4a O 202/07 – Elastomerkranz

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 966

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Oktober 2008, Az. 4a O 202/07

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Patents 196 00 xxx C2 (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 09.01.1996 angemeldet wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 04.06.1998 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft. Die Beklagte hat hinsichtlich des Klagepatents mit Schriftsatz vom 19.11.2007 Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben, über die noch nicht entschieden wurde.

Das Klagepatent bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines Spritzgießformteils aus elastomerem Material für eine Klauenkupplung und auf das entsprechende Formteil.

Die Klägerin macht die Patentansprüche 1 und 8 des Klagepatents geltend. Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

1. Verfahren zur Herstellung eines Spritzgießformteils aus elastomerem Material mit hochgenauen Abmessungen für eine elastische Klauenkupplung zur schwingungsdämpfenden spielfreien Kraftübertragung zwischen An- und Abtriebswellen, bestehend aus zwei kongruenten Kupplungsnaben mit ineinander fassenden Klauen zur formschlüssigen Drehmomentübertragung, zwischen welche sich das Formteil erstreckt,
gekennzeichnet durch die Arbeitsschritte:
a) Einlegen des Formteils mit Presssitz in ein kalibriertes Werkzeug,
b) Erwärmung des Werkzeugs mit dem eingelegten Formteil auf eine Grenztemperatur,
c) Halten der Grenztemperatur über einen vorbestimmten Zeitabschnitt und
d) Abkühlung des Formteils;

Der Patentanspruch 8 hat folgenden Wortlaut:

8. Formteil aus elastomerem Material zur schwingungsdämpfenden Kraftübertragung einer elastischen Klauenkupplung, hergestellt nach dem Verfahren eines der Ansprüche 1 bis 7,
gekennzeichnet durch eine plastische Verformung des Formteil-Materials unter Druck und Temperatur.

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 1 zeigt die Seitenansicht der Kupplung, zum Teil im radialen Längsschnitt. In der Figur 2 ist ein Querschnitt durch die Kupplung nach Figur 1 abgebildet und Figur 3 zeigt eine vergrößerte Einzelheit der Figur 2.

Die Beklagte stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Elastomerkränze als Bestandteil von Elastomerkupplungen, die unter der Bezeichnung „A“ angeboten werden (die Elastomerkränze werden nachfolgend als angegriffene Ausführungsform bezeichnet). Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um spielfreie und schwingungsdämpfende Elastomerkränze, die im Spritzgussverfahren hergestellt werden. Aufgrund der sich dadurch ergebenden Abweichungen vom Sollmaß werden Kalibrierungen der Formteile durchgeführt. Die Kalibrierung besteht darin, die Kränze künstlich vorzualtern. Dabei kommt auch Wärme zum Einsatz. Die nachstehenden Abbildungen zeigen Elastomerkupplungen und -kränze, wie sie von der Beklagten in einer Werbebroschüre (Anlage rop 5) angeboten werden. Außerdem sind Maßzeichnungen einer Klauenkupplung und eines Zahnkranzes wiedergegeben. Ein Muster einer angegriffenen Ausführungsform befindet sich als Anlage rop 6 bei der Akte.

