4b O 219/09 – Lötdüsenanordnung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1949

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. September 2012, Az. 4b O 219/09

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie im Zeitraum vom 17.02.2002 bis zum 31.10.2011

Vorrichtungen zum Verlöten von Leiterplatten mittels einer Lötdüsenvorrichtung, die in definiertem Abstand zu einem die Leiterplatten fördernden Transportsystem gehalten ist,

in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder gebaucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat, wobei

die Lötdüsenanordnung auf diese in Richtung auf das Transportsystem drückenden Federn gelagert ist und am Transportsystem verstellbare Höhenbegrenzer angeordnet sind, gegen die mit der Lötdüsenanordnung in Verbindung stehenden Anschläge unter der Wirkung der Federn anschlagen,

und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche die Vorrichtungen bestimmt waren,

c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vorrichtungen sowie über die Preise, die für die betreffenden Vorrichtungen bezahlt wurden,

wobei

– die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 30.04.2006 anzugeben sind,

– zum Nachweis der Angaben, die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen vom 17.02.2002 bis zum 31.10.2011 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit vom 17.02.2002 bis zum 31.10.2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Beklagte wird verurteilt, die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum bis zum 31.10.2011 befindlichen, unter oben Ziffer I.1. fallenden Vorrichtungen an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, die oben unter Ziffer I.1. fallenden, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Vorrichtungen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Vorrichtungen befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters DE 201 16 XXX erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme der Vorrichtungen durch die Beklagte unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Vorrichtungen eine Erstattung des ggf. bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Vorrichtungen sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendekosten für die Rückgabe zugesagt wird, sowie die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen Vorrichtungen wieder an sich zu nehmen, wobei diese Verpflichtung nur für ab dem 30.04.2006 bis zum 31.10.2011 vertrieben Vorrichtungen gilt.

V. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.514,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2009 zu zahlen.

VI. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu 10%, die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu 90% zu tragen.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 €, für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin war Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters DE 201 16 XXX U1 (im Folgenden: Klagegebrauchsmuster), welches am 9. Oktober 2001 angemeldet und am 6. Dezember 2001 offengelegt wurde. Die Bekanntmachung der Eintragung im Patentblatt erfolgte am 17. Januar 2002. Die Schutzdauer endete nach dem 10. Schutzjahr, mithin am 31. Oktober 2011.

Die Beklagte stellte am 28. April 2010 einen Antrag auf Löschung des Klagegebrauchsmusters beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), den das DPMA mit Beschluss vom 05.12.2011 zurückwies (Anlage PBP A-18). Gegen den Beschluss legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 09.01.2012 (Anlage B3) Beschwerde ein, über die noch nicht entschieden ist.

Das Klagegebrauchsmuster betrifft eine Vorrichtung zum Verlöten von Leiterplatten. Der Hauptanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters hat folgenden Wortlaut:

„Vorrichtung zum Verlöten von Leiterplatten (1) mittels einer Lötdüsenanordnung (19), die in definiertem Abstand zu einem die Leiterplatten (1) fördernden Transportsystem (7) gehalten ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Lötdüsenanordnung (19) auf diese in Richtung auf das Transportsystem (7) drückenden Federn (39, 40) gelagert ist und am Transportsystem (7) verstellbare Höhenbegrenzer (32, 33) angeordnet sind, gegen die mit der Lötdüsenanordnung (19) in Verbindung stehenden Anschläge (25, 38) unter der Wirkung der Federn (39, 40) anschlagen.“

Nachfolgend abgebildet ist die einzige zeichnerische Darstellung der Klagegebrauchsmusterschrift, die eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung betrifft.
Die Beklagte, eine Herstellerin im Bereich der Löttechnik, vertreibt eine Lötvorrichtung unter dem Produktnamen „A“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Zur Veranschaulichung wird nachfolgendes Lichtbild der angegriffenen Ausführungsform abgebildet:

