Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. August 2012, Az. 4b O 99/12
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
Die Verfügungsklägerin vertreibt Fahrräder, unter anderem solche mit Elektromotor als Hilfsantrieb (sog. E-Bikes bzw. Pedelecs). Die Verfügungsbeklagte stellt Elektromotoren für E-Bikes her und vertreibt diese unter anderem in Deutschland. Im April 2011 unterbreitete die Verfügungsbeklagte der A GmbH & Co. KG ein Angebot über 1.000 Stück „B Antriebssysteme“, die jeweils „B Hinterradmotoren“ beinhalten. Ende Januar 2012 verkaufte die Verfügungsbeklagte 100 Stück eines „C Motor“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), die in der Folge ausgeliefert wurden, an die A GmbH & Co. KG. Der Aufbau der angegriffenen Ausführungsform kann den auf Seiten 10 bis 14 sowie auf Seiten 20, 23 und 24 der Antragsschrift eingeblendeten Fotografien entnommen werden.
Der am 30.04.2012 verstorbene Herr T. D, der durch eine aus seiner Witwe, Frau G. D, und den beiden minderjährigen Kindern bestehende Erbengemeinschaft, vertreten durch Frau G. D beerbt wurde, war (Mit-) Inhaber der europäischen Patente EP 0 996 XXX B1 (Anlage AS 4, im Folgenden: Verfügungspatent I) und EP 1 244 XXX (Anlage AS 8, im Folgenden: Verfügungspatent II).
Das Verfügungspatent I wurde unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 23.10.1998 am 23.10.1999 angemeldet. Die Anmeldung des Verfügungspatents I wurde am 26.04.2000 veröffentlicht, der Hinweis auf die Patenterteilung folgte am 21.03.2007. Das Verfügungspatent I betrifft eine hochpolige elektrische Maschine mit reduzierten Rastkräften. Der deutsche Teil des Verfügungspatents I steht in Kraft. Das Verfügungspatent II nimmt eine Priorität vom 20.12.1999 in Anspruch. Es wurde am 20.12.2000 angemeldet. Die Anmeldung des Verfügungspatents II wurde am 02.10.2002, seine Erteilung am 04.06.2003 veröffentlicht. Das Verfügungspatent II betrifft eine Anordnung zur kontaktlosen Erfassung rotatorischer Größen zwischen rotierenden Teilen. Der deutsche Teil des Verfügungspatents II steht in Kraft.
Die vorliegend maßgeblichen Ansprüche 1 der Verfügungspatente lauten:
Verfügungspatent I:
„1. Hochpolige elektrische Maschine (1) mit einem Läufer (3) und einem Stator (2), wobei der Läufer (3) eine Läuferpolanordnung mit einer ganzen Anzahl von Läuferpolpaaren (4, 5) aufweist, die in der Läuferbewegungsrichtung hintereinander angeordnet sind und jeweils einer magnetischen Periode entsprechen, wobei der Stator (2) eine Statorpolanordnung mit einer zur Reduzierung des Rastmoments der elektrischen Maschine (1) von einer ganzen Zahl abweichenden Anzahl von Statorpolen (7) je Läuferpolpaar (4, 5) der Läuferpolanordnung aufweist, wobei die Statorpolanordnung der elektrischen Maschine (1) aus mehreren in elektrischer und magnetischer Hinsicht identisch aufgebauten, in der Läuferbewegungsrichtung aufeinanderfolgenden Statorpolunteranordnung (8) zusammengesetzt sind, die jeweils einer ganzen Zahl von Läuferpolpaaren (4, 5) der Läuferpolanordnung zugeordnet sind und mehr als drei Statorpole (7) aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Statorpolanordnung mehr als zwei in elektrischer und magnetischer Hinsicht identisch aufgebaute Statorpolunteranordnungen (8) und der Stator (2) entsprechend eine mehr als zweifache Drehsymmetrie bezüglich der elektrischen und magnetischen Ausbildung der Statorpole (7) aufweist.“
Verfügungspatent II:
„1. Anordnung zur kontaktlosen Erfassung von rotatorischen Größen zwischen rotierenden Teilen, insbesondere von Drehwinkeln und Drehmomenten, mit einem Stator, der eine permanente radiale oder axiale Magnetisierung aufweist, die Polpaare mit in Richtung des Differenzwinkels zwischen dem Rotor und dem Stator aufeinanderfolgenden ungleichnamigen Polen ausbildet, und mit einem ferromagnetischen Rotor, der Polköpfe in radialer bzw. axialer Orientierung zur magnetischen Abtastung des Stators aufweist, wobei ein erster Luftspalt zwischen dem Rotor und dem Stator ausgebildet ist, über den hinweg jeder Polkopf des Rotors in gleichen Verhältnissen unterhalb einem der magnetischen Polpaare des Stators angeordnet ist, wobei ein axial oder radial zugänglicher, rotationssymmetrischer zweiter Luftspalt vorgesehen ist, in dem sich der magnetische Fluss abhängig vom Differenzwinkel zwischen dem Rotor und dem Stator ändert und in dem diese Änderung erfasst wird, dadurch gekennzeichnet, dass der zweite Luftspalt (7) ebenfalls zwischen dem Stator (5) und dem Rotor (1) ausgebildet ist.“
Unter dem 13.03.2009 / 28.04.2009 schlossen die Verfügungsklägerin auf der einen Seite sowie Herr L. E und Herr T. D, gemeinsam handelnd unter „F“, auf der anderen Seite eine Vereinbarung, deren Inhalt der Anlage AS 11 entnommen werden kann. Ziffer 1.a. dieser Vereinbarung lautet wie folgt:
„Vertragsgegenstand ist ein bürsten- und getriebeloser Elektromotor mit integriertem Drehstromsensor nach der Präambel vom Typ „I-Motor“ in Konstruktion „J“ zur ausschließlichen Verwendung als Hilfsantrieb für zweirädrige (Pedelec Version) oder dreirädrige Fahrräder. Gestalt und Entwicklungsstand „I-Motor“ Typ „J“ ergibt sich aus übersandten Unterlagen, Stand November 2008. Der Vertragsgegenstand hat alle gesetzlichen Vorschriften zu erfüllen so dass eine Inverkehrbringung möglich ist. Sollten zu diesem Zweck Materialien von G oder F erforderlich sein, wird jede Partei die Bestellung ermöglichen.“
Ziffer 2 der Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:
„G erhält nur für den Vertragsgegenstand auf unbeschränkte Zeit das exklusive und ausschließliche Vertriebsrecht für das Vertragsgebiet.
Neu- und Weiterentwicklungen des Vertragsgegenstandes sowie alle anderen von F neu entwickelten elektrischen Motoren soweit diese für den Antrieb von Fahrrädern vorgesehen sind, sind zunächst G zum ausschließlichen Vertrieb anzubieten. […] Sollte G das Angebot zum Vertrieb dieses Motors nicht innerhalb eines Prüfungszeitraumes von 8 Wochen nach Zugang in schriftlicher Form annehmen, entfällt das ausschließliche Vertriebsrecht für diese Entwicklungen und darauf beruhenden Neu- und Weiterentwicklungen; F kann sie Dritten zum Vertrieb im Vertragsgebiet anbieten.“
Unter dem 13.08.2010 schloss die H AG (die Muttergesellschaft der Verfügungsbeklagten) auf der einen Seite mit den Herren D und E auf der anderen Seite einen „Lizenzvertrag vom Aug. 2010“. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die Anlage S 1 Bezug genommen.
Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, durch die Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009 sei ihr eine ausschließliche Lizenz an beiden Verfügungspatenten eingeräumt worden. Sie habe weltweit die ausschließlichen Vertriebsrechte an den Verfügungspatenten für deren Laufzeit erhalten. Sachlich sei der Anwendungsbereich begrenzt auf die Verwendung der Lehre des Verfügungspatente für zwei- und dreirädrige Fahrräder. Die Bestimmung des Vertragsgegenstandes als „I-Motor“ in der Konstruktion „J“ sei nicht als Begrenzung auf eine bestimmte Ausführungsform zu verstehen. Die Formulierung beinhalte lediglich eine Begrenzung auf die Verwendung der Elektromotoren für sportliche Fahrräder. Dies folge schon daraus, dass während der Vertragsverhandlungen – unstreitig – noch kein für die Verfügungsklägerin einsetzbarer Motor zur Verfügung gestanden habe und im ständigen Austausch mit F zwei weitere Evolutionsstufen, nämlich der sog. „China-Motor 1“ (nur als Prototyp) und der sog. „China-Motor 2“ entwickelt worden seien. Mit dem China-Motor 2 habe erstmals eine Version vorgelegen, die den Anforderungen der Verfügungsbeklagten entsprochen habe. Die Bezeichnung des Vertragsgegenstandes in der Vereinbarung gemäß Anlage AS 11 habe allenfalls verdeutlichen sollen, dass sich das ausschließliche Vertriebsrecht der Verfügungsklägerin nicht auf das ältere, schwerere Modell (sog. Ur- / Power-Motor), das mit 5,6 kg Gewicht zu schwer für die Fahrräder der Verfügungsklägerin gewesen sei, habe erstrecken sollen. Auch sei diese Urform des Powermotors für die Verfügungsklägerin nicht von Interesse gewesen, da dieser Motor veraltet gewesen sei. Die Bezeichnung „J“ sei nur zur Abgrenzung von der Urform des Power-Motors in die Vereinbarung aufgenommen worden. Nur die Urform des Powermotors (vgl. Anlage AS 12) mit einem Gewicht von mehr als 5,5 kg sei von den Rechten der Verfügungsklägerin ausgenommen worden. Die Verfügungsklägerin behauptet, die angegriffene Ausführungsform habe ein Gewicht von 5,28 kg (s. Anlage AS 23).
Dadurch, dass die Verfügungsbeklagte die angegriffene Ausführungsform an die A GmbH & Co. KG geliefert habe, habe sie gegen die ausschließliche Lizenz der Verfügungsklägerin verstoßen, da die angegriffene Ausführungsform – insoweit unstreitig – von der Lehre der Ansprüche 1 der Verfügungspatente wortsinngemäß Gebrauch mache. Die Verfügungsklägerin trägt vor, die angegriffene Ausführungsform sei mit der Evolutionsstufe des China-Motors 1 identisch. Sie ist der Ansicht, dass der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform auch dann das ihr – angeblich – zustehende ausschließliche Vertriebsrecht verletzen würde, wenn sie kein I-Motor in der Konstruktion „J“ wäre. Dies folge aus Ziffer 2, Absatz 2 der Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009. Diese Regelung sei so zu verstehen, dass sämtliche Rechte an Neu- und Weiterentwicklungen von vornherein auf die Verfügungsklägerin übergingen.
Die Verfügungsklägerin ist ferner der Ansicht, dass der Rechtsbestand der Verfügungspatente hinreichend gesichert sei. Auch sei die Dringlichkeit in zeitlicher Hinsicht gegeben. Der Markt für Elektrofahrräder durchlaufe derzeit ein wichtiges Entwicklungsstadium. Dies zeige sich darin, dass das Interesse an Elektrofahrrädern gerade im letzten Jahr sprunghaft angestiegen sei. Im Jahr 2011 seien in Deutschland rund 310.000 E-Bikes und in der EU rund 900.000 E-Bikes verkauft worden. Die Verkaufszahlen in Deutschland hätten im Vergleich zu 2010 um rund 55 % zugelegt. Auch im Jahr 2012 werde der Absatz weiter erheblich steigen. Für Deutschland würde ein Absatz von bis zu 400.000 E-Bikes und für die EU von bis zu 1,1 Mio. E-Bikes prognostiziert. Auch werde für die Saison 2012/2013 eine Konsolidierung auf Anbieterseite erwartet. Die vom 29.08.2012 bis zum 01.09.2012 in Friedrichshafen stattfindende Messe „K 2012“ habe im Rahmen dieser Entwicklung richtungsweisenden Charakter. Die Verfügungsklägerin laufe Gefahr, durch das Verhalten der Verfügungsbeklagten nachhaltig vom Markt für Elektromotoren verdrängt zu werden. Die Situation sei für sie, die Verfügungsklägerin, besonders gefährlich, weil die Muttergesellschaft der Verfügungsbeklagten, die H AG, zugleich ausschließlicher Lieferant der von der Verfügungsklägerin verwendeten Motoren sei. Diese erschwere den Absatz von E-Bikes durch die Verfügungsklägerin, etwa indem sie die Belieferung mit notwendigem Zubehör verweigere. Die Verfügungsklägerin verfüge aber nicht über eine Berechtigung, die Motoren von einem anderen Hersteller zu beziehen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
I. die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
bürsten- und getriebelose Elektromotoren mit integriertem Drehstromsensor als Hilfsantrieb für zwei- und dreirädrige Fahrräder
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen,
welche sich durch folgende Merkmale auszeichnen:
hochpolige elektrische Maschinen mit einem Läufer und einem Stator,
wobei der Läufer eine Läuferpolanordnung mit einer ganzen Anzahl von Läuferpolpaaren aufweist, die in der Läuferbewegungsrichtung hintereinander angeordnet sind und jeweils einer magnetischen Periode entsprechen,
wobei der Stator eine Statorpolanordnung mit einer zur Reduzierung des Rastmoments der elektrischen Maschine von einer ganzen Zahl abweichenden Anzahl von Statorpolen je Läuferpolpaar der Läuferpolanordnung aufweist,
wobei die Statorpolanordnung der elektrischen Maschine aus mehreren in elektrischer und magnetischer Hinsicht identisch aufgebauten, in der Läuferbewegungsrichtung aufeinanderfolgenden Statorpolunter-anordnungen zusammengesetzt sind, die jeweils einer ganzen Zahl von Läuferpolpaaren der Läuferpolanordnung zugeordnet sind und mehr als drei Statorpole aufweisen,
dadurch gekennzeichnet, dass die Statorpolanordnung mehr als zwei in elektrischer und magnetischer Hinsicht identisch aufgebaute Statorpolunteranordnungen und der Stator entsprechend eine mehr als zweifache Drehsymmetrie bezüglich der elektrischen und magnetischen Ausbildung der Statorpole aufweist.
2. ihr unter Belegvorlage in Form von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, jeweils in Kopie Auskunft zu erteilen über die Herkunft und den Vertriebsweg der sich derzeit oder in der Vergangenheit in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse
unter Angabe
a) der Namen und Anschriften des Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber oder anderer am Vertrieb beteiligter Personen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
b) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden.
II. die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung weiter zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
bürsten- und getriebelose Elektromotoren mit integriertem Drehstromsensor als Hilfsantrieb für zwei- und dreirädrige Fahrräder
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen,
welche sich durch folgende Merkmale auszeichnen:
Anordnung zur kontaktlosen Erfassung von rotatorischen Größen zwischen rotierenden Teilen, insbesondere von Drehwinkeln und Drehmomenten, mit einem Stator, der eine permanente radiale oder axiale Magnetisierung aufweist, die Polpaare mit in Richtung des Differenzwinkels zwischen dem Rotor und dem Stator aufeinanderfolgenden ungleichnamigen Polen ausbildet, und mit einem ferromagnetischen Rotor, der Polköpfe in radialer bzw. axialer Orientierung zur magnetischen Abtastung des Stators aufweist,
wobei ein erster Luftspalt zwischen dem Rotor und dem Stator ausgebildet ist, über den hinweg jeder Polkopf des Rotors in gleichen Verhältnissen unterhalb einem der magnetischen Polpaare des Stators angeordnet ist,
wobei ein axial oder radial zugänglicher, rotationssymmetrischer zweiter Luftspalt vorgesehen ist, in dem sich der magnetische Fluss abhängig vom Differenzwinkel zwischen dem Rotor und dem Stator ändert und in dem diese Änderung erfasst wird,
dadurch gekennzeichnet, dass der zweite Luftspalt ebenfalls zwischen dem Stator und dem Rotor ausgebildet ist.
