Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. April 2013, Az. 4a O 193/12
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsklägerin auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aus diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Verfügungsklägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents 1 149 XXX B1 (nachfolgend: Verfügungspatent). Das Verfügungspatent ist eine Teilanmeldung zu dem europäischen Patent 0 918 XXX, das am 11.08.1997 von der A AG unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 12.08.1996 (DE 196 33 XXX) angemeldet wurde. Die Offenlegung des Verfügungspatents, das den Anmeldetag der Stammanmeldung in Anspruch nimmt, erfolgte am 31.10.2001. Der Hinweis auf die Erteilung des Verfügungspatents wurde am 07.01.2009 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft.
Gegen die Erteilung des Verfügungspatents wurde seitens der B C s.r.l. (Italien), der D E F, S.A. (Spanien) und der G H Industries Ltd. Einspruch eingelegt. Nach mündlicher Verhandlung am 17.10.2012 verwies die Beschwerdekammer die Angelegenheit in die erste Instanz mit der Maßgabe zurück, das Patent in geändertem Umfang aufrecht zu erhalten. Zuvor hatte die Verfügungsklägerin das Verfügungspatent auf einen verbleibenden Anspruch eingeschränkt. Die Änderungen zum ursprünglich erteilten Patent bestehen in der Streichung der Ansprüche 1 und 3, einer Klarstellung von Anspruch 2 und mehreren Streichungen in der Beschreibung. Wegen der Einzelheiten der Entscheidung wird auf die Anlagen ASt 4 und AG 10 verwiesen.
Das in deutscher Sprache erteilte Verfügungspatent bezieht sich auf Drospirenon mit weniger als 0,2 % Verunreinigung. Der von der Verfügungsklägerin geltend gemachte Patentanspruch des Verfügungspatents lautet:
„Verfahren zur Herstellung von Drospirenon (6β, 7β, 15β, 16β-dimethylene-3-oxo-17α-pregn-4-ene-21,17-carbolactone, M) durch Wasserabspaltung aus 6β, 7β, 15β, 16β-dimethylen-5β-hydroxy-3-oxo-17α-androstan-21,17-carbolacton durch Zugabe von p-Toluolsulfonsäure zu 6β, 7β, 15β, 16β-dimethylen-5β-hydroxy-3-oxo-17α-androstan-21,17-carbolacton.“
Nachfolgend abgebildet sind die chemischen Strukturformeln von 6β, 7β, 15β, 16β-dimethylen-5β-hydroxy-3-oxo-17α-androstan-21,17-carbolacton (kurz: 5β-OH-M)
und dem durch Wasserabspaltung gewonnenen Dospirenon (kurz: M).
Die Verfügungsklägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen. Einer ihrer Haupt-Geschäftsbereiche ist die Frauengesundheit, wobei insbesondere Pro-dukten zur Empfängnisverhütung, sogenannten Kontrazeptiva, große Bedeu-tung zukommt. Ihre auf einer Kombination der Wirkstoffe Ethinylestradiol und Drospirenon (nachfolgend: M) beruhenden Produkte „I®“, „J®“ und „Ielle®“ sind erfolgreich am Markt etabliert.
Die Verfügungsbeklagte ist ein Unternehmen des israelischen Pharmakonzerns G. Sie vertreibt orale Kontrazeptiva. Unter anderem verfügt sie in der Bundesrepublik Deutschland über die Marktzulassung für die Kontrazeptiva mit der Bezeichnung „K“ und „L“ (angegriffene Ausführungsformen). Ersteres enthält als arzneilich wirksame Bestandteile 3 mg Drospirenon und 0,02 mg Ethinylestradiol, letzteres 3 mg Drospirenon und 0,03 mg Ethinylestradiol.
Das in den angegriffenen Ausführungsformen verwendete Drospirenon wird von der Verfügungsbeklagten bei dem italienischen Unternehmen B C s.r.l. bezogen.
B C s.r.l. stellt das Drospirenon nach einem Verfahren her, bei dem Dimethylenpropanol in Gegenwart von 2, 2, 6, 6-Tetramethylpiperidine-N-oxid (TEM-PO) oxidiert. Dadurch entsteht 5β-OH-M. In einem zweiten Schritt wird Pyridin mit Wasser zu 5-β-OH-M hinzugefügt, um M zu gewinnen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Herstellungsverfahrens wird auf das Anlagenkonvolut ASt 8 Bezug genommen.
Die Verfügungsklägerin meint, es handele sich bei den angegriffenen Ausführungsformen um unmittelbare Verfahrenserzeugnisse des durch das Verfügungspatent beanspruchten Verfahrens. Bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen würden alle Merkmale des beanspruchten Verfahrens bis auf das Erfordernis der Zugabe von p-Toluolsulfonsäure („p-TSA“) wortsinngemäß verwirklicht. Bei der Verwendung von Pyridin/Wasser statt p-TSA handele es sich jedoch um ein äquivalentes Mittel.
