M-2 encoding products, M-2 distribution encoding products, M-2 encoding software, and/or M-2 bundled encoding software for encoding or having encoded one or more M-2 video events for recording on an M-2 packaged medium for any use or distribution other than personal use of licensee’s customer.”
Die deutsche Übersetzung lautet folgendermaßen:
„(…) der Lizenzverwalter gewährt dem Lizenznehmer hiermit eine lizenzgebührenpflichtige weltweite, nicht-exR2ive, nicht übertragbare Unterlizenz an allen für M-2 wesentlichen Patent(en) im M-2 Patentportfolio, um M-2 Codierungsprodukte, M-2 Übertragungscodierungsprodukte, M-2 Codierungssoftware und gebündelte M-2 Codierungssoftware herzustellen, herstellen zu lassen, zu anderen Zwecken als der Kodierung eines M-2 Videoereignisses zur Aufzeichnung auf einem M-2 gepackten Medium zu benutzen, zu verkaufen, zum Verkauf anzubieten oder anderweitig zu vertreiben. Hiermit wird den Kunden des Lizenznehmers weder implizit noch auf andere Art und Weise eine Lizenz zur Benutzung von M-2 Codierungsprodukten, M-2 Übertragungscodierungsprodukten, M-2 Codierungssoftware und/oder gebündelter M-2 Codierungssoftware gewährt, um ein oder mehrere M-2 Videoereignisse zur Aufnahme auf einem M-2 gepacktem Medium zu jedweder Benutzung oder jedwedem Vertrieb mit Ausnahme des privaten Gebrauchs des Kunden des Lizenznehmers zu codieren bzw. codieren zu lassen.“
Was unter M-2 gepacktem Medium (M-2 packaged medium) und M-2 Videoereignis (M-2 video event) im Sinne des Vertrages zu verstehen ist, wird in den Artikeln 1.21 und 1.28 definiert:
„1.21 M-2 Packaged Medium (Media) – shall mean any storage medium, including by way of example and without any limitation magnetic tape, magnetic disk and optical disk, storing one or more M-2 Video Events.
1.28 M-2 Video Event – shall mean video information having an normal playing time of any length up to and including 133 minutes encoded into a format in compliance with the M-2 Standard that comprises video programming, including by way of example and without limitation, one or more Movies, television shows, video games, video advertisements, music videos and short subject video clips, or any compilation of any of the foregoing.”
Die deutsche Übersetzung lautet folgendermaßen:
„1.21 M-2 gepacktes Medium – soll bezeichnen jedes Speichermedium, lediglich beispielsweise und ohne beschränkende Wirkung ein Magnetband, eine Magnetscheibe und eine optische Scheibe, auf welcher ein oder mehrere M-2 Videoereignisse gespeichert sind.
1.28 Videoereignis – soll bezeichnen eine Videoinformation, die eine normale Spielzeit von bis zu und einschließlich 133 Minuten aufweist, codiert in einem Format in Übereinstimmung mit dem M-2 Standard, welche eine Videoprogrammgestaltung enthält, lediglich beispielsweise und ohne beschränkende Wirkung, ein oder mehrere Kinofilme, Fernsehinhalte, Videospiele, Video-Werbung, Musikvideo und Videokurzfilme, oder jede Zusammenstellung jeder der vorstehend genannten.“
Die in Rede stehenden Codierkarten bzw. Codierungssoftware gehören nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin zu den in Artikel 2.3 angesprochenen „Encoding Products“ oder „Codierungsprodukten“ bzw. der „Encoding Software“ oder „Codierungssoftware“, wie sich im Übrigen aus den Definitionen in Artikel 1.17 und 1.18 ergibt. Nach Artikel 2.3 des Lizenzvertrags erstreckt sich die Lizenz mithin lediglich auf die Herstellung der Codierkarten bzw. der Codiersoftware, nicht hingegen auf die weitere Benutzung der Codierkarten bzw. der Codierungssoftware zu Zwecken der Codierung eines M-2 Videoereignisses zur Aufzeichnung auf einem M-2 gepackten Medium. Im Lizenzvertrag wurde ausdrücklich festgelegt, dass den Kunden des Lizenznehmers weder implizit noch auf andere Art und Weise eine Lizenz zur Benutzung der genannten Produkte gewährt wird, um ein oder mehrere M-2 Videoereignisse zur Aufnahme auf einem M-2 gepacktem Medium zu jedweder Benutzung oder jedwedem Vertrieb mit Ausnahme des privaten Gebrauchs des Kunden des Lizenznehmers zu codieren bzw. codieren zu lassen. Vor dem Hintergrund dieser Beschränkungsregelung geht der Einwand der Beklagten fehl, die den Codiergeräteherstellern eingeräumte Lizenz umfasse auch den Gebrauch der lizenzierten Geräte auf der Abnehmerstufe, weil der Verkauf eines Codiergeräts wirtschaftlich nur Sinn mache, wenn die veräußerte Vorrichtung auch in Betrieb genommen werden dürfe. Abgesehen davon, dass in dem genannten Lizenzvertrag etwas anderes vereinbart wurde, kann sich die Benutzungserlaubnis auf der Stufe der Codiergeräteabnehmer selbstverständlich aus einer eigenen Lizenznahme am Klagepatent ergeben. Wie die Klägerin vorgetragen hat, entspricht es der Praxis, dass Authoring Studios an den Schutzrechten des M-2-Standards eine auf die Benutzung der Codiergeräte begrenzte Lizenz erteilt wird.
Eine solche Beschränkung der Erlaubnis auf eine bestimmte Art der Benutzung ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig und beschränkt sich nicht auf eine rein schuldrechtliche Verpflichtung. Denn eine Lizenz kann auf einzelne der dem Patentinhaber vorbehaltenen Benutzungsarten beschränkt werden (vgl. Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl., Seite 820). Die Beschränkung grenzt die Benutzungserlaubnis hinsichtlich lizenzierter Benutzungshandlungen von anderen, die nicht lizenziert werden, ab. Die Handlungen, welche die Beschränkung dem Lizenznehmer wie auch sonstigen Dritten verwehrt, sind diesen schon auf Grund der grundsätzlichen Ausschlusswirkung des Patents untersagt. Wegen der fehlenden Einräumung der Benutzungserlaubnis muss der Lizenznehmer ihm nicht vorbehaltene Handlungen unterlassen. Die Erschöpfung reicht nur so weit wie die von der Lizenzerteilung erfassten Benutzungshandlungen (Benkard, a.a.O., § 15 Rn. 72).
Da es sich bei der lizenzvertraglichen Beschränkung der Nutzung der Codierkarten und Codierungssoftware um eine patentrechtlich zulässige Nutzungsbeschränkung handelt, bestehen keine Anhaltspunkte für die von den Beklagten in diesem Zusammenhang behauptete Kartellrechtswidrigkeit.
VII.
Der von den Beklagten erhobene Einwand kartellrechtlichen Missbrauchs und Verstoßes gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot ist nicht begründet, Art. 82 EGV, §§ 19, 20 GWB.
1.
Die Klägerin ist allerdings Adressatin der Vorschriften aus Art. 82 EGV und §§ 19; 20 GWB, weil sie auf dem europäischen und dem deutschen Markt für DVDs mit Videoinhalt eine beherrschende Stellung hat.
Nach der Rechtsprechung im europäischen wie im deutschen Recht ist ein relevanter Angebotsmarkt nach dem Bedarfsmarktkonzept zu bestimmen. Der sachlich relevanten Markt umfasst sämtliche Produkte, die sich aufgrund ihrer Eigenschaft, ihres Verwendungszwecks und ihrer Preislage zur Befriedigung eines gleichbleibenden Bedarfs besonders eignen und mit anderen Erzeugnissen, die einem anderen Markt zuzurechnen sind, nur in geringem Maße ausgetauscht werden können (EuGH, Slg. 1979, 461, Rn. 28 – Hoffmann-La Roche; BGHZ 131, 107 (110) – Pay-TV-Durchleitung; GRUR 2004, 966, 967 – Standard-Spundfass). Einem solchen Produktmarkt ist nach der Rechtsprechung zum deutschen Recht ein weiterer Markt vorgelagert, wenn durch eine Industrienorm oder durch ein anderes, von den Nachfragern wie eine Norm beachtetes Regelwerk eine standardisierte durch Schutzrechte geschützte Gestaltung der marktrelevanten Produktes vorgegeben ist und potenzielle Anbieter dieses Produktes erst durch die Vergabe von Benutzungsrechten in die Lage versetzt werden, das Produkt auf den Markt zu bringen (BGH, a.a.O. – Standard-Spundfass). Entsprechend hat der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Lizenzverweigerungen für das europäische Recht darauf abgestellt, ob einem vorgelagerten Markt für bestimmte Erzeugnisse oder Dienstleistungen ein weiterer Markt nachgelagert ist, für den es unerlässlich ist, die jeweiligen Erzeugnisse oder Dienstleistungen zu verwenden (EuGH, GRUR 2004, 524, Rn. 42 ff. – IMS/Health, m.w.N.).
Der in dem hier zu entscheidenden Fall relevante Markt betrifft DVDs mit Video-Inhalten. Zwischen den Parteien ist nicht in Streit, dass es sich bei DVDs mit Video-Inhalten um ein Produkt handelt, das im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung mit anderen Datenträgern, die Video-Inhalte aufweisen, nicht oder nur in geringem Maße austauschbar ist. Der Markt umfasst in räumlicher Hinsicht Deutschland und das Gebiet der Gemeinschaft. Für den Zugang zum Markt für DVDs mit Video-Inhalten ist es unerlässlich, von dem M-2-Standard Gebrauch zu machen, der die Komprimierung und Dekomprimierung bei der Speicherung von Bilddaten auf Massenspeichern wie DVDs regelt. Nach dem Vorbringen der Klägerin sind alle auf DVDs gespeicherten Bilddaten nach dem M-2-Datenkomprimierungsverfahren komprimiert. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zudem, dass es sich bei dem Klagepatent um ein für die Benutzung des M-2-Standards notwendiges Schutzrecht handelt. Hersteller von DVDs mit Videoinhalten müssen also die in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellte Lehre anwenden, wenn sie eine mit dem M-2-Standard kompatible DVD herstellen wollen. Die Klägerin hat damit nach europäischem wie nach deutschem Recht eine beherrschende Stellung auf dem Markt für DVDs mit Video-Inhalten.
2.
Die Beklagten vertreten die Ansicht, dass die den M-2-Pool begründenden Vereinbarungen nach Art. 81 Abs. 1 und 2 EGV, § 1 GWB i.V.m. § 134 BGB nichtig seien. Daraus folge, dass die Klägerin von der Beklagten zu 1) nicht den Abschluss des M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrages verlangen könne. Dieser sei vielmehr als Ausführungsvertrag des Pool-Vertrages ebenfalls nichtig, weshalb sich die angemessene Lizenzgebühr auf null Eurocent belaufe. Die kartellrechtliche Unzulässigkeit des Pool-Vertrages ergebe sich aus der Tatsache, dass der Pool erwiesenermaßen zahlreiche nichtige und/oder nicht essentielle oder zum Teil nicht zwingend erforderliche Patente enthalte. Darüber hinaus würden diese Patente überwiegend von Unternehmen gehalten, die bereits an den Arbeitsgruppen zur Begründung des Standards beteiligt gewesen seien und sich anschließend im Rahmen des M-2-Pools über die Lizenzierung ihrer Patente abgestimmt hätten. Schließlich folge die kartellrechtliche Unzulässigkeit aus der fehlenden Bereitschaft der Mitglieder, die im Pool enthaltenen Patente zu angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen zu lizenzieren. Der Pool sei auch nicht durch die Verordnung (EG) Nr. 772/2004 der Kommission über die Anwendung von Art. 81 EGV auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen vom 27. April 2004 (Gruppenfreistellungsverordnung) freigestellt. Außerdem sei die Pool-Vereinbarung geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und bezwecke oder bewirke eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes, Art. 81 Abs. 1 EGV. Auf den Comfort-Letter der Europäischen Kommission vom 18. Dezember 1998 könne sich die Klägerin nicht berufen, weil dieser lediglich eine unverbindliche schriftliche Äußerung der Kommission sei.