Mit patentanwaltlichem Schreiben vom 03.03.2003 richtete die Klägerin, gestützt auf das Klagepatent, an die B GmbH & Co. in Österreich eine Berechtigungsanfrage. Hintergrund der Anfrage war der Umstand, dass das Unternehmen B in seinem Katalog B Neuheiten 2002 Kupplungsnaben und Wellen mit einem kalibrierten Elastomer-Stern bewarb, dessen Alterungsprozess durch Wärmebehandlung vorweggenommen wurde und der spielfrei und schwingungsdämpfend eingesetzt werden konnte. Mit patentanwaltlichem Schreiben vom 06.05.2003 wies die B GmbH & Co. die Anfrage zurück und erklärte, dass die Beklagte bereits seit 1994 eine Wärmebehandlung von Kunststoffkupplungen durchführe. Aufgrund der von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Kupplungsteile – einer Klemmnabe – und des angewandten Herstellungsverfahrens seien das Verfahren und die Vorrichtung, wie sie im Klagepatent beschrieben würden, offenkundig vorbenutzt worden. Über die Kupplungsteile habe es zwischen der Klägerin und der Beklagten 1994 und 1995 auch einen Schriftwechsel gegeben. Die Sache wurde daraufhin nicht weiter von der Klägerin verfolgt.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform sei unmittelbar durch das im Klagepatentanspruch 1 beschriebene Verfahren hergestellt worden. Es sei unbeachtlich, wenn die angegriffene Ausführungsform unter Vorspannung in die Kupplung eingesetzt werden müsse, weil durch den Klagepatentanspruch eine gewisse Vorspannung nicht ausgeschlossen werde. Es sei zu unterscheiden zwischen der im Stand der Technik angewandten Vorspannung, mit der Spielfreiheit erreicht werden solle, und der für das Einsetzen in die Klauenkupplung maßgebliche Vorspannung, die eine Frage der Fügetechnik sei und bereits deswegen erforderlich sei, weil die Zahnflanken des Kranzes mit der Kupplung zur Anlage kommen müssten.
Im Übrigen ergebe sich aus dem Prospekt der Beklagten (Anlage rop 5) und den Ausführungen zur angegriffenen Ausführungsform im Buch „Präzisionskupplungen und Gelenkwellen“ (Anlage rop 7), dass das geschützte Verfahren angewandt werde. Die von der Beklagten vorgenommene künstliche Voralterung bedeute nichts anderes, als dass das Formteil in einem kalibrierten Metallbauteil auf eine Grenztemperatur erwärmt werde und nach einem bestimmten Zeitraum wieder abkühle. Die Kalibrierung könne nur durch das Einlegen des Formteils im Presssitz in ein kalibriertes Werkzeug erfolgen. Dies sei auch aus den Einkerbungen an den Zahnflanken erkennbar. Aufgrund der vorgenommenen Kalibrierungen verfüge die angegriffene Ausführungsform über hochgenaue Abmessungen.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
a) Spritzgießformteile aus elastomerem Material mit hochgenauen Abmessungen für eine elastische Klauenkupplung zur schwingungsdämpfenden spielfreien Kraftübertragung zwischen An- und Abtriebswellen, bestehend aus zwei kongruenten Kupplungsnaben mit ineinander fassenden Klauen zur formschlüssigen Drehmomentübertragung, zwischen welche sich das Formteil erstreckt,
anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
wenn zur Herstellung der Spritzgießformteile folgendes Verfahren angewandt worden ist: Einlegen des Formteils mit Presssitz in ein kalibriertes Werkzeug, Erwärmung des Werkzeugs mit dem eingelegten Formteil auf eine Grenztemperatur, Halten der Grenztemperatur über einen vorbestimmten Zeitabschnitt und Abkühlung des Formteils;
b) Formteile aus elastomerem Material zur schwingungsdämpfenden Kraftübertragung einer elastischen Klauenkupplung, hergestellt nach dem Verfahren zu vorstehend Ziffer 1.a),
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
gekennzeichnet durch eine plastische Verformung des Formteil-Materials unter Druck und Temperatur;
2. ihr unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 04.07.1998 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den im Urteilsausspruch zu Ziffer I. 1. genannten Formteilen unmittelbar zugeordnet werden,
wobei hinsichtlich des Antrags zu lit. b) Belege in Form von Rechnungskopien vorzulegen sind und
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr (der Klägerin) allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 04.07.1998 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

III. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.380,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent anhängige Nichtigkeitsklage (BPatG, Az.: 4 NI 76/07) auszusetzen.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Verfahrensergebnis, nämlich die hochgenauen Abmessungen der Spritzgießformteile, Teil der technischen Lehre sei und den Erfindungsgegenstand einschränke. Die angegriffene Ausführungsform erreiche die Spielfreiheit jedoch nur durch die Anwendung von Materialvorspannung. Die Beklagte behauptet außerdem, dass die angegriffene Ausführungsform nicht in ein kalibriertes Werkzeug eingesetzt werde. Es würden lediglich die Oberflächen geglättet, so dass die Streuung der Maßabweichungen innerhalb einer Serie von Elastomerkränzen verringert werde.
Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, die Ansprüche seien verwirkt. Außerdem erhebt sie gegen den Schadensersatzanspruch und die darauf bezogenen Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche die Einrede der Verjährung.
Im Übrigen ist die Beklagte der Auffassung, das Klagepatent werde sich im Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht als nicht rechtsbeständig erweisen.

Wegen der Einzelheiten des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Schadensersatz dem Grunde nach aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 ZPO, §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass für die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform das durch den Klagepatentanspruch 1 geschützte Verfahren angewendet wird beziehungsweise die angegriffene Ausführungsform alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 8 verwirklicht.

I.
Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 ein Verfahren zur Herstellung eines Spritzgießformteils aus elastomerem Material für eine elastische Klauenkupplung. Gegenstand des Klagepatentanspruchs 8 ist ein Formteil aus elastomerem Material, das nach dem im Patentanspruch 1 beschriebenen Verfahren hergestellt wurde.