2. ihr unter Belegvorlage in Form von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, jeweils in Kopie Auskunft zu erteilen über die Herkunft und den Vertriebsweg der sich derzeit oder in der Vergangenheit in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen unter II.1. bezeichneten Erzeugnisse
unter Angabe
a) der Namen und Anschriften des Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber oder anderer am Vertrieb beteiligter Personen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
b) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, der Verfügungsklägerin stehe ein ausschließliches Vertriebsrecht nur für den Typ „I-Motor“ in Konstruktion „J“, also mit einem Gewicht von 4,5 kg oder weniger, zu. Die Verfügungsbeklagte verweist insoweit auf E-Mail-Korrespondenz zwischen Herrn E und der Verfügungsklägerin aus November 2008 (Anlage AG 2). Die Verfügungsklägerin habe ausdrücklich einen Motor mit einem Gewicht unter 5 kg gewünscht (Anlage AS 12). Die angegriffene Ausführungsform sei kein solcher I-Motor vom Typ „J“. Dazu behauptet die Verfügungsbeklagte, die angegriffene Ausführungsform habe – wie alle von ihr angebotenen OEM-Motoren – ein Gewicht von mehr als 5,5 kg, bei Wiegen ohne Freilauf von 5,3 kg. Die Verfügungsbeklagte ist weiter der Meinung, die Herren D und E hätten der H AG mit Vereinbarung vom August 2010 wirksam ein ausschließliches Vertriebsrecht u.a. an dem Elektromotor „E Universal-Motor“ mit einem Gewicht von 5,5 kg oder schwerer eingeräumt. Die angegriffene Ausführungsform sei ein solcher Motor; es handele sich dabei nicht um eine Neu- und Weiterentwicklung des I-Motors in der Konstruktion „J“. Die Bezeichnung „E Universal-Motor“ sei lediglich eine andere Bezeichnung für den Power Bike-Motor.
Die Verfügungsbeklagte meint, es fehle auch an einem Verfügungsgrund, da der Verfügungsklägerin die unterschiedlichen Auffassungen über den Umfang der ihr eingeräumten Vertriebsrechte seit September 2010 bekannt seien. Hinzu komme, dass die hiesige Verfügungsbeklagte in dem ebenfalls vor der Kammer anhängigen Verfahren 4b O 54/11 ausdrücklich genannt werde, so dass es der Verfügungsklägerin früher möglich gewesen sei, ihre angeblichen Rechte gegenüber der Verfügungsbeklagten zu wahren. Das erst jetzt eingeleitete Verfahren sei keine Reaktion auf erst jetzt erkannte Gefahren, sondern der Versuch, angesichts der erneut anstehenden Messe K auf die Herren D (bzw. dessen Erben) und E sowie auf die H AG Druck auszuüben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2012 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat keinen Erfolg. Er ist unbegründet.
I.
Das Verfügungspatent I betrifft eine hochpolige elektrische Maschine.
Einleitend führt das Verfügungspatent I aus, dass bei elektrischen Maschinen mit fremderregtem oder permanenterregtem Läufer der Läufer eine Reihe von voneinander getrennten Rotorpolen aufweist, die wechselweise einen magnetischen Nordpol und darauf in der Läuferbewegungsrichtung folgend einen magnetischen Südpol ausbilden. Zwei aufeinander folgende Läuferpole, die einen magnetischen Nordpol und einen magnetischen Südpol und damit eine volle magnetische Periode ausbilden, werden in dem Verfügungspatent I auch als Läuferpolpaar bezeichnet (Verfügungspatent I, Absatz [0002]). Insbesondere, wenn die Anzahl der Statorpole je magnetischer Periode des Läufers, d. h. je Läuferpolpaar, eine ganze Zahl ist und sich unter jedem Läuferpolpaar eine vollständige, jeweils identische Statoranordnung befindet, treten sogenannte Rastkräfte an der elektrischen Maschine auf. Diese beruhen auf nicht linearen Variationen der durch die Läuferpole verursachten, an den Statorpolen ansetzenden Kräfte, die von der Summe der zwischen den Läuferpolen und den Statorpolen herrschenden magnetischen Felder abhängig sind. Durch die notwendigen und durch Streufluß in magnetischer Hinsicht ohnehin immer entstehenden Lücken zwischen den Läuferpolen liegen nicht-lineare Feldanteile vor, die letztlich zu den nicht-linearen Variationen der Kräfte führen. Durch die Bewegung des Läufers werden diese bei Betrachtung einer elektrischen Rotationsmaschine zunächst radialen Variationen der Kräfte dann auch in tangentiale Anteile und damit in die nachteiligen Rastkräfte umgesetzt, welche besonders im langsamen Leerlauf auffällig sind. Durch die stets gleichen Verhältnisse über die einzelnen magnetischen Perioden des Läufers addieren sich die beschriebenen Effekte zudem über die Gesamtlänge des Läufers. Ein unruhiger Lauf, die Notwendigkeit der Einhaltung von Mindestdrehzahlen, ungewünschte Geräuschentwicklungen, Vibrationen usw. sind die Folge (Verfügungspatent I, Absatz [0003]).
Das Verfügungspatent I benennt verschiedene Ansätze mittels derer im Stand der Technik versucht wurde, eine Reduzierung der Rastkräfte zu erreichen. Die DE 195 07 XXX C2 sieht insoweit eine spezielle geometrische Gestaltung der Statorpole und/oder Läuferpole und/oder ihrer Relativanordnung vor (Verfügungspatent I, Absatz [0004]). Nach der DE 41 33 XXX A1 ist einem Läuferpolpaar die ganze Zahl von drei Statorpolen zugeordnet, wobei durch unterschiedliche Abstände der Läuferpole untereinander die Rastkräfte der einzelnen Statorpole zueinander versetzt werden sollen, so dass es zu einer Art Ausmittelung der Rastkräfte über den gesamten Läufer hinweg kommen soll (Verfügungspatent I, Absatz [0005]). Aus der EP 0 291 XXX A1 ist eine Maschine bekannt, bei der der Stator eine Statorpolanordnung mit einer zur Reduzierung des Rastmoments der elektrischen Maschine von einer ganzen Zahl abweichenden Anzahl von Statorpolen je Läuferpolpaar der Läuferpolanordnung aufweist, wobei ein Unterschied zwischen der Gesamtzahl der Statorpole von der Gesamtzahl der Rotorpole von +/- 1 vorgesehen ist, was zu einer Ausmittlung der Rastkräfte über den gesamten Läufer hinweg führen soll (Verfügungspatent I, Absatz [0006]). Nach der DE 195 11 XXX A1 wird für die Anzahl der Statorpole je Läuferpolpaar gefordert, dass sie von einer ganzen Zahl abweicht, wovon auch Ausführungsformen erfasst sind, bei denen die Gesamtanzahl der Läuferpole und die Gesamtanzahl der Statorpole stärker als +/- 1 voneinander abweichen (Verfügungspatent I, Absatz [0007]). Aus der WO 94/06192 – so das Verfügungspatent I – ist es bekannt, den Stator einer elektrischen Maschine unter Verwendung mehrerer identischer Statorsegmente aufzubauen, wobei eine gemeinsame Wicklung der einzelnen Segmente vorgesehen ist (Verfügungspatent, Absatz [0008]). Die US-A- 5,006,745 zeigt in Fig. 8 eine Maschine mit zwei in elektrischer und magnetischer Sicht identisch aufgebauten, in der Läuferbewegungsrichtung aufeinander folgenden Statorpolunteranordnungen. Dabei ist die Lehre verwirklicht, P = 2 (3n +/- 1) Läuferpole und N = 6 n Statorpole vorzusehen (Verfügungspatent I, Absatz [0009]). Aus der US-A-4‚424‚463 ist eine Maschine bekannt, deren Statorpolanordnungen in Statorpolunteranordnungen unterteilt sind. Die höchste dabei auftretende Drehsymmetrie zwischen in elektrischer und magnetischer Hinsicht identisch aufgebauten Statorpolunteranordnungen ist zwei, und je Rotorpolpaar sind zwei Statorpole vorgesehen (Verfügungspatent I, Absatz [0010]). Auch aus der US-A-4,315,171 sind Maschinen mit Statorpolunteranordnungen mit einer sowohl in elektrischer als auch in magnetischer Hinsicht maximalen Drehsymmetrie von zwei bekannt, wobei die Anzahl der Statorpole pro Rotorpolpaar hier ebenfalls zwei beträgt (Verfügungspatent I, Absatz [0011]).
