2 U 21/11 – Cdihydrochloridmonohydrat

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1673

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 4. August 2011, Az. 2 U 21/11

I.
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 24. Februar 2011 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und die Beschlussverfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Dezember 2010 unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages aufgehoben.

II.
Die Kosten des Verfügungsverfahrens werden der Verfügungsklägerin auferlegt.

III.
Das Urteil ist für die Verfügungsbeklagte wegen ihrer Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000,– Euro festgesetzt.

G r ü n d e

I.

Die Verfügungsklägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten ergänzenden Schutzzertifikats 198 75 XXX (Verfügungszertifikat) für den Wirkstoff Cdihydrochloridmonohydrat, das aufgrund des am 23. August 1989 veröffentlichten und am 16. Dezember 2005 abgelaufenen europäischen Patentes 0 186 087 erteilt worden war und bis zu seinem Ablauf am 16. Dezember 2010 in Kraft stand.

C ist eine Entwicklung der Verfügungsklägerin und in dem von ihr unter dem Handelsnamen A vertriebenen Arzneimittel als Csalz, nämlich dem vorbezeichneten Dihydrochloridmonohydrat enthalten; hierbei handelt es sich um einen Dopaminrezeptoragonisten, der im Körper ähnlich wie der körpereigene Botenstoff Dopamin wirkt und bei Erkrankungen zur Anwendung kommt, bei denen der Dopaminstoffwechsel gestört ist, insbesondere bei Morbus Parkinson und dem idiopathischen Restless Leg Syndrom. C und dessen Salze waren Gegenstand des Grundpatents; das auf seiner Grundlage erteilte Verfügungszertifikat schützte das Salz Cdihydrochloridmonohydrat.

Die Verfügungsbeklagte besitzt in der Bundesrepublik Deutschland arzneimittelrechtliche Genehmigungen für Chaltige Arzneimittelprodukte; das auf der Grundlage dieser Genehmigung von ihr in den Verkehr gebrachte Medikament enthält ebenfalls den Wirkstoff Cdihydrochloridmonohydrat.

Die Verfügungsklägerin macht geltend, die Verfügungsbeklagte habe dieses Präparat bereits vor Ablauf des Verfügungszertifikats durch ihre Außendienstmitarbeiter gegenüber Ärzten und Krankenhäuser beworben. Dies ergebe sich aus einem Marktforschungsbericht („RepInsight“ der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) SE (Anlage ASt 8), in dem ein am 28. Oktober 2010 durch einen Außendienstmitarbeiter der Verfügungsbeklagten mit einem niedergelassenen Facharzt für Neurologie geführtes Gespräch vermerkt sei. Die Verfügungsklägerin hält durch dieses Verhalten das Antragsschutzrecht für verletzt und hat der Verfügungsbeklagten mit Beschluss des Landgerichts vom 10. Dezember 2010 (Bl. 16 – 21 d.A.) im Wege der einstweiligen Verfügung – soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung – aufgeben lassen,

der Antragstellerin unverzüglich schriftlich und vollständig Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter I. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit folgenden Angaben:

– Menge, Zeitpunkt und Einkaufspreise der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
– einzelne Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Einkaufspreisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, und unter Beifügung von Belegen in Form gut lesbarer Kopien sämtlicher Lieferscheine

Unter dem 13. Januar 2011 hat die Verfügungsbeklagte gegen diesen Beschluss Widerspruch eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Verfügungsklägerin habe weder Verfügungsanspruch noch Verfügungsgrund glaubhaft gemacht, weil sich ihrem Vortrag nicht entnehmen lasse, wann und zwischen welchem Arzt und welchem Außendienstmitarbeiter das in dem GfK-Bericht aufgeführte Gespräch stattgefunden habe. Der Verletzungsvorwurf sei nicht überprüfbar; sie bestreite, dass einer ihrer Außendienstmitarbeiter sich gegenüber einem Arzt so geäußert habe, wie dies in dem genannten Bericht wiedergegeben werde.

