4b O 194/09 – SMS-E-Mail

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1617

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Februar 2011, Az. 4b O 194/09

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

T a t b e s t a n d

Die Kläger nehmen die Beklagte im Wege einer negativen Feststellungsklage in Anspruch. Sie begehren Feststellung, dass ihr Mobilfunkgerät A (im Folgenden: „angegriffene Ausführungsform“) die Rechte der Beklagten aus dem EP 1 243 XXX nicht verletzt.

Die Beklagte ist Inhaberin des Europäischen Patents EP 1 243 XXX (Anlage K 1, im Folgenden: „Klagepatent“), welches unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 17.12.1999 am 14.11.2000 angemeldet und dessen Erteilung am 07.06.2006 veröffentlicht wurde. Zu den benannten Vertragsstaaten gehört unter anderem die Bundesrepublik Deutschland. Gegen das Klagepatent erhob die hiesige Klägerin zu 1) Nichtigkeitsklage, auf die das Bundespatentgericht das Klagepatent am 10.02.2010 vollumfänglich für nichtig erklärte. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein, über die noch nicht entschieden ist.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Übertragung von elektronischen Postnachrichten.

Hauptanspruch 1 des Klagepatents lautet:

„Verfahren zur Übertragung von elektronischen Postnachrichten (1) unter Verwendung eines SMS-Kurznachrichtendienstes, wobei mit einer Kurznachricht (5) des SMS-Kurznachrichtendienstes in einem ersten Kommunikationsnetz (100) eine elektronische Postnachricht (1) sowie Adress- und/oder Identifikationsdaten für die Übertragung der elektronischen Postnachricht (1) in einem zweiten Kommunikationsnetz (200) übertragen werden, wobei mit der Kurznachricht (5) eine Benutzerdatenkopfinformation (11) mit einer Signalisierung des Vorhandenseins mehrerer Datenfelder (20, 25, 30, 35) übertragen wird, die die Adress- und/oder Identifikationsdaten umfassen, wobei eine zweite Kopfinformation (12) mit der Kurznachricht (5) übertragen wird, die auf das Vorhandensein der Benutzerdatenkopfinformation (11) hinweist, dadurch gekennzeichnet, dass
– die mehreren Datenfelder (20, 25, 30, 35) innerhalb eines Datenteils (50) der Kurznachricht (5) außerhalb der Benutzerdatenkopfinformation (11) und der zweiten Kopfinformation (12) übertragen werden
– und dass die Signalisierung des Vorhandenseins der mehreren Datenfelder mittels eines Identifikators in der Benutzerdatenkopfinformation erfolgt, indem der Identifikator einen Wert angibt, der gemäß einer Zuordnungstabelle einer RFC-822 Adressierung zugeordnet ist, nach der die Adress- und/oder Identifikationsdaten im Datenteil (50) vorliegen.“

Mit Klageschrift vom 05.12.2007 (Anlage K 1a) nahm die Beklagte unter anderem die hiesigen Kläger wegen angeblicher Verletzung des Hauptanspruchs 1 des Klagepatents (im dortigen Verfahren bezeichnet als „Klagepatent 4“) vor dem Landgericht Mannheim in Anspruch.

Die bezüglich des hiesigen Klagepatents vor dem Landgericht Mannheim erhobene Klage nahm die Beklagte nach Klageerwiderung der hiesigen Kläger im März 2008 mit Schriftsatz vom 27.03.2009 (Anlage K 3) vor mündlicher Verhandlung ohne ausdrückliche Begründung zurück. Zuvor hatten die hiesigen Kläger als dortige Beklagte einen Schriftsatz vom 12.03.2009 eingereicht, in dem sie äußerten (Anlage B 1, dort S. 2):
„Die Beklagten haben ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtverletzung. Insofern liegt es an der Klägerin, binnen gesetzter Frist auf unsere Ausführungen zu replizieren oder aber die Klage hinsichtlich des Klagepatents zurückzunehmen.“

Die angegriffene Ausführungsform verwendet zur Identifizierung des Beginns der eigentlichen E-Mail ein Trennzeichen in Form eines Leerzeichens (sog. Trennzeichenansatz), was ohne Verwendung eines User Data Headers, in dem eine Information eingebettet wird, die den Beginn der eigentlichen E-Mail anzeigt (sog. Zeigeransatz), möglich ist. Sie wird nicht mehr hergestellt.

