4a O 413/05 – Einkaufswagen mit Kindersitz

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 653

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Mai 2007, Az. 4a O 413/05

I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland Einkaufswagen mit einem Fahrgestell, mit einer Schiebeeinrichtung und mit einem Korb, der auf Stützen ruht, die an den Längsseiten des Einkaufswagens gelegen nach oben gerichtet sind, sowie mit einer vor dem Korb angeordneten, für ein Kind bestimmten Sitzeinrichtung, die in eine das Spielbedürfnis des Kindes ansprechende Aufnahmeeinrichtung eingebunden ist, wobei der Einkaufswagen nach hinten eine Öffnung aufweist, die sich zwischen dem Korb, dem Fußboden und den Stützen befindet, zu bewerben, anzubieten oder in den Verkehr zu bringen oder bewerben, anbieten oder in den Verkehr bringen zu lassen oder zu einem dieser Zwecke zu besitzen oder zu importieren, bei denen der vordere Bereich des Fahrgestells schmäler ausgebildet ist als dessen hinterer Bereich, wobei zumindest der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung schmäler und niedriger gestaltet ist als die Öffnung und zumindest der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung in die Öffnung eines vorausbefindlichen Einkaufswagens einfügbar ist und in eingefügten Zustand sich der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung unterhalb des Korbes des vorausbefindlichen Einkaufswagens befindet;
2. Auskunft zu erteilen über Handlungen gemäß vorstehender Ziffer I. 1. seit dem 12. Oktober 2001 unter Angabe
– der Namen und Anschriften der Zulieferanten und anderer Vorbesitzer,
– der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
– der Liefermengen, Lieferpreise, Lieferzeiten und Lieferorte,
– des erzielten Umsatzes,
– des erzielten Gewinns unter detaillierter Aufschlüsselung aller Gestehungskosten,
– der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
– der Angebotsmengen, Angebotspreise, Angebotszeiten und Angebotsorte unter Vorlage entsprechender Belege,
– der betriebenen Werbung unter Angabe der Werbeträger, deren Auflagenzahl, Verbreitungszeit und Verbreitungsgebiet,
wobei die Angaben betreffend den erzielten Gewinn einschließlich der Gestehungskosten erst für Handlungen seit dem 22. Oktober 2004 vorzunehmen sind.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin
– für die Zeit vom 12. Oktober 2001 bis zum 21. Oktober 2004 für Handlungen gemäß vorstehender Ziffer I. 1. eine angemessene Entschädigung zu zahlen,
– allen Schaden zu ersetzen, der ihr seit dem 22. Oktober 2004 aus Handlungen gemäß vorstehender Ziffer I. 1. entstanden ist und noch entsteht.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

V. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- € vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des unter anderem für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 131 xxx B1 (nachfolgend: Klagepatent). Das Klagepatent betrifft einen Einkaufswagen. Die Anmeldung erfolgte am 11. August 2000 und wurde am 12. September 2001 veröffentlicht. Das Klagepatent nimmt Prioritäten vom 16. September 1999 (DE 299 16 347 U), vom 28. September 1999 (DE 299 17 050 U), 30. November 1999 (DE 299 20 857 U), 16. Februar 2000 (DE 100 06 999) und 19. Februar 2000 (DE 100 07 767) in Anspruch. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 22. September 2004 veröffentlicht. Gegen das Klagepatent, das in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft steht, hat die A GmbH, das Vertriebsunternehmen der Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland, am 22. Juni 2005 Einspruch eingelegt.

Anspruch 1 des Klagepatents, dessen Verletzung durch die Beklagte die Klägerin mit der vorliegenden Klage geltend macht, lautet in der deutschen Verfahrenssprache wie folgt:
Einkaufswagen (1, 1´) mit einem Fahrgestell (2), mit einer Schiebeeinrichtung (8) und mit einem Korb (9), der auf Stützen (6) ruht, die an den Längsseiten (7) des Einkaufswagens gelegen nach oben gerichtet sind, sowie mit einer vor dem Korb (9) angeordneten, für ein Kind bestimmten Sitzeinrichtung (17), die in eine das Spielbedürfnis des Kindes ansprechende Aufnahmeeinrichtung (16) eingebunden ist, wobei der Einkaufswagen (1, 1´) nach hinten eine Öffnung (12) aufweist, die sich zwischen dem Korb (9), dem Fußboden (15) und den Stützen (6) befindet, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
– der vordere Bereich (3) des Fahrgestelles (2) ist schmäler ausgebildet als dessen hinterer Bereich (4);
– zumindest der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) ist schmäler und niedriger gestaltetet als die Öffnung (12);
– zumindest der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) ist in die Öffnung eines vorausbefindlichen Einkaufswagens (1, 1´) einfügbar und
– in eingefügtem Zustand befindet sich der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) unterhalb des Korbes (9) des vorausbefindlichen Einkaufswagens (1´).

Die Beklagte ist ein in den Niederlanden ansässiges, international tätiges Unternehmen. Sie stellt neben anderem Geschäftsausstattungszubehör her und vertreibt einen Einkaufswagen unter der Bezeichnung „B“, den sie unter anderem im Internet anbietet und der nachfolgend als angegriffene Ausführungsform bezeichnet wird. In der Bundesrepublik Deutschland erfolgt der Vertrieb des angegriffenen Einkaufswagens ausschließlich durch die A GmbH mit Sitz in Kammeltal-Ettenbeuren (Bayern). Die Beklagte selbst stellte die angegriffene Ausführungsform im Februar 2005 auf der Messe „Euroshop“ in Düsseldorf aus, wobei die genaue Ausgestaltung des dort gezeigten Einkaufswagens „B“ seit dem Vorbringen der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung streitig ist.
Bei dem Einkaufswagen „B“ handelt es sich um einen Einkaufswagen mit erhöht angebrachtem Korb und einem Kindersitz, der in ein stilisiertes Rennauto integriert ist. Dieses ist wiederum auf dem Fahrgestell des Einkaufswagens befestigt. Nach der klägerseits bestrittenen Behauptung der Beklagten wird die angegriffene Ausführungsform in Deutschland nur in einer Ausgestaltung angeboten und vertrieben, bei der zwischen den hinteren Bereichen des seitlichen Fahrgestells eine Querstange angeschraubt ist, wie dies in der fotografischen Abbildung nach Anlage B6 zu erkennen ist. Auf diese Darstellung wird zur Veranschaulichung Bezug genommen.

Die Klägerin sieht in Angebot und Vertrieb des Einkaufswagens „B“ durch die Beklagte eine unmittelbare (hinsichtlich der Ausführungsform mit Querstange hilfsweise eine mittelbare) wortsinngemäße Verwirklichung von Anspruch 1 des Klagepatents. Für den Abnehmer der Einkaufswagen mit Querstange liege es ohne weiteres nahe, diese zu entfernen, um ein vollständiges Einschieben des hinteren Einkaufswagens „B“ zu ermöglichen. Die Klägerin behauptet, Einkaufswagen des Modells „B“ ohne Querstange, wie sie in den Fotografien nach Anlage H3 (Abbildungen 3 bis 10) dargestellt sind, seien unter anderem an verschiedene C-Märkte in Bayern sowie an einen Bio-Supermarkt in Düsseldorf-Benrath vertrieben worden. Einkaufswagen wie in Anlage H11 dargestellt seien an einen C-Markt in 67133 Maxdorf sowie einen Edeka-Markt in 69502 Hemsbach vertrieben worden. Der am Messestand der Beklagten auf der Messe „Euroshop“ in Düsseldorf im Februar 2005 gezeigte „B“ habe keine Querstange aufgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen
1. a) hinsichtlich beider angegriffenen Ausführungsformen zur Unterlassung, wie unter Ziffer I. 1. des Entscheidungstenors – allerdings nur hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform ohne Querstange – geschehen;
b) hilfsweise hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform mit Querstange,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren,
zu unterlassen,
in der Bundesrepublik Deutschland Einkaufswagen mit einem Fahrgestell, mit einer Schiebeeinrichtung und mit einem Korb, der auf Stützen ruht, die an den Längsseiten des Einkaufswagens gelegen nach oben gerichtet sind, sowie mit einer vor dem Korb angeordneten, für ein Kind bestimmten Sitzeinrichtung, die in eine das Spielbedürfnis des Kindes ansprechende Aufnahmeeinrichtung eingebunden ist, wobei der Einkaufswagen nach hinten eine Öffnung aufweist, die sich zwischen dem Korb, dem Fußboden und den Stützen befindet, und bei denen innerhalb der Öffnung eine quer zur Längsachse des Einkaufswagens angeordnete, mit dem Fahrgestell beidseitig verschraubte Stange vorgesehen ist,
anzubieten oder in den Verkehr zu bringen,
bei denen der vordere Bereich des Fahrgestells schmäler ausgebildet ist als dessen hinterer Bereich, wobei zumindest der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung schmäler und niedriger gestaltet ist als die Öffnung, und die dazu geeignet und bestimmt sind, dass zumindest der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung in die Öffnung eines vorausbefindlichen Einkaufswagens einfügbar ist und in eingefügten Zustand sich der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung unterhalb des Korbes des vorausbefindlichen Einkaufswagens befindet;

2. der Klägerin hinsichtlich beider angegriffener Ausführungsformen Auskunft zu erteilen, wie hier unter I. 2. betreffend die angegriffene Ausführungsform ohne Querstange tenoriert;