Die aus dem Stand der Technik bekannten elektrischen Maschinen kritisiert das Verfügungspatent I u.a. dahingehend, dass sie sehr kostenintensiv seien (Verfügungspatent I, Absatz [0004]), nur in einem sehr begrenzten Bereich von Betriebsparametern einsetzbar seien und nicht immer der Einsatz sogenannter Hallelemente als Läuferpositionsdetektor möglich sei (Verfügungspatent I, Absatz [0005]). Außerdem finde besonders bei hoher Polzahl aufgrund herstellungs- oder lastbedingter mechanischer Verformungen eine Ausmittlung nicht mehr vollständig statt (Verfügungspatent I, Absatz [0006]). Zum Teil sei die notwendige Bewicklung des Stators komplex und daher sowohl manuell als auch maschinell schwierig durchzuführen; auch könnten durch Exzentrizitäten von Rotor und/oder Stator und ähnliche Fehler die weiterhin vorhandenen Rastkräfte in Teilbereichen der elektrischen Maschine betont werden (Verfügungspatent I, Absatz [0007]). Die WO 94/06192 befasse sich nicht mit einer Reduzierung der Rastkräfte (Verfügungspatent I, Absatz [0008]).
Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik stellt sich das Verfügungspatent I die Aufgabe, eine elektrische Maschine der eingangs beschriebenen Art aufzuzeigen, die auch bei herstellungs- und/oder lastbedingt hervorgerufenen mechanischen Toleranzen keine nennenswerte Rastkräfteerhöhung aufweist. Dabei soll auch die Herstellbarkeit der elektrischen Maschine möglichst einfach gehalten werden (Verfügungspatent I, Absatz [0012]).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Verfügungspatent I in seinem Anspruch 1 eine hochpolige elektrische Maschine vor, die wie folgt aufgebaut ist:
1. Hochpolige elektrische Maschine
2. mit einem Läufer und
3. einem Stator,
4. wobei der Läufer eine Läuferpolanordnung mit einer ganzen Anzahl von Läuferpolpaaren aufweist,
4.1 die in der Läuferbewegungsrichtung hintereinander angeordnet sind und
4.2 jeweils einer magnetischen Periode entsprechen,
5. wobei der Stator eine Statorpolanordnung mit einer zur Reduzierung des Rastmoments der elektrischen Maschine von einer ganzen Zahl abweichenden Anzahl von Statorpolen je Läuferpolpaar der Läuferpolanordnung aufweist,
6. wobei die Statorpolanordnung der elektrischen Maschine aus mehreren in elektrischer und magnetischer Hinsicht identisch aufgebauten, in der Läuferbewegungsrichtung aufeinanderfolgenden Statorpolunteranordnungen zusammengesetzt sind,
6.1 die jeweils einer ganzen Zahl von Läuferpolpaaren der Läuferpolanordnung zugeordnet sind und mehr als drei Statorpole aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass
7. die Statorpolanordnung mehr als zwei in elektrischer und magnetischer Hinsicht identisch aufgebaute Statorpolunteranordnungen und
8. der Stator entsprechend eine mehr als zweifache Drehsymmetrie bezüglich der elektrischen und magnetischen Ausbildung der Statorpole aufweist.
II.
Das Verfügungspatent II betrifft eine Anordnung zur kontaktlosen Erfassung von rotatorischen Größen zwischen rotierenden Teilen.
Zum technischen Hintergrund gibt das Verfügungspatent II an, dass es zur kontaktlosen Erfassung von rotatorischen Größen zwischen rotierenden Teilen, wie z.B. Drehmomenten, Drehwinkeln, Drehgeschwindigkeiten oder Drehbeschleunigungen, üblich ist, das Problem auf eine Messung des Drehwinkels zwischen An- und Abtrieb zurückzuführen. Hierbei sei das Vorhandensein einer auf Torsion beanspruchten Antriebswelle meist unvermeidlich, jedoch in der Regel auch nicht störend, da die am häufigsten zu ermittelnde Größe ohnehin das Drehmoment sei. Verfahren, die Drehbewegungen torsionsfrei messen, würden daher häufig nachträglich mit Federanordnungen oder Torsionselementen versehen, um eine Umsetzung von Drehmomenten in Drehwinkel zu erreichen (Verfügungspatent II, Absatz [0002]).
Das Verfügungspatent II gibt zunächst an, dass im Stand der Technik zur Erfassung von Drehmomenten indirekte Methoden verwendet werden, wobei etwa ein Gegenmoment durch eine stationäre Kraftmessung ermittelt wird, wie es z.B. exemplarisch in der US 5,895,867 beschrieben ist (Verfügungspatent II, Absatz [0003]). An dieser Methode kritisiert das Verfügungspatent II, dass sie nur für einfachste Zwecke ausreichend sei (Verfügungspatent II, Absatz [0003]).
Das Verfügungspatent II benennt sodann vielfältigen weiteren Stand der Technik, aus dem eine direkte Messung bekannt ist. Zur direkten Messung ist etwa bekannt, einen Messaufnehmer mitsamt einer geeigneten Auswerteelektronik an den rotierenden Teilen anzubringen (Verfügungspatent II, Absatz [0004]). Als Variante der Informationsübertragung sind rotationssymmetrische Transformatoren bekannt (Verfügungspatent II, Absatz [0005]). Andere Methoden verzichteten auf aktive Teile an den rotierenden Teilen und ermittelten das gewünschte Signal stationär (Verfügungspatent II, Absatz [0006]). Bekannt ist etwa aus der US 4,150,566, eine magnetische Abtastung statt der optischen zu verwenden (Verfügungspatent II, Absatz [0006]). Aus der US 5,XXX,431 ist eine Variante bekannt, bei der die Auswertung zweier magnetischer Pfade erfolgt (Verfügungspatent II, Absatz [0007]). Zur Messung werden im Stand der Technik (z.B.: US 4,907,460 oder US 4,448,275) auch Systeme mit Spulen angewandt, deren Induktivität oder Kopplungsgrad in Abhängigkeit von einer häufig axialen Verschiebung eines ferromagnetischen Bauteils verändert werden (Verfügungspatent II, Absatz [0008]). Viele Anordnungen, bei denen das Drehmoment direkt an der Welle kontaktlos gemessen wird, gehen auf den magnetostriktiven Effekt zurück, wie z.B. beschrieben in ASEA Journal 1960, Vol. 33.3, pp 23-32 (Verfügungspatent II, Absatz [0010]).
Im Stand der Technik gibt es nach den Angaben des Verfügungspatents II verbesserte Lösungen, die versuchen einen durch Verdrehen beeinflussbaren, magnetischen Kreis aufzubauen, dessen Bestandteil ein stationärer, magnetisch empfindlicher Sensor ist, und der ansonsten ohne elektrische Bauteile auskommt. In der US 4,984,474 ist eine Drehwinkelerfassung auf der Basis von Magneten beschrieben (Verfügungspatent II, Absatz [0011]). Die US 4,784,002 schlägt eine besondere Formgebung des magnetischen Pfades vor (Verfügungspatent II, Absatz [0012]). Bei der DE 19816568A1, nach der ein Fluss in Flussleitstücken permanent durch mindestens einen Magneten aufrechterhalten wird, wird eine drehwinkelabhängige Variation des Flusses allein über eine Variation des Luftspalts erzielt (Verfügungspatent II, Absatz [0013]).
Den vorgenannten und anderen Stand der Technik kritisiert das Verfügungspatent II in den Absätzen [0004] bis [0013] im Einzelnen. Insgesamt nennt das Verfügungspatent II in Absatz [0014] als Probleme der aus dem Stand der Technik bekannten Anordnungen mangelnde Zuverlässigkeit, mangelnde Drehzahlfestigkeit, fehlende Erfassung im Stillstand, mangelnde Sicherheit, aufwendige Signalaufbereitung, mangelnden Temperaturgang, Offsetfehler, langsame Erfassungsgeschwindigkeit, schlechte Einsetzbarkeit in aggressiver Umgebung, aufwendige Konstruktion und hohe Kosten, so dass ein Einsatz nur in speziellen Fällen in Betracht komme (Verfügungspatent II, Absatz [0014]).
Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik stellt sich das Verfügungspatent II die Aufgabe, eine schnelle und präzise Erfassung rotatorischer Messgrößen auf einfachste Weise zu ermöglichen, die den Gesichtspunkten Kosteneffizienz, Robustheit, Sicherheit, Konstruktionsspielraum, Toleranzunempfindlichkeit und Verschleißfreiheit vom Stillstand bis hin zu hohen Drehzahlen Rechnung trägt (Verfügungspatent II, Absatz [0015]).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Verfügungspatent II in seinem Anspruch 1 eine Anordnung mit folgenden Merkmalen vor:
1. Anordnung zur kontaktlosen Erfassung von rotatorischen Größen zwischen rotierenden Teilen, insbesondere von Drehwinkeln und Drehmomenten,
2. mit einem Stator,
2.1 der eine permanente radiale oder axiale Magnetisierung aufweist, die Polpaare mit in Richtung des Differenzwinkels zwischen dem Rotor und dem Stator aufeinanderfolgenden ungleichnamigen Polen ausbildet und
3. mit einem ferromagnetischen Rotor,
3.1 der Polköpfe in radialer bzw. axialer Orientierung zur magnetischen Abtastung des Stators aufweist,
4. wobei ein erster Luftspalt zwischen dem Rotor und dem Stator ausgebildet ist,
4.1 über den hinweg jeder Polkopf des Rotors in gleichen Verhältnissen unterhalb einem der magnetischen Polpaare des Stators angeordnet ist,
5. wobei ein axial oder radial zugänglicher, rotationssymmetrischer zweiter Luftspalt vorgesehen ist,
5.1 in dem sich der magnetische Fluss abhängig vom Differenzwinkel zwischen dem Rotor und dem Stator ändert
5.2 und in dem diese Änderung erfasst wird, dadurch gekennzeichnet, dass
6. der zweite Luftspalt ebenfalls zwischen dem Stator und dem Rotor ausgebildet ist.
III.
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Die Verfügungsklägerin hat das Vorliegen von Umständen, die sowohl einen Verfügungsanspruch als auch einen Verfügungsgrund begründen würden, nicht glaubhaft gemacht.
1.
Auf Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstandes stehen der Verfügungsklägerin die gegen die Verfügungsbeklagte geltend gemachten Verfügungsansprüche auf Unterlassung und Auskunftserteilung nicht zu. Die Verfügungsklägerin hat es nicht vermocht, Umstände glaubhaft zu machen, die ihre Aktivlegitimation für die geltend gemachten Ansprüche begründen würden.
a.
Die Verfügungsklägerin meint, sie sei Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an den Verfügungspatenten. Die von ihr zur Glaubhaftmachung vorgelegten Unterlagen tragen eine solche Feststellung jedoch nicht. Der Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009 ist die Einräumung einer ausschließlichen Lizenz an den Verfügungspatenten zugunsten der Verfügungsklägerin nicht zu entnehmen.
Gegenstand einer Lizenz können nach § 15 Abs. 1, 2 PatG (i.V.m. Art. 64 EPÜ) das Recht auf das Patent, der Anspruch auf Erteilung des Patents und das Recht aus dem Patent sein. Ausschließlicher Lizenznehmer ist, wer das Patent ausschließlich, also unter Ausschluss jeglicher Dritter benutzen darf, wobei die Lizenz etwa auf eine Benutzungsart oder auch zeitlich beschränkt sein kann (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage 2011, Rn 708). Der zwischen der Verfügungsklägerin auf der einen Seite und den Herren D und E auf der anderen Seite geschlossene Vertrag vom 13.03.2009 / 28.04.2009 (Anlage AS 11) räumt der Verfügungsklägerin ein solches – gegenüber Dritten geltendes – Recht nicht ein.
Die Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009 regelt die Rechte aus den Verfügungspatenten nicht bezüglich bestimmter Benutzungshandlungen abschließend und ausschließlich. Vielmehr betrifft die Vereinbarung nur eine konkrete Ausführungsform, die von der Lehre der Verfügungspatente Gebrauch macht. Bezüglich dieser Ausführungsform wird der Verfügungsklägerin gemäß der Vereinbarung das exklusive und ausschließliche Vertriebsrecht eingeräumt (s. Ziffer 2 Absatz 1 der Anlage AS 11). Nach Ziffer 2 Absatz 1 der Vereinbarung erhält die Verfügungsklägerin nur für den Vertragsgegenstand auf unbeschränkte Zeit das exklusive und ausschließliche Vertriebsrecht (Unterstreichung hinzugefügt). Gemäß Ziffer 1.a. ist Vertragsgegenstand
„ein bürsten- und getriebeloser Elektromotor mit integriertem Drehstromsensor nach der Präambel vom Typ „I-Motor“ in Konstruktion „J“ zur ausschließlichen Verwendung als Hilfsantrieb für zweirädrige (Pedelec Version) oder dreirädrige Fahrräder. Gestalt und Entwicklungsstand „I-Motor“ Typ „J“ ergibt sich aus übersandten Unterlagen, Stand November 2008.“
Dies verdeutlicht, dass Gegenstand des Vertrages bestimmte Rechte an einem konkreten Motor in einer ganz bestimmten Ausgestaltung sind; die allgemeine technische Lehre der Verfügungspatente ist hingegen nicht Vertragsgegenstand. Die Verfügungsklägerin erwirbt kein gegen Dritte wirkendes Recht an der Lehre der Verfügungspatente, sondern ein – schuldrechtlich wirkendes – ausschließliches Vertriebsrecht an einer konkreten Ausführungsform. Damit ist sie als Vertriebshändlerin einzuordnen. Sie hat keine vertragliche Nutzungsbefugnis am Patent erworben, sondern lediglich das alleinige Vertriebsrecht für patentgemäße Produkte (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage 2011, Rn 728). Dieses Verständnis wird gestärkt durch die Absätze 1 und 3 der Präambel. Danach entwickelten F einen bürsten- und getriebelosen Elektromotor mit integriertem Drehstromsensor, der für eine Vielzahl von Anwendungen geeignet ist und auf der Technologie der Verfügungspatente basiert (Präambel, Absatz 1). Für den Fall der fristlosen Kündigung gemäß Absatz 3 der Präambel verpflichten sich F, den speziell für die Verfügungsklägerin entwickelten Motor für die nächsten 24 Monate nach der Kündigung nicht Dritten anzubieten (Unterstreichungen hinzugefügt). Diese Regelungen zeigen, dass es den Vertragsparteien um einen bestimmten Motor ging. Zwar ist dieser Motor durch die Verfügungspatente geschützt; die Einräumung eines (ausschließlichen) Vertriebsrechts bezüglich des konkreten Motors beinhaltet aber, wenn – wie hier – die Verfügungsklägerin als Vertriebshändlerin die Erzeugnisse mit Zustimmung des an der Lehre der Verfügungspatente Berechtigten erhält, kein Nutzungsrecht am Patent. Denn die Patentrechte sind in diesem Fall bereits mit Lieferung an die Verfügungsklägerin als Händlerin erschöpft, da die Erzeugnisse mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gelangt sind (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage 2011, Rn 728). Auch die Diktion der Ziffer 3 der Vereinbarung stützt dieses Verständnis. Danach ist es der Verfügungsklägerin untersagt, bürsten- und getriebelose Antriebssysteme im Allgemeinen und den Vertragsgegenstand im Besonderen weiter zu entwickeln etc.. Die Unterscheidung zwischen bürsten- und getriebelosen Antriebssystemen im Allgemeinen und dem Vertragsgegenstand im Besonderen zeigt, dass die allgemeine technische Lehre der Verfügungspatente nicht Gegenstand des Vertrages sein sollte und der Verfügungsklägerin nicht bezüglich dieser Lehre, sondern ausschließlich bezüglich einer konkreten Ausführungsform Rechte eingeräumt werden sollten. Auch die Regelungen in Ziffer 5 sprechen für das vorgeschilderte Verständnis der Kammer. Danach verpflichtet sich die Verfügungsklägerin, den Vertragsgegenstand ausschließlich in zweirädrigen oder dreirädrigen Fahrrädern als Hilfsantrieb zu verwenden und zu handeln; es ist ihr – ohne vorherige Erlaubnis von F – ausdrücklich untersagt, allein den Motor zu handeln und/oder in andere, nicht als Fahrräder deklarierte Fahrzeuge, Geräte oder Maschinen einzubauen oder einbauen zu lassen. Dies verdeutlicht wiederum, dass die Verfügungsklägerin nicht eine Lizenz bezüglich der allgemeinen, vom Einsatzbereich der Technologie unabhängigen, technischen Lehre der Verfügungspatente erhalten sollte. Der Anwendungsbereich der Lehre der Verfügungspatente ist gerade nicht auf den Einsatz bei Elektromotoren für Fahrräder begrenzt. So nennt das Verfügungspatent II als Anwendungsbereiche seiner technischen Lehre explizit eine elektrische Servolenkung (Lenkunterstützung) (Verfügungspatent II, Absatz [0028]) und den Betrieb eines Antriebsrades an einem elektrischen Rollstuhl (Verfügungspatent II, Absatz [0029]). Auch die Lehre des Verfügungspatents I gilt allgemein für hochpolige elektrische Maschinen.
