9 O 863/05 – Satellitenortung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 329

Landgericht Braunschweig
Urteil vom 20. April 2005, Az. 9 O 863/05 (144)

1. Dem Verfügungsbeklagten wird untersagt, Erklärungen abzugeben und Vereinbarungen abzuschliessen, durch die das Patent …, die Rechte aus der … und der daraus hervorgegangenen nationalen Patente, der Rechte aus der Europäischen Patentschrift … und der daraus hervorgegangenen nationalen Patente, sowie das US-amerikanischen Patent …, auf Dritte übertragen werden sollen,

2. Dem Verfügungsbeklagten wird untersagt, an der Umschreibung des Patentes …, der Rechte aus der … und der daraus hervorgegangenen nationalen Patente, der Rechte aus der Europäischen Patentschrift … und der daraus hervorgegangenen nationalen Patente, sowie des US-amerikanischen Patents …, mitzuwirken.

Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
3. Die Vollziehung der unter 1. und 2. genannten Unterlassungsgebote ist abhängig von der Leistung einer Sicherheit in Höhe von 10.000 Euro.
4. Von den Kosten des Verfahrens haben die Verfügungsklägerin
30 % und der Verfügungsbeklagte 70 % zu tragen.

5. Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung des Verfügungsbeklagten wegen seines Kostenerstattungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
6. Streitwert: Für den Antrag zu 1. 100.000,00 €
Für den Antrag zu 2. 40.000,00 €
Für den Antrag zu 3. 10.000,00 €
Gesamt: 150.000,00 €
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Tatbestand
Die Verfügungsklägerin war Inhaberin der im Tenor genannten Patente und ist der Ansicht, es noch zu sein. Sie wendet sich gegen die Veräußerung der Patente durch den Verfügungsbeklagten, der Insolvenzverwalter der … ist.
Die Verfügungsklägerin war ursprüngliche Inhaberin und Anmelderin des Patentes … und der dazugehörigen übrigen, im Tenor genannten Patente. Es handelt sich hier um die sogenannte Patentfamilien „…“ und „…“. Diese

Patente befassen sich mit einem Verfahren zum Sammeln und Verknüpfen von Positionsdaten aus Satellitenortung und weiteren Daten sowie Verwendungen dafür und einem System zur Verarbeitung von geographischen Positionsdaten und Bildern.
Diese Technologie sollte vermarktet werden. Daher schloss die Verfügungsklägerin am … mit der … einen Patentlizenzvertrag. In diesem Lizenzvertrag wurde der … eine einfache Lizenz zunächst für ein Jahr erteilt, um sich dann um vier Jahre zu verlängern. Anschließend sollte neu verhandelt werden. Unter Ziffer 4.2. dieses Vertrages wurde vereinbart, dass die … „zum Zweck der Förderung der Bekanntheit und der Wirkung der Patentansprüche im Markt das Recht auf vorläufigen Eintrag im Patentregister als Inhaber…“ erwerbe, Rechtsinhaber der Patente bleibe aber die Verfügungsklägerin. Hinsichtlich des weiteren Inhaltes des Vertrages wird auf diesen (Anlage K 2) Bezug genommen. Dieser Vertrag wurde von der Verfügungsklägerin am … fristlos gekündigt.
Bereits am … schloss die Verfügungsklägerin mit der … eine Nutzungsvereinbarung. In der Präambel wird ausgeführt, dass die Parteien derzeit über den Abschluss eines Vertrages zur Vollrechtsübertragung der als Vertragsgegenstand dieser Vereinbarung genannten Vermögensgegenstände und Rechte verhandelten. Bis zum Abschluss des Vertrages über die Vollrechtsübertragung solle die Nutzung der Vertragsgegenstände auf eine einheitliche Grundlage gestellt werden. Gemäß § 1 der Nutzungsvereinbarung sollte Vertragsgegenstand ein Nutzungsrecht „an den in dem Anlageverzeichnis unter 1 bis 4 als Bestandteile dieser Vereinbarung aufgeführten Vermögensgegenstände und Rechten“ sein. Das Original dieser Nutzungsvereinbarung enthält ein Anlageverzeichnis, welches folgende Anlagen aufweist:

