4a O 39/11 – Schneidzahnanordnung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1930

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. Oktober 2012, Az. 4a O 39/11

Rechtsmittelinstanz: 2 U 90/12

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwider-handlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungs-geldes bis 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungs-haft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jah-ren, in Bezug auf die Beklagte zu 1) zu vollziehen an einem ihrer Geschäftsführer, zu unterlassen,

Schneidzähne mit einem Zahnkopf und einem Zahnschaft, der an seinen Schmalseiten ein Profil aufweist, wobei an mindestens einer Schmalseite eine Ausnehmung vorgesehen ist, Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,

soweit der jeweilige Schneidzahn dazu geeignet ist, in einer Schneidzahnanordnung für ein Erdbearbei-tungsgerät eingesetzt zu werden, die außer dem Schneidzahn eine Halterung mit Einstecköffnung aufweist, in welche der Zahnschaft in einer Einst-eckrichtung einsteckbar ist, wobei in einer einge-steckten Position der Zahnschaft in der Halterung mittels einem quer zur Einsteckrichtung angeord-neten Befestigungsstift lösbar gehalten ist, wobei die Halterung gabelförmig mit zwei Haltearmen ausgebildet ist und die Halterarme jeweils eine Anlageseite aufweisen, die an den Schmalseiten des Zahnschafts anliegen, wobei zusätzlich zu den Schmalseiten des Zahnschafts auch die Anlagen-seiten zur Bildung eines Formschlusses quer zur Einsteckrichtung mit einem Profil versehen sind und wobei auch an der Anlageseite zumindest eines Haltearmes eine Ausnehmung vorgesehen ist, so dass diese Ausnehmung und die Ausnehmung an der zugehörenden Schmalseite des Zahnschafts in der eingesteckten Position gemeinsam einen Durchgang für den Befestigungsstift bilden;

2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses darüber Rech-nung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 11.03.2004 begangen haben, und zwar unter Angabe,

a) der Menge der erhaltenen und/oder bestellten Schneidzähne, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen so-wie Typenbezeichnungen und außerdem der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Typenbezeichnungen und außer-dem der Namen und Anschriften der Ange-botsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsge-biet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

– wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist

– und wobei die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen ha-ben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamt-schuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu erset-zen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 11.03.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

III. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 6.196,- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz seit dem 05.04.2011 zu bezahlen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamt-schuldnern auferlegt.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen mittelbarer Verletzung des europäi-schen Patents 1 223 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatz-pflicht dem Grunde nach sowie auf Erstattung außergerichtlicher Kosten in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 23.11.2001 unter Inanspruchnahme der Priorität eines deutschen Gebrauchsmusters vom 12.01.2001 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klage-patents erfolgte am 11.02.2004. Der deutsche Teil des Klagepatents ist in Kraft.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Schneidzahnanordnung“. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 lautet:

„Schneidzahnanordnung für ein Erdbearbeitungsgerät mit einem Schneidzahn (10), welcher einen Zahnkopf (12) und einen Zahnschaft (14) aufweist, und einer Halterung (30) mit Einstecköffnung (32), in wel-che der Zahnschaft (14) in einer Einsteckrichtung einsteckbar ist, wobei in einer eingesteckten Position der Zahnschaft (14) in der Halterung (30) mittels einem quer zur Einsteckrichtung angeordneten Befestigungsstift (5) lösbar gehaltert ist, dadurch gekennzeichnet,

– dass die Halterung (30) gabelförmig mit zwei Haltearmen (34) ausgebildet ist,

– dass die Haltearme (34) jeweils eine Anlageseite (36) aufweisen, welche an Schmalseiten (16) des Zahnschaftes (14) anliegen,

– dass die Anlageseiten (36) und die Schmalseiten (16) zur Bildung eines Formschlusses quer zur Einsteckrichtung mit einem Profil versehen sind, und

– dass an der Anlageseite (36) zumindest eines Haltearmes (34) und an der zugehörigen Schmalseite (16) des Zahnschaftes (14) jeweils eine Ausnehmung (18, 38) vorgesehen ist, welche in der eingesteckten Position gemeinsam einen Durchgang (3) für den Befestigungsstift (5) bilden.“

Die nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figuren zeigen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung. In Figur 1 ist eine erfindungsgemäße Halterung in verschiedenen Ansichten dargestellt.