Mit Urteil vom 24. Februar 2011 hat das Landgericht die einstweilige Verfügung im Umfang des Auskunftsausspruches aufrechterhalten. Es hält das Bestehen eines Verfügungsanspruches und –grundes für durch den GfK-Marktforschungsbericht glaubhaft gemacht; wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung hält die Verfügungsbeklagte ihren erstinstanzlich vertretenen Standpunkt in Bezug auf die von ihr in Frage gestellte Eignung des GfK-Berichtes zur Glaubhaftmachung aufrecht und beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die einstweilige Verfügung vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die Berufung der Verfügungsbeklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist in vollem Umfang begründet. Zu Unrecht hat das Landgericht der Verfügungsklägerin einen Auskunftsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte nach §§ 140b PatG, 16a PatG und Art. 64 Abs. 3 EPÜ zuerkannt. Dieser Anspruch lässt sich nicht damit begründen, Außendienstmitarbeiter der Verfügungsbeklagten hätten vor dem Ablauf des Antragsschutzrechtes Arzneimittel mit dem Wirkstoff Cdihydrochloridmonohydrat gegenüber Krankenhäusern und Ärzten beworben. Dass Außendienstmitarbeiter der Verfügungsbeklagten sich in dieser Weise gegenüber Ärzten und Krankenhäusern geäußert haben, hat die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft gemacht. Dem von ihr als Anlage ASt 8 vorgelegten Marktforschungsbericht der GfK kommt entgegen der Auffassung des Landgerichtes in diesem Zusammenhang keinerlei Beweiswert zu.

a)
Das Landgericht führt hierzu aus, mit der in dem genannten GfK-Bericht wiedergegebenen Angabe, C der Verfügungsbeklagten werde als Generikum und preisgünstige Alternative zum Originalpräparat der Verfügungsklägerin für den Indikationsbereich Parkinson eingeführt, habe ein Außendienstmitarbeiter der Verfügungsbeklagten das betreffende Präparat angeboten im Sinne des Patentrechts. Die Verfügungsklägerin habe mit der Vorlage des Berichtes die Abgabe dieses Angebots hinreichend substantiiert dargelegt. Sie habe nicht konkret anzugeben brauchen, zwischen welchem Arzt und welchem Außendienstmitarbeiter zu welcher Zeit das Gespräch stattgefunden habe; die Pflicht zum vollständigen Vortrag besage lediglich, dass die darlegungspflichtige Partei keine relevanten Tatsachen unterdrücken dürfe. Demgegenüber sei sie nicht verpflichtet, den streitigen Lebensvorgang in allen Einzelheiten darzustellen; die Wiedergabe der Umstände, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der gegebenen Rechtsfolge ergeben, genüge. Ausweislich des als Anlage ASt 8 vorgelegten Berichtes hätten Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten am 28. Oktober 2010 und damit zu einem konkret bezeichneten Zeitpunkt gegenüber einem niedergelassenen Arzt, der zwar nicht namentlich, aber über eine Nummer identifizierbar sei, die vorstehend wiedergegebene Äußerung abgegeben. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das angegebene Datum nicht mit dem Zeitpunkt des Gesprächs übereinstimme, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere lasse sich dem als Anlage ASt 11 vorgelegten Fragebogen entnehmen, dass das Telefoninterview regelmäßig am gleichen Tag stattfinde wie das vorausgegangene Gespräch zwischen dem jeweiligen Außendienstmitarbeiter und dem Arzt. Das Bestreiten der Verfügungsbeklagten, einer ihrer Außendienstmitarbeiter habe sich gegenüber einem Arzt in der in dem GfK-Bericht niedergelegten Art und Weise geäußert, sei von vornherein unerheblich, soweit es allein auf die unzutreffende Annahme gestützt sei, der Vortrag der Verfügungsklägerin sei nicht hinreichend substantiiert. Unabhängig davon sei hinreichend glaubhaft gemacht, dass es tatsächlich zu den beanstandeten Angebotshandlungen gekommen sei. Der GfK-Bericht beruhe auf einer Erhebung, die aufgrund ihres objektiven Charakters und der wörtlichen Übernahme der Aussage der aufgesuchten Ärzte grundsätzlich geeignet sei, Angebotshandlungen von Pharmareferenten glaubhaft zu machen. Zwar seien konkrete Personen nicht identifizier- und auch Fehler bei der Mitteilung des Arztes oder späteren Transskription oder ein Missbrauch nicht völlig ausschließbar, jedoch dürften die Anforderungen an die Glaubhaftmachung für den Schutzrechtsinhaber nicht überspannt werden, wenn er keine anderen Glaubhaftmachungsmittel habe, wo hingegen die Verfügungsbeklagte die Möglichkeit habe, die Richtigkeit der Aussagen ihrer Außendienstmitarbeiter gegenüber den aufgesuchten Ärzten nachzuprüfen oder doch zumindest Hilfstatsachen vorzutragen, die die Beurteilung der Richtigkeit der Aussagen in dem GfK-Bericht zuließen. Durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht und auch unwidersprochen habe die Verfügungsklägerin vorgetragen, die GfK sei nicht bereit, die Namen und Anschriften der betreffenden Ärzte offenzulegen. Da nicht jeder Außendienstmitarbeiter jedes Produkt anbiete und sich aus dem GfK-Berichten der Tag ergebe, an dem die besagte Angebotshandlung stattgefunden habe, sei es der Verfügungsbeklagten, aus deren Sphäre diese Handlung stamme, ungeachtet des verbleibenden Aufwandes zur Sachverhaltsaufklärung zuzumuten, konkrete Umstände zu benennen und glaubhaft zu machen, die es nicht mehr als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass die beanstandete Angebotshandlung stattgefunden habe. Der pauschale Hinweis darauf, es könne zu Manipulationen, Verwechslungen und Übertragungsfehlern gekommen sein, genüge hierfür nicht, zumal die Verfügungsbeklagte weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht habe, wie ihre Vertriebs- und Angebotsstruktur und –politik im Hinblick auf die Einführung von Bprodukten auf dem Markt nach Schutzrechtsablauf im allgemeinen und in Bezug auf das angegriffene Erzeugnis im Besonderen organisiert sei und durchgeführt werde.

