Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 6. April 2006, Az. 4a O 185/05
I. Der Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- , ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt 2 Jahren,
zu unterlassen,
Dritten gegenüber die Behauptung aufzustellen, Reinigungstücher mit den nachstehend wiedergegebenen Merkmalen machten vom Gegenstand des deutschen Patents 198 03 xxx Gebrauch:
– die Reinigungstücher weisen eine im Wesentlichen länglich rechteckige Grundform auf,
– dienen zum Aufspannen auf den Klapprahmen eines Reinigungsgeräts,
– weisen ausschließlich auf einer ersten Seite eine reinigungsaktive Oberflächenstruktur auf,
– auf der gegenüberliegenden zweiten Seite sind zwei einander gegenüberliegende, endseitig angeordnete und zueinander hin offene Taschen zur Aufnahme des Endabschnitts des Klapprahmens des Reinigungsgeräts aufgesetzt,
– die beiden Endabschnitte des Reinigungstuchs sind nicht umstülpbar,
insbesondere, wenn das nach Maßgabe des nachstehend wiedergegebenen Schreibens vom 15.10.2004 geschieht:
2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang der Beklagte gegenüber Dritten die vorstehend zu 1. bezeichnete Behauptung aufgestellt hat, und zwar unter Angabe
a) der Art,
b) des genauen Zeitpunkts,
c) der Anzahl
d) und der Namen und Anschriften der Adressaten;
3. an die Klägerin 1.372,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09. April 2005 zu zahlen.
II. Es wird festgestellt, dass
1. die Klägerin durch das Patent DE 198 03 xxx C2 des Beklagten rechtlich nicht daran gehindert ist,
Reinigungstücher mit den vorstehend unter I. 1. wiedergegebenen Merkmalen
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2. der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weitergehenden Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend zu I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die unter der Geschäftsbezeichnung SJ Produkte handelnde Klägerin nimmt den Beklagten wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch und verlangt Feststellung der Nichtverletzung sowie der weitergehenden Schadensersatzverpflichtung des Beklagten.
Die Klägerin beschäftigt sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb so genannter Trend-Produkte. Sie bietet an und vertreibt unter der Bezeichnung „Microfaser Mopmatte Fein„ ein für alle gängigen 40 cm-Reinigungs-Klappsysteme verwendbares Reinigungstuch. Ein Muster des streitgegenständlichen Reinigungstuchs hat die Klägerin als Anlage K1 zur Gerichtsakte gereicht.
Der Beklagte ist Wettbewerber der Klägerin und formell eingetragener Inhaber des Patents DE 198 03 xxx C2 betreffend ein Reinigungstuch (nachfolgend: Streitpatent; Patentschrift: Anlage K3). Das Streitpatent wurde am 30.01.1998 angemeldet. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 24.12.2003.
Patentanspruch 1, der Hauptanspruch des Streitpatents, hat folgenden Wortlaut:
Reinigungstuch (1) mit im wesentlichen länglich rechteckiger Grundform zum Aufspannen auf den Klapprahmen eines Reinigungsgeräts, wobei das Reinigungstuch auf einer ersten Seite (2) eine reinigungsaktive Oberflächenstruktur (3) aufweist, wobei des weiteren auf der gegenüberliegenden zweiten Seite (4) zwei im wesentlichen endseitig angeordnete, nach innen, zueinander hin offene, zur Aufnahme der Endabschnitte des Klapprahmens geeignete Taschen (5) aufgesetzt sind, und wobei ferner die zweite Seite (4) des Reinigungstuches eine reinigungsaktive Oberflächenstruktur (6) aufweist, deren Reinigungseigenschaften von derjenigen der auf der ersten Seite des Reinigungstuches vorgesehenen reinigungsaktiven Oberflächenstruktur abweichen, dadurch gekennzeichnet, dass sich die auf der zweiten Seite (4) des Reinigungstuches vorgesehene reinigungsaktive Oberflächenstruktur (6) bis in die Taschen (5) hinein erstreckt und dass jeder der beiden Endabschnitte (10) des Reinigungstuches (1) in der Weise umstülpbar ist, dass sich die zugeordnete Tasche (5) auf der ersten Seite (2) des Reinigungstuches erstreckt.
