2 U 116/09 – Abtastungsgerät

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1575

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Februar 2011, Az. 2 U 116/09

A.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. September 2009 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I.
Die Beklagten werden verurteilt,

1. .
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro
– ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

a)
automatische Systeme zum Bearbeiten eines Nahrungsmittelprodukts auf der Basis der Erfassung seines Oberflächenprofils umfassend:

– eine Förderlinie, entlang derer das Produkt der Reihe nach geführt wird,

– ein Abtastungsgerät mit

– mindestens zwei oberen Zeilen-Lasern oberhalb des Produkts zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produkts,

– wobei die oberen Zeilen-Laser ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produkts über eine fixe Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produkts auszuleuchten,

– wobei die oberen Zeilen-Laser an entgegengesetzten Seiten des Produkts angeordnet sind und ihre überlappenden Strahlen auf und über das Produkt projizieren,

– mindestens zwei unteren Zeilen-Lasern unterhalb des Produkts zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produkts,

– wobei die unteren Zeilen-Laser ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produkts über eine fixe Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produkts auszuleuchten,

– wobei die unteren Zeilen-Laser an entgegengesetzten Seiten des Produkts angeordnet sind und ihre überlappenden Strahlen auf und über das Produkt projizieren,

– wobei das Abtastungsgerät weiterhin aufweist eine oberhalb des Produkts angeordnete obere Kamera zur Erfassung des durch die oberen Zeilen-Laser ausgeleuchteten Oberflächenprofils und

– eine unterhalb des Produkts angeordnete untere Kamera zur Erfassung des durch die unteren Zeilen-Laser ausgeleuchteten Oberflächenprofils,

– eine digitale Waage, um das Produkt zu wiegen und die Gewichtsinformation bereitzustellen, wobei die Waage in dem Abtastungsgerät inkludiert ist,

– eine Steuereinrichtung,

– die mit den Kameras verbunden ist,

– wobei die Steuereinrichtung angepasst ist, das Volumen des Produkts zu bestimmen,

– durch Erfassen und Verarbeiten mehrerer visueller Bilder, die von den Kameras entlang der Länge des Produkts während des Durchgangs des Produkts durch das Abtastungsgerät erfasst werden,

– und die so angeordnet ist, dass sie die Verarbeitung dieser visuellen Bilder durchgeführt hat, bevor das Produkt in einer Schneidemaschine bearbeitet wird,

– und eine Schneidemaschine,

– die angepasst ist, um Scheiben eines bestimmten Gewichts abzuschneiden,

– und die ein Steuersystem aufweist, um ihre Bearbeitungsvorgänge an dem Produkt auf der Basis des Volumens des Produkts und der Gewichtsinformation, die durch die Waage bereitgestellt wird, zu variieren,

– wobei die Förderlinie das Produkt der Reihe nach zwischen dem Abtastungsgerät und der Schneidemaschine führt,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;

b)
Abtastungsautomaten umfassend

– eine Förderlinie, entlang derer das Produkt der Reihe nach geführt wird,

– ein Abtastungsgerät mit

– mindestens zwei oberen Zeilen-Lasern oberhalb des Produkts zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produkts,

– wobei die oberen Zeilen-Laser ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produkts über eine fixe Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produkts auszuleuchten,

– wobei die oberen Zeilen-Laser an entgegengesetzten Seiten des Produkts angeordnet sind und ihre überlappenden Strahlen auf und über das Produkt projizieren,

– mindestens zwei unteren Zeilen-Lasern unterhalb des Produkts zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produkts,

– wobei die unteren Zeilen-Laser ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produkts über eine fixe Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produkts auszuleuchten,

– wobei die unteren Zeilen-Laser an entgegengesetzten Seiten des Produkts angeordnet sind und ihre überlappenden Strahlen auf und über das Produkt projizieren,

– wobei das Abtastungsgerät weiterhin aufweist eine oberhalb des Produkts angeordnete obere Kamera zur Erfassung des durch die oberen Zeilen-Laser ausgeleuchteten Oberflächenprofils und

– eine unterhalb des Produkts angeordnete untere Kamera zur Erfassung des durch die unteren Zeilen-Laser ausgeleuchteten Oberflächenprofils,

– eine digitale Waage, um das Produkt zu wiegen und die Gewichtsinformation bereitzustellen, wobei die Waage in dem Abtastungsgerät inkludiert ist,

zum Betrieb in einem automatischen System zum Bearbeiten eines Nahrungsmittelprodukts auf der Basis der Erfassung seines Oberflächenprofils

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und zu liefern,

sofern das automatische System umfasst:

– eine Steuereinrichtung,

– die mit den Kameras verbunden ist,

– wobei die Steuereinrichtung angepasst ist, das Volumen des Produkts zu bestimmen,

– durch Erfassen und Verarbeiten mehrerer visueller Bilder, die von den Kameras entlang der Länge des Produkts während des Durchgangs des Produkts durch das Abtastungsgerät erfasst werden,

– und die so angeordnet ist, dass sie die Verarbeitung dieser visuellen Bilder durchgeführt hat, bevor das Produkt in einer Schneidemaschine bearbeitet wird,

– und eine Schneidemaschine,

– die angepasst ist, um Scheiben eines bestimmten Gewichts abzuschneiden,

– und die ein Steuersystem aufweist, um ihre Bearbeitungsvorgänge an dem Produkt auf der Basis des Volumens des Produkts und der Gewichtsinformation, die durch die Waage bereitgestellt wird, zu variieren,

– wobei die Förderlinie das Produkt der Reihe nach zwischen dem Abtastungsgerät und der Schneidemaschine führt;

2.
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1a) bezeichneten Handlungen seit dem 15. Januar 2006 und die zu Ziffer 1b) bezeichneten Handlungen seit dem 11. Mai 2007 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer (nur bezüglich der Handlungen gemäß Ziffer 1a)

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen, den Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, den Typenbezeichnungen sowie unter Angabe der; Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten des erzielten Gewinns,

wobei

– die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu b) die entsprechenden Rechnungen in Kopie vorzulegen haben,

– die Beklagte zu 1. die Angaben zu e) und der Beklagte zu 2. alle Angaben nur für die Zeit seit dem 11. Mai 2007 zu machen haben,

– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten übernehmen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

3.
die aus den in unmittelbarem und mittelbaren Besitz und Eigentum der Beklagten befindlichen unter Ziffer I.1a) beschriebenen Erzeugnisse die
Laser-Rahmen einschließlich der durch sie getragenen Zeilen-Laser zu entfernen und zu vernichten, wobei dies nur für die Beklagte zu 1. gilt;

4.
die vorstehend zu Ziffer I.1a) bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass der Senat mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 178 XXX erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagten unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, und die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen,

wobei es den Beklagten unbenommen bleibt, sich gegenüber den gewerblichen Abnehmern bereit zu erklären, anstelle die Erzeugnisse zurückzunehmen, die Laser-Rahmen einschließlich der darauf montierten Zeilen-Laser bei dem jeweiligen Besitzer aus den Erzeugnissen zu entfernen und diese Vorrichtungsteile an sich zu nehmen.

II.
Es wird festgestellt, dass

1. die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, an die Klägerin für die unter Ziffer I.1a) bezeichneten, in der Zeit vom 15. Januar 2006 bis zum 11. Mai .2007 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2. die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 11.05.2007 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.“

III.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

B.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Beklagten zu tragen.

C.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000.000,– Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

D.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000.000,– Euro festgesetzt.
G r ü n d e :

I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 1 178 XXX (Klagepatent; Anlage rop 1, deutsche Übersetzung [DE 600 34 YYY T2] Anlage rop 3). Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung der als patentverletzend angegriffenen Gegenstände, Rückruf/Entfernung sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Leistung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch.

Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 20. April 2000 unter Inanspruchnahme einer Unionspriorität vom 20. April 1999 eingereicht und am
13. Februar 2002 veröffentlicht. Eine deutsche Übersetzung der Ansprüche (Anlage rop 2, DE 00 928 ZZZ T1) wurde am 15. Dezember 2005 veröffentlicht. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 11. April 2007. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 600 34 YYY geführt (vgl. Anlage rop 3).

Das Klagepatent betrifft ein Gerät zur automatischen Abtastung eines Produkts. Der erteilte Anspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

“An automated system (10) for processing a product based on the acquisition of its surface profile, comprising a conveyor line (40, 95) along which the product is conducted, in sequence, between a profiling apparatus(15) and a product processor (20), the profiling apparatus having line lasers (75, 85) above and below the product for illuminating the surface profile of the product, and cameras (80, 90) for imaging the surface profile iIIuminated by the line lasers:
CHARACTERIZED IN THAT
each line laser is adapted to illuminate the surface profile of the product across a plane transverse to the conveyance direction of the product; a controller (150) is connected to the cameras (80, 90) for determining the volume at the product by acquiring and processing multiple visual images acquired by the cameras along the length of the product as the product is moved through the profiling apparatus, and is arranged a complete its processing of such visual images before processing of the product in the product processor; and the product processor (20) has a control system (180) for varying us processing operation on the product based in part upon the volume of the product.”

In der vom Deutschen Patent- und Markenamt veröffentlichten deutschen Übersetzung (Anlage rop 3) lautet dieser Anspruch wie folgt:

„Automatisches System (10) zum Bearbeiten eines Produkts auf der Basis der Erfassung seines Oberflächenprofils mit einem Fließband (40, 95), auf dem das Produkt der Reihe nach zwischen einem Abtastungsgerät (15) und einer Produkt-Bearbeitungseinrichtung (20) entlang geführt wird, wobei das Abtastungsgerät Zeilen-Laser (75, 85) über und unter dem Produkt zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produkts und Kameras (80, 90) zum Abbilden des von den Zeilen-Lasern ausgeleuchteten Oberflächenprofils hat; dadurch gekennzeichnet, dass jeder Zeilen-Laser angepasst ist, das Oberflächenprofil des Produkts über eine Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produkts auszuleuchten; eine Steuereinrichtung (150) mit den Kameras (80, 90) verbunden ist, um durch Erfassen und Verarbeiten mehrerer visueller Bilder, die von den Kameras entlang der Länge des Produkts während des Durchgangs des Produkts durch das Abtastgerät erfasst werden, das Volumen des Produkts zu bestimmen, und so angeordnet ist, dass sie die Verarbeitung dieser visuellen Bilder durchgeführt hat, bevor das Produkt in der Produkt-Bearbeitungseinrichtung bearbeitet wird; und die Produkt-Bearbeitungseinrichtung ein Steuersystem (180) hat, um ihre Bearbeitungsvorgänge an dem Produkt teilweise auf der Basis des Volumens des Produkts zu variieren.“

Die Beklagte zu 1. hat mit Schriftsatz vom 9. Januar 2008 (Anlage B 2) Einspruch gegen das Klagepatent eingelegt. Im Einspruchsverfahren hat die Klägerin das Klagepatent hilfsweise im eingeschränkten Umfang gemäß einem Hilfsantrag 2 mit folgendem Patentanspruch 1 verteidigt (vgl. Anlage B 3):

“An automated System (10) for processing a food product (45) based on the acquisition of its surface profile, comprising:
a) a conveyor line (40, 95) along which the product (45) is conducted in sequence;
b) a profiling apparatus (15) having
b1) at least two upper line lasers (75) disposed above the conveyor line (40, 95) for illuminating the surface profile of the product (45),
b2) wherein the upper line lasers (75) are adapted to illuminate the surface profile of the product (45) across a fixed plane transverse to the conveyance direction of the product (45),
b3) wherein the upper liner lasers (75) are disposed on opposite sides of the product (45) projecting their beams onto and across the product (45);
b4) at least two lower line laser (85) disposed below the conveyor line (40, 95) for illuminating the surface profile of the product (45),
b5) wherein the lower line lasers (85) are adapted to illuminate the surface profile of the product (45) across a fixed plane transverse at the conveyance direction of the product (45),
b6) wherein the lower liner lasers (85) are disposed an opposite sides of the product (45) projecting their beams onto and across the product (45);
b7) said profiling apparatus (15) further having an upper camera (80) located above the conveyor line (40, 95) for imaging the surface profile illuminated by the upper line lasers (75), and
b8) a lower camera (90) located below the conveyor line (40, 95) for imaging the surface profile illuminated by the lower line lasers (85); and
c) a scale for weighing the product (45) and for providing weight information, said scale being included in the profiling apparatus (1 5),
d) a controller (150)
d1) being connected to the cameras (80. 90),
d2) said controller (150) being adapted for determining the volume of the product (45)
d3) by acquiring and processing multiple visual images acquired by the cameras (80, 90) along the length of the product (45) as the product (45) is moved through the profiling apparatus (15),
d4) and is arranged to complete its processing of such visual images before processing of the product (45) in a product processor (20);
e) further comprising the product processor (20),
e1) wherein the product processor (20) is a slicer adapted to cut slices of a particular weight,
e2) said product processor (20) comprising a control system (180) for varying its processing operation on the product (45) based upon the volume of the product (45) and the weight information provided by the scale,
e3) wherein the conveyor line (40, 95) conducts the product (45) in sequence between the profiling apparatus (15) and the product processor (20).”