b)
Diese Ausführungen greift die Berufung mit Erfolg an. Entgegen der Auffassung des Landgerichtes und der Verfügungsklägerin ist der GfK-Bericht nicht geeignet, glaubhaft zu machen, dass sich Außendienstmitarbeiter der Verfügungsbeklagten gegenüber Ärzten in der dort wiedergegebenen Art und Weise geäußert und das C-Generikum vor Ablauf des Antragschutzrechtes beworben haben. Der Senat verkennt nicht, dass anders als bei Fallgestaltungen, in denen eine Partei den vollen Beweis für eine Behauptung erbringen muss, im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO die Voraussetzungen für den Verfügungsanspruch und den Verfügungsgrund lediglich glaubhaft zu machen sind und eine Glaubhaftmachung selbst bei Vorliegen vernünftiger Zweifel nicht ausgeschlossen ist. Nach den zu § 294 ZPO geltenden Rechtsgrundsätzen genügt zur Glaubhaftmachung ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung. An die Stelle des Vollbeweises tritt eine Wahrscheinlichkeitsfeststellung; eine Behauptung ist schon dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (BGH MDR 2011, 68; NJW-RR 2007, 776, 777). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn bei der erforderlichen umfassenden Würdigung der Umstände des jeweiligen Falles mehr für das Vorliegen der in Rede stehenden Behauptung spricht als dagegen (BGHZ 156, 139, 143; BGH, MDR 2011, 68).

Fehl geht die Ansicht der Verfügungsklägerin, sie habe ihr Vorbringen nicht weiter glaubhaft machen müssen, weil es gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden betrachtet werden müsse, nachdem die Verfügungsbeklagte es nicht prozessual wirksam bestritten habe. Die Verfügungsbeklagte hat nämlich prozessrechtlich beachtlich bestritten, dass sich einer ihrer Außendienstmitarbeiter gegenüber einem Arzt in der in dem GfK-Bericht wiedergegebenen Art und Weise geäußert hat. Zwar ist dieses Bestreiten insofern pauschal, als es sich nicht auf eine konkrete Befragung aller Außendienstmitarbeiter, sondern lediglich darauf stützt, sie – die Verfügungsbeklagte – habe alle ihre Mitarbeiter angewiesen, neue B nicht vor Ablauf sie erfassender Schutzrechte gegenüber Ärzten und Kliniken zu bewerben und Verstöße hiergegen mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen seien bewehrt. Das reicht im vorliegenden Fall aus, weil auch das Vorbringen der Verfügungsklägerin zur Verletzung des Verfügungsschutzrechtes insofern pauschal ist, als es sich nicht näher dazu verhält, welcher Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten welchem Gesprächspartner gegenüber und an welchem Ort die angegriffene Äußerung abgegeben haben soll.

