4a O 4/12 – Elektronisches Abgrenzungssystem

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2034

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 2. Juli 2013, Az. 4a O 4/12

Rechtsmittelinstanz: 15 U 22/14

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem europäischen Patent EP 1 512 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent), dessen eingetragene Inhaberin und ausschließliche Verfügungsberechtigte sie ist, auf Unterlassung, Erteilung von Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf, Ersatz von Abmahnkosten und Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach sowie der Pflicht zur Zahlung von Zinsen auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 03.06.2003 unter Inanspruchnahme der Priorität des Dokuments SE 0201XXX vom 07.06.2002 in englischer Verfahrenssprache angemeldet. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 16.05.2007. Der deutsche Teil des Klagepatents (DE 603 13 XXX T2) ist in Kraft.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Elektronisches Abgrenzungssystem“ („Electronic Demarcating System“). Sein Patentanspruch 1 lautet in der eingetragenen deutschen Übersetzung:

„Verfahren zum Betreiben einer automatischen Vorrichtung (2 ) mittels eines elektronischen Leitsystems,

– wobei das elektronische Leitsystem folgendes aufweist:
– mindestens ein erstes Stromkabel (1 ,4 ,5 ,6 ), das an
– mindestens einen ersten Signalgeber (3 ,7 ,9 ) angeschlossen ist,
– mindestens ein Sensorsystem (11, 12, 13), das auf der automatischen Vorrichtung (2 ) angeordnet ist,
– wobei das Sensorsystem (11, 12, 13)
– mindestens ein magnetisches Feld erfasst, das über das Kabel (1, 4, 5, 6) übertragen wird und sich durch die Luft fortpflanzt,
– und ein verarbeitetes Signal an mindestens eine Antriebseinrichtung zum Bewegen der automatischen Vorrichtung (2) bezüglich einer Oberfläche überträgt,
– wobei die Antriebseinrichtung auf der automatischen Vorrichtung (2) angeordnet ist,
– wobei der erste Signalgeber (3, 7 , 8) durch das erste Kabel (1 ,4 ,5 ,6 ) einen Strom überträgt,
– wobei sich der Strom während eines Teils der Zeit in einem Ruhezustand befindet, in dem er im Wesentlichen konstant ist,
– wobei der Ruhezustand periodisch von mindestens einem charakteristischen Stromimpuls (20) unterbrochen wird,
– und wobei der erste Stromimpuls durch ein Stromkabel (1) übertragen wird, das im Wesentlichen den Bereich abgrenzt, innerhalb dessen die automatische Vorrichtung (2) arbeiten soll,

dadurch gekennzeichnet,
dass das Sensorsystem (11, 12, 13) Zeitintervalle (28, 29), innerhalb derer es magnetische Felder anhand der Eigenschaften des ersten Stromimpulses (20) erfasst, synchronisiert.“

Der durch die Klägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 40 ist in der eingetragenen deutschen Übersetzung wie folgt gefasst:

„Elektronisches Leitsystem zum Betreiben einer automatischen Vorrichtung (2 )

– wobei das elektronische Leitsystem folgendes aufweist:
– mindestens ein erstes Stromkabel (1, 4, 5, 6), das an
– mindestens einen ersten Signalgeber (3, 7, 9) angeschlossen ist,
– mindestens ein Sensorsystem (11, 12, 13), das auf der automatischen Vorrichtung (2) angeordnet ist,
– wobei das Sensorsystem (11, 12, 13)
– mindestens ein magnetisches Feld erfasst, das über das Kabel (1, 4, 5, 6) übertragen wird und sich durch die Luft fortpflanzt,
– und ein verarbeitetes Signal an mindestens eine Antriebseinrichtung zum Bewegen der automatischen Vorrichtung (2) bezüglich einer Oberfläche
überträgt,
– wobei die Antriebseinrichtung auf der automatischen Vorrichtung (2) angeordnet ist,
– wobei der erste Signalgeber (3, 7, 8) durch das erste Kabel (1, 4, 5, 6) einen Strom überträgt,
– wobei sich der Strom während eines Teils der Zeit in einem Ruhezustand befindet, in dem er im Wesentlichen konstant ist,
– wobei der Ruhezustand periodisch von mindestens einem charakteristischen Stromimpuls (20) unterbrochen wird, der zur Synchronisierung des
Sensorsystems dient,
– und wobei der erste Stromimpuls durch ein Stromkabel (1) übertragen wird, das im Wesentlichen den Bereich abgrenzt, innerhalb dessen die
automatische Vorrichtung (2) arbeiten soll,

dadurch gekennzeichnet,
dass das Sensorsystem (11, 12, 13) die Zeitintervalle (28, 29) synchronisiert, innerhalb derer es magnetische Felder anhand der Eigenschaften des ersten Stromimpulses (20) erfasst.“

Die nachfolgend (verkleinert) wiedergegebenen Figuren zeigen nach der Beschreibung des Klagepatents ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung. Bei Figur 1 handelt es sich um ein Leitsystem gemäß der dem Klagepatent zugrunde liegenden Erfindung.

Figur 3 ist die Abbildung einer automatischen Vorrichtung für das Leitsystem gemäß Figur 1. Dabei stellen die mit den Bezugsziffen (13), (12) und (11) gekennzeichneten Bauteile ein erfindungsgemäßes Sensorsystem dar. Dieses setzt sich zusammen aus einer Einrichtung (11) zum Erfassen eines magnetischen Feldes, einer Steuereinheit (12) und einer Motoreinheit (13).

Die Figuren 6 und 7 zeigen Ablaufdiagramme für Algorithmen des Leitsystems gemäß Figur 1.