Mit diesem eingeschränkten Patentanspruch 1, wegen dessen deutscher Übersetzung auf die von der Klägerin überreichte Anlage rop 8 Bezug genommen wird, hat die Klägerin das Klagepatent im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit in erster Instanz geltend gemacht.

Durch Entscheidung vom 5. Februar 2009 (Entscheidungsgründe v. 07.04.2009, Anlage B 7a, deutsche Übersetzung Anlage B 7b) hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes das Klagepatent in vollem Umfang aufrechterhalten. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beklagten zu 1. hat die Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes durch – nach Erlass des landgerichtlichen Urteils – ergangene Entscheidung vom 16. September 2010 (Anlage rop 16, deutsche Übersetzung Anlage rop 17) die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufgehoben und die Sache an die Einspruchsabteilung zurückgewiesen mit der Anweisung, das Klagepatent mit Ansprüchen 1 bis 11 gemäß einem von der Klägerin im Haupttermin des Beschwerdeverfahrens eingereichten Hauptantrag, einer von der Klägerin im Verhandlungstermin eingereichten ergänzten Beschreibung sowie den Figuren 1 bis 7 des erteilten Patents aufrechtzuerhalten. Der von der Technischen Beschwerdekammer für patentfähig befundene Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

“An automated system (10) for processing a food product (45) based on the acquisition of its surface profile, comprising:
a) a conveyor line (40, 95) along which the product (45) is conducted in sequence;
b) a profiling apparatus (15) having
b1) at least two upper line lasers (75) disposed above the product (45) for illuminating the surface profile of the product (45),
b2) wherein the upper line lasers (75) are adapted to illuminate the surface profile of the product (45) across a fixed plane transverse to the conveyance direction of the product (45),
b3) wherein the upper liner lasers (75) are disposed on opposite sides of the product (45) projecting their overlapping beams onto and across the product (45);
b4) at least two lower line lasers (85) disposed below the product (45) for illuminating the surface profile of the product (45),
b5) wherein the lower line lasers (85) are adapted to illuminate the surface profile of the product (45) across a fixed plane transverse to the conveyance direction of the product (45),
b6) wherein the lower line lasers (85) are disposed on opposite sides of the product (45) projecting their overlapping beams onto and across the product (45);
b7) said profiling apparatus (15) further having an upper camera (80) located above the product (45) for imaging the surface profile illuminated by the upper line lasers (75), and
b8) a lower camera (90) located below the product (45) for imaging the surface profile illuminated by the lower line lasers (85); and
c) a digital scale for weighing the product (45) and for providing weight information, said scale being included in the profiling apparatus (15),
d) a controller (150)
d1) being connected to the cameras (80, 90),
d2) said controller (150) being adapted for determining the volume of the product (45)
d3) by acquiring and processing multiple visual images acquired by the cameras (80, 90) along the length of the product (45) as the product (45) is moved through the profiling apparatus (15),
d4) and is arranged to complete its processing of such visual images before processing of the product (45) in a product processor (20);
e) further comprising the product processor (20),
e1) wherein the product processor (20) is a slicer adapted to cut slices of a particular weight,
e2) said product processor (20) comprising a control system (180) for varying its processing operation on the product (45) based upon the volume of the product (45) and the weight Information provided by the scale,
e3) wherein the conveyor line (40, 95) conducts the product (45) in sequence between the profiling apparatus (15) and the product processor (20).”

Dieser Patentanspruch lässt sich gemäß der von der Klägerin überreichten Anlage rop 14 wie folgt ins Deutsche übersetzen (Bezugszeichen hinzugefügt):

„Automatisches System (10) zum Bearbeiten eines Nahrungsmittelprodukts (45) auf der Basis der Erfassung seines Oberflächenprofils umfassend:
a) eine Förderlinie (40, 95), entlang derer das Produkt (45) der Reihe nach geführt wird,
b) ein Abtastungsgerät (15) mit
b1) mindestens zwei oberen Zeilen-Lasern (75) oberhalb des Produkts (45) zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produkts (45),
b2) wobei die oberen Zeilen-Laser (75) ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produkts (45) über eine fixe Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produkts (45) auszuleuchten,
b3) wobei die oberen Zeilen-Laser (75) an entgegengesetzten Seiten des Produkts (45) angeordnet sind und ihre überlappenden Strahlen auf und über das Produkt (45) projizieren,
b4) mindestens zwei unteren Zeilen-Lasern (85) unterhalb des Produkts (45) zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produkts (45),
b5) wobei die unteren Zeilen-Laser (85) ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produkts (45) über eine fixe Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produkts (45) auszuleuchten,
b6) wobei die unteren Zeilen-Laser (85) an entgegengesetzten Seiten des Produkts (45) angeordnet sind und ihre überlappenden Strahlen auf und über das Produkt (45) projizieren,
b7) wobei das Abtastungsgerät (15) weiterhin aufweist eine oberhalb des Produkts (45) angeordnete obere Kamera (80) zur Erfassung des durch die oberen Zeilen-Laser (75) ausgeleuchteten Oberflächenprofils und
b8) eine unterhalb des Produkts (45) angeordnete untere Kamera (90) zur Erfassung des durch die unteren Zeilen-Laser (85) ausgeleuchteten Oberflächenprofils,
c) eine digitale Waage, um das Produkt (45) zu wiegen und die Gewichtsinformation bereitzustellen, wobei die Waage in dem Abtastungsgerät (15) inkludiert ist,
d) eine Steuereinrichtung (150),
d1) die mit den Kameras (80, 90) verbunden ist,
d2) wobei die Steuereinrichtung (150) angepasst ist, das Volumen des Produkts (45) zu bestimmen,
d3) durch Erfassen und Verarbeiten mehrerer visueller Bilder, die von den Kameras (80, 90) entlang der Länge des Produkts (45) während des Durchgangs des Produkts (45) durch das Abtastungsgerät (15) erfasst werden,
d4) und die so angeordnet ist, dass sie die Verarbeitung dieser visuellen Bilder durchgeführt hat, bevor das Produkt (20) in einer Produkt-Bearbeitungsvorrichtung (20) bearbeitet wird,
e) und die Produkt-Bearbeitungsvorrichtung (20),
e1) wobei die Produkt-Bearbeitungsvorrichtung (20) eine Schneidemaschine ist, die angepasst ist, um Scheiben eines bestimmten Gewichts abzuschneiden,
e2) und die Produkt-Bearbeitungsvorrichtung (20) ein Steuersystem (180) aufweist, um ihre Bearbeitungsvorgänge an dem Produkt (45) auf der Basis des Volumens des Produkts (45) und der Gewichtsinformation, die durch die Waage bereitgestellt wird, zu variieren,
e3) wobei die Förderlinie (40, 95) das Produkt der Reihe nach zwischen dem Abtastungsgerät (15) und der Produkt-Bearbeitungsvorrichtung (20) führt.“

Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 der Klagepatentschrift zeigt eine perspektivische Darstellung eines Produktverarbeitungssystems, welches nach der Fassung, die Patentanspruch 1 im Einspruchsbeschwerdeverfahren erlangt hat, nicht mehr unter Patentanspruch 1 fällt (vgl. Anlage GKSS 1, Blatt 2), weil bei dieser Ausführungsform jeweils nur ein oberer und ein unterer Zeilen-Laser vorhanden ist.

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, stellt her und vertreibt Produktvolumen-Scanner mit Wiegeband und Schneidemaschinen. Als Anlage rop 5 hat die Klägerin eine Wartungsanleitung zum Produktvolumen-Scanner CPS mit Wiegeband CWB der Beklagten zu 1. vorgelegt. Außerdem hat sie eine Konstruktionszeichnung (Anlage rop 6) zu den Akten gereicht, aus der sich die Anordnung der im Produktvolumen-Scanner vorgesehenen Linien-Laser ergibt. Die Produktvolumen-Scanner werden bestimmungsgemäß mit einer Schneidemaschine („Slicer“) betrieben, insbesondere mit einem WEBER-Slicer 602, 902 oder 903 mit Touchscreen-Steuerung.

In dem System der Beklagten ist sowohl im Scanner als auch im Slicer eine „speicherprogrammierbare Steuerung“ (SPS) vorgesehen. Die erste – im Scanner angeordnete – SPS ist mit den Kameras verbunden und wertet die von diesen gemachten Bilder aus, wobei sie eine „Flächenwertetabelle“ (FWT) ermittelt. Diese enthält Flächenwerte in mm2. Die Flächenwerttabelle wird an die zweite
– im Slicer angeordnete – SPS übermittelt, die anhand der Flächenwerttabelle u.a. das Volumen des Produkts berechnet.

Die Klägerin sieht in der Herstellung und im Vertrieb der Produktvolumen-Scanner mit Wiegeband und Schneidemaschine (nachfolgend auch: angegriffene Ausführungsform 1) eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents. Nach ihrem Vortrag vertreibt die Beklagte zu 1. die Produktvolumen-Scanner mit Wiegeeinrichtung auch ohne Schneidemaschine (nachfolgend auch: angegriffene Ausführungsform 2), worin die Klägerin ferner eine mittelbare Verletzung des Klagepatents sieht.

Die Beklagten, die um Klageabweisung und hilfsweise um Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den von der Beklagten zu 1. gegen die Erteilung des Klagepatents erhobenen Einspruch gebeten haben, haben eingewandt, dass das Klagepatent wegen unvollständiger Übersetzung unwirksam sei, und außerdem eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt. Sie haben geltend gemacht:

Die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Ihr System verfüge schon nicht über ein „Förderband“ im Sinne des Klagepatents. Die Bestimmung des Produktvolumens erfolge bei ihrem System auch nicht entsprechend den Vorgaben des Klagepatents durch eine mit den Kameras verbundene „Steuereinrichtung“. Die erste – im Scanner angeordnete – SPS sei zwar mit den Kameras verbunden und werte die Bilder aus, sie bestimme aber nicht das Produktvolumen, sondern ermittle aufgrund der Bilder nur die Flächenwertetabelle. Erst die zweite – im Slicer angeordnete – SPS errechne das Volumen anhand der FWT.

Durch Urteil vom 24. September 2009 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 hat das Landgericht der Klage nach den zuletzt gestellten Anträgen überwiegend entsprochen, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:

„I.
Die Beklagten werden unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt,

1. .
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

a)
automatische Systeme zum Bearbeiten eines Nahrungsmittelprodukts auf der Basis der Erfassung seines Oberflächenprofils umfassend:

– eine Förderlinie, entlang derer das Produkt der Reihe nach zwischen einem Abtastungsgerät und einer Schneidemaschine geführt wird,

– ein Abtastungsgerät mit

mindestens zwei Zeilen-Lasern oberhalb der Förderlinie zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produktes über eine Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produktes auszuleuchten,

wobei mindestens zwei obere Zeilen-Laser an entgegen gesetzten Seiten des Produkts angeordnet sind und ihre Strahlen auf und über das Produkt projizieren,

und mindestens zwei Zeilen-Lasern unterhalb der Förderlinie zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produktes,

wobei die unteren Zeilen-Laser ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produktes über eine Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produktes auszuleuchten,

wobei mindestens zwei untere Zeilen-Laser an entgegen gesetzten Seiten des Produktes angeordnet sind und ihre Strahlen auf und über das Produkt projizieren,

und bei denen das Abtastungsgerät weiterhin eine oberhalb der Förderlinie angeordnete obere Kamera aufweist zur Erfassung des durch die oberen Zeilen-Laser ausgeleuchteten Oberflächenprofils

und eine unterhalb der Förderlinie angeordnete untere Kamera zur Erfassung des durch die unteren Zeilen-Laser ausgeleuchteten Oberflächenprofils,

– eine Waage, um das Produkt zu wiegen und die Gewichtsinformation bereitzustellen, wobei die Waage in dem Abtastungsgerät inkludiert ist,

– eine Steuereinrichtung,

die mit den Kameras verbunden ist,

wobei die Steuereinrichtung ausgebildet ist, das Volumen des Produktes zu bestimmen,

durch Erfassen und Verarbeiten mehrerer visueller Bilder, die von den Kameras entlang der Länge des Produktes durch das Abtastungsgerät erfasst werden,

und die so angeordnet ist, dass sie die Verarbeitung dieser visuellen Bilder durchgeführt hat, bevor das Produkt in der Schneidemaschine bearbeitet wird,

– und eine Schneidemaschine,

die angepasst ist, um Scheiben eines bestimmten Gewichts abzuschneiden,

und die ein Steuersystem aufweist, um ihre Bearbeitungsvorgänge an dem Produkt auf der Basis des Volumens und der Gewichtsinformation, die durch die Waage bereitgestellt wird, zu variieren,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

b)
Abtastungsautomaten mit

– eine Förderlinie, entlang derer das Produkt der Reihe nach zwischen einem Abtastungsgerät und einer Schneidemaschine geführt wird,

