4b O 65/11 – Wärmedämmung III

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1638

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 10. Mai 2011, Az. 4b O 65/11

I. Den Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, letztere zu vollstrecken an einem der Geschäftsführer, untersagt,

Bauelemente zur Wärmedämmung zwischen einem Gebäude und einem vorkragenden Außenteil bestehend aus einem dazwischen zu verlegenden Isolierkörper mit integrierten metallischen Bewehrungsstäben, die sich quer zum Isolierkörper durch diesen hindurch erstrecken und beidseits vorstehen,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, wenn

der Isolierkörper zumindest eine ihm fest verbundene Leiste aufweist, die aus einem härteren Material als der Isolierkörper besteht und die an ihren den zu betonierenden Bauteilen zugewandten Seiten Ausnehmungen aufweist, wobei in diesen Ausnehmungen die Zug-und/oder die Druckstäbe fixiert sind.

II. Die Verfügungsbeklagten tragen die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens.

III. Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung ist davon abhängig, dass die Verfügungsklägerin den Verfügungsbeklagten (als Mitgläubigern) zuvor eine Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 600.000 erbringt.

IV. Der Streitwert beträgt EUR 300.000.

T a t b e s t a n d

Die Verfügungsklägerin ist eingetragene, alleinige Inhaberin des deutschen Patents DE 43 00 XXX C2 (Anlage AST16, nachfolgend: „Verfügungspatent“), das am 7.1.1993 angemeldet wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Verfügungspatents wurde am 29.11.2001 veröffentlicht.

Der Anspruch 1 des Verfügungspatents lautet ohne Bezugszeichen:

„Bauelement zur Wärmedämmung zwischen einem Gebäude und einem vorkragenden Außenteil bestehend aus einem dazwischen zu verlegenden Isolierkörper mit integrierten metallischen Bewehrungsstäben, die sich quer zum Isolierkörper durch diesen hindurch erstrecken und beidseits vorstehen,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Isolierkörper zumindest eine ihm fest verbundene Leiste aufweist, die aus einem härteren Material als der Isolierkörper besteht und die an ihren den zu betonierenden Bauteilen zugewandten Seiten Ausnehmungen aufweist, und dass in diesen Ausnehmungen die Zug- und/oder die Druckstäbe fixiert sind.“

Die nachfolgend eingeblendete Figur 1 zeigt beispielhaft einen patentgemäßen Isolierkörper mit Bewehrungsstäben im Querschnitt.

Mit nicht rechtskräftigem Urteil der Kammer vom 17.1.2011 (Az.: 4b O XXX/10, Anlage AST1) wurde die Verfügungsbeklagte zu 1) auf der Basis des EP 1 225 XXX B1, dessen Inhaberin ebenfalls die Verfügungsklägerin ist, zur Unterlassung verurteilt, wobei die Kammer zur Auffassung gelangt war, dass die Produkte „A / B“ gemäß der von der Verfügungsbeklagten zu 1) erwirkten bauaufsichtlichen Zulassung vom 7.9.2010 („frühere Ausführungsform“) vom Anspruch 1 jenes Patents wortsinngemäßen Gebrauch macEn.

Die Verfügungsklägerin leistete noch am Tag der Urteilsverkündung die von der Kammer festgesetzte Sicherheit und vollstreckte das Urteil (vgl. Anlage AST4). Am 18.2.2011 bemerkte die Verfügungsklägerin die aus Anlage AST5 ersichtliche Gestaltung des Internetauftritts der Verfügungsbeklagten. Auf Anfrage der Verfügungsklägerin nahm die Verfügungsbeklagte zu 1) am 24.2.2011 dazu Stellung (Anlage AST6). Die Verfügungsklägerin beantragte bei der Kammer die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) (Az.: 4b O XXX/10 ZV). Im Rahmen dieses Vollstreckungsverfahrens nahm die Verfügungsbeklagte zu 1) u.a. mit dem aus Anlagenkonvolut AST7 ersichtlichen Schriftsatz Stellung; dort beschreibt die Verfügungsbeklagte zu 1), wie sie die frühere Ausführungsform abgeändert hat. Im Kern besteht die Veränderung darin, dass der Schalkörper vom Druckelement entfernt wird und durch einen fast identischen Formkörper ersetzt wird, der an den Seiten Schlitze hat („angegriffene Ausführungsform“, vgl. die nachfolgende Ablichtung).