Das Verfügungspatent eröffne einen neuen Herstellungsweg für Drospirenon. Diesem liege die Überlegung zugrunde, dass die Gewinnung von Drospirenon in zwei Schritten statt in einem möglich sei: der Gewinnung von 5β-OH-M durch Oxidation in Gegenwart von Rutheniumsalz oder TEMPO oder anderweitig (Schritt 1) und der anschließenden Abspaltung von Wasser aus 5β-OH-M, um zu M zu gelangen (Schritt 2). Aufgrund der zeitlichen Trennung von Oxidation und Wasserabspaltung sei es möglich, die Säureeinwirkung und daraus resultierende Wassereliminierung am entstehenden 5-β-OH-M während der Oxidation zu vermeiden. Der zweite Schritt des Verfahrens, die Wasserabspaltung bei Synthese von Drospirenon werde durch das Verfügungspatent beansprucht. Dabei benenne der geltend gemachte Anspruch des Verfügungspatents zwar p-TSA als Mittel für die Wassereliminierung. Die Wahl gerade dieses Mittels für die Abspaltung stelle aber nicht den maßgeblichen Gegenstand der Erfindung dar. Mit dem von O eingesetzten Austauschmittel Pyridin/Wasser werde die Wirkung erzielt, die Gegenstand des Verfügungspatents sei, nämlich die zeitlich auf die Oxidation folgende Abspaltung von Wasser zu erreichen.
Pyridin/Wasser sei als Mittel zur Eliminierung von Wasser für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt auch ohne Weiteres als gleichwirkend auffindbar gewesen. Dass eine Wassereliminierung an einem β-Hydroxy-Keton wie 5β-OH-M zur entsprechenden α,β-ungesättigten Kette (Drospirenon) sowohl unter sauren als auch unter basischen Bedingungen möglich ist, sei allgemeines Fachwissen. Der Fachmann würde beide Optionen, saure und basische Bedingungen, als Mittel zur Wasserabspaltung in Betracht ziehen. Dass der Fachmann Pyridin/Wasser zur Dehydrierung von 5-β-OH-M zu M im Prioritätszeitpunkt mit Hilfe seines allgemeinen Fachwissens ohne Weiteres als erkennbar gleichwirkend habe auffinden können, dränge sich im Übrigen aus der in der Patentschrift zitierten Literatur zum Stand der Technik der M-Synthese auf. Dem US Patent 4,414,985 wie dem Europäischen Patent 0 075 189 könne der Fachmann entnehmen, dass die Umsetzung des vorliegend ebenfalls zugrunde liegenden ZK 92836 mit Chrom(Vl)oxid in einem Pyridin/Wasser-Gemisch bei 50°C Drospirenon liefere. Daher habe es sich angeboten Pyridin/Wasser auch im Rahmen des zweiten Schritts der im Patent beschriebenen zweischrittigen Synthese zu testen.
Schließlich habe der Fachmann den Einsatz von Pyridin/Wasser auf der Basis des Sinngehalts der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre auch als gleichwertige Lösung in Betracht gezogen. Der Beitrag, den das Verfügungspatent zum Stand der Technik leiste, beschränke sich nicht auf die Auswahl von p-TSA als Mittel zur Wasserabspaltung. Vielmehr gebe das Verfügungspatent dem Fachmann auch mit, dass die Gewinnung von Drospirenon nicht mehr in einem Schritt vom Dimethylenpropanol erfolge, sondern ausgehend von 5-β-OH-M das Drospirenon synthetisiert werde. Die Wahl des konkreten Mittels zur Wasserabspaltung sei demgegenüber nicht der Kern der Erfindung des Verfügungspatents. Wichtiger sei, dass die Schlüsselreaktion der Wasserabspaltung zeitlich nach der Oxidation durchgeführt werde. Denn dadurch könnten insbesondere die Rahmenbedingungen für die Oxidation und die Wasserabspaltung unabhängig voneinander bestimmt werden. Das p-TSA sei somit lediglich ein Mittel zur Ausführung des patentgemäßen Verfahrens und die Verfügungsklägerin habe durch seine Aufnahme in den Patentanspruch keine endgültige Auswahlentscheidung getroffen. Da das Verfügungspatent auch kein Ausführungsbeispiel beinhalte, nach dem die Wasserabspaltung durch Zugabe von Pyridin/Wasser erfolgen könne, sei eine äquivalente Verletzung bei der Verwendung dieses Austauschmittels nicht nach der Diglycid-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgeschlossen. Denn der Anspruchswortlaut bleibe nicht von vornherein hinter den in der Beschreibung zur Wassereliminierung offenbarten Beispielen zurück.