Die Ausführungen in Ziffer 2, Absatz 2 der Vereinbarung stehen dem vorgeschilderten Verständnis nicht entgegen. Danach sind Neu- und Weiterentwicklungen des Vertragsgegenstandes sowie alle anderen von F neu entwickelten elektrischen Motoren, soweit diese für den Antrieb von Fahrrädern vorgesehen sind, zunächst der Verfügungsklägerin zum ausschließlichen Vertrieb anzubieten. Wenn die Verfügungsklägerin das Angebot zum Vertrieb „dieses Motors“ nicht innerhalb eines bestimmten Prüfungszeitraumes annimmt, „entfällt das ausschließliche Vertriebsrecht für diese Entwicklungen und darauf beruhende Neu- und Weiterentwicklungen; F kann sie Dritten zum Vertrieb im Vertragsgebiet anbieten.“ Die Formulierung, nach der das ausschließliche Vertriebsrecht „entfällt“, rechtfertigt kein abweichendes Verständnis. Insbesondere ist diese Formulierung nicht dahingehend auszulegen, dass der Verfügungsklägerin vorab für alle von F entwickelten elektrischen Motoren (die für den Antrieb von Fahrrädern vorgesehen sind) ein ausschließliches, gegen Dritte wirkendes Recht eingeräumt wird. Es ist schon nicht ersichtlich, um welches konkrete, dinglich wirkende Recht es sich handeln sollte. Das Eigentum beansprucht die Verfügungsklägerin selbst nicht; eine ausschließliche Lizenz an der Lehre der Verfügungspatente kommt ebenso nicht in Betracht, da die Verfügungsklägerin selbst davon ausgeht, dass sich die antizipierte Rechteeinräumung auf alle Motoren bezieht, unabhängig davon, ob diese von der Lehre der Verfügungspatente Gebrauch machen oder nicht.
Der zweite Absatz der Ziffer 2 ist vor diesem Hintergrund so zu verstehen, dass die Herren D und E schuldrechtlich verpflichtet sind, der Verfügungsklägerin insoweit ein Angebot zum Erwerb eines – ebenfalls schuldrechtlich wirkenden – ausschließlichen Vertriebsrechts zu machen. Wenn die Verfügungsklägerin innerhalb des benannten Prüfungszeitraumes dieses Angebot nicht annimmt, sind sie nicht mehr – schuldrechtlich – gehindert, den neuen bzw. weiterentwickelten Motor Dritten zum Vertrieb im Vertragsgebiet anzubieten. Dieses Verständnis folgt bereits aus dem Gesamtzusammenhang des Vertrages. Denn in Ziffer 1 ist ausdrücklich geregelt, dass Vertragsgegenstand ein bestimmter Motor ist; Ziffer 2 Absatz 1 stellt klar, dass die Verfügungsklägerin das ausschließliche Vertriebsrecht „nur für den Vertragsgegenstand“ erhält. Damit steht jedenfalls der erste Teil des zweiten Absatzes der Ziffer 2 in Einklang, wonach die Herren D und E dazu verpflichtet sind, der Verfügungsklägerin Neu- und Weiterentwicklungen zum ausschließlichen Vertrieb „anzubieten“. Vor diesem Hintergrund ist der letzte Teil von Ziffer 2 Absatz 2 so auszulegen, dass, wenn die Verfügungsklägerin das Angebot zum Vertrieb eines bestimmten Motors nicht innerhalb der Prüfungsfrist annimmt, der schuldrechtliche Anspruch der Verfügungsklägerin auf das Angebot zum ausschließlichen Vertrieb entfällt.
Die Verfügungsklägerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Parteien der Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009 darüber einig gewesen wären, dass sie eine den Vertrieb betreffende, ausschließliche Lizenz an den Verfügungspatenten erhalten sollte. Vielmehr spricht der Vortrag der Verfügungsklägerin gegen eine solche Vereinbarung. Denn die Verfügungsklägerin trägt selbst vor, dass die Urform des Power-Motors von dem ausschließlichen Vertriebsrecht ausgenommen sein sollte. Allerdings verwirklicht diese Ausführungsform – soweit ersichtlich – auch nach dem Verständnis der Verfügungsklägerin die Lehre der Verfügungspatente. Dies stärkt das Verständnis der Kammer, nach dem nicht bezüglich der allgemeinen Lehre der Verfügungspatente eine ausschließliche Lizenz erteilt wurde, sondern der Verfügungsklägerin bezüglich einer bestimmten Ausführungsform der patentgemäßen Lehre ein Vertriebsrecht eingeräumt wurde. Auch wenn dieses Vertriebsrecht in der Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009 als ausschließliches Vertriebsrecht bezeichnet wird, so handelt es sich aus den vorstehenden Gründen dennoch um eine rein schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Parteien und nicht um ein absolutes, gegenüber Dritten wirkendes Recht. Denn der Vereinbarung ist gerade nicht zu entnehmen, dass die Verfügungsklägerin die Verfügungspatente ausschließlich, also unter Ausschluss jeglicher Dritter benutzen dürfte. Vielmehr soll sie allein zum Vertrieb einer bestimmten Ausführungsform berechtigt sein. Dafür spricht auch, dass die Verfügungsklägerin selbst etwa das Gewicht für ein maßgebliches Abgrenzungskriterium dafür hält, ob ihr bezüglich bestimmter Motoren Rechte zustehen oder nicht. Das Gewicht ist aber nicht Gegenstand der Lehre der Verfügungspatente. Vielmehr wird das Gewicht weder in den Ansprüchen noch in den Beschreibungen der Verfügungspatente überhaupt erwähnt. Wenn die Verfügungsklägerin vorträgt, sie habe Know-How eingebracht, um die Motoren von F überhaupt erst für den Einsatz bei Fahrrädern nutzbar zu machen, so verdeutlicht auch dies, dass es den Parteien nicht um die Einräumung einer ausschließlichen Lizenz an der Lehre der Verfügungspatente ging, sondern ausschließlich darum, dass die Verfügungsklägerin bestimmte Ausführungsformen als ausschließliche Vertriebshändlerin vertreiben durfte.
Den seitens der Verfügungsklägerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen.
Die eidesstattlichen Versicherungen des Geschäftsführers M. G der Verfügungsklägerin vom 22.05.2012 (Anlage AS 16) und vom 16.08.2012 verhalten sich nicht zu den Umständen des Abschlusses der Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009. Ebenso wenig enthält die eidesstattliche Versicherung des Herrn C. L vom 31.05.2012 (Anlage AS 13) Angaben zu den Umständen des Abschlusses der Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009.