Mit dem als Anlage K5 in Kopie zur Gerichtsakte gereichten Schreiben vom 15.10.2004 wandte sich der Kläger an Frau Sandra K bzw. Ks aus Oberhausen, eine Kundin der Klägerin. Unter Verweis auf die Streitpatentschrift heißt es dort:
„Wie sie aus folgender Patentschrift ersehen, ist die Ausführung des von Ihnen im Handel angebotenen Wischmop mit Doppeltaschen an den Mopenden von mir geschützt.
Mein Anwalt wird sich in den nächsten Tagen bei Ihnen melden, damit wir evtl. eine gemeinsame Lösung für weitere Lieferungen und Schadensersatz für alle bisherigen Einkäufe bei Fremdfirmen Ihrerseits finden können.„
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 01.04.2005 (Anlage K6) ließ die Klägerin den Beklagten unter Beifügung eines Klageentwurfs erfolglos auffordern, sie bis zum 08.04.2005 klaglos zu stellen und sie von den Kosten der Abmahnung freizustellen.
Die Klägerin beantragt
wie erkannt.
Der Beklagte hatte im frühen ersten Termin am 21. Juni 2005 beantragt,
die Klage abzuweisen,
war im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21. März 2006 jedoch säumig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die örtliche Zuständigkeit der Patentstreitkammer des Landgerichts Düsseldorf für die patentrechtliche Streitigkeit (§ 143 Abs. 1 und 2 Satz 1 PatG in Verbindung mit der Verordnung vom 13.01.1998, GVBl. NW S. 106) ergibt sich aus § 32 ZPO, da der Beklagte gegenüber einer Kundin der Klägerin in Oberhausen im Wege der Abmahnung tätig geworden ist.
II.
Die Kammer ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht an einer Entscheidung nach Lage der Akten gemäß §§ 331a; 251a Abs. 2 Satz 1 ZPO gehindert. Im Termin vom 21. Juni 2005 ist mündlich zur Sache verhandelt worden, wie dies §§ 331a Satz 2; 251a Abs. 2 Satz 1 ZPO voraussetzen.
Durch das Erfordernis einer vorangegangenen mündlichen Verhandlung soll sichergestellt werden, dass die Parteien wenigstens einmal im jeweiligen Rechtszug Gelegenheit hatten, ihren Standpunkt in einer mündlichen Verhandlung vorzutragen (Zöller / Greger, ZPO, 24. Auflage 2005, § 251a Rn. 3; MünchKomm/ZPO-Feiber, 2. Auflage 2003, § 251a Rn. 16). Dass dem Beklagten vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2005 keine Frist zur schriftlichen Klageerwiderung gesetzt wurde, dies vielmehr erst im Termin erfolgte, es sich also der Sache nach um einen „Durchlauftermin„ gehandelt habe, steht der Tatsache nicht entgegen, dass der Beklagte vor, in und nach jenem Termin ausreichend Gelegenheit hatte, sich zur Sache einzulassen. Wenn der Beklagte dies gewünscht hätte, wäre ihm sowohl vor als auch in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2005 die Möglichkeit eingeräumt worden, sich zur Sache zu äußern. Diese sich ihm bietende Möglichkeit hat der Beklagte aber nicht wahrgenommen und auch innerhalb der ihm bis zum 04. Oktober 2005 gesetzten Frist zur Klageerwiderung nicht zur Sache vorgetragen (wie dies bis heute nicht geschehen ist). Hätte der Beklagte bis zum Termin am 21. März 2006 Sachvortrag nachgeholt, wäre dieser auch im Rahmen einer Entscheidung nach Aktenlage zu berücksichtigen gewesen, weil hierfür der gesamte Inhalt der Akte relevant ist und nicht nur derjenige bis zur beiderseitigen mündlichen Verhandlung.