In der Zeit vom 15.3. bis 14.4.2011 veranstalteten die Verfügungsbeklagten eine „Road-Show“ (vgl. Anlage AST21), deren zentrales Thema die angegriffene Ausführungsform war. Die Road-Show ricEte sich an Tragwerksplaner potentieller Kunden.

Die Verfügungsbeklagte zu 2) ist eine 100%ige TocEr der Verfügungsbeklagten zu 1); der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform erfolgt über die Verfügungsbeklagte zu 2).

Die Verfügungsklägerin meint, die angegriffene Ausführungsform mache in wortsinngemäßer Weise von der technischen Lehre des Anspruchs 1 des Verfügungspatents Gebrauch: Die angegriffene Ausführungsform verfüge über einen patentgemäßen Isolierkörper. Zudem verfüge die angegriffene Ausführungsform über eine Leiste, die fest mit dem Isolierkörper verbunden sei. Von der Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform habe sie erstmals am 18.3.2011 Kenntnis erhalten. Mit dem verfügungspatentgemäßen Produkt C erziele sie 57 % ihres Gesamtumsatzes. Aufgrund der dreimal so großen Marktmacht der Verfügungsbeklagten drohe ihr ein großer Schaden durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform. Es sei ein „Preiskampf“ mit der angegriffenen Ausführungsform zu befürcEn.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

1. wie erkannt,

2. hilfsweise, wie vorstehend, indes mit der Maßgabe, dass noch das Wort „lediglich“ eingefügt wird (vgl. Antragsschrift Seite 4, Ziffer I. a.E.).

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

1. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen,

2. hilfsweise, die Beibringung einer Sicherheitsleistung in Höhe von mindestens EUR 1.000.000 zur Vollziehung einer einstweiligen Verfügung anzuordnen.

Die Verfügungsbeklagte bestreitet eine Verletzung des Verfügungspatents durch die angegriffene Ausführungsform im Wesentlichen mit folgender Argumentation: Es fehle an einem separaten Isolierkörper im Sinne des Verfügungspatents, weil ein solcher – was bei der angegriffenen Ausführungsform indes nicht gewährleistet sei – aus für eine feste Umgrenzung sorgendem Isoliermaterial bestehen müsse. Bei der angegriffenen Ausführungsform erhalte das an sich lose Dämmmaterial indes erst durch die Zugstabbox aus Hartplastik seine Form. Ein Einklemmen des Dämmmaterials in die Zugstabbox könne nicht als eine feste Verbindung angesehen werden. In Bezug auf den erforderlichen Verfügungsgrund sei eine besondere Schutzbedürftigkeit der Verfügungsklägerin nicht ersichtlich, zumal sie selbst geltend mache, mit ihrem Produkt C unumstrittene Marktführerin im Bereich Bauelemente zur Wärmedämmung zu sein.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der zulässige Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung ist begründet. Die Verfügungsklägerin hat sowohl die Voraussetzungen eines Verfügungsanspruchs aus §§ 9, 139 Abs. 1 PatG als auch eines Verfügungsgrundes glaubhaft gemacht.

I.

Die technische Lehre des Verfügungspatents betrifft ein Bauelement zur Wärmedämmung zwischen einem Gebäudeteil und einem vorkragenden Außenteil.

Nach den einleitenden Ausführungen des Verfügungspatents, welches keine bestimmten Druckschriften pp. als Stand der Technik hervorhebt, gestatten derartige Bauelemente es, vorkragende Betonteile, insbesondere Balkonplatten, mit der entsprechenden Zwischendecke eines Gebäudes zu verbinden, wobei die sonst üblichen Kältebrücken weitestgehend eliminiert werden. Derartige Bauelemente setzten sich daher in der Praxis immer stärker durch und seien inzwischen in zahlreichen Ausführungsformen bekannt. Im Allgemeinen sei jeder Isolierkörper mit mehreren horizontal durchlaufenden Zug- und Druckstäben und gegebenenfalls noch mit Querkraftstäben bestückt, wobei die Anzahl der Bewehrungsstäbe von der Länge des lsolierkörpers und von den zwischen den anschließenden Betonbauteilen zu übertragenden Kräften abhängig sei. Dabei stünden insbesondere die Zugstäbe relativ weit aus dem Isolierkörper vor, damit eine ausreichende Überdeckung mit der Anschlussbewehrung der beidseits zu betonierenden Bauteile gewährleistet sei. An ihren Enden seien die Zugstäbe meist mit einem gemeinsamen Querstab verschweißt, um ihre Position relativ zueinander und relativ zum Isolierkörper zu fixieren.

