4b O 215/09 – Verbindungselement für Bodenbelag

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1717

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 21. Juni 2011, Az. 4b O 215/09

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
IV. Der Streitwert beträgt EUR 250.000.
Tatbestand
Die Klägerin war ursprünglich eingetragene alleinige Inhaberin des in englischer Verfahrenssprache verfassten Europäischen Patents EP 0 1906XXX (Anlage L 1, im Folgenden: Klagepatent; deutsche Übersetzung in Anlage L 1a). Das Klagepatent, das eine schwedische Priorität (SE 0001XXX, deutsche Übersetzung in Anlage HL 21) vom 31.3.2000 in Anspruch nimmt, wurde am 14.2.2001 angemeldet. Die Anmeldung des Klagepatents (Anlagen HL 15, 15a) wurde am 22.1.2003 offengelegt. Am 14.1.2009 wurde die Erteilung des Klagepatents veröffentlicht. Zu den benannten Vertragsstaaten zählt unter anderem die Bundesrepublik Deutschland; das Klagepatent steht in Kraft.
Die Klägerin übertrug im Wege der als Anlage HL 11 (auszugsweise deutsche Übersetzung in HL 11a) vorgelegten Technologie Transfer Vereinbarung an ihre Muttergesellschaft, die A AG, B, rückwirkend zum 1.1.2010 unter anderem das Klagepatent. Dabei trat sie zugleich alle zum Wirksamkeitstag bereits entstandenen Ansprüche und Rechte aus dem Klagepatent ab. Eine Umschreibung im Patent-register ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt.
Gegen die Erteilung des Klagepatents wurden mehrere Einsprüche, darunter auch einer durch die Beklagte eingelegt (siehe Anlagenkonvolute B&B3, 3a und 4 sowie Anlage B&B13), über die jeweils noch nicht entschieden ist. Die Einspruchsabteilung gab am 19.1.2011 eine vorläufige Einschätzung zum Rechtsbestand ab (Anlagen HL 22, 22a).
Der Anspruch 1 des Klagepatents lautet in seiner amtlichen deutschen Übersetzung ohne Bezugszeichen:
„Bodenbelagmaterial, umfassend plattenförmige Bodenelemente mit einer im Wesentlichen quadratischen oder rechteckigen Gestalt, wobei jedes der Bodenelemente mit Kanten, einer unteren Seite und einer oberen dekorativen Schicht versehen ist und die Bodenelemente derart konstruiert sind, dass sie mittels Verbindungselementen verbunden werden, bei dem jedes der Bodenelemente an einer ersten Kante mit einem männlichen Verbindungselement versehen ist, während eine zweite Kante von jedem der Bodenelemente mit einem weiblichen Verbindungselement versehen ist, wobei das männliche Verbindungselement mit einer Zunge und einer Nut der unteren Seite versehen ist, während das weibliche Verbindungselement mit einer Nut und einer Backe versehen ist, wobei die Backe mit einer Lippe versehen ist, und die Bodenelemente derart konstruiert sind, dass sie im Wesentlichen zusammengefügt werden, indem ein Bodenelement gekippt ist, um mit einem schon installierten Bodenelement oder einer Reihe schon installierter Bodenelemente verbunden zu werden, wobei das männliche Verbindungselement des Bodenelements nach unten gewinkelt ist, während es der ersten Kante erlaubt ist, im Wesentlichen parallel zur zweiten Kante des schon installierten Bodenelements oder der Bodenelemente zu sein, wobei die Zunge des gekippten Bodenelements in die Nut des weiblichen Verbindungselements des schon installierten Bodenelements oder der Bodenelemente eingesetzt wird, wobei das gekippte Bodenelement nach unten gedreht wird, mit seiner unteren Kante als Drehachse, so dass die Lippe schließlich in die Nut der unteren Seite einschnappt, wo die oberen Dekorationsschichten der Bodenelemente im Wesentlichen parallel sind, jedes der Bodenelemente an einer dritten Kante mit einem männlichen Vertikalzusammenbauverbindungselement versehen ist, während eine vierte Kante jedes Bodenelements mit einem weiblichen Vertikalzusammenbauverbindungselement versehen ist, wobei die vierte Kante an der gegenüberliegenden Seite der dritten Kante angeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet,