Dass von einer mündlichen Verhandlung nur dann gesprochen werden könne, wenn zu den Anträgen im Sinne des § 137 Abs. 1 ZPO auch ein entsprechender Vortrag zur Sache (§ 137 Abs. 2 ZPO) hinzutrete, wie der Beklagte mit Verweis auf MünchKomm/ZPO-Peters, aaO, § 137 Rn. 5 meint, kann im Rahmen des § 251a Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht überzeugen. Mit Blick auf den eingangs zitierten Schutzzweck der Vorschrift genügt die Gelegenheit zur Stellungnahme in der Sache und zur Äußerung in sachlicher und rechtlicher Hinsicht, die der Beklagte hier in ausreichender Weise hatte. Daher rechtfertigt auch der Verweis auf den grundgesetzlichen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) keine andere Entscheidung. Denn auch dieser verlangt lediglich, dass dem Beklagten die Möglichkeit eingeräumt wird, sich als Beteiligter wenigstens einmal zu dem zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt zu äußern (BVerfG, NJW 1985, 1149, 1150). Damit korrespondiert die Pflicht des Gerichts, Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die ihm zur Verfügung stehende Möglichkeit zur Stellungnahme hat der Beklagte jedoch bereits im Termin vom 21. Juni 2005 ungenutzt verstreichen lassen und auch danach nicht genutzt.
III.
Die Klage ist begründet aus §§ 3; 4 Nr. 8 und 10; 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1; 9 Satz 1; 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, § 823 Abs. 1; 242; 259 BGB.
1.
Der Unterlassungsanspruch (Entscheidungsausspruch zu I. 1.) ist gerechtfertigt aus §§ 3; 4 Nr. 8 und 10; 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die Parteien stehen in einem Wettbewerbsverhältnis. Durch die unzutreffende Abmahnung gemäß Anlage K5 hat der Beklagte einer Kundin der Klägerin gegenüber Tatsachen über Waren der Klägerin behauptet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens der Klägerin zu schädigen (§ 4 Nr. 8 UWG). Die Abmahnung (Anlage K5) ist dergestalt formuliert, dass sich für den Verwarnten die Behauptung der Schutzrechtsverletzung nicht nur als subjektives Werturteil des Beklagten, sondern als aus dessen Sicht feststehende Tatsache einer objektiv gegebenen Schutzrechtsverletzung darstellt (zur Differenzierung vgl. Baumbach/Hefermehl – Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage 2004, § 4 UWG Rn. 10.179). Mit der Ankündigung, unter Einschaltung anwaltlicher Hilfe „evtl. eine gemeinsame Lösung für weitere Lieferungen und Schadensersatz für alle bisherigen Einkäufe bei Fremdfirmen„ finden zu wollen, hat der Beklagte die Verwarnte – auch ohne dies ausdrücklich als Unterlassungsverlangen zu bezeichnen – ernsthaft und endgültig dazu aufgefordert, weitere vermeintliche Verletzungshandlungen zu unterlassen, wenn sich die Verwarnte nicht der Gefahr des Schadensersatzes aussetzen möchte. Darin liegt eine über eine bloße Berechtigungsanfrage hinausgehende Schutzrechtsverwarnung. Des Weiteren hat der Beklagte die Klägerin als seine Mitbewerberin durch die ungerechtfertigte Behauptung einer Schutzrechtsverletzung gezielt behindert (§ 4 Nr. 10 UWG). Mangels Patentverletzung liegt darin ein wettbewerbswidriges Verhalten.