Mit Schreiben vom 19.08.2009 (Anlage PBP3) ließ die Klägerin die Beklagte auffordern, die Benutzung des Klagegebrauchsmusters durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform zu unterlassen, Rechnung zu legen und Schadensersatz zu leisten. Ferner ließ die Klägerin die Beklagte auffordern, eine rechtsverbindliche Unterlassungs-/Verpflichtungserklärung abzugeben. Die Beklagte kam dem nicht nach.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagegebrauchsmuster. Das Klagegebrauchsmuster sei auch schutzfähig. Die dem Klagegebrauchsmuster zugrunde liegende technische Lehre sei nicht offenkundig durch die von der Beklagten angeblich vor dem Prioritätszeitpunkt ausgelieferte Lötanlage „B“ vorbenutzt worden. Ein Kontakt zwischen dem Transportsystem und der Lotdüseneinrichtung sei hier nicht zu erkennen, sodass hierdurch kein definierter Abstand zwischen den beiden Teilen gehalten werde. Selbst bei einem Kontakt erfülle dieser einen anderen Zweck. Hierdurch werde lediglich die Vorlötdüse verschwenkt.

Die Klägerin hat ursprünglich mit ihrem Antrag I.1. u.a. beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen Vorrichtungen zum Verlöten von Leiterplatten mittels einer Lötdüsenvorrichtung, die in definiertem Abstand zu einem die Leiterplatten fördernden Transportsystem gehalten ist, in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannt Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wobei die Lötdüsenanordnung auf diese in Richtung auf das Transportsystem drückenden Federn gelagert ist und am Transportsystem verstellbare Höhenbegrenzer angeordnet sind, gegen die mit der Lötdüsenanordnung in Verbindung stehenden Anschläge unter der Wirkung der Federn anschlagen.

Nachdem die Schutzdauer des Klagegebrauchsmuster durch Zeitablauf erloschen ist, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in Bezug auf den Unterlassungsantrag in der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2012 für erledigt erklärt.

Nachdem die Klägerin die Klage – soweit sie den Entfernungsantrag und die Urteilsveröffentlichung betrifft – in der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2012 zurückgenommen hat und die Beklagte der Teilklagerücknahme zugestimmt hat, beantragt die Klägerin nunmehr,
im Wesentlichen wie erkannt.

.
Die Beklagte beantragt,
die Klage im Übrigen abzuweisen,

hilfsweise,
der Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden;

der Beklagten für den Fall der Verurteilung zur Rechnungslegung vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigtem Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, ob eine bestimmt bezeichnete Lieferung oder ein bestimmt bezeichneter Abnehmer oder ein bestimmt bezeichneter nichtgewerblicher Empfänger eines Angebots in der Rechnung enthalten ist;

den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegen das Deutsche Gebrauchsmuster DE 201 16 XXX U1 angestrengten Löschungsverfahrens auszusetzen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Klagegebrauchsmuster löschungsreif sei. In den Jahren 1997/98 bzw. bereits im Jahr 1993 habe sie die Lötanlage „B“ innerhalb von Deutschland geliefert. Diese Lötanlage verwirkliche bereits sämtliche Merkmale des Klagegebrauchsmusters oder lege diese zumindest nahe. Die Lötdüsenanordnung weise eine Andrückschraube auf. Diese gelange durch die Federkraft eines vorhandenen Pneumatikzylinders gegen die Unterseite des Transportsystems abstützend zum Anschlag und bilde so einen insbesondere verstellbaren Höhenbegrenzer zur Einstellung eines definierten Abstandes der Lötdüseneinrichtung vor der Transporteinrichtung und damit von der Unterseite der Leiterplatte.

Es sei mit einer Aufhebung des Beschlusses vom 05.12.2011 zu rechnen, da die Auffassung der Löschungsabteilung – insbesondere zu den in den Verfahren eingeführten Schriften EP 0 118 XXX A1 (D1) und DE 84 16 XXX 41 (D2) – rechtsfehlerhaft sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll vom 16.08.2012 Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist – soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht bereits in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben – begründet. Die Klägerin kann die Beklagte auf Schadensersatz gemäß § 24 Abs. 2 GebrMG, auf Auskunft und Rechnungslegung gemäß § 24b GebrMG, §§ 242, 259 BGB, auf Rückruf und Vernichtung nach § 24a Abs. 1, Abs. 2 GebrMG und Erstattung der Abmahnkosten gemäß §§ 677, 683, 670 BGB bzw. aus § 24 Abs. 2 GebrMG in Anspruch nehmen.

I.

Das Klagegebrauchsmuster betrifft eine Vorrichtung zum Verlöten von Verleiterplatten mittels einer Lötdüsenanordnung, die in definiertem Abstand zu einem die Leiterplatten fördernden Transportsystem gehalten ist.