– einem Abtastungsgerät

mit mindestens zwei Zeilen-Lasern oberhalb der Förderlinie zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produktes,

wobei die oberen Zeilen-Laser ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produktes über eine Ebene quer Beförderungsrichtung des Produktes auszuleuchten,

wobei mindestens zwei obere Zeilen-Laser an entgegen gesetzten Seiten des Produktes angeordnet sind und ihre Strahlen auf und über das Produkt projizieren,

und mit mindestens zwei Zeilen-Lasern unterhalb der Förderlinie zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produktes,

wobei die unteren Zeilen-Laser ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produktes über eine Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produktes auszuleuchten,

wobei mindestens zwei untere Zeilen-Laser an entgegen gesetzten Seiten des Produktes angeordnet sind und ihre Strahlen auf und über das Produkt projizieren,

das weiterhin eine oberhalb der Förderlinie angeordnete obere Kamera aufweist zur Erfassung des durch die oberen Zeilen-Laser ausgeleuchteten Oberflächenprofils

und eine unterhalb der Förderlinie angeordnete untere Kamera zur Erfassung des durch die unteren Zeilen-Laser ausgeleuchteten Oberflächenprofils,

– und einer Waage, um das Produkt zu wiegen und die Gewichtsinformation bereitzustellen, wobei die Waage in dem Abtastungsgerät inkludiert ist,

zum Betrieb in einem automatischen System zum Bearbeiten eines Nahrungsmittelprodukts auf der Basis der Erfassung seines Oberflächenprofils

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und zu liefern,

sofern das automatische System umfasst:

– eine Steuereinrichtung,

die mit den Kameras verbunden ist,

wobei die Steuereinrichtung ausgebildet ist, das Volumen des Produktes zu bestimmen,

durch Erfassen und Verarbeiten mehrerer visueller Bilder, die von den Kameras entlang der Länge des Produktes durch das Abtastungsgerät erfasst werden,

und die so angeordnet ist, dass sie die Verarbeitung dieser visuellen Bilder durchgeführt hat, bevor das Produkt in der Schneidemaschine bearbeitet wird,

– und eine Schneidemaschine,

die angepasst ist, um Scheiben eines bestimmten Gewichts abzuschneiden,

und die ein Steuersystem aufweist, um ihre Bearbeitungsvorgänge an dem Produkt auf der Basis des Volumens und der Gewichtsinformation, die durch die Waage bereitgestellt wird, zu variieren;

2. . .
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1a) bezeichneten Handlungen seit dem 15.01.2006 und die zu Ziffer 1b) bezeichneten Handlungen seit dem 11.05.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer (nur bezüglich der Handlungen gemäß Ziffer 1a)
b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen, den Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, den Typenbezeichnungen sowie unter Angabe der; Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungs-gebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten des erzielten Gewinns,

wobei

– die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu b) die entsprechenden Rechnungen in Kopie vorzulegen haben,
– die Beklagte zu 1. die Angaben zu e) und der Beklagte zu 2. alle Angaben nur für die Zeit seit dem 11.05.2007 zu machen haben,
– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und dieser gegenüber zur Verschwiegenheit ver-pflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten übernehmen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

3.
die aus den in unmittelbarem und mittelbaren Besitz und Eigentum der Beklagten befindlichen unter Ziffer I.1a) beschriebenen Erzeugnisse die Laser-Rahmen einschließlich der durch sie getragenen Zeilen-Laser zu entfernen und zu vernichten, wobei dies nur für die Beklagte zu 1. gilt;

4.
die vorstehend zu Ziffer I.1a) bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1 178 XXX erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagten unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, sowie die Erzeugnisse aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagten die Erzeugnisse entweder wieder an sich nehmen oder die Laser-Rahmen einschließlich der darauf montierten Zeilen-Laser beim jeweiligen Besitzer aus den Erzeugnissen entfernen und vernichten.

II.
Es wird festgestellt, dass

1. die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, an die Klägerin für die unter Ziffer I.1a) bezeichneten, in der Zeit vom 15.01.2006 bis zum 11.05.2007 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,
2. die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 11.05.2007 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.“

Zur Begründung hat das Landgericht – soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung – im Wesentlichen ausgeführt:

Das Klagepatent stehe in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft; es sei nicht gemäß Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜG unwirksam. Die angegriffenen Ausführungsformen machten wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, wobei hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform 1 eine unmittelbare und bezüglich der angegriffenen Ausführungsform 2 eine mittelbare Patentverletzung gegeben sei.

Die angegriffene Ausführungsform 1 verwirkliche sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 in der geltend gemachten Fassung. Sie weise insbesondere eine „Förderlinie“ im Sinne des Klagepatents auf. Die angegriffene Ausführungsform 1 weise ferner eine Waage auf, die unstreitig im Abtastungsgerät inkludiert sei. Patentanspruch 1 in der geltend gemachten Fassung verlange nicht, dass die Gewichtsinformation durch die Inkludierung einer Waage in dem Abtastungsgerät zwingend „an dessen Steuereinrichtung“ bereitzustellen sei.

Wortsinngemäß verwirklicht sei auch dasjenige Merkmal, wonach die Steuereinrichtung so ausgebildet sei, das Volumen des Produkts zu bestimmen. Der Fachmann erkenne, dass die „Steuereinrichtung“ von dem im Patentanspruch ebenfalls angesprochenen „Steuersystem“ zu unterscheiden sei. Letzteres diene dazu, Bearbeitungsvorgänge der Schneidemaschine an dem Produkt auf der Basis des Volumens und der Gewichtsinformation zu variieren. Das bedeute jedoch nicht, dass die Berechnung des Produktvolumens auch abschließend durch die Steuereinrichtung zu erfolgen habe. Der Patentanspruch verlange zwar, dass die Steuereinrichtung ausgebildet sei, das Produktvolumen zu bestimmen. Das bedeute jedoch nicht, dass dies ausschließlich und abschließend mittels der Steuereinrichtung erfolgen müsse. Insbesondere erfordere die „Verarbeitung der visuellen Bilder“ nicht, dass bereits eine abschließende Volumenberechnung im engeren Sinne von der Steuereinrichtung selbst durchgeführt worden sei. Es sei daher zum einen möglich, dass ein anderes, später zum Einsatz kommendes Vorrichtungsteil die Volumenberechnung durchführe. Zum anderen sei zu beachten, dass die Steuereinrichtung ein dem System als Ganzem – und nicht etwa der Abtastvorrichtung oder der Schneidemaschine – zugeordneter Bestandteil sei. Der Anspruch lasse offen, wo die Steuereinrichtung positioniert werde. Dass die Steuereinrichtung nicht notwendig selbst die gesamte Produktvolumenberechnung leisten müsse, ergebe sich auch aus der Klagepatentbeschreibung. Hiervon ausgehend verfüge die angegriffene Ausführungsform 1 über eine das Volumen des Produktes bestimmende Steuereinrichtung im Sinne des Klagepatents. Bei ihr werde anhand der ermittelten Daten das Volumen berechnet und das erfasste Volumen sowie das gemessene Gewicht des Produktes vom Produktvolumen-Scanner an die Slicer-Steuerung übermittelt. Diese Steuereinrichtung sei mit den Kameras verbunden und mittels ihr werde auch das Produktvolumen bestimmt. Die Steuereinrichtung sei so angeordnet, dass sie die Verarbeitung der visuellen Bilder durchgeführt habe, bevor das Produkt in der Schneidemaschine bearbeitet werde. Das bei dem System der Beklagten stattfindende „arbeitsteilige Zusammenwirken“ zwischen der ersten und der zweiten SPS entspreche dem in Absatz [0023] der Klagepatentbeschreibung beschriebenen Ausführungsbeispiel. Die erste SPS berechne die Profilinformationen, während die zweite SPS das Produktvolumen berechne, und zwar bevor der Schneidevorgang ausgelöst werde. Im Hinblick darauf, dass Patentanspruch 1 keine Ortsvorgabe für die Steuereinrichtung mache, sehe es der Fachmann auch als patentgemäß an, wenn die Steuereinrichtung auf zwei Recheneinheiten aufgeteilt sei und eine von ihnen als Softwaremodul in das Steuersystem integriert werde.

Durch das Anbieten und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform 2 verletzten die Beklagten das Klagepatent außerdem mittelbar. Dass die Beklagten auch die angegriffene Ausführungsform 2 angeboten bzw. vertrieben hätten, gelte als zugestanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machen sie geltend:

Schon nach der von der Klägerin in erster Instanz geltend gemachten Fassung von Patentanspruch 1 sei die Bestimmung des Volumens dem „Controller“ (150) zugewiesen. Die „Bestimmung“ umfasse anspruchsgemäß die rechnerische Ermittlung des Volumens auf der Grundlage der visuellen Bilder der Kameras. Sowohl im Patentanspruch als auch in der Klagepatentbeschreibung werde zwischen dem „Controller“ (150) und der Systemsteuerung (180) der Schneidemaschine unterschieden. Dies stehe nicht im Gegensatz zu der in Absatz [0031] der Klagepatentbeschreibung erwähnten Variante, in der die Volumenbestimmung nicht durch den „Controller“ erfolge, sondern durch die Systemsteuerung der Schneidemaschine. Es handele sich hierbei offensichtlich um „kein wirkliches Ausführungsbeispiel“ der patentgemäßen Lehre, weil diese Variante keinerlei Niederschlag im Patentanspruch gefunden habe. Zudem dürfe auf dieses Ausführungsbeispiel ohnehin nicht zum Zwecke der Auslegung zurückgegriffen werden, weil es sich um ein an sich unzulässiges Relikt nach Streichung bestimmter Ansprüche handele. Der im Einspruchsbeschwerdeverfahren geänderte Patentanspruch 1 bringe nunmehr zudem noch klarer und eindeutiger zum Ausdruck, dass die Steuereinrichtung (150) so gestaltet sein müsse, dass sie das Volumen und damit das gesamte Volumen des Produktes bestimme. Die geänderte Beschreibung betreffe im Übrigen eine Ausführungsform, die nach der aufrechterhaltenen Fassung des Klagepatents nicht unter Patentanspruch 1 falle.

Von diesem Hintergrund machten die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Bei den angegriffenen Ausführungsformen entspreche die im Scanner vorgesehene erste SPS dem zentralen Controller (150) und die im Slicer angeordnete zweite SPS dem Steuersystem (180) gemäß den Ausführungsbeispielen des Klagepatents. Eine rein funktionale Betrachtung sei für die Qualifikation als „Controller“ jedoch fehl am Platze. Als „Controller“ im Sinne des Klagepatents sei nur der Teil zu qualifizieren, der mit den Kameras verbunden sei und die visuellen Bilder erfasse. Diese Kriterien erfüllten gleichermaßen weder die zweite SPS ihres Systems noch die „Systemsteuerung 180“ des Ausführungsbeispiels des Klagepatents, weshalb letztere Steuerung dort auch nicht als Teil des zentralen Controllers angesehen, sondern von diesem unterschieden werde. Bei den angegriffenen Ausführungsformen sei es allerdings eben nicht der „Controller“ (erste SPS), der das Volumen des Produktes bestimme, sondern das davon zu unterscheidende Steuersystem der Schneidemaschine (zweite SPS). Am Ende des Erfassung und Verarbeitung der ersten SPS stünden bloße Flächendaten (mm2), nicht jedoch das Volumen des Produkts (mm3) zur Verfügung.

Gerügt würden vorsorglich auch die vom Landgericht zuerkannten Ansprüche auf Vernichtung und Rückruf/Entfernung. Die vom Landgericht ausgeurteilte, eingeschränkte Vernichtung habe die Klägerin niemals formell beantragt. Außerdem sei auch der der Klägerin zuerkannte Teil-Vernichtungsanspruch unverhältnismäßig. Die Unverhältnismäßigkeit schlage auch auf den zuerkannten Rückruf- und Entfernungsanspruch durch.

Die Beklagten beantragen,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass der Tenor zu I. 1) lit a) und b) des landgerichtlichen Urteils – wie geschehen – an den Patentanspruch 1 in der Fassung der Einspruchsbeschwerdeentscheidung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes angepasst werden soll.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil mit der Maßgabe, dass sie nunmehr den Anspruch 1 des Klagepatents in der Fassung geltend macht, die dieser durch das Einspruchsbeschwerdeverfahren erlangt hat. Unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht sie geltend, dass die angegriffenen Ausführungsformen auch von der Lehre des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Einspruchsbeschwerdeverfahrens Gebrauch machten. Das landgerichtliche Urteil erweise sich auch unter Berücksichtigung der Einspruchsbeschwerdeentscheidung als richtig. Die im Einspruchsbeschwerdeverfahren neu hinzugekommenen Merkmale bzw. Teil-Merkmale würden von den angegriffenen Ausführungsformen ebenfalls wortsinngemäß verwirklicht.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber im Wesentlichen unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte wegen unmittelbarer und mittelbarer Verletzung des Klagepatents zur Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung, zum Rückruf sowie zum Schadensersatz und Leistung einer angemessenen Entschädigung verurteilt. Das aus Produktvolumen-Scanner mit Wiegeband und Schneidemaschine bestehende System der Beklagten macht von der technischen Lehre des Klagepatents, auch in dem nunmehr geltend gemachten Umfang, unmittelbar und wortsinngemäß Gebrauch. Ferner verletzen die Beklagten das Klagepatent durch das Anbieten und die Lieferung der in Rede stehenden Produktvolumen-Scanner mit Wiegeeinrichtung (ohne Schneidemaschine) auch mittelbar. Die vorgenommene Neufassung des Tenors zu I. 1. a) und b) trägt dem Umstand Rechnung, dass die Klägerin nunmehr Patentanspruch 1 in der Fassung der Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes geltend macht. Keinen Erfolg hat die Klage lediglich hinsichtlich des auch geltend gemachten Entfernungsanspruchs; insoweit ist das angefochtene Urteil abzuändern gewesen.