In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass elastische Klauenkupplungen in der Lage sind, Radial- und Winkelverlagerungen zwischen den An- und Abtriebswellen auszugleichen, und dadurch zu einer schwingungsdämpfenden Drehmomentübertragung fähig sind. Für solche elastischen Klauenkupplungen werden unter anderem Zahnkränze aus verschleißfesten, hochelastischen Werkstoffen verwendet, deren innere Dämpfung den Antrieb vor dynamischer Überbeanspruchung schützt. Üblicherweise werden diese Zahnkränze als Formteil durch Spritzgießen hergestellt. Die dabei auftretenden Herstellungstoleranzen – insbesondere im Bereich von Materialanhäufungen – sind spritztechnisch bedingt deutlich größer als Maschinenbautoleranzen für Metallbauteile. Es ergeben sich große Serienschwankungen und bei höheren Betriebstemperaturen stellen sich unter Belastung zusätzlich unerwünschte Spiele ein. In Präzisionsgetrieben wie in der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik wird jedoch eine völlig spielfreie Kraftübertragung gefordert.

In dem Gebrauchsmuster DE 85 08 805 wird vorgeschlagen, den Dämpfungszahnkranz zur Abstützung gegen radiale Kräfte mit einem Innensteg zu versehen und vorzugsweise zur Verbindung der Zähne des Zahnkranzes als vollständig verschließende, mittig angeordnete Scheibe auszubilden. Ein solcher Zahnkranz wird unter elastischer Vorspannung zwischen den Klauen angeordnet. Erst dadurch kann eine spielfreie Kraftübertragung im Bereich der elastischen Federvorspannung gewährleistet werden. Ohne eine Vorspannung des elastomeren Materials in der montierten Kupplung ist eine Spielfreiheit aufgrund der unvermeidlichen Herstellungsungenauigkeiten im Spritzgießverfahren nicht möglich. Unerwünschte radiale Verformungen treten trotz der Vorspannung nicht auf, weil der Zahnkranz durch den Steg unterhalb der Zähne gegen die Kräfte hinreichend abgestützt wird.

In der DE 38 33 976 A1 wird ein Verfahren zur Oberflächenmodifizierung von Formteilen aus Kunststoff beschrieben, bei dem unter Einschmelzung und Einebnung der mikroskopischen Oberflächen eine Glättung erreicht werden soll, um die Nacharbeitungs- und Nachlackierungsquote bei der Serienfertigung auf ein Minimum zu reduzieren. Die Klagepatentschrift beschreibt es als nachteilig, dass dieses Verfahren zur Bearbeitung von elastischen Maschinenbauteilen zur spielfreien Kraftübertragung weder vorgesehen, noch geeignet sei.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund das Problem zu Grunde, ein geeignetes Verfahren zur Herstellung eines mit hochgenauen Abmessungen versehenen Spritzformteils aus elastomerem Material für eine elastische Klauenkupplung zu schaffen, wodurch es möglich ist, die herstellungsbedingten Ungenauigkeiten zu beseitigen und eine Spielfreiheit des Formteils ohne Materialvorspannung zu erzielen.

Dies soll durch das Verfahren nach Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

1. Verfahren zur Herstellung eines Spritzgießformteils
a) aus elastomerem Material
b) mit hochgenauen Abmessungen
c) für eine elastische Klauenkupplung zur schwingungsdämpfenden spielfreien Kraftübertragung zwischen An- und Abtriebswellen, bestehend aus zwei kongruenten Kupplungsnaben mit ineinander fassenden Klauen zur formschlüssigen Drehmomentübertragung;
d) zwischen den Klauen erstreckt sich das Formteil;
2. mit den Arbeitsschritten
a) Einlegen des Formteils mit Presssitz in ein kalibriertes Werkzeug,
b) Erwärmung des Werkzeugs mit dem eingelegten Formteil auf eine Grenztemperatur,
c) Halten der Grenztemperatur über einen vorbestimmten Zeitabschnitt und
d) Abkühlung des Formteils;

Der Vorrichtungsanspruch 8 des Klagepatent lässt sich wie folgt gliedern:

1. Formteil aus elastomerem Material zur schwingungsdämpfenden Kraftübertragung einer Klauenkupplung,
2. hergestellt nach dem Verfahren eines der Ansprüche 1 bis 7,
3. gekennzeichnet durch eine plastische Verformung des Formteil-Materials unter Druck und Temperatur.

In der Klagepatentschrift wird als Vorteil beschrieben, dass sich durch die erfindungsgemäße Nachbehandlung spritztechnische Herstellungsungenauigkeiten beseitigen lassen. Die Kupplungskennlinie zeige bei höheren Betriebstemperaturen unter Belastungen Spielfreiheit. Der Traganteil des zahnkranzförmigen Formteils werde verbessert. Die dauerhafte Präzision des Formteils sei mit der von Maschinenbauteilen aus Metall vergleichbar. Ein erfindungsgemäß kalibrierter Kupplungszahnkranz eigne sich für den Einsatz bei Servomotoren, in Werkzeugmaschinen, Robotern und Automatisierungseinrichtungen, ohne dass es notwendig sei, für eine ständige Vorspannung zu sorgen.

