4b O 49/10 – MPEG2-Standard XVIII

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1701

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 4. August 2011, Az. 4b O 49/10

I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) in der Zeit vom 12.07.1996 bis 18.03.2011

Decodiervorrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat, bei denen die folgenden Mittel bereitgestellt sind:

– Mittel zum Empfangen von komprimierten Digital-Video-signalen, die in Blöcken von vollbild-verarbeiteten Pixel-Daten und halbbild-verarbeiteten Pixel-Daten übertragen werden;

– Mittel, die an die empfangenden Mittel angekoppelt sind, um zu bestimmen, ob ein besonderer Datenblock, der in einem empfangenen Signal enthalten ist, vollbild-verarbeitet oder halbbild-verarbeitet war; erste Mittel zum Decodieren von empfangenen Blöcken von halbbild-verarbeiteten Pixel-Daten, wobei die halbbild-verarbeiteten Pixel-Daten die Pixel-Daten in Blöcken in einem Halbbildformat umfassen, in welchem jedes Vollbild getrennt ist in ein ungerades oder gerades Halbbild zum unabhängigen Verarbeiten;

– zweite Mittel zum Decodieren der empfangenen Blöcke von vollbild-verarbeiteten Pixel-Daten, wobei die vollbild-verarbeiteten Pixel-Daten die Pixel-Daten in Blöcken in einem Vollbild-Format umfassen, in welchem die ungeraden und geraden Halbbilder eines Vollbildes als ein einziges Vollbild verarbeitet werden durch Verschachtelung der Zeilen von zugehörigen ungeraden Halbbildern und geraden Halbbildern und

– Mittel, die ansprechen auf die bestimmenden Mittel, zum selektiven Auswählen von decodierten Blöcken von den ersten und zweiten Mitteln, um ein unkomprimiertes Videosignal wieder herzustellen;

und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten vom 12.07.1996 bis 18.03.2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts bewirkt werden.

Tatbestand
Die Klägerin ist eingetragene, alleinige und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität aus dem Jahre 1990 am 18.03.1991 angemeldeten europäischen Patents 0 451 XXX B 1 (im Folgenden: Klagepatent, Anlage B-K 1), dessen Erteilung am 12.06.1996 veröffentlicht worden ist. Als Vertragsstaat ist unter anderem die Bundesrepublik Deutschland benannt. Das Klagepatent ist zwischenzeitlich durch Zeitablauf (18.03.2011) erloschen.
Das in englischer Verfahrenssprache gefasste Klagepatent trägt die Bezeichnung „Gerät und Verfahren zur adaptiven Kompression von aufeinanderfolgenden Blöcken eines digitalen Videosignals“. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 17 lautet in deutscher Übersetzung wie folgt:

„Decodiervorrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass die folgenden Mittel bereitgestellt sind:

Mittel (130) zum Empfangen von komprimierten Digital-Videosignalen, die in Blöcken von vollbild-verarbeiteten Pixel-Daten und halbbild-verarbeiteten Pixel-Daten übertragen werden;

Mittel (132), die an die empfangenden Mittel angekoppelt sind, um zu bestimmen, ob ein besonderer Datenblock, der in einem empfangenen Signal enthalten ist, vollbild-verarbeitet oder halbbild-verarbeitet war; erste Mittel (134, 136) zum Decodieren von empfangenen Blöcken von halbbild-verarbeiteten Pixel-Daten, wobei die halbbild-verarbeiteten Pixel-Daten die Pixel-Daten in Blöcken in einem Halbbildformat umfassen, in welchem jedes Vollbild (10) getrennt ist in ein ungerades (Zeilen 12) oder gerades Halbbild (Zeilen 14) zum unabhängigen Verarbeiten;

zweite Mittel (134, 136, 140) zum Decodieren der empfangenen Blöcke von vollbild-verarbeiteten Pixel-Daten, wobei die vollbild-verarbeiteten Pixel-Daten die Pixel-Daten in Blöcken in einem Vollbild-Format umfassen, in welchem die ungeraden (Zeilen 18) und geraden (Zeilen 20) Halbbilder eines Vollbildes als ein einziges Vollbild (10) verarbeitet werden durch Verschachtelung der Zeilen (18, 20) von zugehörigen ungeraden (Zeilen 18) Halbbildern und geraden Halbbildern (Zeilen 20); und

Mittel (142), die ansprechen auf die bestimmenden Mittel, zum selektiven Auswählen von decodierten Blöcken von den ersten und zweiten Mitteln, um ein unkomprimiertes Videosignal wiederherzustellen.“

Die Klägerin hat das Klagepatent in einen „Patentpool“ eingebracht, der auf einer Vereinbarung aus dem Jahr 1997 beruht und die Erteilung von Lizenzen für Patente betrifft, die – nach Ansicht der Patentinhaber – für die Realisierung des sogenannten MPEG-2-Standard notwendig sind. Der MPEG-2-Standard wurde von der Internationalen Organisation for Standardization (ISO) als internationaler Standard unter ISO/IEC 13818-1 „SYSTEMS“ betreffend das Kombinieren eines oder mehrerer Datenströme (zum Beispiel Video- und Audio-Daten) zum Zwecke der Speicherung und Übertragung, ISO/EC 13818-2 „VIDEO“ (Anlage K-Replik-2), als Video-Teil für die Bildkomprimierung und –dekomprimierung standardisiert. Zurzeit haben mindestens 20 Patentinhaber mehrere hundert Patente, die in dutzenden Ländern in Kraft stehen, in den Patentpool eingebracht. Die Verwaltung des Pools obliegt der A, LLC, B, C, USA (nachfolgend: A), einer amerikanischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach dem Recht des Staates D. Der A wurde eine nicht-ausschließliche Lizenz mit einer Berechtigung zur Vergabe von Unterlizenzen erteilt. A hat sich ihrerseits verpflichtet, jedem Unternehmen, das den MPEG-2-Standard nutzen möchte, eine einfache (Unter-)Lizenz zu Standardbedingungen zu erteilen. Die aktuelle Fassung des hierzu von A verwendeten MPEG-2-Standardlizenzvertrages, mit dem eine weltweite Lizenz für sämtliche Poolpatente erteilt wird, ergibt sich aus Anlage B 20. Zurzeit sind mehr als 1.500 Lizenznehmer lizenziert. Es besteht daneben die Bereitschaft der Klägerin, eine Einzellizenz betreffend das Klagepatent zu vereinbaren.

Die Beklagte ist die zentrale Dienstleistungs- und Einkaufsgesellschaft der Unternehmensgruppe E in Deutschland (nachfolgend: E (Deutschland)). E (Deutschland) besteht aus 31 Regionalgesellschaften, deren Tochtergesellschaft die Beklagte ist. Am Kapital der Vertriebsgesellschaften der Unternehmensgruppe E (Deutschland) sind vier Stiftungen beteiligt, u.a. die F-Stiftung mit 74,25 %. Die Unternehmensgruppe E (Deutschland) vertreibt unter der Marke „G“ digitale Fernsehgeräte, Set-Top-Boxen zum Empfangen von digitalen Fernsehsignalen, DVD-Player bzw. –Recorder und Blue-Ray-Player sowie Personalcomputer (PCs) und Notebooks, die von dem MPEG-2-Standard sowie dem Klagepatent Gebrauch machen (nachfolgend: angegriffene Ausführungsformen). Die angegriffenen Ausführungsformen werden insbesondere im Wege des klassischen Aktionsgeschäftes vertrieben, welches den Absatz hoher Stückzahlen innerhalb kurzer Zeiträume zum Ziel hat.
Unternehmen der Unternehmensgruppe E sind außerhalb Deutschlands in der Schweiz (E Suisse AG), Österreich (H KG), Ungarn, Slowenien, Großbritannien (E Stores Limited), Irland (E Stores), den USA (E Inc.) und Australien (E Stores) geschäftlich tätig. Diese vertreiben unter der Marke „G“ Produkte aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik und PCs sowie Notebooks. Diese werden wie die angegriffenen Ausführungsformen in Fernost für E hergestellt und vollständig konfektioniert geliefert.

