4a O 166/07 – Beckenliftmaschine

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 849

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 1. Juli 2008, Az. 4a O 166/07

Rechtsmittelinstanz: 2 U 71/08

I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
Geräte zum Trainieren der Körpermuskulatur mit einem Gestell, einer ein Kopfende und ein Fußende aufweisenden Liegefläche für eine trainierende Person und wenigstens einem oberhalb der Liegefläche vorgesehenen und am Gestell gehaltenen Druckelement, das unter Aufwendung einer Druckkraft entgegen der vorgebbaren Widerstandskraft einer mit dem Druckelement gekoppelten Widerstandseinrichtung anhebbar ist, wobei sich das Druckelement quer über die Liegefläche erstreckt und derart angeordnet ist, dass es auf dem Rumpf einer auf der Liegefläche ruhenden Person positionierbar ist und durch Rumpfbewegungen im Wesentlichen senkrecht zur Liegefläche angehoben werden kann,
herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen ein Druckelement an einem auf einer Seite von der Liegefläche angeordneten Halteelement angebracht und in einer im Wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche erstreckenden Ebene verschwenkbar ist;
2. dem Kläger in einem vollständigen, nach Kalenderjahren geordneten und jeweils Zwischenergebnisse aufweisenden Verzeichnis Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.05.2000 begangen hat und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten unter Zuordnung zu Typenbezeichnungen,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen unter Zuordnung zu Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer unter Vorlage von Lieferscheinen und Rechnungen,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preise unter Zuordnung zu Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung unter Aufschlüsselung der Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der Domains, Schaltungszeiträume und Zugriffszahlen,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diese Angaben erst ab dem 16.05.2003 zu machen sind,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, auf ihre Kosten die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger nur einem von dem Kläger zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber dem Kläger verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie diesen ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf Anfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger oder ein bestimmter Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
1. dem Kläger für die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 12.05.2000 bis zum 15.05.2003 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,
2. dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 16.05.2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 EUR. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 0 992 xxx (Klagepatent) auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht, Rechnungslegung und Auskunft in Anspruch. Der Kläger ist eingetragener Inhaber des Klagepatents, das am 03.09.1999 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 06.10.1998 angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 12.04.2000 veröffentlicht, die Erteilung des Klagepatents am 16.04.2003. Das Klagepatent, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, steht in Kraft.

Das Klagepatent bezieht sich auf ein Gerät zum Trainieren der Körpermuskulatur. Der vom Kläger geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

1. Gerät zum Trainieren der Körpermuskulatur mit einem Gestell (1), einer ein Kopfende (3a) und ein Fußende (3b) aufweisenden Liegefläche (3) für eine trainierende Person (E) und wenigstens einem oberhalb der Liegefläche (3) vorgesehenen und am Gestell (1) gehaltenen Druckelement (7, 10), das unter Aufwendung einer Druckkraft entgegen der vorgebbaren Widerstandskraft einer mit dem Druckelement (7, 10) gekoppelten Widerstandseinrichtung (8) anhebbar ist, wobei sich das Druckelement (7, 10) quer über die Liegefläche (3) erstreckt und derart angeordnet ist, dass es auf dem Rumpf (E1) einer auf der Liegefläche (3) ruhenden Person (E) positionierbar ist und durch Rumpfbewegungen im Wesentlichen senkrecht zur Liegefläche (3) angehoben werden kann,
dadurch gekennzeichnet, dass ein Druckelement (10) an einem auf einer Seite von der Liegefläche (3) angeordneten Halteelement (9) angebracht und in einer im Wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche (3) erstreckenden Ebene verschwenkbar ist.

Wegen des Wortlauts der „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 2, 3, 7 bis 12 und 15 wird auf die als Anlage K1 vorgelegte Klagepatentschrift Bezug genommen.

Nachfolgend sind aus der Klagepatentschrift stammende Abbildungen eines patentgemäßen Ausführungsbeispiels eines Trainingsgerätes wiedergegeben. Figur 1 zeigt eine Kraftmaschine in der Seitenansicht. In der Figur 4 ist eine Übungsform dargestellt, die mit dem Gerät nach Figur 1 durchgeführt werden kann.