dass die männlichen Vertikalzusammenbauverbindungselemente mit im Wesentlichen vertikalen unteren Backenoberflächen versehen sind, die parallel zum nächsten Rand angeordnet sind, wobei die unteren Ba-ckenoberflächen so ausgestaltet sind, dass sie mit den im Wesentlichen vertikalen oberen Backenoberflächen zusammenwirken, die an den weiblichen Vertikalzusammenbauverbindungselementen angeordnet sind, so dass zwei verbundene benachbarte Bodenelemente in einer horizontalen Richtung gegeneinander versperrt sind, und die männlichen und weiblichen Vertikalzusammenbauverbindungselemente mit einem oder mehreren Schnapphaken mit zueinander passenden Hinterschnitten versehen sind, die die vertikale Bewegung zwischen zwei verbundenen benachbarten Bodenelementen begrenzen, indem sie mit im Wesentlichen horizontalen Sperroberflächen versehen sind, dass die Bodenelemente derart ausgestaltet sind, dass, wenn zwei Bo-denelemente verbunden werden, die Verbindung zwischen der dritten Kante eines dieser Bodenelemente und einer vierten Kante der anderen dieser Bodenelemente Kontaktflächen umfasst, die durch die im We-sentlichen horizontalen Sperroberflächen der einen oder mehreren Schnapphaken und zueinander passenden Hinterschnitten, die im We-sentlichen vertikalen oberen und unteren Backenoberflächen, sowie die zusammengehörigen oberen Oberflächen der beiden verbundenen Bo-denelemente ausgebildet werden, und dass die Bodenelemente derart ausgestaltet sind, dass zwei benachbarte Kanten eines Bodenelements mit einem Bodenelement, das benachbart zur ersten Kante ist, und ei-nem Bodenelement, das benachbart zur dritten oder vierten Kante ist, gleichzeitig und in derselben Drehbewegung verbunden werden können. “
Die nachfolgend eingeblendeten Figuren 2 und 5 der Klagepatentschrift verdeutli-chen den Gegenstand der technischen Lehre des Klagepatents anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele. Figur 2 zeigt einen Querschnitt während der Verbindung einer ersten und zweiten Kante 2I und 2II. Figur 5 zeigt in einem Querschnitt jeweils eine dritte und vierte Kante 2III und 2IV während der Verbindung.
Die in Belgien ansässige Beklagte stellt Bodenpaneele („C“ Laminat, nachfolgend: „angegriffene Ausführungsform, siehe das Muster gemäß Anlage B&B2) her, die sie unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland vertreibt. Sie bietet über ihre Homepage www.D.com eine europaweite Händlersuche an (vgl. Anlage L 8); auf Anfrage der Klägerin wurden für den Raum Düsseldorf sechs D-Händler genannt (Anlage L 9). Die bei der angegriffenen Ausführungsform verwendeten Verbindungselemente sind aus den als Anlage L 6 überreichten Fotografien ersichtlich; als Anlage L 7 hat die Klägerin die Einlage einer zugehörigen Verpackung vorgelegt.
Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch. Insbesondere seien folgende Anspruchsbestandteile verwirklicht; Das gekippte Bodenelement werde mit seiner unteren Kante als Drehachse nach unten gedreht, so dass die Lippe schließlich in die Nut der Unterseite einschnappe. Letzteres sei bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall, weil die einzelnen Paneele der angegriffenen Ausführungsform dadurch miteinander verbindbar sind, dass das zu verbindende Paneel parallel zur Längskante eines bereits verlegten Paneels schräg angesetzt, also gekippt wird, wobei das männliche Verbindungselement in das weibliche Verbindungselement eingeführt wird (vgl. Anlage L 7, Seite 2 unten). Wie das – ihrer Ansicht nach klagepatentgemäße – Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 des Klagepatents belege, genüge auch eine „Fallbewegung“ für die Annahme eines „Einschnappens“. Die „Drehachse“ sei nicht an einem bestimmten Abschnitt der unteren Kante festzumachen, sie müsse nicht „feststehend“ sein; eine etwaige translatorische Schiebebewegung bei der Verlegung sei unschädlich, da die Drehachse dabei entsprechend mitverschoben werde. Die männlichen Vertikalzusammenbauverbindungselemente seien mit im Wesentlichen vertikalen unteren Backenoberflächen versehen, welche parallel zum nächstliegenden Rand angeordnet seien, deren untere Backenoberflächen so ausgestaltet seien, dass sie mit den im Wesentlichen vertikalen oberen Backenoberflächen, die an den weiblichen Vertikalzusammenbauverbindungselementen angeordnet sind, zu-sammenwirkten, so dass zwei verbundene, benachbarte Bodenelemente in einer horizontalen Richtung miteinander verriegelt seien; hierzu verweist die Klägerin auf die Zeichnung L 6. Backenoberflächen seien bereits dann „im Wesentlichen vertikal“ im Sinne des Klagepatents, wenn sie einen ausreichend vertikalen Winkel aufwiesen, so dass – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – benachbarte Bodenelemente nach dem Verlegen nicht in horizontaler Richtung auseinander driften können. Die Verbindung zwischen einer dritten Kante eines Bodenelementes und einer vierten Kante des anderen dieser Bodenelemente umfasse Kontaktflächen, die unter anderem durch „mating upper surfaces“ – was die Klägerin mit „zusammengehörige obere Oberflächen“ übersetzt – ausgebildet seien. Eine Berührung der oberen dekorativen Schichten, die nicht mit den oberen Oberflächen gleichzusetzen seien, erfordere das an sich nicht; aber selbst das sei bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall.