II. die Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich beider angegriffener Ausführungsformen festzustellen, wie unter II. des Entscheidungsausspruchs für die angegriffene Ausführungsform ohne Querstange geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Verhandlung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den gegen das Klagepatent eingereichten Einspruch auszusetzen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Einkaufswagen „B“ verwirkliche die Merkmale 1.1, 2, 3, 5, 6 und 7 des Klagepatentanspruchs 1 (vgl. die in den Entscheidungsgründen wiedergegebene Merkmalsgliederung) – ungeachtet des Vorhandenseins einer Querstange gemäß Anlage B6 – nicht. Die Stützen an den Längsseiten des Einkaufswagens, auf denen der Korb ruht, seien nicht nach oben gerichtet, sondern wiesen von der weiter vorne befindlichen Befestigung am Fahrgestell aus nach hinten auf den Benutzer. Die für das Kind bestimmte Sitzeinrichtung sei nicht vor, sondern teilweise unter dem Korb angeordnet. Der Raum zwischen Korb, Stützen und Fußboden werde durch die Aufnahmeeinrichtung weitgehend ausgefüllt, so dass sich zwischen den Stützen nicht die von Anspruch 1 vorausgesetzte Öffnung befinde. Diese werde seitlich durch die Stützen begrenzt und liege daher in Einschieberichtung erst auf der von den Stützen gebildeten Ebene. Diese Ebene erreiche die Aufnahmeeinrichtung auch bei fehlender Querstange im eingeschobenen Zustand nicht. Dies gelte erst recht hinsichtlich der angegriffenen Einkaufswagen mit Querstange. Wie sich schon aus den als Anlage B4 überreichten, dem Internet-Auftritt der Beklagten entnommenen Werbeunterlagen ergebe (dort Seite 9), ließen sich die unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland vertriebenen „B“-Einkaufswagen nicht ineinander schieben („not nestable“). Dem stehe die in Anlage B6 erkennbare Querstrebe auf Höhe des Fahrgestells entgegen, die dazu führe, dass die Wagen maximal so weit wie in Anlage B5 gezeigt ineinander geschoben werden könnten.
Die Beklagte meint, das Klagepatent sei nicht rechtsbeständig und würde im Einspruchsverfahren – insbesondere angesichts der im Erteilungsverfahren nicht berücksichtigten Entgegenhaltung EP 0 816 xxx A1 (hier Anlage B1) – mit hoher Wahrscheinlichkeit widerrufen werden. Deshalb sei die Verhandlung im Verletzungsrechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des EPA im Einspruchsverfahren auszusetzen.

Dem tritt die Klägerin entgegen. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, ausweislich ihres Internet-Auftritts nach Anlage B4 (Ausdruck vom 25. September 2006) seien die in der Bundesrepublik Deutschland angebotenen „B“ wegen einer zusätzlichen Querstrebe entsprechend der Abbildung Anlage B6 nicht ineinander schiebbar, stehe dem bereits der frühere Internet-Auftritt gemäß Anlage H12 (Ausdruck vom 22. März 2005) entgegen, aus dem sich eine solche Einschränkung gerade nicht ergebe. Des Weiteren sei die lediglich verschraubte Querstrebe nach Anlage B6 durch jeden Abnehmer leicht entfernbar, zumal ihm schon durch den Internet-Auftritt der Beklagten vermittelt werde, dass die angegriffene Ausführungsform grundsätzlich stapelbar ausgelegt sei. Die Beklagte nehme daher jedenfalls billigend in Kauf, dass die Abnehmer die Querstrebe mit geringem Aufwand wieder entfernen, so dass jedenfalls eine mittelbare Patentverletzung vorliege.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nur hinsichtlich der angegriffenen Einkaufswagen ohne Querstange begründet. Der Klägerin stehen insoweit Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Entschädigung sowie Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 2; 140b Abs. 1 und 2 PatG; §§ 242; 259 BGB; Art. II § 1 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG zu.
Soweit sich die Klage – wie die Klägerin auf Nachfrage im Termin zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklären ließ – auch gegen die „B“-Einkaufswagen mit Querstange richtet, ist sie weder gestützt auf eine unmittelbare (§ 9 Satz 2 Nr. 1 PatG) noch auf eine mittelbare Verletzung (§ 10 Abs. 1 PatG) begründet. Im Einzelnen:

I.
Das Klagepatent betrifft einen Einkaufswagen mit einem Fahrgestell, einer Schiebeeinrichtung und einem Korb, der auf Stützen ruht, die an den Längsseiten des Einkaufswagens gelegen nach oben gerichtet sind, sowie mit einer vor dem Korb angeordneten, für ein Kind bestimmten Sitzeinrichtung, die in eine das Spielbedürfnis des Kindes ansprechende Aufnahmeeinrichtung eingebunden ist. Der patentgemäße Einkaufswagen weist nach hinten eine Öffnung auf, die sich zwischen dem Korb, dem Fußboden und den Stützen befindet (Klagepatentschrift, Anlage H1, Abschnitt [0001]; nachfolgende Zitate ohne Zusatz beziehen sich auf die Anlage H1).
Wie die Klagepatentschrift ausführt, waren Einkaufswagen mit einer vor dem Korb angeordneten Sitzeinrichtung für ein Kind, die Bestandteil einer Aufnahmeeinrichtung ist, die wiederum als Kleinmobil ausgestaltet ist und somit auf ein kindliches Spielbedürfnis abzielt, bereits aus dem Prospekt Nr. 480/99 der Klägerin (Anlage H4) bekannt. An ihnen bemängelt die Klagepatentschrift, dass sie sich nicht platzsparend in Einkaufswagen gleicher Art einschieben lassen (Abschnitt [0002]).
Aus diesem Stand der Technik ergeben sich die folgenden Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents:
Einkaufswagen (1, 1´)
1. mit einem Fahrgestell (2), mit einer Schiebeeinrichtung (8) und mit einem Korb (9);
1.1 der Korb (9) ruht auf Stützen (6), die an den Längsseiten des Einkaufswagens (1, 1´) gelegen nach oben gerichtet sind;
2. mit einer vor dem Korb (9) angeordneten, für ein Kind bestimmten Sitzeinrichtung (17);
2.1 die Sitzeinrichtung (17) ist in eine das Spielbedürfnis des Kindes ansprechende Aufnahmeeinrichtung (16) eingebunden;
3. mit einer Öffnung (12) nach hinten, die sich zwischen dem Korb (9), dem Fußboden (15) und den Stützen (6) befindet.

Aus der ebenfalls in der Klagepatentschrift gewürdigten Patentanmeldung der Klägerin DE 43 37 xxx A1 (Anlage H6) war ein Einkaufwagen vorbekannt, der einen Kindersitz vor dem Korb aufweist. Dieser Kindersitz ist allerdings – wie die Klagepatentschrift bemängelt – nicht gemäß Merkmal 2.1 in eine das Spielbedürfnis von Kindern anregende Aufnahmeeinrichtung integriert (Abschnitt [0003]).
Die Klagepatentschrift bezeichnet die aus der US-PS 4,805,935 (Anlage H7) und der US-PS 5,330,210 (Anlage H8) bekannten Einkaufswagen als gattungsfremd. Bei dem erstgenannten Einkaufswagen, der unterhalb des Korbes eine mit Haltegriffen ausgestaltete Sitzplatte aufweist, sei es zwar möglich, ihn mit anderen Wagen ineinander zu schieben, doch sei die Sitzplatte nicht vor, sondern unter dem Korb angeordnet und sie sei in keine Aufnahmeeinrichtung eingebunden, die geeignet wäre, das Spielbedürfnis eines Kindes anzusprechen (Abschnitt [0007]). Bei dem zweitgenannten Einkaufswagen befinde sich die Sitzeinrichtung zwar in einer als kleines Auto gestalteten Aufnahmeeinrichtung, die Sitzeinrichtung sei jedoch nicht vor, sondern unter dem Korb angeordnet (Abschnitt [0008]). Ein platzsparendes Ineinanderschieben mehrerer Wagen erlaubt diese Vorrichtung nicht.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik hat sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht, einen Einkaufswagen der in Abschnitt [0001] beschriebenen Art (entsprechend den oben wiedergegebenen Merkmalen 1 bis 3) so weiterzuentwickeln, dass er sich in einen gleichen Einkaufswagen platzsparend einschieben lässt (vgl. Abschnitt [0004]).

Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt Anspruch 1 des Klagepatents über Merkmale 1 bis 3 hinaus die folgenden weiteren Merkmale vor:
4. der vordere Bereich (3) des Fahrgestells (2) ist schmäler ausgebildet als dessen hinterer Bereich (4);
5. zumindest der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) ist schmäler und niedriger gestaltet als die Öffnung (12);
6. zumindest der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) ist in die Öffnung (12) eines vorausbefindlichen Einkaufswagens (1) einfügbar;
7. in eingefügtem Zustand befindet sich der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) unterhalb des Korbes (9) des vorausbefindlichen Einkaufswagens (1).