Vor diesem Hintergrund formuliert das Klagepatent es als seine Aufgabe, einen derartigen Isolierkörper hinsichtlich seiner Gebrauchseigenschaften und seiner Herstellungskosten weiter zu optimieren.

Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt das Verfügungspatent in seinem Anspruch 1 ein Bauelement mit folgenden Merkmalen vor:

1. Bauelement zur Wärmedämmung zwischen einem Gebäude und einem vorkragenden Außenteil bestehend aus

2. einem Isolierkörper (1),

2.1 der zwischen dem Gebäude und dem vorkragenden Außenteil zu verlegen ist,

2.2 in dem metallische Bewehrungsstäbe (2, 3) integriert sind;

3. Bewehrungsstäben (2, 3),

3.1 die sich quer zum Isolierkörper (1) durch diesen hindurch erstrecken und

3.2 beidseits vorstehen;

4. zumindest einer Leiste (4, 5),

4.1 die fest mit dem Isolierkörper (1) verbunden ist,

4.2 die aus einem härteren Material als der Isolierkörper (1) besteht,

4.3 die an ihren den zu betonierenden zugewandten Seiten Ausnehmungen aufweist,

4.4 wobei in diesen Ausnehmungen die Zug- und/oder die Druckstäbe fixiert sind.

Als Vorteile der verfügungspatentgemäßen Lösung hebt das Verfügungspatent hervor: Das Bauelement nehme selbst die Lagefixierung der Bewehrungsstäbe vor und auf das bisher notwendige Anschweißen oder Verrödeln von Querstäben könne verzicEt werden. Dadurch verringere sich nicht nur der Herstellungsaufwand, sondern es werde auch die Verlegung auf der Baustelle erleicErt.

II.

Die angegriffene Ausführungsform macht von sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 des Verfügungspatents wortsinngemäßen Gebrauch. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Merkmale 2 und 4.1, deren wortsinngemäße Verwirklichung die Verfügungsbeklagten in Abrede stellen.

1)
Die angegriffene Ausführungsform verfügt über einen verfügungspatentgemäßen Isolierkörper, wie er unter anderem im Merkmal 2 erwähnt ist.

Ein Isolierkörper im Sinne des Verfügungspatents setzt nicht zwingend voraus, dass er aus einstückig ausgebildetem Isoliermaterial besteht, welches für sich genommen eine fest umgrenzte Form aufweist. Die Merkmalsgruppe 2 stellt in Bezug auf den Isolierkörper keine besonderen Anforderungen hinsichtlich seiner Form, des Materials und der Frage der Ein- oder Mehrteiligkeit. Der Anspruch macht lediglich Vorgaben im Hinblick auf den Verlegeort (zwischen Gebäude und vorkragendem Außenteil) und auf das Verhältnis zu den anderen Bestandteilen des Bauelements (Integration metallischer Bewehrungsstäbe).

Auch aus dem systematischen Zusammenhang der Merkmalsgruppe 2 mit dem Merkmal 4.2 ergeben sich keine absoluten Anforderungen an die Materialwahl für den Isolierkörper. Soweit das Merkmal 4.2 lehrt, die Leiste bestehe aus härterem Material als der Isolierkörper, ist damit lediglich eine relative Materialangabe für den Isolierkörper verbunden, so dass auch hier keine Festlegung auf einen bestimmten Materialtypus erfolgt. Selbst wenn der Isolierkörper aus einem relativ harten Material besteht, kann für die Leiste theoretisch immer noch ein härteres Material vorgesehen werden.