II.
Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass für die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform das durch den Klagepatentanspruch 1 geschützte Verfahren angewandt wird. Es kann nach dem Klägervortrag nicht davon ausgegangen werden, dass die angegriffene Ausführungsform unter Verwendung eines kalibrierten Werkzeugs im Sinne des Klagepatentanspruchs hergestellt wurde (Merkmal 2a)) und hochgenaue Abmessungen aufweist (Merkmal 1b)). Ob auch die anderen Merkmale des geschützten Verfahrens verwirklicht werden, kann daher dahinstehen.

1. Der Klagepatentanspruch 1 bedarf der Auslegung, soweit zwischen den Parteien in Streit steht, ob das Verfahrensergebnis den Erfindungsgegenstand beschränkt und die hochgenauen Abmessungen Teil der unter Schutz gestellten Lehre sind, was unter „hochgenauen Abmessungen“ zu verstehen ist und wie das Einlegen des Formteils in ein kalibriertes Werkzeug erfolgt. Zur Auslegung sind gemäß § 14 PatG die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen. Dabei dient die Auslegung nicht nur zur Behebung etwaiger Unklarheiten in den Patentansprüchen, sondern auch zur Klarstellung der in den Patentansprüchen verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort beschriebenen Erfindung. Maßgeblich ist die Sicht des Fachmanns, von dessen Verständnis die Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschließlich der dort verwendeten Begriffe abhängt (BGH GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube; BGHZ 150, 149 – Schneidmesser I).

a) Nach dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 bezweckt das Verfahren die Herstellung eines Spritzgießformteils mit hochgenauen Abmessungen (Merkmal 1b)) für eine elastische Klauenkupplung zur schwingungsdämpfenden spielfreien Kraftübertragung (Merkmal 1c)). Auch wenn es sich bei diesen Merkmalen um Zweckangaben handelt, sind sie für den Erfindungsgegenstand im vorliegenden Fall nicht unbeachtlich. Vielmehr wird dieser dadurch beschränkt, dass das Verfahrensergebnis, nämlich ein Spritzgießformteil mit hochgenauen Abmessungen zur spielfreien Kraftübertragung, Teil der unter Schutz gestellten Lehre ist. Dabei bedeutet der Begriff „hochgenaue Abmessungen“, dass das Spritzgießformteil ohne Materialvorspannung in eine elastische Klauenkupplung eingesetzt werden kann.

Grundsätzlich haben Zweck-, Wirkungs- und Funktionsangaben in einem auf den Schutz eines Verfahrens gerichteten Patentanspruch – wie auch bei Vorrichtungsansprüchen – keine schutzbeschränkende Wirkung, sofern die Auslegung nichts Gegenteiliges ergibt (RGZ 85, 95, 98). Regelmäßig stellen auch Vorrichtungsmerkmale, die den Verfahrensablauf verdeutlichen, wie zum Beispiel Angaben zum Verfahrensprodukt oder Arbeitsergebnis, keine Beschränkung des Erfindungsgegenstands eines Verfahrensanspruchs dar (Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl.: § 14 Rn 48). Jedoch sind in einem Patentanspruch enthaltene Zweck-, Wirkungs- und Funktionsangaben nicht schlechthin bedeutungslos. Sie können vielmehr als Bestandteile des Patentanspruchs an dessen Aufgabe teilnehmen, den geschützten Gegenstand zu bestimmen und damit zugleich zu begrenzen, wenn sie das Merkmal, auf das sie sich beziehen, als ein solches definieren, das so ausgebildet sein muss, dass es die betreffende Funktion erfüllen kann. Diese für Vorrichtungsmerkmale vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze (vgl. BGH GRUR 2006, 923, 925 – Luftabscheider für Milchsammelanlage) können auf Verfahrensmerkmale beziehungsweise -ansprüche übertragen werden.

Im vorliegenden Fall hat die Zweckangabe „hochgenaue Abmessungen für eine spielfreie Kraftübertragung“ schutzbeschränkende Wirkung. Die Angabe findet sich nicht nur im Wortlaut des Klagepatentanspruchs, sondern die gesamte Beschreibung des Klagepatents macht deutlich, dass nicht lediglich ein Verfahren mit den Merkmalen 2a) bis d) geschützt sein soll, sondern dass dieses Verfahren auch geeignet sein soll, ein Spritzgießformteil aus elastomerem Material mit hochgenauen Abmessungen für eine spielfreie Kraftübertragung in einer Klauenkupplung entsprechend den Merkmalen 1a) bis 1d) herzustellen.