c)
Die angesichts dieses prozessrechtlich erheblichen Bestreitens erforderliche Glaubhaftmachung ihres Sachvortrages ist der Verfügungsklägerin nicht gelungen. Unabhängig davon, ob der GfK-Bericht eine Urkunde oder lediglich ein Augenscheinobjekt im Sinne des § 371 ZPO ist, kommt ihm keinerlei Beweiswert dafür zu, dass Außendienstmitarbeiter der Verfügungsbeklagten die angegriffene Arznei vor Ablauf des Verfügungsschutzrechtes gegenüber Ärzten und Krankenhäusern beworben haben. Der eigentliche Zweck der GfK-Berichte besteht darin, Pharma-Unternehmen zu erleichtern, die Effizienz ihrer Außendienstmitarbeiter zu überprüfen. Hierzu hat die GfK Ärzte unter Vertrag, in dessen Erfüllung der jeweilige Arzt, nachdem ihn ein Außendienstmitarbeiter besucht hat, eine Telefonnummer der GfK anwählt – nach dem Vorbringen der Verfügungsklägerin möglichst sofort nach dem Besuch und damit am selben Tag – und unter Verwendung eines PIN-Codes in einem automatisierten 4 Minuten dauernden Interview in freier Rede Fragen zum Unternehmen des betreffenden Außendienstmitarbeiters, zu dem beworbenen Präparat, zu den Aussagen des Mitarbeiters über das Präparat und ggfs. auch über Konkurrenzerzeugnisse beantwortet, wie sie sich aus dem Fragebogen gemäß Anlage ASt. 11 ergeben. Die Antworten werden in Schriftform übertragen und den Nutzern des Informationsdienstes wörtlich zur Verfügung gestellt. Die Ärzte sind zwar über den PIN-Code identifizierbar, hierzu war die GfK gegenüber der Verfügungsklägerin allerdings nicht bereit.

Weil die in den GfK-Berichten schriftlich niedergelegten Mitteilungen hinsichtlich der Person des werbenden Außendienstmitarbeiters und des von diesem besuchten Arztes anonym bleiben, ist ihnen in Bezug auf den wiedergegebenen Inhalt des Besuchsgespräches keinerlei Beweiswert eigen. Selbst bei einfachem Parteivorbringen, das im Bestreitensfalle noch einer zusätzlichen Verifizierung bedarf, muss klar sein, welche Person die Verantwortung für dessen Richtigkeit gegenüber dem angerufenen Gericht übernimmt, etwa dafür einsteht, dass zur Begründung einer geltend gemachten Patentverletzung behauptete Untersuchungen und Messungen wie vorgetragen ausgeführt wurden und die behaupteten eine Schutzrechtsverletzung belegenden Ergebnisse gebracht haben. Das ist nicht nur eine Folge der Verpflichtung zum wahrheitsgemäßen Vortrag im Prozess, sondern beruht auch darauf, dass das Vorbringen einer Partei als zugestanden gilt, wenn der Gegner es nicht rechtserheblich bestreitet und der gerichtlichen Entscheidung im Zivilprozess zugrunde gelegt wird. Dementsprechend setzen auch die Tatbestände der zur Sicherung wahrheitsgemäßen Vortrages vor Gericht bestehenden strafrechtlichen Sanktionen wie Betrugs- und Urkundsdelikte voraus, dass die Person zu erkennen ist, die die Gewähr für die Richtigkeit des vorgetragenen und/oder beurkundeten Sachverhaltes übernimmt. Dass eine solche die Richtigkeitsgewähr übernehmende Person erkennbar ist, ist auch ein Gebot des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. So wie der Prozessgegner zu jedem Sachvortrag Stellung nehmen können muss, so muss er auch Position zu einem gegnerischen Beweismittel beziehen können, auf dem später seine Verurteilung beruhen kann und darf nicht darauf verwiesen werden, seinerseits Gegenglaubhaftmachungsmittel beizubringen. Wenn derartiges schon für das einfache Parteivorbringen gilt, das im Bestreitensfall noch einer besonderen Verifizierung durch Glaubhaftmachung oder Vollbeweis bedarf, dann muss das erst recht für die Mittel gelten, die das Verfahrensrecht zum Zwecke eben dieser Verifizierung bereitstellt. Sie stellen sicher, dass der jeweilige Gegner auch das Beweis- oder Glaubhaftmachungsmittel selbst angreifen kann. Dementsprechend ist es bei der als Glaubhaftmittel zugelassenen eidesstattlichen Versicherung ein wesentlicher, die Wahrscheinlichkeit der versicherten Tatsache begründender Faktor, dass der Urheber der eidesstattlichen Versicherung namentlich bekannt ist und über die Aussagedelikte der §§ 153 ff. StGB auch strafrechtlich dafür einzustehen hat, dass das an Eides Statt Versicherte auch zutrifft. In Übereinstimmung hiermit genügt bei Glaubhaftmachung eines bestimmten Sachverhaltes durch einen Rechtsanwalt nicht schon, dass der Anwalt diesen Vorgang bekundet, sondern ist erforderlich, dass er dies gleichzeitig anwaltlich versichert (vgl. Musielak/Huber, ZPO, 5. Aufl., § 294 Rdnr. 4; OLG Köln MDR 1986, 152).