Die Beklagte vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland über Baumärkte der Baumarktkette „A“ und „B“ unter anderem Mähroboter, die sie von ihrer Muttergesellschaft aus China bezieht.

Diese Roboter werden unter der Marke „C“ und den Bezeichnungen WG XXX E bzw. „D“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform 1), WG XXX E.1 bzw. „D“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform 2) und WG XXX E (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform 3) angeboten. Sie, bzw. ihre Umverpackung haben ausweislich der in der Klageschrift, der Klageerwiderung und der Anlage K 21 verwendeten Abbildungen das folgende Aussehen:

Angegriffene Ausführungsform 1
WG XXX E

Angegriffene Ausführungsform 2
WG XXX E.1
Angegriffene Ausführungsform 3
WG XXX

Die Steuerung der angegriffenen Ausführungsformen innerhalb eines abgegrenzten Gebietes erfolgt mittels eines als Begrenzungskabel dienenden Stromkabels, das durch eine auch als Signalgeber fungierende Ladestation mit Strom versorgt wird. Mithilfe eines auf den Mähroboter angebrachten Sensors werden magnetische Felder detektiert, die durch Stromimpulse, die die Ladestation durch das Begrenzungskabel leitet, erzeugt werden. Dies ermöglicht es, den Mähroboter im Zusammenwirken mit einer ebenfalls in ihm verbauten Steuereinheit, innerhalb einer durch das Begrenzungskabel vorgegebenen Fläche zu steuern. Dabei macht sich die Steuereinheit den Umstand zu Nutze, dass das durch die Stromimpulse erzeugte magnetische Feld auf den jeweiligen Seiten des Stromkabels jeweils in unterschiedlicher Richtung verläuft, und zwar auf der einen Seite in die Erde hinein und auf der anderen Seite aus der Erde heraus. Aufgrund dieses Phänomens kann der Roboter feststellen, ob er sich (noch) innerhalb des durch das Stromkabel abgegrenzten Arbeitsbereiches befindet oder (schon) außerhalb. Dieses Prinzip lässt sich anhand der nachfolgenden, der Klageerwiderung entnommenen, schematischen Darstellung verdeutlichen:

Nach Auffassung der Klägerin machen die angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Dabei werde der Vorrichtungsanspruch 40 durch den Vertrieb unmittelbar und der Verfahrensanspruch 1 mittelbar verwirklicht.

Für die Verwirklichung beider Ansprüche sei insoweit von entscheidender Bedeutung, dass das Sensorsystem der angegriffenen Ausführungsformen Zeitintervalle, innerhalb derer es magnetische Felder erfasse, anhand von Eigenschaften eines Stromimpulses synchronisiere, durch den ein Ruhezustand mit einem im wesentlichen konstanten Strom im Kabel unterbrochen werde.

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2011 wegen einer Verletzung des Klagepatents sowie des im abgetrennten Parallelverfahren unter dem Aktenzeichen 4a O 61/12 gerichtlich geltend gemachten Patents EP 1 302 XXX B1 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie zur Übernahme der bei einem Gegenstandswert von € 500.000,- und einer 1,5 Gebühr entstandenen Rechts- und Patentanwaltsgebühren in Höhe von je EUR 4.494,00 zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer auf.

Die Klägerin beantragt nach Klarstellung ihres Antrages zu Ziffer I.4,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR — ersatzweise Ordnungshaft — oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

a) ein elektronisches Leitsystem zum Betreiben einer automatischen Vorrichtung, wobei das elektronische Leitsystem folgendes aufweist: mindestens ein erstes Stromkabel, das an mindestens einen ersten Signalgeber angeschlossen ist, mindestens ein Sensorsystem, das auf der automatischen Vorrichtung angeordnet ist, wobei das Sensorsystem mindestens ein magnetisches Feld erfasst, das über das Kabel übertragen wird und sich durch die Luft fortpflanzt, und ein verarbeitetes Signal an mindestens eine Antriebseinrichtung zum Bewegen der automatischen Vorrichtung bezüglich einer Oberfläche überträgt, wobei die Antriebseinrichtung auf der automatischen Vorrichtung angeordnet ist, wobei der erste Signalgeber durch das erste Kabel einen Strom überträgt, wobei sich der Strom während eines Teils der Zeit in einem Ruhezustand befindet, in dem er im Wesentlichen konstant ist, wobei der Ruhezustand periodisch von mindestens einem charakteristischen Stromimpuls unterbrochen wird, der zur Synchronisation des Sensorsystems dient, und wobei der erste Stromimpuls durch ein Stromkabel übertragen wird, das im Wesentlichen den Bereich abgrenzt, innerhalb dessen die automatische Vorrichtung arbeiten soll, und bei dem das Sensorsystem die Zeitintervalle synchronisiert, innerhalb derer es magnetische Felder anhand der Eigenschaften des ersten Stromimpulses erfasst,

(Patentanspruch 40)