Nach Auffassung der Verfügungsklägerin ist die Angelegenheit in zeitlicher Hinsicht dringlich. Sie habe erstmalig am 19.11.2012 durch ein Schreiben der Verfügungsbeklagten genaue Kenntnis des Herstellungsverfahrens für das bei den angegriffenen Ausführungsformen eingesetzte Drospirenon erhalten. Sie habe daraufhin das Vorliegen eines Verletzungstatbestandes durch ihre Rechts- und Patentanwälte sowie durch einen eingeschalteten Gutachter prüfen lassen. Letzteres habe zu einer gutachterlichen Stellungnahme vom 11.12.2012 geführt. Vor dem 19.11.2012 habe die Verfügungsklägerin über keine hinreichenden Beweismittel, die ein auf das Verfügungspatent gestütztes gerichtliches Vorgehen gegen die Verfügungsbeklagte gerechtfertigt hätten, verfügt. Auch wenn die angegriffenen Ausführungsformen seit Ende September 2012 in Verkehr gebracht worden seien und die Verfügungsklägerin davon Ende September/Anfang Oktober 2012 Kenntnis erlangt habe, hätten ihr jedoch noch genaue Kenntnisse über das für das Drospirenon angewandte Herstellungsverfahren gefehlt.
Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Produkteinführung durch die Verfü-gungsbeklagten wenige Wochen vor der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde gegen das Verfügungspatent erfolgt sei. Nachdem die Verfügungsklägerin Anfang Oktober 2012 keine gesicherten Erkenntnisse über das genaue Verfahren der Herstellung von M habe gewinnen können, habe sie zunächst das Rechtsbestandsverfahren vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes durchlaufen, bevor in der Folgezeit weitere Schritte erfolgt seien. Nachdem die Beschwerdekamer Unteranspruch 2 des Patents mit einer Klarstellung am 17.10.2012 bestätigt habe, habe die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte – unstreitig – mit Schreiben vom 26.10.2012 abgemahnt.
Mit Schreiben vom 02.11.2012 habe die Verfügungsbeklagte daraufhin mitgeteilt, dass ihre Produkte „N“ und „L“ nicht nach dem Verfahren, das Gegenstand eines Urteils der Kammer in einem Parallelverfahren gewesen sei (Az. 4a O 49/12), hergestellt würden. Wenige Tage später habe die Verfügungsbeklagte über ein bei einem Schwesterunternehmen am 05.11.2012 eingegangenes Schreiben Kenntnis des neuen Herstellungsverfahrens von Drospirenon bei O erhalten. Dass dieses Verfahren auch bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen zum Einsatz komme, habe die Verfügungsbeklagte auf Nachfrage mit Schreiben vom 19.11.2012 bestätigt.
Mit Schriftsatz vom 12.12.2012 hat die Verfügungsklägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
I. der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu insgesamt 2 Jahren, zu untersagen,
Arzneimittel mit Drospirenon 6β, 7β; 15β, 16β-Dimethylene-3-oxo-17a-pregn-4-ene-21,17-carbolacton, M, unmittelbar hergestellt durch Wasserabspaltung aus 6β, 7β; 15β, 16β-dimethylen-5 β-hydroxy-3-oxo-17α-androstan-21‚ 17-carbolacton durch Zugabe von Pyridin und Wasser zu 6β, 7β; 15β, 16β-dimethylen-5 β-hydroxy-3-oxo-17α-androstan-21‚ 17-carbolacton
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
II. der Verfügungsbeklagten aufzugeben, sämtliche in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, in Ziffer I. beschriebenen Erzeugnisse auf ihre Kosten zum Zweck der Verwahrung an einen von der Antragstellerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszugeben, wobei die Verwahrung andauert, bis über das Bestehen eines Vernichtungsanspruchs zwischen den Parteien rechtskräftig entschieden oder eine einvernehmliche Regelung herbeigeführt worden ist.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen;
hilfsweise:
die Beibringung einer Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Streitwerts der einstweiligen Verfügung anzuordnen.
Sie meint, es fehle sowohl an der Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruchs, als auch eines Verfügungsgrundes.
Da die angegriffenen Ausführungsformen aus einer Kombination der beiden Wirkstoffe Drospirenon und Ethinylestradiol bestehen würden, handele es sich bereits aus diesem Grund um keine unmittelbaren Verfahrenserzeugnisse des beanspruchten Verfahrens. Die angegriffenen Ausführungsformen hätten als Kombinationsprodukte notwendigerweise andere charakteristische Eigenschaften als Drospirenon.