Figur 2 zeigt einen Schneidzahn nach der Erfindung in verschiedenen Ansichten.
Schließlich handelt es sich bei Figur 3 um die Darstellung einer montierten Schneidzahnanordnung mit der Halterung von Figur 1 und dem Schneidezahn von Figur 2.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine zum Bauer-Konzern gehörende Ge-sellschaft. Sie vertreibt sowohl Halterungen als auch Schneidzähne, die zu-sammen eine Schneidzahnanordnung für ein Erdbearbeitungsgerät bilden. Die Schneidzähne bzw. Halterungen werden durch die Klägerin unter den Bezeichnungen „A“ bzw. „B“ angeboten und vertrieben.

Die Beklagte zu 1) stellt Werkzeuge bzw. Werkzeugteile für diverse Maschi-nentypen her und vertreibt diese. Bei den Beklagten zu 2) und zu 3) handelt es sich um die jeweils einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beklagten zu 1).

Im April 2010 lieferte die Beklagte zu 1) 15 Schneidzähne unter Verwendung der Bezeichnung „Verschleißwechselstollen mit Hartmetall“, Artikelnummer MS0026.159.00 (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) an die C GmbH in D, die wie nachfolgend eingeblendet gestaltet waren:

In der nachstehenden Abbildung ist zudem – verkleinert – die angegriffene Ausführungsform zusammen mit einer passenden Halterung zu sehen:

Die gelieferten Verschleißwechselstollen hatte die C GmbH zuvor unter der Bezeichnung „E“ bei der Beklagten zu 1) bestellt.

Nach Auffassung der Klägerin machen die Beklagten damit mittelbar von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Insbesondere seien die Ab-nehmer der Beklagten zur Benutzung der Erfindung auch nicht berechtigt. Zwar handele es sich bei der angegriffenen Ausführungsform unstreitig um regelmäßig auszutauschende Verschleißteile. Jedoch würden die Halterung und der Schneidezahn (mit dem Befestigungsstift) zusammen eine Baueinheit, die Schneidzahnanordnung, bilden. Diese werde funktionsunfähig, wenn der Schneidezahn entfernt werde. Beim Einsetzen eines neuen Schneidzahns stelle der Benutzer daher eine neue, von Patentanspruch 1 geschützte Baueinheit her.

Die technische Wirkung der Erfindung liege in einer Reduzierung des Ver-schleißes der Schneidezahnanordnung und des damit verbundenen Aufwandes zur Instandhaltung bei gleichzeitiger Sicherstellung einer zuverlässigen Befestigung des Schneidzahnes in der Halterung. Diese Wirkungen würden gerade dadurch erreicht, dass der Schneidzahn eine spezielle Ausgestaltung aufweise, so dass ein solcher Schneidzahn ein wesentliches Element der Erfindung verkörpere.

Darüber hinaus sei die Erfindung auch wirtschaftlich auf einen Austausch der Schneidzähne angelegt. Der wirtschaftliche Kern der Erfindung bestehe daher jedenfalls auch darin, den Ersatzbedarf an patentgemäßen Schneidezähnen abzudecken. Allein schon dies reiche aus, den Ersatzbedarf an patentgemäßen Schneidezähnen abzudecken.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.08.2010 mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1) erfolglos ab.

Die Klägerin beantragt mit der den Beklagten am 05.04.2011 zugestellten Klage,

zu erkennen wie geschehen;