Die Klägerin beantragt nach einer Anpassung im Hinblick auf die Übertragung des Klagepatents und einer teilweisen Klagerücknahme (vgl. im Einzelnen Sitzungsprotokoll vom 19.5.2011) zuletzt sinngemäß,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes von bis zu Euro 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
Bodenbelagmaterial, umfassend plattenförmige Bodenelemente mit einer im Wesentlichen quadratischen oder rechteckigen Ge-stalt, wobei jedes der Bodenelemente mit Kanten, einer unteren Seite und einer oberen dekorativen Schicht versehen ist und die Bodenelemente derart konstruiert sind, dass sie mittels Verbindungselementen verbunden werden, bei dem jedes der Bodenelemente an einer ersten Kante mit einem männlichen Verbindungselement versehen ist, während eine zweite Kante von jedem der Bodenelemente mit einem weiblichen Verbindungselement versehen ist, wobei das männliche Verbindungselement mit einer Zunge und einer Nut der unteren Seite versehen ist, während das weibliche Verbindungselement mit einer Nut und einer Backe versehen ist, wobei die Backe mit einer Lippe versehen ist, und die Bodenelemente derart konstruiert sind, dass sie im Wesentlichen zusammengefügt werden, indem ein Bodenele-ment gekippt ist, um mit einem schon installierten Bodenelement oder einer Reihe schon installierter Bodenelemente verbunden zu werden, wobei das männliche Verbindungselement des Bodenelements nach unten gewinkelt ist, während es der ersten Kante erlaubt ist, im Wesentlichen parallel zur zweiten Kante des

schon installierten Bodenelements oder der Bodenelemente zu sein, wobei die Zunge des gekippten Bodenelements in die Nut des weiblichen Verbindungselements des schon installierten Bodenelements oder der Bodenelemente eingesetzt wird, wobei das gekippte Bodenelement nach unten gedreht wird, mit seiner unteren Kante als Drehachse, so dass die Lippe schließlich in die Nut der unteren Seite einschnappt, wo die oberen Dekorationsschichten der Bodenelemente im Wesentlichen parallel sind, jedes der Bodenelemente an einer dritten Kante mit einem männlichen Vertikalzusammenbauverbindungselement versehen ist, wobei eine vierte Kante jedes Bodenelements mit einem weiblichen Vertikalzusammenbauverbindungselement versehen ist, wobei die vierte Kante an der gegenüberliegenden Seite der dritten Kante angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die männlichen Vertikalzusammenbauverbindungselemente mit im Wesentlichen vertikalen unteren Backenoberflächen versehen sind, die parallel zum nächsten Rand angeordnet sind, wobei die unteren Backenoberflächen so ausgestaltet sind, dass sie mit den im Wesentlichen vertikalen oberen Backenoberflächen zusammenwirken, die an den weiblichen Vertikalzusammenbau-Verbindungselementen angeordnet sind, so dass zwei verbundene benachbarte Bodenelemente in einer horizontalen Richtung gegeneinander versperrt sind, und die männlichen und weiblichen Vertikalzusammenbauverbindungselemente mit einem oder mehreren Schnapphaken mit zueinander passenden Hinterschnitten versehen sind, die die vertikale Bewegung zwi-schen zwei verbundenen benachbarten Bodenelementen be-grenzen, indem sie mit im Wesentlichen horizontalen Sperroberflächen versehen sind, dass die Bodenelemente derart ausgestaltet sind, dass, wenn zwei Bodenelemente verbunden werden, die Verbindung zwischen der dritten Kante eines dieser Bodenelemente und einer vierten Kante der anderen dieser Bodenelemente Kontaktflächen umfasst, die durch die im Wesentlichen horizontalen Sperroberflächen der einen oder mehreren Schnapphaken und zueinander passenden Hinterschnitten, die im Wesentlichen vertikalen oberen und unteren Backenoberflächen, sowie die zusammengehörigen oberen Oberflächen der beiden verbundenen Bodenelemente ausgebildet werden, und dass die Bodenelemente derart ausgestaltet sind, dass zwei be-

nachbarte Kanten eines Bodenelements mit einem Bodenele-ment, das benachbart zur ersten Kante ist, und einem Boden-element, das benachbart zur dritten oder vierten Kante ist, gleichzeitig und in derselben Drehbewegung verbunden werden können,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
2.
unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses und der entsprechenden Rechnungen vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 14.2.2009 begangen hat und zwar durch eine geordnete Zusammenstellung , insbesondere unter Angabe
a) der Anzahl der von der Beklagten hergestellten, erhaltenen oder bestellten Produkte, unter Angabe der Namen und Adres-sen der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen aufgeschlüsselt nach Liefermen- gen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträ-gern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbrei-tungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei

– die Rechnungen für Benutzungshandlungen ab dem 1.1.2010 der A AG, Estraße XX, F, B, vorzulegen sind,
– der Beklagten vorbehalten bleiben mag, Namen und Anschrif-ten der Angebotsempfänger und der nicht-gewerblichen Abneh-mer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, wenn die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
3.
die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum be-findlichen Erzeugnisse entsprechend Ziffer 1. zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher dieser durch die in Ziffer 1.1. bezeichneten und zwischen dem 14.2.2009 und dem 31.12.2009 begangenen Handlungen entstanden ist, sowie der A AG, Estraße XX, F, B, allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer 1.1. bezeichneten und seit dem 1.1.2010 begangenen Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird,
hilfsweise Vollstreckungsschutz.
Die Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den das Klagepatent beim Europäischen Patentamt eingelegten Einsprüche auszusetzen,
3. weiter hilfsweise Vollstreckungsschutz.
Die Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Es fehle zunächst schon an einem klagepatent-gemäßen „Einschnappen“ anlässlich der Verbindung zweier Bodenelemente. Das Klagepatent erfasse nur Schnapp- und gerade keine Fallbewegungen; die Ausgestaltung gemäß Figur 1 des Klagepatents sei nicht Bestandteil der vermeintlichen Erfindung. Ein Einschnappen verlange die Überwindung eines Widerstandes mittels Krafteinwirkung vor Eintritt eines Einrastens. Der Überwindung eines Widerstandes bedürfe es – in tatsächlicher Hinsicht unstreitig – bei der angegriffenen Ausführungsform nicht (vgl. Foto auf Seite 10 der Klageerwiderung vom 2.8.2010, Blatt 108). Bei der angegriffenen Ausführungsform gebe es keine Drehachse beim Installationsvorgang, vielmehr handele es sich um einen schiebenden Vorgang, bei dem es letztlich zwar zu einer Rotation, indes nicht um eine Drehachse herum, komme. Die untere Kante komme nicht in Kontakt mit dem bereits installierten Bodenelement und fungiere nicht als Drehachse. Die angegriffene Ausführungsform verfüge nicht über ein weibliches Vertikalzusammenbauverbindungselement mit im Wesentlichen vertikalen oberen Backenoberflächen, wie Anlage L 6, S. 2 (rechtes Oval) belege: Die dortige Seite 2IV habe an ihrem äußeren rechten Ende lediglich eine Stufe geringer Höhe mit einem runden, abgeflachten Verlauf, die nicht vertikal, sondern im Winkel von 45 Grad verlaufe, wenn man eine Gerade vom Fuß der Kurve bis zu ihrer oberen Kante ziehe. Insofern fehle es am klagepatentgemäß erforderlichen geraden Verlauf der oberen Backenoberfläche. Mit „mating upper surfaces“ meine das Klagepatent kon-taktierende obere Oberflächen, womit mehr als ein unspezifisches Zusammengehö-ren gemeint sei. Insoweit seien die oberen Oberflächen gleichzusetzen mit der obe-ren dekorativen Schicht. Ihren Hilfsantrag auf Aussetzung des Rechtsstreits begründet die Beklagte damit, dass die Erteilung des Klagepatents aufgrund der eingelegten Einsprüche widerrufen werde: Das Klagepatent weise eine unzulässige Erweiterung gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung auf. Die Priorität des Klagepatents sei nicht wirksam beansprucht, so dass der effektive Zeitrang des Klagepatents nicht der Prioritätstag (unstreitig der 31.3.2000), sondern dessen Anmeldetag (unstreitig der 14.2.2001) sei. Es mangele an der Neuheit der technischen Lehre des Klagepatents. Jedenfalls sei die notwendige Erfindungshöhe nicht erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die aus dem Antrag ersichtlichen Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie auf Vernichtung mangels einer Verletzung des Klagepatents nicht zu.
I.
Das Klagepatent betrifft Bodenbelagmaterial, das plattenförmige Bodenelemente um-fasst, welche mit Verbindungselementen verbunden werden.
Einleitend stellt das Klagepatent fest, dass vorgefertigte, mit einer Feder und einer Nut an den Kanten versehene Bodenplatten heutzutage recht gewöhnlich seien und von durchschnittlichen Heimwerkern installiert werden könnten. Die Böden könnten beispielweise aus Massivholz, aus einer Faserplatte oder aus einer Spanplatte bestehen. Oft seien sie mit einer Oberflächenschicht wie Lack oder einer Art Laminat versehen und die Platten würden oft mittels Verkleben der Feder und Nut installiert. Die gewöhnlichsten Nut-/Federsysteme wiesen folgenden Nachteil auf: Arbeite der Installateur nicht gründlich genug, bildeten sich Lücken mit unterschiedlicher Breite zwischen den Bodenplatten aus, so dass sich dort sehr leicht Schmutz sammeln könne. Zudem trete Feuchtigkeit in die Lücken ein, was den – üblicherweise aus Holz, Faserplatte oder Spannplatte hergestellten – Kern dazu bringe, sich auszuweiten. Die Ausdehnung führe dazu, dass die – einer außergewöhnlichen Abnutzung ausgesetzten – Oberflächenschicht sich am nächsten zu den Kantenverbindungen erhebe, wodurch die Lebensdauer des Bodens drastisch reduziert werde.

