4a O 203/95 – Kniegelenkprothese

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 501

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Januar 2006, Az. 4a O 203/95

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer
im Gebiet der europäischen Union ansässigen, als Zoll- und
Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patentes 26 xxx gewesen. Ihr wurde das Klagepatent von der früheren Patentinhaberin, der A Corp. am 9. August 1982 übertragen. Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer US-Priorität vom 15. August 1975 am 16. August 1976 angemeldet. Der Hinweis auf die Patenterteilung erfolgte am 22. September 1983. Bis zum Ablauf der Patentdauer am 16. August 1994 stand das Klagepatent in Kraft. Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtungen in Anspruch. Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Kniegelenk-Endoprothese mit zwei in die Knochen einsetzbaren, mit Dornen versehenen oberen und unteren Anschlussstücken, die durch einen rechtwinklig zu den Dornen verlaufenden Gelenkbolzen über ein auf dem unteren Anschlussstück abgestütztes Zwischengelenkstück gelenkig miteinander verbunden sind, mit einer durch einen zu dem Gelenkbolzen rechtwinkligen Zapfen und eine hülsenförmigen Aufnahme für diese gebildeten gelenkigen Verbindung zwischen dem Gelenkzwischenstück und dem unteren Anschlussstück, dadurch gekennzeichnet, dass das Gelenkzwischenstück (23) auf dem unteren Anschlussstück (26) durch zu dem Dorn (44) des unteren Anschlussstücks (26) etwa rechtwinklige Lagerfläche (40, 52) des Gelenkzwischenstücks (23) und des unteren Anschlussstücks (26) breitflächig abgestützt ist und dass der Zapfen (38) und die hülsenförmige Aufnahme (42) etwa parallel zu dem Dorn (44) des unteren Anschlussstücks (26) verlaufen.

Nachfolgend abgebildet ist die Figur 1 der Klagepatentschrift, die eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung zeigt. Die Figur 1 zeigt eine perspektivische Ansicht der Kniegelenk-Endoprothese im auseinandergezogenen Zustand ihrer Einzelteile.

Die Beklagte hatte gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht erhoben. Mit Urteil vom 29. April 1997 wurde das Klagepatent im Umfang der Ansprüche 1 – 3 und 5 widerrufen. Auf die Berufung der Klägerin zum Bundesgerichtshof wurde das Urteil des Bundespatentgerichtes mit Urteil des Bundesgerichtshofes vom 12. Dezember 2000 dahingehend abgeändert, dass die entsprechende Nichtigkeitsklage der Beklagten abgewiesen wurde.

Die Beklagte stellt her und vertreibt Kniegelenkprothesen, deren Ausgestaltung sich u.a. aus dem als Anlage B 1 vorgelegten Prospekt der Beklagten ergibt. Nachfolgend abgebildet ist eine von der Beklagten als Anlage B 2 vorgelegte schematische Zeichnung der angegriffenen Kniegelenkprothese. Die Prothese besteht aus einer Oberschenkelkomponente Ziffer 1 und einer Unterschenkelkomponente Ziffer 2, die jeweils einen Stil (3, 4) aufweisen, mit dem sie im Oberschenkelknochen bzw. im Schienenbein verankert werden. Die Oberschenkelkomponente (1) gabelt sich nach unten hin zur Bildung von zwei Kufen (5). Im Querschnitt sind sie gleichfalls gekrümmt, und zwar in solcher Weise, dass ihre Gleitfläche von außen nach innen hin sanft ansteigt. Die Unterschenkelkomponente (2) trägt an ihrem oberen Ende eine Platte (6), auf der ein sogenanntes Plateau (7) aus gleitgünstigem hochmolokularen Niederdruckpolyethylen befestigt ist. An diesem sind gegenüber den Kufen (5) der Oberschenkelkomponente Gleitflächen (8) ausgebildet, die den Kufen etwa komplementär sind. Zwischen dem unteren Ende (14) der Polyethylenauskleidung der Hülse (11) und der ihr gegenüberliegenden Fläche (15), die den Fuß des Zapfens (10) umgibt, ist ein Spiel von ca. 0,6 mm vorgesehen. Ein weiteres Spiel ist am Zapfenkopf erkennbar.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die angegriffene Knieendogelenkprothese der Beklagten von der Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen, hilfsweise äquivalenten Gebrauch mache. Bei der angegriffenen Ausführungsform komme es bestimmungsgemäß zu einem kraftübertragenden Kontakt zwischen dem unteren Ende (14) der Hülse (11) einerseits und der Fläche (15) am Fuß des Zapfens (10) andererseits. Daher könne das Kreuzstück als Zwischengelenkstück im Sinne des Klagepatentes angesehen werden. Bei dieser Kraftübertragung handele es sich auch um eine Breitflächigkeit im Sinne des Klagepatentes.

