4a O 133/12 – Busbausatz

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2149

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 3. Dezember 2013, Az. 4a O 133/12

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents 0 688 XXX B1 (im Folgenden Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht und einer angemessenen Entschädigung dem Grunde nach in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene und mitverfügungsberechtigte Inhaberin des Klagepatents. Weitere Inhaberin des Klagepatents ist die A GmbH. Die Anmeldung des Klagepatents erfolgte unter Inanspruchnahme von Prioritäten am 16.06.1995; der Hinweis auf die Erteilung wurde am 22.04.1998 bekannt gegeben. Das Klagepatent steht in Kraft. Die Klägerin erwarb das Klagepatent vom Insolvenzverwalter der früheren Inhaberin des Klagepatents, der B Fahrzeug- und Industrieteile GmbH (im Folgenden: Gemeinschuldnerin). Ausweislich des Registerauszuges wurde die Klägerin am 27.01.2012 als Mitinhaberin des Klagepatents in die Patentrolle eingetragen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Eintragung wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Bausatz, insbesondere für Busse“. Der Patentanspruch 1, den die Klägerin vorliegend geltend macht, lautet wie folgt:

Bausatz, insbesondere für Busse, mit aus abgelängten Rohrabschnitten gleichen Durchmessers bestehenden Haltestangen (1), Handlaufstangen (3), Handlaufstützen (4) und Verbindungsstangen (5) und (6),

ersten Verbindungselementen zur bodenseitigen Befestigung der Haltestangen (1), jeweils bestehend aus einem flanschartigen Baukörper (14), der einstückig mit einem dübelartigen Zapfen (8, 80) ausgebildet ist,

zweiten Verbindungselementen zum Befestigen der Handlaufstangen (3) an den Haltestangen (1), jeweils bestehend aus einem, einen dübelartigen Zapfen (8, 80) aufweisenden Formkörper (24), der mit einem an einer Haltestange (1) festlegbaren Adapterelement (25), das mit einer rückseitigen Aushöhlung (46) den Mantel der Haltestange (1) bereichsweise umgreift, mittels eines Querbolzens zusammenfügbar ist, und zwar nach Art eines in axialer und radialer Richtung geteilten Zylinderkörpers, dessen Außendurchmesser dem der Handlaufstangen (3) und Haltestangen (1) entspricht,

dritten Verbindungselementen zum Befestigen von Verbindungsstangen (5) und (6) aneinander, jeweils bestehend aus einem einstückigen, zwei dübelartige Zapfen (8, 80) zu einem 900 Winkel miteinander vereinigenden Formkörper (35), der einen durch ein Abdeckelement (37) verschließbaren Formkörperhohlraum (36) und einen den Verbindungsstangen (5) und (6) entsprechenden Durchmesser aufweist,

wobei jeder dübelartige Zapfen (8, 80) dem Öffnungsquerschnitt der Stangen angepasst, in ein Stangenende einsetzbar und verankerbar ist und von einer Zapfenabschlusswand (15) ausgeht, die eine zentrische Durchgangsbohrung (16) zum Durchführen einer Schraube (10) und eine stufenförmige Absetzung (26) zum Abstützen des jeweiligen Stangenendes aufweist.

Nachfolgend werden aus der Klagepatentschrift stammende zeichnerische Darstellungen einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung abgebildet.

Figur 1 zeigt eine Seitenansicht von mehreren Haltestangen und damit verbundenen Handlaufstangen.

Figur 2 gibt eine Stirnansicht der Figur 1 mit zusätzlich dargestellter Handlaufstütze und Trennwand wieder sowie einem Text- und Zeichenzusatz seitens der Kammer.

Im Innenbereich eines Busses sind in Reihen nebeneinander senkrecht ausgerichtete Haltestangen (1) zwischen dem Boden (2) und einer nicht dargestellten Decke befestigt. An den Haltestangen (1) sind diese miteinander verbindende Handlaufstangen (3) in waagrechter Ausrichtung angeordnet. Hierzu gehören auch Handlaufstützen (4), Verbindungsstangen (5, 6) und Trennwände (7).

Figur 9 zeigt ein Verbindungselement in Form eines 900 – Eckstücks.
Das Verbindungselement besteht aus einem Formkörper (35), der zwei dübelartige Zapfen (8) tragende Zapfenabschlusswände (15) zu einem 900 – Winkel miteinander vereinigt.