hilfsweise wie der Tenor zu I. 1., mit dem Zusatz

ohne bei jedem Angebot schriftlich darauf hinzuweisen bzw. ohne bei jeder Lieferung schriftlich auf der Verpackung darauf hinzuweisen – und zwar jeweils blickfangmäßig (also drucktechnisch hervorgehoben, vom übrigen Text abgesetzt und in Fettdruck gehalten, wobei die Schriftgröße bei jedem Angebot größer sein muss als die maximale Schriftgröße des Angebots und wobei die Schriftgröße des Hinweises auf der Verpackung größer sein muss als der sonstige aufgedruckte Text mit Ausnahme der Produkt- und Firmenbezeichnung sowie mit Ausnahme eines eventuellen Logos der Beklagten) – , dass der jeweilige Schneidezahn nur mit einer Halterung verwendet werden darf, die von der Klägerin (bzw. von einem Dritten mit Zustimmung der Klägerin) zusammen mit einem Schneidezahn der Klägerin oder zusammen mit einem Schneidzahn eines Dritten in den Verkehr gebracht worden ist oder wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie meinen, die konkrete Gestaltung der Halterung der Schneidzähne sowie die darauf konkret abgestimmte Ausformung der Schneidzähne sei bereits im Stand der Technik vorweg genommen. Der Unterschied zum Stand der Technik liege in einem Aspekt, der zwar im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden habe, allerdings aus Figur 1 des Klagepatents abgeleitet werden könne. Die Halterung sei zur Aufnahme des Schneidzahns dort zwar als ein Bauteil ausgestaltet, das selbst lösbar in das Erdbearbeitungsgerät eingebaut werden könne. Sie bilde aber ein gesondertes Bauteil, das in entsprechende Ausnehmungen in dem Erdbearbeitungsgerät, beispielsweise einem Bohrring, eingebracht und dort verschweißt werde. Wenn diese Halterung verschlissen sei, könne sie auf einfache Weise selbst ausgetauscht werden. Damit komme das Wesen der vermeintlichen Erfindung allenfalls ausschließlich in der Austauschbarkeit der Halterung für den Schneidzahn, keinesfalls aber in der besonderen Ausbildung, durch die die Zähne nur an den Schmalseiten gehalten würden, zum Ausdruck. Erst recht könnten die Schneidzähne nicht als Kern der Erfin-dung oder als ein Element, welches das Wesen der Erfindung ausmache, an-gesehen werden.

Es sei vor diesem Hintergrund schon fraglich, ob die von den Beklagten gelie-ferten Schneidzähne überhaupt ein Mittel darstellen, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Jedenfalls würden die Beklagten die streitgegenständlichen Schneidzähne nur solchen Kunden anbieten, die sich im Besitz der Erdbearbeitungsgeräte der Klägerin befinden. Für diese Erdbearbeitungsgeräte mit den entsprechenden Halterungen würden die Zähne der Beklagten passen. Die Abnehmer der Beklagten seien zur Benutzung dieser Erdbearbeitungsgeräte und damit auch zur Erfindung berechtigt. Eine Lieferung von Schneidzähnen an diesen Personenkreis könne daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine mittelbare Verletzung des Klagepatents darstellen.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die einge-reichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach sowie Ersatz außergerichtlicher Kosten aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu, da die angegriffene Ausführungsform mittelbar von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Schneidzahnanordnung für ein Erdbear-beitungsgerät mit einem Schneidzahn, der einen Zahnkopf und einen Zahnschaft aufweist, und eine Halterung mit Einstecköffnung, in die der Zahnschaft in eine Einsteckrichtung einsteckbar ist, wobei in einer ein-gesteckten Position der Zahnschaft in der Halterung mittels einem quer zur Einsteckrichtung angeordneten Befestigungsstift lösbar gehaltert ist.

Eine gattungsgemäße Schneidzahnanordnung, so führt das Klagepatent ein-leitend aus, gehe beispielsweise aus der DE 40 02 907 A1 hervor. Bei dieser bekannten Anordnung werde ein Zahnschaft in einen taschenförmigen Aufnahmeraum an einer Bohrkrone eingesteckt, so dass sowohl die Schmal- als auch die Breitseiten des Zahnschaftes von Aufnahmeflächen der Aufnahmetasche umgeben seien. Eine lösbare Halterung werde hierbei durch einen Befestigungsstift erreicht, der etwa mittig an einer Breitseite des quaderförmigen Zahnschaftes angeordnet sei und sowohl die Seitenflächen der Aufnahmetasche als auch einen Mittelbereich des Zahnschaftes durchdringe.

Beim Abtragen von Boden durch Bohren oder Fräsen trete ein erheblicher Ver-schleiß an den Zähnen auf. Mit der bekannten Vorrichtung könne zwar der Zahn relativ leicht gewechselt werden. Allerdings sei auch die Aufnahmetasche zum Haltern des Zahns erheblichem Verschleiß ausgesetzt. Daher sei es erforderlich, die gesamte Aufnahmetasche oder zumindest einzelne Wände abzutragen und auszuwechseln.

Dem Klagepatent liegt daher die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, eine Schneidzahnanordnung für ein Erdbearbeitungsgerät zu schaffen, bei welchem ein Verschleiß bei der Erdbearbeitung und der damit verbundene Aufwand zur Instandhaltung des Erdbearbeitungsgerätes weiter reduziert ist.