1. Computerprogramme und Datenbanken
2. Wortmarken
3. Sonstiges/ Büroausstattung
4. Recht an Patenten und Patentanmeldungen
Gem. § 1 Abs. 3 der Nutzungsvereinbarung werden „sämtliche zum vorstehend genannten Vertragsgegenstand bisher zwischen den Parteien bestehenden Vereinbarungen … zum … aufgehoben und durch diese Regelung ersetzt.“
§ 2 Abs. 1 dieser Nutzungsvereinbarung beginnt mit den Worten „Soweit Software, Datenbanken, Marken-, Patent-, Urheber- und Verlagsrechte sowie vergleichbare Rechtspositionen Gegenstand dieser Vereinbarung sind, wird das Nutzungsrecht im Umfang einer ausschließlichen Lizenz …. erteilt.“ Die Nutzungsvereinbarung ist sowohl für die Verfügungsklägerin als auch für die … von dem Geschäftsführer bzw. Vorstand … unterzeichnet. Dieser war gemäß seinem Anstellungsvertrag von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Die Anlagen zu dieser Nutzungsvereinbarung enthalten eine sehr detaillierte Auflistung sämtlicher Programme, Marken, Computeranlagen nebst Zubehör und Büroeinrichtungen. Hinsichtlich des Inhalts der Nutzungsvereinbarung nebst Anlagen wird auf den Anhang I/1(Nutzungsvereinbarung) und I/2 – I/4 (Anlage 1 – 3 zur Nutzungsvereinbarung) der Anlage AG 4 Bezug genommen.
Im März 2001 heißt es in einem Emissionsprospekt für Aktien der … auf Seite 34: „Die Rechte an dem Deutschen Patent zu … wurden der … bereits übertragen. Die für den … benötigten Bilddaten und Programme wurden der … von Unternehmen der … im Rahmen von Lizenzvereinbarungen zur Verfügung gestellt. Die Kernkomponenten der …- und … sind für Deutschland bereits zukunftsträchtig patentiert, das Europäische und das US-amerikanische Patentamt haben ihre Erteilung angekündigt. Um die Abhängigkeiten von den Lizenzvereinbarungen vollständig zu beseitigen, ist geplant, die Verträge zur Vollrechtsübertragung bis Ende … zu realisieren.
Am … wurde die … beim Deutschen Patent- und Markenamt als Inhaber des Patentes … eingetragen.
Am … schlossen die Verfügungsklägerin und die … einen Kaufvertrag. In der Präambel heißt es: „Zwischen den Parteien besteht seit dem … der nebst Anlagen im Anhang I/1 bis I/4 beigefügte Nutzungsvertrag, der mit Wirkung dieses Vertrages bestimmungsgemäß endet. Die Parteien haben nachfolgend vereinbart, dass unter Berücksichtigung der nachstehend getroffenen Regelungen, die im Anhang II/1 bis II/3 dieses Vertrages als Bestandteil dieses Vertrages aufgeführten Vermögensgegenstände und Rechte, Datenbanken, Softwareprogramme sowie Namens-, Marken- und Verlagsrechte nebst sämtlicher für deren ausschließliche Nutzung durch die Käuferin notwendigen Rechte und Vermögensgegenstände (nachfolgend einzeln oder zusammen ÜBERTRAGENE GEGENSTÄNDE) gemäß den Bestimmungen und Bedingungen dieses Vertrages von der Verkäuferin an die Käuferin verkauft und übertragen werden“.
Unter der Überschrift :„1. Kaufgegenstand“ des Vertrages wird bei Untergliederungspunkt 1.2 ausgeführt: „Die ÜBERTRAGENEN GEGENSTÄNDE umfassen die im Anlageverzeichnis und/oder unter den nachfolgenden Ziffern 1.2.1 bis 1.2.8 aufgeführten, zum Datum des Vertragsschlusses bestehenden Rechte und/oder in ihrem Eigentum stehende Vermögensgegenstände der Verkäuferin, unabhängig davon, ob sie bereits Gegenstand des Nutzungsvertrages vom … waren.“
Im Anhang II/1 sind verschiedene Programme aufgelistet, im Anhang II/2 verschiedene Marken und Markenanmeldungen, im Anhang II/3 EDV-Software, Computeranlagen, Büroeinrichtungen und ähnliches. Patente sind in den Anhängen nicht genannt. Ziff. 1.2.2 des Kaufvertrages lautet unter der Überschrift „Urheberrechte/ immaterielle Schutzrechte“: „Soweit im Zusammenhang mit den ÜBERTRAGENEN GEGENSTÄNDEN stehende Urheberrechte oder sonstige immaterielle Schutzrechte originär nicht übertragen werden können, erfolgt die Gewährung einer zeitlich, räumlich, inhaltlich und gegenständlich ausschließlichen exklusiven Lizenz an originären Rechten unter Ausschluss der Verkäuferin von jeder eigenen Verwertung und Nutzung, insbesondere durch Einräumung weiterer Nutzungsrechte und Erteilung von Lizenzen“.
Unter Ziff. 1.2.1.“Programme“ wird auf die in der Anlage genannten Programme Bezug genommen weiter heißt es: “Darüber hinaus alle damit in Zusammenhang stehenden Schutzrechte, insbesondere alle Programmschutz-, Marken-, Namens- und Verlagsrechte.“
In den Überschriften der weiteren Unterpunkte zum Kaufgegenstand werden außerdem noch folgende Kaufgegenstände einzeln genannt: Markenrechte, Gegenstände des Anlagevermögens, sonstige Vermögensgegenstände/Büroausstattung, Internet Domain-Name Registrierungen.
Unter Ziff. 1.3 sind die nicht übertragenen Gegenstände aufgelistet. Patente sind hier nicht genannt.