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

b) Roboter-Rasenmäher, welche dazu geeignet sind, bei einem Verfahren zum Betreiben einer automatischen Vorrichtung mittels eines elektronischen Leitsystems benutzt zu werden, wobei das elektronische Leitsystem folgendes aufweist: mindestens ein erstes Stromkabel, das an mindestens einen ersten Signalgeber angeschlossen ist, mindestens ein Sensorsystem, das auf der automatischen Vorrichtung angeordnet ist, wobei das Sensorsystem mindestens ein magnetisches Feld erfasst, das über das Kabel übertragen wird und sich durch die Luft fortpflanzt, und ein verarbeitetes Signal an mindestens eine Antriebseinrichtung zum Bewegen der automatischen Vorrichtung bezüglich einer Oberfläche überträgt, wobei die Antriebseinrichtung auf der automatischen Vorrichtung angeordnet ist, wobei der erste Signalgeber durch das erste Kabel einen Strom überträgt, wobei sich der Strom während eines Teils der Zeit in einem Ruhezustand befindet, in dem er im Wesentlichen konstant ist, wobei der Ruhezustand periodisch von mindestens einem charakteristischen Stromimpuls unterbrochen wird, und wobei der erste Stromimpuls durch ein Stromkabel übertragen wird, das im Wesentlichen den Bereich abgrenzt, innerhalb dessen die automatische Vorrichtung arbeiten soll, und wobei das Sensorsystem die Zeitintervalle synchronisiert, innerhalb derer es magnetische Felder anhand der Eigenschaften des ersten Stromimpulses erfasst,

(Patentanspruch 1)

Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,

hilfsweise,

Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,

ohne:

(1) im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Roboter-Rasenmäher nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des europäischen Patents mit der Nr. 1 512 XXX B1 zur Durchführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens verwendet werden dürfen;

(2) im Falle der Lieferung den Abnehmern unter Auferlegung einer an den Patentinhaber zu zahlenden Vertragsstrafe von 50.000 EUR, mindestens jedoch 25.000 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Roboter-Rasenmäher nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des europäischen Patents mit der Nr. 1 512 XXX B1 für das vorstehend beschriebene Verfahren zu verwenden;

2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. 1. a) und b) bezeichneten Handlungen seit dem 16.06.2007 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;

wobei

• die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 01.09.2008 anzugeben sind;

• zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 16.06.2007 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

4. die vorstehend zu Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 16.06.2007 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;

II. festzustellen,

1. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffern I. 1. a) und I. 1. b) bezeichneten und seit dem 16.06.2007 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird;

2. dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz des § 247 BGB Zinsen seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Kosten bei der Gerichtskasse bis zum Tage des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen,

III. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 9.028,- zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung der Beklagten machen die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents deshalb keinen Gebrauch, weil die Steuerungseinheit der angegriffenen Ausführungsformen keine Zeitintervalle (Zeitfenster) generiere, die synchronisiert würden. Vielmehr sei sie stets aktiv und verarbeite demnach alle vom Sensor gelieferten Signale, d.h. auch solche Signale, die der Sensor aufgrund von Magnetfeldern detektiere, die durch Stromimpulse fremder Signalgeber erzeugt würden. Wenn die von der Klägerin als Anlagen K 20, K 21 und in deutscher Übersetzung K 21a vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen zu dem Ergebnis gelangten, dass die angegriffenen Ausführungsformen Störsignale, die innerhalb eines Zeitfensters von bis zu 2,3 ms nach dem für die Steuerung der angegriffenen Ausführungsform verwendeten Rechtecksignal mit einer Pulsbreite von 0,2 ms (bei einer Periodendauer von 13,2 ms) aufträten, ignoriere, so habe dieses Phänomen seine Ursache nicht in einer patentgemäßen Synchronisation von Zeitintervallen. Stattdessen könne der verwendete Mikroprozessor bei derart nahe aneinander liegenden Stromimpulsen immer nur den ersten Stromimpuls verarbeiten, da die Verarbeitungszeit länger sei als die Zeitdauer der Impulsfolge.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach und der Pflicht zur Zahlung von Zinsen auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten, Rückruf und Erstattung von Abmahnkosten aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140 b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB nicht zu, da die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch machen.

I.
Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie ein elektronisches Leitsystem zum Betreiben einer automatischen Vorrichtung, vorzugsweise eines automatischen Rasenmähers.

Wie das Klagepatent einleitend ausführt, ist der Gedanke, Arbeitswerkzeuge zu entwickeln, die automatisch arbeiten können, schon alt und in neuerer Zeit auch bei den Verbrauchern in Form verschiedener Produkte wie Staubsauger-Roboter und automatischer Rasenmäher angelangt. Diese behandelten eine Oberfläche, indem sie sich in Bezug zu dieser innerhalb des Gebietes bewegten, das bearbeitet werden solle. Um einen solchen Roboter innerhalb des zu bearbeitenden Gebietes zu halten, seien Suchsysteme entwickelt worden, hinsichtlich derer beispielhaft auf die Schrift WO 99/38056 verwiesen werden könne. Die genannten Suchsysteme beständen aus mindestens einem Stromkabel in Verbindung mit einem Sensorsystem in dem Roboter, welches über das Kabel übertragene Signale erfasse. Das bzw. die Kabel seien so angeordnet, dass eine Grenzlinie definiert werde, die der Roboter nicht überschreiten dürfe, da er sonst das Gebiet verließe, das er bearbeiten solle. Ein Staubsauge-Roboter verwende solche Kabel normalerweise nur in Türöffnungen und an Treppen, da er üblicherweise im Inneren eines Zimmers arbeite, das von Wänden umgeben sei. Wenn der Staubsauger in einem sehr großen Raum arbeiten solle, könnte man Kabel verwenden, die den Raum in verschiedene Bereiche unterteilen. Rasenmäh-Roboter arbeiteten demgegenüber nicht in Bereichen, die von Wänden abgegrenzt würden. Deshalb würden Stromkabel benötigt, welche den Bereich bzw. die Bereiche im Inneren definierten, welche der Roboter bearbeiten solle. Solche Kabel und auch bestimmte Kabel, die in Verbindung mit Staubsauger-Robotern eingesetzt würden, könnten aus Dauermagneten oder aus Stromkabeln bestehen, durch welche ein elektrischer Strom übertragen werden könne. Das Sensorsystem bestehe normalerweise aus mindestens einer Empfängereinheit, welche magnetische Signale erfasse, aus einer Steuereinheit, die mit dem Empfänger verbunden sei, der die empfangenen Signale verarbeite, und aus einer Motoreinheit, die mit der Steuereinheit verbunden sei und die Bewegungen des Roboters steuere. Das System erfasse die Veränderungen in der Intensität des Feldes (wobei das Feld von dem Strom oder dem Dauermagneten erzeugt werde), wenn der Roboter sich an das Kabel heranbewege. Die Steuereinheit verarbeite die Informationen und entscheide je nach der aktivierten Funktion, ob die Bewegung des Roboters durch Betätigung der Motoreinheit angesteuert werden solle. Das System könne zum Beispiel verhindern, dass sich der Roboter aus dem Gebiet heraus bewege, das er behandeln soll, oder könne ihn sich entlang des Kabels bewegen lassen.