A.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Bestimmung des Profils eines Nahrungsmittelprodukts, welches nachfolgend in einer Schneidemaschine in einzelne Scheiben geschnitten werden soll.

Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, beinhalten bekannte Schneidemaschinen ein rotierendes Schneidemesser und eine Produktzuführung, welche das Produkt in Richtung auf das Schneidmesser vortreibt, so dass hintereinander Scheiben von einer Fläche des Produkts getrennt werden. Die Distanz, um welche das Produkt zwischen aufeinander folgenden Schnitten des Schneidmessers vorgetrieben wird, bestimmt die Dicke der Scheiben. Bei einer einheitlichen Form und Dichte des Produkts kann es ausreichend sein, eine einzelne vorbestimmte Scheibendicke zu verwenden, um einer Gruppe von Scheiben ein gefordertes Gewicht zu geben. Zudem kann es dann ausreichen, eine Ausgangswaage nahe der Ausgangsseite des Schneidmessers bereitzustellen, um das aktuelle Gewicht der zu produzierenden Scheibe zu messen und die Dicke der nachfolgenden Scheibe(n) einzustellen, um das geforderte Einheitsgewicht zu erzielen. Die Klagepatentschrift nimmt in diesem Zusammenhang Bezug auf die DE 196 04 254, die nach ihren Angaben ein System beschreibt, in dem ein Computer mit einem Regelkreis gekoppelt ist, der den Vortrieb von Produkt zu Führungsmitteln in Abhängigkeit von Abweichungen von einem geforderten Gewicht steuert (vgl. Anlage rop 3, Abs. [0002]).

Wie die Klagepatentschrift erläutert, können Änderungen der Form und der Dichte des Produkts allerdings zu Variationen des Gewichts einer Scheibe einer gegebenen
Dicke führen. Als Ansatz, mit einer solchen Schwankung umzugehen, verweist die Klagepatentschrift auf die US 4 428 263, die gemäß ihren Angaben ein Verfahren beschreibt, bei dem eine automatische Schneidemaschine programmiert wird, um die Dicke der Scheiben entsprechend einer typischen Gewichtsverteilung eines Produkts zu verändern (Anlage rop 3, Abs. [0003]).

Wie die Klagepatentschrift ferner ausführt, ist auch vorgeschlagen worden, eine Bestimmung des Querschnittprofils vorzunehmen, wenn es geschnitten ist. Ein solches System ist nach ihren Angaben andeutungsweise aus der US 5 136 906 bekannt. Danach umfasse eine Schneidemaschine eine Kamera zur Betrachtung einer Schnittfläche des Produktes, eine Randerkennungsvorrichtung zur Verarbeitung von Bildsignalen der Kamera, um einen Rand der Schnittfläche zu bestimmen, eine Rechenvorrichtung, um einen Parameter, der charakteristisch für die Schnittfläche sei, aus Bilddaten, die zur Region der Schnittfläche innerhalb des Randes gehören, zu berechnen, und eine Vorrichtung zur Erzeugung von Steuersignalen, um die Funktion des Schneidwerkes entsprechend des bestimmten Parameters zu steuern (Anlage rop 3, Abs. [0004]).

Diesen Stand der Technik kritisiert die Klagepatentschrift in mehrerer Hinsicht als nachteilig (Anlage rop 3, Abs. [0004]). Im Einzelnen bemängelt sie, dass

1. dieses System zwar für Schneidemaschinen mit geringem Durchsatz geeignet sein könne, es jedoch in signifikanter Weise weniger geeignet sei für Hochgeschwindigkeitsschneidemaschinen, weil durch die Berechnung des Produktprofiles an der Schnittfläche nur eine sehr begrenzte Prozesszeit zur Verfügung stehe, um die Berechnungen auszuführen, die notwendig seien, um die richtige Dicke jeder Scheibe zu sichern, bevor die Schnittfläche für die Einstellung der Dicke der nächsten Scheibe erneut aufgenommen werden müsse;

2. dass durch Abschattungseffekte, die aus den relativen Positionen der Beleuchtungsquelle, der Schnittfläche und Komponenten der Schneidemaschine resultieren könnten, substanzielle Messungenauigkeiten resultierten;

3. dass weitere Messungenauigkeiten durch die offensichtliche Voraussetzung eingeführt würden, dass die Profile auf der Unterseite und einer Seite des Produktes linear seien;

4. dass bei dem Versuch, das Produktprofil an der Schnittfläche zu messen, erhebliche Ungenauigkeiten durch das Auftreten von Verschnitt entstehen könnten, wobei, um dieses Problem an der Schnittfläche anzugehen, das vorbenannte System eine weitere Ebene und einen höheren Grad der Bildverarbeitung einführen müsse.

Wie der Durchschnittsfachmann der bereits erwähnten Kritik der Klagepatentbeschreibung am Stand der Technik sowie den Vorteilsangaben der Klagepatentschrift (Anlage rop 3, Absätze [0019], [0033] und [0034]) entnimmt, hat es sich das Klagepatent in der Fassung der Einspruchsbeschwerdeentscheidung vor diesem Hintergrund zur Aufgabe gemacht, ein automatisches System zum Bearbeiten eines Nahrungsmittelprodukts auf der Basis der Erfassung seines Oberflächenprofils bereitzustellen, das nicht mit den erwähnten Nachteilen behaftet ist und das insbesondere ein verbessertes Profilabtastungsgerät umfasst, welches so beschaffen ist, dass das Oberflächenprofil in einer höheren Qualität abgebildet werden kann (vgl. zu letzterem Aspekt: Technische Beschwerdekammer, Anlage rop 17, Seite 13 Rz. 2.4.1 und Seiten 13 bis 14
Rz. 2.5).

Zur Lösung dieses Problems schlägt Patentanspruch 1 in der Fassung der Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (Anlage rop 16, deutsche Übersetzung Anlage rop 17) die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Automatisches System (10) zum Bearbeiten eines Nahrungsmittelprodukts (45) auf der Basis der Erfassung seines Oberflächenprofils umfassend:

(1.1) eine Förderlinie [„conveyor line“] (40, 95), entlang derer das Produkt (45) der Reihe nach geführt wird,
(1.2) ein Abtastungsgerät (15),
(1.3) eine digitale Waage,
(1.4) eine Steuereinrichtung [„controller“] (150) und
(1.5) eine Produkt-Bearbeitungsvorrichtung (20),

(2) Das Abtastungsgerät (15) weist auf

(2.1) mindestens zwei obere Zeilen-Laser (75) oberhalb des Produkts (45) zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produkts (45), wobei die oberen Zeilen-Laser (75)
(2.1.1) ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produktes (45) über eine fixe Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produkts (45) auszuleuchten,
(2.1.2) an entgegengesetzten Seiten des Produkts (45) angeordnet sind und ihre überlappenden Strahlen auf und über das Produkt (45) projizieren;
(2.2) mindestens zwei untere Zeilen-Laser (85) unterhalb des Produkts (45) zum Ausleuchten des Oberflächenprofils des Produkts (45), wobei die unteren Zeilen-Laser (85)
(2.2.1) ausgebildet sind, um die Oberfläche des Produkts (45) über eine fixe Ebene quer zur Beförderungsrichtung des Produkts (45) auszuleuchten,
(2.2.2) an entgegengesetzten Seiten des Produkts (45) angeordnet sind und ihre überlappenden Strahlen auf und über das Produkt (45) projizieren;
(2.3) eine oberhalb des Produkts (45) angeordnete obere Kamera (80) zur Erfassung des durch die oberen Zeilen-Laser (75) ausgeleuchteten Oberflächenprofils und
(2.4) eine unterhalb des Produkts (45) angeordnete untere Kamera (90) zur Erfassung des durch die unteren Zeilen-Laser (85) ausgeleuchteten Oberflächenprofils.

(3) Die digitale Waage,

(3.1) ist vorgesehen, um das Produkt (45) zu wiegen und die Gewichtsinformation bereitzustellen,
(3.2) ist in dem Abtastungsgerät (15) inkludiert.

(4) Die Steuereinrichtung [„controller“] (150)

(4.1) ist mit den Kameras (80, 90) verbunden,
(4.2) ist angepasst [„being adapted“], das Volumen des Produkts (45) zu bestimmen,
(4.2.1) durch Erfassen und Verarbeiten [„by acquiring and processing“] mehrerer visueller Bilder, die von den Kameras (80, 90) entlang der Länge des Produkts (45) während des Durchgangs des Produkts (45) durch das Abtastungsgerät (15) erfasst werden,
(4.3) und ist so angeordnet, dass sie die Verarbeitung dieser visuellen Bilder durchgeführt hat, bevor das Produkt (20) in der Produkt-Bearbeitungsvorrichtung (20) bearbeitet wird.

(5) Die Produkt-Bearbeitungsvorrichtung (20)

(5.1) ist eine Schneidemaschine, die angepasst ist, um Scheiben eines bestimmten Gewichts abzuschneiden,
(5.2) weist ein Steuersystem [„control system“] (180) auf, um ihre Bearbeitungsvorgänge an dem Produkt (45) auf der Basis des Volumens des Produkts (45) und der Gewichtsinformation, die durch die Waage bereitgestellt wird, zu variieren.

(6) Die Förderlinie (40, 95) führt das Produkt der Reihe nach zwischen dem Abtastungsgerät (15) und der Produkt-Bearbeitungsvorrichtung (20).

Die Merkmale (2.1) bis (2.4) der vorstehenden Merkmalsgliederung, die die Struktur des Abtastungsgerätes (15) betreffen, führen dazu, dass mehr Daten über das Profil geliefert werden und dass das Kamerabild eine höhere Auflösung aufweist (vgl. Anlage rop 3, Absätze [0019], [0033] und [0034] sowie Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer, Anlage rop 17, Seite 13 Rz. 2.4.1 und Seiten 13 bis 14 Rz. 2.5).

B.
Das Klagepatent ist – wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat – in der Bundesrepublik Deutschland wirksam in Kraft getreten. Hat der Patentinhaber fristgerecht eine Übersetzung des nicht in deutscher Sprache veröffentlichten europäischen Patents eingereicht, findet, wie der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich mit Urteil vom 18. März 2010 (Xa ZR 74/09; GRUR 2010, 708 = GRUR Int. 2010, 753 – Nabenschaltung II) entschieden hat, Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG keine Anwendung und bleibt es auch dann beim Eintritt der gesetzlichen Wirkungen des Patents für die Bundesrepublik Deutschland, wenn die Übersetzung Auslassungen aufweist. Solche Auslassungen sind grundsätzlich als Fehler der Übersetzung anzusehen, deren Rechtsfolgen sich allein nach Art. II § 3 Abs. 4 und 5 IntPatÜG bestimmen.

C.
Zu Recht ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass das aus Produktvolumen-Scanner mit Wiegeband und Schneidemaschine bestehende System der Beklagten (angegriffene Ausführungsform 1) der unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß entspricht.

1.
Die angegriffene Ausführungsform 1 entspricht den Vorgaben des Merkmals (1) der vorstehenden Merkmalsgliederung.

Dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform 1 in wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals (1) um ein automatisches System zum Bearbeiten eines Nahrungsmittelprodukts auf der Basis der Erfassung seines Oberflächenprofils handelt, steht zwischen den Parteien zu Recht außer Streit.

Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, verwirklicht die angegriffene Ausführungsform 1 auch das Merkmal (1.1), welches besagt, dass das System eine „Förderlinie“ („conveyor line“) umfasst, entlang derer das Produkt der Reihe nach geführt wird. Denn die patentgemäße „Förderlinie“ kann durchaus auch aus mehreren Förderbändern bestehen. Auch macht Patentanspruch 1 keine näheren Vorgaben zur konstruktiven Ausgestaltung der Förderlinie. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen, die die Berufung nicht angreift.

In wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals (1.2) weist die angegriffene Ausführungsform 1 in Gestalt ihres Scanners ferner ein Abtastungsgerät im Sinne des Klagepatents auf, worüber zwischen den Parteien – zu Recht – ebenfalls kein Streit besteht.

Merkmal (1.3) ist gleichfalls wortsinngemäß verwirklicht. Die angegriffene Ausführungsform weist unstreitig eine Waage auf. Hierzu heißt es auf Seite 17 der die angegriffene Ausführungsform betreffenden Wartungsanleitung gemäß Anlage rop 5, dass das Wiegeband mit drei Wiegezellen ausgestaltet ist, mit deren Hilfe die Produkte gewogen werden. Das von der Waage ermittelte Gewicht wird an die Slicer-Steuerung weitergeleitet. Dass es sich bei der angesprochenen Waage um eine digitale Waage handelt, stellen die Beklagten nicht in Abrede. Dass die angegriffenen Ausführungsform 1 über eben eine solche Waage verfügt, hat im Übrigen auch bereits das Landgericht unangegriffen festgestellt.

Die angegriffene Ausführungsform 1 umfasst in wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals (1.5) in Gestalt ihrer Schneidemaschine (Slicer) des Weiteren unstreitig eine Produkt-Bearbeitungsvorrichtung im Sinne des Klagepatents.