Dies geschieht nach Patentanspruch 1 durch eine Kombination der folgenden Merkmale:

Schneidzahnanordnung für ein Erdarbeitungsgerät

1. mit einem Schneidzahn (10),

1.1. welcher einen Zahnkopf (12) und einen Zahnschaft (14) aufweist,

2. und mit einer Halterung (30) mit Einstecköffnung (32),

2.1. in welche der Zahnschaft (14) in einer Einsteckrichtung einsteckbar ist;

3. in einer eingesteckten Position ist der Zahnschaft (14) in der Halterung (30) lösbar gehalten;

3.1. dies erfolgt mittels einem quer zur Einsteckrichtung angeordneten Befestigungsstift (5);

4. die Halterung (30) ist gabelförmig mit zwei Haltearmen (34) ausgebildet;

5. die Haltearme (34) weisen jeweils eine Anlagenseite (36) auf;

5.1. die Anlageseiten (36) liegen an Schmalseiten (16) des Zahnschafts (14) an;

6. die Anlageseiten (36) und die Schmalseiten (16) sind zur Bildung eines Formschlusses quer zur Einsteckrichtung mit einem Profil versehen;

7. an der Anlageseite (36) zumindest eines Haltearmes (34) und an der zugehörenden Schmalseite (16) des Zahnschafts (14) ist je-weils eine Ausnehmung (18, 38) vorgesehen;

7.1. die Ausnehmungen (18, 38) bilden in der eingesteckten Position einen Durchgang (3) für den Befestigungsstift (5).

II.
Durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform ma-chen die Beklagten von der technischen Lehre des Klagepatents mittelbar Ge-brauch, § 10 PatG.

1.
Die angegriffene Ausführungsform bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung.

a)
Nach der Rechtsprechung bezieht sich ein Mittel auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem oder mehreren Merkmalen des Patentanspruchs bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (BGH GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler; BGH GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug), es sei denn, es trägt zum Leistungsergebnis der Erfindung, das heißt zu der erfindungsgemäßen Lösung des dem Patent zugrunde liegenden technischen Problems nichts bei (vgl. BGH GRUR 2007, 769 – Pipettensystem). Das Kriterium der Eignung des Mittels, mit einem wesentlichen Element der Erfindung bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken, schließt solche Mittel aus, die – wie etwa die für den Betrieb einer geschützten Vorrichtung be-nötigte Energie – zwar bei der Benutzung der Erfindung verwendet werden können, zur Verwirklichung der technischen Lehre der Erfindung jedoch nichts beitragen. Leistet ein Mittel einen solchen Beitrag, wird es demgegenüber im Allgemeinen nicht darauf ankommen, mit welchem Merkmal oder welchen Merkmalen des Patentanspruchs das Mittel zusammenwirkt. Denn was Bestandteil des Patentanspruchs ist, ist regelmäßig bereits deshalb auch wesentliches Element der Erfindung (vgl. BGH GRUR 2004, 758, 761 – Flügelradzähler).

b)
Davon ausgehend bezieht sich die angegriffene Ausführungsform auf ein we-sentliches Element der Erfindung.

Der angegriffene Schneidzahn ist Teil der beanspruchten Schneidzahnanord-nung, die aus dem Schneidzahn und der Schneidzahnhalterung besteht. Dabei weist der Schneidzahn einen Zahnschaft auf, der mittels eines Befestigungsstifts lösbar in der Halterung gehalten wird (Merkmalsgruppe 3). Des Weiteren sollen Halterung und Schneidzahn funktional so zusammenwirken, dass die Anlageseiten der Haltearme der Halterung an den Schmalseiten des Zahnschafts anliegen (Merkmalsgruppe 5). Zudem sollen die Anlageseiten und die Schmalseiten quer zur Einsteckrichtung mit einem Profil versehen sein, damit ein Formverschluss gebildet wird (Merkmal 6). Schließlich soll an der Anlageseite zumindest eines Haltearms und an der zugehörigen Schmalseite des Zahnschafts jeweils eine Ausnehmung vorgesehen sein, die gemeinsam einen Durchgang für den Befestigungsstift bilden.