Was bei diesen Suchsystemen für automatische Roboter selten sei, sei der Umstand, dass sie Strom ohne Unterbrechung verwendeten (beispielsweise in Form einer oder mehrerer Sinuswellen), um die magnetischen Signale zu erzeugen. Die Magnetfelder, welche den Strom erzeugten, pflanzten sich in dem gesamten Bereich oder in Teilen des Bereichs fort, in dem bzw. denen der Roboter arbeiten möchte. Wenn sich in dem gleichen Bereich irgendein anderes Magnetfeld fortpflanze, das beispielsweise von einem anderen Stromkabel erzeugt werde, welches in der Nähe des Bereichs angeordnet sei, erfasse das Sensorsystem dieses Feld. Ein solches Störfeld könne das Sensorsystem verwirren und dadurch Betriebsprobleme für den Roboter verursachen. Insbesondere Signale von anderen ähnlichen Suchsystemen, zum Beispiel vom System des direkt nächsten Nachbarn, könnten derartige Betriebsprobleme hervorrufen, da beide Systeme unter Umständen innerhalb des gleichen Frequenzbandes arbeiteten. Die Suchsysteme störten sich gegenseitig, da sich die Felder addierten. Ein weiteres Problem bei den heutigen Suchsystemen liege darin, dass die Kosten für Sinuswellen-Systeme gestiegen seien, weil diese häufig ein Nachstellen der Systemkomponenten erforderten, welche die Frequenz definierten.

Die Vorveröffentlichung WO 99/59042 beschreibe ein solches System zur Markierung der Grenze eines Bereichs. Auf Seite 9, Zeilen 17 bis 22 und in Fig. 3b werde kurz dargestellt, wie ein Mehrbenutzer-Signal zum Markieren verwendet wird. Ein Grenzsignal, ein Hindernissignal und ein Synchronisiersignal würden dabei eingesetzt. Der Roboter besitze ein Navigationssystem, welches nur seine absolute Position kenne, und der Roboter vollziehe eine Wendung um 180°, wenn er auf die Grenze treffe. Der Roboter zähle außerdem die Anzahl der Touren zwischen den Grenzmarkierungen, um so die zu verwendende Abtastung bzw. Erfassung zu definieren.

Das Signalerfassungssystem müsse sich in dem gesamten Arbeitsbereich mit dem Signal synchronisieren. Darüber hinaus müsse das Signalsystem Einflüsse von einem anderen Signal ausblenden, die nicht von dem Signalgeber stammten. In dieser Vorveröffentlichung werde keines dieser Probleme und auch keinerlei Lösung für diese beschrieben.

Deshalb liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, die im Stand der Technik bestehenden Nachteile zu überwinden.

Dies geschieht nach Patentanspruch 1 durch ein Verfahren, das in Übereinstimmung mit dem maßgeblichen Wortlaut der englischen Fassung des Anspruchs durch eine Kombination der folgenden Merkmale gekennzeichnet ist:

Verfahren zum Betreiben einer automatischen Vorrichtung (2) mittels eines elektronischen Leitsystems;

(1) das elektronische Leitsystem weist folgendes auf:

(a) mindestens ein erstes Stromkabel (1, 4, 5, 6), das an
(b) mindestens einen ersten Signalgeber (3, 7, 8) angeschlossen ist,
(c) mindestens ein Sensorsystem (11, 12, 13), das auf der automatischen Vorrichtung (2) angeordnet ist;

(2) das Sensorsystem (11, 12, 13)

(a) erfasst mindestens ein magnetisches Feld, das über das Kabel (1, 4, 5, 6) übertragen wird und sich durch die Luft fortpflanzt,
(b) und ein verarbeitetes Signal an mindestens eine Antriebseinrichtung zum Bewegen der automatischen Vorrichtung (2) bezüglich einer Oberfläche überträgt;

(3) die Antriebsvorrichtung ist auf der automatischen Vorrichtung (2) angeordnet;

(4) der erste Signalgeber (3, 7, 8) überträgt durch das erste Kabel (1, 4, 5, 6) einen Strom;

(5) der Strom befindet sich während eines Teils der Zeit in einem Ruhezustand, in dem er im Wesentlichen konstant ist;

(6) der Ruhezustand wird periodisch von mindestens einem charakteristischen Stromimpuls (20) unterbrochen;

(7) der erste Stromimpuls (1) wird durch ein Stromkabel übertragen, das im Wesentlichen den Bereich abgrenzt, innerhalb dessen die automatische Vorrichtung (2) arbeiten soll;

(8) das Sensorsystem (11, 12, 13) synchronisiert die Zeitintervalle, innerhalb derer es magnetische Felder erfasst anhand der Eigenschaften des ersten Stromimpulses (20).