Unter Ziff. 2. wird der Kaufpreis wie folgt aufgeschlüsselt:
Für Programme 200.000,00 DM
Für Markenrechte 150.000,00 DM
Für Anlagenvermögen
und sonstige Vermögensgegenstände
und Büroausstattung 250.840,00 DM

Für Wettbewerbsverbot 75.000,00 DM

Gesamt: 675.840,00 DM

Hinsichtlich des weiteren Inhaltes des Kaufvertrages wird auf die Anlage AG 4 nebst sämtlichen Anhängen Bezug genommen.
Im Emissionsprospekt vom … wird ausgeführt, die Rechte an dem Deutschen Patent zum … seien der … übertragen worden. Im Emissionsprospekt vom … heißt es:“ Seit Gründung der … im Jahr … wurden die Rechte, Lizenzen und Patente aus der Unternehmensgruppe … durch die … erworben“.
Am … wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom selben Tag das Insolvenzverfahren über das Vermögen der … eröffnet. Als Insolvenzverwalter wurde der Verfügungsbeklagte eingesetzt. In seinem Bericht gemäß § 156 Ins0 schätzte er die materiellen Vermögenswerte einschließlich „eigener Patente“ der Insolvenzschuldnerin auf 315.000,00 €. Am … schloss er einen Kaufvertrag mit der Firma … bezüglich sämtlicher materiellen und immateriellen Vermögensgüter der Insolvenzschuldnerin. Dieser Kaufvertrag bedurfte zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Gläubigerversammlung, die am … erteilt wurde.
Der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin wusste bereits im …, dass ein Kaufvertrag mit der Firma … abgeschlossen wurde, er kannte jedoch den Inhalt, insbesondere die Kaufgegenstände nicht. Dass Patente verkauft worden sein sollen, vermutete der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin aufgrund der Angaben des Beklagten in der Gläubigerversammlung vom …. Die Verfügungsklägerin stellte daher Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der am … bei Gericht einging.
Die Verfügungsklägerin behauptet, der Verfügungsbeklagte wolle die Geschäftsunterlagen der Insolvenzschuldnerin vernichten. Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die Patente seien von ihr nicht an die … veräußert worden und hätten daher auch nicht an die Firma … weiterverkauft werden können. Der Verfügungsbeklagte habe durch den Kaufvertrag mit der Firma … jedoch den Rechtsschein einer Veräußerung der Patente gesetzt. Sie habe daher ein rechtliches Interesse daran, dass ihm dies untersagt bzw. die Mitwirkung an der Umschreibung der Patente untersagt werde.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
1. dem Verfügungsbeklagten zu untersagen, das Patent …, die Rechte aus der … und der daraus hervorgegangenen nationalen Patente, der Rechte aus der Europäischen Patentschrift … und der daraus hervorgegangenen nationalen Patente, sowie das US-amerikanischen Patent … auf Dritte zu übertragen oder in anderer Weise zu nutzen,