Die Beklagte stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik unter der Bezeichnung Beckenliftmaschine mit der Artikelnummer 03035 ein Fitnessgerät, das nachfolgend als angegriffene Ausführungsform bezeichnet wird. Die Abbildung der angegriffenen Ausführungsform aus dem Internetauftritt der Beklagten wird nachstehend gezeigt.

Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruches wortsinngemäß Gebrauch. Es ergebe sich weder aus dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs, noch aus der Beschreibung des Klagepatents, dass ein erfindungsgemäßes Trainingsgerät zwei Druckelemente aufweisen solle. Ebenso wenig sei es erforderlich, dass das Halteelement für das eine Druckelement an der Liegefläche selbst befestigt sei. Vielmehr sei es ausreichend, wenn es auf der Seite der Liegefläche angeordnet sei.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt zu entscheiden,

hilfsweise dem Kläger nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung abzuwenden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache vom Gegenstand der Erfindung keinen Gebrauch. Der Klagepatentanspruch sei so zu verstehen, dass ein erfindungsgemäßes Trainingsgerät mit zwei Druckelementen ausgestattet sein müsse. Die angegriffene Ausführungsform weise aber nur ein Druckelement auf. Dieses Druckelement sei zudem nicht an der Liegefläche, sondern an der Widerstandseinrichtung angebracht.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte im zuerkannten Umfang einen Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Schadensersatz und Entschädigung dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 9 S. 1 und 2 Nr. 1, 33 Abs. 1, 139 Abs. 1 und 2 , 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB. Die Beklagte macht mit der angegriffenen Ausführungsform von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 in unberechtigter Weise Gebrauch.

I.
Das Klagepatent schützt mit dem Patentanspruch 1 ein Gerät zum Trainieren der Körpermuskulatur. Solche Geräte, auch Kraftmaschinen genannt, waren – so die Klagepatentschrift – im Stand der Technik bekannt. Das Prinzip dieser Geräte besteht regelmäßig darin, dass die trainierende Person zur Stärkung einer bestimmten Muskelgruppe eine Trainingsbewegung ausführt, der über Gewichte oder mit Hilfe anderer Mittel ein Widerstand entgegengesetzt wird.

Die Klagepatentschrift führt dazu aus, dass aus dem Gebrauchsmuster DE 86 09 061 ein Trainingsgerät bekannt ist, dass ein indirektes Training der zentralen Körpermuskulatur ermöglicht. Oberhalb einer Liegefläche für die trainierende Person ist ein Druckelement vorgesehen, dass sich quer über die Liegefläche erstreckt und auf dem Rumpf der trainierenden Person positioniert werden kann. Zum Trainieren der Körpermuskulatur kann das Druckelement entgegen der Rückstellkraft eines Federelements angehoben werden.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe zu Grunde, ein Trainingsgerät der vorbekannten Art dahingehend zu optimieren, dass die Trainingsbewegungen exakt ausgeführt werden können. Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

1. Gerät zum Trainieren der Körpermuskulatur
2. mit einem Gestell (1),
3. mit einer ein Kopfende (3a) und ein Fußende (3b) aufweisenden Liegefläche (3) für eine trainierende Person (E) und
4. mit wenigstens einem Druckelement (7, 10)
4.1 das Druckelement (7, 10) ist oberhalb der Liegefläche (3) vorgesehen und
4.2 wird am Gestell (1) gehalten,
4.3 das Druckelement ist unter Aufwendung einer Druckkraft entgegen der vorgebbaren Widerstandskraft einer mit dem Druckelement (7, 10) gekoppelten Widerstandseinrichtung (8) anhebbar,
4.4 wobei sich das Druckelement (7, 10) quer über die Liegefläche (3) erstreckt und
4.5 derart angeordnet ist, dass es auf dem Rumpf (E1) einer auf der Liegefläche (3) ruhenden Person (E) positionierbar ist und
4.6 durch Rumpfbewegungen im Wesentlichen senkrecht zur Liegefläche (3) angehoben werden kann,
5. ein Druckelement (10) ist
5.1 an einem auf einer Seite von der Liegefläche (3) angeordneten Halteelement (9) angebracht und
5.2 in einer im Wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche (3) erstreckenden Ebene verschwenkbar.

Die Klagepatentschrift führt dazu aus, dass die Schwenkbewegung gegenüber einer reinen Hubbewegung den Vorteil habe, den ausgeführten Trainingsbewegungen besser zu entsprechen.