Mit den zur Lösung hinzugefügten Merkmalen möchte das Klagepatent einen Einkaufswagen zur Verfügung stellen, der – obwohl er eine größer als die Sitzeinrichtung gestaltete Aufnahmeeinrichtung aufweist – platzsparend in Einkaufswagen gleicher Art einschiebbar ist. Dies sei von Vorteil, weil so auf gleicher Stellfläche mehr Einkaufswagen abstellbar sind als bisher möglich (vgl. Abschnitt [0006]). Soweit Anspruch 1 zu Merkmal 6 als Bezugsziffer für den vorausbefindlichen Einkaufswagen (1) und (1´) sowie zu Merkmal 7 nur die Bezugsziffer (1´) nennt, handelt es sich erkennbar um versehentliche Falschbezeichnungen. Figuren 1 bis 4 und 7 zeigen, dass die Bezugsziffer (1´) den hinteren und die Bezugsziffer (1) den vorderen zweier Einkaufswagen bezeichnet.

II.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen unstreitig von den Merkmalen 1, 2.1 und 4 wortsinngemäß Gebrauch. Sie weisen ein Fahrgestell, eine Schiebeeinrichtung in Gestalt einer Griffstange und einen Korb auf. Die für (ein Kind bestimmte) Sitzeinrichtung ist in eine das Spielbedürfnis des Kindes ansprechende Aufnahmeeinrichtung in Gestalt eines stilisierten Formel-1-Rennwagens eingebunden, und der vordere Bereich des Fahrgestells ist schmaler ausgebildet als dessen hinterer Bereich.
Soweit die Beklagte eine Verwirklichung der Merkmale 1.1, 2, 3, 5, 6 und 7 bestreitet, geschieht dies hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform ohne Querstange zu Unrecht; die Einkaufswagen „B“ mit Querstange gemäß Anlage B6 hingegen verwirklichen jedenfalls Merkmal 6 nicht unmittelbar.

1.
a) Merkmal 1.1
Die Beklagte bestreitet mit Verweis auf die im Betrieb nach hinten weisende Neigung der Stützen, auf denen der Korb ruht und die an den Längsseiten des Einkaufswagens gelegen sind, dass diese im Sinne des Merkmals 1.1 „nach oben gerichtet“ seien.
Für die Verwirklichung dieses Merkmals ist keine strikt vertikale Anordnung erforderlich. Eine derartige Anweisung kann dem Klagepatent nicht entnommen werden, wie die Beklagte auch nicht dargetan hat. In der Darstellung bevorzugter Ausführungsformen in den Figuren 1 bis 4 der Klagepatentschrift weisen die Stützen zwar eine streng vertikale Ausrichtung auf, in den Figuren 5 bis 7 zeigen die Stützen aber unterhalb des Korbes eine Neigung nach vorne. Da auch Figuren 5 bis 7 Ausführungsformen des Einkaufswagens nach Hauptanspruch 1 zeigen, belegt bereits dies, dass eine (aus der Seitenansicht des Einkaufswagens bestehende) Neigung aus der grundsätzlich nach oben weisenden Ausrichtung der Stützen aus Sicht des Patentanspruchs 1 unschädlich ist. Auch der Einkaufswagen „D“ der Klägerin (Anlage H4), der in der Beschreibung als nächstkommender Stand der Technik gewürdigt wird und an dem die Klagepatentschrift lediglich kritisiert, dass er nicht platzsparend in andere Einkaufswagen einschiebbar sei (Abschnitt [0002]), zeigt Stützen, die in der Seitenansicht in unterschiedliche Richtungen geneigt sind, unterhalb des Korbes nach vorne, auf Höhe des Korbes nach hinten. Auch sie sind jedoch im Sinne des Klagepatents „nach oben gerichtet“. Denn der Klagepatentschrift ist nicht zu entnehmen, dass sie von diesem Verständnis aus dem Stand der Technik abgehen wollte, um durch die Merkmale 4 bis 7 ein Ineinanderschieben der mehreren Einkaufswagen zu ermöglichen. Dem Fachmann erschließt sich ohne weiteres, dass eine etwaige Neigung aus der Vertikalen lediglich das Einschieben eines weiteren Wagens (im Sinne des Merkmals 6) nicht behindern darf. Auch eine bogenförmige Krümmung, wie sie die Stützen der angegriffenen Ausführungsformen aufweisen, schließt das Klagepatent an keiner Stelle aus. Es ist damit für Merkmal 1.1 ausreichend, wenn die Stützen grundsätzlich nach oben gerichtet sind, um ihre Funktion, den Korb zu tragen, erfüllen zu können.

b) Merkmal 2
Merkmal 2 verlangt, dass die für das Kind bestimmte Sitzeinrichtung „vor dem Korb“ angeordnet ist. Damit ist bei sachgerechtem Verständnis des Klagepatents aus Sicht eines Durchschnittsfachmanns gemeint, dass sich die Sitzeinrichtung zumindest im wesentlichen vor dem Korb befinden muss, während eine geringfügige Überlappung dergestalt, dass ein Teil der Sitzeinrichtung (etwa der zu ihr gehörenden Lehne) unterhalb der Korbspitze liegt, unschädlich ist. Dies ergibt sich sowohl bei Betrachtung des gewürdigten Standes der Technik als auch aus dem Zusammenhang dieses Merkmals mit anderen anspruchsgemäßen Merkmalen.
Bei den von der Klagepatentschrift als gattungsfremd bezeichneten Einkaufswagen nach der US-PS 4,805,935 (Anlage H7) und der US-PS 5,330,210 (Anlage H8) ist die Sitzeinrichtung jeweils vollständig unter dem Korb angeordnet. Im Falle der US-PS 5,330,210 (Anlage H8) ist dies der Darstellung in Figur 1 zwar nicht unmittelbar zu entnehmen, weil der Korb (30) dort in hochgeklappter Stellung abgebildet ist. Es folgt aber sowohl aus der Schemazeichnung in Figur 6 der Anlage H8 als auch aus dem dortigen Hauptanspruch 1, der ausdrücklich davon spricht, dass der Sitz so dimensioniert und angeordnet sei, um ein Kind direkt unterhalb des oberen Korbes zu platzieren (vgl. Anlage H8, Spalte 4 Zeilen 12f.; Übersetzung Seite 7 Mitte). In Abgrenzung zu einer solchen Sitzeinrichtung direkt unterhalb des Korbes verlangt Anspruch 1 des Klagepatents, dass die Sitzeinrichtung „vor dem Korb“ angeordnet ist.
Sie geht dabei von dem Stand der Technik nach Anlage H4 aus, bei der die Lehne der Sitzeinrichtung ebenfalls unter dem vordersten, überkragenden Bereich des Korbes angeordnet ist. Gleichwohl spricht die Beschreibung des Klagepatents davon, dass die Sitzeinrichtung vor dem Korb angeordnet sei (Abschnitt [0002]). Dies belegt, dass eine geringfügige Überlappung von Teilen der Sitzeinrichtung mit dem Korb unschädlich ist, solange die Sitzeinrichtung im wesentlichen vor dem Korb angeordnet ist. Denn insbesondere in diesem Fall ergibt sich die von dem Klagepatent zu lösende Problematik, dass einem Zusammenschieben mehrerer Einkaufswagen zunächst die Aufnahmeeinrichtung, welche die Sitzeinrichtung aufnimmt, entgegensteht. Das Klagepatent hat erkennbar die Lösung des hierdurch bedingten Problems im Blick, dass zuvorderst die vor dem Korb befindliche Aufnahmeeinrichtung einem platzsparenden Ineinanderschieben mehrerer Einkaufwagen entgegensteht. Ihm will sie jedenfalls so weit begegnen, dass zumindest der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung in die Öffnung eines vorausbefindlichen Einkaufswagens dergestalt einfügbar ist (Merkmal 6), so dass sich der vordere Bereich unterhalb des Korbes befindet (Merkmal 7). Die geschilderte Problematik ergibt sich nicht erst dann, wenn die Sitzeinrichtung vollständig vor dem Korb angebracht ist, sondern schon dann, wenn dies auch nur teilweise (und zwar mit wesentlichen Teilen der Sitzeinrichtung) der Fall ist.
Die Beklagte ließ im Termin vortragen, das Klagepatent verfolge mit der Anordnung gemäß Merkmal 2 in Abgrenzung zu den Einkaufswagen nach Anlagen H7 und H8 und in Übereinstimmung mit demjenigen aus Anlage H4 das Ziel, dass sich das Kind frei bewegen können soll, ohne Gefahr zu laufen, sich am Korb den Kopf zu stoßen. Deshalb müsse die vorderste Kante des Korbes maßgeblich sein. Dem vermag die Kammer nicht zu folgen. Dem Klagepatent lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, die Anordnung der Sitzeinrichtung vor dem Korb sei von der Überlegung getragen, dass das Kind davor geschützt sein solle, sich den Kopf am Korb zu stoßen. Das Klagepatent behandelt Einkaufswagen mit Sitzeinrichtung unter dem Korb (Anlagen H7 und H8) vielmehr ohne Erläuterung der Beweggründe schlicht als gattungsfremd zu den hier den Gegenstand des Klagepatents bildenden Einkaufswagen, deren für ein Kind bestimmte Sitzeinrichtung „vor dem Korb“ angeordnet ist. Die Motive, aus denen die Beklagte Anhaltspunkte für ihre strenge Auslegung ableiten möchte, wonach jegliche – sei es auch nur geringfügige – Überlappung von Teilen der Sitzeinrichtung mit dem Korb aus dem Schutzbereich des Klagepatents herausführen soll, teilt das Klagepatent nicht mit.