2. dem Verfügungsbeklagten zu untersagen, in anderer Weise, insbesondere durch Erteilung von Lizenzen oder anderen Nutzungsrechten und durch Verzichtserklärungen gegenüber Patentbehörden oder anderen zuständigen Stellen, über die streitgegenständlichen Rechte zu verfügen, oder die streitgegenständlichen Rechte selbst zu Nutzen oder durch Dritte nutzen zu lassen

3. dem Verfügungsbeklagten zu untersagen, Akten der … zu vernichten.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Verfügungsbeklagte behauptet, er habe nicht die Absicht, die Akten der … zu vernichten. Er ist der Ansicht, er habe die Patente rechtswirksam an die Firma … veräußert, da zuletzt die … Inhaberin der Patente gewesen sei. Denn sie habe die Patente durch den Kaufvertrag vom … erworben. Dies ergebe sich aus Ziff. 1.2.1 des Kaufvertrages, wonach „alle damit in Zusammenhang stehende Schutzrechte, insbesondere alle Programmschutz-, Marken-, Namens- und Verlagsrechte“ mit den im einzelnen aufgeführten Vermögenswerten übertragen wurden. Ferner beinhalte Ziff. 1.2.2 des Kaufvertrages ausdrücklich „das Recht der Käuferin, die ihr durch diesen Vertrag eingeräumten Rechte vollständig auf Dritte zu übertragen“.
Indiz dafür, dass die Patente an die Insolvenzschuldnerin übertragen seien, sei ferner, dass in der Vergangenheit keine Lizenzgebühren von der Verfügungsklägerin gegen die Insolvenzschuldnerin geltend gemacht worden seien. Die Insolvenzschuldnerin sei auch als Inhaberin beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen.
Auch die Ausführungen in den Emissionsprospekten würden darauf hinweisen, dass die Patente zwischen … und … an die … übertragen worden seien.
Ferner ist der Verfügungsbeklagte der Ansicht, ein Verfügungsgrund sei nicht gegeben, da der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin bereits im … gewusst habe, dass eine Vollrechtsübertragung an die Firma … geplant gewesen sei. Jedenfalls läge zumindest ein Fall vorprozessualer Erledigung des Antragsgrundes vor, da die Zustimmung der Gläubigerversammlung bereits am … erteilt worden sei. Eine Anspruchsgrundlage hinsichtlich des Antrags, die Vernichtung von Geschäftsunterlagen zu untersagen, bestehe nicht. Die handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten hinsichtlich der Geschäftsunterlagen bestünden nicht im Interesse eines möglichen Gegners im Rechtsstreit.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom … verwiesen.

Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im übrigen unbegründet.
I. Verfügungsansprüche
1. Die Verfügungsklägerin hat einen Verfügungsanspruch gegen den Verfügungsbeklagten auf Unterlassung der Veräußerung der Patente gemäß § 139 PatG.
Denn die Verfügungsklägerin ist noch Inhaberin der streitbefangenen Patente, weil diese nicht mit dem Kaufvertrag vom … an die Insolvenzschuldnerin … veräußert wurden. Die Insolvenzschuldnerin ist zwar als Inhaberin der Patente im Patentregister beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen. Diese Eintragung hat jedoch keine konstitutive Wirkung, sondern beinhaltet lediglich eine widerlegbare Vermutung der Patentinhaberschaft. Maßgeblich ist die tatsächlich Rechtslage (Busse-Keukenschrijver, PatG, § 139 Rdn. 20).
Der materiell Berechtigte ist berechtigt, gegen den im Register eingetragenen Verletzer ohne vorherige Umschreibung nach § 139 PatG vorzugehen (Busse a.a.O.).
Die ursprüngliche materielle Berechtigung der Verfügungsklägerin an den Patenten ist zwischen den Parteien unstreitig. Eine Übertragung der Patente durch den Patentlizenzvertrag vom … ist nicht erfolgt, denn hier sind lediglich Lizenzrechte eingeräumt worden. Auch durch die am … zwischen der Verfügungsklägerin und der … getroffene Nutzungsvereinbarung sind Patente nicht übertragen worden. In der Präambel dieser Nutzungsvereinbarung wird lediglich klargestellt, dass in Zukunft eine solche Übertragung beabsichtigt sei. Welche Patente überhaupt von dieser Nutzungsvereinbarung erfasst werden, kann in diesem Verfahren nicht festgestellt werden, da die Anlage 4 dieser Nutzungsvereinbarung, welche gemäß dem Anlageverzeichnis die Rechte an Patenten und Patentanmeldungen enthalten sollte, dem Gericht nicht vorgelegt werden konnte.
Auch der Kaufvertrag vom … zwischen der Verfügungsklägerin und der … enthält entgegen der in der Präambel der Nutzungsvereinbarung vom … erklärten Absicht, keine Übertragung der streitbefangenen Patente.
Unter der Überschrift „1. Kaufgegenstand“ und Ziff. 1.1 dieses Kaufvertrages wird lediglich ausgeführt, dass die Verkäuferin die „übertragenen Gegenstände“ an die Käuferin verkaufe. (Die Definition der „übertragenen Gegenstände“ befindet sich in der Präambel unter Buchstabe C). Danach sind unter den übertragenen Gegenständen die „unter Berücksichtigung der nachstehend getroffenen Regelungen, die im Anhang II/1 bis Anhang II/3 dieses Vertrages als Bestandteil dieses Vertrages aufgeführten Vermögensgegenstände und Rechte, Datenbanken, Softwareprogramme sowie Namens-, Marken- und Verlagsrechte nebst sämtlicher für deren ausschließliche Nutzung durch die Käuferin notwendigen Rechte und Vermögensgegenstände“ zu verstehen. Patentrechte sind hier im Gegensatz zu Markenrechten nicht ausdrücklich erwähnt. In den Anlagen Anhang II/1 bis Anhang II/3 des Vertrages finden sich detaillierte Listen mit Software (Anhang II/1), einzeln genannten Marken nebst Markenanmeldungen (Anhang II/2) sowie einem ausführlichen mit Kaufpreisen versehenen Inventar der verkauften EDV-Software, Computerhardware, Videoanlagen, Büroeinrichtung u.ä. (Anhang II/3). Diese ausführliche Liste führt nicht nur pauschal Software und Hardware auf, sondern listet selbst einzelne Kleinteile wie Adapter, Stühle, Jalousien bis hin zur Kaffeemaschine auf. In den gesamten Listen der Anhänge II/1 bis II/3 findet sich kein einziges Patent, so dass diese jedenfalls auf der Grundlage der Anhänge II/1 bis II/3 nicht zu den übertragenen Kaufgegenständen gehören.
Patente sind auch nicht in den Unterpunkten zu Ziff. 1.2 des Kaufvertrages enthalten. Ziff. 1.2.1 nennt „Programme“, Ziff. 1.2.3 „Markenrechte“, Ziff. 1.2.4 „Gegenstände des Anlagevermögens“, Ziff. 1.2.6 „Internetdomain-Name/Registrierung“ usw. Unter Ziff. 1.2.2 werden zwar in der Überschrift neben „Urheberrechten“ auch „immaterielle Schutzrechte“ genannt. Aber auch hier werden Patente nicht ausdrücklich genannt. Vielmehr geht es in diesem Absatz lediglich um die Einräumung exklusiver Lizenzen an im Zusammenhang mit den übertragenen Gegenständen stehenden Urheberrechten oder sonstigen immateriellen Schutzrechten, die originär nicht übertragen werden können. Da Patentrechte originär und Rechte auf Patente gemäß § 15 Abs. 1 PatG unbeschränkt auf andere übertragen werden können, sind sie von der Formulierung „immaterielle Schutzrechte, die originär nicht übertragen werden können“, nicht erfasst.