Der Argumentation der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Zutreffend ist, dass die rechtliche Folge einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung nach Art. 81 Abs. 1 EGV und § 1 GWB die Nichtigkeit der Vereinbarung ist, Art. 81 Abs. 1 EGV und § 1 GWB i.V.m. § 134 Abs. 1 BGB. Die Nichtigkeit der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung erstreckt sich jedoch nicht auf Folgeverträge, die Kartellmitglieder in Be- und Verfolgung der Kartellabsprache mit unbeteiligten Dritten abschließen. Der EuGH hat es abgelehnt, schädliche Auswirkungen von Kartellabsprachen auf die vertraglichen Rechtsbeziehungen der Kartellmitglieder mit Dritten der Nichtigkeitsfolge des Art. 81 Abs. 1 EGV zu unterwerfen und insoweit auf das nationale Recht verwiesen (vgl. EuGH, NJW 1984, 555, 556; Jaeger in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, Art. 81 Abs. 2 EGV, Rn. 22). Nach deutschem Kartellrecht ist zwischen Ausführungs- und Folgeverträgen zu unterscheiden. Unter Ausführungsverträgen sind Verträge zu verstehen, die zwischen den Parteien der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung oder zwischen diesen und Dritten geschlossen werden, wobei die Dritten allerdings in die horizontale Abstimmung mit einbezogen worden sein müssen, also nicht kartellfremd sein dürfen. Verträge mit kartellfremden Dritten, also etwa von Mitgliedern des Kartells in Vollzug der Kartellvereinbarung mit unbeteiligten Dritten abgeschlossene Verträge, werden demgegenüber als Folgeverträge angesehen. Während Ausführungsverträge im vorgenannten Sinne von der Nichtigkeitsfolge des § 1 GWB i.V.m. § 134 BGB erfasst werden, ist dies bei Folgeverträgen nicht der Fall. Der Grund für diese Differenzierung liegt darin, dass kartellfremde Dritte aus Gründen der Rechtssicherheit nicht mit dem Risiko der Vertragsnichtigkeit des Folgevertrages und damit auch mit dem Verlust ihrer Ansprüche belastet werden dürfen (vgl. BGH, NJW 1984, 2372, 2373; Nordemann in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2, § 1 GWB, Rn. 255 f. m.w.N., Jaeger, a.a.O., Rn. 23).
Danach kommt es in dem hier zu entscheidenden Fall nicht darauf an, ob in dem zwischen den Mitgliedern des M-2-Pools geschlossenen Pool-Vertrag aus dem Jahre 1997, dem die Klägerin später beigetreten ist, eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung nach Art. 81 Abs. 1 EGV bzw. § 1 GWB liegt. Selbst wenn dies zugunsten der Beklagten als gegeben unterstellt wird, hätte dies jedenfalls nicht zur Folge, dass damit ohne weiteres auch der der Beklagten zu 1) angebotene M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrag rechtsunwirksam wäre, weil es sich dabei unzweifelhaft um einen Folge- und nicht einen Ausführungsvertrag des M-2-Poolvertrages handelt. Denn bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um einen kartellfremden Dritten, so dass nach europäischem wie nach deutschem Recht ein Folgevertrag zustande käme, dessen Rechtswirksamkeit unabhängig von der kartellrechtlichen Wirksamkeit des M-2-Poolvertrages ist.
3.
Die Beklagten machen weiterhin geltend, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung dadurch missbrauche, dass sie der Beklagten zu 1) lediglich den Abschluss eines Lizenzvertrages anbiete, dessen Bedingungen unangemessen und diskriminierend seien, Art. 82 EGV, § 19 Abs. 1 und 4 Nr. 2, § 20 Abs. 1 GWB. Dabei beziehen sich die Beklagten vor allem auf die in dem M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrag vorgesehene Höhe der Lizenzgebühr, aber auch darauf, dass mit dem M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrag nichtige und/oder nicht wesentliche Patente lizenziert würden.
Der Ansicht der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Allerdings ist zugunsten der Beklagten zu 1) davon auszugehen, dass dieser nach europäischem und deutschem Kartellrecht gegenüber der Klägerin ein Anspruch auf die Gewährung einer nicht unangemessenen und nicht diskriminierenden Lizenz an dem Klagepatent zusteht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum deutschen Recht sind bei der Vergabe von Lizenzen an die sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung dann nicht zu geringe Anforderungen zu stellen, wenn sich die marktbeherrschende Stellung eines Patentinhabers nicht (allein) aus der der Erfindung zu Grunde liegenden Leistung ergibt, wie insbesondere daraus, dass sich auf Grund überragender technischer oder wirtschaftlicher Vorteile der erfindungsgemäßen Lehre alternative Lösungen auf dem Markt nicht absetzen lassen, sondern (zumindest auch) darauf beruht, dass der Zugang zu einem nachgelagerten Produktmarkt auf Grund einer Norm oder auf Grund normähnlicher einheitlicher Vorgaben der Produktnachfrager von der Befolgung der patentgemäßen Lehre abhängig ist. Denn auch in einem solchen Fall – so der BGH – erschwert die Norm, dass sich die patentgemäße Lösung, wie es dem Sinn und Zweck des Patentschutzes entspricht, im Wettbewerb mit abweichenden technischen Lösungen bewähren muss. Nutzt der Patentinhaber den Umstand, dass der Zugang zu einem nachgelagerten Markt auf Grund einer Norm oder normähnlicher Rahmenbedingungen von der Befolgung der patentgemäßen Lehre abhängig ist, um den Zutritt zu diesem Markt nach Kriterien zu beschränken, die der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes widersprechen, missbraucht er seine markbeherrschende Stellung (BGH, GRUR 2004, 966, 968 – Standard-Spundfass). Dabei hebt der BGH jedoch zugleich hervor, dass § 20 GWB zwar den Missbrauch verhindern will, jedoch keine allgemeine Meistbegünstigungsklausel enthält, die marktbeherrschende Unternehmen generell zwingen soll, allen die gleichen günstigen Preise einzuräumen. Auch einem marktbeherrschenden Unternehmen soll insbesondere nicht verwehrt werden, auf unterschiedliche Marktbedingungen differenziert reagieren zu können. Die Zulässigkeit unterschiedlicher Behandlung richtet sich danach, ob die relative Schlechterbehandlung der betroffenen Unternehmen als wettbewerbskonformer, durch das jeweilige Angebot im Einzelfall bestimmter Interessenausgleich erscheint oder auf Willkür oder Überlegungen und Absichten beruht, die wirtschaftlich oder unternehmerisch vernünftigem Handeln fremd sind. Zudem ist zu beachten, dass die durch die Ungleichbehandlung betroffenen Unternehmen nicht durch die Ausübung der Macht des marktbeherrschenden Unternehmens in ihrer Wettbewerbsfähigkeit untereinander beeinträchtigt werden sollen (BGH, a.a.O., 969 – Standard-Spundfass, m.w.N.).
Der Bundesgerichtshof hat die vorgenannten kartellrechtlichen Erwägungen für den Fall einer Lizenzierungsverweigerung aufgestellt. Die Grundsätze sind jedoch in aller Regel auch auf Fälle übertragbar, in denen der Inhaber eines Patentes, dessen marktbeherrschende Stellung nicht allein auf den technischen oder wirtschaftlichen Vorteilen der Erfindung beruht, sondern zumindest auch darauf, dass der Zugang zu einem nachgelagerten Produktmarkt infolge einer Norm oder aufgrund normähnlicher Vorgaben der Produktnachfrager von der Befolgung der patentgemäßen Lehre abhängig ist, zwar bereit ist, eine Lizenz zu erteilen, die Parteien jedoch darüber streiten, ob die Bedingungen der angebotenen Lizenz nicht unangemessen und nicht diskriminierend sind. Denn auch in einem solchen Fall besteht die Gefahr, dass die Konditionen der von dem Patentinhaber angebotenen Lizenz auf Willkür oder Absichten beruhen, die wirtschaftlich oder unternehmerisch vernünftigem Handeln fremd sind und die betroffenen Unternehmen durch die Ausübung der Macht des marktbeherrschenden Unternehmens in ihrer Wettbewerbsfähigkeit untereinander oder gegenüber dem marktbeherrschenden Unternehmen beeinträchtigt werden sollen.
Nach deutschem Kartellrecht kann die Beklagte zu 1) daher von der Klägerin die Erteilung einer nach den Bedingungen des freien Wettbewerbs im vorgenannten Sinne nicht unangemessenen und nicht diskriminierenden Lizenz an dem Gegenstand des Klagepatents verlangen, wobei allerdings auch zu berücksichtigen ist, dass dem marktbeherrschenden Unternehmen nicht die Möglichkeit genommen werden soll, auf unterschiedliche Marktbedingungen entsprechend differenziert zu reagieren. Denn – wie bereits ausgeführt – die marktbeherrschende Stellung der Klägerin an dem Gegenstand des Klagepatents beruht nicht allein auf dem Umstand, dass sie Inhaberin des Schutzrechts ist, sondern ist vor allem auch darauf zurückzuführen, dass der Gegenstand des Klagepatents Teil des M-2-Standards ist. Dieser Anspruch der Beklagten zu 1) ist von der Klägerin auch im Wesentlichen nicht in Frage gestellt worden. Die Parteien streiten vielmehr darüber, ob der M-2-Poollizenzvertrag, welcher der Beklagten zu 1) angeboten worden ist, den genannten Anforderungen entspricht.
Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann in der Ausübung eines ausschließlichen Rechts durch den Inhaber unter außergewöhnlichen Umständen der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 82 EGV liegen (EuGH, GRUR 1990, 141, Rn. 9 – Volvo; GRUR 1995, 490, Rn. 50 – Magill). Ein solches missbräuchliches Verhalten hat der EuGH in der Entscheidung IMS/Health für den Fall angenommen, dass sich ein Unternehmen, das eine beherrschende Stellung innehat und Inhaber eines Rechts des geistigen Eigentums an einer Bausteinstruktur ist, die für die Präsentation von Daten über den regionalen Absatz von Arzneimitteln in einem Mitgliedstaat unerlässlich ist, einem anderen Unternehmen, das ebenfalls derartige Daten in dem Mitgliedstaat anbieten will, weigert, eine Lizenz zur Verwendung dieser Struktur zu erteilen, wenn das Unternehmen, das um die Lizenz ersucht hat, beabsichtigt, auf dem Markt für die Lieferung der betreffenden Daten neue Erzeugnisse oder Dienstleistungen anzubieten, die der Inhaber des Rechts des geistigen Eigentums nicht anbietet und für die eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht, die Weigerung nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist und die Weigerung geeignet ist, dem Inhaber des Rechts des geistigen Eigentums den Markt für die Lieferung der Daten in dem betreffenden Mitgliedstaat vorzubehalten, indem jeglicher Wettbewerb auf diesem Markt ausgeschlossen wird (EuGH, GRUR 2004, 524, Rn. 52– IMS/Health, vgl. auch EuGH, GRUR Int. 1995, 490 – Magill). Der Fall unterscheidet sich von dem Sachverhalt, der dem Standard-Spundfass-Urteil des Bundesgerichtshofs zugrunde lag, dadurch, dass der Schutzrechtsinhaber eine durch das Schutzrecht geschützte marktbeherrschende Stellung hinsichtlich eines ersten Produktes (der Bausteinstruktur) innehat und durch die Weigerung, einem anderen Unternehmen eine Lizenz an dem das erste Produkt schützenden Schutzrecht zu erteilen, dieses vom Wettbewerb hinsichtlich eines zweiten Produktes (den Daten über den regionalen Absatz von Arzneimitteln) ausgeschlossen wird, weil die Benutzung des das erste Produkt schützenden Schutzrechts für den Absatz des zweiten Produktes unerlässlich ist. In dieser Konstellation hält der Europäische Gerichtshof an seiner bereits in dem Urteil „Magill“ getroffenen Entscheidung fest, dass die Lizenzverweigerung nur dann als missbräuchlich angesehen werden kann, wenn das Unternehmen, das um die Lizenz ersucht hat, beabsichtigt, auf dem Markt für das zweite Produkt (Daten über den regionalen Absatz) neue Erzeugnisse oder Dienstleistungen anzubieten, die der Inhaber des Schutzrechtes nicht anbietet und für die eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht (vgl. EuGH, GRUR 2004, 524, Rn. 37f. – IMS/Health; EuGH, GRUR Int. 1995, 490 – Magill). Von diesem Sachverhalt hebt sich der dem Urteil Standard-Spundfass des Bundesgerichtshofs zugrunde liegende Tatbestand – wie auch der hier zu entscheidende Fall – dadurch ab, dass die marktbeherrschende Stellung des Schutzrechtsinhabers an dem durch das Schutzrechtrecht geschützten ersten Produkt nicht nur auf den überragenden technischen oder wirtschaftlichen Vorteilen dieses Produktes beruht, sondern zumindest auch darauf, dass der Zugang zu dem Produktmarkt auf Grund einer Norm oder auf Grund normähnlicher einheitlicher Vorgaben der Produktnachfrager von der Benutzung des Schutzrechtes abhängig ist. Entsprechend benötigt das um eine Lizenz an dem Schutzrecht nachsuchende Unternehmen die Lizenz nicht, um ein zweites Produkt auf den Markt zu bringen, sondern bedarf der Lizenz, um das (einzige) Produkt entsprechend der auf dem Produktmarkt eingeführten Norm oder der normähnlichen Vorgaben anbieten zu können. In einem solchen Fall kann es für die Beurteilung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch Lizenzverweigerung oder Lizenzierung zu unangemessenen und diskriminierenden Bedingungen nicht darauf ankommen, ob das lizenznachsuchende Unternehmen beabsichtigt, ein neues Erzeugnis anzubieten, das der Schutzrechtsinhaber nicht anbietet. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die Erteilung einer Lizenz an dem Schutzrecht zu angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen unerlässlich für das um das Schutzrecht nachsuchende Unternehmen ist, um Produkte herstellen und vertreiben zu können, welche die den Produktmarkt bestimmende Norm oder die den Produktmarkt bestimmenden normähnlichen Vorgaben einhalten (vgl. auch Conde Gallego, GRUR Int. 2006, 16, 28; Heinemann, GRUR 2006, 705, 710).