Jenseits dieser wenigen anspruchsgemäßen technischen Vorgaben ist die Ausgestaltung des Isolierkörpers damit in das Belieben des Fachmanns gestellt. Er erkennt, dass der technische Sinn und Zweck des Isolierkörpers darin liegt, einen Wärmeschutz zu gewährleisten. Dass dieses Anliegen nur mit einem einstückigen, seine bestimmte Form selbst erhaltenden Bauteil zu erzielen wäre, ist nicht ersichtlich. Insofern wird der Fachmann in funktionaler Hinsicht nicht nur feste, einteilige Stoffe als Körper ansehen, sondern jedes Element genügen lassen, welches die gewünscE Wärmeisolierung herbeiführt. Zwar mag eine gewisse „Festigkeit“ des Isolierkörpers eine feste Verbindung mit der Leiste ebenso erleicErn wie eine einfache Verlegung auf der Baustelle. Indes schließt dies mehrteilige Ausgestaltungen nicht von vornherein aus und der Anspruch lässt es offen, ob die Formgebung ggf. durch ein anderes Bauteil erfolgt.

Auch in Verbindung mit dem Beschreibungstext ergibt sich kein im Sinne der Verfügungsbeklagten eingeschränktes Verständnis des Verfügungspatents von einem Isolierkörper, und zwar weder in Bezug auf das Material noch in Bezug auf eine ein- oder mehrteilige Ausgestaltung. Insbesondere wird im Absatz [0002] des Verfügungspatents kein spezifischer Stand der Technik erwähnt, aus dem sich entsprechende Einschränkungen ableiten ließen. Das Verfügungspatent gibt in sehr allgemeiner Form wieder, dass sich „derartige Bauelemente“ in der Praxis immer stärker durchsetzten und „in zahlreichen Ausführungsformen bekannt“ (Hervorhebung durch die Kammer) seien. Soweit besondere Ausführungen hinsichtlich des Isolierkörpers erfolgen, verhalten sich diese ausschließlich zu dessen Verhältnis zu Zug-/Druck- und ggf. Querstäben. Sodann lässt sich der Aufgabenstellung gemäß Absatz [0003] keine einengende Vorgabe für den zu wählenden Isolierkörper entnehmen, da dieser nur allgemein mit der Formulierung „derartiger Isolierkörper“ in Bezug genommen wird. Die Zusammenfassung des Kerns der verfügungspatentgemäßen Lösung im Absatz [0004] wiederum beschreibt das Material des Isolierkörpers allein in Relation zu jenem der Leiste, indem die im Merkmal 4.2 enthaltene Lehre wiedergegeben wird. Hinsichtlich der Konstruktion des Isolierkörpers wird im Absatz [0004] des Verfügungspatents die im Merkmal 4.3 festgehaltene Lehre, wonach der Isolierkörper Ausnehmungen aufweist, hervorgehoben. Schließlich lässt sich auch dem Absatz [0006] des Verfügungspatents kein zwingender Hinweis auf das eingeschränkte Verständnis der Verfügungsbeklagten von einem Isolierkörper entnehmen: Auch im Falle von nicht formsteifen Körpern, deren Material nicht von sich aus die Form hält, sondern andere Elemente dies gewährleisten, ist es möglich, den Isolierkörper erst nachträglich einzusetzen.

Der Absatz [0010] des Verfügungspatents stellt eine Ausführungsvariante unter Schutz, bei der „der obere und/oder der untere Bereich des Isolierkörpers durch eine entsprechende Leiste gebildet wird“. Eine derartige Ausführungsvariante ist zudem Schutzgegenstand des Unteranspruchs 4. Dies versteht der Fachmann als Hinweis darauf, dass der dortige Isolierkörper allgemein eben nicht nur als einstückig aus einem Block gebildetes Isoliermaterial zu verstehen ist, sondern dass ein Teil/ein Bereich des Isolierkörpers durchaus aus einem anderen Material bestehen kann.