Auch unter dem Absatz 1.2.5 „sonstige Vermögensgegenstände/Büroausstattung“ vermag das Gericht die Patente der Verfügungsklägerin nicht einzuordnen. Danach soll sich der Kaufgegenstand zwar auch auf „sonstige Vermögensgegenstände“ erstrecken, die für eine uneingeschränkte Nutzung unter Ziff. 1.2.1 bis 1.2.5 aufgeführten Vermögensgegenstände und Rechte erforderlich sind. Für eine bloße Nutzung der von der Verfügungsklägerin entwickelten Computerprogramme ist jedoch die Übertragung der Patente nicht erforderlich, es würde die Übertragung einer ausschließlichen Lizenz ausreichen. Der Detailreichtum des Kaufvertrages in den die Kaufgegenstände bezeichnenden Anlagen II/1 bis II/3, die Einzelauflistung der übertragenen Marken und Markenanmeldungen und die an keiner Stelle ausdrücklich erwähnten Patente sprechen vielmehr dafür, dass diese gar nicht übertragen werden sollten. Dafür spricht auch eine Zusammenschau der zu einem früheren Zeitpunkt abgeschlossene Nutzungsvereinbarung vom …, in welcher in einer Anlage 4 offenbar die Patente, die von der Nutzungsvereinbarung erfasst werden sollten, aufgelistet waren. Im Gegensatz dazu gibt es bei dem Kaufvertrag keine Anlage II/4, sondern nur entsprechend den Anlagen 1 bis 3 zur Nutzungsvereinbarung die Anhänge II/1 bis II/3 zum Kaufvertrag. Es hätte nahegelegen, die Anlagen 4 zur Nutzungsvereinbarung einfach dem Kaufvertrag als Anlage II/4 beizufügen, wenn beabsichtigt gewesen wäre, die Patente tatsächlich zu übertragen. Es hätte dann beispielsweise auch eine Rubrik „Patentrechte“ in die Unterpunkte zu 1.2 des Kaufvertrages eingefügt werden können.
Letztlich spricht auch die Aufgliederung des Kaufpreises unter 2.1 des Kaufvertrages für einen nicht erfolgten Verkauf der Patentrechte. Denn während die Programme, die Markenrechte, das Wettbewerbsverbot sowie das Anlagevermögen nebst sonstiger Vermögensgegenstände und Büroausstattung einzeln erwähnt sind, ist kein Teilkaufpreis für Patentrechte angegeben. Die Patentrechte können auch hier nicht unter die „sonstigen Vermögensgegenstände“ subsumiert werden, da diese sich auf die Gegenstände in Anlage II/3 beziehen. In dieser Anlage ist zu jedem Gegenstand jeweils der Kaufpreis angegeben. Die Gesamtaufstellung endet mit einer Summe von 250.840,00 DM, das ist exakt die Summe, die dann auch im Kaufvertrag unter Ziff. 2.1.3 für diesen Bereich der Kaufgegenstände ausgewiesen ist.
Da die Patentrechte im genannten Anhang nicht erwähnt sind, und auch unter Ziff. 2.1 nicht von den genannten Teilkaufpreisen erfasst werden, die Patentrechte aber unstreitig einen erheblichen Wert haben, geht das Gericht davon aus, dass sie nicht durch diesen Kaufvertrag veräußert worden sind.
Die vom Verfügungsbeklagten vorgelegten Emissionsprospekte beinhalten zwar Indizien für einen Verkauf. Sie sind jedoch gegenüber dem tatsächlich abgeschlossenen Kaufvertrag nicht ausschlaggebend. Sie vermitteln dem potentiellen Aktionär ebenso wie die (fälschliche) Eintragung als Inhaberin beim Patentregister des Deutschen Patent- und Markenamt nur, dass die Insolvenzschuldnerin … Inhaberin der Patente war. Diese aus wirtschaftlichen Gründen möglicherweise gegenüber den Aktionären erfolgte Falschangabe ist jedoch für die Frage der tatsächlichen Übertragung der Patentrechte irrelevant. Ausschlaggebend ist allein der Kaufvertrag vom …, der die Patente von seinem Wortlaut her nicht umfasst.
Da ein gutgläubiger Erwerb von Patenten nicht möglich ist, die Firma … diese also aufgrund des ihrerseits mit dem Verfügungsbeklagten abgeschlossenen Kaufvertrages nicht erworben hat, ist die Verfügungsklägerin nach wie vor Inhaber der Patente und somit materiell Berechtigte. Als solche hat sie einen Unterlassungsanspruch gemäß § 139 PatG gegen den Verfügungsbeklagten, welcher auch die Setzung des bloßen Rechtsscheins einer Veräußerung „umfasst“. Der Verfügungsbeklagte kann zwar keine Patentrechte veräußern, deren Inhaberin die Insolvenzschuldnerin tatsächlich nicht ist. Durch den Abschluss solcher Veräußerungsverträge gefährdet er aber die Patentrechte des materiellen Inhabers, also der Verfügungsklägerin, da diese nunmehr ihrerseits Unterlassungsansprüche der Käuferin Firma … gemäß § 139 PatG befürchten muss.