c) Merkmal 3
Merkmal 3 verlangt, dass der Einkaufswagen über eine Öffnung nach hinten verfügt, die sich zwischen dem Korb (9), dem Fußboden (15) und den Stützen (6) befindet. Diese Öffnung dient dazu, dass gemäß Merkmal 6 der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) in diese Öffnung eines vorausbefindlichen Einkaufswagens einfügbar ist, so dass er sich im eingefügten Zustand unterhalb des Korbes dieses Einkaufswagens befindet (Merkmal 7). Um dieses Einfügen zu ermöglichen, sieht Merkmal 5 vor, dass zumindest der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) im Vergleich zur Öffnung (12) schmaler und niedriger gestaltet ist.
Merkmal 3 definiert die nach hinten weisende Öffnung (12) damit als nach oben durch den Korb (9), nach unten durch den Fußboden (15) und in seitlicher Richtung durch die Stützen (6) begrenzt. Die Beklagte stellt eine Verwirklichung von Anspruch 1 des Klagepatents zum einen mit dem Argument in Abrede, die „Öffnung“ könne erst auf der Ebene der Stützen beginnen; diese bildeten eine „Referenzebene“, die in Einschubrichtung betrachtet erreicht werden müsse, damit im Sinne des Merkmals 6 zumindest der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung „in die Öffnung eines vorausbefindlichen Einkaufswagens“ eingeschoben wird. Zum anderen befinde sich zwischen den bei den angegriffenen Ausführungsformen schräg nach hinten aufsteigenden Stützen ein Teil der Aufnahmeeinrichtung, nämlich das Leitwerk des stilisierten Formel-1-Rennwagens (vgl. die Abbildung in Anlage B5), welcher den Raum zwischen Stützen, Korb und Fußboden bereits weitgehend ausfülle. Eine Öffnung verbleibe zwischen den Stützen daher nicht.
In dem ersten Punkt ist der Beklagten bei der Auslegung zu folgen, in dem zweiten nicht. Das Klagepatent hat bei der Formulierung des Merkmals 3 offensichtlich eine Anordnung der Stützen vor Augen, bei der diese an der Rückseite des Einkaufswagens vom Fahrgestell aus zur hinteren Kante des Korbes aufsteigen, um diesen zu tragen. Dementsprechend zieht es sie als seitliche Begrenzung der Öffnung (die im Übrigen durch den Korb nach oben und den Fußboden nach unten definiert wird) heran.
Diese Vorstellung liegt etwa der Beschreibung des in Figur 2 dargestellten Ausführungsbeispiels zugrunde, zu dem die Beschreibung (Abschnitt [0012]) bemerkt, die Öffnung (12) werde durch die hintere Unterkante (11) des Korbes (9), durch die Stützen (6) und den Fußboden (15) umrissen. Dem klaren Anspruchswortlaut, der auch der Tatsache Rechnung trägt, dass für das Einfügen „in die Öffnung“ nach Maßgabe des Merkmals 6 eine Ebene vorhanden sein muss, die zumindest der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung des nachfolgenden Einkaufswagens erreichen muss, kann auch das in Figur 1 gezeigte Ausführungsbeispiel nicht entgegengehalten werden. In dieser schematischen Darstellung sind die Stützen (6) am vorderen Ende der Körbe beider Einkaufswagen angeordnet. Im gezeigten, vollständig eingeschobenen Zustand erreicht daher der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung (16) des hinteren Wagens nicht einmal die hintere der Stützen (6) des vorderen Wagens. Gleichwohl kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, die Stützen (6) könnten (entgegen dem ansonsten eindeutigen Anspruchswortlaut) allein deswegen keine Referenzebene für die Öffnung (12) bilden, weil bei diesem Verständnis des Merkmals 3 das Ausführungsbeispiel nach Figur 1 dem Anspruch 1 nicht unterfiele. Bei dieser Argumentation bliebe unberücksichtigt, dass die schematische Darstellung nach Figur 1 (vgl. Abschnitt [0011]) die Frage der „Öffnung (12)“ in keiner Weise erörtert. Ausweislich des zugehörigen Teils der Beschreibung in Abschnitt [0011] geht es im Zusammenhang mit Figur 1 lediglich darum, zu zeigen, wie sich die ineinandergeschobenen Einkaufswagen in der räumlichen Zuordnung ihrer dort genannten Bestandteile „Korb (9)“, „Aufnahmeeinrichtung (16) mit Sitzeinrichtung (17)“ und „Fahrgestell (2)“ zueinander im eingeschobenen Zustand verhalten. Damit korrespondiert, dass sich die Aufnahmeeinrichtung (16) des hinteren Wagens (1´) im gezeigten Ausführungsbeispiel nach der Beschreibung komplett unterhalb des Korbes (9) des vorderen Wagens (1) befindet (Abschnitt [0011]), obwohl es Merkmal 7 ausreichen lässt, dass dies auf den vorderen Bereich der Aufnahmeeinrichtung zutrifft. Offensichtlich will die Klagepatentschrift mit dem Ausführungsbeispiel in Figur 1 nur den „Idealzustand“ vollständig ineinandergeschobener Einkaufswagen abbilden, bei denen die Aufnahmeeinrichtung des vorderen komplett unterhalb des Korbes des hinteren liegt. Zur Definition des „Öffnung (12)“ enthält die Beschreibung der Figur 1 in Abschnitt [0011] hingegen keinerlei Angaben. Die Öffnung (12) ist dann erst Gegenstand der Darstellung in Figur 2, wo Abschnitt [0012] übereinstimmend mit Merkmal 3 auf die Stützen (6) abstellt, die zusammen mit der hinteren Unterkante (11) des Korbes (9) und dem Fußboden (15) die Öffnung (12) „umreißen“ sollen. In dem Ausführungsbeispiel nach Figur 2 befinden sich die hinteren der gezeigten Stützen (6) jedoch an der eingangs genannten Position zwischen dem hinteren Ende des Fahrgestells (2) und der hinteren Kante des Korbes (9). Die demgegenüber nur schematische Darstellung in Figur 1 ist daher nicht geeignet, den klaren Wortlaut des Anspruchsmerkmals 3 in dem Sinne zu erweitern, dass es auf die durch die Stützen gebildete Ebene nicht ankomme.
Stellt man für die Öffnung (12) mithin darauf ab, dass sie zwischen Korb (9) und Fußboden (15) und auf einer Ebene zwischen den Stützen (6) liegt, ist es unerheblich, ob sich im Bereich dieser Öffnung Teile der Aufnahmeeinrichtung befinden, die den so definierten maximalen Öffnungsbereich einschränken, sofern es die verbleibende Öffnung noch ermöglicht, den vorderen Bereich der Aufnahmeeinrichtung eines nachfolgenden Einkaufswagens einzufügen. Denn entscheidend für die durch Merkmal 6 näher spezifizierte Funktion der Öffnung (12) ist es, dass die Aufnahmeeinrichtung eines nachfolgenden Einkaufswagens zumindest mit ihrem vorderen Bereich in die Öffnung eingefügt werden kann, weil dieser schmaler und niedriger als die Öffnung gestaltet ist (Merkmal 5), so dass im eingefügten Zustand die Situation nach Merkmal 7 erreicht wird.

d) Merkmale 5 und 6
Vor dem Hintergrund der Auslegung der Öffnung (12) im Sinne des Merkmals 3 erschließt sich das fachmännische Verständnis der Merkmale 5 und 6 ohne weiteres. Damit zumindest der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) in die Öffnung (12) eines vorausbefindlichen Einkaufswagens (1) einfügbar ist (Merkmal 6), muss zumindest dieser vordere Bereich (18) schmaler und niedriger als die Öffnung (12) gestaltet sein (Merkmal 5).

e) Merkmal 7
Gemäß Merkmal 7 befindet sich in eingefügtem Zustand der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) unterhalb des Korbes (9) des vorausbefindlichen Einkaufswagens (1). Dadurch soll im ineinandergeschobenen Zustand die vom Klagepatent erstrebte Platzersparnis erzielt werden.
Wie bereits der Anspruchswortlaut unmittelbar erkennen lässt, setzt Merkmal 7 entgegen dem schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung (Seiten 6 und 10; Bl. 90 und 94 GA) nicht voraus, dass sich die Aufnahmeeinrichtung komplett unterhalb des Korbes befindet, sondern es genügt, dass dies für den vorderen Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) der Fall ist. An ihrem engeren Verständnis, das sich auf die Darstellung bevorzugter Ausführungsbeispiele in den Figuren 1 und 7 sowie die allein Figur 1 betreffende Beschreibungsstelle in Abschnitt [0011] bezog, hat die Beklagte im Termin zu Recht nicht mehr festgehalten. Denn weder figürliche noch textliche Darstellungen einer bevorzugten Ausführungsform sind geeignet, den Schutzbereich über den klaren Anspruchswortlaut hinaus weiter einzuschränken. Dass entsprechend der eindeutigen Anspruchsfassung auch eine Teilüberdeckung zwischen dem Korb des einen (vorausbefindlichen) Einkaufswagens und der Aufnahmeeinrichtung des anderen (eingeschobenen) Einkaufswagens genügt, belegt zugleich das Ausführungsbeispiel nach Figur 2, zu dem es in Abschnitt [0012] (Seite 3, Zeilen 15-18) heißt:
„…die Aufnahmeeinrichtung 16 des eingeschobenen, links dargestellten Einkaufswagens 1 ist in die Öffnung 12 des vorausbefindlichen Einkaufswagens 1 zumindest so weit eingeschoben, dass sich die Aufnahmeeinrichtung 16 des eingeschobenen Einkaufswagens 1´ mit ihrem vorderen Bereich 18 unter dem Korb 9 des vorausbefindlichen Einkaufswagens 1 befindet.“