Zudem falle ein Gemisch aus 5-β-OH-M und Drospirenon nicht in den Schutzbereich des Verfügungspatents. Das Verfügungspatent grenze sich von einem Stand der Technik ab, bei dem die Wassereliminierung bei einem Stoffgemisch aus 5-β-OH-M und Drospirenon vorgenommen worden sei. Vor diesem Hintergrund müsse patentgemäß zunächst Dimethylenpropanol (ZK 92836) vollständig in 5-β-OH-M (ZK 90965) umgesetzt werden. Erst anschließend solle in einem separaten Reaktionsschritt 5-β-OH-M zu M weiterreagieren. Demgegenüber erfolge bei der Herstellung der Drospirenon-Komponente der angegriffenen Ausführungsformen keine eindeutige Separierung des Oxidationsschritts zum Erhalt von reinem 5-β-OH-M und anschließender Wasserabspaltung zum Erhalt von Drospirenon. Vielmehr würden bei Analyse des nach dem Oxidationsschritt erhaltenen Zwischenproduktes bereits erhebliche Anteile von Drospirenon gefunden (18,8 Prozent). Dieses Gemisch werde im weiteren Verlauf des Verfahrens einer Eliminierungsreaktion unterworfen.
Zudem handele es sich bei dem Einsatz von Pyridin/Wasser auch um kein gegenüber dem beanspruchten p-TSA äquivalentes Mittel, da es insoweit sowohl an der Gleichwirkung, als auch am Naheliegen und der Gleichwertigkeit fehle.
Äußerst hilfsweise scheitere eine Inanspruchnahme der Verfügungsbeklagten daran, dass diese sich mit Blick auf das in den angegriffenen Ausführungsformen verwendete Drospirenon auf den Formstein-Einwand berufen könnten. Denn dieses werde nach einem Verfahren hergestellt, das eine freie, nicht-erfinderische Alternative zum Stand der Technik darstelle, wie er in dem Dokument US 4,416,895 (Anlage AG 5) und in einem Aufsatz von Bittler u.a. (Anlage AG 18) offenbart werde.
Die Verfügungsklägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Par-teien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat in der Sache keinen Erfolg.
Es kann dahinstehen, ob die Verfügungsklägerin das Vorliegen eines Verfü-gungsgrundes glaubhaft gemacht hat. Jedenfalls fehlt es an der Glaubhaft-machung eines Verfügungsanspruchs. Da das bei den angegriffenen Ausfüh-rungsformen eingesetzte Drospirenon nach einem Verfahren hergestellt wird, das von der Lehre des Verfügungspatents weder wortsinngemäß, noch mit äquivalenten Mitteln Gebrauch macht, stehen der Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Sequestration aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG nicht zu.
I.
Das Verfügungspatent schützt ein Verfahren zur Herstellung von Drospirenon.
In der Beschreibung des Verfügungspatents wird ausgeführt, Drospirenon sei als steroidaler Wirkstoff seit längerem bekannt – etwa aus der DE 26 52 761 C2 und der DE 30 22 337 A1. Die Durchführung der letzten vier Schritte zu der Herstellung von Drospirenon erfolge im Eintopfverfahren. Das heißt, nach der Hydrierung von Dimethylenpropinol werde keine der durchlaufenen Zwischenstufen Dimethylenpropanol oder 5β-OH-M isoliert (Abs. [0001] und [0002]; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Verfügungspatentschrift, Anlage ASt 4).
Im Stand der Technik – bspw. Angew. Chemie, 21, 9 (1982), S. 696-697 – sei eine analoge Synthese von Drospirenon bekannt, die jedoch unter Anwendung einer Pyridiniumdichromat-Oxidation erfolge. Ähnliche Synthesen zur Herstellung von steroidalen 17, 21-Carbolactonen seien auch in der EP-A-0 075 189 und der EP-A-0 051 143 beschrieben, allerdings unter Beteiligung mikrobiologischer Reaktionen. Oxidationen unter Beteiligung von Rutheniumverbindungen seien nicht offenbart (Abs. [0003]).