Um derartig unerwünschte Lücken zu vermeiden, sei es denkbar, Spannungseinrichtungen vorzusehen, die die Bodenplatten während der Installation zusammendrücken. Eine solche Vorgehensweise sei indes mehr oder weniger schwierig.
Gewünscht sei eine selbstführende und dabei automatisch ihre korrekte Position findende Verbindung, die auch in Böden zum Einsatz kommen könne, bei denen kein Kleber verwendet werde. Eine solche Verbindung sei aus der WO 94/26XXX bekannt, welche ein System betrifft, um zwei Bodenplatten zu verbinden, die an der Rückseite mit einer Sperreinrichtung versehen sind. In einer dort gelehrten Ausführungsform sind die Bodenplatten mit Profilen an der unteren Seite an einer ersten langen Seite und kurzen Seite versehen. Diese Profile, welche sich von der Bodenplatte selbst nach außen erstrecken, sind mit einer nach oben gerichteten Lippe versehen, welche in Nuten auf der unteren Seite einer entsprechenden Bodenplatte passen. Diese Nuten sind an der zweiten kurzen Seite und langen Seite der Bodenplatte angeordnet. Ferner sind die Bodenplatten mit einer traditionellen Feder und Nut an den Kanten ausgestattet. Das Ziel ist es insoweit, dass die Profile sich nach unten biegen und dann in die Nut zurückschnappen sollen, wenn sie zusammengebaut sind. Die Profile sind mit der Bodenplatte durch Falten oder alternativ durch Kleben integriert. Die Bodenplatten können durch in Position Drehen oder Aufstemmen mit der langen Seitenkante als Drehpunkt verbunden werden. Dabei ist es notwendig, die Bodenplatte längs zu schieben, so dass sie in die Bodenplatte einschnappt, die davor in derselben Reihe installiert wurde. Dafür bedarf es eines gewissen Spiels, wobei in der betreffenden Anmeldung eine Toleranz von +/- 0,2 mm erwähnt wird. Daran kritisiert das Klagepatent: Ein derartiges Spiel erzeuge einen unerwünschten Abstand zwischen den Bodenplatten, in den Schmutz und Feuchtigkeit eindringen könnten.
Schließlich widmet sich das Klagepatent der WO 97/47XXX, welche ebenfalls ein Bodenbelagmaterial betrifft, bei dem die Bodenplatten durch in Position Drehen oder Aufstemmen mit den langen Seitenkanten als Drehpunkt verbunden werden. Eine traditionelle Feder ist dort mit einem Absatz an der unteren Seite versehen. Der Ab-satz hat ein Gegenstück in einer Aussparung in der Nut der gegenüberliegenden Seite der Bodenplatte. Die untere Seitenfläche der Nut wird während des Zusammen-baus weg gebogen und schnappt dann zurück, wenn die Bodenplatte in der korrek-ten Position ist. Die Schnappverbindungsteile (z.B. Feder und Nut) sind gegenteilig zur oben erwähnten WO 94/26XXX, bei welcher sie durch separate Teile aufgebaut sind, und die monolithisch von dem Kern der Bodenplatte hergestellt sind. In der WO 97/47XXX ist ebenfalls gezeigt, wie die Feder und die Nut mit dem Absatz in den Aussparungen gemäß der Lehre mittels einer Schneidemaschine bearbeitet werden.

An der Lehre der WO 97/47XXX bemängelt das Klagepatent: Das betreffende Bodenbelagmaterial habe ebenfalls den Nachteil, dass die beste Art, um Bodenplat-ten zu verbinden, das Längsschieben für die Verbindung der kurzen Seiten der Bo-denplatten beinhalte, wobei hier ebenfalls ein Spiel benötigt werde, welches unge-wollte Lücken (mit den oben bereits erwähnten unerwünschten Konsequenzen) zwischen Bodenplatten verursache.
Ohne ausdrücklich eine subjektive Aufgabe zu formulieren, führt das Klagepatent im Absatz [0006] aus: Nach seiner technischen Lehre sei es möglich geworden, die oben erwähnten Probleme zu lösen, wobei ein Bodenelement erreicht werde, das man zusammenbauen könne, ohne an einem schon zusammengebauten Bodenelement entlang zu gleiten. Man könne so engere Verbindungen erzielen.
Zur Erreichung dieser Vorteile schlägt das Klagepatent Bodenbelagmaterial mit fol-gender Ausgestaltung vor:
A) Das Bodenbelagmaterial umfasst plattenförmige Bodenelemente (1) mit einer im Wesentlichen quadratischen oder rechteckigen Gestalt.
B) Jedes Bodenelement (1) ist mit Kanten (2), einer unteren Seite (5) und einer oberen dekorativen Schicht (3) versehen.
C) Die Bodenelemente (1) sind derart konstruiert, dass sie mittels Ver-bindungselementen (10) verbunden werden.
D) Jedes der Bodenelemente (1) ist an einer ersten Kante mit einem männlichen Verbindungselement (10I) versehen, während eine zweite Kante (2II) eines jeden Bodenelements mit einem weiblichen Verbin-dungselement (10II) versehen ist.
D1) Das männliche Verbindungselement (101) ist mit einer Zunge (11) und einer Nut (12) der unteren Seite (5) versehen, während das weibli-che Verbindungselement (10II) mit einer Nut (13) und einer Backe (14) versehen ist, wobei die Backe (14) mit einer Lippe (15) versehen ist.
D2) Die Bodenelemente (1) sind derart konstruiert, dass sie im Wesent-lichen durch Kippen eines Bodenelements (1), das mit einem schon in-