Die Angaben in Absatz [0011], wo von einem „aus Polyeterol oder einem ähnlichen Kunststoff hergestellten Isolierkörper“ die Rede ist, sind lediglich Gegenstand eines Ausführungsbeispiels. Der Fachmann sieht, dass die allgemeine Lösung sich nicht auf diese Ausführungsvariante beschränkt, weshalb daraus keine zwingenden Rückschlüsse auf die allgemeine technische Lehre des Verfügungspatents gezogen werden dürfen (vgl. BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe). Ebenso wenig verfängt der Hinweis der Verfügungsbeklagten auf die Ausführungen im Absatz [0016]. Auch dabei handelt es sich erkennbar um Angaben betreffend ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel, dessen gezeigte Lösung nicht die einzig denkbare ist. Der Isolierkörper muss daher nicht zwingend aus geschäumtem Kunststoffmaterial bestehen. Entsprechendes gilt für die Figur 1 des Verfügungspatents, die als Isolierkörper einen zusammenhängenden Block zeigt.

Einen diesen Anforderungen genügenden Isolierkörper weist auch die angegriffene Ausführungsform auf. Dieser besteht aus der Mineral- bzw. Glaswolle als solcher, die zugeschnitten und passgenau in die Zugstabbox eingelegt werden kann. Unstreitig hat diese Wolle wärmedämmende Eigenschaften und befindet sich in eingebautem Zustand zwischen dem Gebäude und dem vorkragenden Außenteil. Ebenso ist es unstreitig, dass metallische Bewehrungsstäbe in die Wolle integriert sind. Nach den vorhergehenden Ausführungen bedarf es anspruchsgemäß keines Isolierkörpers aus Styropor. Es kann auch dahinstehen, ob die Wolle in zugeschnittener Form selbst kompakt ist. Denn es reicht jedenfalls aus, dass die Wolle nach dem Einfüllen in die Zugstabbox und dem Schließen des Deckels eine kompakte Form erhält. Unschädlich ist nach den einleitenden Ausführungen zur Auslegung des Begriffs „Isolierkörper“, dass bei der angegriffenen Ausführungsform drei weiche Matten aus Wolle zum Einsatz kommen, wobei zwischen der mittleren Matte und jeweils der unteren und oberen Matte Bewehrungsstangen eingefügt sind (vgl. Bildsequenz Anlage AST15): Da auch mehrteilige Isolierkörper vom Verfügungspatent erfasst werden, führte es nicht aus der Verletzung heraus, dass die betreffenden Matten nicht miteinander verbunden sind. Es genügt jedenfalls, dass sie durch das Einbetten in die Zugstabbox zu einer gemeinsamen Isolierwirkung beitragen.

2)
Ferner verfügt die angegriffene Ausführungsform über eine fest mit dem Isolierkörper verbundene Leiste im Sinne von Merkmal 4.1.

Der Anspruch 1 schreibt keine bestimmte Verbindungsart vor. Insbesondere muss nicht zwingend ein Verkleben durchgeführt werden, wie ein Umkehrschluss aus Unteranspruch 10 ergibt; Entsprechendes gilt für ein „Umschäumen“, welches Gegenstand eines bloß bevorzugten Ausführungsbeispiels ist (vgl. Absatz [0011] des Verfügungspatents). Insofern genügt allgemein jede Verbindungsart, die zu einem festen Zusammenhalt zwischen Leiste und Isolierkörper führt. Eine „nicht mehr lösbare Verbindung“ setzt der Anspruch nicht voraus.

In Bezug auf das Erfordernis der „Festigkeit“ der Verbindung erkennt der Fachmann: Entsprechend der Aufgabenstellung (Absatz [0003]) soll auf das im Stand der Technik notwendige Anschweißen oder Verrödeln von Querstäben an den Enden der Zugstäbe (Absatz [0002]) verzicEt werden können, indem – so die Lösung des Verfügungspatents – die Lagefixierung der Bewehrungsstäbe durch das Bauelement selbst erfolgt (Absatz [0005]). Die Lagefixierung bzw. Lagesicherung der Bewehrungsstäbe wird insoweit von den Leisten gewährleistet (Absatz [0008]). Eine Lagesicherung bedeutet, dass sich die Bewehrungsstäbe, die Kräfte aufnehmen und weiterleiten sollen, zum einen im Verhältnis zu dem Isolierkörper in einer sicheren, stabilen Position befinden. Das kommt insbesondere auch in Satz 2 des Absatzes [0008], in dem es heißt, dass man durch eine durchgehende Leiste „eine stabilere Verbindung zwischen den Bewehrungsstäben und dem Isolierkörper erhält.“, zum Ausdruck. Zum anderen geht es, wie die Erläuterungen zum Stand der Technik zeigen (Absatz [0002]), darum, dass die Bewehrungsstäbe relativ zueinander in der richtigen Position verbleiben. Die Bewehrungsstäbe sollen, wie in Absatz [0010] hervorgehoben wird, in einer „möglichst starren Fixierung“ sein.