Darüber hinaus wird in dem durch die Klägerin ebenfalls geltend gemachten Patentanspruch 40 ein elektronisches Leitsystem zum Betreiben einer automatischen Vorrichtung (2) beansprucht:

(1) das elektronische Leitsystem weist folgendes auf:

(a) mindestens ein erstes Stromkabel (1, 4, 5, 6), das an
(b) mindestens einen ersten Signalgeber (3, 7, 8) angeschlossen ist,
(c) mindestens ein Sensorsystem (11, 12, 13), das auf der automatischen Vorrichtung angeordnet ist;

(2) das Sensorsystem (11, 12, 13)

(a) erfasst mindestens ein magnetisches Feld, das über das Kabel (1, 4, 5, 6) übertragen wird und sich durch die Luft fortpflanzt,
(b) und überträgt ein verarbeitetes Signal an mindestens eine Antriebseinrichtung zum Bewegen der automatischen Vorrichtung (2) bezüglich einer Oberfläche;

(3) die Antriebseinrichtung ist auf der automatischen Vorrichtung (2) angeordnet;

(4) der erste Signalgeber (3, 7, 8) überträgt durch das erste Kabel (1, 4, 5, 6) einen Strom;

(5) der Strom befindet sich während eines Teils der Zeit in einem Ruhezustand, in dem er im Wesentlichen konstant ist;

(6) der Ruhezustand wird periodisch von mindestens einem charakteristischen Stromimpuls (20) unterbrochen, der zur Synchronisierung des Sensorsystems dient;

(7) der erste Stromimpuls wird durch ein Stromkabel (1) übertragen, das im Wesentlichen den Bereich abgrenzt, innerhalb dessen die automatische Vorrichtung (2) arbeiten soll;

(8) das Sensorsystem (11, 12, 13) synchronisiert die Zeitintervalle (28, 29), innerhalb derer es magnetische Felder erfasst, anhand der Eigenschaften des ersten Stromimpulses (20).

II.
Dem Klagepatent geht es somit darum, Stromimpulse einzusetzen, um den Roboter innerhalb eines durch mindestens ein erstes Stromkabel abgegrenzten Gebietes bewegen zu können, in dem eine Oberfläche zu bearbeiten ist. Wenn der Stromimpuls während eines kurzen zeitlichen Intervalls auftritt und das Sensorsystem nur während eines Zeitintervalls, das dem Stromimpuls entspricht, auf die Erfassung von Magnetfeldern ausgerichtet ist, ist das Leitsystem in der Lage, magnetisches Rauschen auszusortieren, das den Betrieb des Roboters stören könnte. (Klagepatentschrift, Abschnitt [0033]). Der so beschriebene Einsatz von Stromimpulsen bei einem nur zeitweise auf die Erfassung ausgerichteten Sensorsystem macht erforderlich, dass die „wachen“, der Erfassung dienenden Phasen des Sensorsystems und die das Magnetfeld generierenden Stromimpulse zeitlich aufeinander abgestimmt, das heißt synchronisiert sind. Mit anderen Worten formuliert liegt ein „synchronisierter Zustand“, den das Klagepatent anstrebt, dann vor, wenn im Ergebnis die Periode für das Sensorsystem korrekt eingestellt ist. Wie die Beschreibung des Klagepatents in Abschnitt [0043] hierzu ausführt, ist dies eine notwendige Bedingung, damit die Signalgeber und das Stromkabel zur Kommunikation mit dem Roboter in der Lage sind. Wäre die Periode nicht korrekt, wäre das Erfassungsfenster des Sensorsystems laufend versetzt und würde die Impulse zum falschen Zeitpunkt erfassen. Damit wäre die Steuereinheit als Teil des Sensorsystems nicht mehr in der Lage, irgendwelche magnetischen Impulse vom Stromkabel zu erfassen.

1.
Zu Recht ist zwischen den Parteien die Verwirklichung der Merkmale 1 bis 7 der Ansprüche 40 und 1 nicht umstritten, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf. Entgegen den Ausführungen der Klägerin machen die angegriffenen Ausführungsformen von Merkmal 8 aber keinen Gebrauch.

a)
Patentanspruch 40 beansprucht ein elektronisches Leitsystem zum Betreiben eines Roboters bzw. einer automatischen Vorrichtung, bei dem das Sensorsystem die Zeitintervalle, innerhalb derer es magnetische Felder erfasst, anhand der Eigenschaften mindestens eines ersten, charakteristischen Stromimpulses synchronisiert.

Nach der Formulierung der maßgeblichen englischen Fassung von Merkmal 8 steht außer Frage, dass zum einen die Synchronisierung durch das Sensorsystem selbst erfolgen soll, welches auf der automatischen Vorrichtung angeordnet ist. Dies bedeutet, dass eine Synchronisierung nicht einfach mit einem irgendwie bewirkten, synchronisierten Zustand des Sensorsystems gleichgesetzt werden kann. Insoweit verdeutlicht bereits der Anspruchswortlaut, dass gerade das Sensorsystem über die Fähigkeit verfügen muss, die Synchronisation (aktiv) herbeizuführen. Zum zweiten muss nach der gewählten Formulierung das Sensorsystem im Ergebnis der durchgeführten Synchronisierung so eingestellt sein, dass es innerhalb bestimmter Zeitintervalle magnetische Felder erfasst, anhand derer die automatische Vorrichtung gesteuert werden kann. Schließlich folgt drittens aus einer Gesamtbetrachtung des Merkmals mit den Merkmalen 5, 6, und 7 und dem laut den Abschnitten [0005], [0007], [0033] und [0034] mit der Verwendung von Stromimpulsen verfolgten Ziel, dass während eines Zeitraums der zwischen den zur Erfassung vorgesehenen Zeitintervallen liegt, ein Erfassen magnetischer Felder durch die Sensoreinrichtung nicht erfolgt. Denn nur dann kann die durch das Klagepatent zu lösende Aufgabe, störendes magnetisches Rauschen von Fremdquellen auszusortieren, gelöst werden.