Im Ergebnis ist demnach festzuhalten, dass nach europäischem wie nach deutschem Recht die Beklagte zu 1) von der Klägerin die Gewährung einer Lizenz an dem Gegenstand des Klagepatents zu nicht unangemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen verlangen kann, weil die Benutzung des Klagepatents unerlässlich für die Herstellung und den Vertrieb von DVDs mit Videoinhalt nach dem den Markt für solche DVDs bestimmenden M-2-Standard ist.
a) Die Bedingungen des M-2-Lizenzpoolvertrages, dessen Abschluss der Beklagten zu 1) angeboten worden ist und der auch das Klagepatent umfasst, sind nach den Bedingungen des freien Marktes – jedenfalls derzeit – noch angemessen. Auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien ist nicht ersichtlich, dass die Bedingungen auf Willkür oder Überlegungen und Absichten beruhen, die wirtschaftlich oder unternehmerisch vernünftigem Handeln fremd und deshalb unangemessen sind.
Das gilt zunächst für die in dem M-2-Lizenzpoolvertrag vorgesehene Lizenzgebühr, welche für die einzelne DVD nicht mehr als 0,03 US$ betragen soll.
Soweit die Beklagten im Zusammenhang mit ihrem ersten Lizenzangebot noch die Ansicht vertreten haben, eine angemessene Lizenzgebühr für Besitz und Benutzung der hier angegriffenen DLT-Tapes, DVD-Rs und Master müsse sich an der Lizenzgebühr orientieren, welche Authoring Studios für die Herstellung dieser Vorrichtungen bei funktionierendem Wettbewerb an die Klägerin zu entrichten hätten, kann ihnen darin bereits im Ansatz nicht gefolgt werden. Der Gedankengang der Beklagten fußt auf der Annahme, die von Authoring Studios bei der Herstellung der Master verwendeten M-2-kompatiblen Codierkarten seien mit Zustimmung aller Patentpool-Mitglieder in den Verkehr gebracht worden, was Erschöpfung begründe. Eine angemessene Lizenzgebühr müsse daher als Prozentsatz des Netto-Honorars der Authoring Studios für die Herstellung der Master bemessen werden. Eine gesonderte Lizenzgebühr für die anschließende Herstellung der DVDs scheide dann aus. Diese Annahme der Beklagten scheitert schon daran, dass mangels Erschöpfung der Verbietungsrechte gegenüber den Benutzern der M-2-Codierungsprodukte die Klägerin frei darin ist, die nachfolgenden Produktionsstufen zu lizenzieren. Des Weiteren würden es vernünftige Lizenzvertragsparteien nicht erwägen, die Herstellung und den Gebrauch der Master als Produktionsvorstufe der Vervielfältigungsstücke und Endprodukte (DVDs) zu lizenzieren. Denn dieses Vorgehen ließe außer Acht, dass das wirtschaftliche Interesse, das die Beklagte zu 1) an der Nutzung des patentgemäßen Verfahren hat, maßgeblich davon abhängt, in welcher Stückzahl die Master zur Vervielfältigung genutzt werden. Dieser Gesichtspunkt, den vernünftige Vertragsparteien zur Grundlage der Bemessung einer Lizenz gemacht hätten, lässt sich mit einer Lizenz, die sich nach den Herstellungskosten für einen Master bemisst, der lediglich das Ergebnis einer Produktionsvorstufe darstellt, nicht berücksichtigen. Der Umstand, dass das Lizenzangebot der Klägerin nach Maßgabe des M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrags stattdessen auf den mit den angegriffenen Ausführungsformen hergestellten DVD-Endprodukten basiert (wie auch das zweite Lizenzangebot der Beklagten), ist daher unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit nicht zu beanstanden.
Die Beklagten sehen die Lizenzgebühr nach dem M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrag darüber hinaus als unangemessen an, weil darin eine starre Stücklizenz angeboten werde. In einem vorgelagerten Markt für die Lizenzierung patentierter Technologien wäre demgegenüber nur eine Lizenzgebühr vereinbart worden, die sich am Prozentsatz der Netto-Verkaufserlöse bemesse, welche die Lizenznehmer mit ihren auf der Grundlage der lizenzierten Technologie hergestellten Produkten auf dem nachgelagerten Markt erzielen. Das ergebe sich aus der allgemeinen Preisentwicklung auf dem DVD-Markt. Seit Einführung der DVDs im Jahre 1997 sei die Nachfrage zwar exponentiell gestiegen. Dieser Anstieg der Nachfrage sei jedoch mit einem ganz erheblichen Verfall der Preise einhergegangenen. Die Beklagten weisen in diesem Zusammenhang auf die als Anlage BKartR 8 und 9 vorgelegten Statistiken der Agentur U Ltd. betreffend den durchschnittlichen Fabrikverkaufspreis für DVD5 und DVD9 und die darauf bezogene prozentuale Entwicklung der Lizenzgebühren.
Auch dieser Argumentation der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist es nicht von vornherein als Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der Klägerin anzusehen, dass der Beklagten zu 1) eine stück- und keine umsatzbezogene Herstellungs- und Vertriebslizenz angeboten wird. Wie die Kammer aus einer Vielzahl von Fällen weiß, sind im Wirtschaftsleben stück- und umsatzbezogene Herstellungs- und Vertriebslizenzen gleichermaßen üblich. Bei Vereinbarung einer Umsatzlizenz ist das Lizenzgebührenaufkommen neben den verkauften Stückzahlen auch an die Entwicklung des Verkaufspreises des Lizenzgegenstandes gekoppelt, der entsprechend der Marktsituation steigen oder fallen kann, während das Lizenzgebührenaufkommen bei einer Stücklizenz allein von den Produktions- bzw. Vertriebszahlen abhängt, ohne dass es auf die Entwicklung des Verkaufspreises ankommt. Bei einem Markt mit fallenden Stückpreisen und gleichbleibenden Stückzahlen ist der Lizenznehmer bei einer Stücklizenz im Nachteil, weil die Lizenzgebühr bei geringerem Umsatz abnimmt, während der Nachteil bei einer umsatzbezogenen Lizenz bei Lizenzgeber und Lizenznehmer liegt, weil der Umsatz zurückgeht. Steigen parallel zu fallenden Stückpreisen die Stückzahlen, so wird bei einer Stücklizenz die aus den zurückgehenden Stückpreisen resultierende höhere Belastung des Lizenznehmers durch die höheren Stückzahlen tendenziell ausgeglichen, vorausgesetzt, dass der Lizenznehmer mit seinem Umsatz einen Gewinn erzielt, während die Lizenzeinnahmen für den Lizenzgeber weiter steigen. Bei einer umsatzbezogenen Lizenz profitieren sowohl der Lizenznehmer als auch der Lizenzgeber von dem durch die höheren Stückzahlen bedingten höheren Umsatz. Bei einem Markt mit fallenden Preisen ist also eine Stücklizenz für den Lizenznehmer weniger vorteilhaft als eine Umsatzlizenz. Die Stücklizenz entspricht hingegen dem Interesse des Lizenzgebers, die Lizenzierung von der konkreten Preisgestaltung des Lizenznehmers, auf die der Lizenzgeber unmittelbar keinen Einfluss hat, abzukoppeln. Das Angebot einer Stücklizenz bei einem Markt mit tendenziell fallenden Preisen kann daher nicht von vornherein als unangemessen und deshalb als Missbrauch der auf eine Industrienorm ganz oder teilweise zurückgehenden marktbeherrschenden Stellung des Schutzrechtsinhabers angesehen werden. Vielmehr ist entscheidend, ob die Stücklizenz infolge marktbedingten Preisverfalls einen so hohen Anteil an den Gestehungskosten des Erzeugnisses erreicht, dass dem Lizenznehmer eine Fortsetzung der Produktion bei wirtschaftlich vernünftigem Handeln nicht mehr zugemutet werden kann und die Stücklizenz deshalb als nicht mehr angemessen anzusehen ist. Erst wenn dieser Zustand erreicht ist, würde bei wirksamem Wettbewerb ein an der Lizenzierung interessierter Schutzrechtsinhaber die Lizenzgebühren auf ein angemessenes Niveau absenken, weil er sonst befürchten müsste, dass der Lizenznehmer die Produktion und den Vertrieb des Erzeugnisses einstellt.
Aus den als Anlage BKartR 8 vorgelegten Erhebungen der Agentur U Ltd. ergibt sich, dass die Werkverkaufspreise für eine DVD5 im Jahre 1997 bei 2,65 US$ und für eine DVD9 bei 4,50 US$ gelegen haben, während die Preise im Jahre 2005 für eine DVD5 0,51 US$ und für eine DVD9 0,70 US$ betragen haben. Parallel dazu stiegen die Fabrikverkäufe von 55.000 DVDs im Jahre 1997 auf 2,5 Milliarden im Jahre 2005. Nach den Angaben der Beklagten betrugen ihre reinen Herstellungskosten für eine DVD5 0,1985 US$ (0,1654 €) und für eine DVD9 0,2016 US$ (0,168 €). Außerdem sollen die kumulierten Lizenzgebührenforderungen der DVD-Patentpools bei insgesamt 0,1155 US$ (0,0963 €) liegen, wobei sich dieser Betrag aus (mindestens) 0,0375 US$ für den 4CPool, aus (mindestens) 0,045 US$ für den 6CPool, aus 0,003 US$ für die AC-3-Technologie und aus 0,03 US$ für den M-Pool zusammensetzt. Daraus folgen Gestehungskosten in Höhe von insgesamt 0,314 US$ (0,2617 €) für eine DVD5 und von 0,3171 US$ (0,2643 €) für eine DVD9. Werden die von der Beklagten angegebenen Gesamtgestehungskosten in ein Verhältnis zu den durchschnittlichen Preisen für DVD5 bzw. DVD9 im Jahre 2005 laut Erhebungen der Agentur U Ltd. gesetzt, so beträgt der Kostenanteil bei einer DVD5 61,57 % und bei einer DVD9 45,30 %.
Die Beklagten tragen demgegenüber vor, dass der Beklagten zu 1) ganz überwiegend Aufträge für die einmalige oder regelmäßige Herstellung großer DVD-Auflagen, das heißt Auflagen von im Einzelfall bis zu 5 Millionen DVDs pro Auftrag und Titel oder 35 Millionen DVDs pro Jahr und Kunde erteilt würden. Dabei gehe es vielfach um die Pressung von kostenlosen Zeitschriftenbeilagen (Covermounts), kostenlosen Promotions-DVDs für Konsumgüter oder sonstigen DVDs aus dem Entertainment-Bereich. Bei solchen Pressaufträgen seien die erzielbaren Netto-Fabrikabgabepreise schon 2004 sehr niedrig gewesen.