Schließlich verwirklicht die angegriffene Ausführungsform 1 auch das Merkmal (1.4) wortsinngemäß, wonach das System eine „Steuereinrichtung“ („controller“) umfasst. Denn die erste, im Scanner angeordnete SPS, welche mit den Kameras verbunden ist und die visuellen Bilder erfasst und bearbeitet, stellt unzweifelhaft eine „Steuereinrichtung“ dar. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Merkmal (4) verwiesen (siehe unten).

2.
Die angegriffene Ausführungsform 1 entspricht ferner unstreitig den Vorgaben der Merkmalsgruppe (2). Gegenüber der von der Klägerin in erster Instanz geltend gemachten Anspruchsfassung weist Anspruch 1 des Klagepatents in der Fassung der Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes zwar insoweit neue (Teil-)Merkmale auf. So verlangt der neugefasste Patentanspruch 1 nunmehr, dass sich die Strahlen der oberen Zeilen-Laser überlappen und das Oberflächenprofil des Produktes über eine fixe Ebene ausleuchten. Entsprechendes gilt für die unteren Zeilen-Laser. Dass die angegriffene Ausführungsform 1 die neu hinzugekommenen Merkmale verwirklichen, stellen die Beklagten jedoch nicht in Abrede. Weder machen sie geltend, dass sich bei ihrem System entgegen dem Vortrag der Klägerin die Strahlen der jeweiligen Zeilen-Laser nicht überlappen, noch stellen sie in Abrede, dass es sich bei der Messeebene um eine fixe Ebene handelt.

3.
Die angegriffene Ausführungsform 1 verwirklicht auch das Merkmal (3) wortsinngemäß. Denn die in ihrem Scanner vorgesehene (digitale) Waage dient dazu, das Produkt zu wiegen und die Gewichtsinformation bereitzustellen, indem das ermittelte Gewicht an die Slicer-Steuerung weitergeleitet wird. Auch ist die Waage unstreitig im Scanner (Abtastungsgerät) angeordnet.

4.
Die angegriffene Ausführungsform 1 entspricht ferner den Vorgaben des Merkmals (4).

a)
Das erfindungsgemäße System (10) besteht gemäß Patentanspruch 1 aus fünf Hauptkomponenten, nämlich aus

• einer Förderlinie,
• einem Abtastungsgerät,
• einer digitale Waage,
• einer Steuereinrichtung (150) und
• einer Produkt-Bearbeitungsvorrichtung (20) in Gestalt einer Schneidemaschine, welche ein Steuersystem (180) aufweist.

Merkmal (4) befasst sich mit der „Steuereinrichtung“ (150), welche in dem in englischer Verfahrenssprache abgefassten Patentanspruch als „controller“ (150) bezeichnet wird.

aa)
Diesbezüglich gibt Merkmal (4.1) zunächst vor, dass die Steuereinrichtung mit den Kameras des Abtastungsgerätes verbunden ist. Wie der Fachmann den Merkmalen (4.2) und (4.2.1) entnimmt, ist die Steuereinrichtung deshalb mit den im Abtastungsgerät vorgesehenen Kameras verbunden, damit die Steuereinrichtung die von den Kameras eingefangenen visuellen Bilder zum Zwecke der Volumenbestimmung erfassen und verarbeiten kann. Merkmal (4.1) lässt es – wovon das Landgericht mit Recht ausgegangen ist – dagegen ebenso wie Merkmal (4.2) offen, wo die Steuereinrichtung (150) positioniert ist. Diese kann nach dem Anspruchswortlaut im Abtastungsgerät (15) angeordnet sein, sie muss es aber nicht.

Aus Merkmal (4.2.1) ergibt sich nichts anderes. Diese Merkmal lautet in der nach Art. 70 EPÜ maßgeblichen englischen Verfahrenssprache: „by acquiring and processing multiple visual images acquired by the cameras (80, 90) along the length of the product (45) as the product (45) is moved through the profiling apparatus (15)“. In der vorstehend wiedergegebenen Merkmalsgliederung ist dieses Merkmal zutreffend ins Deutsche übersetzt mit: „durch Erfassen und Verarbeiten mehrerer visueller Bilder, die von den Kameras (80, 90) entlang der Länge des Produkts (45) während des Durchgangs des Produkts (45) durch das Abtastungsgerät (15) erfasst werden“. Das so lautende Merkmal besagt, dass die Bestimmung des Volumens durch Erfassen und Verarbeiten mehrerer visueller Bilder erfolgt, die von den Kameras entlang der Länge des Produkts während des Durchgangs des Produkts durch das Abtastungsgerät (15) erfasst werden. Die Formulierung „visual images acquired by the cameras (80, 90) along the length of the product (45) as the product (45) is moved through the profiling apparatus (15)” bezieht sich entgegen der Auffassung der Beklagten nur auf die Anordnung und Funktion der Kameras, nicht aber auf die Steuereinrichtung. Sie bringt nur zum Ausdruck, dass es sich bei den von der Steuereinrichtung zu erfassenden und zu verarbeitenden visuellen Bildern, um solche Bilder handelt, die von den Kameras entlang der Länge des Produkts erfasst werden, während das Produkt durch das Abtastungsgerät gefördert wird. Hingegen ist hiermit nicht gemeint, dass die Bildverarbeitung zwingend bereits während des Durchgangs des Produkts durch das Abtastungsgerät zu erfolgen hat und aufgrund einer entsprechenden Anordnung der Steuereinrichtung noch im Abtastungsgerät abgeschlossen sein muss.

Auch Merkmal (4.3), welches besagt, dass die Steuereinrichtung so angeordnet ist, dass sie die Verarbeitung dieser visuellen Bilder durchgeführt hat, bevor das Produkt in der Produkt-Bearbeitungsvorrichtung bearbeitet wird, ist eine (mittelbare) Orts- bzw. Positionierungsvorgabe in Bezug auf die Steuereinrichtung nicht zu entnehmen. Die Angabe „bevor“ stellt – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – eine rein zeitliche Vorgabe in dem Sinne dar, dass die von der Steuereinrichtung durchzuführende Verarbeitung der visuellen Bilder vor dem Bearbeiten des Produkts abgeschlossen sein muss, so dass die Volumeninformation vor dem Start des Schneidevorganges zur Verfügung steht. Allein auf diese zeitliche Komponente kommt es dem Klagepatent an. Ob die Steuereinrichtung (150) in dem Abtastungsgerät angeordnet ist oder nicht, ist insoweit unerheblich.

Während das Steuersystem (180) gemäß Merkmal (5.2) in der Schneidemaschine angeordnet ist (dazu sogleich), ist Patentanspruch 1 eine Vorgabe betreffend die räumliche Anordnung der Steuereinrichtung (150) nicht zu entnehmen. Nach der Anspruchssystematik ist die Steuereinrichtung (150) eine eigenständige Komponente des unter Schutz gestellten automatischen Systems, deren Anordnungsort der Anspruch offen lässt. Ihre Anordnung innerhalb des Systems kann demgemäß frei gewählt werden.

Die Beschreibungsstelle in Absatz [0016] der Klagepatentbeschreibung (deutsche Übersetzung, Anlage rop 3; nachfolgende Bezugnahmen beziehen sich auf die deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift) steht diesem Verständnis nicht entgegen. Soweit es dort eingangs heißt, dass in der dargestellten Ausführungsform die Gewinnung der Informationen über das Produktprofil abgeschlossen ist, bevor das einzelne Produkt in der Produktverarbeitungseinheit einem physikalischen Prozess unterzogen wird, bezieht sich dies zum einen lediglich auf das in den Figuren dargestellte „Ausführungsbeispiel“. Zum anderen bringt auch diese Beschreibungsstelle nur zum Ausdruck, dass die Profilinformation vorliegt, bevor die Bearbeitung des Produkts beginnt. Soweit es in der betreffenden Beschreibungsstelle ferner heißt, dass die Profilaufnahmevorrichtung, wenn sie als separate Vorrichtung ausgeführt ist, zusätzlich genutzt werden kann, um Produktprofilinformationen an eine Vielzahl von unterschiedlichen Produktverarbeitungseinheiten, die entweder nacheinander oder in konkurrierender Weise arbeiten, zu liefern, gibt auch dies zu einer anderweitigen Auslegung keinen Anlass. Denn diese Passage bezieht sich lediglich auf Ausführungsformen, bei denen das Abtastungsgerät als „separate Vorrichtung“ ausgeführt ist. Eine solche (bevorzugte) Ausführung wird von Patentanspruch 1 aber nicht verlangt.

Der vorstehenden Beurteilung stehen auch die von den Beklagten in Bezug genommenen Ausführungen der Klägerin im Einspruchsverfahren nicht entgegen. In ihrer Einspruchserwiderung vom 13. Juni 2009 (Anlage B 3/rop 9) hat die Klägerin zwar ausgeführt (Unterstreichung hinzugefügt):

„Zu dem Gegenstand des Streitpatentes wurde bereits vorstehend die technische Bedeutung der Merkmale i) und m) durch Auslegung ermittelt. Danach erfolgt die Produktvolumenberechnung durch die Steuereinrichtung 150 („controller 150“) in der Abtasteinrichtung 15, wohingegen die Variierung der Produktbearbeitung durch das Steuersystem 180 („control system 180) in der Produktbearbeitungseinrichtung 20 erfolgt. Bei dem Streitpatent sind die Funktionen der Produktvolumenberechnung einerseits und der Bearbeitungssteuerung andererseits also auf die Abtasteinrichtung und die Produktbearbeitungsvorrichtungen verteilt.“

Ausweislich des von den Beklagten vorgelegten Protokolls der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung (Anlage B 6a; deutsche Übersetzung Anlage B 6b) hat die Klägerin die Zuordnung der Steuereinrichtung zum Abtastungsgerät auch dort nochmals betont. Für die Auslegung des Patentanspruchs 1 sind diese Äußerungen jedoch ohne Relevanz. Äußerungen im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren haben nur in einer Sonderkonstellation Bedeutung, nämlich dann, wenn der Patentinhaber (z. B. in Bezug auf eine bestimmte mögliche Ausführungsform der Erfindung) schutzbereichsbeschränkende Erklärungen abgegeben hat, die Beschränkung Grundlage für die Aufrechterhaltung des Patents war und der spätere Verletzungsbeklagte bereits am Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren teilgenommen hat (BGH, GRUR 1993, 886 – Weichvorrichtung I; BGH, NJW 1997, 3377 = Mitt. 1997, 364 – Weichvorrichtung II). Unter derartigen Umständen stellt die spätere Erhebung einer Verletzungsklage gegen denjenigen, der am Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren beteiligt war, wegen einer von der schutzbereichsbeschränkenden Erklärung erfassten Ausführungsform ein treuwidriges Verhalten (§ 242 BGB) dar. Ein derartiger Ausnahmesachverhalt liegt hier jedoch nicht vor. Es fehlt bereits an einer „schutzbereichsbeschränkenden Erklärung“ der Klägerin. Denn nicht jede Äußerung des Patentinhabers zum Stand der Technik, der dem Streitpatent entgegengesetzt wird, bzw. zur Abgrenzung des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik dient, stellt eine schutzbereichsbeschränkende Erklärung dar. Vielfach und in aller Regel wird es sich bloß um eine Meinungsäußerung handeln, die keinen Einwand aus Treu und Glauben hervorbringen kann. Erforderlich ist vielmehr eine Erklärung, die nach den gesamten Umständen für den Adressaten den hinreichenden Willen des Schutzrechtsinhabers erkennen lässt, die Reichweite seines Patents in Abgrenzung zu einer bestimmten Ausführungsform abzugrenzen. Dass lässt sich hier nicht feststellen. Darüber hinaus waren die angesprochenen Äußerungen der Klägerin im Einspruchsverfahren auch nicht Grundlage für die (eingeschränkte) Aufrechterhaltung des Klagepatents im Einspruchsbeschwerdeverfahren. Die Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes hat sich – ebenso wie zuvor die Einspruchsabteilung – die in Rede stehenden Argumente der Klägerin nicht zu eigen gemacht und bei seiner Entscheidung nicht hierauf abgestellt. Die angesprochenen Äußerungen haben für die (eingeschränkte) Aufrechterhaltung des Klagepatents keine Rolle gespielt. Ausweislich der Ausführungen in den Abschnitten 2.3 bis 2.7 der Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer (Anlage rop 16/17) war die die Struktur des Abtastungsgerätes betreffende „erste Gruppe von Unterscheidungsmerkmalen“ (Merkmale b1) bis b8) des aufrechterhaltenen Patentanspruchs 1 für die Aufrechterhaltung des Klagepatents ausschlaggebend. Angesichts des Wortlauts des Patentanspruchs 1, der offen lässt, wo die Steuereinrichtung zu positionieren ist, kann der betreffenden Erklärung der Klägern auch keine indizielle Bedeutung (vgl. hierzu BGH, NJW 1997, 3377, 3380 – Weichvorrichtung II) dafür beigemessen werden, wie der Fachmann den Gegenstand des Klagepatents versteht. Das gilt umso mehr, als die ebenfalls fachkundige Beklagte zu 1. im Einspruchsverfahren darauf hingewiesen hat, dass die von der Klägerin angenommene Trennung nicht klar dargestellt sei (vgl. Anlage B 6a/6b).

bb)
Während das Merkmal (4.1) damit nur festlegt, dass die Steuereinrichtung (150) mit den Kameras verbunden ist, befassen sich die weiteren Merkmale der Merkmalsgruppe (4) mit der technischen Funktion der Steuereinrichtung und der Art und Weise der Volumenbestimmung.