Das genügt ohne Weiteres für ein funktionales Zusammenwirken von Halterung und Schneidzahn. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, worin der Kern der Erfindung liegt. Zwar kann ein Merkmal, das für die technische Lehre der Erfindung von völlig untergeordneter Bedeutung ist, als nichtwesentliches Element der Erfindung anzusehen sein. Eine solche Irrelevanz kann aber nicht mit der Bekanntheit dieser Merkmale im Stand der Technik begründet werden. Fehlende „Wesentlichkeit“ kann sich nur daraus ergeben, dass ein Merkmal zu dem Leistungsergebnis der Erfindung, das heißt zu der erfindungsgemäßen Lösung des dem Patent zu Grunde liegenden Problems, nichts beiträgt, wobei auch ein Beitrag, der praktisch ohne Bedeutung ist, außer Betracht bleiben kann. Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn bei einer Erfindung, die sich mit der Fortbildung einer bestimmten Funktion einer als solchen bekannten Vorrichtung befasst, in den Patentanspruch Merkmale aufgenommen wurden, die sich mit einer anderen, von der Erfindung nicht betreffenden Funktion der Vorrichtung befassen (vgl. BGH GRUR 2007, 769, 771 – Pipettensystem).

Davon kann jedoch dann nicht die Rede sein, wenn nach der beanspruchten technischen Lehre Halterung und Schneidzahn derart aufeinander abgestimmt sein sollen, dass einerseits eine sichere Befestigung des Schneidzahns an der Halterung gewährleistet ist (Formverschluss, Ausnehmungen für den Bolzen), und andererseits nach der in der Patentbeschreibung formulierten Aufgabe der Verschleiß reduziert werden soll (vgl. Anlage K 2, Abschnitt [0002]).

Soweit die Beklagten die Aufgabe demgegenüber auf einen bloßen Verschleißschutz für die Halterung reduzieren wollen, bietet die Klage-patentschrift dafür keinen Anhaltspunkt. Bereits nach der in der Klage-patentschrift formulierten Aufgabe soll der Verschleiß bei der Erdbearbeitung und der damit verbundene Instandhaltungsaufwand des Erdbe-arbeitungsgerätes reduziert werden (vgl. Anlage K 2, Abschnitt [0005]). Da in Patentanspruch 1 eine Schneidzahnanordnung für ein Erdbearbeitungsgerät beansprucht wird, bezieht sich das Klagepatent an dieser Stelle somit auf die Halterung und den Schneidzahn, die gemeinsam die Schneidzahnanordnung bilden. Ein Hinweis darauf, dass lediglich die Halterung verbessert werden soll, findet sich in der Patentschrift demgegenüber nicht. Vielmehr weist das Klagepatent in Abschnitt [0003] ausdrücklich darauf hin, dass beim Abtragen von Boden durch Bohren oder Fräsen ein erheblicher Verschleiß an den Zähnen und – daneben – ein Verschleiß an der Halterung auftreten soll. Davon geht das Klagepatent bei der Formulierung der Aufgabe, den Verschleiß zu verringern, aus. Dass es dem Klagepatent nicht nur um einen Verschleißschutz für die Halterung, sondern für die gesamte Schneidvor-richtung geht, lässt sich auch Abschnitt [0016] entnehmen, der ausdrücklich auf den Verschleiß des Schneidzahns eingeht.

Davon ausgehend rechtfertigt auch der weitere Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, gegenüber dem in der Klagepatentschrift zitierten Stand der Technik, bei dem der Zahnschaft in einen taschenförmigen Aufnah-meraum gesteckt werde, sei der Verschleißschutz für den Schneidezahn bei der beanspruchten Lösung sogar geringer, da ein größerer Teil des Schneid-zahns frei liege, keine andere Bewertung, denn durch die beanspruchte Lösung soll der Verschleißschutz insgesamt, das heißt von Schneidzahn und Halterung, verbessert werden. Darauf, ob möglicherweise einzelne Bereiche des Schneidzahns (oder der Halterung) gegenüber dem Stand der Technik einem höheren Verschleiß unterliegen, kommt es somit nicht an, solange der Verschleiß des Erdbearbeitungsgerätes insgesamt und der damit verbundene Aufwand zur Instandhaltung des Erdbearbeitungsgerätes weiter reduziert werden.