Im Rahmen von außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen (Anlage K-Replik 3 des Verfahrens 4b O 54/10, Anlagen B 10 bis B 19) machte die Klägerin der Beklagten Ende 2010 den Vorschlag, den MPEG-2-Standardlizenzvertrag gemäß Anlage B 20 zu unterzeichnen, für die lizenzpflichtigen Umsätze in der Vergangenheit Auskunft zu erteilen und die sich daraus ergebenden Lizenzgebühren für die Vergangenheit an die A abzuführen. Dieser Möglichkeit außergerichtlicher Streitbeilegung stimmte die Beklagte grundsätzlich zu und erteilte sodann Auskunft über die in der Vergangenheit in Deutschland getätigten lizenzpflichtigen Absätze. Auf Grundlage dieser Auskünfte teilte die Klägerin Ende Mai 2011 mit, dass sich die Gesamtlizenzschuld auf 6.970.659,00 US-$ beliefe. Mit Schreiben vom 01.06.2011 (Anlage B 14) übersandte die Beklagte die Überarbeitung eines „Settlement Agreement“, welches seitens der Klägerin vorgelegt worden war, aus dem hervorging, dass E den MPEG-2-Standardlizenzvertrag für sich und die deutschen Vertriebsgesellschaften der Unternehmensgruppe E unterzeichnen will. Die Parteien tauschten sich zudem über steuerrechtliche Fragen aus. Mit Schreiben vom 14.06.2011 (Anlage K-Replik-3 des Verfahrens 4b O 54/10, 18) ließ die Klägerin die Beklagte wissen, dass mit dem MPEG-2-Standardlizenzvertrag nur die Möglichkeit einer weltweiten Lizenz bestehe.

Die Klägerin nimmt – ebenso wie andere Patentinhaber, die ihr Patent in den Patentpool eingebracht haben – die Beklagte wegen Patentverletzung auf Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch.

Nachdem die Klägerin die Beklagte ursprünglich auch auf Unterlassung sowie zeitlich unbegrenzt auf Auskunft und Schadenersatzfeststellung in Anspruch genommen hat, und die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2011 in der Hauptsache nach Erlöschen des Patents (18.03.2011) insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt die Klägerin nunmehr,
wie zuerkannt.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
der Beklagten, sofern sie Sicherheit zu leisten hat, nachzulassen, die Sicherheit durch Bankbürgschaft zu erbringen,
für den Fall einer für die Beklagten ungünstigen Entscheidung, die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung (hilfsweise: gegen Sicherheitsleistung, die mindestens auf einen Produktvertrieb der Beklagten absichernden Betrag [Angaben hierzu ermittelt die Beklagte noch] festzusetzen wäre) einzustellen, bis über ein etwaiges Rechtsmittel der Beklagten entschieden ist,
den Rechtsstreit an die Kartellkammer zu verweisen.

Die Beklagte rügt die Zuständigkeit der Kammer, da die zu entscheidenden Fragen nicht mehr „nur“ lizenzvertraglicher Natur und damit von einer Annexkompetenz der Kammer erfasst seien, sondern grundsätzliche Fragen der Anwendung des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots durch die Zivilgerichte betroffen seien.
Die Beklagte ist der Ansicht, jegliche Rechte der Klägerin aus dem Klagepatent seien erschöpft. Sie gehe davon aus, dass ihre Lieferantinnen die in den angegriffenen Ausführungsformen eingebauten Chips ihrerseits von Lizenznehmern der Klägerin bzw. der A erworben hätten. Die Lieferantinnen wiederum seien berechtigt, ihre Produkte weltweit zu vertreiben. Die Decodierungs-Chips und/oder weitere zur Codierung oder Decodierung verwendete Soft- oder Hardware kämen mithin mit Zustimmung der Klägerin auf den europäischen Markt. Die Einzelheiten der Verträge zwischen den jeweiligen Chip-Herstellern und/oder weiterer Zulieferer und der A seien ihr jedoch nicht bekannt. Die Beklagte begehrt deshalb die Anordnung, dass die Klägerin (bzw. die A) die Lizenzverträge mit ihren Chip-Herstellern und/oder sonstigen Hard- oder Software-Lieferanten vorlegt. Sie, die Beklagte, werde auf entsprechenden Hinweis und nach Anordnung geeigneter Vertraulichkeitsbedingungen ihre Lieferanten und – wenn möglich – deren Zulieferer benennen.
Die Beklagte erhebt ferner den sogenannten kartellrechtlichen „Zwangslizenzeinwand“. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus: Sie könne sich mit Erfolg auf diesen Einwand berufen, da die Lizenzbedingungen im MPEG-2-Standardlizenzvertrag nicht fair im Sinne der FRAND-Bedingungen seien. Dies gelte insbesondere bezüglich des Umstandes, dass der MPEG-2-Standardlizenzvertrag nur eine weltweite Lizenzierung vorsehe und die Klägerin auf einer solchen bestehe. Da die Beklagte und/oder andere Unternehmen der Unternehmensgruppe E (Deutschland) – wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 20.07.2011 außerhalb der Duplikfrist vorträgt – keinerlei rechtlichen und/oder wirtschaftlichen Einfluss auf die geschäftlichen Tätigkeiten der ausländischen Unternehmen der Unternehmensgruppe E hätten und die ausländischen Unternehmen Inhaberinnen der jeweiligen Markenrechte seien, sei die Verknüpfung zwischen einer Lizenzgewährung an die Beklagte und die deutschen Vertriebsgesellschaften und einer Lizenzbereitschaft der Auslandsgesellschaften unangemessen. Ob bei den unabhängigen Auslandsgesellschaften der Unternehmensgruppe E eine Bereitschaft zur Lizenzierung bestehe, wisse sie nicht. Angesichts dessen sei sie, die Beklagte, nach wie vor nur bereit, für die Unternehmen der Unternehmensgruppe E in Deutschland den MPEG-2-Standardlizenzvertrag zu unterzeichnen und entsprechend der bislang erteilten und von der Klägerin akzeptierten Auskunft Lizenzgebühren für den Vertrieb in der Vergangenheit in Deutschland an die A in der errechneten Höhe zu zahlen, sofern die noch offenen steuerlichen Fragen geklärt würden. Ein dahingehendes Angebot sei in ihrem Schreiben vom 01.06.2011 zu sehen. Der Abschluss einer Einzellizenz mit der Klägerin – und weiteren mindestens 25 Patentinhabern – sei ihr, der Beklagten, im Übrigen nicht zumutbar und faktisch unmöglich.
Der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand greife auch unabhängig von den vom BGH in der „Orange-Book-Standard“-Entscheidung aufgestellten Voraussetzungen durch. Bei den vom BGH aufgestellten Kriterien handele es nicht um durch die Entscheidungspraxis des EuGH gestützte Einschränkungen des Anwendungsbereiches von Art. 102 AEUV. Entsprechend sei der Rechtsstreit dem EuGH auch zur Vorabentscheidung vorzulegen. Solange die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche, indem sie es der Beklagten verwehre, ihr zu angemessenen Bedingungen eine Lizenz zu erteilen, sei es der Klägerin untersagt, das Klagepatent durchzusetzen. Denn etwaigen Ansprüchen der Klägerin stünden gleichwertige Ansprüche ihrerseits gegenüber. Sie habe einen rechtlichen Anspruch darauf, dass die Klägerin ihr eine Lizenz zu angemessenen Bedingungen erteile. Sie, die Beklagte, sei nicht zum Schadensersatz verpflichtet, sondern lediglich zur Zahlung einer angemessenen Lizenz.
Mit Blick auf Ansprüche auf Schadenersatz und Rechnungslegung aus Verletzungshandlungen bis einschließlich 2002 erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung. Die Ansprüche seien spätestens mit Ablauf des Jahres 2005 verjährt. Eine umfassende Verletzungsanalyse sei auf der Grundlage des klägerischen Vortrages nicht in jedem Einzelfall erforderlich gewesen. Die Klägerin hätte sich über die jeweiligen angegriffenen Ausführungsformen Kenntnis verschaffen und etwaige Ansprüche umgehend geltend machen müssen. Zudem stelle sich die Frage der Verwirkung. Die in diesem oder den 16 parallelen Verfahren geltend gemachten Patente seien überwiegend „alt“ und teilweise bereits abgelaufen. Die Beklagte habe Grund zu der Annahme gehabt, dass diese Patente nicht (mehr) geltend gemacht würden. Dies habe die Klägerin offenbar auch nie beabsichtigt. Erst durch die Einbringung in den Standard habe sich die Klägerin offenbar veranlasst gesehen, das Klagepatent im Klagewege, und zwar im Wege einer konzertierten Klagewelle, durchzusetzen. Dies diene dem Ziel, durch den damit für ein Handelsunternehmen verbundenen Druck, es gar nicht erst zu einer mündlichen Verhandlung kommen zu lassen.
Hinsichtlich des – übereinstimmend für erledigt erklärten – Unterlassungsanspruchs erhebt die Beklagte nicht nur den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand, sondern vertritt zudem die Auffassung, ein solcher Anspruch habe der Klägerin auch schon deshalb nicht zugestanden, weil sich die Klägerin dieses Anspruchs begeben habe, indem sie das Klagepatent in den Patentpool eingebracht hat. Mit der Einbringung des Klagepatents in den Patentpool sowie der Lizenzbereitschaftserklärung habe sich die Klägerin ausdrücklich mit der Benutzung des Klagepatents durch Dritte einverstanden erklärt. Die Nutzung der Erfindung sei deswegen gerade keine Handlung mehr, die allein der Klägerin als Patentinhaberin vorbehalten sei, vielmehr sei die Nutzung der Erfindung prinzipiell jedem gestattet. Der Ausgleich von Benutzungshandlungen zwischen der Klägerin und dritten Benutzern habe auf finanzieller Ebene zu erfolgen, nicht jedoch durch Ausschluss des Benutzers von der Benutzung der Technologie. Da die Klägerin folglich mit ihrem ursprünglichen Klagebegehren darauf abgezielt habe, der Beklagten ein Verhalten zu untersagen, das sie zu gestatten gehabt habe, sei die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs rechtsmissbräuchlich gewesen. Der patentrechtliche Unterlassungsanspruch dürfe überdies keinesfalls für die Durchsetzung von überhöhten, kartellrechtswidrigen Lizenzgebühren instrumentalisiert werden.