stallierten Bodenelement oder einer Reihe schon installierter Boden-elemente (1) verbunden werden soll, zusammengefügt werden.
D3) Das männliche Verbindungselement (10I) des Bodenelements (1) ist nach unten gewinkelt, während es der ersten Kante (2I) erlaubt ist, im Wesentlichen parallel zur zweiten Kante (2II) des schon installierten Bodenelements (1) oder der Bodenelemente (1) zu sein.
D4) Die Zunge (11) des gekippten Bodenelements (1) wird in die Nut (13) des weiblichen Verbindungselements (10II) des bereits installierten Bodenelements (1) oder der Bodenelemente (1) eingesetzt.
D5) Das gekippte Bodenelement (1) wird mit seiner unteren Kante als Drehachse nach unten gedreht, so dass die Lippe (15) schließlich in die Nut (12) der unteren Seite einschnappt, wo die oberen Dekorationsschichten der Bodenelemente im Wesentlichen parallel sind.
E) Jedes der Bodenelemente (1) ist an einer dritten Kante (2III) mit ei-nem männlichen Vertikalzusammenbauverbindungselement (10III) versehen, wobei die vierte Kante (2IV) eines jeden Bodenelements (1) mit einem weiblichen Vertikalzusammenbauverbindungselement (10IV) versehen ist.
E1) Die vierte Kante (2IV) ist an der gegenüberliegenden Seite der drit-ten Kante (2III) angeordnet.
E2) Die männlichen Vertikalzusammenbauverbindungselemente (10III) sind mit im Wesentlichen vertikalen unteren Backenoberflächen (21) versehen, die parallel zum nächsten Rand (2) angeordnet sind, wobei die unteren Backenoberflächen so ausgestaltet sind, dass sie mit den im Wesentlichen vertikalen oberen Backenoberflächen (22) zusammenwirken, die an den weiblichen Vertikalzusammenbauverbindungs- elementen (10IV) angeordnet sind, so dass zwei verbundene, benachbarte Bodenelemente in einer horizontalen Richtung miteinander verriegelt sind.
E3) Die männlichen und weiblichen Vertikalzusammenbauverbindungs- elemente (10III beziehungsweise 10IV) sind mit einem oder mehreren Schnapphaken (23) und mit zueinander passenden Hinterschnitten (24)

versehen, die die vertikale Bewegung zwischen zwei verbundenen benachbarten Bodenelementen (1) begrenzen, indem sie mit im Wesentlichen horizontalen Sperroberflächen versehen sind.
E4) Die Bodenelemente (1) sind derart ausgestaltet, dass, wenn zwei Bodenelemente (1) verbunden werden, die Verbindung zwischen der dritten Kante (2III) eines dieser Bodenelemente (1) und einer vierten Kante (2IV) des anderen dieser Bodenelemente (1) Kontaktflächen umfasst,
die durch
– die im Wesentlichen horizontalen Sperroberflächen des einen oder der mehreren Schnapphaken (23) und zueinander passenden Hinterschnitten (24),
– die im Wesentlichen vertikalen oberen (22) und unteren (21) Backen-oberflächen, sowie
– die kontaktierenden oberen Oberflächen (25) der beiden verbundenen Bodenelemente (1)
ausgebildet werden.
F) Die Bodenelemente (1) sind derart ausgestaltet, dass zwei benach-barte Kanten (2) eines Bodenelements (1) mit einem Bodenelement (1), das benachbart zur ersten Kante (2I) ist, und einem Bodenelement (1), das benachbart zur dritten oder vierten Kante (2III bzw. 2IV) ist, gleichzeitig und in derselben Drehbewegung verbunden werden können.
II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Anspruchs 1 keinen wortsinngemäßen Gebrauch. Es fehlt zumindest an einer Verwirklichung des Merk-mals E4. Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform Kontaktflächen unter anderem durch „mating upper surfaces“ ausbildet.
Zunächst ist der Klägerin darin beizupflichten, dass der Fachmann die oberen Oberflächen nach dem Verständnis des Klagepatents nicht mit der oberen dekorativen Schicht gleichsetzt. Schon der Anspruchswortlaut differenziert erkennbar zwischen einer oberen dekorativen Schicht (erwähnt in Merkmalen B und D5) und oberen Oberflächen (Merkmal E4). Beide Komponenten werden auch mit unterschiedlichen Bezugsziffern versehen (einerseits (3), andererseits (25)). Während die obere dekorative Schicht nur im Zusammenhang mit dem allgemeinen Aufbau besprochen wird,