d)
Der GFK-Bericht lässt demgegenüber nicht erkennen, welche Person sich der Verantwortung dafür stellt, dass die Gespräche zwischen dem Außendienstmitarbeiter des jeweiligen Pharmaunternehmens und dem besuchten Arzt zutreffend wiedergegeben sind. Soweit die GFK als Urheber dieser Berichte zu erkennen ist, kann es bei einer etwa von ihr übernommenen Richtigkeitsgewehr allenfalls darum gehen, dass das jeweils wiedergegebene Interview mit dem Arzt in der abgedruckten Form vom Tonträger in Schriftform gebracht worden ist. Davon, dass darüber hinaus auch die Richtigkeit der Übertragung vom Tonträger oder gar für die inhaltlich richtige Widergabe des vorausgegangenen Gesprächs mit dem Außendienstmitarbeiter in dem Interview übernommen werden soll, kann nicht ausgegangen werden, weil noch nicht einmal dargelegt worden ist, wie die Übertragung von statten gegangen ist und ob es im Hause der GfK jemanden gibt, der wenigstens geprüft hat, ob die Übertragung vom Tonträger korrekt war. Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit der Widergabe des im Interview vorausgegangenen Gesprächs zwischen Arzt und Außendienstmitarbeiter könnte nur einer der Teilnehmer dieses Gesprächs übernehmen, beide werden jedoch nicht genannt. Dass der betreffende Arzt anhand der ihm zugeteilten und auch im GFK-Bericht angegebenen Nummer identifiziert werden kann, genügt nicht, solange die GFK zu dieser Identifikation nicht bereit ist. Letzteres zeigt gerade, dass die GFK sich nicht zu einer Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit ihres Berichtes bekennt und gerade vermeiden möchte, dass die betreffenden Ärzte mit dem Inhalt ihrer im Interview gegebenen Antworten konfrontiert werden. Deshalb ist weder für das Gericht noch für die Verfügungsbeklagte abschätzbar, welche Verlässlichkeit die in dem GFK-Bericht wiedergegebene Aufzeichnung hat, die nichts darüber besagt und auch keine anderweitigen Erkenntnisquellen etwa darüber eröffnet, ob der Verfasser voreingenommen gegenüber der Verfügungsbeklagten ist, bereits mit einem Aussagedelikt in Erscheinung getreten ist oder ob der Inhalt des vorausgegangenen Gesprächs mit dem Außendienstmitarbeiter im Interview unabsichtlich unzutreffend wiedergegeben ist, etwa weil der Arzt sich nicht an die ihm obliegende vertragliche Verpflichtung gehalten hat, das Interview unmittelbar nach dem Vertreterbesuch zu führen und infolge dessen den Verlauf des Gesprächs nicht mehr korrekt in Erinnerung hatte. Dem kann die Verfügungsbeklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, es gebe keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen einen der vorstehend genannten Unzuverlässigkeitsgründe. Entscheidend ist nicht, ob für ein solches Verhalten Anhaltspunkte bestehen, sondern vielmehr, dass sie nicht ausgeschlossen werden können. Gerade um ihre Verlässlichkeit konkret beurteilen zu können, sind die in der Zivilprozessordnung zugelassenen Beweis- und Glaubhaftmachungsmittel personalisiert. Dem sind die GfK-Berichte entzogen, weil die Person des jeweiligen Pharma-Referenten und es von ihm kontaktierten Arztes anonym bleiben, ohne dass es dazu einen verfahrensrechtlich relevanten Grund gibt. Eine mit derjenigen verdeckter Ermittler im Sinne der §§ 110a – 110c StPO vergleichbare Position, die im übrigen dem Gericht die Befugnis einräumt, dass ihm gegenüber die Identität des Ermittlers offenbart wird, haben die das Interview führenden Ärzte offensichtlich nicht. Dass es zum Geschäftsmodell der GfK gehört, insbesondere die Person des jeweiligen Arztes vor den Pharmaunternehmen als Arbeitgebern der betreffenden Außendienst-Mitarbeiter geheimzuhalten, damit er freier und weniger gehemmt über den Inhalt der Besuchsgespräche berichten kann, ist kein verfahrensrechtlich bedeutsamer Grund und soll demgegenüber sicherstellen, dass die jeweiligen Ärzte für den Inhalt ihrer in den Interviews abgegebenen Äußerungen gerade nicht belangt werden können. Ob die GFK in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gezwungen werden könnte, die Namen und Anschriften der Identifikationsnummern zugeordneten Ärzte offenzulegen, spielt hier keine Rolle. Im Zivilprozess hat das Gericht entsprechende Befugnisse jedenfalls nicht.

Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, der Verfügungsklägerin stünden weitere Mittel zur Glaubhaftmachung ihres Sachvortrages nicht zur Verfügung, während die Verfügungsbeklagte den Inhalt des GfK-Reports ohne Schwierigkeiten wiederlegen könne, indem sie eidesstattliche Versicherungen ihrer Außendienstmitarbeiter vorlege. Das widerspräche der zivilprozessualen Grundregel, dass ein Sachverhalt, aus dem sich die Verletzung eines gewerblichen Schutzrechtes ergibt, in vollem Umfang zur Darlegungs- und Beweislast des verletzten Schutzrechtsinhabers steht und der als Verletzer in Anspruch Genommene erst dann zu substantiiertem Bestreiten verpflichtet ist, wenn der verletzte Schutzrechtsinhaber zuvor den Verletzungstatbestand substantiiert dargelegt hat.

Die Verfügungsklägerin hat auch keine weiteren Umstände dargelegt, die – für sich allein oder zusammen mit dem von ihr herangezogenen GFK-Bericht – die Bewerbung des angegriffenen Präparats durch Außendienstmitarbeiter der Verfügungsbeklagten glaubhaft erscheinen lassen. Dass ein und derselbe Arzt in seinen Interviews über Besuche von Außendienstmitarbeitern diverser Pharma-Unternehmen berichtet, besagt in diesem Zusammenhang ebenso wenig. Sämtliche in den GFK-Berichten niedergelegten Besuchsberichte sind wegen ihrer Anonymität mit den selben Mängeln hinsichtlich der Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit behaftet wie derjenige, auf den sich die Verfügungsklägerin im Streitfall stützt. Ebenso wenig vermag das von der Verfügungsklägerin in der mündlichen Verhandlung dargelegte Argument durchzudringen, es entspreche der Lebenserfahrung, dass B-Hersteller in den letzten Wochen vor Ablauf des Patentschutzes für das Originalerzeugnis durch ihre Außendienstmitarbeiter in Arztpraxen und Krankenhäusern ihr neues Präparat bewerben ließen, so dass kein Grund zu der Annahme bestehe, die Verfügungsbeklagte sei vor Ablauf des Verfügungszertifikates anders verfahren und habe von einer Bewerbung ihres C-Präparates abgesehen. Mit diesem Vorbringen lässt sich der Sachvortrag der Verfügungsbeklagten nicht widerlegen, sie habe sämtliche Außendienstmitarbeiter angewiesen, fremde Schutzrechte zu beachten und neue Präparate der Verfügungsbeklagten erst nach Ablauf der jeweiligen Schutzrechte zu bewerben, und Mitarbeiter, die sich daran nicht hielten, hätten mit arbeitsrechtlichen Sanktionen zu rechnen. Wollte man den Umstand, dass B-Hersteller erfahrungsgemäß schon in der letzten Phase der Patentschutzdauer neue B durch Außendienstmitarbeiter bewerben ließen, als Grundlage für ein gerichtliches Verbot gegen die Verfügungsbeklagte ausreichen lassen, beruhte deren Verurteilung letztlich nur auf einem anonymen Bericht und dem Umstand, dass es sich bei ihr ebenfalls um ein B-Unternehmen handelt. Das ist unhaltbar.