Die Klägerin beantragt,

I.
die Beklagte zu verurteilen,
der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte in der Zeit vom 22. Oktober 1983 bis zum 16. August 1994
Kniegelenk-Endoprothesen mit zwei in die Knochen einsetzbaren, mit Dornen versehenen oberen und unteren Anschlussstücken, die durch einen rechtwinklig zu den Dornen verlaufenden Gelenkbolzen über ein auf dem unteren Anschlussstück abgestütztes Zwischengelenkstück gelenkig miteinander verbunden sind, und mit einer durch einen zu dem Gelenkbolzen rechtwinkligen Zapfen und einer hülsenförmigen Aufnahme für diesen gebildete gelenkige Verbindung zwischen dem Gelenkzwischenstück und dem anderen Anschlussstück,
gewerbsmäßig hergestellt, feilgehalten, in Verkehr gebracht oder gebraucht hat, bei denen das Gelenkzwischenstück auf dem unteren Anschlussstück durch zu dem Dorn des unteren Anschlussstückes etwa rechtwinklige Lagerfläche des Gelenkzwischenstücks und des unteren Anschlussstücks breitflächig abgestützt ist und bei denen der Zapfen und die hülsenförmige Aufnahme etwa parallel zu dem Dorn des unteren Anschlussstücks verlaufen,
und zwar – aufgeschlüsselt nach Typen – der hergestellten Mengen, der Liefermengen, der Lieferzeiten, der Lieferpreise, der gewerblichen Abnehmer, der Angebote sowie unter Vorlage eines Verzeichnisses, das – aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kostenfaktoren – die Gestehungskosten und den erzielten Gewinn ausweist;

II.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu der Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 22. Oktober 1993 bis zum 16. August 1994 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

notfalls der Klägerin nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

notfalls der Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung (Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse) ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.

Die Beklagte stellt eine Verletzung des Klagepatentes durch die angegriffene Kniegelenkprothese in Abrede. Bei der angegriffenen Ausführungsform komme es bei der Benutzung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur zu einer Abstützung des femoralen Teils mit den den Kondylen nachgebildeten Gleitkufen auf dem tibialen Plateau auch zu einer Abstützung auf dem Zapfenfuß (15) des tibialen Plateaus mit Hülsenflansch (14). Selbst wenn es im Einzelfall zu einer solchen Abstützung käme, beispielsweise durch Zerstörung des tibialen Polyethylenplateaus komme, würde es sich jedenfalls nicht um eine breitflächige Abstützung im Sinne des Klagepatentes handeln.

Diesem Vorbringen tritt die Klägerin entgegen.