Die Beklagte vertreibt Busse, z. B. den des Typs „C“, auch in die Bundesrepublik Deutschland. In diesen Bussen baut die Beklagte Haltestangensysteme (angegriffene Ausführungsform) ein. Nachfolgend sind einzelne Verbindungselemente von Stangen, die die Beklagte in Bussen einbaut, verkleinert abgebildet. Die Kopie der Abbildung ist der Anlage K 5 entnommen.
Busse des Typs „C“ werden unter anderem am Düsseldorfer Flughafen und bei den Berliner Verkehrsbetrieben eingesetzt.

Die Klägerin behauptet, sie habe von dem Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin im Jahr 2009 sämtliche Mitinhaberrechte an dem Klagepatent erworben; gleichzeitig seien ihr auch für die Vergangenheit Schadensersatzansprüche abgetreten worden. Sie behauptet weiter, dass die in der Anlage K 7 wiedergegebenen Fotografien ein Haltestangensystem darstellen, wie sie in einem Bus der Berliner Verkehrsbetriebe verwendet werden. Dieses Bild stamme vom 27.12.2009. Hierauf sei ein drittes Verbindungselement zu erkennen. Gleiches gelte für die zweite Abbildung der Anlage K 7. Auch die Haltesysteme in den Bussen, die am Düsseldorfer Flughafen eingebaut worden seien, zeigten ein drittes Verbindungselement zwischen Stangen, wie es sich aus der nachfolgend wiedergegebenen Fotografie, die der Anlage K 8 entnommen wurde, ergebe.

Zudem seien in Bussen der Städtischen Verkehrsbetriebe Oberhausen Verbindungselemente zwischen Stangen verwendet worden. Dies sie auf einem Foto vom 11.04.2010 zu erkennen. Gleiches ergebe sich aus einem von der Beklagten stammenden Foto, wegen dessen Inhalt auf die Anlage K 9 verwiesen wird. Die Beklage habe ebenfalls auf der IAA für Nutzfahrzeuge im September 2012 eine Bus des Typs „C“ mit einem erfindungsgemäßen Haltestangensystem ausgestellt. Dieses Haltestangensystem sei mit einem Verbindungselement ausgestattet gewesen, welches zwei Stangen miteinander verbunden habe.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.

Die Klägerin beantragt unter teilweise Änderung des Auskunftsanspruchs sowie der teilweisen Rücknahme des Unterlassungs- und Auskunftsanspruchs in Bezug auf die Verletzungshandlung des Herstellens nunmehr,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollstrecken am Vorstandsvorsitzenden der Beklagten ‚ zu unterlassen,

Bausätze, insbesondere für Busse, mit aus abgelängten Rohrabschnitten gleichen Durchmessers bestehenden Haltestangen, Handlaufstangen, Handlaufstützen und Verbindungsstangen

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,

welche erste Verbindungselemente zur bodenseitigen Befestigung der Haltestangen, jeweils bestehend aus einem flanschartigen Baukörper, der einstückig mit einem dübelartigen Zapfen ausgebildet ist,

zweiten Verbindungselementen zum Befestigen der Handlaufstangen an den Haltestangen, jeweils bestehend aus einem, einen dübelartigen Zapfen aufweisenden Formkörper, der mit einem an einer Haltestange festlegbaren Adapterelement, das mit einer rückseitigen Aushöhlung den Mantel der Haltestange bereichsweise umgreift, mittels eines Querbolzens zusammenfügbar ist, und zwar nach Art eines in axialer und radialer Richtung geteilten Zylinderkörpers, dessen Außendurchmesser dem der Handlaufstangen und Haltestangen entspricht,

dritten Verbindungselementen zum Befestigen von Verbindungsstangen aneinander, jeweils bestehend aus einem einstückigen, zwei dübelartige Zapfen zu einem 90°-Winkel miteinander vereinigenden Formkörper, der einen durch ein Abdeckelement verschließbaren Formkörperhohlraum und einen den Verbindungsstangen entsprechenden Durchmesser aufweist,

wobei jeder dübelartige Zapfen dem Öffnungsquerschnitt der Stangen angepasst, in ein Stangenende einsetzbar und verankerbar ist und von einer Zapfenabschlusswand ausgeht, die eine zentrische Durchgangsbohrung zum Durchführen einer Schraube und eine stufenförmige Absetzung zum Abstützen des jeweiligen Stangenendes aufweist;

2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte Busse mit den in I. 1. bezeichneten Bausätzen seit dem 27. Januar 1996 angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht hat oder zu den genannten Zwecken eingeführt und/oder besessen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