Die von dem Beklagten aufgestellte Behauptung einer Verletzung des Streitpatents durch das streitgegenständliche Erzeugnis der Klägerin ist unzutreffend. Dieses macht von der technischen Lehre des Streitpatents keinen Gebrauch. Die Merkmale des Hauptanspruchs des Klagepatents lassen sich wie folgt gliedern:
1. Reinigungstuch (1) mit im Wesentlichen länglich rechteckiger Grundform zum Aufspannen auf den Klapprahmen eines Reinigungsgeräts;
2. das Reinigungstuch (1) weist auf einer ersten Seite (2) eine reinigungsaktive Oberflächenstruktur (3) auf;
3. auf der gegenüberliegenden zweiten Seite (4) sind zwei im Wesentlichen endseitig angeordnete, nach innen, zueinander hin offene, zur Aufnahme der Endabschnitte des Klapprahmens geeignete Taschen (5) aufgesetzt;
4. die zweite Seite (4) des Reinigungstuches (1) weist eine reinigungsaktive Oberflächenstruktur (6) auf;
5. die Reinigungseigenschaften der reinigungsaktiven Oberflächenstruktur (6) der zweiten Seite (4) des Reinigungstuches (1) weichen von denjenigen auf der ersten Seite des Reinigungstuches (1) vorgesehenen reinigungsaktiven Oberflächenstruktur ab;
6. die auf der zweiten Seite (4) des Reinigungstuches (1) vorgesehene reinigungsaktive Oberflächenstruktur (6) erstreckt sich bis in die Taschen (5) hinein;
7. jeder der beiden Endabschnitte (10) des Reinigungstuches (1) ist in der Weise umstülpbar, dass sich die zugeordnete Tasche (5) auf der ersten Seite (2) des Reinigungstuches (1) erstreckt.
Die zweite Seite des von dem Beklagten beanstandeten Reinigungstuches (Anlage K1) weist keine reinigungsaktive Oberflächenstruktur auf. Es handelt sich bei der zweiten, mit Taschen zur Aufnahme der Endabschnitte des Klapprahmens versehenen Seite um ein schlichtes Obermaterial ohne jegliche Reinigungseigenschaften, das offensichtlich lediglich dazu dient, das reinigungsaktive Material der ersten Seite auf dessen Rückseite zu stabilisieren und die Taschen zur Aufnahme der Endabschnitte des Klapprahmens zur Verfügung zu stellen. Merkmal 4 ist daher bereits nicht erfüllt. In der Folge werden auch die ebenfalls eine zweite Seite mit reinigungsaktiver Oberflächenstruktur voraussetzenden Merkmale 5 und 6 der oben wiedergegebenen Merkmalsgliederung nicht verwirklicht. Da die beiden Endabschnitte des Reinigungstuches zudem nicht umstülpbar sind, fehlt es schließlich auch an einer Verwirklichung des Merkmals 7.
Aus der erfolgten Abnehmerverwarnung vom 15.10.2004 ergibt sich die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr.
2.
Der Feststellungsantrag (Entscheidungsausspruch zu II. 1.) ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat, da die stattgefundene unberechtigte Abmahnung weitere Wettbewerbsverstöße besorgen lässt, über den Unterlassungsanspruch hinaus ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO an der gerichtlichen Feststellung, dass das streitgegenständliche Erzeugnis von der technischen Lehre des Streitpatents keinen Gebrauch macht. Mangels Verwirklichung der Merkmale 4, 5, 6 und 7 der unter 1. wiedergegebenen Merkmalsgliederung durch das von dem Beklagten beanstandete Reinigungstuch, dessen Eigenschaften in der in Bezug genommenen Aufzählung des Antrags zu I. 1. zutreffend wiedergegeben sind, ist der Feststellungsantrag auch begründet. Denn dem Beklagten steht gegen die Klägerin kein Unterlassungsanspruch aus §§ 139 Abs. 1; 9 Satz 2 Nr. 1 PatG zu.
3.
Der Beklagte ist der Klägerin gegenüber zum Ersatz des ihr aus der unberechtigten Abnehmerverwarnung entstandenen und noch entstehenden Schadens nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie gemäß §§ 3; 4 Nr. 8 und 10; 9 Satz 1 UWG verpflichtet. Soweit dieser Schaden noch nicht beziffert werden kann, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse an der rechtskräftigen gerichtlichen Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten dem Grunde nach, um der Verjährung vorzubeugen (Entscheidungsausspruch zu II. 2.). Zugleich ist nach der Lebenserfahrung nicht auszuschließen, dass der Klägerin durch die unberechtigten Abnehmerverwarnungen ein noch nicht zu beziffernder Schaden entstanden ist, weil Kunden von Bestellungen des streitgegenständlichen Produkts Abstand genommen haben.