2.
a) Die angegriffene Ausführungsform „B“ ohne eine Querstange, wie sie in Gestalt des Flacheisens in Anlage B6 erkennbar ist, macht von sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents, auch den umstrittenen, wortsinngemäß Gebrauch.
aa) Wie unter II. 1. a) zu Merkmal 1.1 ausgeführt, setzen Stützen, die den Korb tragen und an den Längsseiten des Einkaufswagens gelegen nach oben gerichtet sind, keine streng vertikale Ausrichtung voraus. Es genügt vielmehr, dass sie grundsätzlich nach oben gerichtet sind, um ihrer Funktion, den Korb zu tragen, gerecht werden zu können. Eine leichte Neigung in horizontaler Richtung, wie sie die Stützen der angegriffenen Ausführungsform(en) in Richtung auf die Schiebeeinrichtung aufweisen, ist für die Verwirklichung dieses Merkmals unschädlich.
bb) Auch Merkmal 2 (vgl. dazu II. 1. b)) wird durch die Kindersitzeinrichtung der angegriffenen Ausführungsform(en) verwirklicht. Die Parteien streiten über die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform: Während die Beklagte mit Verweis auf Abbildung 3 der Anlage H3 und die Zeichnung in Anlage B9 behauptet, die Sitzeinrichtung befinde sich teilweise unterhalb des Korbes, weil die Abflachung des Korbes vorne und die korrespondierende Form des stilisierten Rennwagens eine unter den Korb verschobene Sitzposition des Kindes erlaubten, geht der Vortrag der Klägerin dahin, die Sitzeinrichtung sei einschließlich ihrer Kopfstütze vollständig vor dem Korb angeordnet, wie dies auch Anlage H11 zeige. Sämtliche fotografischen Abbildungen (sowohl in Anlage H3 als auch H11) lassen wegen der leicht nach vorne oder hinten versetzten Fotografierposition nicht klar erkennen, ob eine geringfügige Überlappung zwischen der Lehne der Sitzeinrichtung und dem vordersten Bereich des nach vorne spitz zulaufenden Korbes besteht. Es handelt sich aber allenfalls um eine geringfügige Überlappung zwischen Korbspitze und Lehne der Sitzeinrichtung. Selbst wenn man die Zeichnung in Anlage B9 als maßstabsgerecht anerkennen wollte, könnte die Beklagte aus ihr keine Nichtverwirklichung ableiten. Denn bei dem sich gegebenenfalls unterhalb der Korbspitze befindlichen Teil der Sitzeinrichtung handelt es sich ebenfalls nur um einen Teil der Lehne der Sitzeinrichtung, während der wesentliche Teil der Kindersitzeinrichtung vor dem Korb angeordnet ist. Dies ist für die Verwirklichung des Merkmals 2 hinreichend.
cc) Merkmale 3, 5 und 6 werden durch die „B“ ohne Querstange wortsinngemäß verwirklicht, wie sich den Darstellungen derartiger Einkaufswagen in Anlagen H3 und H11 hinreichend deutlich entnehmen lässt. Die stilisierten Formel-1-Rennwagen verfügen über eine verhältnismäßig schmale Frontpartie, deren unterer („Spoiler“-) Bereich als Fußablage geeignet ist. Die hintere Partie des stilisierten Rennwagens lässt (wie insbesondere auf der ersten Abbildung der Anlage H11 zu erkennen ist) zwischen den „Hinterrädern“ im unteren Bereich ausreichend Raum für die breitere Fußablage und in der Mitte unter dem „Heckspoiler“ einen Spalt für die schmalere Frontpartie, die zwischen den in der Abbildung schwarzen Gleitschienen unter dem Heckleitwerk eintauchen kann.
Selbst wenn man, wie es das Klagepatent bei zutreffendem Verständnis vorsieht, die „Öffnung“ erst zwischen den Stützen ansetzt, also nicht bereits von der hinteren Unterkante des Korbes an vertikal zum Boden verlaufen lässt, gelangt der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung dieser angegriffenen Ausführungsform aufgrund der korrespondierenden Ausgestaltung der Front- und der Heckpartie der Aufnahmeeinrichtung bis zwischen die Stützen des vorderen Einkaufswagens. Dies kann die Kammer den vorliegenden Abbildungen (Anlagen H3 und H11) mit hinreichender Sicherheit entnehmen, wenngleich diese die Position der vorderen Partie der Aufnahmeeinrichtung relativ zu den Stützen des vorderen Einkaufswagens im eingeschobenen Zustand nicht unmittelbar abbilden. Im zusammengeschobenen Zustand kommen die „Vorderräder“ des hinteren Einkaufswagens und die „Hinterräder“ des vorderen mit ihrer hinteren Kante in etwa zur Deckung (vgl. Anlage H3, dritte Abbildung), während die Stützen auf Höhe der „Hinterräder“ noch innerhalb dieser verborgen sind (vgl. Anlage H3, dritte und fünfte Abbildung; Anlage H11, vierte Abbildung). Dies wird hinsichtlich der Lage der Stützen relativ zu den „Hinterrädern“ bestätigt durch Anlage B5 der Beklagten, wo sich die Stützen erkennbar in einem Ausschnitt der „Hinterräder“ befinden. Dass Anlage B5 die zweite angegriffene Ausführungsform mit Querstange in ihrer maximal eingeschobenen Position zeigen soll, ist insoweit irrelevant, da sich beide Ausführungsformen auch nach dem Vorbringen der Beklagte nur durch diese Querstange unterscheiden sollen und daher in den Proportionen des einzelnen Wagens jedenfalls gleich sind. Zugleich ragt die Frontpartie des „Rennwagens“ deutlich über die Vorderkante seiner „Vorderräder“ hinaus, was sich der sechsten Abbildung der Anlage H3 und der dritten Abbildung der Anlage H11 ebenso entnehmen lässt wie der insoweit ebenfalls aufschlussreichen Anlage B5 (rechter Einkaufswagen). Addiert man diesen Überstand der Frontpartie über die Vorderkante der „Vorderräder“ zur Einschubposition, wie sie sich in der dritten Abbildung der Anlage H3 zeigt, hinzu, erschließt es sich, dass sich der vordere Bereich des stilisierten Rennwagens (der Aufnahmeeinrichtung im Sinne des Klagepatents) zwischen den Stützen des vorausbefindlichen Einkaufswagens befinden muss. Zugleich ist dies nur dadurch erklärlich, dass die Frontpartie des hinteren „Rennwagens“ von den korrespondierenden Ausnehmungen in der Heckpartie des vorderen aufgenommen wird, was wiederum nur möglich ist, wenn ihr vorderer Bereich im Verhältnis zur zwischen den Stützen freibleibenden Öffnung (vgl. Anlage H3, achte Abbildung, Anlage H11, erste Abbildung) schmaler und niedriger gestaltet ist.
Gegen die Verwirklichung der Merkmale 3, 5 und 6 durch die angegriffene Ausführungsform ohne Querstange bestehen daher auch auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen keine durchgreifenden Bedenken.
dd) Gleiches gilt hinsichtlich der Verwirklichung des Merkmals 7 durch diese Ausführungsform. Wie sich der dritten, vierten und fünften Abbildung in Anlage H3 sowie der vierten Abbildung in Anlage H11 trotz der jeweils seitlich versetzten Fotografierposition hinreichend deutlich entnehmen lässt, befindet sich der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung bis etwa zur Höhe der Sitzfläche der Sitzeinrichtung unterhalb des Warenkorbes des vorausbefindlichen Einkaufswagens, so dass sich im Maße der Überdeckung eine Platzersparnis ergibt.

b) Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform ohne Querstange ist auch zumindest eine Benutzungshandlung im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG festzustellen. Durch den Internetauftritt der Beklagten vom März 2005, wie er durch den als Anlage H12 vorliegenden Ausdruck dokumentiert ist, hat die Beklagte die angegriffene Ausführungsform ohne Querstange in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und damit eine dem Patentinhaber vorbehaltene Benutzungshandlung vorgenommen. Dass dieser Internetauftritt wegen Verwendung der englischen Sprache nicht auf Deutschland bezogen gewesen sei, wie die Beklagte im Termin vortragen ließ, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Vergleicht man ihn mit der Gestaltung des modifizierten Internetauftritts vom September 2006 (Anlage B4), der ebenfalls in englischer Sprache gestaltet ist und (dennoch) den hinweisenden Zusatz „not nestable for Germany, …“ erhält, wird deutlich, dass die Beklagte selbst davon ausgeht, ihr englischsprachiger Internetauftritt werde auch von Angebotsempfängern in Deutschland wahrgenommen. Dies zu Recht, denn in den angesprochenen Verkehrskreisen, den Betreibern von Supermärkten und anderen Geschäften, die an Einkaufswagen der beschriebenen Art interessiert sind, kann eine Kenntnis der englischen Sprache vorausgesetzt werden. Anders als der spätere Internetauftritt der Beklagten (Anlage B4) enthält Anlage H12 keinerlei Hinweis darauf, dass die für die Bundesrepublik Deutschland bestimmten „B“ nicht über die Eigenschaft verfügen sollen, sich ineinander schieben zu lassen. Vielmehr heißt es in Anlage H12 ohne Einschränkung wörtlich: „They nestle into each other and therefor take almost no extra space.“
Dem Beweisantritt der Klägerin für die Tatsache, dass die als Anlage H3 vorliegenden Fotografien in Supermärkten in Bayern und Düsseldorf-Benrath gefertigt wurden, brauchte daher nicht nachgegangen zu werden. Gleiches gilt für den Beweisantritt der Klägerin betreffend die Ausgestaltung des auf der Messe Euroshop 2005 in Düsseldorf gezeigten Modells „B“, auch nachdem die Beklagte erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vortragen ließ, nach Erinnerung ihres Geschäftsführers sei ein Modell mit Querstange ausgestellt worden. Denn jedenfalls in Gestalt des Internetauftritts vom März 2005 liegt zumindest eine relevante Benutzungshandlung vor, die für die im Rahmen des Unterlassungsanspruchs erforderliche Wiederholungsgefahr ausreicht.