Merkmal (4.2) besagt, dass die Steuereinrichtung (150) angepasst ist, das Volumen des Produkts zu bestimmen. Das Volumen wird benötigt, um zusammen mit dem Gewicht die Dichte des Produkts zu ermitteln. Hierzu heißt es in Absatz [0031] der Klagepatentbeschreibung, dass der zentrale Controller (150) programmiert sein kann, um auf der Grundlage der Profilmessungen das Gesamtvolumen des Produktes zu berechnen, wobei der zentrale Controller dann den Gesamtwert des Produktes und das von der digitalen Waage ermittelte Gewicht nutzen kann, um die durchschnittliche Dichte des Produkts zu berechnen. Anhand der Dichte kann sodann in Verbindung mit der Information über das Produktprofil wiederum ermittelt werden, mit welcher Dicke die jeweilige Scheibe abzuschneiden ist, um ein bestimmtes Gewicht aufzuweisen (vgl. Anlage rop 3, Absatz [0031]). Anspruchsgemäß soll die Steuereinrichtung (150) angepasst sein, das Volumen des Produkts zu bestimmen. Der Fachmann entnimmt dem, dass die Bestimmung des Volumens durch die Steuereinrichtung durchgeführt werden soll, die hierzu entsprechend ausgebildet sein muss. Die Volumenbestimmung soll dabei gemäß Merkmal (4.2.1) durch Erfassen und Verarbeiten mehrerer von den Kameras gelieferter visueller Bilder erfolgen. Von der Steuereinrichtung (150) zu unterscheiden ist nach dem Anspruchswortlaut das in Merkmal (5.2) angesprochene Steuersystem (180) der Schneidemaschine. Dieses dient anspruchsgemäß dazu, die Bearbeitungsvorgänge an dem Produkt auf der Basis des Volumens des Produkts und der Gewichtsinformation, die durch die Waage bereitgestellt wird, zu variieren. Auf der Basis des Volumens und der Gewichtsinformation kann das Steuersystem (180) die Dichte errechnen.

(1)
Dadurch, dass erfindungsgemäß neben dem Steuersystem (180) der Schneidemaschine eine Steuereinrichtung (150) zur Bestimmung des Volumens vorgesehen ist, wird das Steuersystem der Schneidemaschine von zusätzlicher Rechenarbeit entlastet, die mit der Bestimmung des Volumens verbunden ist. Wie der Fachmann dem Merkmal (4.2.1) entnimmt, geht es im Rahmen der Volumenbestimmung um das Erfassen und Verarbeiten der von den Kameras gelieferten visuellen Bilder. Eine Entlastung des Steuersystems von der mit der Volumenbestimmung verbundenen Rechenarbeit wird bereits dann erreicht, wenn die Kamerabilder von der Steuereinrichtung erfasst und die erfassten Bilder soweit von der Steuereinrichtung verarbeitet werden, dass zwar die Volumeninformation (in mm3) als mathematisches Resultat noch nicht vorliegt, jedoch die notwendigen Rechenschritte soweit ausgeführt sind, dass aus den von der Steuereinrichtung durch Erfassen und Verarbeiten der Kamerabilder ermittelten Werten in einer nachfolgenden einfachen, keinen nennenswerten Aufwand mehr erfordernden Rechenoperation das Volumen von dem Steuersystem ermittelt werden kann. Soweit Patentanspruch 1 davon spricht, dass die Steuereinrichtung dazu angepasst ist, „das Volumen zu bestimmen“, wird der Fachmann dies bei nicht nur philologischem, sondern technisch sinnvollem Verständnis nicht mathematisch streng in dem Sinne verstehen, dass als Ergebnis der von der Steuereinrichtung durchzuführenden Verarbeitung der Kamerabilder bereits das Volumen des Produkts als mathematischer Wert vorliegen und diese Volumeninformation an das Steuersystem weitergeleitet werden muss. Das gilt um so mehr, als Patentanspruch 1 in Bezug auf die Steuereinrichtung (150) nur von Volumenbestimmung („… das Volumen zu bestimmen“), nicht aber von Volumenberechnung spricht (Merkmal (4.2)), und er in Bezug auf das Steuersystem (180) der Schneidemaschine nur vorgibt, dass diese vorgesehen ist, um die Bearbeitungsvorgänge der Schneidemaschine an dem Produkt auf der Basis des Volumens des Produkts und der Gewichtsinformation, die durch die Waage bereitgestellt wird, zu variieren (Merkmal (5.2)). Während die Gewichtsinformation hiernach „durch die Waage bereitgestellt wird“, heißt es in Merkmal (5.2) nicht, dass die Volumeninformation durch die Steuereinrichtung bereitgestellt wird. Es wird vielmehr nur gesagt, dass das Steuersystem in der Lage ist, die Bearbeitungsvorgänge „auf der Basis des Volumens des Produkts“ zu variieren, was nicht ausschließt, dass noch eine abschließende Berechnung des Volumens aus den von der Steuereinrichtung (150) zum Zwecke der Volumenbestimmung ermittelten Werte ausgeführt wird. Bereits hierdurch wird das Steuersystem von viel mit der Volumenbestimmung verbundener Rechenarbeit entlastet.

In seinem Verständnis, dass Patentanspruch 1 nicht streng in dem Sinne zu verstehen ist, dass die Steuereinrichtung (150) das Volumen des Produkts abschließend berechnen muss, wird der Fachmann jedenfalls auch durch die Beschreibungsstelle in Absatz [0031] der Klagepatentbeschreibung (= Abs. [0025] der Anlage rop 1) bestärkt, welche sich explizit mit der Ermittlung des Gesamtvolumens des Produkts befasst. Nachdem dort zunächst ausgeführt wird, dass der zentrale Controller (150) programmiert sein kann, um auf der Grundlage der Profilmessungen das Gesamtvolumen des Produkts zu berechnen, und der zentrale Controller dann den Gesamtwert des Produkts und das von der digitalen Waage ermittelte Gewicht nutzen kann, um die durchschnittliche Dichte des Produktes zu berechnen, heißt es in dieser Beschreibungsstelle am Ende ausdrücklich (Unterstreichungen hinzugefügt):

„Alternativ können eine oder mehrere Berechnungen der durchschnittlichen Dichte, des Gesamtvolumens oder Produktprofilmessungen oder -berechnungen durch das Steuersystem 180 der Schneidmaschine ausgeführt werden.“

Auch wenn diese Beschreibungsstelle keine Auslegung des Patentanspruchs 1 rechtfertigen kann, wonach auch das Steuersystem die Volumenbestimmung vollständig oder auch nur zu einem wesentlichen Teil ausführen kann, weil gemäß Art. 69 EPÜ maßgebliche Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent geschützt ist, der Inhalt der Patentansprüche ist, wird der Fachmann ihr doch entnehmen, dass dem Steuersystem eine abschließende Berechnung des Volumens aus den von der Steuereinrichtung zum Zwecke der Volumenbestimmung durch Erfassen und Verarbeiten der Kamerabilder ermittelten Werten durch Ausführung eines letzten, simplen Rechenschrittes überlassen werden kann.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, dass die in Bezug genommene Beschreibungsstelle nicht mehr relevant ist.

Soweit die Beklagten insoweit geltend machen, die Klagepatentbeschreibung betreffe nunmehr in Absatz [0008] eine Ausführungsform, die nach der aufrechterhaltenen Fassung des Klagepatents nicht unter den Patentanspruch 1 falle, ist zutreffend, dass Absatz [0008] der Klagepatentbeschreibung durch die Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer geändert worden ist. Dort heißt es nunmehr, dass in der folgenden Beschreibung eine Ausgestaltung mit Bezug zu den zugehörigen Zeichnungen beispielhaft beschrieben ist, die nicht in den Schutzbereich von Anspruch 1 fällt („… not filling in the scope of claim 1 …“). Daraus lässt sich allerdings nicht der Schluss ziehen, dass damit die weitere Klagepatentbeschreibung für die Auslegung von Patentanspruch 1 insgesamt nicht mehr von Bedeutung ist. Der Hinweis darauf, dass die gezeigte Ausführungsform nicht von Patentanspruch 1 erfasst wird, bezieht sich offensichtlich bloß darauf, dass bei dieser Ausführungsform jeweils nur ein oberer und ein unterer Zeilen-Laser vorhanden ist (vgl. Figur 1), wohingegen der aufrechterhaltene Anspruch 1 des Klagepatents verlangt, dass mindestens zwei obere Zeilenlaser und mindestens zwei untere Zeilenlaser vorgesehen sind. Hierfür spricht bereits, dass ausweislich der Anlage GKSS 1 nicht etwa die gesamte nachfolgende Klagepatentbeschreibung gestrichen, sondern diese nur an einigen Stellen geändert bzw. angepasst worden ist (vgl. Anlage GKSS 1, Absätze [0013], [0027], [0028] und [0032]). Eine Streichung der weiteren Beschreibung hätte jedoch nahe gelegen, wenn diese nunmehr insgesamt überholt wäre. Die hier insbesondere interessierende Beschreibungsstelle in Absatz [0031] ist weder gestrichen noch geändert worden. Außerdem ist ausweislich der Anlage GKSS 1 in Absatz [0013] der englischen Klagepatentschrift (Absatz [0013] der Anlage rop 3) eingefügt worden, dass das anhand der Figuren erläuterte Ausführungsbeispiel erfindungsgemäß ist, wenn jedes der Gehäuse der Bilderkennungssysteme zwei entgegengesetzte Linienlaser enthält, um das Produkt jeweils abwärts und transversal von entgegengesetzten Seiten des Produktes zu beleuchten. Die Figuren und die zugehörige Patentbeschreibung dienen damit ersichtlich nach wie vor der Erläuterung der Erfindung. Aus den schriftlichen Gründen der Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes ergibt sich nichts Gegenteiliges.

Fehl geht auch der Einwand der Beklagten, die Beschreibungsstelle in Absatz [0031] sei schon deshalb nicht mehr relevant und dürfe schon deshalb zur Ermittlung des technischen Sinngehaltes der unter Schutz gestellten Lehre nicht mehr herangezogen werden, weil sie infolge der Streichung der ursprünglich angemeldeten Ansprüche 21 bis 33 überholt sei. Absatz [0031] ist nach wie vor Bestandteil der Beschreibung. Die Erteilungsakten eines Patentes bilden, weil sie in Artikel 69 EPÜ nicht erwähnt und auch nicht allgemein veröffentlicht sind, grundsätzlich kein zulässiges Auslegungsmaterial (BGH, GRUR 2002, 511, 513 f. – Kunststoffrohrteil). Umstände, die in den Akten, aber nicht in der Patentschrift Niederschlag gefunden haben, wie etwa der Inhalt der ursprünglichen Unterlagen, können deshalb zur Auslegung nicht mit herangezogen werden (vgl. BGH GRUR 1982, 291 – Polyesteramide; Schulte/A, Patentgesetz mit EPÜ, 8. Aufl., § 14, Rdnrn. 43, 46; Benkard/Scharen, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz,
10. Aufl., §14 PatG Rdnrn. 69, 70; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz,
6. Aufl., § 14 Rdnr. 71, 74). Dem Fachmann steht zur Erfassung der geschützten technischen Lehre nur die Klagepatentschrift in der veröffentlichten Fassung zur Verfügung; bei seiner Suche nach Verständnishilfen wird er sämtliche Teile der Beschreibung heranziehen und hierbei grundsätzlich auch die Abschnitte nicht ausblenden, die nach Ansicht der Beklagten infolge der im Erteilungsverfahren vorgenommenen Streichung von Ansprüchen aus der Beschreibung hätten entfernt werden müssen. Da sich ihm dieser Hintergrund aus dem Inhalt der Patentschrift nicht erschließt, liest er diese so, wie sie sich ihm darstellen, und er wird deshalb die betreffenden Textpassagen auch als Erläuterung des im Anspruch 1 unter Schutz gestellten Gegenstandes verstehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten wird diese Beurteilung auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass ein Vergleich der Klagepatentschrift mit der – ebenfalls öffentlich zugänglichen – Patentanmeldung erkennen lässt, dass ursprünglich weitere Ansprüche angemeldet worden sind, die in der Patentschrift nicht mehr enthalten sind und die damit während des Erteilungsverfahrens gestrichen worden sein müssen. Es bedarf an dieser Stelle keiner abschließenden Entscheidung der Frage, ob Abweichungen zwischen der Patentschrift und der veröffentlichten Patentanmeldung bei der Auslegung eines Patents überhaupt Berücksichtigung finden können (offen gelassen von BGH, GRUR 2010, 602, 605/606 – Gelenkanordnung), was fraglich erscheint, weil auch die veröffentlichte Patentanmeldung in Artikel 69 EPÜ nicht erwähnt ist. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die veröffentlichte Patentanmeldung als Mittel zur Auslegung der später erteilten und veröffentlichten technischen Lehre zugelassen werden muss, führt das hier zu keinem für sie günstigeren Ergebnis. Der Vergleich beider Schriften zeigt dem Fachmann zwar, dass die ursprünglich angemeldeten Ansprüche 21 bis 33 fehlen. Die in Rede stehende Beschreibungsstelle in Absatz [0031] lässt jedoch keinen eindeutigen Bezug zu den ursprünglich angemeldeten Ansprüche 21 bis 33 erkennen.