In der Verfügungspatentschrift wird der Reaktionsablauf der unter Mitwirkung von Pyridiniumchromat-Oxidation ablaufenden Synthese anhand des nachstehenden Reaktionsschemas erläutert (sogenanntes „altes Betriebsverfahren“):
Demnach werde das Dimethylenpropinol in THF mit Wasserstoff an Palladium-Kohle zum Dimethylenpropanol hydriert. Die erhaltene Hydrierlösung werde dann ohne Isolierung und Zwischenaufbereitung zum Drospirenon umgesetzt. Dafür werde zuerst ein Lösungsmittelwechsel von THF zu DMF vollzogen und anschließend das Propanol bei 40° C mit einem Überschuss von 3,7 Äquivalenten Pyridiniumdichromat (PDC) zu einem Gemisch von Drospirenon und 5β-OH-M oxidiert. Die 5-β-OH-Funktion im Oxidationsprodukt sei labil gegenüber Säuren, Lewissäuren und basischen Bedingungen bei erhöhten Temperaturen, da in allen Fällen mit der Ausbildung des Δ-4,5-ungesättigten Ketons im Drospirenon ein thermodynamisch stabileres Produkt erhalten werde. Die Eliminierung der β-OH-Funktion im 5β-OH-M verlaufe zum thermodynamisch stabileren Dospirenon und könne nicht unterdrückt werden. Die Mischung enthalte in der Regel wechselnde Anteile der beiden Komponenten, wobei das 5β-OH-M im Allgemeinen als Hauptkomponente im Verhältnis von 2-3:1 vorliege. In der letzten Stufe der Eintopfsequenz werde das Zweikomponenten-Gemisch durch Zugabe von halbkonzentrierter Salzsäure in das Drospirenon, roh überführt. Im Mittel aller Betriebsansätze werde ausgehend vom Dimethylenpropinol eine theoretische Ausbeute von 56 % Drospirenon, roh in einer HPLC-Reinheit von 98,9 % erzielt (Abs. [0004] bis [0008]).
Vor diesem Hintergrund liegt dem Verfügungspatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, ein neues Herstellungsverfahren für Drospirenon bereitzustellen (Abs. [0009]).
Dieses soll entsprechend dem Verfügungspatentanspruch erfolgen, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:
1. Verfahren zur Herstellung von Drospirenon (6β, 7β, 15β, 16β-dimethylen-3-oxo-17a-pregn-4-ene-21,17-carbolacton, M),
2. durch Wasserabspaltung aus 6β, 7β, 15β, 16β-dimethylen-5β-hydroxy-3-oxo-17α-androstan-21,17-carbolacton
3. durch Zugabe von p-Toluolsulfonsäure,
4. zu 6β, 7β, 15β, 16β-dimethylen-5β-hydroxy-3-oxo-17α-androstan-21,17-carbolacton.
Den Gegenstand des Patentanspruchs bildet somit ein Verfahren zur Herstellung von Drospirenon. Dieses umfasst einen einzigen Verfahrensschritt, der in der Wasserabspaltung aus 5β-OH-M durch die Zugabe von p-Toluolsulfonsäure besteht.
Ausgehend von dem im Verfügungspatent dargestellten Stand der Technik wird in der (geänderten) Verfügungspatentschrift als Aufgabe der Erfindung allein die Bereitstellung eines neuen Herstellungsverfahrens für Drospirenon formuliert (Abs. [0009]). Dass das neue Verfahren selektiver, einfacher in der Durchführung und umweltfreundlicher sein muss, findet sich in der durch die Verfügungsklägerin eingeschränkten Fassung der Verfügungspatentschrift nicht mehr (vgl. Abs. [0009]).
Der Fachmann erkennt insoweit, dass der mit dem Verfügungspatentanspruch gesondert unter Schutz gestellte Schritt der Wasserabspaltung vom 5β-OH-M durch Zugabe von p-TSA ohne weiteres zur Lösung dieser in der Verfügungspatentschrift formulierten Aufgabe beiträgt, weil er sich von dem im Stand der Technik bekannten Verfahren unterscheidet. Das alte Betriebsverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass es sich um ein Eintopfverfahren handelt, bei dem über einen längeren Zeitraum mehrere Reaktionen neben- und nacheinander – teilweise auch ungeordnet – ablaufen. Dazu gehört insbesondere auch der Einsatz von Pyridiniumdichromat zur Oxidation von Dimethylenpropanol. Bei Pyridiniumchromat handelt es sich um eine Säure, die das Propanol zu 5β-OH-M oxidiert. Zugleich führt sie aber auch zur Bildung von Drospirenon durch Wasserabspaltung von dem soeben gebildeten 5β-OH-M. Im Eintopfverfahren nach dem alten Betriebsverfahren setzt der Säureangriff also bereits auf der Stufe des Dimethylenpropanols an, wo er zu einem Gemisch von 5β-OH-M und Drospirenon führt. Das erfindungsgemäße Verfahren setzt im Gegensatz hierzu für die Herstellung von Drospirenon nicht bei der Hydrierung von Dimethylenpropinol oder bei der Oxidation von Dimethylenpropanol an, sondern beim Ausgangsprodukt 5β-OH-M und ist allein auf den Schritt der Wasserabspaltung von dieser Verbindung beschränkt.
II.
Dies vorausgeschickt wird das beanspruchte Verfahren bei der Herstellung des in den angegriffenen Ausführungsformen eingesetzten Drospirenon weder wortsinngemäß, noch mit äquivalenten Mitteln verwirklicht.