Einzig die eidesstattlichen Versicherungen vom 02.07.2012 (Anlage AS 21, Bl. 86 ff. GA) und vom 09.08.2012 (Anlage AS 27) des Geschäftsführers M. G der Verfügungsklägerin enthalten Angaben zu den Verhandlungen zwischen der Verfügungsklägerin und den Herren D und E. Der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin gibt in diesen eidesstattlichen Versicherungen an, mit den Herren D und E seit Ende des Jahres 2007 in Verhandlungen gestanden zu haben; am 15.10.2008 habe Herr E der Verfügungsklägerin eine eMail geschickt, in der er die Unterschiede des sog. Bike Motor J zu der sog. Urform des Powermotors erläutert habe; dieser Motor sei mit einem Gewicht von 5,7 kg noch schwerer gewesen, als in der eMail vom 15.10.2008 angegeben; er sei ihm als Hilfsantrieb für zwei- und dreirädrige Fahrräder wegen seiner Größe und seines Gewichts ungeeignet erschienen, weshalb er kein Interesse an dem Motor gezeigt habe. Bei der Entwicklung eines für die Zwecke der Verfügungsklägerin passenden Elektromotors sei immer wieder technisches Know-How der Verfügungsklägerin, wie etwa bezüglich der Gewichtserleichterung oder der Ermöglichung der Verwendung von Scheibenbremsen, eingeflossen. Es habe zunächst einen – unzulänglichen – Prototypen, den sog. China-Motor I, gegeben, der dann von Herrn E überarbeitet worden sei, was zunächst in den sog. China-Motor II und später – nach Wechsel des Herstellers – in den sog. Schweiz-Motor gemündet sei. Allen Beteiligten sei aber immer klar gewesen, dass diese „Evolutionsstufen“ work-in-progress-Varianten des G Bike Motor J dargestellt hätten. Auf keine dieser Varianten habe die Verfügungsklägerin jemals verzichtet; sie alle seien für die Verfügungsklägerin unter der Bezeichnung G Bike Motor J entwickelt worden. Es sei zu keiner Zeit bei Abschluss der Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009 im Gespräch gewesen, dass der Begriff der „neuen Entwicklung“ in Ziffer 2 der Vereinbarung nur Elektromotoren habe erfassen sollen, die nicht die technischen Lehren der Verfügungspatente verwirklichten. Vielmehr habe die Verfügungsklägerin an allen, auch künftigen Entwicklungen der Fahrradmotoren, gleich welcher Quantität und Qualität Änderungen seien, über die weltweiten exklusiven Vertriebsrechte verfügen sollen. Ausgenommen sei nur der Verkauf des Powermotors gewesen.
Diese – juristisch unbefangenen – Schilderungen des Geschäftsführers der Verfügungsklägerin verdeutlichen, dass es bei dem Abschluss des Vertrages vom 13.03.2009 / 28.04.2009 gerade nicht um die allgemeinen technischen Lehren der Verfügungspatente ging. Denn nach ihren eigenen Angaben war die Verfügungsklägerin wegen Größe und Gewicht der sog. Urform des Powermotors nicht an dieser (verfügungspatentgemäßen) Ausführungsform interessiert. Es fanden nach dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen vielmehr weitere Überarbeitungen statt, um einen leichten Motor für den Einsatz als Hilfsantrieb für Fahrräder der Verfügungsklägerin zu erhalten. Diese Überarbeitungen kommen aber offensichtlich nicht in der Lehre der Verfügungspatente zum Ausdruck, denn diese wurden in den Jahren 1999 bzw. 2000 angemeldet und im März 2007 bzw. im Juni 2003 erteilt, also vor Aufnahme der Verhandlungen über die Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009. Auch stellt der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin selbst auf eine bestimmte Ausführungsform der verfügungspatentgemäßen Lehre und nicht auf die allgemeine Lehre der Verfügungspatente ab, wenn er angibt, dass die von ihm aufgezählten „Evolutionsstufen“ work-in-progress-Varianten des G Bike Motor J darstellten. Hinzu kommt, dass das von der Verfügungsklägerin selbst herangezogene Unterscheidungskriterium des Gewichtes der Motoren bei den Lehren der Verfügungspatente keine Rolle spielt. Ausführungen zum Gewicht enthalten die Verfügungspatente nicht.
Die eidesstattliche Versicherung des L. E vom 19.07.2012 (Anlage AG 5) bestätigt die Auslegung der Kammer. Herr E hat nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei geschildert, dass lediglich der I-Motor J, der über einen konkreten Entwicklungsstand habe definiert werden sollen, Gegenstand der Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009 sein sollte. Deshalb sei der Motor in der finalen Vertragsversion über Konstruktionsunterlagen, Stand November 2008, definiert worden. Der weiteren – nicht im Original vorliegenden – eidesstattlichen Versicherung des Herrn E (Anlage S 5) ist zu entnehmen, dass der Hintergrund dieses Vorgehens war, dass die Verfügungsklägerin ein auf den schwereren Power-/Universalmotor bezogenes Angebot mit Blick auf den vorteilhaften Leichtbau des I-Motors J abgelehnt habe. Diese Schilderung des Geschehens steht mit den weiteren vorgelegten Unterlagen in Einklang; auch aus der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers G der Verfügungsklägerin ergibt sich, dass die Verfügungsklägerin an „der Urform des Powermotors“ wegen des aus ihrer Sicht zu hohen Gewichts nicht interessiert war. Dieser Ablauf gibt eine gut nachvollziehbare Erklärung dafür, warum in Ziffer 1.a der Vereinbarung als Vertragsgegenstand ein Elektromotor vom Typ „I-Motor“ in Konstruktion „J“ angegeben ist.
b.
Auch wenn der Vertrag vom 13.03.2009 / 28.04.2009 so verstanden werden sollte, dass der Verfügungsklägerin eine einfache Lizenz an den Verfügungspatenten eingeräumt worden ist, reicht dies zur Begründung der Aktivlegitimation für die gegen die Verfügungsbeklagte gerichteten Ansprüche nicht aus. Der einfache Lizenznehmer kann den Unterlassungsanspruch nicht als eigenes Recht, sondern nur unter den – nicht vorliegenden – Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage 2011, Rn 713 ff.). Auch ein Rechnungslegungsanspruch bezüglich seines eigenen Schadens steht dem einfachen Lizenznehmer nicht zu, da sein Schaden nicht liquidiert werden kann (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage 2011, Rn 716).
c.
Rein vorsorglich sei klargestellt, dass auch die Vereinbarung vom 02.09.2010 der Verfügungsklägerin keine ausschließliche Lizenz an den Verfügungspatenten einräumt. Denn diese Vereinbarung ist nicht wirksam geworden. Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil des Parallelverfahrens (4b O 54/11) vom heutigen Tage Bezug genommen. Darauf, ob die Vereinbarung vom 02.09.2010 so zu verstehen ist, dass der Verfügungsklägerin eine ausschließliche Lizenz an der Lehre der Verfügungspatente eingeräumt werden sollte, kommt es daher nicht an. Hinzu kommt, dass der seitens der Verfügungsklägerin gestellte Antrag nicht auf die Vereinbarung vom 02.09.2010 bezogen ist.
2.
Schließlich ist auf Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstandes das Vorliegen eines Verfügungsgrundes nicht feststellbar. Es fehlt an der Dringlichkeit in zeitlicher Hinsicht. Die Verfügungsklägerin hat durch ihr eigenes Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass ihr die Sache nicht dringlich ist. Dies steht der Annahme entgegen, dass wegen nicht wieder gut zu machender, erheblicher Nachteile eine vorläufige Eilregelung erforderlich wäre.
Wann die Dringlichkeit zu verneinen ist, lässt sich nicht allgemein, das heißt anhand fester Fristen, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse des Einzelfalles bestimmen. Maßgeblich ist stets, ob der Antragsteller das Seinige getan hat, um seine Verbietungsrechte zügig durchzusetzen (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage 2011, Rn 1574). Grundsätzlich beginnt die „Uhr“ für den Antragsteller in dem Augenblick „zu ticken“, in dem er zuverlässige Kenntnis von der schutzrechtsverletzenden bzw. einer kerngleichen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2011, 376 (376 f.) – Thromboseprophylaxe der Extraklasse) Ausführungsform erhält. Liegt ein solches Wissen vor, hat sich der Antragsteller unverzüglich darüber klar zu werden, ob er gegen den Verletzungstatbestand vorgehen will, und im Anschluss daran zügig alles Notwendige zu tun, um den Sachverhalt gegebenenfalls in einer solchen Weise aufzuklären und (durch Beschaffung von Glaubhaftmachungsmitteln) aufzubereiten, dass mit Aussicht auf Erfolg ein gerichtliches Verfahren angestrengt werden kann (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2012, Az. I-2 U 12/12). Sogar Anhaltspunkte dafür, dass Dritte Rechtsverletzungen begehen, können dem Rechtsverfolgungsbegehren gegenüber dem Antragsgegner die Dinglichkeit nehmen. Derartiges soll gelten, wenn eine in Bezug auf einen Dritten veranlasste Marktbeobachtung unweigerlich auch den Antragsgegner als (weiteren) Verletzer zum Vorschein gebracht hätte (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 146 (147) – E-Sky) sowie mit Blick auf den Verfügungsantrag gegen einen Vertreiber, wenn es der Antragsteller über längere Zeit versäumt hat, gegen den Hersteller (OLG München, InstGE 12, 184 (185) – Verfügungsgrund bei Abnehmerverwarnung II) bzw. gegen den Alleinimporteur (OLG München, GRUR 1994, 852) der schutzrechtsverletzenden Ware vorzugehen (vgl. insgesamt: OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2012, Az. I-2 U 12/12).