3.
Die angegriffene Ausführungsform „B“ mit Querstange zwischen den hinteren Längsträgern des Fahrgestells macht von Anspruch 1 des Klagepatents hingegen keinen Gebrauch und verletzt Klagepatentsanspruch 1 mithin nicht unmittelbar. Die Klage ist daher mit dem auf diese Ausführungsform bezogenen Hauptantrag abzuweisen.

a) Ungeachtet der Frage, ob der Darstellung in Anlage B5, die nach dem Vorbringen der Beklagten die maximale Einschubposition zweier „B“ mit Querstange gemäß Anlage B6 zeigen soll, die Verwirklichung des Merkmals 7 entnommen werden kann, fehlt es in jedem Fall an der Verwirklichung des Merkmals 6, wonach zumindest der vordere Bereich (18) der Aufnahmeeinrichtung (16) in die Öffnung (12) eines vorausbefindlichen Einkaufswagens (1) einfügbar ist. Setzt man die Öffnung (12), wie sie durch Merkmal 3 definiert wird, richtigerweise erst auf der Ebene der Stützen im Bereich unterhalb des Korbes an, genügt es nicht, dass sich die Frontpartie des „Rennwagens“ teilweise zwischen den schwarzen Gleitschienen des Heckleitwerks befindet (vgl. Anlage B5). Denn anspruchsgemäß muss die Aufnahmeeinrichtung zumindest teilweise zwischen die Stützen eindringen, weil diese die für die Öffnung im Sinne der Merkmals 3, 5 und 6 relevante Referenzebene darstellen (vgl. II. 1. c)). Aufgrund der Sperrwirkung der Querstange bei der zweiten angegriffenen Ausführungsform vermag die Frontpartie die Ebene der Stützen aber nicht zu erreichen, wie der Anlage B5 zu entnehmen ist. Für die Annahme, dass auch Einkaufswagen mit Querstange weiter als in Anlage B5 gezeigt eingeschoben werden könnten, hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nichts vorgetragen.
Weil die angegriffene Ausführungsform mit Querstange jedenfalls die Ebene der Stützen nicht erreicht, kann offen bleiben, ob – wie die Beklagte im Termin vortragen ließ – die Querstange als Teil des Fahrgestells die Öffnung unterhalb des Korbes nach unten begrenzt, mit der Folge, dass schon allein aus diesem Grund nicht mehr von einer „Öffnung“ im Sinne der Merkmale 3, 5 und 6 (die anspruchsgemäß durch den Fußboden begrenzt wird) gesprochen werden könnte. Es fehlt in jedem Fall – das Vorliegen einer Öffnung zwischen den Stützen unterstellt – an der Verwirklichung des Merkmals 6.

b) Auch unter Berücksichtigung der Rigg-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHZ 82, 254, 256) liegt hier keine unmittelbare Verletzung des Klagepatentanspruchs 1 vor. Nach dieser noch zum PatG 1968 ergangenen Entscheidung sind nur eng begrenzte Ausnahmen von dem Grundsatz zulässig, dass eine unmittelbare Verletzung eines Kombinationspatents nur dann zu bejahen ist, wenn die Verletzungsform von der Gesamtheit der Kombinationsmerkmale Gebrauch macht. Diese eng begrenzten Ausnahmen setzen voraus, dass die angegriffene Ausführungsform alle wesentlichen Merkmale des geschützten Erfindungsgedankens aufweist und es zu ihrer Vollendung allenfalls noch der Hinzufügung selbstverständlicher, für den Erfindungsgedanken nebensächlicher Zutaten bedarf. Nur dann kann es gleichgültig sein, ob der letzte, für die erfinderische Leistung unbedeutende Akt des Zusammenfügens der Gesamtvorrichtung von Dritten vorgenommen wird (BGHZ 82, 254, 256 = GRUR 1982, 165, 166 – Rigg). Unter Geltung des aktuellen Patentgesetzes haben sich die höchstrichterlichen Entscheidungen Flügelradzähler (BGHZ 159, 76, 91 = GRUR 2004, 758, 760) und Funkuhr II (GRUR 2007, 313, 314) die Rigg-Entscheidung ausdrücklich zu eigen gemacht.
Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang – ohne die Voraussetzungen der Rigg-Rechtsprechung ausdrücklich zu erörtern – darauf, dass es sich für den Abnehmer von selbst verstehe, die am Fahrgestell lediglich verschraubte (nicht etwa verschweißte) Querstange nach Erhalt dieser angegriffenen Ausführungsform zu entfernen, um so ohne nennenswerten Aufwand in den Genuss stapelbarer Einkaufswagen mit einer vor dem Korb angeordneten und für ein Kind bestimmten Sitzeinrichtung zu kommen. Nachdem der Abnehmer in der Werbung der Beklagten auch durch die Abbildung weit ineinander geschobener Einkaufswagen (vgl. Anlage B4, Seite 8, obere Abbildung, „Nestable“) vermittelt bekommen habe, dass es sich bei den Einkaufswagen „B“ grundsätzlich um ein stapelbares Modell handelt, das sich nur in Deutschland und drei anderen genannten Staaten (neben Italien sind das die benannten Vertragsstaaten des Klagepatents) nicht stapeln lasse, verstehe es sich von selbst, dass der Abnehmer die handelsüblichen Schrauben löse und die dem vollständigen Zusammenschieben hinderliche Querstange mit wenigen Handgriffen entferne. Dies nehme die Beklagte billigend in Kauf.
Im vorliegenden Fall vermag die Kammer jedoch im Ergebnis nicht zu erkennen, dass es sich bei der (tatsächlich ohne nennenswerten technischen Aufwand möglichen) Entfernung der Querstange um eine für den Abnehmer „selbstverständliche, für den Erfindungsgedanken nebensächliche“ Maßnahme im Sinne der Rigg-Rechtsprechung handelt. Dabei fällt weniger ins Gewicht, dass es im vorliegenden Fall anders als in der Entscheidung Rigg nicht um die Hinzufügung einer nebensächlichen Zutat, sondern vielmehr um einen „Rückbau“ einer nur ohne die Querstange patentverletzenden Vorrichtung (vgl. die Ausführungen unter II. 2.), also um eine Entfernung einzelner Bauteile geht. Denn es sind keine Gründe ersichtlich, warum die Entfernung eines ohne weiteres zu entfernenden Bauteils anders zu beurteilen sein sollte als die Hinzufügung einer weiteren Zutat. Bedenken bestehen aber dagegen, in der Entfernung der Querstange eine „selbstverständliche“ Maßnahme zu sehen. Denn auch die angegriffene Ausführungsform mit Querstange ist zur bestimmungsgemäßen Verwendung als Einkaufswagen geeignet, nur die vom Klagepatent erstrebte Platzersparnis im zusammengeschobenen Zustand wird nicht erreicht, weil der vordere Bereich der Aufnahmeeinrichtung nicht bis in die Öffnung zwischen den Stützen gelangt. Es ist aber nicht anzunehmen, dass jeder Abnehmer, der die Einkaufswagen nach Anlage B5 sieht, sich (erstens) fragt, warum sie nur in dem dort gezeigten Maße ineinandergeschoben werden können, und (zweitens) als selbstverständlich erkennt, dass er nur die Querstange zu entfernen braucht, um die Wagen weiter ineinanderschieben zu können. Vielmehr kann sich ein Abnehmer auch mit der Ausgestaltung einschließlich der Querstange zufrieden geben, diese unverändert am Fahrgestell belassen und auf eine weitergehende Platzersparnis verzichten. Der Schluss, dass die Entfernung der Querstange ein „selbstverständliches“ Verhalten der Abnehmer sei, liegt daher nicht nahe. Eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform gemäß Anlage B5/B6 ist nicht gegeben.