Derartige Vorrichtungen sind im Stand der Technik bekannt. Als Beispiel verweist das Klagegebrauchsmuster auf die Europäische Patentanmeldung 01 180 XX A1 (Anlage PBP A-13), insbesondere deren Figur 6, in der eine derartige Vorrichtung dargestellt ist, bei der über eine Lötdüsenanordnung mit beiderseits überfließendem Lot Leiterplatten geführt werden, und zwar von einem Transportsystem, das die Leiterplatten in definiertem Abstand zur der Lötdüsenanordnung fördert. Der Abstand zwischen dem Transportsystem und der Lötdüsenanordnung wird dabei durch Stellschrauben fest eingestellt.

Infolge der relativ hohen Temperaturen, die bei derartigen Vorrichtungen wegen des verwendeten schmelzflüssigen Lots herrschen, entsteht häufig eine temperaturbedingte Veränderung der Relativlage von Transportsystem und Lötdüsenanordnung, sodass es entweder zu unvollständigen oder sogar unterbliebenen Verlötungen kommt oder die Leiterplatten zu dicht an dem schmelzflüssigen Lot vorbeigeführt werden, das im allgemeinen eine Temperatur von 250 bis 350 Grad Celsius hat. Wenn beim Betrieb einer derartigen Vorrichtung die erwähnten Fehllötungen nicht gleich bemerkt werden, kann man dem zwar durch sofortiges Nachstellen der Stellschrauben in gewisser Weise abhelfen. Dies ist aber immer mit einer Unterbrechung des mittels der Vorrichtung durchgeführten Lötverfahrens verbunden.
Ein weiteres Problem bringt ein Übergang zu einer anderen Löttemperatur, außerdem das Auswechseln einer Düse in der Düsenordnung mit sich. Die Düsen sind nämlich bestimmten Gestaltungen der zu verlötenden Bauteile auf den Leiterplatten angepasst. In derartigen Fällen muss das auf der Vorrichtung durchgeführte Lötverfahren unterbrochen werden. Dies geschieht derart, dass die Lötdüsenanordnung, die auf einem Hubmechanismus ruht, abgesenkt wird, um die inneren Bereiche der Vorrichtung einem Wechsel zugänglich zu machen. Danach wird die Düsenordnung wieder in eine Lage hochgefahren, wobei jedes Mal nachträglich ein Nachjustieren mittels der Stellschrauben erforderlich ist.

Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, die Einstellung des Abstandes zwischen dem Transportsystem und der Lötdüsenanordnung zu verbessern, dass im Falle einer Unterbrechung des Verfahrens oder im Falle von thermisch bedingten Lageveränderungen der Bestandteile der Vorrichtung ein Nachjustieren des genannten Abstandes nicht erforderlich ist und dieser Abstand, sofern nicht bei Verwendung anderer Leiterplatten ein ganz anderer neuer Abstand gewählt worden ist, sich automatisch immer wieder richtig einstellt.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagegebrauchsmuster eine Vorrichtung nach dem Hauptanspruch 1 vor, der wie folgt gegliedert werden kann:

(1) Vorrichtung zum Verlöten von Leiterplatten (1) mit einer Lötdüsenanordnung (19) und einem Transportsystem (7).

(2) Das Transportsystem (7)

(a) fördert die Leiterplatten (1),

(b) verfügt über an ihm angeordnete verstellbare Höhenbegrenzer (32, 33).

(3) Die Lötdüsenanordnung (19)

(a) ist in einem definiertem Abstand zum Transportsystem (7) gehalten,

(b) steht in Verbindung mit Anschlägen (25, 38),

(c) ist auf Federn (39, 40) gelagert, wobei

(aa) die Federn (39, 40) in Richtung auf das Transportsystem (7) drücken

(bb) die Höhenbegrenzer (32, 33) unter der Wirkung der Federn (39, 40) gegen die Anschläge (25, 38) anschlagen.

II.

Der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters ist schutzfähig.

1.

Die von der Beklagten geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung nimmt die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters weder in neuheitsschädlicher Weise vorweg noch ist die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters hierdurch für den Fachmann nahe gelegt. Die Merkmale 3c)aa), 3c)bb) und 2b) des Anspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters sind – wie auch das fachkundig besetzte DPMA bereits mit Beschluss vom 05.12.2011 (Anlage PBP A-18) festgestellt hat – nicht naheliegend offenbart.

a.