Eine ungerechtfertigte Schutzrechtsverwarnung stellt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Abgemahnten als Schutzgut im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar (BGH GSZ, Beschluss vom 15.07.2005, GSZ 1/04, GRUR 2005, 882ff. – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung). Dabei kann es keinen Unterschied bedeuten, wenn – wie im vorliegenden Fall – nicht der Lieferant des beanstandeten Erzeugnisses und damit der unmittelbare Mitbewerber des Abmahnenden, sondern die Abnehmer des Mitbewerbers durch den Schutzrechtsinhaber verwarnt werden. In diesen Fällen wird der Lieferant des verwarnten Abnehmers durch den Eingriff in seine Kundenbeziehungen in besonders einschneidender Weise getroffen (vgl. BGH GSZ, GRUR 2005, 882, 884 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung).
Indem der Beklagte die Abmahnung gemäß Anlage K5 vornahm, griff er in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ein. Dies geschah rechtswidrig und schuldhaft im Sinne des § 276 BGB, da der Beklagte mit Hilfe einer Schutzbereichsbestimmung des Streitpatents und einer anschließenden Gegenüberstellung von Schutzbereich und den beanstandeten Reinigungstüchern hätte erkennen können, dass diese von der im Streitpatent geschützten technischen Lehre keinen Gebrauch machen.
Zugleich ist der Schadensersatzanspruch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt aus §§ 3; 4 Nr. 8 und 10; 9 Satz 1 UWG.
4.
Die Klägerin kann von dem Beklagten die Zahlung von 1.372,00 für die außerprozessualen Geschäftsgebühren der Prozessbevollmächtigten und Patentanwälte der Klägerin verlangen (Entscheidungsausspruch zu I. 3.). Wegen der Abmahnungen war es auf Seiten der Klägerin erforderlich, patent- und rechtsanwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um zu überprüfen, ob in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine Schutzrechtsverletzung vorliegt. Die hierdurch entstandenen Kosten in Form von Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit, die die Klägerin nach ihren unwidersprochen gebliebenen Vortrag an ihre Rechts- und Patentanwälte bereits geleistet hat, sind damit kausal durch die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung entstanden und als Schaden im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Da die Parteien Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von Zubehör für Wischmops sind, steht der Klägerin zugleich ein Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen Aufwendungen aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu.
Die Höhe der Patent- und Rechtsanwaltsgebühren bestimmt sich für Tätigkeiten auf der Grundlage einer Mandatierung ab dem 01.07.2004 gemäß § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. dem Vergütungsverzeichnis zum RVG. Die Höhe der im Abmahnverfahren entstandenen Gebühren richtet sich nach dem Gegenstandswert, den die Klägerin hier (zwischenzeitlich korrigiert) mit 25.000,- zutreffend angegeben hat. Auf der Grundlage dieses Gegenstandswertes können die patent- und rechtsanwaltlichen Vertreter der Klägerin für ihre außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Beklagten nach §§ 13; 14 RVG i.V.m. Teil 2 Abschnitt 4 der Anlage 1 zum RVG (Ziffer 2400 ff.) eine 1,75-Gebühr zugrunde legen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG hat der Rechts- bzw. Patentanwalt die Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Gericht hat im Rahmen des Anspruchs gegenüber dem Abmahnenden auf Ersatz- der bzw. Freistellung von den angefallenen Rechtsanwaltsgebühren allein darüber zu entscheiden, ob der Ansatz der von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten geltend gemachten 1,75-Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG ist. Bei der hiernach vorzunehmenden Überprüfung hat das Gericht zu berücksichtigen, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG dem Anwalt bei der Bestimmung der Gebühren ein Ermessen einräumt, so dass diese verbindlich ist, wenn die von dem Rechts- oder Patentanwalt bestimmte Gebühr eine gewisse Toleranzgrenze nicht überschreitet. Die Kammer schließt sich insoweit der Auffassung an, dass dem Rechtsanwalt, der seine Vergütung gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen bestimmt, ein 20-prozentiger Toleranzbereich zusteht, innerhalb dessen die Vergütungsbestimmung noch nicht als unbillig anzusehen ist (vgl. Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 25. Oktober 2005, Az. 4b O 199/05; Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 07. März 2006, Az. 4a O 325/05; AG Brühl, NZV 2004, 416 m.w.N.; Walter, Die vorprozessuale Abmahnung und das RVG, Mitt. 2005, 299).