Davon, dass es mangels Verwendung von p-TSA an einer wortsinngemäßen Verwirklichung der durch das Verfügungspatent beanspruchten technischen Lehre fehlt, geht zurecht auch die Verfügungsklägerin aus, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf. Entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin fehlt es damit jedoch nicht nur an der wortsinngemäßen Verwirklichung dieses Merkmals. Vielmehr ist dieses Merkmal auch nicht mit äquivalenten Mitteln verwirklicht.
1.
Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform nur dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abge-wandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im Wesentlichen gleichwirkend aufzufinden, wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fach-mann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (vgl. BGH GRUR 2002, 511 ff. – Kunststoffhohlprofil; BGH GRUR 2002, 515, 518 – Schneidmesser I; GRUR 2002, 519, 521 – Schneidmesser II; GRUR 2002, 527, 528 f. – Custodiol II; GRUR 2007, 410, 415 f. – Kettenradanordnung; GRUR 2007, 959, 961 – Pumpeinrichtung; GRUR 2007, 1059, 1063 – Zerfallzeitmessgerät). Die Einbeziehung einer vom Wortsinn des Patentan-spruchs abweichenden Ausführungsform in den Schutzbereich eines Patents setzt danach dreierlei voraus:
1. Das der Erfindung zu Grunde liegende Problem muss mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln gelöst werden (Gleichwirkung).
2. Seine Fachkenntnisse müssen den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden (Naheliegen).
3. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit).
Bei der Diskussion der Äquivalenz ist dabei auf den Gesamtzusammenhang der durch den Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre abzustellen. Eine Erforschung des Inhalts einzelner Merkmale kann demgegenüber nur dazu dienen, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruchs als Einheit zu ermitteln (BGH GRUR 2006, 313, 315 – Baumscheibenabdeckung; BGH GRUR 2007, 959, 961 – Pumpeinrichtung).
2.
Es mag sein, dass der Fachmann dank seines Fachwissens und gestützt auf den Stand der Technik grundsätzlich in der Lage war, anstelle der bean-spruchten p-Tuluolsulfonsäure auch eine Base wie Pyridin/Wasser zu verwenden. Hierfür findet er jedoch – was Voraussetzung für die erforderliche Gleichwertigkeit wäre – weder einen Anhaltspunkt im vorliegend interessierenden Patentanspruch, noch in der Patentbeschreibung.
Entgegen der durch die Verfügungsklägerin geäußerten Auffassung lässt sich der Kern der Erfindung nicht darauf reduzieren, das Verfügungspatent gebe dem Fachmann die technische Lehre an die Hand, dass die Gewinnung von Drospirenon nicht mehr in einem Schritt von Dimethylenpropanol erfolge, sondern erst in einem zweiten Schritt ausgehend von 5-β-OH-Drospirenon das Drospirenon synthetisiert werde, das in einem vorangegangenen Schritt gewonnen worden sei. Bei der zeitlichen Trennung von Oxidation und Wasserabspaltung handelt es sich um einen wesentlichen Aspekt der der Stammanmeldung des Verfügungspatents zugrunde liegenden Erfindung (vgl. Anlage ASt 4, Abschnitt [0010] bis [0011]). Diesen nimmt das Verfügungspatent in Bezug, weil er den der Erfindung des Verfügungspatents zugrunde liegenden technischen Hintergrund bildet. Allerdings erkennt der Fachmann bereits aus der Formulierung des Patentanspruchs, dass dies nicht Gegenstand des Verfügungspatents sein kann. Vielmehr betrifft das Verfügungspatent nur den letzen Schritt der Gewinnung von Drospirenon durch Wasserabspaltung aus 5-β-OH-Drospirenon, wobei es ihm wesentlich darauf ankommt, hierfür einen bestimmten Stoff, nämlich p-TSA festzulegen. Die zeitliche Trennung von Oxidation und anschließender Wasserabspaltung spielt demgegenüber keine unmittelbare Rolle. Käme es für eine Verwirklichung der technischen Lehre des Verfügungspatents allein darauf an, die im Stand der Technik bekannten Verfahren, bei denen Oxidation und Wasserabspaltung zeitlich nebeneinander abliefen, in ein zweistufiges Verfahren zu überführen, hätte es der Benennung eines bestimmten Reagenz für die beanspruchte zweite Stufe nicht bedurft.