betreffen die oberen Oberflächen spezifisch die Verbindung zwischen dritter und vierter Kante. Ist die obere Fläche verbundener Bodenelemente nicht völlig plan, muss es nicht zwingend zu einem Kontakt gerade der jeweiligen dekorativen Schichten kommen. Das insoweit zumindest offen gefasste Klagepatent schreibt nicht zwingend vor, dass sich die dekorative Oberfläche in einer planen Ebene erstrecken müsse, sondern lässt auch zu, dass die dekorative Oberfläche entlang von Schrägen an den Kanten verläuft. Insbesondere stehen abgeschrägte Kanten nicht – was auch die Beklagte nicht geltend macht – der plattenförmigen Grundform der Bodenbelagelemente (Merkmal 1) entgegen. Wie Merkmal D5) ausdrücklich besagt, müssen die oberen Dekorationsschichten nur im Wesentlichen parallel sein. Soweit die Beklagte für ihr Verständnis von einer Identität der oberen Oberfläche und der oberen dekorativen Schicht auf die Figuren 5, 6 und 7 einschließlich der dortigen Pfeile verweist, ist das unerheblich, weil es sich nur um bevorzugte Ausführungsformen handelt, auf deren Ausgestaltung – wie der Fachmann erkennt – die allgemeine technische Lehre ausweislich des offen formulierten Anspruchs nicht beschränkt ist. Auch lässt sich die unterschiedliche Terminologie nicht mit Verweis auf etwaige unterschiedliche Funktionen des vermeintlich ein- und desselben Vorrichtungsbestandteils erklären; die Funktion käme – wären die obere Oberfläche und die dekorative Schicht klagepatentgemäß wirklich identisch – genauso gut zum Ausdruck, wenn im Merkmal E4) statt von oberen Oberflächen auch von „obere dekorative Schichten“ die Rede wäre. Indem aber ein anderer Begriff eingeführt wird, wird ausgedrückt, dass es ein anderes Element/eine andere Schicht ist bzw. zumindest sein kann. Insofern müssen die oberen Oberflächen nicht zwingend Teil der oberen dekorativen Schicht Sinne des Klagepatents sein.
Im Hinblick auf den gemäß Art. 70 Abs. EPÜ maßgeblichen englischen Originalwort-laut „mating“ wird vom Klagepatent mehr verlangt als ein bloß unspezifisches „Zu-sammengehören“ der oberen Oberflächen, weshalb es im Sinne des Klagepatents mit „kontaktierende“ zu übersetzen ist. Zwar kann „mating“ allgemein auch „zusam-mengehörend“ meinen, jedoch geht der technische Kontext des Klagepatents darüber hinaus. Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang des Merkmals E4), wo gelehrt wird, dass die oberen Oberflächen zur Ausbildung von – auch in der klägerischen Übersetzung gemäß Merkmal HL 5 so genannten – „Kontaktflächen“ dienen. Es bedarf daher einer Berührung der oberen Oberflächen. In diesen Überlegungen wird der Fachmann durch die Kritik am Stand der Technik bestätigt: Hintergrund dieser Ausgestaltung ist nämlich der vom Klagepatent bemängelte Nachteil des Standes der Technik, dass vorbekannte Konstruktionen zu unerwünschten Lücken führen, wo sich Schmutz und Feuchtigkeit sammeln können (Absätze [0002], [0004] und [0005] des Klagepatents). Diese Lücken will das Klagepatent durch engere Verbindungen

der Bodenelemente vermeiden (vgl. Absatz [0006]). Dieser Zielsetzung dient ein möglichst enger Kontakt zwischen den oberen Oberflächen. Damit steht letztlich auch das Verständnis der Klägerin im Einklang (vgl. Replik, S. 17, einleitend unter (b), Blatt 134 GA), wo sie von „oberen Dichtflächen“ spricht. Der Fachmann sieht, dass ein enger Kontakt erforderlich ist, um gerade auch den Kern des Bodenbelagelements vor Feuchtigkeit zu schützen ‚und so eine Ausweitung des-selben (vgl. Absatz [0002] des Klagepatents) mit der Gefahr von Verwerfungen der ganzen Bodenplatte zu vermeiden.
Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung durch die Kammer, ob eine V-förmige Nut der Verwirklichung des Merkmals E4 stets entgegen steht, weil – so die Beklagte – damit immer eine unerwünschte „Schmutzsammelstelle“ einhergehe. Soweit die Klägerin die Formulierung „matin upper surfaces“ in einem ein anderes Patent (EP 1 304 XXX, vgl. die Konkordanzübersicht auf Seite 16 der Duplik, Blatt 166 GA, sowie Anlagen B&B6 und 7) betreffenden Einspruchsverfahren so ausgelegt hat, dass eine V-Nut dem stets entgegen stehe, ist das vorliegend uner-heblich, weil das Klagepatent bekanntermaßen sein eigenes Lexikon beinhaltet; weder die Klägerin noch die Kammer sind an die dortigen Ausführungen unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt gebunden. Zwar mag der Fachmann erkennen, dass eine vollkommen plane Oberfläche der Bodenbelagelemente der Aufgabenerfüllung besser gerecht werden dürfte. Jedoch können auch solche Ausführungsformen, die zwar eine V-förmige Nut zwischen verbundenen benachbarten Bodenelementen aufweisen, zumindest als sog. verschlechterte Ausführungsform vom Wortsinn des Klagepatents erfasst sein, wenn zumindest der Kern des Bodenelements vor dem Eindringen von Feuchtigkeit geschützt wird, indem in der Wurzel der Nut ein enger Kontakt zwischen den oberen Oberflächen herrscht. Dem steht nicht entgegen, dass in horizontaler Richtung aufeinander treffende Oberflächen leichter abzudichten sind als winkelförmig aufeinander zulaufende Oberflächen. Das Klagepatent verhält sich nicht dazu, wie die Bodenbelagelemente zugeschnitten werden (z.B. planer Schnitt oder Gärungsschnitt). Entscheidend ist allein, ob die gewünschte Abdichtung durch einen engen Kontakt zwischen den oberen Oberflächen erzielt wird.
Eine derartige Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ist allerdings nicht tatrichterlich feststellbar.
Im Hinblick auf die Abbildungen gemäß Anlage B&B1 und das Muster gemäß Anlage B&B2, von welcher unten die Seite 1 wiedergegeben ist, vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform die (wasserabweisende) Laminatschicht bis unten in die Wurzel der V-Nut reicht. Vielmehr lässt sich anhand