Die Klägerin ist mit Blick auf den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand der Ansicht, die Beklagte habe allein die Wahl zwischen einer Einzellizenz am Klagepatent, die auf Deutschland eingegrenzt werden könne, oder dem MPEG-2-Standardlizenzvertrag, mit dem eine weltweite Lizenz an allen Poolpatenten erteilt werde. Letztere sei vor allem deshalb geboten, weil – unstreitig – den Geräten, die alle unter der Marke „G“ vertrieben werden, nicht anzusehen ist, aus welchem Land sie stammen. Hinzu trete, dass hinter allen geschäftlichen Aktivitäten der inländischen wie ausländischen Unternehmen der Unternehmensgruppe E die F-Stiftung als „Spinne im Netz“ stehe. Abgesehen davon scheitere der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand an der fehlenden Zahlung der Lizenzgebühren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Nachdem die Parteien wegen Zeitablaufs des Klagepatents den Rechtsstreit in der Hauptsache mit Blick auf den Unterlassungsanspruch sowie den Rechnungslegungs- und Schadenersatzfeststellungsanspruch ab dem 18.03.2011 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, standen in der Sache allein Rechnungslegungs- und Schadenersatzfeststellungsansprüche für Handlungen der Beklagten in der Zeit vom 12.07.1996 bis zum 18.03.2011 noch zur Entscheidung. Die insoweit von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind gerechtfertigt; die Klage ist zulässig und begründet.

I.
Das Landgericht Düsseldorf ist sachlich und örtlich zuständig. Dem Antrag der Beklagten, den Rechtsstreit an die „Kartellkammer“ zu verweisen, ist nicht zu entsprechen.

Die Zuständigkeit eines Gerichts richtet sich nach Art und Umfang des Streitgegenstandes. Diesen bestimmt der Kläger mit Klageantrag und Klagegrund, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Unerheblich für die Zuständigkeitsbestimmung sind hingegen grundsätzlich Einwände oder Einreden des Beklagten (Münchener Kommentar/Rauscher/Wax/Wenzel, ZPO, 3. Aufl., § 1 Rn. 24; Musielak, ZPO, 8. Aufl., § 1 Rn. 16; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 1 Rn. 18).
Die Klägerin begründet ihre geltend gemachten Anträge auf Auskunft sowie Schadenersatzfeststellung mit einer Verletzung des Klagepatents, so dass gemäß § 143 PatG eine Patentstreitsache vorliegt. Für diese sind nach Absatz 1 der genannten Vorschrift sachlich die Landgerichte ausschließlich zuständig. In Anwendung des § 143 Abs. 2 PatG in Verbindung mit der Verordnung NRW über die Zuweisung von Patentstreitsachen, Gebrauchsmusterstreitsachen und Topographieschutzsachen an das Landgericht Düsseldorf vom 13. Januar 1998 ist des Weiteren die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf anzunehmen, da die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen bundesweit und damit auch im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Düsseldorf angeboten und vertrieben hat. Die 4b Zivilkammer ist laut Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Düsseldorf Patentstreitkammer.
Dass sich die Beklagte gegenüber den Klageansprüchen u. a. mit dem kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand verteidigt, ist wie ausgeführt bei der Prüfung der Zuständigkeit grundsätzlich unerheblich. Ein „dolo-petit“ – Einwand vermag an der bestehenden ausschließlichen Zuständigkeit der Kammer nichts zu ändern.

Abgesehen davon ist die angerufene Kammer „Kartellrechtskammer“ im Sinne des Gesetzes.
Die sachliche Zuständigkeit betrifft die Abgrenzung der Zuständigkeit 1. Instanz nach der Art des Streitgegenstandes. Ergibt sich hiernach die Zuständigkeit des Landgerichts, ist nach dem Gesetz jede Kammer des zuständigen Landgerichts zur Entscheidung berufen. Eine davon zu unterscheidende Frage ist die Spruchkörperzuständigkeit, die aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts folgt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 1 Rn. 4 f.).
§ 87 GWB regelt eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Landgerichte für bürgerliche Streitigkeiten, die die Anwendung des GWB, des Art. 81 oder Art. 82 AEUV oder des Art. 53 oder 54 EWR-Abkommen betreffen. Infolge dessen sowie der Konzentrationsermächtigung nach § 89 GWB ist das Landgericht Düsseldorf sachlich und örtlich für Kartellrechtsstreitigkeiten zuständig. Auch die 4b Zivilkammer ist als Spruchkörper des Landgerichts Düsseldorf aus der angesprochenen Erwägung heraus zur Entscheidung berufen. Dies greift der Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Düsseldorf auch insoweit ausdrücklich auf, als in diesem bestimmt ist, dass die 4b Zivilkammer auch für Kartellstreitsachen (§ 87 GWB) zuständig ist, soweit sie sich aus Lizenzverträgen (u.a.) über Patente, Gebrauchsmuster oder einem Kennzeichenlizenzvertrag ergeben. Selbst wenn also dem kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand der Beklagten, der letztlich auf den Abschluss eines Lizenzvertrages gerichtet ist, eine Relevanz für die Zuständigkeitsfrage zuzubilligen wäre, würde dies nicht zu einer Verweisung an eine andere Kammer des Landgerichts führen. Dass nach der internen Geschäftsverteilung des Landgerichts Düsseldorf daneben auch die 14c. Zivilkammer und die 7. Kammer für Handelssachen für Kartellstreitsachen zuständig sind, wobei die Zuständigkeit der 14c. Zivilkammer ausdrücklich im Hinblick auf eine Zuständigkeit der Patentstreitkammern eingeschränkt ist, steht dem von Gesetzes wegen nicht entgegen.