III.
Die Klage ist darüber hinaus mit dem hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform mit Querstange gestellten Hilfsantrag abzuweisen. In Angebot und Lieferung der „B“ mit Querstange liegt keine mittelbare Verletzung von Klagepatentsanspruch 1 im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG.
Dabei kann unterstellt werden, dass es sich bei den Einkaufswagen „B“ mit Querstange um Mittel handelt, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen und die (wenn auch nicht ausschließlich) dazu geeignet sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Mit Querstange sind sie so hergerichtet, dass zwar gerade eine patentverletzende Benutzung nach § 9 PatG nach Entfernung der verschraubten Querstange sinnvoll, gleichwohl aber auch ein anderer sinnvoller Gebrauch noch möglich erscheint, denn sie können auch mit Querstange als dann nur in geringerem Maße entsprechend Anlage B5 ineinander schiebbare Einkaufswagen benutzt werden.
Eine mittelbare Patentverletzung verlangt darüber hinaus aber auch, dass die Mittel auf Seiten der Angebotsempfänger oder Abnehmer zu einer Benutzung der Erfindung bestimmt werden, indem die Verschraubungen der Querstange zu ihrer Entfernung gelöst werden. Diese Bestimmung ist hier nicht festzustellen. Für sie kommt es auf den erkennbaren Handlungswillen des Angebotsempfängers oder Abnehmers an, das angebotene oder gelieferte Mittel für einen Einsatz vorzusehen, der objektiv eine unmittelbare Benutzung der patentierten Erfindung darstellen würde (BGH, GRUR 2001, 228, 231 – Luftheizgerät; GRUR 2005, 848, 851 – Antriebsscheibenaufzug), für den der Patentinhaber darlegungs- und beweispflichtig ist. Auch aus dem von der Klägerin angebotenen Beweis, dass die in Anlagen H3 und H11 dargestellten Einkaufswagen ohne Querstange an diverse Supermärkte vertrieben worden seien, ließe sich nicht der Schluss ziehen, dass die betreffenden Einkaufswagen zunächst mit Querstange geliefert und die Querstangen sodann von den Abnehmern entfernt wurden. Als denkbare Sachverhaltsalternative kommt ebenso in Betracht, dass sie bereits entsprechend dem früheren Internetauftritt Anlage H12 als Ausführungsform ohne Querstange geliefert wurden oder aus demjenigen Ausland, wo die Beklagte auf eine Querstange verzichtet, stammend nach Deutschland weitergeliefert wurden. Eine tatsächliche „Bestimmung“ der Abnehmer, ursprünglich mit einer Querstange ausgestattete „B“ von der Querstange zu befreien und patentverletzend einzusetzen, ergäbe sich aus den von der Klägerin unter Beweis gestellten Tatsachen nicht.
Letztlich kann die Frage der objektiven „Bestimmung“ durch die Abnehmer aber offen bleiben, weil es jedenfalls auf Seiten der Beklagten an einer positiven Kenntnis oder Offensichtlichkeit aufgrund der Umstände fehlt. Das von § 10 Abs. 1 PatG vorausgesetzte Wissen des Anbieters oder Lieferanten, dass die Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der geschützten Erfindung verwendet zu werden, setzt grundsätzlich die Kenntnis voraus, dass der Abnehmer das gelieferte Mittel in einer Weise verwenden wird, die objektiv gesehen eine Benutzung der geschützten Erfindung bedeutet (Benkard/Scharen, PatG/GebrMG, 10. Auflage 2006, § 10 PatG Rn. 19). Dabei können auch Erfahrungen des täglichen Lebens verwertet werden. Auf die Kenntnis des Anbieters oder Lieferanten kommt es – aus Gründen der Beweiserleichterung – nur im Falle der Offensichtlichkeit nicht an, d.h. dann, wenn sich die Eignung und Bestimmung der angebotenen oder gelieferten Mittel für die Benutzung der Erfindung für den unbefangenen Betrachter der Umstände von selbst ergibt und vernünftige Zweifel nicht bestehen (BGH, GRUR 2001, 228, 231 – Luftheizgerät).
Im vorliegenden Fall sind weder solche Anhaltspunkte für eine Kenntnis der Beklagten nach der Erfahrung des täglichen Lebens noch Umstände vorhanden, die zu einer Offensichtlichkeit der Bestimmung durch die Abnehmer führen könnten. So hat es die höchstrichterliche Rechtsprechung ausreichen lassen, dass der Lieferant den Belieferten zu einer bestimmten Verwendung der gelieferten Vorrichtung anleitet oder eine bestimmte Verwendung derselben empfiehlt, weil dann anzunehmen sei, dass sich der Belieferte nach der Anleitung oder Empfehlung richten wird und der Lieferant dies weiß und will (BGH, GRUR 2001, 228, 231 – Luftheizgerät). Dies gelte insbesondere dann, wenn ein Gerät infolge seiner technischen Eigenart und Zweckbestimmung auf eine zu einem Patenteingriff führende Benutzung zugeschnitten ist und zu einem entsprechenden Gebrauch angeboten wird (BGHZ 17, 266, 292). Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Die Beklagte bewirbt den Einkaufswagen „B“ in ihrer auch für Abnehmer in der Bundesrepublik Deutschland bestimmten Internet-Werbung – soweit diese in ihrer jüngeren Ausgestaltung auf die angegriffene Ausführungsform mit Querstange überhaupt zugeschnitten ist (Anlage B4) – als „not nestable“, also nicht stapelbar bzw. ineinander schiebbar. Eine irgendwie geartete Empfehlung, die Querstange, die einem weiteren Ineinanderschieben objektiv entgegensteht, zu entfernen, gibt die Beklagte ihren Angebotsempfängern und Abnehmern – soweit dies aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich ist – nicht. Einen Prospekthinweis der Beklagten auf die bloße Möglichkeit einer Entfernung der Querstange und damit patentverletzende Verwendung hat die Klägerin nicht dargetan. Auch aus der technischen Gestaltung des Einkaufswagens selbst ergibt sich die Entfernung der Querstange nicht. Denn er kann selbst mit verbleibender Querstange uneingeschränkt als Einkaufswagen verwendet werden, wobei der Abnehmer lediglich auf den (patentgemäß erstrebten) Vorteil einer in weiterem Maße platzsparenden Zusammenfügung mehrerer Einkaufswagen verzichtet. Es kann damit auch nicht davon gesprochen werden, es gebe keine andere Verwendung als die patentverletzende ohne Querstange, weshalb sich die Beklagte der Erkenntnis einer Bestimmung durch die Abnehmer zur patentverletzenden Verwendung nicht verschließen dürfe. Schließlich wird das Prinzip der Verschraubung nicht nur im Falle der Querstange, sondern auch bei anderen Teilen des Fahrgestells praktiziert (vgl. Anlage B6 hinsichtlich der Befestigung der Stützen am Fahrgestell), so dass der Abnehmer auch durch das Konstruktionsprinzip keine Veranlassung erhält, den Einkaufswagen zu einer patentverletzenden Vorrichtung „rückzurüsten“. Das für eine Offensichtlichkeit im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG erforderliche hohe Maß an Voraussehbarkeit der patentverletzenden Verwendung seitens des Angebotsempfängers oder Abnehmers des Mittels (vgl. BGH, GRUR 2005, 848, 852 – Antriebsscheibenaufzug; Benkard, a.a.O., § 10 PatG Rn. 20 m.w.N.) kann daher hier nicht festgestellt werden.

IV.
Aus der Verletzung von Klagepatentanspruch 1 durch die angegriffenen „B“ ohne Querstange ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen. Da die Beklagte widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht hat, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet (Art. 64 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1 PatG).
Die Beklagte hat der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten (Art. 64 EPÜ; § 139 Abs. 2 PatG). Denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für den Offenlegungszeitraum schuldet die Beklagte der Klägerin eine angemessene Entschädigung für Benutzungshandlungen in dem Zeitraum vom 12. Oktober 2001 (einen Monat nach Veröffentlichung der Patentanmeldung) bis zum 21. Oktober 2004 (Ablauf eines Monats nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents; Art. II § 1 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG). Die genaue Entschädigungs- und Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach hier anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 140b PatG. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Auskunft und Rechnungslegung vorzunehmen sind.

V.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung bis zu einer Entscheidung über den gegen das Klagepatent eingereichten Einspruch besteht keine hinreichende Veranlassung.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Eine Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Ist dies hingegen nicht der Fall, so verdient das Interesse des Patentinhabers an einer alsbaldigen Durchsetzung seiner – zeitlich ohnehin begrenzten – Rechte aus dem Patent den Vorrang vor dem Interesse der Gegenpartei, nicht aus einem Patent verurteilt zu werden, das sich möglicherweise später als nicht rechtsbeständig erweist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht keine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits.

1.
Dem Klagepatent fehlt nicht die Patentfähigkeit nach Artt. 52 Abs. 2 lit. c) („Spiele“); 100 lit. a) EPÜ. Teilmerkmal 2.1 stellt lediglich eine Funktionsangabe für die beanspruchte Aufnahmeeinrichtung dar, die demnach ausgestaltet und geeignet sein soll, das Spielbedürfnis eines Kindes anzusprechen. Durch welche Maßnahmen dies im Einzelnen geschehen kann, konnte und durfte das Klagepatent offen lassen, weil es sich für den angesprochenen Fachmann von selbst versteht, welche Ausgestaltungen dieses Funktionsmerkmal erfüllen. Die Ausführbarkeit der Erfindung (Einspruchsgrund des Art. 100 lit. b) EPÜ) wird dadurch ebenfalls nicht in Frage gestellt.