Das Vorbringen der Beklagten greift nicht durch. Der von ihr selbst als Anlage BKartR9 vorgelegten Aufstellung der Agentur U Ltd. ist zu entnehmen, dass sich im Jahre 2004 der Fabrikverkauf von DVD5 und DVD9 wie folgt aufschlüsselt:
Anteil am DVD5 DVD 9
Gesamtverkauf
——————————————————————————————————————————————
Low Volume Contract Pricing 15 % 0,82 US$ 1,25 US$
Major Studio Contract Pricing 70 % 0,47 – 0,62 US$ 0,62 – 0,82 US$
Low Season Spot Pricing 10 % 0,26 – 0,43 US$ 0,45 – 0,62 US$
Covermount Pricing 5 % 0,25 US$ 0,31 US$
Danach haben Covermounts im Jahre 2004 einen Marktanteil von lediglich 5 % gehabt. Die durchschnittlichen Preise eines derart kleinen Marktsegments können nicht für die Vereinbarung einer Stücklizenz für DVD5 und DVD9 insgesamt herangezogen werden. Vielmehr ist für die Angemessenheit der Lizenzgebühren auf den durchschnittlichen Verkaufspreis aller Marktsegmente für DVD5 und DVD9 entsprechend ihrer Gewichtung im Markt abzustellen. Diese betrugen ausweislich der als Anlage BKartR 8 vorgelegten Erhebungen von U Ltd. für DVD5 0,51 US$ und für DVD9 0,70 US$. Soweit die Beklagten bestreiten, dass der Anteil der Covermounts am Gesamtmarkt bei lediglich 5 % liegt, ist ihr Bestreiten nicht hinreichend substantiiert. Die Beklagten bringen keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Erhebungen der Agentur Understanding & Solutions Ltd., die von ihnen selbst als ein im Bereich der elektronischen Speichermedien international anerkanntes Rechercheunternehmen bezeichnet wird, auf unzutreffenden Tatsachenfeststellungen beruhen. Das Beklagtenvorbringen enthält auch keine Tatsachen, die auf eine signifikante Änderung des Anteils der Covermounts in der Zeit seit 2004 hindeuten.
Die Beklagten können auch nicht damit gehört werden, dass sie abweichend vom Gesamtmarkt verhältnismäßig mehr Covermounts produzieren und vertreiben würden. Es ist den Lizenzgebern schon unter dem Gesichtspunkt der nichtdiskriminierenden Behandlung einzelner Lizenznehmer verwehrt, unterschiedliche Stücklizenzen für die in der Tabelle genannten unterschiedlichen Preissegmente festzusetzen, zumal die Unterscheidung zwischen den einzelnen Preissegmenten fließend ist und deshalb erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde. Im Übrigen haben die Beklagten auch nicht substantiiert dargetan, in welchem Umfang sie Covermounts im Verhältnis zu den anderen Preissegmenten herstellen und vertreiben. Letztendlich ist es ihre unternehmerische Entscheidung, in welchem Umfang in welchen Preissegmenten sie ihre DVDs herstellen und vertreiben. Für die Festsetzung einer nicht unangemessenen Stücklizenz ist dies auch unter den Gegebenheiten eines freien Marktes irrelevant.
Die Beklagten wenden ferner ein, dass sich der marktübliche Fabrikabgabepreis zwischenzeitlich weiter reduziert habe. Besonders dramatisch sei der Preisverfall bei Aufträgen für die Pressung großer Auflagen von DVDs mit Videoinhalten. Hier lägen die in Europa erzielbaren Fabrikabgabepreise mitunter nur noch bei 0,24 US$ (= 0,19 €) für eine DVD5 und bei 0,25 US$ (= 0,20 €) für eine DVD9. So sei in der Branche der DVD-Presswerke bekannt, dass beispielsweise die S- Österreich AG im Jahre 2005 Kunden in Deutschland und anderen europäischen Ländern die regelmäßige Pressung von Video-DVDs zu Preisen von effektiv 0,19 € pro DVD5 und von 0,20 € pro DVD9 angeboten habe, wobei die Pressungen in Teilauflagen von jeweils einigen hunderttausend Video-DVDs gleichmäßig und planbar auf das Jahr verteilt seien und insgesamt ein Volumen von vielen Millionen DVDs p.a. erreichen sollten. Ein schriftliches Angebot zu den genannten Preiskonditionen sei beispielsweise der SP AG für ein Gesamtvolumen von 30 Millionen Video-DVDs gemacht worden. Entsprechend günstige Angebote für die Pressung von DVDs erhielten deutsche Kunden auch von polnischen Presswerken, wie den Presswerken Takt und G-R. Gegenüber der X AG in Fürth hätten diese beiden Unternehmen im Februar 2006 Angebote für die Herstellung und Lieferung von DVD5 zum Preis von 0,20 € und DVD9 zum Preis von 0,25 € je Einheit bei einem Zahlungsziel von 30 Tagen, abzüglich 2 % Rabatt bei Zahlung innerhalb von 8 bis 14 Tagen abgegeben. Takt und G-R verfügten über keine Lizenzen der Patentpools 4C, 6C und MPEC, seien aber bisher von keinem der Patentpools im Hinblick auf etwaige Patentverletzungen angegriffen worden. Derartige Niedrigpreisangebote hätten den Marktpreis soweit nach unten gezogen, dass die von U Ltd. für das Jahr 2005 ermittelten Durchschnittspreise heute nicht mehr erzielbar seien. Nach einer für den europäischen Markt durchgeführten Erhebung der F plc., B, Großbritannien, vom Februar 2006 gebe es auf dem europäischen Markt keine Angebote von DVD-Presswerken für die Herstellung von DVD5 oder DVD9 zu Preisen über 0,30 € pro Einheit mehr. Entsprechend gebe es auch keine Nachfrage mehr nach DVDs zu Preisen von über 0,30 € pro Einheit. Im Gegenteil sei die Beklagte zu 1) eingeladen worden, an einer Ausschreibung der gesamten DVD-Produktion für den europäischen Markt von Universal Pictures International, einer der großen US-Filmgesellschaften, teilzunehmen. Gefordert und von allen an der Ausschreibung teilnehmenden DVD-Presswerken geboten sei ein Fabrikabgabepreis von 0,195 € pro DVD5 und von 0,20 € pro DVD9. Nicht nur die Presseverlage, sondern auch die großen Filmgesellschaften seien danach nicht bereit, mehr als 0,195 € bzw. 0,20 € für die Herstellung von DVDs zu zahlen.
Dem Vorbringen der Beklagten hält die Klägerin entgegen, dass es sich bei den Angebotshandlungen der S- Österreich AG, die mit Nichtwissen bestritten würden, jedenfalls um Covermounts für Presseverlage handele, mithin Billig-DVDs als Gratisbeilage zu Zeitschriften (hier: „Computerbild“). Es stehe im Ermessen eines Presswerks, wie es seinen Unternehmensgewinn erzielen wolle. Jedes Unternehmen werde bestimmte Produkte mit Verlust und andere Produkte wiederum mit erheblichem Gewinnspannen anbieten, um im Ergebnis einen Unternehmensgewinn zu generieren. So könne es auch bei der S- Österreich AG sein, die im Übrigen Lizenznehmerin des M-2-Patent-Portfolio-Standard-Lizenzvertrages sei, wie sich aus der Lizenznehmerliste ergebe. Aus dieser gehe auch hervor, dass das polnische Presswerk Takt Lizenznehmerin einer M-2-Lizenz sei. Die Klägerin bestreitet den Vortrag der Beklagten, dass es keine DVD-Angebote mehr zu Fabrikabgabepreisen von über 0,30 € pro Einheit gebe, mit Nichtwissen. Gleiches gelte für das Beklagtenvorbringen zu einem vermeintlichen Ausschreibungsverfahren der Universal Pictures International. Tatsache sei, dass die Lizenznehmerliste der M-2-Patent-Portfolio-Standardvertrags-Lizenznehmer eindrücklich belege, dass namhafte Presswerke in der Lage und gewillt seien, M-2-Lizenzgebühren abzuführen, ohne dass dadurch deren Wettbewerbsposition gefährdet werde.
Dem Vortrag der Beklagten kann nicht entnommen werden, dass sich die durchschnittlichen Fabrikabgabepreise auf dem europäischen oder deutschen Markt für DVDs mit Videoinhalten seit dem Jahre 2005 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, also innerhalb knapp einen Jahres, in einem Maße reduziert haben, dass der Beklagten zu 1) die Herstellung und der Vertrieb von DVDs mit Videoinhalten unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr zugemutet werden kann, weil die in dem M-2-Lizenzpoolvertrag geforderte Stücklizenz unangemessen hoch ist. Die allgemeine Behauptung der Beklagten, die in Europa erzielbaren Fabrikabgabepreise für Aufträge betreffend die Pressung großer Auflagen von DVDs mit Videoinhalten lägen mitunter nur noch bei 0,24 US$ (= 0,19 €) für eine DVD5 und bei 0,25 US$ (= 0,20 €) für eine DVD9, ist nicht weiter belegt und stellt sich daher als rechtlich unbeachtliche Behauptung ins Blaue hinein dar. Das weitere Vorbringen der Beklagten, die S- Österreich AG habe im Jahre 2005 Kunden in Deutschland und anderen europäischen Ländern die regelmäßige Pressung von Video-DVDs zu Preisen von effektiv 0,19 € pro DVD5 und von 0,20 € pro DVD9 angeboten, haben die Beklagten zwar insoweit substantiiert, dass der SP AG ein schriftliches Angebot zu den genannten Preiskonditionen für ein Volumen von 30 Millionen Video-DVDs gemacht worden sei. Aus dem weiteren Vortrag der Beklagten ergibt sich jedoch, dass es sich bei dem Angebot der S- Österreich AG an die SP AG offensichtlich um Covermounts gehandelt hat. Denn das Angebot betraf 700.000 DVDs im zweiwöchigen Rhythmus für die Zeitschrift „ComputerBild“, 750.000 DVDs im Monatsrhythmus für die Zeitschrift „Audio Video Foto Bild“, gleichmäßig planbar über das Jahr verteilt. Wie bereits ausgeführt, kann jedoch im Hinblick auf die Erhebung der Agentur U Ltd. betreffend das Jahr 2004 nicht angenommen werden, dass Covermounts repräsentativ für den Gesamtmarkt für DVDs mit Videoinhalten sind. Vielmehr haben Covermounts im Jahre 2004 lediglich einen Anteil von 5 % am Gesamtmarkt der DVD5 und DVD9 gehabt. Aus den Darlegungen der Beklagten ergibt sich nicht, dass sich die Bedeutung von Covermounts bis heute dahin entwickelt hat, dass diese einen bedeutsamen, den allgemeinen Marktpreis für Video-DVDs entscheidend mitbestimmenden Anteil erreicht haben. Von daher kann dem Angebot der S- Österreich AG, selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass es tatsächlich gegenüber der SP AG abgegeben worden ist, kein Anhalt für den Durchschnittsverkaufspreis entnommen werden, der gegenwärtig auf dem deutschen oder europäischen Markt für Video-DVDs zu zahlen ist. Soweit die Beklagten auf Angebote der polnischen Presswerke Takt und G-R an die X AG in Fürth vom Februar 2006 Bezug nehmen, in denen gleichfalls die Herstellung und Lieferung von DVD5 zum Preis von 0,20 € pro Stück und von DVD9 zum Preis von 0,25 € pro Stück angeboten werde, gilt das zu dem Angebot von S- Österreich AG Ausgeführte entsprechend. Auch hierbei handelt es sich offensichtlich um ein Angebot betreffend Covermounts. Das ergibt sich daraus, dass die Angebote an die X AG gerichtet sind und Beilagen zu Monatsheften betreffen, wie insbesondere aus dem Angebot der G-R hervorgeht. Im Hinblick auf den geringen Marktanteil von Covermounts am Gesamtmarkt für Video-DVDs fehlt damit auch im Hinblick auf die vorgelegten Angebote der polnischen Presswerke ein Anhalt dafür, dass es sich bei den in den Angeboten der beiden polnischen Unternehmen genannten Preisen um den gegenwärtig für den Gesamtmarkt für Video-DVDs repräsentativen Marktpreis handelt.