Dafür, dass für die Zuständigkeit der Kammer die von der Beklagten aufgeworfene Unterscheidung zwischen „grundsätzlichen“ Fragen der Anwendung des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots durch die Zivilgerichte und Fragen „nur“ lizenzvertraglicher Natur eine Rolle spielen, finden sich im Gesetz keine Anhaltspunkte.

II.
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft das Komprimieren von digitalen Videosignalen und betrifft im Besonderen ein Verfahren und eine Vorrichtung zum verarbeiten digitalisierter Zeilensprung-Videosignale zur Übertragung in einer komprimierten Form.

Das Klagepatent führt zum Hintergrund der Erfindung aus, dass Fernsehsignale herkömmlicherweise in analoger Form übertragen werden, wobei verschiedene, von einzelnen Ländern übernommene Normen zur Anwendung kommen. Mit einer digitalen Übertragung von Fernsehsignalen lassen sich Video- und Audio-Dienste von viel höherer Qualität erreichen als mit analogen Techniken. Digitale Übertragungssysteme sind besonders vorteilhaft für Signale, die über Satellit an Kabelfernseh-Stationen und/oder direkt an Satellitenfernseh-Heimempfänger ausgestrahlt werden. Es wird erwartet, dass digitale Fernseh-Sende- und Empfangssysteme an die Stelle bestehender analoger Systeme treten werden, genauso wie in der Audio-Industrie die analoge Schallplatte weitgehend durch die digitale Compact Disc ersetzt worden ist.

In jedem digitalen Fernsehsystem muss eine beträchtliche Menge an digitalen Daten übertragen werden. Dies gilt insbesondere für hochauflösende Fernsehverfahren oder sogenannte High Definition Television (HDTV). Bei einem digitalen Fernsehsystem, in dem Signale via Satellit übertragen werden, können die Fernsehsignale mit einem nach dem Vierphasen-Umtastungsverfahren (QPSK-) modulierten Datenstrom übertragen werden. Ein Systemteilnehmer empfängt den QPSK-Datenstrom über einen Empfänger/Descrambler, der dem Teilnehmer Video-, Audio- und Datensignale zur Verfügung stellt. Um das verfügbare Hochfrequenz-Spektrum möglichst wirksam zu nutzen, ist es vorteilhaft, die digitalen Fernsehsignale zu komprimieren, um die zu übertragende Datenmenge auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Techniken zur Komprimierung von Videosignalen sind bislang für Video-Telekonferenzen und andere spezielle Anwendungen eingesetzt worden. Derartige Systeme sind in der Lage, sehr hohe Kompressionsverhältnisse zu liefern, zeigen im Allgemeinen jedoch eine begrenzte räumliche Auflösung und schlechte Wiedergabe von Bewegung. Videosignal-Kompressionssysteme befinden sich derzeit in der Entwicklung für eine digitale Übertragung bereits bestehender Fernsehsignale und zukünftiger HDTV-Signale. Derartige Fernsehsignale sind wesentlich komplexer als Telekonferenzsignale und viel schwieriger zu komprimieren. In einem Fernsehbild stellen bewegte Objekte mit feinen Details die größte Herausforderung an ein Kompressionssystem dar. Die leistungsstärksten Kompressionssysteme benutzen eine Bild-zu-Bild- oder sogenannte Interframe-Verarbeitung, um die zeitliche Korrelation zwischen aufeinanderfolgenden Vollbildern auszunutzen.

Ausgehend von dem im Klagepatent insbesondere auch angeführten Stand der Technik (US-A 4,827,XXX; Anlage B-K 2, Seite 4) werden dort so genannte Intraframe-Prädiktoren und Interframe-Prädiktoren verwendet, um zu einer Datenkompression zu kommen. In diesem Stand der Technik wird für jedes aufeinander folgende Videovollbild bestimmt, ob unter Verwendung von Intraframe-Prädiktoren oder Interframe-Prädiktoren eine bessere Kompression erreicht wird. Die Bild-zu-Bild-Korrelation ist reduziert, wenn Bewegung in dem zu übertragenden Fernsehbild vorhanden ist. Auf Fernsehsignale wird normalerweise das Zeilensprungverfahren verwendet, um ein Fernsehbild zu bilden. Jedes Vollbild eines Fernsehbildes umfasst eine Vielzahl von horizontalen Zeilen, die zusammengenommen ein Bild ergeben. Die horizontalen Zeilen sind in gerade und ungerade Halbbilder aufgeteilt. Dabei bilden die geradzeiligen Zeilen das gerade Halbbild und die ungeradzeiligen Zeilen das ungerade Halbbild. Die geraden und ungeraden Halbbilder werden in alternierender Reihenfolge dargestellt. Die alternative Darstellung von Halbbildern mit einer Frequenz von 50 Hz kann vom menschlichen Auge bei bewegten Bildern kaum von der Darstellung von Vollbildern mit einer Frequenz von 50 Hz unterschieden werden.

Von dem Vorstehenden ausgehend stellt sich die Erfindung die Aufgabe (das technische Problem) ein Allzweck-Kompressionssystem zu schaffen, um die Kompression von digitalen Pixel-Daten zu optimieren (Anlage B-K 2, Seite 6, 1. Abs.). Zur Lösung der Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung zum Decodieren entsprechend dem Anspruch 17 folgenden Merkmalen vor:

Decodiervorrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass die folgenden Mittel bereitgestellt sind:

(1) Mittel (130) zum Empfangen von komprimierten Digital-Videosignalen, die übertragen werden,

(a) in Blöcken von vollbild-verarbeiteten Pixel-Daten und

(b) halbbild-verarbeiteten Pixel-Daten;

(2) Mittel (132), die an die empfangenden Mittel angekoppelt sind, um zu bestimmen, ob ein besonderer Datenblock, der in einem empfangenen Signal enthalten ist,

(a) vollbild-verarbeitet

(b) oder halbbild-verarbeitet war;

(3) erste Mittel (134, 136) zum Decodieren von empfangenen Blöcken

(a) von halbbild-verarbeiteten Pixel-Daten, wobei die halbbild-verarbeiteten Pixel-Daten die Pixel-Daten in Blöcken in einem Halbbild-Format umfassen,

(b) in welchem jedes Vollbild (10) getrennt ist in ein ungerades (Zeilen 12) oder gerades Halbbild (Zeilen 14) zum unabhängigen Verarbeiten;

(4) zweite Mittel (134, 136, 140) zum Decodieren der empfangenen Blöcke von vollbild-verarbeiteten Pixel-Daten, wobei die vollbild-verarbeiteten Pixel-Daten die Pixel-Daten in Blöcken in einem Vollbild-Format umfassen, in welchem die ungeraden (Zeilen 18) und geraden Halbbilder (Zeilen 20) eines Vollbildes als ein einziges Vollbild (10) verarbeitet werden durch Verschachtelung der Zeilen (18, 20) von zugehörigen ungeraden (Zeilen 18) und geraden Halbbildern (Zeilen 20); und

(5) Mittel (142), die ansprechen auf die bestimmenden Mittel, zum selektiven Auswählen von decodierten Blöcken von den ersten und zweiten Mitteln, um ein unkomprimiertes Videosignal wieder herzustellen.