2.
Dem Gegenstand des Klagepatents fehlt weder die Neuheit noch die Erfindungshöhe (Artt. 54; 56; 100 lit. a) EPÜ) angesichts des Werbeprospektes „E“ (Anlage B8). Aus der als Anlage B7 vorliegenden Einspruchsschrift ist nicht erkennbar, ob die Entgegenhaltung nach Anlage B8 (Anlage A1 im Einspruchsverfahren) als vorveröffentlichte Druckschrift oder als offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht werden soll. Legt man zugunsten der Beklagten zugrunde, dass es sich um eine vorveröffentlichte Druckschrift handeln soll, ist es jedenfalls aus Sicht der Kammer nicht nachvollziehbar und daher im vorliegenden Zusammenhang unsubstantiiert, woraus die Einsprechende ableitet, das Prospektblatt gemäß Anlage B8 sei „veröffentlicht 05/1998“ (vgl. Einspruchsschrift Anlage B7, Seite 3). Die in der Einspruchsschrift insoweit genannten Beweisstücke „B1“ und „B2“ liegen hier nicht vor.
Unterstellt man aber zugunsten der Beklagten die Vorveröffentlichung, ist Anlage B8 schon deshalb nicht neuheitsschädlich, weil Merkmale 2 und 2.1 des Klagepatentanspruchs 1 (vor dem Korb angeordnete Sitzeinrichtung für ein Kind, die in eine das Spielbedürfnis des Kindes ansprechende Aufnahmeeinrichtung eingebunden ist) nicht offenbart werden. Eine Kombination mit der Entgegenhaltung US-PS 5,330,210 (im Einspruchsverfahren A2, hier als Anlage H8 vorliegend) kommt ebenfalls nicht in Betracht. So ist bereits nicht ersichtlich, welche Veranlassung ein Fachmann, der sich mit der Weiterentwicklung von Einkaufswagen mit Sitzeinrichtung für ein Kind vor dem Korb befasst, damit diese platzsparend ineinander geschoben werden können, haben sollte, die Entgegenhaltung Anlage B8 zur Lösung überhaupt heranzuziehen. Denn die dort gezeigte Vorrichtung dient ausschließlich dem Transport von Gütern; eine Sitzeinrichtung für ein Kind offenbart sie nicht, obwohl die Einsprechende dies mit der auf den unteren der beiden Warenkörbe weisenden Bezugsziffer „17“ suggeriert. Dementsprechend lassen sich auch die Maßnahmen, mit denen das Klagepatent ein platzsparendes Ineinanderschieben mehrerer Einkaufswagen mit vor dem Korb angeordneten Kindersitzeinrichtungen erreichen will, der Entgegenhaltung Anlage B8 nicht entnehmen. Der Fachmann müsste den unteren Korb aus Anlage B8 als „Aufnahmeeinrichtung für eine Kindersitzeinrichtung“ interpretieren und schlussfolgern, dass diese schmaler ausgestaltet sein muss als der Raum zwischen dem oberen Korb, dem Fußboden und den seitlichen Stützen, damit sie sich im zusammengeschobenen Zustand dort einfügen kann. Auf dem Fahrgestell des Wagens nach Anlage B8 lässt sich wegen mangelnder Höhe kein Kindersitz anordnen, wegen der Kürze des Fahrgestells schon gar nicht vor dem Korb. Der untere Korb müsste daher weggelassen werden. In all diesen Schritten keine erfinderische Tätigkeit zu sehen, die über ein einfaches Kombinieren deutlich hinausgeht, kann nur auf Grund einer unzulässigen rückschauenden Betrachtung angenommen werden.

3.
Schließlich besteht auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Einspruchsverfahren die Erfindungshöhe des Klagepatents angesichts der Entgegenhaltung EP 0 816 xxx A1 (Anlage B1) verneint werden wird. Diese am 07. Januar 1998 veröffentliche Anmeldung stellt gegenüber dem Klagepatent, das eine früheste Priorität vom 16. September 1999 in Anspruch nimmt, Stand der Technik dar.
Anlage B1 betrifft ein ineinander schiebbares Fahrzeug, bei dem der vordere Bereich des Fahrgestells schmaler ausgebildet ist als der hintere Bereich (vgl. Merkmal 4; „having, in said front part, a section with a progressively increasing width towards the rear“, Anlage B1, Spalte 2 Zeilen 12-14). Im hinteren Bereich ist eine Ausnehmung vorhanden, in die der vordere Bereich eines gleichen oder ähnlichen Fahrzeugs eingeschoben werden kann (vgl. Merkmal 6; „a recess or housing in its central rear part that facilitates and enables the connection of the front part of an identical or similar vehicle“, Anlage B1, Spalte 2 Zeilen 9-12). Zu diesem Zweck muss die Ausnehmung (wie der Fachmann automatisch mitliest) schmaler und niedriger sein als der vordere Bereich des Fahrzeugs (vgl. Merkmal 5). Wie der Zeichnung in Figur 1 der B1 zu entnehmen ist, befindet sich im zusammengefügten Zustand der vordere Bereich des Fahrgestells des hinteren Fahrzeugs unterhalb der Fahrgastkabine des vorderen Fahrzeugs. Die Beklagte meint, der Fachmann, der sich mit der platzsparenden Weiterentwicklung eines Einkaufswagens mit Kindersitzeinrichtung vor dem Korb befasst, werde den Einkaufswagen nach Anlage H4 (Prospekt der Klägerin Nr. 480/99), der die Merkmale 1 bis 3 des Klagepatents offenbare, mit der Offenlegungsschrift nach Anlage B1 kombinieren und gelange so zum Gegenstand des Klagepatents. Dabei ersetze der Fachmann den in der Fahrgastkabine angeordneten Sitz bei Anlage B1 durch den Korb des gattungsgemäßen Einkaufswagens.
In der Annahme, der Fachmann greife bei der Suche nach Lösungen für das Problem, bekannte Einkaufswagen mit Kindersitzeinrichtung vor dem Korb platzsparend ineinander zu schieben, auf Anlage B1 zurück, ist der Beklagten wie der Einsprechenden nicht zu folgen. Klagepatent und Entgegenhaltung Anlage B1 betreffen mit Einkaufswagen mit Kindertransportmöglichkeit vor dem Korb einerseits und motorisierten Straßenfahrzeugen andererseits grundlegend verschiedene technische Gebiete: Anlage B1 befasst sich mit einem motorisierten Fahrzeug für den öffentlichen Straßenverkehr (Anlage B1, Spalte 1 Zeilen 21-23: „the vehicle … can have three or four wheels, one or more presenting autonomous means of motorization“). Einkaufswagen („shopping trolleys“) werden in ihr lediglich im Zusammenhang mit der Lösung der dort verfolgten Aufgabenstellung, beim Parken der Fahrzeuge Platz zu sparen, genannt (vgl. Anlage B1, Spalte 1 Zeilen 32f.: „in order to save a significant amount of space in the coupling of the vehicles and while parked“). Die Entgegenhaltung Anlage B1 sieht den Vorteil ihrer Weiterentwicklung darin, Fahrzeuge aufgrund ihrer eigenen Struktur und Form in der Weise miteinander zu verbinden, wie dies bei Einkaufswagen hinlänglich bekannt ist (vgl. Anlage B1, Spalte 1 Zeilen 10-14). Damit überträgt die Entgegenhaltung das Prinzip der Ineinanderschiebbarkeit von Einkaufswagen auf motorisierte Fahrzeuge für den öffentlichen Straßenverkehr. Sie greift für die Weiterentwicklung von Kraftfahrzeugen auf die von Einkaufswagen bekannte Lösung zurück, die Fahrgestelle und Warenkörbe im abgestellten Zustand miteinander zu verschachteln. Die Blickrichtung des auf dem Gebiet des Klagepatents tätigen Fachmanns ist eine genau umgekehrte: Er müsste sich auf dem gattungsfremden Gebiet der Kraftfahrzeuge für den Straßenverkehr umsehen, um auf die Entgegenhaltung Anlage B1 zu stoßen. Aus der Erwähnung von Einkaufswagen in Anlage B1 (Spalte 1 Zeile 13; entsprechend der Blickrichtung der Entgegenhaltung) lassen sich daher keine Schlüsse darauf ziehen, dass auch der Erfinder des Klagepatents umgekehrt auf dem Gebiet der Kraftfahrzeuge für den Straßenverkehr nach Lösungen für sein Problem suchen würde.
Die Annahme einer Kombination des Standes der Technik nach Anlage H4 mit Anlage B1 beruht daher ebenfalls auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtung. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen dem nächstkommenden Stand der Technik (Anlage H4) und der Entgegenhaltung EP 0 816 xxx A1, die die Beklagte und die Einsprechende aufzeigen können, ist die Tatsache, dass die „typische“ Aufnahmeeinrichtung, die das Spielbedürfnis eines Kindes anspricht, wie auch bei Anlage H4 ein stilisiertes Kraftfahrzeug ist. Schon die Problemstellung der Entgegenhaltung weicht dann aber – wie ausgeführt – grundlegend von der des Fachmanns auf dem Gebiet des Klagepatents ab. Es widerspräche daher dem normalen Denken des Fachmanns, derart unterschiedliche Fahrzeuge wie Einkaufswagen und Kraftfahrzeuge miteinander zu kombinieren.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 500.000,- € festgesetzt.