Die Beklagte hat zu der geltend gemachten Vorbenutzung durch die Lötanlage B u.a. die Anlagen 3 und 4 bzw. 4a zur Akte gereicht. Bei der Anlage 3 handelt es sich um Auszüge aus der Betriebsanleitung, bei der Anlage 4a um eine Konstruktionszeichnung des Lötmoduls. Aus der Anlage 3, insbesondere aus den Seiten 13 und 17, lässt sich eine Vorrichtung zum Verlöten von Leiterplatten mittels einer Lotdüsenanordnung, die in definiertem Abstand zu einem die Leiterplatten fördernden Transportsystem gehalten ist (vgl. Anlage 3, Seite 13), entnehmen.

Nachfolgend wird die Figur auf Seite 17 der Anlage 3 zur Veranschaulichung eingeblendet:

Das Merkmal 3c)aa), nach dem das Lötdüsensystem auf Federn, die in Richtung auf das Transportsystem drücken, gelagert ist, geht aus den zur Akte gereichten Anlagen nicht hervor und wird durch diese auch nicht nahegelegt. Denn bei der angeblich vorbenutzten Anlage ist das Lotdüsensystem über Schachtaufhängebolzen (10, 15) und jeweils einer Andruckfeder (12) an einer Aufnahmeleiste (8) befestigt (Anlage 3, Seite 17). Die Aufnahmeleiste (8) ist auf der linken Seite über eine Achse gelenkig mit dem Löttiegel verbunden. Auf der rechten Seite ist ein Mechanismus zum Anheben bzw. Absenken der Aufnahmeleiste und damit der Lötdüsen vorgesehen. Dieser (in Anlage 4a näher gezeigte) Mechanismus besteht aus einem Hubzylinder (1) mit einem Gabelkopf (2), der über einen Hebelanordnung (3) und einen Zylinderschwenkbolzen (5) auf ein Andrücklager (6) an der Unterseite der Aufnahmeleiste (8) einwirkt. Es lässt sich nicht feststellen, ob es sich bei dem Hubzylinder (1) um einen Pneumatikzylinder handelt. Dem Hubzylinder können auch nicht ohne weiteres die federnden Eigenschaften zugeschrieben werden, die denen der Schraubenfeder (39, 40) entsprechen. Vielmehr dürfte es – wie auch die Löschungsabteilung des DPMA festgestellt hat – von den Einstellparametern des Hubzylinders, insbesondere dem Luftdruck, abhängen, ob überhaupt eine federnde Wirkung vorhanden ist oder nicht. Zudem würden die „Federeigenschaften“ mit dem gezeigten Mechanismus und dessen Kraftübertragung im Wesentlichen durch die Hebellagerung (4) in Anlage 3 (Seite 17) aufgenommen werden. Die Lötanlage mit ihrem Düsenversenkmechanismus (vgl. Anlage 3, Seite 17) kann somit keine wesentlichen Anregungen für eine Lötdüsenanordnung nach dem Klagegebrauchsmuster geben.

Dies gilt auch für das Merkmal 3c)bb) und das Merkmal 2b). Denn die Andrückschraube (17), die die Beklagte als verstellbaren Höhenbegrenzer ansieht (vgl. Anlage 3, Seite 17), ist nach der Erläuterung in Anlage 3, Seite 18 nur in der Ausführungsvariante mit zusätzlicher Vorlötdüse notwendig („the following items only for extension stage with presoldering nozzle“). Diese „Zusatzausstattung“ für die Vorlötdüse ist in der Weise aufgebaut, dass an einer Ausgleichsleiste (13) an einem Ende der Schachtaufhängebolzen mit der Vorlotdüse und an dem anderen Ende die Andrückschraube (17) angebracht sind. Die Ausgleichsleiste ist mit einem in der Mitte angeordneten Drehbolzen (14), der als Drehachse wirkt, mit der Aufnahmeleiste (8) verbunden (vgl. Anlage 3, Seite 17). Dadurch soll erreicht werden, dass bei einer Verstellung des Lötwinkels durch Verstellung der Ausgleichsleiste die Höhe der Vorlötdüse angepasst werden kann. Für die von der Beklagten behaupteten weiteren Funktion der Andrückschraube (17) als verstellbarer Höhenbegrenzer finden sich dagegen keine Hinweise. Gegen eine solche Annahme spricht, dass dann bei der Grundversion ohne Vorlötdüse eine für jede Anlage wünschenswerte verstellbare Höhenbegrenzung und damit eine automatische Nachjustierung der Fertiglötdüse nicht möglich wäre.