der Abbildungen nachvollziehen, dass die (vermeintlichen) Kontaktflächen unterhalb der (durch die gestrichelte rote Linie angedeuteten) Ränder der dekorativen Schicht liegen. Insofern kontaktieren jedenfalls die oberen dekorativen Schichten der Bodenelemente nicht.

Nach den einleitenden Ausführungen kommt es daher darauf an, ob es zumindest im Wurzelbereich durch einen Kontakt zwischen den Oberflächen zur intendierten Abdichtung kommt. Auch solches ist jedoch nicht tatrichterlich feststellbar. Anhand des vorgelegten Musters ist nachzuvollziehen, dass sich zwei benachbarte Paneele gegeneinander verschieben lassen, was für ein „Spiel“ mit der Konsequenz einer unerwünschten Lücke spricht. Ob ein solches Spiel dann, wenn ein ganzer Raum mit der angegriffenen Ausführungsform verlegt ist, immer noch besteht, kann anhand der wenigen als Muster vorgelegten zwei Paneele nicht beurteilt werden. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgebracht, dass es bei der angegriffenen Ausführungsform im Einzelfall zu Spalten zwischen den Bodenbelagelementen von bis zu 0,2 mm kommt (vgl. den europäischen Standard EN 13XXX:2006, Anlage B&B10); aufgrund ihrer internen Vorgaben komme es bei der angegriffenen Ausführungsform im Durchschnitt zu Spalten von bis zu 0,15 mm. Dieser Durchschnittswert stellt keine signifikante Verbesserung zum Stand der Technik gemäß der WO 94/26XXX dar, bei dem es zu einem vom Klagepatent abgelehnten Spiel von +/- 0,2 mm kommt. Bei Spaltausmaßen von 0,15 mm besteht ebenso die Gefahr des Ansammelns von Schmutz und des Eindringens von Feuchtigkeit, so dass es nicht einmal darauf ankommt, ob
die oberen Oberflächen – was die Beklagte in Abrede stellt – wasserabweisend sind. Nach Aktenlage ist auch keine Ausführungsform ersichtlich, bei der ein solch enge. Kontakt besteht, dass – abgesehen von nicht zu beherrschenden Fertigungstoleranzen – kein Spalt mehr verbleibt. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht einmal darauf an, ob die im Haupttermin vorgenommene Demonstration der Beklagten, wonach auf ein Muster geschüttetes „Wischwasser“ bis zum Kern vordrang, unter praxisrelevanten Bedingungen erfolgte. Entsprechendes gilt für die Demonstration der Beklagten, anlässlich welcher sie ein Messinstrument mit einer Dicke von 0,15 mm zwischen zwei benachbarte Bodenelemente im Bereich der V-Nut einführte.
Der Verweis der Klägerin auf den Absatz [0023] des Klagepatents gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Würdigung. Richtig ist, dass es dort sinngemäß heißt, dass ein Überzug aus Lack oder ein etwaig vorhandener Kleber als Feuchtigkeitsschutz dienen kann. Das darf aber nicht zu einer Auslegung führen, nach der die Erfindung darin bestehen soll, etwaige Spalte von unerwünschtem Ausmaß einfach mit einer Lackierung oder mit Verbindungskleber zu „verfallen“. Die betreffende Passage bezieht sich auf Fälle, in denen der Boden besonders großer Feuchtigkeit ausgesetzt ist; dann empfiehlt es sich, die am nächsten stehende Oberfläche zusätzlich zu einer konstruktiv zu erzielenden engen Verbindung der Oberflächen noch zusätzlich abzudichten. Die Verwendung von Kleber war selbstverständlich schon im Stand der Technik bekannt (vgl. Absatz [0002]). Insofern kann es dahinstehen, ob bei der angegriffenen Ausführungsform eine Lackierung der oberen Oberflächen vorhanden ist oder ob sie geeignet ist, unter Verwendung von Kleber, der in Lücken fließt, dicht verlegt zu werden.
Ein Austauschmittel für die „mating upper surfaces“, aufgrund dessen sich eine äquivalente Verletzung durch die angegriffene Ausführungsform ergeben könnte, hat die Klägerin zu Recht nicht geltend gemacht.
II!.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO. Die Voraussetzungen für einen Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO hat die Klägerin nicht dargetan.