Entscheidend für die stabile, starre Fixierung der Bewährungsstäbe ist in erster Linie die Leiste. Aus Absatz [0016] des Verfügungspatents ist ausdrücklich zu entnehmen, dass der Isolierkörper als solcher keine ausreichend hohe Festigkeit aufweist, so dass es einer Leiste bedarf, die – wie Merkmal 4.2 fordert – aus einem härteren Material als der Isolierkörper besteht. Das härtere Material der Leiste kann nur dann den technischen Zweck erfüllen, wenn es mit dem Isolierkörper in einer Weise verbunden ist, der diesem Zweck entspricht. Dies bedeutet, dass die Leiste und der Isolierkörper nicht zuein- ander verschieblich sein dürfen. Die relative Lage der Bewehrungsstäbe muss beim Verlegen stabil sein.

Wie der Absatz [0018 a.E.] des Verfügungspatents ausdrücklich lehrt, kann die feste Verbindung auch so erzielt werden, dass die Leiste in den Isolierkörper integriert wird. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus für den Fachmann, dass grundsätzlich eine verfügungspatentgemäße Festigkeit der Verbindung auch dadurch erreicht werden kann, dass der Isolierkörper in die Leiste integriert wird. Dies gilt gerade auch mit Rücksicht auf den Absatz [0019] des Verfügungspatents, wonach die Leisten beispielsweise als Hohlkammern ausgestaltet sein können, was auch der Unteranspruch 5 lehrt.

Die Verfügungsbeklagten räumen ein, dass die Dämmwolle in die als Hohlraum ausgestaltete Zugstabbox eingefüllt wird und alsdann von dieser komplett ummantelt wird, so dass die Dämmwolle auf diese Weise in der Zugstabbox fixiert wird. Insofern ist sichergestellt, dass sich der Isolierkörper – also die Dämmwolle – im eingebauten Zustand nicht mehr von den Leisten entfernen kann, so dass die oben näher erläuterten verfügungspatentgemäßen Vorteile erreicht werden. Die feste Verbindung wird insoweit in einer Weise erreicht, die im Grundsatz dem Ausführungsbeispiel gemäß Absatz [0018 a.E.] des Verfügungspatents entspricht, mit dem – unerheblichen – Unterschied, dass hier die Leiste den Isolierkörper umschließt anstatt umgekehrt.

III.

Auch die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen eines Verfügungsgrundes hat die Verfügungsklägerin glaubhaft gemacht.

1)
Zunächst ist die Dringlichkeit in zeitlicher Hinsicht gegeben.

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ging am 1.4.2011 beim LG Düsseldorf ein. Die allein maßgebliche Kenntnisnahme der hier angegriffenen, spezifischen Ausführungsform erlangte die Verfügungsklägerin jedenfalls nicht vor dem 16.3.11. Unwidersprochen hat die Verfügungsklägerin insoweit dargetan, dass an diesem Tag eine ihrer Mitarbeiterinnen im Einverständnis mit der Verfügungsbeklagten ein Foto von der „neuen“ angegriffenen Ausführungsform macE, welche die Verfügungsbeklagte auf einer „Roadshow“ vorstellte. Es bedarf keiner näheren Erläuterungen, dass die Einreichung eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung binnen etwa zwei Wochen nach Kenntnisnahme von der Verletzungsform offensichtlich rechtzeitig ist.

Eine relevante Kenntnisnahme von der hier angegriffenen Ausführungsform vor dem 16.3.2011 ist nicht ersichtlich. Zunächst ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die seit dem 2.11.2010 vorherrschende Kenntnis der bauaufsichtlichen Zulassung für ein Halfen-Iso-Element unschädlich ist. Unstreitig wurden an der früheren Ausführungsform tatsächliche Änderungen vorgenommen, so dass die Herstellung/der Vertrieb der neuen angegriffenen Ausführungsform einen anderen Lebenssachverhalt und damit eine Zäsur für die Beurteilung der zeitlichen Dringlichkeit darstellt.