Die Kammer hat Beweis erhoben aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 14. März 1995 (Bl. 98 – 107 GA) und 16. Januar 2003 (Bl. 320 – 321 GA) durch Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten vom 21. Juli 1997 durch C und Gutachten vom 24. September 2004 durch D. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die in der Gerichtsakte befindlichen Sachverständigengutachten sowie des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2005 verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft eine Kniegelenk-Endoprothese mit folgenden Merkmalen:
1. Kniegelenk-Endoprothese
1.1 mit zwei in die Knochen einsetzbaren, mit Dornen versehenen oberen und unteren Anschlussstücken;
1.1.1 die Anschlussstücke sind über ein Zwischengelenkstück gelenkig miteinander verbunden, und zwar durch einen rechtwinklig zu den Dornen verlaufenden Gelenkbolzen.
1.1.2 das Zwischengelenkstück ist auf dem unteren Anschlussstück abgestützt;
1.2 und mit einer gelenkigen Verbindung zwischen dem Gelenkzwischen-
stück und dem unteren Anschlussstück;
1.2.1 die gelenkige Verbindung ist gebildet
1.2.1.1 durch eine zu dem Gelenkbolzen rechtwinkligen Zapen
1.2.1.2 und durch eine hülsenförmige Aufnahme für den Zapfen.

Bei einer aus der Offenlegungsschrift 23 34 265 bekannten Kniegelenk-Endoprothese dieser Art ist das Gelenkzwischenstück mit einer Lagerbohrung für ein mit dem unteren Anschlussstück verbundenen Zapfen versehen, der rechtwinklig angeordnet ist und mit dem Dorn des unteren Anschlusssstücks einen spitzen Winkel einschließt. Zusätzlich ist das Gelenkzwischenstück mit einer etwa rechtwinklig zu dem Dorn des unteren Anschlussstücks verlaufenden Stützfläche versehen, auf der sich das obere Anschlussstück mit einer kreisbogenförmigen Gleitfläche seiner Gabelschenkel abstützt.

Nachfolgend abgebildet sind die Figuren 6 bis 9 der Offenlegungsschrift, welche die erfindungsgemäße Kniegelenk-Endoprothese zeigen.

Als nachteilig an dieser Anordnung sieht es das Klagepatent, dass die zu dem Dorn des unteren Anschlussstücks genannte Anordnung des von der Lagebohrung des Gelenkzwischenstücks eingefaßten Zapfens zur Folge hat, dass in der Streckstellung der Anschlussstücke deren Drehung relativ zueinander nicht möglich ist. Weiter führt das Klagepatent aus, dass andererseits diese Streckstellung der Anschlussstücke der Hauptbelastungsstellung der Prothese entspricht, in der die Übertragung der Kraft hauptsächlich über den oben liegenden Bereich des Zapfens erfolgt, so dass dieser einem erhöhten Verschleiß ausgesetzt ist. Kniegelenk-Endoprothesen sollen aber nach den weiteren Ausführungen der Klagepatentschrift einem möglichst geringen Verschleiß unterliegen, weil der Austausch der Prothese oder von Prothesenteilen nur mit einer für den Patienten sehr lästigen Operation möglich ist, die jeweils möglichst lange hinausgeschoben werden sollte.

Das Klagepatent hat es sich vor diesem Hintergrund des Standes der Technik zur Aufgabe gestellt, eine Kniegelenk-Endoprothese nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 zu schaffen, bei der bei möglichst Annäherung an die natürlichen Gelenkbewegungen der Verschleiß verringert ist, so dass deren Funktion über eine längere Zeit gewährleistet ist. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinen weiteren Merkmalen vor:
2. Das Gelenkzwischenstück (23) ist auf dem unteren Anschlussstück (26) breitflächig abgestützt;
2.1 die Abstützung erfolgt durch Lagerflächen (40, 52) des Gelenkzwischenstücks
(23) und des unteren Anschlussstücks (26),
2.2 die Lagerflächen (40, 52) sind zu dem Dorn (44) des unteren Anschlussstücks
(26) etwa rechtwinklig;
3. der Zapfen (38) und die hülsenförmige Aufnahme (42) verlaufen etwa parallel zu
dem Dorn (44) des unteren Anschlussstücks (26).