– wobei die Angaben zu d) von der Beklagten erst ab dem 22. Mai 1998 zu erteilen sind und

– zu den Angaben in a) bis b) Belege in Form von Rechnungskopien oder Lieferscheinen bzw. Kopien der Angebote vorzulegen sind

und

– wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II. festzustellen,

1. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sowie der A GmbH als Gesamtgläubiger für die in I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 27. Januar 1996 bis 21. Mai 1998 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sowie der A GmbH als Gesamtgläubiger allen Schaden zu ersetzen, der diesen durch die in I. 1. bezeichneten, seit dem 22. Mai 1998 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

Die Beklagte behauptet, sie habe nie Bausätze, Haltestangensysteme oder Teile hiervon als solche angeboten. Die angegriffene Ausführungsform komme nur komplett montiert in den Bussen der Beklagten vor. Die angegriffene Ausführungsform weise beim dritten Verbindungselement keine zwei dübelartigen Zapfen auf, sondern nur einen. Der Formkörper sei nicht einstückig ausgebildet und die dübelartigen Zapfen nicht „vereinigt“. Vielmehr bestünde das dritte Verbindungselement aus mehreren Teilen. An dem Formkörper sei ein separater Zapfen durch eine Schraubverbindung befestigt. Der Formkörper und der Zapfen bildeten somit keine Einheit.

Die Klägerin tritt dem entgegen. Der Fachmann verstehe „dübelartigen Zapfen“ als „Widerlager“, mit welchem die Verbindungselemente „dübelartig“ mit den Haltestangen verbunden würden. Die konkrete Ausgestaltung der Verbindung sei nicht Gegenstand des Anspruchs.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie der Feststellung der Verpflichtung zur Schadensersatzleistung und Entschädigungspflicht dem Grunde nach gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ §§ 9, 139 Abs. 1, 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB, Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜbkG nicht zu. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Klägerin die Sachbefugnis zusteht, die von ihr geltend gemachten Auskunfts- und Schadensersatzansprüche für einen Zeitraum vor dem 27.01.2012 geltend zu machen. Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.

I.
Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 einen Bausatz, insbesondere für Busse.

In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass für die Befestigung von Haltestangen, Handlaufstangen, Handlaufstützen und dgl. in Bussen bisher Verbindungselemente in Muffenform und/oder in Form von Rohrschellen eingesetzt wurden. Verbindungselemente dieser Art sind relativ voluminös und stören das optische Erscheinungsbild des der Sicherheit von Fahrgästen dienenden Haltestangensystems.

Die DD 299 XXX A5 zeigt eine Vorrichtung zur Befestigung eines insbesondere rohrförmigen Bauteils an einer Wand. Dabei ist ein Verbindungselement zur bodenseitigen Befestigung eines rohrförmigen Bauteils vorgesehen, das aus einem flanschartigen Baukörper besteht, der einstückig mit einem dübelartigen Zapfen ausgebildet ist. Der dübelartige Zapfen ist dem Öffnungsquerschnitt des rohrförmigen Bauteils angepasst und mit einer sich axial erstreckenden konischen Öffnung ausgebildet, in die mittels einer Schraube ein konisches Spannelement einziehbar ist. Eine ähnliche Vorrichtung ist in der DE 40 30 XXX A1 gezeigt, wobei es allerdings um die Verbindung von rohrförmigen Bauteilen aneinander oder um die Verbindung von rohrförmigen Bauteilen mit Bogen- oder Knotenelementen geht. Das Dokument DE 87 03 XXX U1 zeigt eine Gelenkverbindung für Rohre. Die DE 19 05 XXX A1 zeigt ein Verbindungsglied, bei dem ein mehrteiliger Formkörper zum Anschluss von Verbindungselementen hohl ausgebildet ist und bei dem die Zugangsöffnung durch ein Abdeckelement verschließbar ist.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, einen Bausatz der eingangs genannten Art zur Verfügung zu stellen, der den technischen Anforderungen genügt, mit nur wenigen Standardteilen auskommt und darüber hinaus den ästhetischen Ansprüchen gerecht wird.

Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können.