Einen deutlichen Hinweis auf die Richtigkeit dieses, aus dem Wortlaut gewonnenen Verständnisses von der Lehre des Klagepatents findet der Fachmann in der Formulierung des der Erfindung zugrunde liegenden technischen Problems: In Abschnitt [0007] fordert das Klagepatent nämlich, dass sich das Signalerfassungssystem in dem gesamten Arbeitsbereich mit dem Signal synchronisieren muss (Hervorhebung hinzugefügt). Diese Wortwahl spricht ebenfalls dafür, dass mehr geschehen muss als eine auf beliebige Art vorzunehmende zeitliche Anpassung des Signalerfassungssystems an die durch einen Signalgeber in das Kabel übertragenen Stromimpulse. Vielmehr lässt sich die gewählte Formulierung nur so verstehen, dass ein erfindungsgemäßes Signalerfassungssystem (autonom) in der Lage sein muss, die zeitliche Anpassung in Abhängigkeit der von ihm vorgefundenen Signale vorzunehmen. Diese Synchronisierung soll zudem, nach dem aus dem Stand der Technik abgeleiteten Anforderungsprofil nicht irgendwo und irgendwann erfolgen, sondern „im gesamten Arbeitsbereich“, also überall dort, wo (und somit zwingend auch immer dann, wenn) die automatische Vorrichtung arbeitet.

Eine weitere Bestätigung für das Erfordernis einer aktiven bzw. autonomen Synchronisierung durch das Sensorsystem erhält der Fachmann, betrachtet er Unteranspruch 2, der auf den Anspruch 40 im Wesentlichen entsprechenden Verfahrensanspruch 1 zurückbezogen ist. Anspruch 2 lässt sich die Formulierung entnehmen, dass der Synchronisierung der Zeitintervalle (28, 29), die von dem Sensorsystem (11, 12, 13) vorgenommen wird, die Periodizität, das zeitliche Auftreten und/oder die Dauer des ersten Stromimpulses (20) zugrunde liegen soll (Hervorhebung hinzugefügt). Auch dies kann nicht anders verstanden werden, als dass das Sensorsystem aktiv die Intervalle, in denen es magnetische Felder erfasst, beeinflusst durch einen oder mehrere der im Unteranspruch benannten Parameter, einstellt.

Im gleichen Sinn erläutert das Klagepatent im Rahmen der Beschreibung des bevorzugten Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme auf die in Fig. 6 und Fig. 7 eingeblendeten Algorithmen detailliert, wie die Steuereinheit 12 das Sensorsystem 11, 12, 13 synchronisiert. Hierbei kann nach der Erläuterung in der Klagepatentschrift durch die Steuereinheit zunächst bestimmt werden, wie lang ein charakteristischer Stromimpuls ist und wie lang der Ruhezustand zwischen zwei Stromimpulsen ist (vgl. Abschnitt [0038]ff.). Hat die Steuereinheit erkannt, dass es sich bei einem auftretenden Impuls um einen charakteristischen Impuls handelt, wird ausgehend von einer zunächst berechneten Periode zwischen zwei charakteristischen Impulsen durch Addition von Teilen der Periodendifferenz zwischen der berechneten Periode und der aktuell erfassten Periode eine neue Periode berechnet (vgl. Abschnitt [0041]ff., Fig. 7).

b)
Diese Überlegungen gelten für Anspruch 1 entsprechend, da dort nach Merkmal 8 des geschützten Verfahrens ebenfalls ein Sensorsystem vorhanden sein muss, dass die Zeitintervalle, innerhalb derer es magnetische Felder erfasst, anhand der Eigenschaften mindestens eines ersten, charakteristischen Stromimpulses synchronisiert.

III.
Legt man diese Auslegung zugrunde, machen die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Die Klägerin hat bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt, dass die von den Beklagten vertriebenen Ausführungsformen über ein Sensorsystem verfügen, das nur innerhalb bestimmter, anhand der Eigenschaften der verwendeten ersten Stromimpulse synchronisierter Zeitintervalle magnetische Felder erfassen kann. Auch hat sie sich nicht dazu erklärt, woraus sich ergibt, dass das bei den Geräten der Beklagten verwendete Sensorsystem zur Durchführung einer solchen Synchronisierung in der Lage ist.

1.
Soweit die Klägerin gestützt auf die von ihr ausweislich der Anlage K 8a durchgeführte „Patent Untersuchung“ der angegriffenen Ausführungsform 1 argumentiert, lässt sich ihren Ausführungen eine Verwirklichung von Merkmal 8 nicht entnehmen. Denn alleine aus dem Umstand, dass wie die Klägerin anhand der von ihr beauftragten Untersuchung erläutert bei einer Ausführungsform Zeitintervalle, innerhalb derer diese magnetische Felder erfasst, an Eigenschaften eines vorgegebenen charakteristischen Stromimpulses angepasst sind, und die Ausführungsform bei einer Veränderung der durch einen Signalgeber zur Verfügung gestellten Signale (sei es eine Veränderung der Zeitintervalle bzw. der Impulsbreite, sei es eine Veränderung der Zeitperiode bzw. des Impulsabstandes) nicht oder nicht mehr ordnungsgemäß arbeitet, folgt nicht zwingend, dass eine Synchronisation erfassungsbereiter Zeitintervalle (unterstellt sie hätte stattgefunden) gerade durch das Sensorsystem der Ausführungsform vorgenommen wurde.