II.
Die Lehre des Klagepatentanspruchs wird durch die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß verwirklicht. Zwischen den Parteien ist lediglich streitig, ob ein erfindungsgemäßes Trainingsgerät nach der Lehre des Klagepatentanspruches ein oder zwei Druckelemente aufweisen muss (Merkmalsgruppe 4 und 5) und ob ein solches Druckelement an der Liegefläche selbst mit einem Halteelement befestigt sein muss (Merkmal 5.1). Außerdem ist die Beklagte der Ansicht, das Druckelement der angegriffenen Ausführungsform führe lediglich eine kreisförmige Schwenkbewegung durch, aber keine vertikale Hubbewegung (Merkmal 4.6).

1. Im Hinblick auf die widerstreitenden Ansichten der Parteien bedarf der Klagepatentanspruch der Auslegung gemäß Art. 69 EPÜ, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zu berücksichtigen sind. Dabei dient die Auslegung nicht nur zur Behebung etwaiger Unklarheiten in den Patentansprüchen, sondern auch zur Klarstellung der dort verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der beschriebenen Erfindung. Maßgeblich ist dabei die Sicht des Durchschnittsfachmanns (BGHZ 105, 1 (11) – Ionenanalyse).

a) Nach diesen Grundsätzen ist der Klagepatentanspruch dahingehend auszulegen, dass es genügt, wenn ein erfindungsgemäßes Trainingsgerät mit lediglich einem Druckelement versehen ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs, wonach das Trainingsgerät wenigstens ein Druckelement aufweisen muss (Merkmal 4). Ob darüber hinaus noch weitere Druckelemente angebracht werden, bleibt dem Fachmann überlassen. Die zwingende Anordnung eines weiteren Druckelements wird erst durch den Unteranspruch 4 erforderlich, weil dort als Halteelement für ein weiteres Druckelement zwei an einer Seite der Liegefläche angeordnete Führungsstangen vorgesehen sind.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann aus der Verwendung des unbestimmten Artikels „ein“ in Merkmal 5 nicht geschlossen werden, dass sich die in der Merkmalsgruppe 5 aufgestellten Anforderungen auf ein weiteres, zweites Druckelement beziehen, das sich von dem in der Merkmalsgruppe 4 beschriebenen Druckelement unterscheidet. Die Merkmalsgruppe 4 beschreibt die allgemeinen Anforderungen, denen ein Druckelement eines Trainingsgerätes, wie es aus dem Stand der Technik bekannt ist, genügen muss. Es handelt sich dabei um das aus dem Gebrauchsmuster DE 86 09 061 U1 bekannte und in der Klagepatentschrift beschriebene Trainingsgerät mit einer Liegefläche und einem oberhalb dieser Liegefläche vorgesehenen Druckelement, das sich quer über die Liegefläche erstreckt und derart angeordnet ist, dass es auf dem Rumpf einer auf der Liegefläche ruhenden Person positionierbar ist. Dieses Druckelement kann entgegen der Rückstellkraft eines Federelements angehoben werden (Abs. [0005]).

Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich ein erfindungsgemäßes Trainingsgerät dadurch, dass zumindest eins von den gegebenenfalls mehreren Druckelementen an einem auf einer Seite von der Liegefläche angeordneten Halteelement angebracht (Merkmal 5.1) und in einer im Wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche erstreckenden Ebene verschwenkbar ist (Merkmal 5.2). Der unbestimmte Artikel „ein“ macht lediglich deutlich, dass nur eines von gegebenenfalls mehreren Druckelementen diesen Anforderungen entsprechen muss. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, der unbestimmte Artikel „ein“ habe eine andere Bedeutung, da der ursprünglich in den Anmeldungsunterlagen enthaltene Patentanspruch während des Erteilungsverfahrens geändert wurde, ist dies unbeachtlich. Denn für die Auslegung eines Patentanspruchs kommt es grundsätzlich nicht auf Vorgänge im Erteilungsverfahren an, die der Patenterteilung vorausgegangen sind (Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl.: § 14 PatG Rn 32 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Noch weniger kommt es darauf an, wie der unbestimmte Artikel üblicherweise in Patentansprüchen verwendet wird. Maßgeblich ist allein der Wortsinn des vorliegenden Klagepatentanspruchs, dessen Inhalt durch Auslegung unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen zu ermitteln ist.

Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht daraus, dass das Druckelement zum einen im Wesentlichen senkrecht zur Liegefläche angehoben werden kann (Merkmal 4.6) und zum anderen in einer im Wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche erstreckenden Ebene verschwenkbar ist (Merkmal 5.2). Die beiden Merkmale schließen sich nicht gegenseitig aus. Vielmehr beschreibt das Erfordernis der Verschwenkbarkeit im Einzelnen die zuvor im Merkmal 4.6 genannte „im Wesentlichen senkrecht“ ausgerichtete Bewegung des Druckelements. Denn die Bewegungsrichtung des Druckelements soll möglichst exakt den Bewegungen der trainierenden Person angepasst werden (vgl. Abs. [0004]; Textstellen ohne Herkunftsangaben beziehen sich auf die Anlage K1). Beim Trainieren der Rumpfmuskulatur wird das Druckelement regelmäßig entgegen der Rückstellkraft angehoben (Abs. [0003] Z. 38-40). Die Körperbewegungen erfolgen jedoch nicht exakt senkrecht. Dies ist im Hinblick auf die in der Klagepatentschrift beschriebenen Sit-ups (Abs. [0008] Z. 1-4 und Abs. [0019] Z. 46 -49) unmittelbar erkennbar, weil der Oberkörper teilweise eine Drehbewegung durchführt. Dementsprechend ist auch die Bewegungsrichtung des Druckelements nicht exakt, sondern „im Wesentlichen“ senkrecht. Sie ist nicht exakt senkrecht, weil sie auch horizontale Bewegungsanteile enthält, die durch eine Schwenkbewegung des Druckelements, wie sie nach der Lehre des Klagepatentanspruchs (Merkmal 5.2) erforderlich ist, zu Stande kommen. In der Beschreibung des Klagepatents wird dazu ausgeführt, der Schwenkarm sei in seiner Grundstellung im entgegengesetzten Uhrzeigersinn aus der Vertikalen heraus geschwenkt, so dass er aus der Grundstellung noch angehoben werden könne (Abs. [0005] Z. 51-55). Die Verschwenkbarkeit des Druckelements sorgt daher zum einen für die im Wesentlichen senkrechte Anhebbarkeit des Druckelements, zum anderen aber für eine horizontale Bewegung mit dem Vorteil, „dass die Hubbewegung besser der ausgeführten Trainingsbewegung entspricht“ (Abs. [0005] Z. 56-58). Daraus ergibt sich weiterhin, dass eine solche Schwenkbewegung zugleich eine im Wesentlichen senkrechte Hubbewegung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs darstellt (Merkmal 4.6).

Eine andere Auslegung ist auch nicht durch das in der Klagepatentschrift beschriebene und in den Figuren 1 bis 3 wiedergegebene Ausführungsbeispiel geboten. Abgesehen davon, dass ein Ausführungsbeispiel nicht zu einer Auslegung des Klagepatentanspruchs gegen seinen Wortlaut führen kann, entspricht das in der Beschreibung des Klagepatents erläuterte Ausführungsbeispiel der hier vertretenen Auslegung. Das Ausführungsbeispiel weist zwar zwei Druckelemente auf, von denen das eine über dem Brustbereich und das andere über den Hüft- und Beckenbereich positioniert werden kann. Das über dem Brustbereich positionierbare Druckelement ist aber an einem Schwenkarm angebracht, der im Bereich seines unteren Endes um eine sich quer zur Liegefläche erstreckende Achse schwenkbar gehalten ist (Abs. [0016] Z. 52-55). Der Schwenkarm besitzt dabei eine Grundstellung in der er aus der Vertikalen im entgegengesetzten Uhrzeigersinn in Richtung der Liegefläche verschwenkt ist. Aus der Grundstellung kann der Schwenkarm im Uhrzeigersinn verschwenkt werden (Abs. [0016] Sp. 4 Z. 55 bis Sp. 5 Z. 4). Damit handelt es sich um ein Druckelement im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs. Auch wenn in der Beschreibung des Klagepatents im Hinblick auf dieses Druckelement eine „im Wesentlichen senkrechte Bewegung“ nicht ausdrücklich angesprochen wird, führt das Druckelement eine solche Bewegung aus, da der Schwenkarm eine Grundstellung besitzt, in der er aus der Vertikalen im entgegengesetzten Uhrzeigersinn in Richtung der Liegefläche verschwenkt ist (Abs. [0016]). Hebt die trainierende Person durch Rumpfbeugen ihren Oberkörper von der Liegefläche ab, wird das Druckelement im Uhrzeigersinn verschwenkt (Absatz 0019 Z. 40-45). Aufgrund der Bewegungsrichtung im Uhrzeigersinn hat die Bewegung zusätzlich im oberen Bereich einen horizontalen Richtungsanteil. Dass darüber hinaus ein weiteres Druckelement vorhanden ist, das über dem Hüft- und Beckenbereich positionierbar und lediglich in vertikaler Richtung bewegbar ist (Abs. [0014] Z. 24), widerspricht der technischen Lehre nicht.