Zu dieser erfindungsgemäßen Kniegelenk-Endoprothese führt das Klagepatent in Spalte 2, Zeilen 16 – 26, wie folgt aus:

„Bei der erfindungsgemäßen Kniegelenk-Endoprothese verlaufen der Zapfen und die hülsenförmige Aufnahme der gelenkigen Verbindung etwa parallel zu dem Dorn des unteren Anschlussstücks, so dass bei der höchsten auftretenden Belastung in der Streckstellung der Prothese der Zapfen nicht belastet wird und sich die Prothesenteile breitflächig auf den Stützflächen zwischen dem Gelenkzwischenstück und dem unteren Anschlussstück abstützen können, die rechtwinklig zu dem Dorn des unteren Anschlussstücks verlaufen.“

II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von Merkmal 2 der obigen Merkmalsgliederung keinen Gebrauch. Das bei der angegriffenen Ausführungsform als Kreuzstück bezeichnete Vorrichtungsteil stellt kein Zwischengelenkstück im Sinne des Klagepatentes dar. Denn über dieses Kreuzstück findet keine breitflächige Abstützung auf dem unteren Anschlussstück statt.

1.
Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass über das Kreuzstück der angegriffenen Ausführungsform bei normalem Gebrauch keine Abstützung auf dem Tibiaplateau stattfindet. Der gerichtliche Sachverständige D hat sowohl in seinem Gutachten vom 14. Oktober 2004 (Bl. 456 ff. GA) als auch in der mündlichen Anhörung vom 25. November 2004 (Bl. 555 ff. GA) ausgeführt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform die Kraftübertragung vom Femurteil über die kufenförmigen Kondylen auf das Polyethylen-Tibiaplateau in den Schaft stattfindet. Ein denkbarer zentraler Kraftfluss über den Führungszapfen sei dadurch unterbrochen, dass sowohl über dem runden Abschluss des Führungszapfens ein Spiel zur inneren Hülse existiere. Dieses Spiel werde in dem Maßblatt des Herstellers gemäß Anlage B 10 mit 0,7 mm angegeben. Dieses Spiel könne zwar im Laufe mehrerer Gebrauchsjahre der Kniegelenkprothese verringert werden. Auch unter Anwendung großer Druckkräfte finde eine Verringerung des Spiels statt. Generell finde die Kraftüberleitung jedoch über die Kufen ohne ein Aufsetzen über das Kreuzstück statt, solange die Tibiaplateaus noch unversehrt seien. Zu einer Abstützung könne es möglicherweise dann kommen, wenn die Tibiaplateaus deformiert seien, wie dies insbesondere die Fotografien der Anlage B 9 zeigen, welche von dem Privatgutachter Noiles gemacht wurden. So zeigt die Fotografie 31 starke Verschleißspuren auf dem Tibiaplateau ohne Bruch und eine über dreiviertel des Randes zerstörte Absprengung des Hülsenrandes. Auch die Aufnahme 76 zeige, dass aufgrund des Umstandes, dass auf einem Tibiaplateau bereits ein Bruch eingetreten sei, eine Zerstörung der Hülse zu erkennen sei, was sich aufgrund der blinden Plastikoberfläche ergebe. Das gleiche zeige die Aufnahme 87, bei der das Tibiaplateau einseitig gebrochen sei. Als Folge des Bruches sei es auch zu einem Bruch des Hülsenrandes gekommen. Der gerichtliche Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass in den Fällen, in denen die dem neuen Gutachten beigefügten Fotografien explantierter Prothesen eine Zerstörung des Hülsenrandes bei nicht zerstörtem Tibiaplateau zeigen, dies daran liege, dass es zu varischen bzw. valgischen Fehlstellungen (X- oder O-Beine) gekommen sein kann. Grundsätzlich diene das Kreuzstück jedoch keiner Abstützung. Dies gelte auch nicht für den Notfall einer Absicherung der Kniegelenkprothese bei Zerstörung des Tibiaplateaus. Eine solche Abstützung sehe das Klagepatent nicht vor, da es sich dieses zur Aufgabe gestellt habe, die Lebensdauer einer Prothese zu verlängern, nicht hingegen eine Abstützung für den Notfall der Zerstörung des Tibiaplateaus zu bewirken.