Unterstellt man die Richtigkeit der von der Klägerin referierten Ergebnisse ihrer Untersuchung, spricht die Tatsache, dass und wie es bei Veränderungen von Impulsbreite und zeitlichem Abstand zwischen einzelnen charakteristischen Impulsen zu Störungen in der Funktion der angegriffenen Ausführungsform gekommen ist, zudem eher dagegen, dass das verbaute Sensorsystem zu einer Synchronisierung, das heißt zu einer Anpassung an die (veränderten) Eigenschaften der durch die Klägerin manipulierten ersten Stromimpulse in der Lage ist. Denn wäre das System zu einer Synchronisierung in der Lage, wäre zu erwarten gewesen, dass die angegriffene Ausführungsform, nach einer (Neu-)Synchronisierung durch ihr Sensorsystem, jedenfalls innerhalb einer gewissen Bandbreite, auch mit einer geänderten Impulsbreite oder einem geänderten Impulsabstand arbeiten kann. Dies aber haben die von der Klägerin durchgeführten Versuche gerade nicht gezeigt.

Der zwischen den Untersuchungsergebnissen der Klägerin und dem Ergebnis der von der Beklagten durchgeführten Versuche (Anlage B 9) zu Tage tretende Widerspruch, lässt eine andere Bewertung in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Nach ihrem Vortrag konnte die Beklagte die Untersuchungsergebnisse der Klägerin in großen Teilen nicht reproduzieren und die von ihr untersuchte angegriffene Ausführungsform habe – von Extrembereichen abgesehen – störungsfrei gearbeitet, auch wenn sie Impulsbreite und Impulsabstand den Vorgaben der Klägerin entsprechend manipuliert habe. Ohne dass die Klägerin dem substantiiert entgegengetreten wäre, hat die Beklagte in diesem Zusammenhang aber zugleich dargelegt, dass die von ihr vertriebene angegriffene Ausführungsform dergestalt arbeite, dass die Steuerungseinheit ihres Sensorsystems überhaupt keine Zeitintervalle (Zeitfenster), die synchronisiert werden müssten, verwende, sondern stets aktiv sei und alle vom Sensor gelieferten Signale verarbeite. Dies aber bietet, betrachtet man die Versuchsergebnisse der Beklagten für sich alleine, eine in technischer Hinsicht gut nachvollziehbare Erklärung dafür, dass die angegriffene Ausführungsform auch dann arbeitet, wenn die den Experimenten zugrunde gelegten Modifikationen der Eigenschaften des ersten Stromimpulses vorgenommen werden. Wenn ihr Sensorsystem nämlich stets in der Lage ist, magnetische Felder zu erfassen, kann es – ohne dass irgendeine Synchronisierung gemäß Merkmal 8 erforderlich wäre – mit einer Vielzahl denkbarer Impulsbreiten und -Abstände arbeiten.

Soweit auch die Beklagte im Rahmen der von ihr beauftragten Untersuchungen bei einer Erhöhung der Impulsdauer um 1000 µs und der Verwendung eines Impulsabstandes von mehr als 50 ms zu dem Ergebnis gelangt ist, dass ein Betrieb der angegriffenen Ausführungsform nicht mehr möglich war, hat sie dies – von der Klägerin unwidersprochen – damit erklärt, dass der Impuls von 1200 µs so verfremdet sei, dass mit diesem generell kein Mäher bertrieben werden könne und dass Impulsabstände von mehr als 45 ms nicht mehr den Mindestansforderungen der verbauten Steuerung an die Anzahl von Impulsen pro Zeitintervall entsprächen.

2.
Auch die von der Klägerin ergänzend durchgeführten Versuche, deren Ergebnisse in den Anlagen K 20 und K 21a in deutscher Sprache zur Akte gereicht wurden, belegen nicht, dass das Sensorsystem der angegriffenen Ausführungsformen Zeitintervalle, innerhalb derer es magnetische Felder erfasst, anhand der Eigenschaften des ersten Stromimpulses synchronisiert. Die Klägerin hat auch insoweit schon nicht dargelegt, dass die Sensorsysteme der angegriffenen Ausführungsform überhaupt so ausgerichtet sind, dass sie nur innerhalb bestimmter Zeitintervalle magnetische Felder erfassen und verarbeiten. Vor diesem Hintergrund wirkt sich nicht aus, dass nach dem Vortrag der Klägerin auch nichts dafür ersichtlich ist, dass ein in diesem Sinn synchronisierter Zustand, wäre er feststellbar, durch das Sensorsystem im Sinne von Merkmal 8 herbeigeführt worden wäre.

a)
Ein mit den Worten der Klägerin als synchronisiert zu bezeichnender Zustand kann nicht in dem Umstand gesehen werden, dass die angegriffenen Ausführungsformen während eines Zeitfensters von etwa 2 ms nach Erfassen eines Impulses nicht auf weitere Stromimpulse reagieren.

Dahingehend hat die Beklagte mit ihrer außerhalb der ihr hierfür gesetzten Frist zur Akte gereichten Duplik vom 29.05.2013 vorgetragen, dass dies alleine dadurch bedingt sei, dass der in den angegriffenen Ausführungsformen verwendete Mikroprozessor bei dergestalt nahe beinander liegenden Stromimpulsen nur den ersten Impuls verarbeiten könne, weil die kleinstmögliche Verarbeitungszeit länger sei als die Zeitdauer zwischen zwei Impulsen. Mit anderen Worten sei der verwendete Mikroprozessor schlicht zu langsam oder träge, um den zweiten Impuls zu verarbeiten.