Der Unterlassungsanspruch entfällt auch nicht deshalb, weil der mit der Fa. … abgeschlossene Kaufvertrag bereits seit dem … wirksam ist. Denn eine vorprozessuale endgültige Erledigung ist dadurch nicht eingetreten, weil der Kaufvertrag mit den Fa. … inhaltlich vergleichsweise unbestimmt ist: Die Bezeichnung des Kaufgegenstandes lautet nämlich „Sämtliche immateriellen Vermögenswerte“ der Insolvenzschuldnerin. Für die Vertragsparteien ist aufgrund dieser Formulierung nicht klar, welche immateriellen Vermögenswerte davon umfasst sind. Es ist zu befürchten, dass es insoweit klarstellende Vereinbarungen gibt, in denen auch die streitbefangenen Patente als verkauft bezeichnet werden. Diese Vermutung rechtfertigt sich bereits daraus, dass der Verfügungsbeklagte in diesem Rechtsstreit die Auffassung vertritt, er habe die Patente an die Fa. … veräußert. Dadurch wird der Rechtsschein der Veräußerung der Patente gesetzt und damit die Rechtsposition der Verfügungsklägerin weiter gefährdet.
2.
a) Die Verfügungsklägerin hat einen Verfügungsanspruch gegen den Verfügungsbeklagten auf Unterlassung der Mitwirkung an der Umschreibung der Patente gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt gemäß § 139 PatG. Dies ergibt sich daraus, dass sie materielle Inhaberin der Patente ist und als solche einen Anspruch darauf hat, dass der Verfügungsbeklagte nicht an der Eintragung eines nicht berechtigten Dritten als Inhaber mitwirkt. Die Umschreibung erfolgt in der Regel aufgrund eines gemeinsamen Antrags des eingetragenen Inhabers und des Erwerbers (Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 30 Rn. 69)
b) Die Verfügungsklägerin hat keinen Anspruch gegen den Verfügungsbeklagten auf Untersagung der Erteilung von Lizenzen oder anderen Nutzungsrechten. Insoweit ist eine Erstbegehungsgefahr bereits nicht ersichtlich. Dem Verfügungsbeklagten ging es darum, die immateriellen Vermögenswerte der Insolvenzschuldnerin zu veräußern. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass er beabsichtigt hätte, die – seiner Meinung nach – der Insolvenzschuldnerin gehörenden streitbefangenen Patente in der Weise wirtschaftlich auszunutzen, dass er dritten Lizenzen erteilte.
c) Soweit die Verfügungsklägerin beantragt hat, dem Verfügungsbeklagten zu untersagen, die Patente selbst zu nutzen, ist ein Verfügungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Denn die vorgelegten Vertragsunterlagen lassen aufgrund ihrer Unvollständigkeit nicht den Schluss zu, dass die Verfügungsklägerin der Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung keine Nutzungsrechte an den Patenten mehr eingeräumt hatte. Derartige Nutzungsrechte waren nämlich ausdrücklich durch den Patentlizenzvertrag vom … eingeräumt worden. Dieser ist möglicherweise durch die Nutzungsvereinbarung vom … in § 1 Abs. 3 aufgehoben worden: Danach sollten sämtliche zum „vorstehend genannten Vertragsgegenstand“ bestehenden Vereinbarungen durch die Nutzungsvereinbarung ersetzt werden. „Vorstehend“, d.h. in § 1 Abs. 1 war als Vertragsgegenstand ein Nutzungsrecht an den in Anlage 1 – 4 genannten Vermögensgegenständen angegeben. Dafür, dass davon auch die Nutzung der Patente erfasst war, spricht, dass es zu dieser Nutzungsvereinbarung gemäß dem Anlagenverzeichnis eine Anlage 4: „Recht an Patenten und Patentanmeldungen“ gegeben haben soll. Diese liegt der Kammer jedoch nicht vor, sodass nicht beurteilt werden kann, ob diese Anlage die streitbefangenen Patente enthielt. Auch der Kaufvertrag vom … enthält keine eindeutige Aussage dahingehend, dass der Insolvenzschuldnerin die Nutzung der Patente nicht mehr erlaubt sei. Es bestehen darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verfügungsbeklagte die Patente selbst nutzen will, also keine Erstbegehungsgefahr.
3. Die Verfügungsklägerin hat keinen Anspruch darauf, dem Verfügungsbeklagten zu untersagen, Akten der … zu vernichten. Vertragliche Anspruchsgrundlagen sind insoweit nicht ersichtlich. Die Verfügungsklägerin ist auch nicht Eigentümerin dieser Akten. Kaufmännische oder steuerliche Aufbewahrungspflichten begründen zwar eine Verpflichtung für die Insolvenzschuldnerin zur Aktenaufbewahrung, geben der Verfügungsklägerin aber kein subjektives eigenes Recht darauf, also keinen eigenen Anspruch.