III.
Die Beklagte hat die technische Lehre des Klagepatents in der Zeit vom 12.07.1996 bis 18.03.2011 widerrechtlich benutzt.

1)
Die angegriffenen Ausführungsformen haben den MPEG-2-Standard genutzt und unstreitig wortsinngemäß die technische Lehre des Anspruchs 17 des Klagepatents verwirklicht. Die Verwirklichung sämtlicher Merkmale des Anspruchs durch die angegriffenen Ausführungsformen ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig.

2)
Der Einwand der Beklagten, das Klagepatent sei erschöpft, greift nicht durch.
Erschöpfung meint den Verbrauch des Patentrechts. Der Einwand ist begründet, wenn die Partei, die sich darauf beruft, schlüssig darlegen kann, dass der Patentinhaber selbst oder ein mit dessen Zustimmung handelnder Dritter das patentierte Erzeugnis oder das unmittelbare Erzeugnis eines patentierten Verfahrens in einem der Vertragsstaaten der Europäischen Union in Verkehr gebracht hat (BGH, GRUR 1997, 116 – Prospekthalter; BGH, GRUR 2001, 223 – Bodenwaschanlage; OLG Düsseldorf, InstGE 10,129 – Druckerpatrone II; LG Düsseldorf, InstGE 7, 70 – Videosignal-Codierung I). Dem Vortrag der Beklagten ist derartiges nicht zu entnehmen.
Die Beklagte verweist auf „ihre Lieferantinnen“ und führt aus, „sie gehe davon aus“, dass diese die in die angegriffenen Ausführungsformen eingebauten Chips ihrerseits von Lizenznehmern der Klägerin bzw. der A erworben hätten. Dies genügt nicht; der Vortrag ist – worauf die Klägerin hingewiesen hat – pauschal und unsubstantiiert. Der Beklagten hätte es wenigstens oblegen, ihre Lieferantinnen namentlich zu benennen – weshalb insoweit ein Geheimhaltungsbedürfnis bestehen sollte, ist nicht dargetan oder sonst wie ersichtlich – und konkret darzulegen, von wem diese welche lizenzierten Chips erhalten haben sollen. Weder die Klägerin noch die A stellen Chips her oder handeln mit diesen. Des Weiteren wäre die Darlegung erforderlich gewesen, dass gerade die in Bezug genommenen Chips als patentgemäße Vorrichtung anzusehen sind. Zudem erhält die Beklagte – unstreitig – keine Chips, die sie sodann in Deutschland oder einem anderen Staat der Europäischen Union in die angegriffenen Ausführungsformen einbaut oder einbauen lässt, sondern die angegriffenen Ausführungsformen werden für die Unternehmensgruppe E in Fernost hergestellt und vollständig konfektioniert geliefert. Schließlich belegt der Vortrag der Beklagten, dass sie tatsächlich nicht weiß, ob überhaupt Lizenzen bestehen, sie „geht lediglich davon aus“. Aufgrund welcher Umstände sie diese Vermutung hegt, erläutert die Beklagte nicht.
Die von der Beklagten begehrte Vorlageanordnung gemäß § 142 ZPO, mit welcher der Klägerin bzw. der A aufgegeben werden soll, Lizenzverträge mit ihren Chip-Herstellern und/oder sonstigen Hard- oder Software-Lieferanten vorzulegen, ist nicht zu treffen. Abgesehen davon, dass der Antrag der Beklagten eine Identifizierung der vorzulegenden Urkunden nicht ermöglicht und die Beklagte nichts zum Besitz etwaiger Urkunden bei der Klägerin oder der A vorgetragen hat, erweist sich der Antrag auf der Grundlage des Vortrages der Beklagten als Ausforschung. Eine solche ist indes auch gestützt auf § 142 ZPO unzulässig (LG Düsseldorf, InstGE 7, 70 – Videosignal-Codierung I). Die Beklagte hat keinerlei Tatsachen vorgetragen, aus welchen sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit ergeben könnte, dass ihre namentlich nicht benannten Lieferantinnen über eine Lizenz verfügen, welche sie zur Benutzung der angegriffenen Ausführungsformen berechtigen könnte. Ebenso mangelt es an einem konkreten Tatsachenvortrag, der die Wahrscheinlichkeit begründen könnte, dass die Klägerin oder A mit Chipherstellern und/oder Hard- oder Softwarelieferanten Lizenzen vereinbart hat. Es ist bereits völlig offen, um wen es sich dabei handeln soll.

IV.
Angesichts des Angebots und des Vertriebs der von dem Klagepatent Gebrauch machenden angegriffenen Ausführungsformen stehen der Klägerin die mit der vorliegenden Klage noch geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadenersatzfeststellung für Handlungen, die in der Zeit vom 12.07.1996 (1 Monat nach Patenterteilung) bis 18.03.2011 (Zeitablauf des Klagepatents) begangen worden sind, zu.

1)
Der Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz dem Grunde nach folgt aus § 139 Abs. 2 PatG i. V. m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