e)
An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass die Verfügungsbeklagte versucht hat, ihr neues C-Generikum schon in die zwei Tage vor Ablauf des Verfügungsschutzrechtes erschienene Lauer-Taxe aufnehmen zu lassen. Daraus lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass sie den Patentschutz auch schon zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt und durch ein anderes Verhalten missachtet hat. Die Einstellung eines Arzneimittels in die Lauer-Taxe hat für den Anbieter des Präparates eine besondere Bedeutung, weil dieser Informationsdienst den Apothekern Produktinformationen einschließlich der Preise zur Verfügung stellt, die das Interesse an dem im Zweifel gegenüber dem Originalerzeugnis des Schutzrechtsinhabers preisgünstigeren Generikum wecken und sie in die Lage versetzen, entsprechende Dispositionen im Hinblick auf das neu eingestellte Präparat zu treffen. Die zentrale Bedeutung dieser Informationen für den Arzneimittelhandel begründet einen besonderen Anreiz, ein neu auf den Markt kommendes Arzneimittel so früh wie möglich in die Lauer-Taxe aufnehmen zu lassen. Das gilt in besonderem Maße in Fallgestaltungen wie der vorliegenden, in der die Lauer-Taxe nur einen oder zwei Tage vor Ablauf des Schutzrechts für das Originalpräparat erscheint und die nächste erst wieder einen halben Monat später, so dass ein Abwarten mit dem Einstellen in die Lauer-Taxe bis zum Ablauf des Schutzrechtes zur Folge hätte, dass das neue Generikum zwar unmittelbar nach dem Ende des Patentschutzes für das Originalpräparat auf den Markt gebracht und beworben werden dürfte, gleichwohl aber erst etwa zwei Wochen nach dem Stichtag in der Lauer-Taxe erschiene. Gerade weil demgegenüber das Bewerben des neuen Generikums etwa durch Außendienstmitarbeiter sofort nach dem Ende des Patentschutzes zulässig ist und der B-Hersteller diese Möglichkeit von Beginn der Vermarktung seines neuen Präparates an nutzen kann, die Listung in der Lauer-Taxe dagegen nur von deren – gegebenenfalls späteren – Erscheinungstag an, besagt der Versuch, in die wenige Tage vor dem Schutzrechtsablauf erscheinende Lauer-Taxe aufgenommen zu werden, um dort mit dem ersten Tag nach Schutzablauf vertreten zu sein, nichts darüber, ob das betreffende Unternehmen auch Wochen und Monate vorher bereits das künftig auf den Markt kommende Arzneimittel durch Außendienstmitarbeiter beworben hat.

f)
Auskunftsansprüche nach § 140b PatG setzen voraus, dass eine Verletzung stattgefunden hat, weil es ansonsten an einem benutzten Erzeugnis im Sinne dieser Bestimmung fehlt; Erstbegehungsgefahr genügt nicht (Schulte/Kühnen, PatG mit EPÜ, 8. Aufl., § 140b Rdnr. 8). An einer solchen Benutzungshandlung fehlt es jedoch, denn wie vorstehend ausgeführt ist die Bewerbung des angegriffenen Generikums durch Pharma-Referenten bei Ärzten und Krankenhäusern vor Schutzrechtsablauf nicht glaubhaft gemacht. Dass die Verfügungsbeklagte sich geweigert hat, die von ihr verlangten Auskünfte zu erteilen, belegt nicht, dass Verletzungen stattgefunden haben; da die gegen sie erhobenen Ansprüche nicht bestehen, war sie zur Erteilung von Auskünften auch nicht verpflichtet.

III.

Als unterlegene Partei hat die Verfügungsklägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen; die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 6, 711, 713 ZPO.