Die Darlegungen der Beklagten, dass es nach einer für den europäischen Markt durchgeführten Erhebung der F plc., B, Großbritannien, einer der größten europäischen Verlagsgruppen für Spezialzeitschriften, vom Februar 2006 auf dem europäischen Markt keine Angebote von DVD-Presswerken für die Herstellung von DVD5 und DVD9 zu Preisen über 0,30 € pro Einheit mehr gebe, erweist sich als nicht tragfähig. Der insoweit angebotene Sachverständigenbeweis ist nicht zu erheben, weil die Beklagten ihr allgemeines Vorbringen nicht durch Vorlage der angeblich von der F plc. durchgeführten Erhebung substantiiert haben und der angebotene Beweis damit auf einen rechtlich unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausliefe. Selbst wenn jedoch zugunsten der Beklagten angenommen wird, dass der durchschnittliche Werksverkaufspreis für eine DVD5 oder DVD9 bei 0,30 € liegt, was bei einem Wechselkurs gegenüber dem US$ von 1,31 (in Appendix zur Anlage BKartR 7 als Wechselkurs US$ zu € für das Jahr 2005 angegeben) 0,393 US$ entspricht, so beträgt der Kostenanteil bei Gestehungskosten in Höhe von insgesamt 0,314 US$ (0,2617 €) für eine DVD5 und von 0,3171 US$ (0,2643 €) für eine DVD9 ca. 80 %. Auch bei einer solchen Preisgestaltung kann die von der Klägerin geforderte Stücklizenz nicht als unangemessen im vorgenannten Sinne angesehen werden.
Schließlich lässt auch das Vorbringen der Beklagten, die Beklagte zu 1) sei kürzlich eingeladen worden, an einer Ausschreibung der gesamten DVD-Produktion für den europäischen Markt von Universal Pictures International, einer der großen US-Filmgesellschaften, teilzunehmen, wobei von allen an der Ausschreibung beteiligten DVD-Presswerken ein Fabrikabgabepreis von 0,195 € pro DVD5 und von 0,20 € pro DVD9 gefordert worden sei, nicht den Schluss zu, dass es sich dabei um das gegenwärtige durchschnittliche Preisniveau auf dem Gesamtmarkt für Video-DVDs handelt. Die Beklagten legen insoweit keine Ausschreibungsunterlagen vor, aus denen die Gesamtbedingungen der Ausschreibung hervorgehen, was erst eine zuverlässige Bewertung der Ausschreibung für den aktuellen Durchschnittspreis auf dem Gesamtmarkt ermöglichen würde. Der von den Beklagten insoweit angebotenen Zeugenbeweis (Zeugnis Frau Sandra Berkhan) war nicht zu erheben, weil dies auf eine rechtlich unzulässige Ausforschung hinausliefe.
Aus den Darlegungen der Beklagten geht auch nicht hervor, dass die Bedingungen des der Beklagten zu 1) angebotenen M-2-Lizenzpoolvertrages im Übrigen nicht angemessen sind. Die Einwendung der Beklagten, der M-2-Lizenzpoolvertrag umfasse zahlreiche nichtige und/oder nicht essentielle oder zum Teil nicht zwingend erforderliche Patente, greift nicht durch. Die Einwendung ist rein spekulativ, weil die Beklagte keine dem M-2-Lizenzpoolvertrag unterliegende Patente benennt, die nichtig oder nicht essentiell sein sollen und folglich auch keine Begründung für deren Nichtigkeit oder Unerheblichkeit für den M-2-Standard gibt. Lediglich im Hinblick auf das Klagepatent und einzelne der Klagepatente aus den vor der erkennenden Kammer anhängigen Parallelverfahren sind Nichtigkeitsklagen erhoben worden und hat die Beklagte zu 1) im Rahmen der Nichtigkeitsklagen und auch in den Verletzungsklagen im Rahmen zur Begründung des Antrags auf Aussetzung der Verhandlung zu den Gründen der Nichtigkeit vorgetragen. Im Hinblick auf das Klagepatent kann den Beklagten in ihrer Argumentation jedoch nicht gefolgt werden, wie nachfolgend bei der Würdigung des Aussetzungsantrags auszuführen sein wird. Hinsichtlich der anderen vor der Kammer anhängigen Verfahren, in denen die Beklagten die fehlende Rechtsbeständigkeit des Klagepatents in einem parallel anhängigen Nichtigkeitsverfahren geltend macht, ist insoweit auf die entsprechenden Urteilsbegründungen zum Aussetzungsantrag zu verweisen. Im Übrigen hätte die Nichtigkeit oder fehlende Erforderlichkeit einzelner von dem Poollizenzvertrag erfasster Patente für die Benutzung des M-2-Standards nicht notwendigerweise die fehlende Angemessenheit des Poollizenzvertrages zur Folge. Denn es bleibt eine Vielzahl weiterer rechtsbeständiger und für die Benutzung des M-2-Standards essentieller Patente, so dass die Angemessenheit der Bedingungen des M-2-Poolvertrages insgesamt nicht in Frage gestellt ist.
Das gilt im Ergebnis auch für das weitere Argument der Beklagten, dass Lizenznehmer alternativ zum Abschluss des M-2-Poollizenzvertrages die Möglichkeit haben müssten, an den einzelnen Patenten Individuallizenzen zu angemessenen Bedingungen nehmen zu können. Ist für den Zugang zu einem nachgelagerten Produktmarkt auf Grund einer Norm oder auf Grund normähnlicher Vorgaben die Benutzung mehrerer technischer Schutzrechte unerlässlich, kann es unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten regelmäßig nicht als unangemessen angesehen werden, wenn der oder die Inhaber nur zu einer gemeinsamen Lizenzierung aller insoweit unerlässlichen Schutzrechte bereit ist. Für eine solche Bündelung sprechen vor allem Praktikabilitätsgründe (insbesondere einfachere Lizenzierung und Verwaltung der Lizenzen). Demgegenüber ist ein schützenswertes Interesse der Lizenznehmer daran, an den im vorgenannten Sinne unerlässlichen Schutzrechte Einzellizenzen zu erhalten, nicht erkennbar, weil dies für die Nutzung der Norm oder der normähnlichen Vorgaben nicht hinreichend ist.
b) Auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien kann auch nicht festgestellt werden, dass die Bedingungen bzw. die Vergabepraxis des M-2-Lizenzpoolvertrages diskriminierend sind.
Die Bedingungen des M-2-Lizenzpoolvertrages sehen hinsichtlich der Lizenzgebühr vor, dass diese nicht mehr als 0,03 US$ pro Einheit betragen soll. Die Einzelheiten ergeben sich aus Nr. 3.1.8 des M-2-Lizenzpoolvertrages. Die Beklagten beanstanden, dass die Klägerin mit dieser Regelung von der Beklagten zu 1) höhere Lizenzgebühren verlange als von anderen Lizenznehmern, ohne dass es dafür eine Rechtfertigung gebe. Eine solche Diskriminierung liege im Vergleich zu dem Presswerk T vor, dem M-GESELLSCHAFT eine Begrenzung der insgesamt zu zahlenden Patentlizenzgebühren auf maximal 2.000.000,– US$ pro Kalenderjahr eingeräumt hätte. Da sich die Standard-Lizenzgebühr des M-2-Lizenzpools auf 0,03 US$ pro Video-DVD belaufe, decke ein Lizenzgebührenbetrag von 2.000.000,– US$ üblicherweise nur 66.666.666 Video-DVDs ab. Für T bedeute dies kalkulatorisch jedes Jahr, dass sobald die genannte Anzahl an Video-DVDs produziert sei, jede weitere Video-DVD patentgebührenfrei hergestellt werde. Demgegenüber hat die Klägerin vorgetragen, dass die M-GESELLSCHAFT keine unterschiedlichen Lizenzen erteile und dies auch nicht gegenüber T getan habe. Die Lizenzbedingungen unter Einschluss insbesondere auch der Lizenzsätze seien für alle Lizenznehmer gleich. Dies sei ein ehernes Prinzip, von dem abzuweichen weder die Klägerin noch die M-GESELLSCHAFT willens seien.
Die Beklagten haben ihre Behauptung, M-GESELLSCHAFT habe dem Presswerk T eine Begrenzung der insgesamt zu zahlenden Patentlizenzgebühren auf maximal 2.000.000,– US$ pro Kalenderjahr eingeräumt, nicht nachgewiesen. Der von den Beklagten zum Nachweis der Behauptung angebotene Beweis durch Vernehmung des Zeugen Wolfgang K braucht nicht erhoben zu werden. Der Zeuge ist bereits in dem vor der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 4b O 508/05 geführten parallelen Rechtsstreit als Zeuge zu eben dieser Behauptung vernommen worden und die Parteien haben sich übereinstimmend mit einer Verwertung des Vernehmungsprotokolls als Urkunde einverstanden erklärt. Die aus dem Vernehmungsprotokoll hervorgehende Aussage des Zeugen K ist für den Nachweis der Behauptung der Beklagten unergiebig. Der Zeuge berichtet zwar, dass er am 16. November 2004 als damaliger Geschäftsführer eines Presswerkes in Thüringen den Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft von T in deren Geschäftsräumen in London besucht habe. Zudem ist der Aussage zu entnehmen, dass der Zeuge K bei diesem Besuch in einem unbeobachteten Moment Gelegenheit gehabt habe, eine Mitteilung von T-O an T mit dem Inhalt einzusehen, dass eine Vereinbarung getroffen worden sei, wonach T für die europäische DVD-Produktion einen Gesamtbetrag von 2 Millionen US$ pro Jahr einzukalkulieren habe; dabei sei es um einen Betrag gegangen, der an M zu zahlen gewesen sei. Wenn T-O oder T demnach 2 Millionen US$ als insgesamt pro Jahr an M zu zahlenden Betrag einkalkulieren, heißt dies jedoch nicht notwendigerweise, dass diese Summe zugleich auch die Obergrenze der von T-O bzw. T an M-GESELLSCHAFT zu zahlenden Lizenzgebühren ist. Es kann sich dabei gleichermaßen um eine reine stückzahlbezogene Kalkulation handeln, ohne dass eine entsprechende Limitierung der Lizenzgebühren zwischen T-O bzw. T und M-GESELLSCHAFT vereinbart worden ist. In seiner Aussage räumt der Zeuge auch ein, dass er den Wortlaut der am 16. November 2004 eingesehenen Mitteilung „nicht mehr ganz zusammen“ bekomme. Wenn der Zeuge danach ausführt, dass er die Mitteilung damals so verstanden habe, dass Lizenzgebühren als Kostenfaktor bei der Produktion in Höhe von maximal 2 Millionen US$ anfielen und nicht in größerer Höhe, lässt dies wiederum die entscheidende Frage offen, ob es eine entsprechende Vereinbarung zwischen T-O bzw. T und M-GESELLSCHAFT gab oder ob es sich dabei um ausschließlich interne Kalkulationen bei T-O bzw. T handelte. Dies bestätigt sich schließlich in der Vernehmung des Zeugen, wenn dieser bekundet, dass er das Dokument damals so verstanden habe, dass an Lizenzgebühren an M-GESELLSCHAFT zwei Millionen US$ zu zahlen gewesen seien, dass er sich aber an den Begriff „maximal“ nicht erinnern könne. Die Aussage des Zeugen K ist damit für die Behauptung der Beklagten, M-GESELLSCHAFT habe dem Presswerk T eine Begrenzung der insgesamt zu zahlenden Patentlizenzgebühren auf maximal 2.000.000,– US$ pro Kalenderjahr eingeräumt, unergiebig und bestätigt diese nicht.