Eine Begrenzung des Schadenersatzanspruchs auf eine angemessene Lizenzgebühr ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vorzunehmen. Eine Beschränkung hierauf wäre nur dann festzustellen, wenn der von der Beklagten erhobene kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand, der auch gegenüber einem Anspruch auf Schadenersatz geltend gemacht werden kann, durchgreifen würde mit der Folge, dass der Beklagten gegen die Klägerin wegen deren kartellrechtswidriger Weigerung, einen angemessenen Lizenzvertrag abzuschließen, ein Schadenersatzanspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 33, 19, 20 GWB zustünde (BGH GRUR 2004, 966 – Standard-Spundfass). Dies ist indes nicht der Fall. Die vom BGH in der „Orange-Book“-Entscheidung (GRUR 2009, 694) aufgestellten Anforderungen für den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand sind nicht erfüllt.
a)
Nach den Grundsätzen der genannten Entscheidung gilt Folgendes:
Diskriminiert ein marktbeherrschendes Unternehmen mit der Weigerung, einen ihm angebotenen Patentlizenzvertrag abzuschließen, das um die Lizenz nachsuchende Unternehmen in einem gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr oder behindert es den Lizenzsucher damit unbillig, stellt auch die Durchsetzung des patentrechtlichen (Unterlassungs-)Anspruchs einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung dar. Denn das marktbeherrschende Unternehmen hindert damit das andere Unternehmen an dem Marktzutritt, den es durch den Abschluss des Lizenzvertrags zu eröffnen verpflichtet ist. Die Durchsetzung insbesondere des Unterlassungsanspruchs ist damit ebenso verboten wie die Weigerung, den Lizenzvertrag abzuschließen, der den Unterlassungsanspruch erlöschen ließe. Ein kartellrechtlich verbotenes Verhalten darf jedoch nicht von den staatlichen Gerichten angeordnet werden.
Der Patentinhaber, der einen (Unterlassungs-)Anspruch aus seinem Patent geltend macht, obwohl dem Beklagten ein Anspruch auf Einräumung einer Lizenz am Klagepatent zusteht, missbraucht jedoch nur dann seine marktbeherrschende Stellung und handelt nur dann treuwidrig, wenn insbesondere die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind.
Der Lizenzsucher muss ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrags gemacht haben, das der Patentinhaber nicht ablehnen darf, ohne den Lizenzsucher unbillig zu behindern oder gegen das Diskriminierungsverbot zu verstoßen, und sich an dieses Angebot gebunden halten. Auch der marktbeherrschende Patentinhaber ist nicht verpflichtet, selbst die Gestattung der Benutzung der Erfindung anzubieten; nur wenn er ein Angebot zum Vertragsabschluss zu nicht behindernden oder diskriminierenden Bedingungen ablehnt, missbraucht er seine marktbeherrschende Stellung. Die Benutzung seines Patents durch ein Unternehmen, das nicht bereit ist, einen Lizenzvertrag zu solchen Bedingungen abzuschließen, muss er nicht dulden.
Das annahmefähige unbedingte Vertragsangebot reicht allerdings allein nicht aus, um den „Zwangslizenzeinwand” gegenüber dem Unterlassungsbegehren des Patentinhabers durchgreifen zu lassen. Die Einräumung einer jeden Lizenz wirkt grundsätzlich nur in die Zukunft. Erst wenn ihm die Lizenz erteilt ist, ist der Lizenznehmer berechtigt, den Gegenstand des Lizenzvertrags zu benutzen; zugleich entsteht mit jedem Benutzungstatbestand (sofern und soweit keine benutzungsunabhängige Gegenleistung vereinbart ist) der Anspruch des Lizenzgebers auf die vertragliche Gegenleistung, typischerweise in Gestalt einer Stück- oder umsatzbezogenen Lizenzgebühr. Der Lizenzsucher, der im Vorgriff auf die ihm zu erteilende Lizenz die Benutzung des Klagepatents aufnimmt, darf nicht nur seinen vertraglichen Rechten, sondern muss auch seinen vertraglichen Pflichten „vorgreifen”. Er kann den Ansprüchen aus dem Patent nur dann den dolo-petit-Einwand entgegenhalten, wenn er dem Patentinhaber nicht nur ein Angebot gemacht hat, das der Patentinhaber nicht ablehnen darf, sondern sich auch so verhält, als ob der Patentinhaber sein Angebot bereits angenommen hätte. In diesem Fall wäre er nicht nur berechtigt, den Gegenstand des Patents zu benutzen, sondern insbesondere auch verpflichtet, über die Benutzung regelmäßig abzurechnen und an den Patentinhaber die sich aus der Abrechnung ergebenden Lizenzgebühren zu zahlen. Auf der anderen Seite handelt der Patentinhaber weder missbräuchlich noch treuwidrig, wenn er Ansprüche aus dem Patent gegenüber demjenigen geltend macht, der zwar die Benutzungsbefugnis eines Lizenznehmers für sich in Anspruch nimmt, aber die Gegenleistung nicht erbringt, die der Lizenznehmer nach einem nicht diskriminierenden oder behindernden Lizenzvertrag zu erbringen verpflichtet wäre.
Ebenso wenig wie es dem Lizenzsucher versagt werden könnte, sich in erster Linie gegen den Verletzungsvorwurf zu verteidigen mit der Folge, dass die Klage in vollem Umfang abzuweisen ist, wenn sich der Verletzungsvorwurf nicht bestätigt, kann es dem Patentinhaber versagt werden, seine Ansprüche aus dem Patent geltend zu machen mit der Folge, dass dieser Anspruch zuzusprechen ist, wenn sich der Verletzungsvorwurf bestätigt und das Gericht eine marktbeherrschende Stellung oder einen Missbrauch derselben verneint. Dann rechtfertigt aber der bloße Umstand, dass der Patentinhaber den Abschluss des ihm angebotenen Lizenzvertrags verweigert, weil er sich hierzu berechtigt glaubt, es nicht, den Lizenzsucher gegenüber dem Lizenznehmer dadurch zu privilegieren, dass jener im Ergebnis von der Beachtung des Gegenseitigkeitsverhältnisses von vertraglicher Leistung und Gegenleistung dispensiert wird. Ebenso wie sich der Patentinhaber so behandeln lassen muss, als habe er die geschuldete Lizenz erteilt, muss sich auch der Lizenzsucher so verhalten, als sei ihm die Lizenz eingeräumt worden.
Dies bedeutet zum einen, dass der Lizenzsucher zu den Bedingungen eines nicht diskriminierenden Vertrags über den Umfang seiner Benutzungshandlungen abzurechnen hat, zum anderen, dass er seinen sich aus der Abrechnung ergebenden Zahlungspflichten nachkommen muss. Dabei muss der Lizenzsucher allerdings nicht an den Patentinhaber zahlen, sondern kann nach § 372 S. 1 BGB die Lizenzgebühren unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegen. Denn die Weigerung des Patentinhabers, den Lizenzvertrag abzuschließen, rechtfertigt die entsprechende Heranziehung der Vorschriften über den Gläubigerverzug, sei es, weil der Patentinhaber auch die angebotene Zahlung nicht anzunehmen bereit ist (§ 293 BGB), sei es, weil er zwar die Zahlung anzunehmen willens, jedoch nicht bereit ist, die Gegenleistung in Gestalt der Lizenzgewährung zu erbringen (§ 298 BGB). Damit wird dem Interesse des Lizenzsuchers Rechnung getragen, seinen Anspruch auf Rückzahlung gezahlter Lizenzgebühren für den Fall zu sichern, dass die Klage mangels Verletzung abgewiesen wird.
Der Höhe nach sind die Lizenzgebühr und damit auch die Leistungsverpflichtung des Lizenzsuchers auf denjenigen Betrag begrenzt, der sich aus den Bedingungen eines kartellrechtlich unbedenklichen Vertrags ergibt. Dass dieser Betrag auch für den Lizenzsucher nicht ohne Weiteres feststellbar ist, belastet ihn nicht unbillig, denn ihn trifft für die Voraussetzungen des Lizenzierungsanspruchs grundsätzlich ohnehin die Darlegungs- und Beweislast. Wenn der Lizenzsucher die Lizenzgebührenforderung des Patentinhabers für missbräuchlich überhöht hält oder der Patentinhaber es ablehnt, die Lizenzgebühr zu beziffern, etwa weil er sich für berechtigt hält, die Lizenzierung des Klagepatents in jedem Fall zu verweigern, ist dem Lizenzsucher allerdings das Recht zuzubilligen, das Angebot zum Abschluss eines Lizenzvertrags hinsichtlich des Entgelts nicht auf die Vereinbarung eines bestimmten Lizenzgebührensatzes, sondern auf eine vom Patentinhaber nach billigem Ermessen zu bestimmende Lizenzgebühr zu richten. Andernfalls könnte die Hinterlegung eines höheren als des vom Lizenzsucher selbst für angemessen gehaltenen Betrags seine Verurteilung nicht hindern, wenn sie nicht von einem Lizenzangebot in gleicher Höhe begleitet wäre. Ein „sicherheitshalber” erhöhtes Angebot würde dem Patentinhaber indessen die Möglichkeit verschaffen, sich durch Annahme dieses Angebots gegebenenfalls auch eine überhöhte Lizenzgebühr zu sichern. Dies wäre nicht nur unbillig, sondern belastete den Patentverletzungsprozess auch in einem vermeidbaren Umfang mit der Aufgabe, die genaue Höhe einer nicht behindernden oder diskriminierenden Lizenzgebühr festzustellen. Denn der Lizenzsucher wird eher bereit sein, eine höhere, über dem aus seiner Sicht kartellrechtlich angemessenen Betrag liegende Summe zu hinterlegen, wenn ihm der – grundsätzlich weiterhin zu seiner Darlegungs- und Beweislast stehende – Einwand nicht abgeschnitten ist, eine Bestimmung der Lizenzgebühr durch den Patentinhaber in dieser Höhe sei unbillig. Der Patentinhaber bleibt auf der anderen Seite bei der Bestimmung der Lizenzgebühr vollständig frei; seine Bestimmung ist nur dann unbillig, wenn sie sich nicht an die ihm kartellrechtlich ohnehin gesetzten Schranken hält und den Lizenznehmer unbillig behindert oder gegenüber anderen Lizenznehmern diskriminiert.