Die Beklagte begründet die von ihr vertretene Auslegung des Klagepatentanspruchs mit mindestens zwei Druckelementen weiterhin damit, dass sich die technische Lehre andernfalls nicht von dem im Gebrauchsmuster DE 86 09 061 U1 – hier insbesondere von dem in der Figur 2 – beschriebenen Trainingsgerät unterscheide. Diese Auffassung greift nicht durch. Die Lehre des Klagepatentanspruchs wird dadurch von dem in der Beschreibung des Klagepatents genannten Stand der Technik abgegrenzt, dass das mindestens eine Druckelement auf einer Seite von der Liegefläche angebracht und in einer im Wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche erstreckenden Ebene verschwenkbar ist (Merkmale 5.1 und 5.2). Die Figur 2 im Gebrauchsmuster DE 86 09 061 U1 zeigt jedoch einen verschwenkbaren Tragarm, der am Kopfende der Liegefläche befestigt ist. So weit die übrigen Figuren einen an der Seite der Liegefläche angebrachten Schwenkarm zeigen, befindet sich dessen Schwenkachse in Längsrichtung der Liegefläche, so dass eine Bewegung des Druckelements in einer im Wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche erstreckenden Ebene (Merkmal 5.2) ausgeschlossen ist.

Die nach der Lehre des Klagepatentanspruchs erforderliche seitliche Anordnung des Halteelements des Druckelements hat die Funktion, dass die Bewegung des Druckelements möglichst exakt der Bewegung der trainierenden Person entspricht. Diese Funktion erfüllt der in der Figur 2 des Gebrauchsmusters DE 86 09 061 U1 dargestellte Schwenkarm ebenfalls nicht, da sich die Schwenkachse jenseits des Kopfendes der Liegefläche befindet und der Schwenkarm entgegen dem Uhrzeigersinn dreht, wenn er angehoben wird.

b) Aus den Ausführungen des vorigen Absatzes ergibt sich bereits, dass es nicht erforderlich ist, das Halteelement mit dem Druckelement unmittelbar an der Liegefläche selbst zu befestigen. Vielmehr genügt es, dass das Halteelement auf einer Seite von der Liegefläche angeordnet ist, auch wenn es anderweitig befestigt ist. Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht aus dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs. Dort ist lediglich angeordnet, dass das Druckelement am Gestell gehalten wird (Merkmal 4.2) und an einem auf einer Seite von der Liegefläche angeordneten Halteelement angebracht sein muss (Merkmal 5.2). Anders formuliert: Das Druckelement ist über ein Halteelement an der Seite der Liegefläche am Gestell angebracht.

2. Vor dem Hintergrund dieser Auslegung werden von der angegriffenen Ausführungsform alle Merkmale des Klagepatentanspruchs verwirklicht. Das gilt auch für die Merkmale 4.2 und 4.6 und die Merkmalsgruppe 5, soweit sie zwischen den Parteien streitig ist.

Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um ein Gerät zum Trainieren der Körpermuskulatur mit einem Gestell, einer Liegefläche und mit genau einem Druckelement. Dass keine weiteren Druckelemente vorhanden sind, ist unschädlich. Bei dem Druckelement handelt es sich um die in der Abbildung der angegriffenen Ausführungsform erkennbare, mit einer Polsterung umgebenen Stange, die sich oberhalb der Liegefläche quer über diese erstreckt. Dieses Druckelement ist an einem Schwenkarm befestigt, der seitlich und parallel zur Liegefläche verläuft und drehbar gelagert ist. Dieser Schwenkarm stellt das Haltelement im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs dar (Merkmal 5.1). Über das Haltelement wird das Druckelement am Gestell der Vorrichtung gehalten (Merkmal 4.2).