Dem Vorbringen der Beklagten, die S- Österreich AG sei offenbar ganz oder teilweise von der Verpflichtung zur Lizenzgebührenzahlung an den M-Pool freigestellt, weil diese die laufende Produktion großer Mengen DVDs nicht zu Preisen anbieten könnte, welche die reinen Herstellungskosten der DVDs (ohne Lizenzgebühren) nur knapp überstiegen, ist eine diskriminierende Lizenzierungspraxis gleichfalls nicht zu entnehmen. Die Klägerin hat bestritten, dass der S- gegenüber dem Standard-M-2-Lizenzpoolvertrag Sonderkonditionen eingeräumt worden seien. Danach wäre es an den Beklagten gewesen, im Einzelnen vorzutragen, welche günstigeren Vertragsbedingungen die S- Österreich AG erhalten hat, damit beurteilt werden kann, ob sich das Verlangen der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1), den Standard-M-2-Lizenzpoolvertrag abzuschließen, als diskriminierend darstellt. Selbst wenn zugunsten der Beklagten als zutreffend unterstellt wird, dass die S- Österreich AG der SP AG bei einem Volumen von 30 Millionen Einheiten Video-DVDs zu Preisen von effektiv 0,19 € pro DVD5 und von 0,20 € pro DVD9 angeboten hat, folgt daraus nicht ohne weiteres, dass der S- Österreich AG Sonderkonditionen oder sogar eine Freilizenz an den von dem Standard-M-2-Lizenzpoolvertrag erfassten Patenten eingeräumt worden sind. Denn es ist zum einen zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Angebot um Covermounts handelt, wie bereits oben dargelegt worden ist. Zum anderen kann der günstige Preis auch auf eine entsprechende Mischkalkulation der S- Österreich AG zurückgehen, zumal es sich bei S- Österreich AG unstreitig um eines der größten Presswerke in Europa handelt. Von daher ist es spekulativ, aus dem günstigen Angebotspreis darauf zu schließen, dass die S- Österreich AG bessere Lizenzvertragsbedingungen erhalten hat, als sie der Beklagten zu 1) angeboten worden sind.
Gleichermaßen spekulativ sind die weiteren Ausführungen der Beklagten, es habe lizenzgebührenfreie Kreuzlizenzierungen der Klägerin mit anderen Poolmitgliedern gegeben, und zwar neben der S- Österreich AG und T-O/T namentlich CC. Diese drei Unternehmen hätten bereits im Jahre 2004 einen Marktanteil von 48 % auf dem europäischen Markt für die Herstellung von DVDs gehabt und ihr Marktanteil sei 2005 weiter gestiegen. Demgegenüber hat die Klägerin vorgetragen, dass es keine Sonderkonditionen für die von den Beklagten angeführten Presswerke gebe und auch keine lizenzgebührenfreien Kreuzlizenzierungen zwischen den Poolmitgliedern erteilt worden seien. Vielmehr seien die Presswerke CC, T und S- AG allesamt M-2-Lizenznehmer und als solche in der veröffentlichen Lizenznehmerliste aufgeführt. Nach diesem Bestreiten der Klägerin hätte es den darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten oblegen, das ihnen günstige Vorbringen einer Lizenzierung unter Sonderbedingungen oder einer gebührenfreien Kreuzlizenzierung weiter zu substantiieren. Dies ist jedoch trotz eines entsprechenden schriftsätzlichen Hinweises der Klägerin nicht erfolgt, so dass sich das Vorbringen der Beklagten als Behauptung ins Blaue darstellt. Die Beklagten haben als Beweismittel für ihre Behauptungen zudem allein Sachverständigenbeweis angeboten. Dabei handelt es sich um ein ungeeignetes Beweismittel. Denn es ist nicht dargetan, auf welcher tatsächlichen Grundlage ein zu ernennender gerichtlicher Sachverständiger in der Lage sein soll, über die behauptete gebührenfreie Kreuzlizenzierung Beweis zu erbringen. Auch dies zeigt den rein spekulativen und daher rechtlich unbeachtlichen Charakter der Darlegungen der Beklagten.
Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass, dem Antrag der Beklagten zu entsprechen, der Klägerin nach § 142 ZPO aufzugeben, in Kopie sämtliche Lizenzvereinbarungen vorzulegen, welche die Klägerin selbst oder M-GESELLSCHAFT mit DVD-Herstellern mit Sitz oder Produktionsstätten in der Europäischen Union über das Klagepatent und andere angeblich zum M-2-Standard gehörende Patente geschlossen hat, die Lizenzabrechnungen dieser Presswerke seit 2002 und eine Aufstellung, aus der sich sämtliche Lizenzgebührenzahlungen dieser Presswerke in der Zeit seit 2002 ergeben.
Die Anordnung zur Urkundenvorlegung gegenüber einer Partei oder einem Dritten nach § 142 ZPO steht im pflichtgemäßen richterlichen Ermessen, wenn sich eine Partei – wie hier die Beklagten – auf eine im Besitz der anderen Partei oder eines Dritten befindliche Urkunde oder sonstige Unterlage bezogen hat. Im Anschluss an die Gesetzesbegründung wird § 142 ZPO in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein dahin verstanden, dass die Vorschrift nicht der Ausforschung dient, sondern einen schlüssigen Tatsachenvortrag der jeweils darlegungs- und beweisbelasteten Partei zum wahrscheinlichen Inhalt der vorzulegenden Urkunde voraussetzt (vgl. BT-Drucks. 14/6036, S. 120 f.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 17. Dezember 2004 – 13 W 98/04, Volltext in juris; LG Karlsruhe, Entsch. v. 24. Januar 2005 – 4 O 67/04, Volltext in juris; Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 142 Rn. 1; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 64. Aufl., § 142, Rn. 2, Einf i.V.m. § 284 Rn. 27). Danach ist eine dem Antrag der Beklagten entsprechende Vorlegungsanordnung nicht veranlasst. Wie ausgeführt, ist die Behauptung, die Klägerin oder die M-GESELLSCHAFT hätten mit anderen DVD-Herstellern günstigere Bedingungen vereinbart als in dem als Anlage BKartR 1 vorgelegten M-2-Patentportfoliolizenzvertrag, rein spekulativ. Den Ausführungen der Beklagten können keine Tatsachen entnommen werden, aus denen sich zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ihr Vorbringen ergibt. Das gilt gerade auch im Hinblick auf den Umfang des Vorlegungsbegehrens der Beklagten. Diese verlangen nicht nur die Vorlage bestimmter Lizenzvereinbarungen, welche die Klägerin selbst oder M-GESELLSCHAFT mit bestimmten europäischen DVD-Herstellern über das Klagepatent abgeschlossen hat, sondern pauschal die Vorlage sämtlicher Lizenzvereinbarungen sowie der Lizenzabrechnungen dieser Presswerke seit 2002 sowie eine Aufstellung, aus der sich sämtliche Lizenzgebührenzahlungen dieser Presswerke in der Zeit seit dem Jahre 2002 ergeben sollen. Zum Inhalt der Lizenzvereinbarungen, -abrechnungen und -gebührenzahlungen tragen die Beklagten hingegen nichts vor. Ihr Antrag bezweckt damit allein die Ausforschung von Tatsachen, was allein eine Anordnung nach § 142 ZPO nicht rechtfertigen kann.
In dem jüngst verkündeten Urteil „Restschadstoffentfernung“ hat der Bundesgerichtshof allerdings für technische Schutzrechte entschieden, dass eine Vorlegung von Urkunden oder sonstigen Unterlagen nach § 142 ZPO angeordnet werden kann, wenn die Vorlegung zur Aufklärung des Sachverhaltes geeignet und erforderlich, weiter verhältnismäßig und angemessen, d.h. dem zur Vorlage Verpflichteten bei Berücksichtigung seiner rechtlich geschützten Interessen nach Abwägung der kollidierenden Interessen zumutbar ist. Als Anlass könne es ausreichen, dass eine Benutzung des Gegenstandes des Schutzrechtes wahrscheinlich ist (BGH, Mitt. 2006, 523 – Restschadstoffentfernung).
Übertragen auf den hier zu entscheidenden Fall hätten die Beklagten also zumindest Umstände vortragen müssen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass anderen DVD-Herstellern bei der Lizenzierung günstigere Bedingungen eingeräumt wurden als sie der Klägerin in dem M-2-Lizenzpoolvertrag angeboten wurden. Das ist jedoch – wie dargelegt – nicht erfolgt. Im Übrigen bestehen erhebliche Zweifel, ob die vorgenannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Bereich des Kartellrechts überhaupt übertragen werden kann. In den Gründen des Urteils „Restschadstoffentfernung“ wird die vom allgemeinen Verständnis abweichende Auslegung von § 142 ZPO vor allem mit den völkerrechtlichen Vorgaben aus Art. 43 TRIPS-Übereinkommen sowie der europarechtlichen Bindung durch Art. 6 der bis zum 26. April 2006 in das nationale Recht umzusetzenden Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (berichtigte Fassung ABl. EG L 195/16 vom 02. Juni 2004) begründet. Die Regelungen im TRIPS-Übereinkommen und in der Durchsetzungsrichtlinie zeigen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass eine differenzierte Betrachtung und Anwendung von generell formulierten Bestimmungen wie des § 809 BGB und des § 142 ZPO n.F. in verschiedenen Rechtsgebieten, wie etwa im gewerblichen Rechtsschutz insgesamt und insbesondere bei den technischen Schutzrechten nicht nur angebracht, sondern jedenfalls insoweit auch geboten ist, als eine differenzierte Regelung nicht spezialgesetzlich erfolgt ist (BGH, a.a.O., 526, linke Spalte – Restschadstoffentfernung). Im Hinblick auf die kartellrechtlichen Vorschriften des Art. 82 EGV und der §§ 19, 20 GWB gibt es jedoch weder völkerrechtliche noch europarechtliche Vorgaben, die eine weite Auslegung des § 142 ZPO in dem Umfang erfordern, wie er vom Bundesgerichtshof für den Bereich der gewerblichen, insbesondere technischen Schutzrechte befürwortet wird.
Die Beklagten beziehen sich zur Begründung des Vorwurfes diskriminierender Lizenzierungspraxis ferner auf einen Side Letter zum M-2-Standard-Lizenzvertrag, der der Presswerkgruppe D-M Services, Inc. mit Datum vom 15. November 2004 von der M-GESELLSCHAFT angeboten wurde. Unter Ziffer 7 des Side Letters heißt es – aus dem englischen Original in das Deutsche übersetzt – wie folgt:
„Wir gehen davon aus, dass Discs, die an Ihre Kunden zurückgegeben werden, nicht als lizenzierte Discs gelten und als solche nicht Gegenstand der Verpflichtung zur Entrichtung von Lizenzgebühren sind. Wir werden von Zeit zu Zeit eine Mitteilung von Ihnen über die Quote der Rückgaben solcher nicht lizenzierter Discs an Ihre Abnehmer entgegennehmen.“
Die Beklagten meinen, dass es sich bei diesem Auszug um eine Sonderregelung handele, die eine klare Besserstellung der Presswerksgruppe D-M gegenüber den übrigen Lizenznehmern der M-GESELLSCHAFT darstelle, die den Standard-Lizenzvertrag unterschrieben hätten oder dies beabsichtigten und denen eine vergleichbare Regelung nicht angeboten worden sei. Namentlich der Beklagten zu 1) sei eine vergleichbare Vorzugsregelung nicht angeboten worden. Diese Klausel habe insbesondere für die Beklagte zu 1) eine große wirtschaftliche Bedeutung, weil diese in großem Umfang in der Produktion von Covermounts tätig sei, die über Presseverlage als Beiwerk zu Presseerzeugnissen in Verkehr gebracht würden. Die Verlage würden ihre Erzeugnisse nebst Covermounts an den Groß- und Einzelhandel abgeben und später die nicht an Endkunden verkauften Restauflagen nebst Covermounts wieder zurücknehmen. Solche Remissionen beliefen sich typischerweise auf 40 % der Gesamtauflage.
Demgegenüber hat die Klägerin im letzten Verhandlungstermin vorgetragen, dass jedem Lizenznehmer nach Abschluss des M-2-Poollizenzvertrages, auf Wunsch auch schon bei Abschluss des M-2-Poollizenzvertrages, die unter Punkt 7 des Side Letters genannte Bedingung eingeräumt würde.
Die für das Vorliegen der Voraussetzungen einer diskriminierenden Lizenzierungspraxis darlegungsbelasteten Beklagten sind diesem Vorbringen nicht erheblich entgegen getreten. Sie haben nicht dargetan, dass die Ausführungen der Klägerin tatsächlich unzutreffend sind. Ihrem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass einzelnen Lizenznehmern die in Punkt 7 genannte Bedingung eingeräumt wurde, während dies anderen verweigert wurde. Sie haben auch nicht dargetan, dass die Beklagte zu 1) während der letztlich erfolglosen Verhandlungen über den Abschluss des Patentpoolvertrages bei M-GESELLSCHAFT um die Einräumung der in Punkt 7 des Side Letters genannten Bedingung nachgesucht, M-LA dem aber nicht entsprochen hat. Es fehlt damit auch insoweit an einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage, um ein diskriminierendes Verhalten gegenüber der Beklagten zu 1) feststellen zu können.