II. Verfügungsgrund
Die Verfügungsklägerin hat glaubhaft gemacht, dass eine Dringlichkeit zum Erlass der einstweiligen Verfügung besteht. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Verfügungsbeklagte bereits einen Kaufvertrag über „sämtliche immateriellen Vermögenswerte“ der Insolvenzschuldnerin abgeschlossen und ist den Ansicht, dieser erfasse auch die streitbefangenen Patente. Daraus ergibt sich eine akute Gefährdung der Rechtsposition der Verfügungsklägerin. Der Geschäftsführer hat von dem angeblichen Verkauf der Patente auch nicht bereits seit … Kenntnis, was der Dringlichkeit wegen zu langen Zuwartens entgegenstehen würde, sondern erst seit …. Denn … wusste der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin lediglich, dass sämtliche Vermögensgüter der Insolvenzschuldnerin verkauft werden sollten, aber nicht, dass dies auch ihr nicht zustehende Patente erfassen sollte. Eine verlässliche Kenntnis darüber, dass die Patente mitveräußert worden sein sollen, hatte er erst im ….
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Der Streitwert ist entsprechend dem Interesse der Verfügungsklägerin an dem tenorierten Unterlassungsgebot festgesetzt worden, §§ 53 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Dabei ist die Kammer bzgl. des Klagantrags zu 1) von einem Wert der Patente in Höhe von rund 300.000,00 €, wie im Bericht des Insolvenzverwalters angegeben, ausgegangen, hat den Streitwert aber wegen der lediglich vorläufigen Regelung im einstweiligen Verfügungsverfahren aber nur auf ein Drittel dieses Wertes bemessen. Der Streitwert bzgl. der Untersagung der Nutzung der Patente (Klagantrag zu 2) war entsprechend niedriger anzusetzen.
Die nach der mündlichen Verhandlung vom … eingegangenen nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom … gaben keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.