Das Gestell wird durch den Rahmen gebildet, auf dem die Liegefläche ruht und der die Widerstandseinrichtung aufnimmt. Es besteht aus vier „Beinen“ mit verschiedenen Querstreben. Daran ist das Druckelement mit dem Halteelement befestigt. Es kommt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht darauf an, dass das Halteelement unmittelbar an der Liegefläche angebracht ist. Ebenso wenig kann als Gestell nur der Bereich unterhalb der Liegefläche angesehen werden, wie es die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen hat. Da der Klagepatentanspruch anordnet, das Druckelement oberhalb der Liegefläche vorzusehen (Merkmal 4.1), ist als Gestell nach der Lehre des Klagepatentanspruchs die gesamte Haltevorrichtung anzusehen, die der Aufnahme von Liegefläche, Druckelement und Widerstandseinrichtung dient. Sie besteht bei der angegriffenen Ausführungsform aus den vier Beinen und den damit verbundenen Querstreben.

Die Beklagte kann nicht ernsthaft bestreiten, dass das Druckelement am Gestell der angegriffenen Ausführungsform angebracht ist. Soweit sie vorträgt, das Halteelement sei an der Widerstandseinrichtung befestigt, die in der Anlage K6 mit der Bezugsziffer (8) gekennzeichnet ist, kann dem nicht gefolgt werden, wenn als Widerstandseinrichtung lediglich die senkrecht verschiebbaren Gewichte innerhalb des Rahmengestells angesehen werden. Das Druckelement ist zwar – gegebenenfalls über den Schwenkarm – mit dieser Widerstandseinrichtung gekoppelt, der Schwenkarm muss aber am Gestell befestigt und drehbar gelagert sein, um überhaupt die Schwenkbewegung im Verhältnis zum übrigen Gerät ausführen zu können.

Das Druckelement kann durch Rumpfbewegungen im Wesentlichen senkrecht zur Liegefläche angehoben werden (Merkmal 4.6). Bereits aus der Bezeichnung „Beckenliftmaschine“ für die angegriffene Ausführungsform wird deutlich, dass das Druckelement über dem Hüft- und Beckenbereich positioniert werden kann. In einer solchen Position befindet sich der Schwenkarm, an dem das Druckelement befestigt ist, im Wesentlichen in der Horizontalen. Wird nun das Becken nach oben bewegt, wird auch das Druckelement im Wesentlichen senkrecht zur Liegefläche angehoben. Der Schwenkarm führt zwar eine Bewegung im Uhrzeigersinn aus, da er sich aber in seiner Ausgangsposition in etwa in der Horizontalen befindet, ist die Bewegung zunächst im Wesentlichen senkrecht zur Liegefläche nach oben gerichtet. Allerdings handelt es sich nicht um eine linear nach oben gerichtete Bewegung, sondern um eine Kreisbewegung, da der Schwenkarm drehbar gelagert ist und sich im Uhrzeigersinn bewegt, wenn das Druckelement angehoben wird. Dadurch ist das Druckelement ebenso in einer im Wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche erstreckenden Ebene verschwenkbar (Merkmal 5.2).

III.
1. Die Beklagte ist dem Kläger gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da sie mit der angegriffenen Ausführungsform von der Lehre des Klagepatentanspruchs in unberechtigter Weise Gebrauch macht.

2. Weiterhin hat der Kläger gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 33 Abs. 1 PatG. Die Beklagte hat mit der angegriffenen Ausführungsform den Gegenstand der Klagepatentanmeldung benutzt. Als Fachunternehmen musste sie wissen, dass die von ihr benutzte Erfindung Gegenstand der Anmeldung war.

3. Die Beklagte ist dem Kläger außerdem dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Patentverletzung schuldhaft begangen hat. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass dem Kläger durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass der Kläger derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

4. Schließlich hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB, damit der Kläger in die Lage versetzt wird, den ihm zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können.

IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.

Streitwert: 500.000,00 EUR
Antrag zu I. 1.: 330.000,00 EUR
Antrag zu I. 2.: 45.000,00 EUR
Antrag zu II. 1.: 25.000,00 EUR
Antrag zu II. 2.: 100.000,00 EUR