Dem ist die vorliegende Situation vergleichbar. Die Verfügungsklägerin hat jedenfalls seit September 2010 Kenntnis davon, dass die Muttergesellschaft der hiesigen Verfügungsbeklagten sowie die Herren D und E ihre Auffassung, dass ihr mit Vereinbarung vom 13.03.2009 / 28.04.2009 eine ausschließliche Lizenz an den Verfügungspatenten eingeräumt worden sei, nicht teilen. Vor dem Hintergrund dieser Meinungsverschiedenheiten kam es – wie der Kammer aus dem Parallelverfahren 4b O 54/11 bekannt ist – gerade zum Abschluss der Vereinbarung vom 02.09.2010. Darüber hinaus trägt die Verfügungsklägerin in dem Parallelverfahren 4b O 54/11 bereits mit Klageschrift aus März 2011 selbst vor, dass die H AG bzw. die hiesige Verfügungsbeklagte Elektromotoren, die nach ihrer (der Verfügungsklägerin) Auffassung unter die – angebliche – ausschließliche Lizenz an den Verfügungspatenten fallen, nach Deutschland anbieten bzw. liefern würden. Sie kannte solche in Deutschland im Markt befindlichen Motoren. Die Verfügungsklägerin hat bereits mit der Klageschrift im Parallelverfahren angegeben, dass die H AG wohl mit der M GmbH Produktion und Vertrieb von unter die Verfügungspatente fallenden Elektromotoren plane. Ferner hat sie vermutet, dass M solche Motoren an N weiter geliefert habe. Jedenfalls wusste sie auch, dass sich im Markt bei N seitens der Verfügungsbeklagten bzw. der H AG vertriebene Motoren befanden. Darüber hinaus hat sie angegeben, dass im Markt befindliche Motoren ein bestimmtes Branding trügen. Diese Umstände belegen, dass die Verfügungsklägerin bereits bei Abfassung der Klageschrift im Verfahren 4b O 54/11 Kenntnis davon hatte, dass konkrete, unter die ihr vermeintlich zustehende ausschließliche Lizenz fallende Elektromotoren, deren Herstellerin die H AG war, über die H AG oder Dritte nach Deutschland vertrieben worden sind. Dennoch hat die Verfügungsklägerin erst mit Schriftsatz vom 21.06.2012 den streitgegenständlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung anhängig gemacht. Bezüglich der Dringlichkeit hat sie zunächst dazu vorgetragen und eidesstattliche Versicherungen vorgelegt, dass sie von der geplanten Markteinführung des E-Bikes „O“ der A GmbH & Co. KG erst Ende des Jahres 2011 erfahren und umgehend ein Exemplar besorgt habe, das sie aber erst am 03.05.2012 erhalten habe. Diese Umstände sind jedoch in Anwendung der zuvor dargelegten Maßstäbe nicht geeignet, eine Dringlichkeit in zeitlicher Hinsicht zu begründen. Denn insoweit ist nicht die Markteinführung des konkreten E-Bikes eines Dritten maßgeblich, sondern der Zeitpunkt, in dem die Verfügungsklägerin davon wusste, dass der Vertrieb von Elektromotoren, die ihrer Ansicht nach in den Anwendungsbereich einer ihr – vermeintlich – zustehenden ausschließlichen Lizenz fielen, in Deutschland stattfindet bzw. unmittelbar bevorsteht. Dies war, wie sich bereits aus dem Vortrag im Parallelverfahren 4b O 54/11 ergibt, spätestens im März des Jahres 2011 der Fall.
Die Verfügungsklägerin wendet ein, sie sei anfangs davon ausgegangen, dass die genannten Motoren gemäß der Vereinbarung vom 02.09.2010 von der H AG hätten vertrieben werden dürfen. Gemäß der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers G der Verfügungsklägerin vom 16.08.2012 habe aus Sicht der Verfügungsklägerin die Berechtigung der H AG erst geendet, als sie (die Verfügungsklägerin) mit Schreiben vom 06.04.2011 „ein Zurückbehaltungsrecht wegen ausstehender Abrechnungen“ ausgeübt habe. Hinzu komme, dass es schwierig bis unmöglich sei, im Markt befindliche Motoren nachträglich der Firmengruppe der Verfügungsbeklagten zuzuordnen. Testkäufe der Verfügungsklägerin seien durch ihre Bekanntheit und die ihrer Mitarbeiter erschwert worden. Schließlich habe die Verfügungsklägerin einen Motor benötigt, der im Jahr 2012 hergestellt worden sei, da ein Motor, der die Jahreszahl 2011 trage, auch vor Ausübung des Zurückbehaltungsrechts hätte hergestellt und vertrieben worden sein können.
Diese Einwände führen nicht zu einer anderen Beurteilung der zeitlichen Dringlichkeit. Auch nach den eigenen Angaben des Geschäftsführers der Verfügungsklägerin hätte diese sich umgehend nach dem 06.04.2011 darüber klar werden müssen, ob sie auf die Verfügungspatente gestützte Unterlassungsansprüche geltend machen möchte oder nicht. Warum es ihr nicht möglich war, zeitnah nach dem 06.04.2011 einen Testkauf zu tätigen, hat die Verfügungsklägerin nicht hinreichend detailliert geschildert und glaubhaft gemacht. Allein, dass ein Mitte 2011 in München stattgefundener Versuch gescheitert ist, genügt insoweit nicht. Insbesondere gibt die Verfügungsklägerin auch nicht an, warum es damals nicht gelang, einen Motor zu erwerben. Das Argument der Verfügungsklägerin, sie hätte erst warten müssen, bis ein Motor mit der Jahreszahl 2012 erhältlich gewesen wäre, greift nicht durch. Die Verfügungsklägerin wendet sich mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht gegen die Herstellung, sondern gegen den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform. Konkret begehrt sie ein Unterlassungsgebot bezüglich des Anbietens, In-Verkehr-Bringens und des Einführens zu den genannten Zwecken. Dass sie insoweit das Bestehen einer Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr allein durch Erhalt eines im Jahr 2012 hergestellten Motors hätte glaubhaft machen können, erschließt sich auf Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstandes nicht. Zum einen hat sie im Parallelverfahren bereits Angaben zu der Ausgestaltung unterschiedlicher, von der H AG bzw. der hiesigen Verfügungsbeklagten vertriebener Motoren gemacht. Zum anderen bringen die gerichtlichen und außergerichtlichen Äußerungen, jedenfalls der H AG zum Ausdruck, dass diese – als Muttergesellschaft der hiesigen Verfügungsbeklagten – die Verfügungsbeklagte für zum Vertrieb von Elektromotoren, die nach Auffassung der Verfügungsklägerin unter die Vereinbarung vom 13.03.2009 /28.04.2009 fallen, berechtigt ansieht. Hinzu kommt, dass die Verfügungsklägerin – auch ohne ein Exemplar eines auf die Verfügungsbeklagte bzw. die H AG zurückgehenden Motors in Händen zu halten – im Parallelverfahren 4b O 54/11 bereits bei Abfassung der Klageschrift im März 2011 davon ausging, dass von der H AG bzw. der B AG nach Deutschland vertriebene Motoren unter eine ihr – angeblich – zustehende ausschließliche Lizenz fielen.
IV.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Verfügungsklägerin vom 20.08.2012 bietet keinen Anlass zu Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Streitwert: 250.000,00 €