Der gerichtliche Sachverständige hat auch nachfolgend ausgeführt, so dass die Kammer ihm zu folgen vermag, dass die von dem Privatgutachter E durchgeführten Untersuchungen zur Frage einer Abstützung bzw. Verringerung eines Spaltes des Hülsenrandes für eine Beurteilung nicht herangezogen werden könnten. E hat, wie der Anlage 10 A entnommen werden kann, seinen Messungen eine Endoprothese zurückgelegt, bei der der Abstand zwischen dem Kreuzstück und den Kondylen 0,51 mm betragen hat. Er hat dann diese Endoknieprothese mit einer MTS-Maschine viermal mit ungefähr 5.000 Newton beausschlagt. Dabei habe, wie der Privatgutachter ausführt, der variable Differenzialtransformator angezeigt, dass sich das Zwischenstück um 0,05 mm gegenüber dem Tibiateil bewegt habe, also mehr als der anfängliche Abstand von 0,51 mm. Nach der vierten Testreihe habe der Abstand zwischen der Polyethylenbuchse und der Oberfläche des Tibiateils nur noch 0,31 mm betragen. Gegen diese Versuche hat der gerichtliche Sachverständige überzeugend eingewandt, dass sich anhand dieser Versuche nicht ergebe, über welche Belastungsdauer die Untersuchungen ausgeführt wurden. Es sei lediglich die Maschine benannt worden, mit der man die Lasten aufgebracht habe und nach der man die Last wieder abgefahren habe, jedoch keine Angabe zur Dauer der Belastungshinfahrt und Belastungsrückfahrt der Spindelantriebe. Wenn größere Frequenzzeiten als 10 Millisekunden angewandt worden wären, bei dem Bereich von 10 Millisekunden handelt es sich ca. um eine physiologische Frequenz bei Belastung, habe das Polyethylen keine Gelegenheit bekommen, seine elastischen Eigenschaften wieder aufzubauen. Elastizität bedeute dabei, dass das Polyethylen in der Lage sei, sich unter Druck zu komprimieren, jedoch auch bei Nachlassen des Drucks sich wieder auszubreiten. Wenn die Belastungsdauer jedoch zu groß gewesen ist, was jedoch wegen fehlender Angaben nicht beurteilt werden könne, hätte das Polyethylen keine Gelegenheit gehabt, sich nach Belastungsrückgang wieder auszudehnen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass das Polyethylen einem Fließvorgang unterlegen hätte, was zu einer Verringerung des Spaltes zwischen Hülse und Tibiaplateau geführt hätte.

Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachveständigen steht daher zur Überzeugung der Kammer nicht fest, dass es bei der angegriffenen Ausführungsform bestimmungsgemäß zu einer Abstützung des Kreuzstückes auf dem Tibiaplateau kommt.