In einem vor der Kammer geführten Parallelverfahren, Az. 4b O XXX/08, ging die Beklagte gegen den hiesigen Kläger zu 2) vor. In dem vorgenannten Verfahren hatte die Beklagte diesen zunächst vor dem Landgericht Mannheim zusammen mit weiteren Beklagten verklagt; dort nahm sie die Klage gegen den hiesigen Kläger zu 2) im Dezember 2008 bei dem Landgericht Mannheim zurück und machte sie am gleichen Tage vor der hiesigen Kammer anhängig.

Unter dem 08.09.2009 (Anlage K 4) forderten die Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis 02.10.2009 auf, ihnen gegenüber unwiderruflich und rechtsverbindlich zu erklären, dass sie (die Beklagte) auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Klagepatent gegen die angegriffene Ausführungsform in der Zukunft verzichte. Die Beklagte antwortete nicht auf diese Aufforderung; sie gab die geforderte Erklärung nicht ab.

In der mündlichen Verhandlung des Nichtigkeitsstreits unterbreitete die Klägerin zu 1) der Beklagten einen Vergleichsvorschlag dergestalt, dass sie die Nichtigkeitsklage zurücknehme, wenn die Beklagte die mit dem Aufforderungsschreiben geforderte Verzichtserklärung abgebe. Die Beklagte lehnte ein solches Vorgehen ab und äußerte die Hoffnung, aus dem Patent weitere Lizenzeinnahmen, auch von der Klägerin zu 1), erzielen zu können, wenn es aufrecht erhalten würde. In anderen Nichtigkeitsverfahren, die weitere Patente betreffen, hatte die Beklagte sich in der Vergangenheit zum Vergleichsabschluss bereit erklärt.

Die Kläger sind der Ansicht, sie hätten ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Der für das Vorliegen des Feststellungsinteresses maßgebliche Zeitpunkt sei der Zeitpunkt der Klageerhebung; das Feststellungsinteresse könne nicht durch Zeitablauf entfallen. Sie meinen, das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass die Beklagte gegen sie bereits eine Klage wegen angeblicher Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform erhoben habe; hinzu komme, dass es sich nach Aussage der Beklagten bei dem Klagepatent um ein besonders wertvolles Schutzrecht handele; dies ergebe sich aus Äußerungen der Beklagten auf ihrer Website, wonach ihr Patentportfolio ca. 35 Patentfamilien umfasse, die standardessentiell für die wesentlichen Mobilfunkstandards seien, in Zusammenschau mit dem Umstand, dass die Beklagte im Klagewege nur einige ihrer Patente –u.a. das Klagepatent– verfolge. Auch sprächen dafür die in der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2011 als Anlagen K 11 und K 12 überreichten Listen aus einem Verfahren, dessen Parteien B und C gewesen seien. Dazu behaupten die Kläger, die Listen wiesen die Patente aus, die nach Auffassung von C an B zu lizenzieren gewesen wären.

Die Kläger sind weiter der Auffassung, die ursprüngliche Berühmung im Rahmen der Klageschrift der Beklagten, in der mit einer vermeintlichen Standardessentialität argumentiert worden sei, spreche für den Wert des Klagepatents für die Beklagte. Auch das Vorgehen der Beklagten in dem vor der Kammer geführten Verfahren 4b O XXX/08 sowie in weiteren Parallelverfahren zeige, dass die Beklagte eine Klagerücknahme als rein taktisches Instrument einsetze und grundsätzlich gewillt sei, erneut eine Klage in derselben Sache anhängig zu machen. Auch aus dem Verhalten der Beklagten im Rahmen der Verhandlung über die Nichtigkeitsklage ergebe sich, dass sie (die Kläger) jederzeit mit einer erneuten Inanspruchnahme rechnen müssten.