1. Bausatz, insbesondere für Busse, mit aus abgelängten Rohrabschnitten gleichen Durchmessers bestehenden Haltestangen (1), Handlaufstangen (3), Handlaufstützen (4) und Verbindungsstangen (5) und (6);

2. der Bausatz umfasst erste Verbindungselemente zur bodenseitigen Befestigung der Haltestangen (1),

a) die jeweils aus einem flanschartigen Baukörper (14) bestehen,

b) wobei der flanschartige Baukörper (14) einstückig mit einem dübelartigen Zapfen (8, 80) ausgebildet ist;

3. der Bausatz weist zweite Verbindungselemente zum Befestigen der Handlaufstangen (3) an den Haltestangen (1) auf,

a) die zweiten Verbindungselemente bestehen aus einem, einen dübelartigen Zapfen (8, 80) aufweisenden Formkörper (24),

b) der Formkörper (24) ist mit einem an einer Haltestange (1) festlegbaren Adapterelement (25) mittels eines Querbolzens zusammenfügbar,

c) das Adapterelement (25) umgreift mit einer rückseitigen Aushöhlung (46) den Mantel der Haltestange (1) bereichsweise,

d) das Zusammenfügen des Formkörpers (24) sowie des Adapterelements (25) erfolgt nach Art eines in axialer und radialer Richtung geteilten Zylinderkörpers, dessen Außendurchmesser dem der Handlaufstangen (3) und Haltestangen (1) entspricht,

4. der Bausatz weist dritte Verbindungselemente zum Befestigen von Verbindungsstangen (5) und (6) aneinander auf,

a) die Verbindungselemente bestehen jeweils aus einem einstückigen, zwei dübelartigen Zapfen (8, 80) zu einem 90°-Winkel miteinander vereinigenden Formkörper (35),

b) der Formkörper weist auf:

aa) einen durch ein Abdeckelement (37) verschließbaren Formkörperhohlraum (36),

bb) einen den Verbindungsstangen (5) und (6) entsprechenden Durchmesser;

5. jeder dübelartige Zapfen (8, 80)

a) ist dem Öffnungsquerschnitt der Stangen angepasst,

b) ist in ein Stangenende einsetzbar und verankerbar,

c) geht von einer Zapfenabschlusswand (15) aus, die aufweist

aa) eine zentrische Durchgangsbohrung (16) zum Durchführen einer Schraube (10) und

bb) eine stufenförmige Absetzung (26) zum Abstützen des jeweiligen Stangenendes.

Ein besonderer Vorteil der im Anspruch angegebenen Maßnahme wird darin gesehen, dass die Verbindungselemente dübelartig in die Enden der Haltestangen, Handlaufstangen, Handlaufstützen und Verbindungsstangen einsteckbar und hier von innen nach außen radial aufspreizbar und dabei den Blicken von Betrachtern entzogen sind. Die Erfindung ermöglicht damit den Einsatz von Verbindungselementen, deren Außendurchmesser, soweit sichtbar, dem Außendurchmesser der aus abgelängten Rohrabschnitten bestehenden Haltestangen, Handlaufstangen, Handlaufstützen und Verbindungsstangen entspricht.
II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Es lässt sich zumindest nicht feststellen, dass die Beklagte in ihren Bussen Bausätze verwendet, die Merkmal 4a verwirklichen.

1.
Merkmal 4a verlangt von seinem Wortlaut her ein Verbindungselement, welches aus einem einstückigen Formkörper (35) besteht und dabei zwei dübelartige Zapfen (8, 80) zu einem 900-Grad Winkel miteinander vereinigt.

a)
Maßgebliche Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent geschützt ist, ist gemäß Art. 69 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche. Der Formkörper besteht aus zwei dübelartigen Zapfen (8, 80), die in einem 900-Grad Winkel miteinander vereint werden. In Bezug der Anzahl der dübelartigen Zapfen ist der Wortlaut des Klagepatentanspruchs eindeutig.

b)
Dem allgemeinen Sprachverständnis nach ist ein Zapfen ein abgesetztes Ende eines Bauteils, welches dazu dient, dieses Bauteil mit einem anderen Bauteil zu verbinden. Der Fachmann erkennt, dass erfindungsgemäß der Zapfen nicht irgendwie ausgestaltet sein darf, sondern „dübelartig“. Der Begriff „dübelartig“ deutet für den Fachmann zunächst darauf hin, dass dem Zapfen die spezifische Funktion eines Dübels zukommen muss, die über eine reine Verbindungsfunktion hinausgeht.