Der Hinweis der Beklagten, auf die als Anlagen K 12 und K 13 sowie B 1 vor-gelegten Schriften rechtfertigt bereits deshalb keine andere Bewertung, weil es sich dabei um in der Klagepatentschrift weder in der Klagepatentbeschreibung, noch auf dem Deckblatt genannten Stand der Technik handelt, so dass die Schriften kein zulässiges Auslegungsmaterial darstellen. Diese Schriften heranzuziehen wäre nur dann zulässig, wenn der Beweis geführt werden kann, dass dieser Stand der Technik zum allgemeinen Fachwissen auf dem betreffenden Gebiet gezählt hat (vgl. BGH GRUR 1978, 235, 236 f.; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rz. 36). Dafür genügt es nicht, dass die Beklagten insoweit ausführen, der Durchschnittsfachmann sei ohne Weiteres in der Lage, die offenbarten Gestaltungen zur Kenntnis zu nehmen und danach zu arbeiten, denn dies trifft auf nahezu alle öffentlich zugänglichen Schriften zu. Dies allein bedeutet jedoch nicht, dass die dortige Offenbarung auch zum allgemeinen Fachwissen gehört.
2.
Dass die angegriffene Ausführungsform durch die Beklagten zur Benutzung der Erfindung in der Bundesrepublik Deutschland geeignet und von den Abnehmern der Beklagten auch für die Benutzung der Erfindung bestimmt ist, haben die Beklagten nicht erheblich in Abrede gestellt, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.

3.
Die Abnehmer der Beklagten überschreiten mit der Verwendung des angegrif-fenen Schneidzahns die Grenzen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs des von ihnen erworbenen, eine Schneidzahnhalterung aufweisenden Erdbearbeitungsgerätes und stellen mit der Einsetzung einer neuen Schneidzahnanordnung jeweils die erfindungsgemäße Schneidzahnanordnung erneut her.

a)
Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines patentgeschützten Erzeugnisses gehört auch die Erhaltung und Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit, wenn die Funktions- oder Leistungsfähigkeit des konkreten Erzeugnisses ganz oder teilweise durch Verschleiß, Beschädigung oder aus anderen Gründen beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Von der Wiederherstellung einer aufgehobenen oder beeinträchtigten Gebrauchstauglichkeit eines mit Zustimmung des Patentinhabers in den Verkehr gelangten Erzeugnisses kann indessen dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die getroffenen Maßnahmen darauf hinauslaufen, das patentgemäße Erzeugnis erneut herzustellen. Für die Abgrenzung zwischen (zulässigem) bestimmungsgemäßen Gebrauch und (unzulässiger) Neuherstellung ist dabei maßgeblich, ob die getroffenen Maßnahmen noch die Identität des bereits in den Verkehr gebrachten konkreten patentgeschützten Erzeugnisses wahren oder der Schaffung eines neuen erfindungsgemäßen Erzeugnisses gleichkommen. Zur Beurteilung dieser Frage bedarf es einer die Eigenart des patentgeschützten Erzeugnisses berücksichtigenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers an der wirtschaftlichen Ver-wertung der Erfindung einerseits und des Abnehmers am ungehinderten Ge-brauch des in den Verkehr gebrachten konkreten erfindungsgemäßen Erzeug-nisses andererseits (vgl. BGH GRUR 2007, 769, 771 – Pipettensystem; BGH GRUR 2004, 758, 762 – Flügelradzähler; BGH GRUR 2006, 837, 838 – Laufk-ranz).

Dabei kann die Grenze des bestimmungsgemäßen Gebrauchs sachgerecht nicht ohne Berücksichtigung der spezifischen Eigenschaften, Wirkungen und Vorteile der Erfindung festgelegt werden, die aus patentrechtlicher Sicht einer-seits die Identität des Erzeugnisses prägen und andererseits Anhaltspunkte dafür liefern, inwieweit bei diesem Erzeugnis die einander widerstreitenden Interessen der Beteiligten zu einem angemessenen Ausgleich des Schutzes führen (vgl. BGH GRUR 2007, 769, 772 – Pipettensystem; BGH GRUR 2006, 837, 838 – Laufkranz).

b)
Davon ausgehend handelt es sich bei dem Einsatz des angegriffenen Schneidzahns in der Halterung der Erdbearbeitungsgeräte der Klägerin um eine Neuherstellung und keinen bloßen bestimmungsgemäßen Gebrauch.

Auch wenn der Austausch eines Verschleißteils, um das es sich bei der ange-griffenen Ausführungsform unstreitig handelt, das während der zu erwartenden Lebensdauer einer Vorrichtung gegebenenfalls mehrfach ersetzt zu werden pflegt, regelmäßig keine Neuherstellung ist, kann es anders liegen, wenn gerade durch den Austausch dieses Teils der technische und wirtschaftliche Vorteil der Erfindung erneut verwirklicht wird (vgl. BGH GRUR 2004, 758, 762 – Flügelradzähler). Eine solche Fallgestaltung liegt hier vor.