Bei den von der Beklagten zur Akte gereichten Fotos (Anlagen 9 bis 16) handelt es sich um den gleichen Lötanlagentyp B, mithin um dieselbe Lötanlage wie sie in den Anlagen 3 und 4a gezeigt ist. Der Hubmechanismus mit der behaupteten Federwirkung ist nicht Gegenstand der Lichtbilder. Zudem ist auf den Fotos das Transportsystem nicht zu erkennen. Die Anlage 15 dürfte zwar zeigen, dass die Andrückschraube (17) an einem Rahmen anschlägt. Eine Übereinstimmung mit dem in der Anlage 9 gezeigten Rahmen 1.2 ist jedoch nicht erkennbar.

b.

Weder durch die EP 0 118 091 A1 (D1), noch durch die DE 84 16 XXX U1 (D2) werden die Merkmale 3c)aa), 2b) und 3c)bb) naheliegend offenbart.

Die D1 zeigt eine Vorrichtung zum Verlöten von Leiterplatten (78) mittels einer Lötdüsenanordnung (vgl. Figur 6 und Figur 7). Als Lötdüsenanordnung ist nicht nur die eigentliche Lötdüse (108) – „main nozzle portion“ – anzusehen, sondern auch die zwei seitlich davon angeordneten Überlaufbereiche (112) und (116), (118) für das Lot. Diese gesamte Lötdüsenanordnung befindet sich in einem Löttiegel 80 und kann zusammen mit diesem durch eine Spindelantrieb (96), (88), (90), (92) in der Höhe verstellt werden (vgl. Figur 8). Dadurch kommt es zu einem definierten Abstand zwischen Lötdüsenanordnung und einem die Leiterplatte fördernden Transportsystem (18) (vgl. Figur 2).

Die D1 offenbart indes weder die Merkmale 3c)aa), 2b) und 3c)bb) des Anspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters, noch gibt sie dem Fachmann dahingehende Anregungen. Denn die Lötdüsenanordnung befindet sich innerhalb des Löttiegels (80), der über einen Halter (82), (84) fest mit dem Spindelantrieb (86), (88), (90), (92) verbunden ist. Über diesen Spindelantrieb kann die Lötdüsenanordnung zum Transportsystem hin oder von diesem weg verstellt werden. Etwaige Federn, die diese Lötdüsenanordnung in Richtung auf das Transportsystem drücken könnten, sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die verstellbaren Höhebegrenzer am Transportsystem sowie für die mit der Lötdüsenanordnung in Verbindung stehenden Anschläge, die am Höhenbegrenzer anschlagen könnten.

Zwar ist im Bereich des rückwärtigen Überlaufbereichs des Löttiegels (80) (in Figur 7 rechts von der Lötdüse (108)) ein verstellbarer, mit einem Ende am Transportsystem (18) befestigter Abstandhalter (132) vorgesehen. Dieser dient aber lediglich dazu, eine Art Wehr (116) in einem bestimmten Abstand zu dem Transportsystem zu halten. Dadurch soll erreicht werden, dass trotz variierender Höhe der Lötwelle, beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Längen der Anschlussdrähte (78‘), im Wesentlichen die gleiche Menge an Lot rückwärtig abfließt (Figuren 6 und 7). Damit das Wehr diese Funktion erfüllen kann, ist es an seinem unteren Ende mit einer an einem Scharnier (120) befestigten, verschwenkbaren Platte (118) fest verbunden (vgl. Figur 7). Es wird so über eine Feder (124), die gegen die Platte (118) drückt, mit seinem oberen Ende in Anschlag zu dem einstellbaren Abstandhalter (132) gebracht. Somit kann über die aus Abstandshalter (132), Wehr (116), Platte (118) und Feder (124) bestehende Anordnung lediglich der Lotabfluss eingestellt werden. Mit einer federnden Lagerung gegen einen Anschlag und der dadurch erreichten reproduzierbaren Einstellung der gesamten Lötdüsenanordnung und somit auch der Lötwelle in Bezug auf das Transportsystem hat dies dagegen nichts zu tun. Dies ist bei der in der D1 gezeigten Vorrichtung auch nicht erforderlich. Denn die Einstellung der Lötwelle in Bezug auf das Transportsystem wird dadurch realisiert, dass mittels eines am Transportsystem (18) befestigten Lötwellen-Sensors (144) das Höhenniveau der Lötwelle gemessen und in Abhängigkeit davon durch einen Mikroprozessor (20) die Geschwindigkeit der Lötpumpe (102) angepasst wird (vgl. D1, Seite 12, letzter Absatz bis Seite 13, 1. Absatz). Einer weiteren „Feineinstellung“ des Abstandes zwischen Transportsystem und Lötdüsenanordnung bedarf es somit nicht. Dementsprechend hat der Fachmann auch keinerlei Veranlassung für Überlegungen, ob das für das Wehr eingesetzte System aus einstellbarem Höhenbegrenzer, Anschlag und Feder auf die gesamte Lötdüsenanordnung übertragen werden könnte. Eine solche Überlegung würde er vielmehr nur in Kenntnis der Erfindung, mithin in unzulässiger Rückschau, anstellen.