Dass die Verfügungsklägerin zwecks Glaubhaftmachung der Verletzung hier unter anderem auf bereits im früheren Verfahren 4b O XXX/10 vorgelegte Unterlagen (vgl. Anlagen AST4 und AST5) verweisen konnte, steht dem nicht entgegen, zumal das nur für nicht die Gießform betreffende Unterlagen gilt. Fehl geht der Einwand der Verfügungsbeklagten, die Verfügungsklägerin habe schon im Verfahren 4b O XXX/10 das hiesige Verfügungspatent als Basis für einen Unterlassungsanspruch geltend machen können/müssen. Neben der Erwägung, dass die anders konstruierte neue angegriffene Ausführungsform – wie erläutert – einen anderen Lebenssachverhalt darstellt, missacEt der Einwand der Verfügungsbeklagten die gesetzgeberische Wertung des § 145 PatG, dass nämlich der Konzentrationszwang gerade nicht für einstweilige Verfügungsverfahren gelten soll (vgl. auch Schulte/Kühnen, PatG, § 145 Rn 8 a.E.). Dem auf einstweiligen Rechtsschutz angewiesenen Schutzrechtsinhaber darf es nicht zugemutet werden, in der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit alle nur denkbaren SchutzrecE geltend zu machen, welche die Verletzungshandlungen möglicherweise verbieten. In dieser Situation muss der Schutz vor der Gefahr einer missbräuchlichen Behinderung der Verteidigung durch die Mehrkosten getrennter Verfahren zurücktreten.

Zwar nahm die Verfügungsklägerin eigenen Bekundungen zufolge bereits im Februar 2011 den aus Anlage AST5 ersichtlichen Internetauftritt der Verfügungsbeklagten zur Kenntnis und auf entsprechende Anfrage teilte die Verfügungsbeklagte zu 1) am 24.2.2011 mit (Anlage AST6), eine neue Ausführungsform entwickelt zu haben, die nicht unter das Kammerurteil gemäß AST1 falle, weil keine verlorene Gießform eingebaut sei, sondern Endkappen aus Kunststoff aufgeklebt würden. Die konkrete Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform erläuterte die Verfügungsbeklagte zu 1) jedoch erst mit dem aus Anlage AST7 ersichtlichen Schriftsatz im Zwangsvollstreckungsverfahren 4b O XXX/10 ZV, welcher den Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsklägerin unstreitig erst am 18.3.2011 zuging.

2)
Auch die gebotene umfassende allgemeine Interessenabwägung geht aus den nachfolgenden Gründen zugunsten der Verfügungsklägerin aus, ohne dass es noch auf die weiteren insoweit streitigen Punkte zwischen den Parteien ankäme:

a)
Unstreitig veranstalteten die Verfügungsbeklagten in der Zeit vom 15.3.2011 bis zum 14.4.2011 eine „Road-show“ (vgl. Anlage AST21), deren zentrales Thema die angegriffene Ausführungsform war. Die Road-Show, welche großen Zulauf erfuhr, ricEte sich an Tragplaner, mithin an die technischen Mitarbeiter potentieller Kunden. Derartige Veranstaltungen sind nach Art und Umfang durchaus mit Fachmessen vergleichbar, so dass von ihnen – gerade mit Rücksicht auf den Adressatenkreis – eine ganz erhebliche Werbewirkung ausgeht und ein rasches Unterbinden angezeigt ist, um zu verhindern, dass der Verfügungsklägerin in unrechtmäßiger Weise auf Dauer nicht mehr wieder gut zu machende NacEile entstehen. Auch wenn die Road-show im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung bereits beendet war, ist insoweit keine Erledigung im Rechtssinne eingetreten, da sich deren Werbeeffekt fortzusetzen droht und die Verfügungsklägerin ein Interesse daran hat, einer entsprechenden Verfestigung im Markt entgegenzuwirken.