b)
Die Grundsätze der „Orange-Book“-Entscheidung sind auch für den vorliegenden Fall maßgeblich: Soweit die Beklagte meint, bei den vom BGH aufgestellten Kriterien handele es nicht um durch die Entscheidungspraxis des EuGH gestützte Einschränkungen des Anwendungsbereiches von Art. 102 AEUV (vormals Art. 82 EG), vermag die Kammer sich dem nicht anzuschließen. Insbesondere das vom BGH entwickelte Hinterlegungsmodell ist mit dem vom EuGH entwickelten Effektivitätsgrundsatz (vgl. EUGH, Slg. 2006, I-6641 – Manfredi) vereinbar, da der BGH den Lizenzsuchenden sogar letztlich privilegiert, indem er diesem nicht die vorherige Erfüllung i.S.v. § 362 BGB aufbürdet, sondern auch eine seinen Interessen entgegen kommende Hinterlegung erlaubt. Insoweit missachtet die BGH-Entscheidung nicht den Vorrang des Gemeinschaftsrechts; es ist gewährleistet, dass interessierte Dritte eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen erhalten können. Der BGH hat zudem europarechtliche Aspekte erkennbar auch berücksichtigt, was darin zum Ausdruck kommt, dass in der Entscheidung Artt. 101, 102 AEUV ausdrücklich zitiert sind. Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer – zumindest für diese Instanz – auch keinen Anlass für die von der Beklagten angeregte Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV. Die Grundsätze der genannten Entscheidung sind überdies nicht nur für den Fall, dass ein Patentinhaber (nur) einen Unterlassungsanspruch geltend macht, zu beachten. Sie sind vielmehr dem Kern nach bei sämtlichen möglichen Rechtsfolgen einer rechtswidrigen Benutzung zu berücksichtigen.

c)
Bei Anwendung der in der „Orange-Book“-Entscheidung aufgestellten Grundsätze kann zunächst dahinstehen, ob die Beklagte mit Schreiben vom 01.06.2011 nebst Anlagen (Anlage B 14) der Klägerin ein annahmefähiges unbedingtes Lizenzangebot (BGH GRUR 2009, 694 – Orange-Book; OLG Düsseldorf, InstGE 10, 129 – Druckerpatrone II) unterbreitet hat, woran Zweifel bestehen könnten, weil die Beklagte ihrem Vorbringen zufolge, den Abschluss eines Lizenzvertrages auf dieser Grundlage von der Klärung steuerrechtlicher Aspekte abhängig macht.
Ebenso bedarf es keiner abschließenden Klärung der rechtlichen Strukturen sowie der wirtschaftlichen Verflechtungen der Unternehmen der Unternehmensgruppe E im In- und im Ausland und insbesondere die Frage, ob die F-Stiftung als „Spinne im Netz“ die geschäftlichen Tätigkeiten aller Unternehmen steuert, beherrscht und von diesen wirtschaftlich profitiert, kann letztlich offenbleiben. Auch dann, wenn dies zu verneinen und keine Situation festzustellen wäre, die derjenigen entspricht, welche der Entscheidung der Kammer „Videosignal-Codierung III“ (InstGE 10, 66) zugrundelag und die dazu führte, es genügen zu lassen, wenn entweder die Möglichkeit einer Einzellizenzierung oder die Möglichkeit einer weltweiten Lizenz an allen in den MPEG-2-Standard aufgenommenen Schutzrechten mittels des MPEG-2-Standardlizenzvertrages besteht, kann die Beklagte sich im Ergebnis nicht darauf berufen, dass sie bereit sei, den MPEG-2-Standardlizenzvertrag für sich und die deutschen Vertriebsgesellschaften der Unternehmensgruppe E abschließen. Diese Bereitschaft allein genügt aus den unter aa) ausgeführten Erwägungen nicht. Erforderlich ist, dass die Beklagte nicht nur ihren Rechten, sondern auch ihren Pflichten aus einem Lizenzvertrag „vorgreift“. Diese Obliegenheit trifft die Beklagte unabhängig davon, dass die Parteien über den territorialen Umfang einer Lizenz bzw. die Einbeziehung geschäftlicher Tätigkeiten im Ausland von ausländischen Unternehmen der Unternehmensgruppe E uneins sind. Die Beklagte hat deshalb, will sie sich auf den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand berufen, – jedenfalls auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens – insbesondere Lizenzgebühren (in Höhe von 6.970.659,00 US-$) zu zahlen oder zu hinterlegen. Dies ist, worauf die Klägerin hingewiesen hat, unstreitig nicht geschehen.
In Anbetracht dessen ist der Tatsachenvortrag der Beklagten zur Unternehmensstruktur der Unternehmensgruppe E im Schriftsatz vom 20.07.2011 nicht als verspätet im Sinne von §§ 296 Abs. 2, 282 ZPO anzusehen. Eine Verzögerung des Rechtsstreits ist auch bezüglich der in diesem Zusammenhang streitigen Tatsachen nicht zu konstatieren. Dem kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand ist die Basis aus den dargelegten Gründen entzogen, welche unabhängig von der Unternehmensstruktur der Unternehmensgruppe E ist.
Auf die weiteren zwischen den Parteien streitigen Fragen im Zusammenhang mit dem kartellrechtlichen Lizenzeinwand kommt es mangels Zahlung oder Hinterlegung von Lizenzgebühren gleichfalls nicht mehr an.

2)
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den Schadensersatzanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG i. V. m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG i. V. m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ. Die weitergehende Auskunftspflicht folgt aus §§ 242, 259 BGB i. V. m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ. Für nicht gewerbliche Abnehmer und die Angebotsempfänger ist der Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt zu gewähren (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger). Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

3)
Die Einrede der Verjährung wird von der Beklagten erfolglos erhoben.
Gemäß § 141 Satz 1 PatG, § 199 BGB setzt die Verjährung eines Anspruchs wegen Patentverletzung voraus, dass der Patentinhaber in rechtsverjährter Zeit positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen sowie der Person des Schuldners erlangt hat oder eine solche Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Derartiges lässt sich vorliegend nicht feststellen. Dem Vortrag der Beklagten kann weder entnommen werden, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin positive Kenntnis von der Patentverletzung und dem Patentverletzer erlangt haben soll noch wann ihr eine solche Kenntnis infolge grober Fahrlässigkeit zukommen sollte. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte versäumt schon vorzutragen, dass und wenn ja, ab wann die Klägerin positive Kenntnis von den jeweiligen angegriffenen Ausführungsformen hatte und/oder zu welchem Zeitpunkt die angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland in den Verkehr gelangt sind bzw. vertrieben wurden, so dass die Klägerin hätte Kenntnis nehmen können. Eine allgemeine Marktbeobachtungspflicht besteht im Übrigen nicht.