An diesem Ergebnis vermag die D2 nichts zu ändern. Denn dieser Schrift ist auf Seite 4, Zeilen 10 bis 14 lediglich zu entnehmen, dass die Lötdüse in der Höhenlage relativ zu der Leiterplatte verstellt werden kann. Dies geht nicht über den Inhalt der D1 hinaus. Denn auch dort ist die Lötdüse (108) über den Spindelantrieb höhenverstellbar.

III.

Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters in wortsinngemäßer Weise Gebrauch. Dies wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.

IV.

Der Klägerin stehen die beantragten Ansprüche zu.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 24 Abs. 2 GebrMG weil die Beklagte die Gebrauchsmusterverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Gebrauchsmusterverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagegebrauchsmusters durch die Gebrauchsmusterverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus § 24b GebrMG §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 24b Abs. 1 GebrMG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 24b Abs. 3 GebrMG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Soweit die nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist der Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).

Der Rückruf- und Vernichtungsanspruch ergibt sich aus § 24a Abs. 1 und Abs. 2 GebrMG.

Die Abmahnkosten sind in voller Höhe begründet. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 677, 683, 670 BGB bzw. aus § 24 Abs. 2 GebrMG. Die Berechnung der Gebühren auf der Basis einer 1,5 Geschäftsgebühr gemäß § 2400 VV RVG ist im Rahmen einer gebrauchsmusterrechtlichen Streitigkeit nicht zu beanstanden.

V.

Für eine weitere Aussetzung bestand keine Veranlassung, § 148 ZPO. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Ausführungen zur Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters Bezug genommen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 91 a ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit teilweise übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung nur noch nach § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits zu entscheiden. Dabei entspricht es billigem Ermessen, dass die Beklagte in Bezug auf den Unterlassungsantrag die Kosten des Rechtsstreits trägt. Denn die teilweise für erledigt erklärte Klage war zulässig und begründet. Vor Ablauf der Schutzdauer des Klagegebrauchsmusters (erledigendes Ereignis) stand der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung des weiteren Vertriebs und Herstellung der angegriffenen Ausführungsform gemäß § 24 Abs. 1 GebrMG zu, da die Benutzung des Erfindungsgegenstands ohne Berechtigung erfolgte.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Die Voraussetzungen des § 712 ZPO hat die Beklagte nicht dargetan.

Streitwert: 500.000,00 €. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse, das die Klägerin mit ihrer Klage objektiv verfolgt, wobei es auf die Verhältnisse bei Klageeinreichung ankommt. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang beispielsweise die bei Klageerhebung noch gegebene Restlaufzeit des Klagegebrauchsmusters, die Verhältnisse bei der Klägerin (z.B. Umsatz, Größe, Marktstellung), die Aufschluss über den voraussichtlich drohenden Schaden aus der behaupteten Verletzung geben sowie Art, Ausmaß und Schädlichkeit der Verletzungshandlung. Auf eine etwaige Vereinbarung zwischen den Parteien vor dem DPMA kommt es dagegen nicht an.