Letztlich kommt es auf die in Bezug genommene Beschreibungsstelle allerdings nicht einmal entscheidend an. Wie ausgeführt, versteht der Fachmann Patentanspruch 1 unabhängig von der Klagepatentbeschreibung nicht streng in dem Sinne, dass die Steuereinrichtung (150) in der Lage sein muss, das Volumen des Produkts als mathematischen Wert selbst aus den von ihr durch Erfassen und Verarbeiten der Kamerabilder ermittelten Werten abschließend zu berechnen.

(2)
Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen folgt daraus, dass anspruchsgemäß die Steuereinrichtung (150) dazu ausgebildet ist, das Volumen des Produkts zu bestimmen, nicht, dass es sich bei der Steuereinrichtung (150) und dem Steuersystem (180) der Schneidemaschine um diskrete, voneinander getrennte Bauteile handeln muss. Der Begriff „Steuereinrichtung“ ist denkbar weit gefasst. Dazu, wie die „Steuereinrichtung“ konstruktiv auszuführen ist, macht Patentanspruch 1 keine Vorgaben. Die „Steuereinrichtung“ wird im Patentanspruch vielmehr funktional im Hinblick auf die ihr zugedachte technische Funktion beschrieben, nämlich das Volumen des Produkts nach Maßgabe des Merkmals (4.2.1) zu bestimmen, und zwar so, dass die Verarbeitung der Kamerabilder abgeschlossen ist, bevor das Produkt in der Schneidemaschine bearbeitet wird (Merkmal (4.3)). Insgesamt macht Patentanspruch 1 hinsichtlich der Steuereinrichtung (150) lediglich folgende Vorgaben:

– die Steuereinrichtung muss mit den Kameras verbunden sein,
– die Steuereinrichtung muss angepasst sein, dass Volumen zu bestimmen,
– die der Steuereinrichtung obliegende Volumenbestimmung muss durch Erfassen und Verarbeiten der von den Kameras gemachten visuellen Bilder erfolgen
– und die Steuereinrichtung muss so angeordnet sein, dass sie die Verarbeitung der Bilder durchgeführt hat, bevor das Produkt in der Schneidemaschine bearbeitet wird.

Das schließt es nicht aus, dass die Steuereinrichtung – insgesamt oder zum Teil – in der Schneidemaschine angeordnet ist. Es trifft nicht zu, dass das Klagepatent eine Anordnung der Steuereinheit in der Schneidemaschine ablehnt; die Anordnung der Steuereinheit innerhalb des automatischen Systems kann – wie ausgeführt – vielmehr frei gewählt werden. Ebenso wird durch die vorstehend angeführten Vorgaben nicht ausgeschlossen, dass die Steuereinrichtung z. B. in Form von zwei EDV-Bausteinen realisiert wird, welche zusammen eine Steuereinrichtung zur Volumenbestimmung bilden. Dass es in Patentanspruch 1 „eine Steuereinheit (150)“ heißt, steht dem nicht entgegen. Bei dem Wort „ein“ handelt es sich um einen unbestimmten Artikel und kein Zahlwort. Ob die Steuereinrichtung in einem Baustein realisiert oder in mehrere Einheiten aufgeteilt wird, ist ohne Belang.

b)
Hiervon ausgehend verwirklicht die angegriffene Ausführungsform 1 auch das Merkmal (4).

aa)
Die – im Abtastungsgerät (Scanner) angeordnete – erste SPS des Systems der Beklagten stellt eine Steuereinrichtung dar, die unstreitig mit den Kameras des Abtastungsgerätes verbunden ist (Merkmal (4.1)).

Die erste SPS ist auch im Sinne des Merkmals (4.2) angepasst, das Volumen des Produkts zu bestimmen, und zwar entsprechend den Vorgaben des Merkmals (4.2.1) durch Erfassen und Verarbeiten mehrerer visueller Bilder, die von den Kameras entlang der Länge des Produkts erfasst werden, während das Produkts durch das Abtastungsgerät durchgeführt wird. Unstreitig ermittelt die erste SPS eine Flächenwerttabelle (FWT), die (Querschnitts)Flächenwerte in mm2 enthält. Diese Flächenwerttabelle wird durch Erfassen und Verarbeiten der von den Kameras gemachten visuellen Bilder erstellt. Zwar berechnet die erste SPS aus den von ihr ermittelten Flächenwerten nicht schon das Volumen (anzugeben in mm3). Die Flächenwerttabelle wird vielmehr an die zweite – im Slicer angeordnete – SPS übermittelt, die dann anhand der Flächenwerttabelle das Volumen des Produkts berechnet. Das steht der Verwirklichung des Merkmals (4) jedoch nicht entgegen, weil die erste SPS bis auf einen abschließenden, simplen Rechenschritt alles leistet, was für die Volumenbestimmung erforderlich ist, so dass die zweite SPS von viel zusätzlicher Rechenarbeit entlastet wird. Wie die Klägerin im Verhandlungstermin erläutert hat, besteht die wichtigste und umfangreichste Arbeit bei der Bestimmung des Volumens des Produkts darin, aus den vagen Kamerabildern ein konkretes Profil zu ermitteln. Anhand der von den Kameras zur Verfügung gestellten Pixelbildern muss mittels eines geeigneten Algorithmus das Profil identifiziert und mittels der durch das Profil abgegrenzten Pixel das Profil des Produkts an dem durch die Zeilenlaser angezeigten Querschnitt quantifiziert werden. Gemäß den Erläuterungen der Klägerin muss in diesem Zusammenhang das fragmentarische Datengebilde des Bildes sauber aufgearbeitet werden. Vorhandene Lücken – z. B. schlecht reflektierende Fettbereiche – müssen vervollständigt bzw. ausgefüllt werden. Es müssen digitale Bilddateien bearbeitet werden. Außerdem müssen die oberen und unteren Bilddaten zusammengeführt werden. Schließlich müssen die Querschnitte in der Flächenwerttabelle gespeichert werden. Das alles wird unstreitig von der ersten SPS geleistet. Dem entsprechenden Vortrag der Klägerin sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Ob über die vorgenannten Maßnahmen hinaus zu Beginn noch die Winkelstellung der Kameras eliminiert werden muss, worüber die Parteien im Verhandlungstermin gestritten haben, bedarf keiner Aufklärung. Entscheidend ist, dass die Profilermittlung durch die erste SPS eindeutig die Hauptarbeit im Rahmen der Volumenbestimmung ausmacht. Das Volumen ist – was die auszuführenden Arbeitsschritte anbelangt – praktisch bereits bestimmt; anschließend wird unter Zusammenführung der von der ersten SPS ermittelten Daten nur noch durch eine simple Rechenoperation das Volumen ausgerechnet, was keine nennenswerte Rechenarbeit mehr erfordert.

Die vorstehende Beurteilung wird durch die eigenen Angaben der Beklagten in ihrer Wartungsanleitung gemäß Anlage der rop 5 bestätigt. Dort heißt es nämlich auf Seite 22 unter Punkt 5.1 (Unterstreichungen hinzugefügt):

„Der Produktvolumenscanner (CBS) mit der Band (CWB) dient dazu, das Volumen und das Gewicht des Produktes zu ermitteln und der Slicer-Steuerung für die Portiongewichts-Berechnungen zur Verfügung zu stellen.“

Die Volumenermittlung erfolgt danach praktisch bereits durch die im Scanner angeordnete erste SPS.

Zwar findet nach dem Vorbringen der Beklagten bei ihrem System darüber hinaus ein Interpolieren des Querschnittsprofils von Querschnittsebene zu Querschnittsebene durch die zweite SPS statt, was zusätzliche Rechenarbeit erfordert, die nicht unerheblich sein mag. Es ist jedoch unstreitig, dass bei der Volumenberechnung des gesamten Produktes keine solche Interpolation stattfinden muss, sondern nur bei der Volumenberechnung des einzelnen Stückes, und sie auch nicht üblich ist. Dem entsprechenden Vortrag der Klägerin im Verhandlungstermin sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Sie haben vielmehr selbst darauf hingewiesen, dass die Querschnittsebenen, für die Querschnittsflächenwerte ermittelt werden, äußerst eng beieinander liegen, so dass in Bezug auf ein in seinem Volumen zu bestimmendes Produkt mehr als hundert Querschnittsebenen vorliegen, die flächenmäßig erfasst werden. Ist eine Interpolation bei der Volumenberechnung des gesamten Produktes, wie sie vom Klagepatent angestrebt wird, aber nicht erforderlich und nicht gebräuchlich, so stellt die bei dem System der Beklagten stattfindende Interpolation nur ein besonderes Extra bzw. einen Zusatz dar, der außerhalb des Klagepatents liegt und deshalb einer Verwirklichung des Merkmals (4) nicht entgegensteht.

bb)
Jedenfalls wird bei dem System der Beklagten die klagepatentgemäße Steuereinrichtung von der im Scanner angeordneten ersten SPS und einer Rechen- bzw. Funktionseinheit der im Slicer angeordneten zweiten SPS gebildet. Patentanspruch 1 verlangt – wie ausgeführt – nicht, dass es sich bei der Steuereinrichtung und dem Steuersystem um diskrete, voneinander getrennte Bauteile handelt. Auch schließt das Klagepatent eine Realisierung der Steuereinrichtung in zwei EDV-Bausteinen nicht aus. Demgemäß kann z. B. der eine Baustein im Abtastungsgerät und der andere Baustein in der Schneidmaschine angeordnet sein, wobei es sich bei dem letzteren Baustein auch nicht um ein diskretes, von der Systemsteuerung getrennten Bauteil handeln muss. Erforderlich ist insoweit nur, dass es eine individualisierbare Einheit gibt, die funktionell von der gemäß Merkmal (5.2) für die Variierung der Bearbeitungsvorgänge an dem Produkt zuständigen Systemsteuerung getrennt werden kann. Gemäß dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin im Verhandlungstermin ist genau dies bei dem System der Beklagten der Fall. Denn danach sind in der zweiten SPS für die abschließende Volumenberechnung ganz andere Algorithmen hinterlegt als für die weiteren Steueraufgaben. Die Systemsteuerung muss insoweit über eine Recheneinheit verfügen, die nur für die abschließende Berechnung des Volumens zuständig und funktionell von dem restlichen Steuersystem, das andere Aufgaben erfüllt, unterschieden werden kann. Zusammen mit der mit den Kameras verbundenen ersten SPS bildet diese individualisierbare Einheit der zweiten SPS eine Steuereinrichtung im Sinne des Klagepatents, die dazu ausgelegt ist, das Volumen des Produkts zu bestimmen. Die Merkmale (4.2) und (4.2.1) sind deshalb auch aus diesem Grunde wortsinngemäß verwirklicht.

c)
Unabhängig davon, ob die erste SPS alleine oder zusammen mit einer Einheit der zweiten SPS bei dem System der Beklagten die klagepatentgemäße Steuereinrichtung bildet, verwirklicht die angegriffene Ausführungsform 1 auch das Merkmal (4.3) wortsinngemäß. Denn die Steuereinrichtung ist, ob sie nun ein- oder zweiteilig ausgeführt ist, nach den unangegriffenen und auch zutreffenden Feststellungen des Landgerichts so angeordnet, dass die Verarbeitung der visuellen Bilder abgeschlossen ist, bevor das Produkt in der Schneidemaschine bearbeitet wird. Bevor das Produkt in einzelne Scheiben geschnitten wird, ist das Volumen berechnet.

5.
Die angegriffene Ausführungsform 1 entspricht des Weiteren den Vorgaben des Merkmals (5).

Sie umfasst – wie zwischen den Parteien zur Recht unstreitig ist – in wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals (5.1) in Gestalt ihres „Slicers“ eine Produkt-Bearbeitungsvorrichtung, bei der es sich um eine Schneidemaschine handelt. Diese kann von dem Produkt Scheiben eines bestimmten Gewichts abschneiden.

Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, verwirklicht die angegriffene Ausführungsform 1 auch das Merkmal (5.2) wortsinngemäß, welches besagt, dass die Schneidemaschine ein Steuersystem aufweist, um ihre Bearbeitungsvorgänge an dem Produkt auf der Basis des Volumens des Produkts und der Gewichtsinformation, die durch die Waage bereitgestellt wird, zu variieren. Das „Steuersystem“ wird bei der angegriffene Ausführungsform 1 von der in der Schneidemaschine angeordneten zweiten SPS, jedenfalls aber von derjenigen Steuereinheit der zweiten SPS, welche nicht für die Volumenberechnung zuständig ist, gebildet. Dieses Steuersystem steuert die Bearbeitungsvorgänge der Schneidemaschine an dem Produkt auf der Basis des Volumens und der von der Waage bereitgestellten Gewichtsinformation.