4)
Der Einwand der Verwirkung als allgemeiner Einwand aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) geht ins Leere.
Ein Recht ist verwirkt, wenn sich ein Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin (Zeitmoment) bei objektiver Beurteilung darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (Umstandsmoment) (BGH, GRUR 2001, 323 – Temperaturwächter, m. w. Nachw.).
Der Verwirkungseinwand kann auch in Patenverletzungsfällen erhoben werden. Beim Unterlassungsanspruch kommt Verwirkung in Betracht, wenn der Rechtsinhaber über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl er den Verstoß gegen seine Rechte kannte oder bei der gebotenen Wahrung seiner Interessen kennen musste, so dass der Verletzer mit der Duldung seines Verhaltens durch etwaige Berechtigte rechnen durfte und sich daraufhin einen wertvollen Besitzstand geschaffen hat (BGH, GRUR 2001, 323 – Temperaturwächter, m. w. Nachw.). Demgegenüber setzt die Verwirkung des Schadensersatzanspruchs keinen schutzwürdigen Besitzstand voraus, sondern nur, dass der Schuldner auf Grund eines hinreichend lange dauernden Duldungsverhaltens des Rechtsinhabers darauf vertrauen durfte, dieser werde nicht mehr mit Schadensersatzansprüchen wegen solcher Handlungen an den Schuldner herantreten, die er auf Grund des geweckten Duldungsanscheins vorgenommen hat. Statt eines Besitzstands im Sinne der sachlich-wirtschaftlichen Basis für die künftige wirtschaftliche Betätigung des Verletzers, wie er für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch entscheidend ist, genügt es, wenn der Schuldner sich bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen darauf eingerichtet hat und einrichten durfte, keine Zahlung an den Gläubiger (mehr) leisten zu müssen (BGH, GRUR 2001, 323 – Temperaturwächter, m. w. Nachw.).
Dem Vorbringen der Beklagten können keine Tatsachen entnommen werden, die ausgehend von den vorstehenden Erwägungen das Vorhandensein des Umstandsmoments und/oder des Zeitmoments begründen könnten. Das „Alter“ geltend gemachter Schutzrechte ist hierfür irrelevant. Es kommt zudem nur auf das konkrete Rechtsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter an. Selbst wenn die Klägerin gegenüber anderen vermeintlichen Verletzern keine Rechte geltend machen würde, böte dies für sich allein genommen keine tragfähige Grundlage für die Annahme, auch der Beklagte werde wegen rechtswidriger Benutzung des Klagepatents nicht (mehr) in Anspruch genommen. Gleichfalls ohne Belang wäre das Verhalten anderer Patentinhaber, wobei die Beklagte es insoweit bei bloßen Mutmaßungen belässt. Ab wann die Klägerin von der Benutzung des Klagepatents wusste oder wissen musste, welchen schutzwürdigen Besitzstand sich die Beklagte infolge der behaupteten Duldung geschaffen und welche Dispositionen sie im Vertrauen hierauf getroffen hat, erläutert die Beklagte im Übrigen nicht.

V.
1)
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des nicht erledigten Teils auf § 91 Abs. 1 ZPO, hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils auf § 91a Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hätte den Rechtsstreit insoweit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes voraussichtlich verloren. Die Beklagte war weder berechtigt, der Klägerin das Einbringen des Klagepatentes in den Patentpool verbunden mit der Abgabe einer Lizenzbereitschaftserklärung noch den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand im Wege des „dolo-petit“-Einwandes (§ 242 BGB) entgegen zu halten.

Mit der Einbringung des Klagepatentes in den Patentpool und der Lizenzbereitschaftserklärung der Klägerin hatte die Klägerin ihren – bis zum Zeitablauf des Klagepatents bestehenden – Unterlassungsanspruch nicht (per se) aufgegeben.
Die Klägerin hat sich zwar verpflichtet, jedem Interessenten eine Lizenz zu fairen, angemessenen und nicht diskriminierenden (FRAND) Bedingungen zu erteilen. Dies kann, wozu die Klägerin bereit ist, die Erteilung einer Einzellizenz oder den Abschluss des MPEG-2-Standardlizenzvertrages zur Folge haben. Einer FRAND-Verpflichtungserklärung kommt jedoch weder die Wirkung eines „dinglichen Verzichts“ auf das Patentrecht noch die Wirkung eines Vertrages zugunsten Dritter zu.
Das deutsche Recht bestimmt in §§ 15, 20, 23 PatG abschließend, welche Verfügungen betreffend ein Patent möglich sind, nämlich: Übertragung; Bestellung eines Nießbrauchs oder Pfandrechts; Verzicht auf das Patent gegenüber Patentamt; Belastung durch Lizenzerteilung i. S. v. § 15 Abs. 2 PatG. Damit kennt unsere Rechtsordnung keinen über ein schuldrechtlich wirkendes „pactum de non petendo“ hinausgehenden (teilweisen) dinglichen Verzicht (LG Mannheim, InstGE 11, 9, 12 – UMTS-fähiges Mobiltelefon; LG Düsseldorf, 4b O 31/10, Urteil vom 07.06.2011).
Aus der FRAND-Verpflichtungserklärung ergibt sich auch kein Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB; LG Düsseldorf, 4b O 31/10, Urteil vom 07.06.2011; offen gelassen in LG Düsseldorf, 4a O 224/05, Urteil vom 13.02.2007). Einer Lizenzbereitschaftserklärung gegenüber einer Standardisierungsorganisation kommt nämlich lediglich die Wirkung einer „invitatio ad offerendum“ zu, weil eine Lizenzbereitschaftserklärung in der Regel lediglich eine Lizenzierungspflicht, die ohnehin auf kartellgesetzlicher Grundlage besteht, deklariert (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn 976). Die Mitglieder geben eine derartige Verpflichtungserklärung ab, weil ihr Schutzrecht ansonsten keine Aufnahme in den jeweiligen technischen Standard fände. Sie beinhaltet insbesondere – siehe oben – keinen dinglichen Verzicht auf die Verbietungsrechte aus dem Patent; denkbar wäre allenfalls ein Verzicht auf die Ausübung des Unterlassungsanspruchs. Aber auch ein Verzicht im letztgenannten Sinne widerspricht ersichtlich der Interessenlage: Das gesetzliche Kartellrecht verlangt nicht die Abgabe einer zusätzlichen, eigenständigen vertraglichen Lizenzierungsverpflichtung. Aus einer allgemeinen FRAND-Erklärung kann sich nach deutschem Recht kein Nutzungsrecht im Sinne einer positiven Lizenz ergeben. Ein Patentinhaber will mit einer solchen Erklärung nicht gegenüber einer Vielzahl von Dritten ohne Sicherung seines Lizenzgebührenanspruchs ein Nutzungsrecht erteilen und zusätzlich die Pflichten eines Lizenzgebers übernehmen (z.B. Patentaufrechterhaltung, Verteidigung pp.), so dass nicht von einem verbindlichen Angebot „ad incertas personas“ ausgegangen werden kann.

Der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand wäre aus den dargelegten Gründen auch gegenüber dem Unterlassungsanspruch und dem zunächst zeitlich unbegrenzt begehrten Rechnungslegungs- und Schadenersatzfeststellungsbegehren ohne Erfolg geblieben.

2)
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

3)
Dem Antrag der Beklagten, für den Fall einer ungünstigen Entscheidung, die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung, einzustellen, bis über ein etwaiges Rechtsmittel entschieden ist, ist nicht zu entsprechen. Auf welche rechtliche Grundlage die Beklagte (derzeit) diesen Antrag stützt, ist nicht zu erkennen. §§ 719, 707 ZPO setzen u.a. voraus, dass gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil Berufung eingelegt wird. Diese Voraussetzung ist derzeit nicht gegeben. Zudem bedarf es eines unersetzlichen Vollstreckungsnachteils für den Schuldner, der glaubhaft zu machen ist. Hierzu fehlen jegliche Ausführungen. Sollte ein Schutzantrag im Sinne des § 712 Abs. 1 ZPO gemeint gewesen sein, würde auch dieser jedenfalls an der fehlenden Darlegung und Glaubhaftmachung (§ 714 Abs. 2 ZPO) des Eintritts eines für die Beklagte unersetzlichen Nachteils bei Durchführung der Vollstreckung fehlen.

Streitwert: 2.500.000,00 €