Es kann offen bleiben, ob dieser Tatsachenvortrag der Beklagten möglicherweise als verspätet zurückzuweisen oder aber jedenfalls nicht ohne die Gewährung rechtlichen Gehörs in Form eines der Klägerin einzuräumenden Schriftsatznachlasses auf den neuen Vortrag der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 29.05.2013 berücksichtigungsfähig wäre. Denn auch ohne dass die Beklagte sich hierauf ausdrücklich berufen hätte, drängt sich eine systembedingte Limitierung der Verarbeitungsgeschwindigkeit von Signalen als Erklärung für die Nichtverarbeitung von zeitlich dicht aufeinanderfolgenden Pulsen des Signalgebers auf, so dass von dem von der Klägerin beschriebenen Phänomen nicht auf das Vorliegen eines synchronisierten Zustandes im Sinne von Merkmal 8 geschlossen werden kann. Eine zu langsame Rechengeschwindigkeit ist als Erklärung für das von der Klägerin bei ihren Untersuchungen beobachtete Ergebnis deshalb plausibel, weil das Klagepatent selbst bei der Beschreibung des bevorzugten Ausführungsbeispiels vorgibt, bei der schnellen Folge von Impulsen einen gewissen zeitlichen Abstand zwischen den Impulsen in Abhängigkeit vom Abklingverhalten des Impulses zu lassen. So werde ermöglicht, dass sich der Verstärker der Steuereinheit zwischen den Impulsen wieder zurückstellen könne, wenn der zweite Impuls erst 1 ms nach dem ersten eintreffe (vgl. Abschnitt [0031] der Klagepatentschrift). Die von der Klägerin beobachtete, nicht empfangsbereitete Zeitspanne von etwa 2 ms nach Eintreffen einer ersten (positiven oder negativen) Impulsflanke in das Sensorsystem bewegt sich im Rahmen dieser Größenordnung. Sie ist vor dem Hintergrund der in der Klagepatentschrift beschriebenen Technologie ein Hinweis darauf, dass das Sensorsystem magnetische Felder in dem betreffenden Zeitintervall nicht verarbeiten kann, nicht darauf, dass es sie im Ergebnis einer Synchronisation einstellungsgemäß nicht erfasst und weiterverarbeitet.

b)
Die Beklagte hat schließlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch überzeugend und alleine unter Verwendung der von der Klägerin in Anlage K 20 in den Rechtsstreit eingeführten Untersuchungsergebnisse erläutert, dass die angegriffenen Ausführungsformen erfassungsbereite, synchronisierte Zeitintervalle im Sinne von Merkmal 8 nicht generieren. Insoweit haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten anhand des von der Klägerin durchgeführten und in Abbildung 8 unter Ziffer 4.3 und Abbildung 11 unter Ziffer 4.6 der gutachterlichen Stellungnahme gemäß Anlage K 20 illustrierten Versuchs erklärt, dass ein negativer Störimpuls, dessen erste Flanke zwischen 11.2ms und 12.7ms nach dem positiven Impuls auftritt und so innerhalb eines Zeitfensters von etwa 2,0 ms vor einer ersten Flanke eines weiteren positiven Originalpulses detektiert wird, dazu führt, dass der nachfolgende positive Puls durch den Roboter ignoriert wird. Der von der Klägerin beauftragte Gutachter fasst das unter Zuhilfenahme der genannten Abbildungen nur in zeitlicher Hinsicht verdeutlichte Versuchsergebnis dahingehend zusammen, dass der untersuchte Roboter nicht anfuhr und als Fehlermeldung „Outside Working Area“ ausgab. Bei einem Start mit dem Originalsignal und einem erst späteren Zuschalten der negativen Pulse habe der Roboter augenblicklich sein normales Verhalten beendet und genauso reagiert wie auf ein komplettes Abschalten des Signals: indem er sich selbst abschaltete.

Auch diese Beobachtung steht einer tatrichterlichen Feststellung, dass durch die angegriffenen Systeme eine Synchronisierung anhand der Eigenschaften der ersten, positiven Originalpulse stattfindet, entgegen. Denn wäre dies der Fall, müsste das Sensorsystem der angegriffenen Ausführungsform entsprechend der erfolgten zeitlichen Abstimmung jedenfalls in der Lage sein, auch den nachfolgenden positiven Originalpuls zu empfangen und zu verarbeiten, ohne dass das gesendete negative Störsignal dies verhindern kann. Dass dies tatsächlich nicht der Fall sein soll und das Senden eines Störsignals innerhalb eines Zeitfensters in der Größenordnung von 2 ms vor dem nächsten charakteristischen Stromimpuls dazu führt, dass dieser nicht empfangen wird, spricht entscheidend dafür, dass die bei den angegriffenen Ausführungsformen beobachteten, nicht empfangsbereiten Zeitintervalle alleine auf einer Limitierung der Signalverarbeitungsgeschwindigkeit beruhen und eine Synchronisierung gemäß Merkmal 8 nicht stattfindet.

3.
Der Klägerin musste eine Schriftsatzfrist auf den Schriftsatz der Beklagten vom 29.05.2013 nicht nachgelassen werden, weil die Kammer sich bei ihren Feststellungen nicht auf streitigeTatsachen gestützt hat, die von der Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 29.05.2013 in den Rechtsstreit eingeführt wurden.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Hs) ZPO.

Das Urteil ist gemäß §§ 709 S. 1 und 2, 108 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.