Zwar darf die Dübelartigkeit des Zapfens nicht auf die besondere in Unteranspruch 2 genannte und in den Ausführungsbeispielen gezeigte Ausführungsform reduziert werden. Das bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass jedwede Verbindungsart mit einem Zapfen als dübelartig im Sinne der technischen Lehre des Klagepatents gelten kann. Charakteristisch für eine mit einem Dübel vergleichbare bzw. dübelartige Verbindung ist, dass das eigentliche Verbindungselement (hier der Zapfen) in ein anderes Element (z.B. ein rohrförmiges Halteelement) eingeschoben und aufgrund seiner dübelartigen Eigenschaften formschlüssig mit dem Halteelement verbunden werden kann (vgl. auch Sp. 3 Z. 56 bis Sp. 4 Z. 3). Das stimmt auch mit Merkmal 5b überein, wonach der dübelartige Zapfen räumlich körperlich so gestaltet sein muss, dass er nicht nur in das Stangenende einsetzbar ist, sondern dort auch aufgrund seiner dübelartigen Eigenschaft verankert werden kann. Die dem Zapfen nach dem Anspruch immanente Dübelartigkeit kann dies im Gegensatz zu einer bloßen Schraubverbindung aber nur dann bewirken, wenn sich der Zapfen – wie es der gewöhnlichen Funktion eines Dübels entspricht – in irgendeiner Weise, die nicht auf die mit Unteranspruch 2 unter Schutz gestellte Lehre beschränkt ist, verformen und dadurch im Halteelement festlegen lässt.

Bestätigung findet diese Auslegung in dem in Figur 13 der Klagepatentschrift (vgl. nachfolgende Abb.) gezeigten Ausführungsbeispiel gemäß Unteranspruch 8.

Ausweislich der Beschreibung (Sp. 3 Z. 56 bis Sp. 4 Z. 3) ist den Verbindungselementen der Figuren 4 bis 13 gemeinsam, dass sie zumindest einen dem Öffnungsquerschnitt der Stangen angepassten dübelartigen Zapfen aufweisen. Dies bedeutet, dass nicht jeder in der Beschreibung beschriebene und zeichnerisch wiedergegebene Zapfen gleichzeitig ein dübelartiger Zapfen entsprechend Merkmal 4 ist. Dies ist bei dem in der Figur 13 wiedergegebenen „abgesetzten Zapfen (43)“ auch nicht der Fall. Bereits sprachlich differenziert die Patentschrift als ihr eigenes Lexikon zwischen einem dübelartigen Zapfen und einem abgesetzten Zapfen. Nach Spalte 6 Zeilen 47 ff wird der abgesetzte Zapfen (43) in die topfartige Vertiefung (44) eines an der Haltestange 1 zu befestigenden Adapterelements 45 eingesetzt. Einer solchen sprachlichen Differenzierung hätte es nicht bedurft, wenn ein dübelartiger Zapfen räumlich-körperlich und technisch funktional einem abgesetzten Zapfen gleichzusetzen wäre. Vielmehr unterscheiden sich die beiden Zapfen nicht nur in räumlich-körperlicher Hinsicht, sondern auch in der Art ihrer Befestigung. Das Ende des Eckstücks (42) mit dem abgesetzten Zapfen wird mit dem Adapterelement (45) gemeinsam an der Haltestange entsprechend der Befestigungsvorrichtung der Figur 6 befestigt. Eine Verformbarkeit ist für die Verbindung zur Stange (1) nicht vorgesehen und funktional nicht erforderlich. Vielmehr entnimmt der Fachmann Unteranspruch 8, dass es sich bei dieser Gestaltung nicht um ein drittes, sondern um ein viertes Verbindungselement handelt, das zusätzlich zu den in Patentanspruch 1 vorgesehenen drei Verbindungselementen verwendet werden kann.

2.
Die Klägerin trägt vor, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche Merkmal 4a. Ihren Sachvortrag ergänzt sie durch die Vorlage von Kopien von Lichtbildern und der Vorlage von Mustern von Teilen eines Bausatzes für ein Haltesystem der Beklagten. Dies allein vermag eine Verwirklichung von Merkmal 4a nicht hinreichend konkret darzulegen.

a)
Die Beklagte hat dargelegt und in der mündlichen Verhandlung bekräftigt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform nur ein dübelartiger Zapfen zum Einsatz kommt. Ein späteres Hinzufügen eines weiteren Zapfens komme wegen der vormontierten Haltesysteme in den Bussen der Beklagten nicht in Betracht. Die Verbindung erfolge vielmehr ohne dübelartigen Zapfen unmittelbar mittels Schraube an der Wand, wie es sich aus der nachfolgend abgebildeten Fotografie, die dem Klageerwiderungsschriftsatz entnommen worden ist, ergibt:

Eine solche Ausführungsform ist nicht erfindungsgemäß, denn das Verbindungselement enthält keine zwei dübelartigen Zapfen. Dass dort ggf. entsprechend der Figur 13 der Beschreibung ein abgesetzter Zapfen zur Anwendung kommt, führt nicht dazu, dass von einem erfindungsgemäßen Bausatz auszugehen wäre.