Gegenstand von Patentanspruch 1 ist, wie bereits ausgeführt, eine aus einem Schneidzahn und einer Halterung bestehende Schneidzahnanordnung. Um die in der Klagepatentschrift formulierte Aufgabe der Erfindung, den Verschleiß bei der Erdbearbeitung und den damit verbundenen Aufwand zur Instandhaltung des Erdbearbeitungsgerätes weiter zu reduzieren, zu lösen, werden in Patentanspruch 1 Schneidzahn und Halterung in ihrem Zusammenspiel beschrieben. So sollen die Anlagenseiten der Halterung und die Schmalseiten des Schneidzahns zur Bildung eines Formverschlusses quer zur Einsteckrichtung mit einem Profil versehen sein. Des Weiteren soll die Anlageseite zumindest eines Haltearms ebenso wie die zugehörige Schmalseite des Zahnschafts jeweils eine Ausnehmung aufweisen, damit ein Durchgang für den Befestigungsstift geschaffen wird.

Dem Fachmann ist somit klar, dass sich der erfindungsgemäße technische Vorteil der Verschleißreduzierung nicht allein durch die Gestaltung der Halte-rung realisiert, sondern dass es entscheidend darauf ankommt, dass Halterung und Schneidzahn wie im Patentanspruch beschrieben gestaltet sind. Denn nur dadurch wird der Zahnschaft nicht mehr wie im Stand der Technik umseitig, sondern nur noch durch die gabel- oder u-förmige Halterung an den Schmalseiten gehalten, so dass eine relativ geringe, dem Verschleiß unterworfene Oberfläche entsteht (vgl. Anlage K 2, Abschnitt [0008]). Dass es zum Erreichen des angestrebten Verschleißschutzes entscheidend darauf ankommt, dass nicht nur die Haltegabel, sondern auch der Schneidzahn wie beansprucht gestaltet ist, bestätigt dem Fachmann schließlich auch die Kla-gepatentbeschreibung (vgl. Anlage K 2, Abschnitte [0009], [0010] a. E., [0013], [0014] a. E.).

III.
Da die Beklagten somit durch das Angebot und den Vertrieb der der angegriffenen Ausführungsform das Klagepatent mittelbar verletzen (§ 10 Abs. 1 PatG), ergeben sich die folgenden Rechtsfolgen:

1.
Der Klägerin steht nach § 139 Abs. 1 PatG gegen die Beklagten ein Unterlas-sungsanspruch zu. Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffene Ausführungs-form auch verwendet werden kann, ohne dass eine klagepatentgeschützte Baueinheit entsteht, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. Daher kann die Klägerin entsprechend ihrem Hauptantrag auch ein Schlechthinverbot verlan-gen.

2.
Zudem haftet gemäß § 139 Abs. 2 PatG auch der mittelbare Verletzer dem Pa-tentinhaber auf Schadenersatz. Hierbei reicht es für den Feststellungsaus-spruch aus, dass nach der Lebenserfahrung die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer unter Verwendung des Mittels begangene Verletzungshandlung besteht. Die Beklagten handeln zumindest fahrlässig, da sie als Fachunternehmen bzw. dessen Geschäftsführer hätten zumindest erkennen können, dass ihre Abnehmer die durch sie angebotenen Schneidzähne im Rahmen des durch das Klagepatent beanspruchten Verfah-rens anwenden.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadener-satzanspruch zu beziffern, steht ihr zudem ein Auskunfts- und Rechnungsle-gungsanspruch aus § 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu.

4.
Schließlich hat die Beklagte zu 1) der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten, Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO i. V. m. § 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 250.000,- EUR festgesetzt. Davon entfallen 50.000,- EUR auf die Feststellung der gesamtschuldnerischen Haftung auf Schadener-satz. Die Aufteilung des Streitwerts ist notwendig, weil nach der Recht-sprechung des Bundesgerichtshofes (GRUR-RR 2008, 460, 461) bei den hier streitgegenständlichen Ansprüchen nur der gesamtschuldnerisch gegen die Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz gebührenrechtlich eine Angelegenheit darstellt, für die eine Erhöhungsgebühr in Betracht kommt.