Mit der Eigenschaft hochgenauer Abmessungen für einen Elastomerkranz wird die patentgemäße technische Lehre vom Stand der Technik abgegrenzt. Dieser kannte Zahnkränze, die unter elastischer Vorspannung zwischen den Klauen der Kupplung angeordnet wurden. Erst durch die Vorspannung konnte eine spielfreie Kraftübertragung gewährleistet werden (Sp. 1 Z. 50-61). Dementsprechend wird in der Klagepatentschrift als Aufgabe formuliert, ein Verfahren zur Herstellung eines mit hochgenauen Abmessungen versehenen Spritzformteils zu schaffen, wodurch es möglich ist, die herstellungsbedingten Ungenauigkeiten zu beseitigen und eine Spielfreiheit des Formteils ohne Materialvorspannung zu erzielen (Sp. 2 Z. 2-8). Zu den mit dem erfindungsgemäßen Verfahren verbundenen Vorteilen heißt es dann, dass aufgrund der Nachbehandlung eine dauerhafte Anpassung des Formteils an die Kupplungsteile erreicht werde und die Kupplungskennlinie bei höheren Betriebstemperaturen Spielfreiheit anzeige (Sp. 2 Z. 22-26). Für den Einsatz eines Kupplungszahnkranzes bei Servomotoren, in Werkzeugmaschinen, Robotern und Automatisierungseinrichtungen ist eine Vorspannung aufgrund der erfindungsgemäßen Behandlung nicht mehr notwendig (Sp. 2 Z. 28-33).

Aus den Angaben in der Beschreibung des Klagepatents ergibt sich, dass die Erfindung gerade darauf abzielt, die für die Spielfreiheit erforderliche Materialvorspannung zu vermeiden und trotzdem eine spielfreie Kraftübertragung zu ermöglichen. Dementsprechend muss das im Klagepatentanspruch 1 beschriebene Verfahren dafür geeignet sein, Spritzgießformteile mit hochgenauen Abmessungen für elastische Klauenkupplung zur spielfreien Kraftübertragung herzustellen. Denn durch den Begriff „hochgenaue Abmessungen“ wird klargestellt, dass Materialvorspannungen zur Erreichung einer spielfreien Kraftübertragung ausgeschlossen werden sollen. Es geht der technischen Lehre nicht allein darum, durch Anwendung des Verfahrens in irgendeiner Weise Spielfreiheit zu erreichen. Dies war bereits mit den im Stand der Technik aus der DE 85 08 805 U1 bekannten Elastomerkränzen möglich, indem sie mit Übermaß hergestellt und unter Materialvorspannung zwischen die Kupplungsklauen gesetzt werden. Erst durch die Vorspannung konnte die spielfreie Kraftübertragung gewährleistet werden (Sp. 1 Z. 55-57), weil die Flächen des Zahnkranzes aufgrund des Übermaßes unmittelbar, das heißt ohne Spiel, an den Klauen der Klauenkupplung anlagen. Das Verfahren nach dem Klagepatentanspruch 1 ist hingegen darauf gerichtet, Spielfreiheit ohne Materialvorspannung zu erreichen, was im Begriff „hochgenaue Abmessungen“ deutlich wird.

b) Die Verfahrensschritte zur Herstellung eines Spritzgießformteils mit solch hochgenauen Abmessungen werden in der Merkmalsgruppe 2 beschrieben. Zunächst soll das für den Einsatz in einer elastischen Klauenkupplung vorgesehene Spritzgießformteil mit Presssitz in ein kalibriertes Werkzeug eingelegt werden. Da das Formteil nach Anwendung der Verfahrensschritte spielfrei und zugleich ohne Vorspannung in eine Klauenkupplung einsetzbar sein soll, kommt als Werkzeug nur die Klauenkupplung selbst oder eine Vorrichtung in Betracht, die genau die Abmessungen der Klauenkupplung aufweist, in die später des Formteil eingesetzt werden soll. Bereits in der Beschreibung des Klagepatents wird empfohlen, die Klauenkupplung selbst als Werkzeug zu benutzen. Gleiches sieht Unteranspruch 7 des Klagepatents vor. Dazu wird ausgeführt, dass besonders hohe Maßgenauigkeiten erzielt werden, wenn die Nachbehandlung in den für einen Einsatz vorgesehenen Kupplungsteilen durchgeführt wird und das Formteil mit diesen Kupplungsteilen zum Einsatz gelangt (Sp. 2 Z. 34-38). Im Übrigen erkennt der Fachmann mit Blick auf die Funktionsweise des weiteren Verfahrens, dass auch solche Vorrichtungen als Werkzeug dienen können, die exakt die Maße und die Form der Klauenkupplung aufweisen, in der das Formteil zum Einsatz kommen soll.