Die Klägerin legt ferner – ausweislich der Akten – ein drittes Verbindungselement vor (Musterexemplar). Dieses weist lediglich einen dübelartigen Zapfen auf. Zwar besteht auf der Seite, auf der kein dübelartiger Zapfen angebracht ist aufgrund der Vorprägung/Bohrungen die Möglichkeit, einen solchen anzubauen, indes hat die Klägerin auch unter Vorlage der weiteren Fotografien nicht hinreichend konkret dargelegt, dass die Beklagte tatsächlich zwei dübelartige Zapfen in dem Haltestangensystem verbaut hat.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Fotografie gemäß der Anlage K 8, die sich zu Bussen am Düsseldorfer Flughafen verhält. Auch dort ist nicht zu erkennen, dass das dritte Verbindungselement, welches zwei Verbindungsstangen verbindet, über zwei dübelartige Zapfen verfügt.

b)
Aus dem Foto entsprechend der Anlage K 7, welches einen Bus der Beklagten für die Berliner Verkehrsbetriebe darstellen soll, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes.

Unabhängig davon, dass die Umstände der Erstellung der Fotografie seitens der Klägerin nicht widerspruchsfrei dargelegt worden ist, lässt die Fotografie nicht erkennen, dass ein dort verwendetes Verbindungselement über zwei dübelartige Zapfen verfügt.

c)
Dass es sich bei der Abbildung gemäß Anlage K 9 um ein Haltesystem der Beklagten in einem Bus der Städtischen Verkehrsbetriebe Oberhausen handelt, hat diese bestritten. Die Fotografie stammt nicht von einer Internetseite bzw. Katalog der Beklagten. Weiteres trägt die Klägerin nicht vor.

Auf diesem Foto ist auch nicht zu erkennen, dass Merkmal 4a verwirklicht ist. Zwar ist dort auf der linken Seite – mittig – ein Haltesystem von Stangen abgebildet, welches mehrere Stangen beinhaltet, die in einem 900 Winkel zueinander stehen. Dies besagt aber für sich noch nicht, dass das Verbindungselement zwei Verbindungsstangen miteinander verbindet und zwei dübelartige Zapfen aufweist. Auch hier kann die Verbindung der Stangen durch die Verwendung nur eines Zapfens erfolgen, wenn gleichfalls die Verbindung der anderen Seite der Verbindungsstange ohne dübelartigen Zapfen direkt an der anderen Stange befestigt ist.

d)
Im Ergebnis nichts anderes gilt für das Haltesystem, welches auf der Fotografie gemäß der Anlage K 10 wiedergegeben ist. Hier bestreitet die Beklagte, dass es sich um eine Fotografie der Beklagten handelt und ein Haltesystem eines Busses darstellt, der in der Bundesrepublik angeboten wurde. Im Übrigen gelten obige Ausführungen entsprechend.

e)
Die Beklagte hat den Vortrag der Klägerin bestritten, sie habe auf der IAA für Nutzfahrzeuge im September 2012 im dort ausgestellten Bus „C“ ein erfindungsgemäßes Haltesystem ausgestellt. Gegenteilige Feststellungen lassen sich auf Grundlage des Klägervortrags nicht treffen.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 250.000,- EUR festgesetzt. Die Ausführungen des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Streitgegenstand sind die Bausätze für Haltestangensystem, die die Beklagte in ihre Busse einbaut. Soweit die Klägerin verschiedene mögliche Bustypen der Beklagten vorgetragen hat, die einen erfindungsgemäßen Bausatz enthalten könnten, diente dies lediglich der Darlegung einer Verletzungshandlung. Insoweit bezieht sich der von der Klägerin konkretisierte Auskunftsanspruch nicht auf die von der Beklagten vertriebenen Busse allgemein. Anhaltspunkte dafür, dass der Streitwert nach dem Vortrag der Beklagten auf eine Million Euro festzusetzen sei, hat diese nicht hinreichend konkret vorgetragen.