Welche Gebühr der Rechts- bzw. Patentanwalt für seine Tätigkeit im Einzelfall verdient hat, ist gemäß § 14 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände zu bestimmen. Einen Anhalt dafür, welche Rahmengebühr der Gesetzgeber für einen normal gelagerten Fall als angemessen erachtet hat, liefert der Zusatz zu Ziffer 2400 VV (Anlage 1 zum RVG), nach dem eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Aus dieser alternativen Formulierung folgt, dass eine Überschreitung der 1,3-Gebühr bereits dann gerechtfertigt ist, wenn eine der beiden Voraussetzungen gegeben ist. Für Fälle der vorliegenden Art, in denen es um die Verletzung von Patenten geht, ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese sowohl für Rechtsanwälte wie auch Patentanwälte zunächst unabhängig von einer konkreten Betrachtungsweise bereits als schwierig zu gelten haben, da es sich bei dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und insbesondere des Patentrechts nicht um einen solchen handelt, der üblicherweise in der Juristenausbildung behandelt wird. Hierzu bedarf es einer besonderen Spezialisierung, die von den Rechtsanwälten gefordert wird, wenn sie sich mit solchen Aufgaben befassen. Dass üblicherweise gleichzeitig auch ein Patentanwalt hiermit betraut ist, ändert an der Bewertung der Schwierigkeit der Angelegenheit für den verantwortlich tätigen Rechtsanwalt nichts, da dieser trotz der Unterstützung durch den Patentanwalt mit der Klärung technischer Sachverhalte genauso befasst ist wie mit der Überprüfung von rechtlichen Fragestellungen. Gleiches hat für den Patentanwalt zu gelten, der in seiner Ausbildung nicht schwerpunktmäßig mit Fragen des Verletzungsprozesses und dessen Vermeidung befasst ist. Schon auf Grund dieser Umstände ist eine Überschreitung der 1,3-Gebühr nach Ziffer 2400 VV (Anlage 1 zum RVG) gerechtfertigt. Der Ansatz einer 1,75-Gebühr ist im vorliegenden Fall auch angemessen, obwohl es sich um eine vergleichsweise überschaubare Technik handelt. Unter Beachtung des den Anwälten zugestandenen Toleranzbereiches von 20 % ist eine Gebühr von 1,75 daher noch als billig anzusehen.
Infolge der Vorbemerkung zu Teil 3 Abs. 4 zum VV (Anlage 1 zum RVG) ist die Hälfte, maximal jedoch eine 0,75-Gebühr, auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Rechtsstreites anzurechnen, so dass hier jeweils eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1,0 verbleibt. Eine 1,0-Gebühr beträgt bei einem Gegenstandswert von 25.000,- jeweils 686,- für Patent- und Rechtsanwalt der Klägerin, insgesamt also 1.372,- .
5.
Da die Klägerin nicht übersehen kann, ob und in welchem Umfang der Beklagte auch weitere ihrer Kunden angeschrieben oder auf andere Weise kontaktiert und mit dem Vorwurf der Patentverletzung konfrontiert hat, steht der Klägerin ein Auskunftsanspruch gemäß §§ 242; 259 BGB zu. Nur durch die Auskunft, über die die Klägerin ohne eigenes Verschulden nicht verfügt und die der Beklagte ohne unzumutbaren Aufwand unschwer erteilen kann, wird die Klägerin in die Lage versetzt, ihre Kunden gegebenenfalls über die Schutzrechtssituation aufzuklären und den ihr zustehenden Schadensersatz (Entscheidungsausspruch zu II. 2.) zu beziffern.
6.
Die Nebenforderung zum Entscheidungsausspruch zu I. 3. folgt unter Verzugsgesichtspunkten aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1; 288 Abs. 1; 247 BGB.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 2 ZPO.
Der Streitwert wird auf 26.372,00 festgesetzt.
Dr. R1 R3 R2