Nachdem nämlich das Formteil im Presssitz – das heißt unter Materialvorspannung – in das Werkzeug eingesetzt worden ist, wird das Werkzeug mit dem Formteil auf eine Grenztemperatur erwärmt (Merkmal 2b)) und die Temperatur über einen bestimmten Zeitabschnitt gehalten (Merkmal 2c)). Die Grenztemperatur beschreibt dabei die Temperatur, bei der das elastomere Material, aus dem das Spritzgießformteil hergestellt wurde, plastisch formbar wird (vgl. Sp. 2 Z. 66-68). Dadurch kann es sich exakt der Form des Werkzeugs anpassen, wobei es durch die Vorspannkräfte, die innerhalb des Formteils aufgrund der Vorspannung wirken, unterstützt wird. Dem Erwärmen des Formteils und dem Halten der Grenztemperatur (Merkmale 2b) und c)) folgt der Abkühlvorgang (Merkmal 2d)). Nach Durchführung dieses Verfahrens muss das Spritzgießformteil so beschaffen sein, dass es spielfrei und ohne Materialvorspannung in eine Klauenkupplung einsetzbar ist. Dementsprechend müssen auch die Verfahrensschritte so ausgeführt werden, dass sich das erfindungsgemäße Ergebnis „hochgenauer Abmessungen“ einstellt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass wie bei jedem Herstellungs- oder Bearbeitungsverfahren Fertigungsungenauigkeiten und Toleranzen entstehen. Es kann nicht erwartet werden, dass ein erfindungsgemäßer Elastomerkranz ohne das geringste Über- oder Untermaß exakt in die Klauenkupplung einsetzbar ist und es keinerlei Maßabweichungen gibt. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin geäußerten Ansicht kann der Begriff der „hochgenauen Abmessung“ jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass lediglich die Steckbarkeit der Zahnkränze verbessert werden soll, indem die Vorspannung verringert wird. Von einer Verbesserung der Steckbarkeit ist in der Klagepatentschrift an keiner Stelle die Rede. Ebenso wenig kann der Klägerin in ihrer Auffassung gefolgt werden, hochgenaue Abmessungen lägen bereits dann vor, wenn im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs kalibriert worden sei. Eine solche Auffassung würde zu dem Ergebnis führen, dass das Erfordernis hochgenauer Abmessungen (Merkmal 1b) der Beliebigkeit preisgegeben wird und der Erfindungsgegenstand allein durch die in der Merkmalsgruppe 2 angegebenen Verfahrensschritte beschrieben wird. Nach der hier vertretenen Auslegung hat die Merkmalsgruppe 1 jedoch eine schutzbeschränkende Wirkung. Das Verfahren muss geeignet sein, die Anwendung von Materialvorspannungen auszuschließen und allein durch hochgenaue Abmessungen eine spielfreie Kraftübertragung der hergestellten Zahnkränze zu erreichen. Dementsprechend führen nur solche Maßabweichungen nicht aus der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 heraus, die letztlich auf unvermeidbaren Fertigungsungenauigkeiten beruhen. Es ist – entsprechend den Vorteilsangaben in der Klagepatentschrift – eine Präzision des Formteils zu verlangen, die mit der von Maschinenbauteilen aus Metall vergleichbar ist (Sp 2 Z. 26-28). Im Umfang dieser Herstellungsungenauigkeiten ist eine elastische Vorspannung hinzunehmen.

2. Vor dem Hintergrund dieser Auslegung hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform unter Verletzung des klagepatentgemäßen Verfahrens hergestellt wird. Es ist nicht nachvollziehbar, ob die Formteile in ein kalibriertes Werkzeug eingelegt wurden und ob die angegriffene Ausführungsform nach Anwendung des Verfahrens hochgenaue Abmessungen aufweist.