2.
Unabhängig von der Frage einer Abstützung des hülsenartigen Kreuzstückes würde es sich jedoch, selbst wenn es zu einer solchen Abstützung käme, nicht um eine breitflächige Abstützung im Sinne des Klagepatentes handeln. Das Klagepatent selbst mache keine Angaben zur Frage der Breitflächigkeit. Lediglich in Spalte 2, Zeilen 16 ff., wie vorstehend ausgeführt, wird ausgeführt, dass sich die Prothesenteile breitflächig auf den Stützflächen zwischen dem Gelenkzwischenstück und dem unteren Anschlussstück abstützen können. Mangels konkreter Angaben in der Klagepatentschrift wird ein Durchschnittsfachmann, als welchen der gerichtliche Sachverständige als ein Diplom-Ingenieur mit einem Fachhochschulstudium und dem Studiumsfach biomedizinische Technik anzusehen ist, von dem Klagepatent in Bezug genommenen Stand der Technik heranziehen, insbesondere die Offenlegungsschrift 23 34 265. Diese zeigt insbesondere in Figur 9, welche vorstehend abgebildet wurde, eine Kniegelenkprothese, bei der über ein Zwischengelenkstück das obere und untere Anschlussstück (1,8) miteinander verbunden sind. Der Zapfen (30) des unteren Anschlussstücks ist um einen Winkelbetter in der Größenordnung von 50 – 70 ° gegenüber dem Schaft (9) abgewinkelt angeordnet. Der gerichtliche Sachverständige hat zur Überzeugung des Gerichtes ausgeführt, dass eine Kraftübertragung vom Femurteil 2 über eine Kontaktfläche (38), die zu sehen ist im Schnitt AB der Figur 8, erfolgt. Dort wird gezeigt, dass das Femurteil Kraft einleitet in das Zwischenstück, das Zwischenstück seinerseits kontaktiert mit der Fläche (40) auf dem Kunststoffteil (33). Damit ist der direkte Kraftübertritt in das Tibiateil (9) gegeben. Eine Kraftübertragung über die schmale waagerechte Fläche, die durch das Bezugszeichen 32 gekennzeichnet ist, findet nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht statt. Dies ergebe sich, wie er ausgeführt hat, insbesondere auch aufgrund der Ausführungen auf Seite 18 der Offenlegungsschrift, wo gesagt werde, dass die vorgezogenen Ansätze 32 und 42 dabei nicht als Anschläge in der Streckstellung dienen, sondern lediglich zur Ausrichtung. Dem könne man entnehmen, dass dieser Bereich 32 nicht der Kraftübertragung diene, sondern lediglich einer ersten Ausrichtung. Nach den weiterhin zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen erfolgte bei der erfindungsgemäßen Lösung einer Kniegelenkprothese nicht lediglich eine Senkrechtstellung des Zapfens. Dadurch würde noch nicht eine die vom Klagepatent in Merkmal 2 geforderte Breitflächigkeit erreicht werden. Das Klagepatent habe daher vor dem geschilderten Stand der Technik nicht lediglich eine Senkrechtstellung des Zapfens vorgenommen, sondern auch eine größtmögliche Schaffung von Flächen, die der Kraftübertragung dienen. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen sei daher der in Spalte 2, Zeilen 16 ff., erfindungsgemäße Vorteil („so dass – Satz“) nicht so zu verstehen, dass bereits eine Parallelstellung des Dorns zu dem unteren Anschlussstück zu einer Breitflächigkeit führe, sondern neben einer Parallelstellung des Dorns auch eine Vergrößerung der Stützflächen zwischen dem Gelenkzwischenstück und dem unteren Anschlussstück erfindungsgemäß erreicht werde. Diese Breitflächigkeit werde bei der erfindungsgemäßen Kniegelenkprothese dadurch erreicht, dass die mit dem Tibiateil artikulierende Gleitfläche (3), wie die Unterseite (40) des Klagepatents in Figur 1 heißt, breitflächiger ausgestaltet sei als die Tull’sche Konstruktion. Dadurch werde vorteilhaft erreicht, dass die Rotation nicht im oberen Teil der Kniegelenkprothese untergebracht sei, wie bei dem Tull’schen Patent, sondern eine Rotation um die Achse ist in dem Zapfen gegeben, der in dem Tibiateil steckt und damit eine Rotation möglich macht. Solche Konstruktion ermöglicht eine Beugung und auch eine Rotation in einem gewissen Maße, die durch die Anschläge im Tibiateil limitiert ist.

Es steht mithin zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass das hülsenförmige Kreuzstück selbst im Falle einer Abstützung, von welcher die Kammer jedoch nicht ausgeht, keine breitflächige Abstützung auf dem unteren Anschlussstück bietet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 5.000.000,00 DM.