Der Antrag, den Zeugen L dazu zu vernehmen, dass M-GESELLSCHAFT Lizenznehmer wie beispielsweise T und D-M Vorzugskonditionen, nämlich Lizenzgebührenerleichterungen eingeräumt habe, zielt auf die prozessrechtlich unzulässige Ausforschung von Tatsachen. Die Beklagten haben keine Anhaltspunkte vorgetragen, die ihr Vorbringen als wahrscheinlich erscheinen lassen. Der Beweis war daher nicht zu erheben.
Die Beklagten bringen schließlich vor, dass der Klägerin und den anderen Mitgliedern des M-Patentpools vorzuwerfen sei, dass sie die Rechte aus ihren Patenten nicht einheitlich und diskriminierungsfrei durchsetzen. Nach Angaben der Beklagten hätten in der Europäischen Union lediglich 44 DVD-Presswerke eine M-2-Patentlizenz abgeschlossen, obgleich es dort mehr als 100 Unternehmen gebe, die DVD-Presswerke betrieben. Demgegenüber bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass es in Europa mehr als 100 DVD-Presswerke gibt. Die von den Beklagten angeführten, vermeintlich begünstigten Presswerke CC, T und S- seien allesamt Lizenznehmer. Näherungsweise lägen Erkenntnisse vor, dass sämtliche M-2-Patent-Portofolio-Lizenznehmer (DVD-Presswerke) weltweit einen Marktanteil von 88 % beanspruchten, was von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten wird. Eine hundertprozentige Lizenzierung aller DVD-Presswerke ist nach den weiteren Ausführungen der Klägerin kaum realisierbar, weil es auch kleinere, eher unbedeutende DVD-Presswerke gebe, deren Existenz teilweise auch nur von kurzer Dauer sei. Alle zu erfassen sei jedoch erklärtes Ziel der M-2-Lizenzierungspolitik.
Das Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten erlaubt nicht die Feststellung, dass die Klägerin ihre Rechte an dem Klagepatent nicht einheitlich und diskriminierungsfrei durchsetzt. Die Behauptung, dass es in Europa mehr als 100 DVD-Presswerke gebe, haben die Beklagten nicht nachgewiesen, auch nachdem dies von der Klägerin bestritten wurde. Daher können die Beklagten auch nicht mit dem Argument gehört werden, dass nur 44 DVD-Presswerke eine M-2-Patentlizenz erworben hätten, obwohl es mehr als 100 DVD-Presswerke in Europa gibt. Auch im Übrigen kann den tatsächlichen Darlegungen der Beklagten nicht entnommen werden, dass die Klägerin ihre Rechte an dem Klagepatent nicht effektiv durchsetzt. Für die Behauptung, dass die nach Angaben der Beklagten neben der Beklagten zu 1) größten DVD-Presswerke in Europa, CC, T und S- Österreich AG, keine Lizenzen zahlen, sind die Beklagten – wie dargelegt – beweisfällig geblieben.
4.
Die Beklagten machen weiter geltend, dass die parallele Erhebung von 15 Verletzungsklagen ein missbräuchliches Verhalten im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG darstelle. § 8 Abs. 4 UWG beinhalte den allgemeinen Rechtsgedanken des Schutzes der Beklagten sowie der Gerichte vor missbräuchlicher Inanspruchnahme.
Dem kann nicht gefolgt werden. Nach dem Normzweck soll § 8 Abs. 4 UWG die von einer Abmahnung oder Klage Betroffenen vor missbräuchlicher Inanspruchnahme bei Wettbewerbsverstößen schützen. Um solche handelt es sich bei der vorliegenden Geltendmachung von Ansprüchen wegen Verletzung technischer Schutzrechte nicht. Die Vorschrift ist daher nicht unmittelbar anwendbar. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Anwendung der Norm auf Sachverhalte wie den vorliegenden. Denn die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Norm – vergleichbarer Sachverhalt und planwidrige Regelungslücke – sind nicht gegeben. § 8 Abs. 4 UWG wurde geschaffen, um den Anspruchsberechtigten vor Missbräuchen wegen vielfacher Verfolgung von gleichartigen Wettbewerbsverstößen zu schützen, insbesondere den sich anschließenden Forderungen von Abmahnkosten, mit denen der Verpflichtete bei mehrfacher Verfolgung von jeweils gleichen Wettbewerbsverstößen konfrontiert wurde. Eine vergleichbare Interessenlage liegt hier nicht vor. Mit den Klagen nehmen elf Patentinhaber die Beklagten wegen Verletzung ihrer jeweiligen – unterschiedlichen – technischen Schutzrechte in Anspruch. Dies ist der gesetzlich vorgesehene Weg zur Durchsetzung ihrer Ansprüche aus den Klagepatenten. Als Patentinhaber sind die Klägerin und die weiteren Kläger der Parallelverfahren zweifelsohne zur Geltendmachung dieser Ansprüche berechtigt. Eine mehrfache Inanspruchnahme wegen der Verletzung eines Patentes liegt nicht vor. Die Beklagten mögen sich zwar wegen der Klagehäufungen unter Druck gesetzt fühlen, einen Lizenzvertrag wegen Benutzung der Poolpatente abzuschließen. Darin unterscheiden sie sich jedoch nicht von anderen Beklagten, die wegen Verletzung eines oder mehrerer technischer Schutzrechte klageweise in Anspruch genommen werden und denen zuvor der Abschluss eines Lizenzvertrags angeboten wurde. Die Klageverfahren dienen vielmehr der Überprüfung und Klärung der von den Klägern erhobenen Patentverletzungsvorwürfe. Darüber hinausgehende Umstände, welche die Erhebung der Klagen wegen Patentverletzung ausnahmsweise als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen könnte, sind von den Beklagten nicht dargetan worden und auch sonst nicht ersichtlich.
Entsprechend bestehen auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der von den Beklagten behaupteten wettbewerbsrechtlichen Tatbestände der unzulässigen Druckausübung nach §§ 3; 4 Nr. 1 UWG sowie der gezielten Behinderung gemäß den §§ 3; 4 Nr. 10 UWG. Denn für eine entsprechende Anwendung der genannten Vorschriften fehlt es bereits an vergleichbaren Sachverhalten. Im Übrigen stellen die Klageerhebungen keine Wettbewerbshandlungen im Sinne des § 2 Abs. 1 UWG dar mit dem Ziel, zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen zu fördern, was Voraussetzung für die Anwendbarkeit von §§ 3; 4 Nr. 1 UWG ist. §§ 3; 4 Nr. 10 UWG finden keine Anwendung, da nicht ersichtlich ist, dass es sich bei den Klägern der Rechtsstreitigkeiten und der Beklagten zu 1) um Mitbewerber handelt.
VIII.
Aus der Verletzung der Patentansprüche 1, 11 und 12 ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.
1.
Da es sich bei den von den Beklagten angebotenen und in Verkehr gebrachten DLT-Tapes, DVD-Rs und sonstigen Mastern um ein unmittelbares Erzeugnis des von Anspruch 1 des Klagepatents geschützten Verfahrens handelt, sind die Beklagten gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Satz 2 Nr. 3; 139 Abs. 1 PatG. Hinsichtlich der Stamper ist die Unterlassungsverpflichtung aus den unter IV. der Entscheidungsgründe genannten Gründen auf die Benutzungshandlung des Gebrauchens (sowie Einfuhr und Besitz zu diesem Zweck) zu beschränken. Die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2) und 3) folgt aus eigenem Tun bzw. Unterlassen als Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1) muss sich das Tun bzw. Unterlassen ihrer Geschäftsführer zurechnen lassen, § 31 BGB analog.
2.
Da die Beklagten zugleich Patentansprüche 12 und 11 unmittelbar verletzen (§ 9 Satz 2 Nr. 3 PatG), indem sie DLT-Tapes, DVD-Rs, Master und Stamper sei es selbst, sei es durch die C AG herstellen, gebrauchen sowie (mit Ausnahme der Stamper) anbieten und in Verkehr bringen, sind sie der Klägerin auch insoweit zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Satz 2 Nr. 3; 139 Abs. 1 PatG.
3.
Die Klägerin kann von den Beklagten auch Schadensersatz verlangen, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG. Der Schuldvorwurf resultiert daraus, dass die Beklagten ihnen mögliche und zumutbare eigene Erkundigungen und Untersuchungen nach einer etwaigen Benutzung des Klagepatents unterlassen haben und auch nicht darauf vertrauen durften und konnten, dass die Authoring Studios die patentrechtliche Situation bereits überprüft haben. Die Beklagten können sich entsprechend der vorstehenden Ausführungen zur Kenntnis der M-2 Codierung durch die C AG und angesichts der mittäterschaftlichen Zusammenwirkens mit der C AG nicht mit Erfolg auf fehlendes Wissen zur Datencodierung berufen. Mangels näherer Kenntnis der Klägerin über das genaue Ausmaß der Verletzungshandlungen besteht ein rechtliches Interesse der Klägerin daran, die Schadenersatzpflicht der Beklagten zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen, § 256 Abs. 1 ZPO.
4.
Außerdem haben die Beklagten der Klägerin Rechnung zu legen, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch beziffern zu können, § 140b PatG; §§ 259; 242 BGB.
5.
Gemäß § 140a Abs. 1 Satz 1 und 2 PatG sind die Beklagten zur Vernichtung der das Klagepatent unmittelbar verletzenden Gegenstände verpflichtet.
IX.
Die Beklagten erheben weiterhin die Einrede der Verjährung. Nach Art. 64 Abs. 3 EPÜ i.V.m. § 141 PatG finden auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Patentrechts die Vorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung. Gemäß § 199 BGB setzt die Verjährung eines Anspruchs wegen Patentverletzung voraus, dass der Inhaber in rechtsverjährter Zeit – hier vor dem 01. Januar 2002 – positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, der Patentverletzung, sowie der Person des Schuldners erlangt hat oder eine solche Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, §§ 195; 199 Abs. 1; 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB; § 147 PatG; Art. 229 § 6 EGBGB. Derartige Umstände sind vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen.
1.
Dass die Klägerin selbst innerhalb verjährungsrelevanter Zeit Kenntnis von den Verletzungshandlungen erlangt hat, legen die Beklagten selbst nicht dar. Unter Verweis auf vorgerichtlichen Schriftwechsel vom 17. November 2002 sowie 30. Dezember 2003, machen sie geltend, dass die M-GESELLSCHAFT Kenntnis von den Patentverletzungen gehabt habe. Diese Kenntnis kann der Klägerin hingegen nicht zugerechnet werden. Es entspricht der auch im Rahmen des § 141 PatG zu beachtenden Rechtsprechung des BGH zu § 852 BGB, dass die Kenntnis eines rechtsgeschäftlichen Vertreters grundsätzlich unbeachtlich und nur die Kenntnis eines verletzten Rechtsinhabers selbst geeignet ist, den Lauf der Verjährung in Gang zu setzen (BGH, GRUR 1998, 133, 137 – Kunststoffaufbereitung). Nur wenn und soweit der Dritte mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung von dem Verletzten betraut wurde, darf dem Rechtsinhaber ausnahmsweise dasjenige Wissen zugerechnet werden, welches der andere in dem ihm zugewiesenen Aufgabenbereich erlangt hat (BGH, NJW 1989, 2323 m.w.N.; NJW 1968, 988). Bei Patentverletzungen kommt eine Wissenszurechnung nach diesen Regeln nur in Betracht, wenn der Patentinhaber den Dritten mit der Geltendmachung von Rechten aus dem Patent betraut hat (BGH a.a.O. – Kunststoffaufbereitung), wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen. Die M-GESELLSCHAFT hat den Beklagten zu 2) zwar wiederholt dazu aufgefordert, den u.a. das Klagepatent umfassenden Standard-Lizenzvertrag zu unterzeichnen. Diese Aufforderung zur Lizenznahme stellt jedoch ersichtlich keine Geltendmachung von Verbietungsrechten aus dem Patent dar. Die M-GESELLSCHAFT vermittelt lediglich Lizenzen an den im Patentpool für den M-2 Standard enthaltenen Lizenzen. Dies beinhaltet jedoch keine Berechtigung zur Durchsetzung der Lizenzschutzrechte, insbesondere der Verfolgung einer Verletzung durch Dritte. Die Pool-Mitglieder haben M-GESELLSCHAFT lediglich eine nichtausschließliche Lizenz eingeräumt und sich vorbehalten, selbst Lizenzen an ihren Patenten zu vergeben. Die M-GESELLSCHAFT wäre daher auf Grund ihrer Stellung als einfache Lizenznehmerin verpflichtet, eine Ermächtigung bei den Poolmitgliedern einzuholen, um etwaige Ansprüche wegen Patentverletzung zwangsweise durchzusetzen. Hierfür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte und Entsprechendes wurde von den Beklagten nicht vorgetragen.