a) Die Klägerin hat vorgetragen, die angegriffene Ausführungsform sei in ein kalibriertes Werkzeug eingelegt worden (Merkmal 2a)). Dies sei daran erkennbar, dass auf den beiden Flanken eines jeden Zahnes des Zahnkranzes geglättete Flächen vorhanden sind, die kopf- und fußseitig durch Einkerbungen begrenzt sind. Eine solche Oberflächengestalt lasse sich nur dadurch erklären, dass die Elastomerkränze in ein kalibriertes Werkzeug eingelegt und auf eine bestimmte Temperatur erwärmt würden. Allerdings ist der Schluss von der Oberflächengestalt der Zahnflanken auf die Verwendung eines kalibrierten Werkzeugs nicht zwingend. Die Beklagte hat insofern auch bestritten, dass ein kalibriertes Werkzeug im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs verwendet werde. Es wäre daraufhin Aufgabe der Klägerin gewesen, zur Frage des kalibrierten Werkzeugs konkret vorzutragen. Dem ist die Klägerin jedoch nicht nachgekommen. Sie stützt ihren Vortrag vielmehr allein auf die Einkerbungen im Zahnkranz und die Angaben zur angegriffenen Ausführungsform im Buch „Präzisionskupplungen und Gelenkwellen“. Das Buch gibt jedoch lediglich den Hinweis, dass Kalibrierungen durchgeführt werden und die Kalibrierung darin besteht, die Kränze künstlich vorzualtern. In welcher Weise dabei Werkzeuge zum Einsatz kommen, die selbst kalibriert sind und in die das Spritzgießformteil im Presssitz eingelegt werden kann, wird nicht dargestellt. Unklar ist vor allem, ob eingesetzte Werkzeuge die Maße und die Form der Klauenkupplung haben oder zumindest in dieser Hinsicht kalibriert sind. Letztlich ist nicht nachvollziehbar, in welcher Weise die streitgegenständlichen Zahnkränze nachgearbeitet werden.

b) Ebenso wenig hat die Klägerin dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform hochgenaue Abmessungen aufweist, also abgesehen von unvermeidbaren Fertigungsungenauigkeiten ohne Vorspannung in eine Klauenkupplung eingesetzt werden kann. Die Beklagte hat dazu ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform weise keine hochgenauen Abmessungen auf und habe gegenüber der Klauenkupplung, in die sie eingesetzt werden solle, ein Übermaß, so dass sie nur unter Materialvorspannung einsetzbar sei. Die Kalibrierung erfolge nur, damit alle Zahnkränze die gleichen Abmessungen hätten. Die Klägerin hat zum Erfordernis der hochgenauen Abmessungen nicht weiter vorgetragen. Wiederum stützt sie sich allein auf die Werbebroschüre (rop 5) und das Buch „Präzisionskupplungen und Gelenkwellen“ (rop 7). Darin heißt es jedoch ausdrücklich, „die Spielfreiheit der Kupplung ist durch die Druckvorspannung des Elastomerkranzes gewährleistet“ (Anlage Rop 5) beziehungsweise „diese [die Spielfreiheit der Elastomerkupplungen] wird durch eine Vorspannung des Elastomerkranzes, der mit geometrischem Übermaß gefertigt wird, in der Klauengeometrie gewährleistet“ (rop 7). Es ist nicht ersichtlich, dass die beim Einsetzen der Elastomerkränze vorhandene Materialvorspannung allein auf Fertigungsungenauigkeiten beruht.

c) Die Klägerin kann sich für die Darlegung einer Patentverletzung nicht auf die Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast gemäß § 139 Abs. 3 PatG berufen. Die Anwendbarkeit dieser Regelung setzt unter anderem voraus, dass es sich bei dem angegriffenen Erzeugnis um das gleiche Erzeugnis handelt, auf dessen Herstellung das patentgeschützte Verfahren gerichtet ist. Im vorliegenden Fall ist das zu verneinen, weil unklar ist, ob die angegriffene Ausführungsform die hochgenauen Abmessungen aufweist, die mit dem Verfahren nach Patentanspruch 1 erreicht werden sollen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform eine Beschaffenheit aufweist, die der eines mit dem patentgeschützten Verfahren hergestellten Erzeugnisses entspricht.

III.
Die Klägerin hat weiterhin nicht dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform alle Merkmale des Patentanspruchs 8 verwirklicht.

1. Der Patentanspruch 8 des Klagepatents ist auf den Anspruch 1 des Klagepatents rückbezogen und hat die nach dem Verfahren des Patentanspruchs 1 hergestellte Vorrichtung zum Gegenstand. Im vorliegenden Fall stellt der Rückbezug auf den Verfahrensanspruch keine Beschränkung auf solche Erzeugnisse dar, die durch das im Patentanspruch 1 beschriebene Verfahren hergestellt werden. Vielmehr wird durch den Patentanspruch 8 umfassender Erzeugnisschutz gewährt, wobei der Rückbezug auf das im Patentanspruch 1 beschriebene Verfahren nur der Beschreibung der Eigenschaften und der Gestalt des fertigen Erzeugnisses dient. Ist ein Sachanspruch zumindest teilweise nicht unmittelbar durch räumlich-körperlich oder funktional umschriebene Sachmerkmale, sondern durch ein Verfahren definiert, ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln, ob umfassender Erzeugnisschutz besteht oder ob eine Beschränkung auf die Erzeugnisse zum Ausdruck kommt, die tatsächlich mittels des Verfahrens hergestellt wurden (BGH GRUR 2001, 1129, 1033 – zipfelfreies Stahlband; Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl.: § 14 Rn 46).