Eine Einordnung des im Patentanspruch genannten p-TSA als „Platzhalter“ für sämtliche Stoffe, die eine Wasserabspaltung im Sinne der Merkmale 2 bis 4 erlauben, erscheint zudem auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit bedenklich. Denn der Patentanspruch ist eng gefasst. Er beschreibt ein konkretes Verfahren zur Herstellung von Drospirenon, bei dem die Wasserabspaltung durch p-Tuluolsulfonsäure erfolgt, so dass eine wortsinngemäße Verwirklichung des beanspruchten Verfahrens regelmäßig nur in Betracht kommen wird, wenn auch tatsächlich p-TSA zum Einsatz kommt. Ein Äquivalenzbereich, bei dem p-TSA nunmehr lediglich eine „Platzhalterfunktion“ für sämtliche, eine Wasserabspaltung ermöglichenden Katalysatoren einnimmt, würde demgegenüber zu einer extremen Ausweitung des Schutzbereichs führen, gegenüber der der eigentliche Wortsinn des Patentanspruchs in seiner Bedeutung weit zurücktritt.
Dass es für die Verwirklichung der technischen Lehre des Verfügungspatents, das gerade nicht das unstreitig als Stoff bekannte Drospirenon als Erzeugnis, sondern ein ganz spezifisches Herstellungsverfahren schützt, ganz besonders auf den Einsatz von p-TSA ankommt, bestätigt dem Fachmann auch die geänderte Beschreibung des Verfügungspatents, wo nunmehr für die Schlüsselreaktion der Erfindung auf die im Anspruch beschriebene Wassereliminierung von 5-β-OH-Drospirenon zu Drospirenon durch Zugabe von p-TSA (zurück) verwiesen wird (vgl. Abschnitt [0012]).
Dem Fachmann wird hierdurch offenbart, dass es für die Verwirklichung der technischen Lehre des Verfügungspatents maßgeblich darauf ankommt, die Gewinnung von Drospirenon aus 5-β-OH-Drospirenon, in Abgrenzung zum Stand der Technik, bei dem im Rahmen eines einstufigen Verfahrens halbkonzentrierte Salzsäure zum Überführen eines Zweikomponenten-Gemischs aus 5-β-OH-Drospirenon und Drospirenon in Drospirenon zum Einsatz kam, gerade dadurch zu ermöglichen, dass p-TSA als Säure zum Einsatz kommt.
Mit der Aufnahme dieses bestimmten Reagenz lehrt das Verfügungspatent den Fachmann nicht nur, dass für eine erfindungsgemäße Wasserabspaltung überhaupt eine Substanz (sei es eine Säure, sei es eine Base) zugegeben werden muss, die die gewünschte Reaktion hervorruft. Vielmehr gibt der Verfügungspatentanspruch die Art dieser Substanz (p-TSA) konkret vor. Mit diesem in den Patentanspruch aufgenommenen Merkmal verbindet der Fachmann zwangsläufig einen technischen Sinn. Wie die Verfügungsbeklagte zuletzt in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, handelt es sich bei p-TSA um eine pulverförmige, starke Säure, die, setzt man sie als Katalysator für eine Wasserabspaltung ein, über ein spezifisches Profil dabei zu erwartender Zwischen- und Nebenprodukten verfügt. Allein ihre Aufnahme in den Patentanspruch zeigt, dass sie für die technische Nacharbeitbarkeit der Lehre von wesentlicher Bedeutung ist. Allein darauf abzustellen, dass überhaupt eine Substanz vorhanden ist, bzw. zugeführt wird, die die Funktion der p-TSA wahrnimmt, wird dem nicht gerecht. Die durch das Verfügungspatent gelehrte Art der die Wasserabspaltung in Gang bringenden Substanz wäre in diesem Fall ohne technische Bedeutung.
Aus Gründen der Rechtssicherheit ist eine solche Bedeutung einem in den Patentanspruch aufgenommenen Merkmal auch dann zuzuweisen, wenn der Fachmann, wie vorliegend, der Patentbeschreibung einen konkreten, besonderen Vorteil in Bezug auf einen bestimmten, ausgewählten Stoff nicht entnehmen kann. In einem derartigen Fall wird er sich mangels abweichender Erkenntnisse im Zweifel eng an die Vorgabe des Patentanspruchs halten. Dies bedeutet für die vorliegende Fallgestaltung jedoch, dass der Fachmann seine Äquivalenzüberlegungen nur an der nach dem Wortlaut des Verfügungsanspruchs gelehrten Art des für die Wasserabspaltung vorgesehenen Mittels ausrichten wird. Dahingehend hat die Verfügungsklägerin jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass er die Verwendung einer flüssigen, schwachen Base wie Pyridin/Wasser statt der offenbarten, pulverförmigen starken Säure in Erwägung ziehen wird.
Entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin rechtfertigen die Entscheidungen „Okklusionsvorrichtung“ (BGH GRUR 2011, 701) und „Diglycidverbindung“ (BGH GRUR 2012, 45) keine andere Bewertung. Zwar kommt danach dann, wenn die Beschreibung eines Patents mehrere Möglichkeiten offenbart, wie eine bestimmte Wirkung erzielt werden kann, jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen wurde, eine Verletzung eines Patents mit äquivalenten Mitteln nur dann in Betracht, wenn sich die abgewandelte Lösung in ihren spezifischen Wirkungen mit der unter Schutz gestellten Lösung deckt und sich in ähnlicher Weise wie diese Lösung von der nur in der Beschreibung, nicht aber im Patentanspruch aufgezeigten Lösung unterscheidet. Dies bedeutet aber nicht, dass im Umkehrschluss dann, wenn in der Patentschrift lediglich im Anspruch und der Beschreibung ein bestimmtes Mittel genannt wird, nunmehr jedes Mittel, welches die gleiche Wirkung wie das beanspruchte Mittel (hier: Ermöglichung der Wasserabspaltung ausgehend von 5-β-OH-Drospirenon) aufweist, zugleich ein äquivalentes Mittel darstellt. Vielmehr spricht bereits die Angabe eines bestimmten Mittels dafür, dass es für eine Verwirklichung der technischen Lehre des Verfügungspatents gerade auf den Einsatz dieses Mittels ankommt. Das gilt umso mehr, wenn – wie hier – ein ganz konkretes Verfahren zur Herstellung eines bestimmten, bekannten und für sich genommen als Erzeugnis nicht schutzfähigen Stoffes beansprucht wird.
Im Rahmen der Beurteilung der Gleichwertigkeit hat die Kammer zudem zu berücksichtigen, dass es sich bei dem im Anspruch genannten p-TSA um eine chemische Verbindung handelt. Zwar ist auch im Chemie- und insbesondere im Pharmabereich eine Verwirklichung der technischen Lehre eines Patents mit äquivalenten Mitteln nicht von vornherein ausgeschlossen. Jedoch sieht sich der Fachmann nicht selten durch unterschiedliche Eigenschaften auch verwandter Stoffe und Verbindungen gehindert, einen bestimmten Stoff durch einen anderen zu ersetzen. Zu einem solchen Austausch wird er daher nur dann greifen, wenn ihn die Patentschrift deutlich darauf hinweist, dass der betreffende Ersatzstoff in seinen im Rahmen der Erfindung maßgeblichen Eigenschaften mit dem im Patentanspruch ausdrücklich genannten Stoff übereinstimmt und mögliche abweichende Eigenschaften für die unter Schutz gestellte technische Lehre keine Bedeutung haben (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.01.2012, Az. I-2 U 111/10). Dies ist hier, wo sich die gesamte Patentschrift lediglich mit dem Einsatz von p-TSA beschäftigt und sich ein Hinweis auf die Verwendung alternativer Stoffe allenfalls bei der Beschreibung des fortzubildenden Standes der Technik findet (vgl. Abschnitt [0005]), gerade nicht der Fall.
Vor diesem Hintergrund rechtfertigt auch der Umstand, dass das Schweizer Bundespatentgericht in der als Anlage ASt 23 vorgelegten Entscheidung Pyridin/Wasser als äquivalentes Mittel angesehen hat (vgl. Anlage ASt 23, S. 25), keine andere Bewertung. Denn den Ausführungen des Gerichts zur Gleichwertigkeit lässt sich nicht entnehmen, warum der Fachmann die Abwandlung bei der Gewinnung des Drospirenon für die angegriffenen Ausführungsformen gerade aufgrund einer Orientierung am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre als gegenständlich gleichwertige Lösung in Betracht zieht. Das Gericht stellt maßgeblich darauf ab, dass dem Fachmann die Verwendung von Pyridin/Wasser bereits aus dem einstufigen Verfahren nach dem Stand der Technik bekannt gewesen sei. Dieses Argument hat keinen erkennbaren Mehrwert, der über die Festellung des möglichen Naheliegens eines Austauschmittels hinausginge. Der im Verfügungspatent referierte Stand der Technik lässt sich zudem nicht mit dem Sinngehalt der diesen Stand der Technik gerade fortbildenden patentgemäßen Lösung gleichsetzen. Bei ihr wird für die Wasserabspaltung ein ganz bestimmter, technisch in einer bestimmten Weise wirkender Katalysator vorgeschlagen. Auf die für diesen typischen Wirkungen zu verzichten und ein Reagenz aus dem Stand der Technik zurückzugreifen, kann ausgehend von dem durch das Gericht zugrunde gelegten Ausgangspunkt nicht aufgefunden werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 (1. Hs) ZPO.
Das Urteil ist gemäß § 708 Nr. 6 ZPO i. V. m. §§ 711 S. 1 und 2, 108 ZPO vor-läufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 2.500.000,- EUR festgesetzt.