2.
Der Klägerin kann auch nicht vorgeworfen werden, dass ihr Verletzungshandlungen der Beklagten infolge grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben sind. Unstreitig ist der Klägerin bekannt, dass es sich bei der Beklagten zu 1) um eines der größten Presswerke Europas handelt, und die Klägerin macht selbst geltend, dass das Klagepatent zum M-2-Standard gehört, der von einem Presswerk einzuhalten ist, um ein ordnungsgemäßes Abspielen gepresster DVDs auf handelsüblichen DVD-Playern zu gewährleisten. Daher lag es für die Klägerin auf der Hand, dass sich die Beklagte zu 1) des M-2-Standards und damit auch des Klagepatentes bedienen muss.
Es ist jedoch nicht zu erkennen, zu welchem Zeitpunkt die Beklagte zu 1) die DVD-Pressung in einem solchen Umfang betrieben hat, dass sich für die Klägerin die unweigerliche Nutzung des M-2-Standards aufdrängen musste. Nach dem Vorbringen der Beklagten in Rahmen des kartellrechtlichen Einwandes sind die DVD-Stückzahlen von 55.000 im Jahr 1997 auf 1.800.000.000 im Jahr 2004 angestiegen. Welche Werte für die Zeit vor dem Jahr 2002 zugrunde zu legen sind, ist jedoch nicht zu erkennen. Ebenso wenig ist ausgeführt, in welchem Umfang die Beklagte zu 1) vor dem Jahr 2002 bereits mit der Pressung von DVDs befasst war. Es sind daher keine Tatsachen vorgetragen worden und es ergibt sich für die Kammer auch nicht, dass vor dem 01. Januar 2002 Umstände vorlagen, nach denen sich für die Klägerin die Benutzung des M-2 Standards durch die Beklagte zu 1) aufdrängen musste.
X.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung. Nach der Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht im Hinblick auf die von der Beklagten zu 1) erhobene Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht keine hinreichende Veranlassung. Eine Vernichtung des Klagepatents ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
Weder die Entgegenhaltung US-PS 4,882,xxx (Anlage NK6/6a) noch die Entgegenhaltung EP 0 076 xxx A1 (Anlage NK7/7a), die beide Stand der Technik gegenüber dem Klagepatent darstellen, stellen die Neuheit der Patentansprüche 1, 11 und 12 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in Frage. Es ist daher nach dem Ermessen der Kammer nicht damit zu rechnen, dass das Klagepatent in diesem Umfang wegen mangelnder Neuheit (Art. 54; 138 Abs. 1 Bst. a) EPÜ; Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG) durch das Bundespatentgericht für nichtig erklärt werden wird.
1.
Die Entgegenhaltung US-PS 4,882,754 (Anlage NK6/6a) beschreibt ein Verfahren zur Übertragung von Audiosignalen (Merkmal (1)) und offenbart auch das Unterteilen von codierten Daten in Codeblöcke (Merkmal (2)). Auf der Grundlage der unter I. der Entscheidungsgründe vorgenommenen Auslegung des Klagepatents wird jedoch kein Steuersignal (Merkmal (4)) offenbart, das für den Zeitpunkt, an dem ein Codeblock decodiert werden soll, indikativ ist (Merkmal (5)).
Die Beklagten sehen die Merkmale (4) und (5) vorweggenommen in dem Pufferfüllstandssignal F („buffer fullness signal F“; Anlage NK6, Spalte 6, Zeilen 11-24, Anlage NK6a, Seite 11, letzter Absatz). Dieses werde nicht nur innerhalb des Codierers verwendet, sondern über die in dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1 gezeigte Leitung (48) auch an den Formatierer (34) geliefert und von dort an den Empfänger übertragen. Dort werde es genutzt, um das teilweise Befüllen des Empfängerpuffers zu steuern, bevor eine Decodieroperation des Empfängers beginnt (vgl. Figur 2). Während die Beschreibung in Anlage NK6, Spalte 2, Zeile 15-25 (Anlage NK6a, Seite 4, dritter Absatz) zunächst nur das Vermeiden eines senderseitigen Pufferüberlaufs beschreibt, widmet sich die nachfolgende Beschreibungsstelle (Anlage NK6, Spalte 6, Zeile 51-55; Anlage NK6a, Seite 12, letzter Satz) der Verwendung des Pufferfüllstandssignals F durch den Decodierer (hier bereits in deutscher Übersetzung wiedergegeben):
„Während des Startens des Empfängers wird ein Sender-Pufferfüllstandssignal von dem Kanal 38 an eine Timing- und Steuerungseinheit 54 geliefert, um zu steuern, wann das Decodieren zu beginnen hat in Reaktion auf das Befüllungsmaß des Übertragungs- und Empfängerpuffers.“
Figur 5 der US-PS 4,822,xxx illustriert, wie die Timing- und Steuereinheit (54) aus dem Signal F und der Puffergröße B errechnet, bei welchem konkreten Füllstand des Decoderpuffers die Decodierung beginnt. Gestützt darauf sehen die Beklagten in dem senderseitig in dem „buffer fullness detector 44“ (Figur 1 in Verbindung mit Anlage NK6, Spalte 5, Zeile 60-64, Anlage NK6a, Seite 11, erster vollständiger Absatz) generierten Pufferfüllstandssignal F das übertragene indikative Steuersignal im Sinne des Klagepatents.
Darin kann den Beklagten nicht gefolgt werden. Das Pufferfüllstandssignal F gibt lediglich den Belegungszustand des Senderspeichers (36), ermittelt durch Bestimmung der Differenz zwischen ein- und ausgegebenen Daten, wieder. Auch in der an den Decoder gesendeten Form stellt das Pufferfüllstandssignal F lediglich einen Parameter dar, der den Befüllungsgrad des Senderpuffers angibt und es dem Decoder noch überlässt, unter seiner Verwendung den Beginn der Decodierung selbst zu berechnen. Die dafür auf Empfängerseite erforderlichen Schritte gibt Figur 5 der Entgegenhaltung wieder (erläutert in der Beschreibung Anlage NK6, Spalte 9, Zeile 16ff.; in der im Termin überreichten vollständigen Übersetzung der Entgegenhaltung ab Seite 17 im letzten Absatz). Damit stellt das Pufferfüllstandssignal aber kein indikatives Steuersignal im Sinne des Klagepatents dar, weil es noch der decoderseitigen Berechnung des Decodierbeginns bedarf. Es gibt nicht unmittelbar steuernd an, wann das Auslesen des betreffenden Codeblocks beginnen soll, sondern liefert lediglich einen senderseitigen Betriebszustand, der von dem Decodierer noch ausgewertet werden muss. Es fehlt an der Bestimmung der Größe der Verzögerung bereits durch den Codierer, so dass das Pufferfüllstandssignal F nicht bereits codiererseitig so aufbereitet ist, dass es vom Decodierer unmittelbar verwendet werden kann.
Darüber hinaus bestehen Bedenken dagegen, dass Merkmal (6) in der Entgegenhaltung US-PS 4,882,xxx offenbart wird. Die Beklagten sehen dieses Merkmal offenbart in Anlage NK6, Spalte 5, Zeilen 48-52 (Anlage NK6a, Seite 10, letzter Absatz), wonach die von dem Codierer ausgegebenen Daten im Formatierer (34) als Blöcke codierter Abtastsignale mit Headern versehen werden. Innerhalb dieser Header werde auch das Pufferfüllstandssignal F übertragen. Dies entnehmen sie der Beschreibung NK6, Spalte 6, Zeilen 17-22 (NK6a, Seite 11, im letzten Absatz), wo erwähnt wird, dass das Signal F über den Formatierer (34) an den Empfänger übertragen werde, um dort für den Beginn des Decodiervorgangs verwendet zu werden. Da patentgemäß die Header eine „vorbestimmte Stelle eines Codeblocks“ darstellen, werde Merkmal (6) offenbart. Dem ist nicht zu folgen. Auch die Kombination beider Zitatstellen gibt schon nicht her, dass das „transmitter buffer fullness signal F“ an einer bestimmten Stelle, etwa im Header übertragen wird. Die Beschreibung in Anlage NK6 (Spalte 6, Zeile 17-22) besagt lediglich, dass das Signal während des Receiver-Startvorgangs ausgewertet und zu diesem Zweck über den Formatierer (34) übertragen wird. Wo und wann dies geschieht, lässt sich der Beschreibung nicht entnehmen.
Auch die Offenbarung des Merkmals (7) begegnet erheblichen Bedenken, weil mit der Zurverfügungstellung eines Parameters, der lediglich einen codiererseitigen Betriebszustand angibt und decodiererseitig noch auszuwerten ist, nicht in patentgemäßer Weise die „Größe der Verzögerung“ angegeben wird.
Damit besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die technische Lehre des Klagepatents in der US-PS 4,882,xxx in neuheitsschädlicher Weise vorweggenommen wird.
2.
Die Entgegenhaltung EP 0 076 xxx A1 (Anlage NK7/7a) offenbart ebenfalls nicht die Merkmale (4) und (5) des Klagepatentanspruchs 1.
Nach Auffassung der Beklagten offenbart diese Entgegenhaltung ein indikatives Steuersignal in der Beschreibung des damaligen Standes der Technik (Anlage NK7, Seite 11, Zeile 5-18; Anlage NK7a, Seite 8, Mitte des zweiten Absatzes). Dort ist die Rede von einem „Steuern der Zeit für das Reproduzieren der Information von dem Empfänger-Pufferspeichergerät, so dass die angesammelte Informationsmenge einen vorbestimmten Wert haben wird“ („by controlling the time for reproducing the information from the receiving buffer memory device such that the accumulated information quantity will have a predetermined value“). Der Füllstand des Codierpuffers sei dem Decodierer bekannt, weil er als Steuersignal „Bi“ von dem Codierer an den Decodierer übertragen werde (NK7, Seite 6, Zeile 19 bis Seite 7, Zeile 12; NK7a, Seite 5, ab Mitte des ersten Absatzes). Und auch der Entgegenhaltung nach Anlage NK7 sei bekannt gewesen, dass die Summe der Informationsmengen in Codierer- und Decodiererpuffer gleich einer vorbestimmten Konstante sind (NK7, Seite 11, Zeile 5-18; NK7a, Seite 8, Beginn des zweiten Absatzes).
Dem ist nicht zu folgen. Das Signal „Bi“ stellt kein „indikatives Steuersignal“ im Sinne der technischen Lehre des Klagepatents dar, weil es wie das „transmitter buffer fullness signal F“ der ersten Entgegenhaltung allein eine Betriebsgröße des codiererseitigen Pufferspeichers wiedergibt. Es bedarf damit noch der Verwendung dieser Größe auf Seiten des Decoders, um den Zeitpunkt zu berechnen, zu dem die Decodierung startet, während das „indikative Steuersignal“ des Klagepatents unmittelbar die Größe der Verzögerung (Merkmal (7)) angibt, mit der die Decodierung ab dem Empfang des betreffenden Codeblocks starten soll. Zugleich liegt in der in dem „control signal Bi“ übertragenen Information über den Füllstand des Codiererpuffers kein Parameter, der die „Größe der Verzögerung“ für die Decodierung des betreffenden Codeblocks im Sinne des Merkmals (7) angibt.
Auch die Entgegenhaltung EP 0 076 xxx A1 vermag daher keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Nichtigkeitsklage zu begründen.
XI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, Alt. 2 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 2.500.000,- € festgesetzt.