Nach diesen Grundsätzen ist der Klagepatentanspruch 8 als unbeschränkter Erzeugnisanspruch auszulegen. Allein aus der Wortwahl „hergestellt nach dem Verfahren eines der Ansprüche 1 bis 7“ kann nicht gefolgert werden, dass ein beschränkter Erzeugnisschutz gewollt ist. Vielmehr ergibt sich aus der Klagepatentschrift, dass vom Gegenstand des Klagepatentanspruchs 8 alle Spritzgießformteile für elastische Klauenkupplungen erfasst werden, die spielfrei und ohne Materialvorspannung in eine Klauenkupplung eingesetzt werden können. Im Stand der Technik waren solche Formteile nicht bekannt. Entweder wiesen die Spritzgießformteile aufgrund von Herstellungsungenauigkeiten ein Spiel auf, oder sie mussten mit Materialvorspannung eingesetzt werden, um Spielfreiheit zu erreichen. Durch die Anwendung des im Klagepatentanspruch 1 beschriebenen Verfahrens lassen sich nun erstmals Spritzgießformteile für Klauenkupplungen herstellen, die weder Spiel, noch Übermaß haben und sich daher für eine spielfreie Kraftübertragung eignen. Diese Spritzgießformteile im Allgemeinen sollen durch den Klagepatentanspruch 8 geschützt werden. Durch welches Verfahren sie letztlich hergestellt werden, ist insofern unbeachtlich.

Allerdings wird auch im Fall eines umfassenden Erzeugnisschutzes das in Bezug genommene Verfahren nicht bedeutungslos. Vielmehr gehören zu den Sachmerkmalen der hierdurch bezeichnete beanspruchte Gegenstand und seine erfindungsgemäßen körperlichen oder funktionalen Eigenschaften, die sich aus der Anwendung des Verfahrens bei seiner Herstellung ergeben. Welche das sind, ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln. Maßgebend ist dabei, wie der angesprochene Fachmann die Angaben zum Herstellungsweg versteht und welche Schlussfolgerungen er hieraus für die erfindungsgemäße Beschaffenheit der auf diesem Wege herstellbaren Sache zieht (BGH GRUR 2001, 1129, 1133 – zipfelfreies Stahlband).

Im vorliegenden Fall werden durch den Verweis auf den Verfahrensanspruch im Klagepatentanspruch 8 bestimmte Anforderungen an die Beschaffenheit des Spritzgießformteils gestellt. Ein Formteil, das nach dem Verfahren des Patentanspruchs 1 hergestellt wurde, muss im Hinblick auf eine elastische Klauenkupplung hochgenaue Abmessungen aufweisen, damit es spielfrei und ohne Vorspannung in eine Klauenkupplung einsetzbar ist. Dies ist das Ziel des im Patentanspruch 1 beschriebenen Verfahrens. Das Verfahren ist darauf gerichtet, ein Spritzgießformteil thermisch so zu bearbeiten, dass es die oben genannten Eigenschaften – Spielfreiheit und Ausschluss der Materialvorspannung – aufweist. Zur näheren Begründung wird auf die Ausführungen zum Klagepatentanspruch 1 im vorherigen Abschnitt II. 1. verwiesen. Dementsprechend ist ein Spritzgießformteil für eine Klauenkupplung dann erfindungsgemäß, wenn es im Hinblick auf die Klauenkupplung spielfrei und ohne Materialvorspannung einsetzbar ist.

2. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatentanspruchs 8 keinen wortsinngemäßen Gebrauch. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform hochgenaue Abmessungen im Hinblick auf eine Klauenkupplung aufweist, die ein spielfreies Einsetzen ohne Materialvorspannung erlaubt. Zwischen den Parteien ist zwar unstreitig, dass die angegriffene Ausführungsform spielfrei in eine Klauenkupplung einsetzbar ist. Allerdings hat die Beklagte vorgetragen, dass die angegriffene Ausführungsform nicht die hochgenauen Abmessungen (Merkmal 1b) des Klagepatentanspruchs 1) aufweise, um ein Einsetzen ohne Materialvorspannung zu ermöglichen. Die durch die Voralterung vorgenommene Glättung der mikroskopischen Oberflächen erfolge nur, damit alle Zahnkränze die gleichen Abmessungen haben. Für den Einsatz der angegriffenen Ausführungsform sei eine Materialvorspannung erforderlich. Die Klägerin hat im Hinblick auf diesen Vortrag nicht dargelegt, ob und in welchem Umfang eine Vorspannung für den Einsatz der angegriffene Ausführungsform in einer Klauenkupplung erforderlich ist. Zur näheren Begründung wird auf die weiteren Ausführungen im Abschnitt II. 2. b) zum Klagepatentanspruch 1 verwiesen.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Streitwert: 200.000,00 EUR