Die Verfügungsklägerin hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Herrn Dr. D, einem ihrer Geschäftsführer, glaubhaft gemacht (Anlage Ast 15), dass sie mit ihrem Produkt C mit E-Drucklager 57 % ihres Gesamtumsatzes erzielt. Angesichts dessen hat die Verfügungsklägerin ein erhebliches schutzwürdiges Interesse daran, schon den Markteintritt mit der patentverletzenden angegriffenen Ausführungsform zu unterbinden. Insoweit genügt es, dass nach der Lebenserfahrung eine Gefahr eines Verlustes von Marktanteilen besteht. Letztere ist nicht ausgeschlossen, obwohl der C der Verfügungsklägerin derzeit unstreitig die größte Wertschätzung im betreffenden Marktsegment genießt. Der Erfolg, den ein Schutzrechtsinhaber mit einem patentgemäßen Produkt erzielt, ist ohnehin kein tauglicher Grund, ihm – unter den übrigen notwendigen Voraussetzungen – einstweiligen Rechtsschutz zu versagen und dem Verletzer mit diesem Argument weitere Benutzungshandlungen bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu erlauben. Ob eine erhebliche Preisunterbietung durch die Verfügungsbeklagte mit der angegriffenen Ausführungsform droht, kann insoweit dahinstehen. Eine erhebliche Preisunterbietung wäre lediglich ein zusätzlicher, d.h. nicht notwendig erforderlicher Aspekt, der zu der – für sich betrachtet schon hinreichenden – erheblichen Werbewirkung, die von einer Road-show ausgeht, hinzutreten würde.

Den Interessen der Verfügungsbeklagten kann jedenfalls dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass der Verfügungsklägerin – wie geschehen – die Vollziehung gemäß §§ 921 S. 2, 936 ZPO nur gegen Sicherheitsleistung gestattet wird (vgl. OLG Düsseldorf I-2 U 111/08; vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn 1120). Die festgesetzte Höhe der Sicherheitsleistung orientiert sich an der Streitwertangabe der Verfügungsklägerin von 300.000 EUR, wobei die Kammer davon ausgeht, dass – angesichts der üblichen Abschläge in Bezug auf den Streitwert in einstweiligen Verfügungsverfahren – das Unterlassungsinteresse tatsächlich doppelt so hoch ist. Das demnach in Höhe von 600.000 EUR bestehende Unterlassungsinteresse der Verfügungsklägerin lässt den Schluss zu, dass der potentielle Schaden der Verfügungsbeklagten im Falle der Aufhebung dieser einstweiligen Verfügung sich ebenfalls in dieser Größenordnung bewegt.

b)
Von einem für die Bejahung eines Verfügungsgrundes grundsätzlich erforderlichen hinreichenden Rechtsbestand ist hier schon deshalb auszugehen, weil die Verfügungsbeklagten – anders als in den Parallelverfahren 4b O XXX/11 und 4b O XXX/11 – den Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht in einem förmlichen Verfahren, beispielsweise mit einer Nichtigkeitsklage angegriffen und auch nicht etwa behauptet haben, solches stehe unmittelbar bevor (vgl. zu diesem Erfordernis OLG Düsseldorf, InstGE 7, 147 – Kleinleistungsschalter). Insofern besteht kein Anlass für die Kammer, sich mit dem Rechtsbestand des Verfügungspatents näher auseinanderzusetzen, weil es an den verfahrensmäßigen Voraussetzungen fehlt, unter denen es aufgrund des Trennungsprinzips überhaupt erst zu einer Vernichtung des Verfügungspatents kommen könnte. Dies gilt hier umso mehr, als dass die Verfügungsbeklagten nicht einmal im vorliegenden Verfahren im Rahmen der ihnen obliegenden sekundären Darlegungslast irgendwelche konkreten Nichtigkeitsgründe aufzeigen konnten und auch nicht geltend machen, die Vorbereitung einer Nichtigkeitsklage sei ihnen allein in Anbetracht der Kürze der Zeit zwischen dem Zugang des Verfügungsantrages und dem Termin zur mündlichen Verhandlung nicht möglich gewesen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz der Verfügungsbeklagten wurde nicht berücksichtigt (§ 296a ZPO).