6.
In wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals (6) führt – wie zwischen den Parteien außer Streit steht – die Förderlinie der angegriffenen Ausführungsform 1 das zu bearbeitende Produkt schließlich auch der Reihe nach zwischen dem Abtastungsgerät (Scanner) und der Schneidemaschine (Slicer).

7.
Damit macht das System der Beklagten von der technischen Lehre des Klagepatents unmittelbar und wortsinngemäß Gebrauch.

D.
Dass die Beklagten durch das Anbieten und die Lieferung der Produktvolumen-Scanner mit Wiegeeinrichtung ohne Slicer (angegriffene Ausführungsform 2) das Klagepatent auch mittelbar verletzen (Art. 64 EPÜ i.V.m. § 10 PatG), hat das Landgericht unter Ziffer III. 2. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Auf die dortigen – von der Berufung nicht gesondert angegriffenen – Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

E.
Das Landgericht hat unter Ziffer IV. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils im Einzelnen ausgeführt, aufgrund welcher weiteren Tatumstände und Rechtsvorschriften der Klägerin die zuerkannten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung, Rückruf, Schadensersatz und Entschädigung gegen die Beklagten im Hinblick auf die vorstehend dargelegte (unmittelbare und mittelbare) Schutzrechtsverletzung bzw. –benutzung zustehen und dabei u. a. zu Recht auf Art. 64 EPÜ, §§ 9, 10, 139 Abs. 1 und 2 PatG sowie auf die §§ 140a Abs. 1 und 3, 140b PatG und auf §§ 242, 259 BGB verwiesen. Auf diese Ausführungen, die sich der Senat zu eigen macht, wird verwiesen mit der Maßgabe, dass der Klägerin vom Landgericht zugesprochene Anspruch auf Entfernung der patentverletzenden Erzeugnisse aus den Vertriebswegen nach
§ 140b Abs. 3 PatG entfällt.

1.
Das Landgericht hat die Beklagten auch dazu verurteilt, die im Tenor zu Ziffer I. 1 a) beschriebenen, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen patentverletzenden Erzeugnisse „aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagten die Erzeugnisse entweder wieder an sich nehmen oder die Laser-Rahmen einschließlich der darauf montierten Zeilen-Laser beim jeweiligen Besitzer aus den Erzeugnissen entfernen und vernichten.“ Diesem Ausspruch und dem ihm zugrundeliegenden Klageantrag ist schon nicht zu entnehmen, welche konkrete Entfernungsmaßnahme von den Beklagten verlangt wird. Einem Ausspruch, der bloß allgemein darauf gerichtet ist, dass der Beklagte das patentverletzende Erzeugnis endgültig aus den Vertriebswegen entfernt, fehlt die erforderliche Bestimmtheit, weil es dem Vollstreckungsverfahren überlassen bliebe zu bestimmen, welche Maßnahmen der Beklagte schuldet und welche nicht. Das gleiche gilt für einen Antrag dahingehend, dass der Beklagte die Vernichtung der rechtsverletzenden Ware beim gewerblichen Abnehmer veranlasst. Ohne nähere Konkretisierung dazu, welche Maßnahme genau verlangt wird, ist das Begehren nichtssagend und deswegen prozessual unzulässig.

Die Klägerin hat im Übrigen auch nicht dargetan, dass die Beklagten die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit haben, die im Besitz ihrer gewerblichen Abnehmer befindlichen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen (z. B. aufgrund fortbestehenden Eigentums) oder deren Teil-Vernichtung zu veranlassen. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag.

Soweit der Klageantrag der Klägerin, was die Inbesitznahme der patentverletzenden Erzeugnisse anbelangt, dahin zu verstehen sein sollte, dass die Beklagten die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen patentverletzenden Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen haben, ist diese Verpflichtung bereits Teil ihrer Rückrufverpflichtung (vgl. Senat, Urt. v. 06.05.2010 – I-2 U 98//09, Umdr. Seite 27). Zur Klarstellung hat der Senat dies in den neugefassten Tenor zu A. I. 4. aufgenommen.

2.
Die weiteren Berufungsangriffe bleiben jedoch ohne Erfolg.

a)
Ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen den der Klägerin gegen die Beklagte
zu 1. zugesprochenen Vernichtungsanspruch.

aa)
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1. nicht zur Vernichtung der gesamten angegriffenen Ausführungsform 1, sondern nur dazu verurteilt, aus der angegriffenen Ausführungsform 1 die Laser-Rahmen einschließlich der durch sie getragenen Zeilen-Laser zu entfernen und zu vernichten. Ohne Erfolg rügen die Beklagten mit der Berufung, dass die Klägerin keinen hierauf gerichteten „formellen“ Antrag gestellt habe. Der von der Klägerin gestellte Vernichtungsantrag zielte auf eine Vernichtung der gesamten angegriffenen Ausführungsform 1 ab. Er umfasste als Minus die vom Landgericht aus Verhältnismäßigkeitsgründen (§ 140a Abs. 4 PatG) ausgeurteilte Vernichtung eines Teils dieser Vorrichtung. Der Stellung eines entsprechenden Hilfsantrages bedurfte es nicht. Denn die Stellung eines Hilfsantrages ist jedenfalls dann entbehrlich, wenn es sich bei den – aufgrund des Vorbringens der Parteien – konkret in Betracht kommenden Maßnahmen (z. B. Teilvernichtung) um ein ohne weiteres vom Hauptantrag umfasstes Minus handelt (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 140a PatG Rdnr. 6; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 140b PatG Rdnr. 21). So verhält es sich hier. Denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin haben die Beklagten im Verhandlungstermin vor dem Landgericht die Vernichtung der Zeilen-Laser als mögliche mildere Maßnahme gegenüber der von der Klägerin begehrten Vollvernichtung selbst ins Spiel gebracht (vgl. Schriftsatz der Klägerin v. 21.08.2009, Seite 3 [Bl. 199 GA] und Berufungserwiderung v. 25.05.2010, Seite 9 [Bl. 411 GA]) und die Klägerin hat daraufhin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 21. August 2009 (Seite 3, [Bl. 199 GA]) zum Ausdruck gebracht hat, dass sie den zuerkannten Teil-Vernichtungsanspruch als Minus gegenüber der vorrangig angestrebten vollständigen Vernichtung der angegriffenen Ausführungsform 1 betrachtet.

bb)
Das Landgericht hat unter Ziffer IV. 5) der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils im Einzelnen ausgeführt, aus welchen Gründen der Klägerin ein (eingeschränkter) Vernichtungsanspruch gegen die Beklagte zu 1. aus § 140a Abs. 1 PatG zusteht. Es hat sich hierbei im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch mit der Frage befasst, ob die Klägerin – wie von den Beklagten angestrebt – lediglich eine Umprogrammierung beanspruchen kann. Es hat dies verneint, weil eine solche keine Gewähr dafür biete, dass das System – und sei es nur durch Dritte – wieder so geändert werden könnte, dass es das Klagepatent verletzt. Diese Beurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat berücksichtigt, dass eine Vernichtung dann nicht verlangt werden kann, wenn sie im Einzelfall unverhältnismäßig ist (§ 140a Abs. 4 PatG). Solches ist dann der Fall, wenn der rechtswidrige Zustand des Gerätes auf andere Weise als durch die vollständige Vernichtung beseitigt werden kann. Dies kann der Fall sein, wenn sich der patentverletzende Gegenstand unschwer zu einem patentfreien Erzeugnis umgestalten lässt oder wenn der patentverletzende Zustand durch die Vernichtung lediglich eines Teils der patentgeschützten Gesamtvorrichtung eliminiert werden kann. Allerdings ist – umgekehrt – stets die Gefahr zu bedenken, dass der schutzrechtsverletzende Gegenstand bei einer bloßen Teilvernichtung von dritter Seite wieder in einen patentverletzenden Zustand versetzt wird (vgl. Senat, InstGE 7, 139 – Thermocycler; Schulte/A, a.a.O., § 140a PatG Rdnr. 13). Hiervon ausgehend ist es nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht eine bloße Umprogrammierung der relevanten Software als nicht so zuverlässig angesehen hat, wie eine Teilvernichtung der Vorrichtung. Soweit die Beklagten rügen, es sei auch ohne weiteres möglich, die zu vernichtenden Laser-Rahmen einschließlich der durch sie getragenen Zeilen-Laser einfach neu herstellen zu lassen, mag dies dafür sprechen, dass hier doch ein Anspruch auf Vollvernichtung bestanden hätte. Eine Verurteilung zu einer anderweitigen „eingeschränkten“ Vernichtung kann dieser Umstand nicht rechtfertigen.

cc)
Entsprechendes gilt hinsichtlich des der Klägerin zugesprochenen Rückrufanspruchs. Insoweit bleibt es – wie der Senat im Tenor klargestellt hat – den Beklagten unbenommen, sich gegenüber den Abnehmern bereit zu erklären, statt die (unmittelbar) patentverletzenden Vorrichtungen zurückzunehmen, die Laser-Rahmen einschließlich der darauf montierten Zeilen-Laser bei dem jeweiligen Besitzer aus den Vorrichtungen zu entfernen und diese Teile an sich zu nehmen, womit diese Teile dann der Vernichtungsverpflichtung der Beklagten zu 1. unterfallen.

b)
Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, ein Anspruch auf Rückruf könne nur für ab dem 1. September 2008 vertriebene Geräte bestehen.

Für die Zeit ab Umsetzung der Enforcement-Richtlinie am 1. September 2008 ergibt sich der zuerkannte Anspruch auf Rückruf unmittelbar aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG. Darüber hinaus steht der Klägerin ein entsprechender Anspruch für vor diesem Zeitraum liegende, ab dem 11. April 2007 begangene Handlungen zu. Mangels besonderer Überleitungsbestimmungen gilt die Neufassung des § 140a Abs. 3 PatG zwar nur für solche Entstehungstatbestände, die nach Inkrafttreten der Bestimmung am 1. September 2008 verwirklicht worden sind (BGH, GRUR 2009, 515, 517 – Motorradreiniger; A/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Aufl., Rdnr. 678). Für die Zeit vor dem 1. September 2008 ab Veröffentlichung der Patenterteilung (11.04.2007), welche nach dem Zeitpunkt erfolgt ist, bis zu dem die Enforcement-Richtlinie spätestens von den Mitgliedstaaten umzusetzen war, folgt der Rückrufanspruch jedoch aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 PatG, 823 BGB, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. Art. 10 Abs. 1 der Enforcement-Richtlinie. Für Normen, die in Vollzug einer EG-Richtlinie erlassen worden sind, aber auch für früher erlassenes Recht, gilt der Grundsatz richtlinienkonformer Auslegung (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Die nationalen Gerichte haben unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung seiner Auslegungsmethoden alles zu tun, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie zu gewährleisten und in diesem Rahmen auch das nationale Recht richtlinienkonform fortzubilden (Palandt/Sprau, a.a.O., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Die Pflicht zur richtlinienkonform Auslegung beginnt mit Ablauf der Umsetzungsfrist (Palandt/Sprau, a.a.O., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Hält der Gesetzgeber die Frist für die Umsetzung einer Richtlinie nicht ein, müssen die Gerichte prüfen, ob die Richtlinie, etwa auf der Grundlage von Generalklauseln des nationalen Rechts, durch richtlinienkonforme Auslegung umgesetzt werden kann (Palandt/Sprau, a.a.O., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Nach Art. 10 der Enforcement-Richtlinie, welche bis zum 29. April 2006 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen, sollen die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsordnungen vorsehen, dass dem Verletzten eine Möglichkeit gegeben wird, den Rückruf der patentverletzenden Ware aus den Vertriebswegen zu erreichen. Diese Rechtsfolge lässt sich im Wege richtlinienkonformer Auslegung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog herleiten, denn diese Vorschrift berechtigt den Verletzten dazu, die „Beseitigung“ der Beeinträchtigung zu verlangen. Darunter lässt sich der Rückruf patentverletzender Ware aus den Vertriebswegen subsumieren (LG Düsseldorf, Urt. v. 12.02.208 – 4b 220/08; ebenso LG Mannheim, InstGE 12, 207/208 – Stickstoffmonoxid-Nachweis). Entsprechend sieht Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140 a Abs. 3 PatG in Umsetzung der Enforcement-Richtlinie einen Anspruch auf Rückruf patentverletzender Er-zeugnisse aus den Vertriebswegen vor.

Die Entscheidung „Motorradreiniger“ des Bundesgerichtshofs (GRUR 2009, 515) steht dem nicht entgegen. Mit der Frage einer richtlinienkonformen Auslegung bislang bereits geltender Vorschriften des nationalen Rechts hat sich der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung nicht befasst und musste er sich auch nicht befassen. Denn das dortige Verfahren hatte – worauf der Bundesgerichtshof ausdrücklich hingewiesen hat (GRUR 2009, 515, 517 Tz. 22) – in der Revisionsinstanz nur rechtsverletzende Handlungen zum Gegenstand, die einen Zeitraum betrafen, der sowohl vor dem Inkrafttreten des Durchsetzungsgesetzes am 1. September 2008 als auch vor dem 29. April 2006 lag, bis zu dem die Durchsetzungsrichtlinie nach ihrem Art. 20 Satz 1 spätestens von den Mitgliedstaaten umzusetzen war.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.