Darüber hinaus meinen die Kläger, dass die Beklagte auf die Aufforderung vom 08.09.2009 verbindlich und unwiderruflich auf die erneute Geltendmachung des Klagepatents hätte verzichten können, wenn sie ihr Berühmen tatsächlich hätte aufgeben wollen; zur Äußerung auf das Schreiben sei die Beklagte aufgrund vorangegangenen Verhaltens nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen; ihr Schweigen ließe nur den Schluss zu, dass sie sich ein erneutes Vorgehen aus dem Klagepatent vorbehalte.

Die Kläger sind der Ansicht, aus den vorgenannten Gesichtspunkten ergebe sich, dass die Beklagte ihre Berühmung bezüglich einer Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform nicht aufgegeben habe. Der Schwebezustand sei für sie (die Kläger) nicht tragbar, da bereits nach der ursprünglichen Erhebung der Verletzungsklage erhebliche Ressourcen hätten bemüht werden müssen, bevor die Beklagte diese zurückgenommen habe. Angesichts dieser Gesamtsituation müssten sie jederzeit damit rechnen, dass die Beklagte erneut eine auf das Klagepatent gestützte Verletzungsklage erheben würde. Daran sei die Beklagte nicht durch prozessuale Schranken gehindert. Sie (die Kläger) müssten Rückstellungen für den Fall einer erneuten Inanspruchnahme durch die Beklagte bilden.

Die Kläger beantragen,

festzustellen, dass sie die Rechte der Beklagten aus dem deutschen Teil des europäischen Patents EP 1 243 XXX nicht verletzen, namentlich, dass das Mobilfunkgerät A kein

Verfahren zur Übertragung von elektronischen Postnachrichten unter Verwendung eines SMS-Kurznachrichtendienstes, wobei mit einer Kurznachricht des SMS-Kurznachrichtendienstes in einem ersten Kommunikationsnetz eine elektronische Postnachricht sowie Adress- und/oder Identifikationsdaten für die Übertragung der elektronischen Postnachricht in einem zweiten Telekommunikationsnetz übertragen werden, wobei mit der Kurznachricht eine Benutzerdatenkopfinformation mit einer Signalisierung des Vorhandenseins mehrerer Datenfelder übertragen wird, die die Adressen und/oder Identifikationsdaten umfassen, wobei eine zweite Kopfinformation mit der Kurznachricht übertragen wird, die auf das Vorhandensein der Benutzerdatenkopfinformation hinweist,

anwendet,

bei denen mehrere Datenfelder innerhalb eines Datenteils der Kurznachricht außerhalb der Benutzerdatenkopfinformation und der zweiten Kopfinformation übertragen werden und bei denen die Signalisierung des Vorhandenseins der mehreren Datenfelder mittels eines Identifikators in der Benutzerdatenkopfinformation erfolgt, indem der Identifikator einen Wert angibt, der gemäß einer Zuordnungstabelle einer RFC-822-Adressierung zugeordnet ist, nach der die Adress- und/oder Identifikationsdaten im Datenteil vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bundespatentgerichts vom 10. Februar 2010 (5 Ni XXX/09 (EU)) auszusetzen.

Die Kläger treten dem Aussetzungsantrag entgegen.

Die Beklagte ist der Ansicht, den Klägern fehle das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung, da sie die ursprünglich in der Erhebung der Klage vor dem Landgericht Mannheim liegende Berühmung ernsthaft und endgültig aufgegeben habe. Eine solche Aufgabe liege in der Klagerücknahme, die bereits im März 2009 erfolgt sei und eine Zäsur darstelle. Eine Art rechtliche Unmöglichkeit der erneuten Geltendmachung sei für den Eintritt der Zäsur nicht erforderlich; die ursprüngliche Berühmung ende nicht nur für den Fall, dass einer erneuten Geltendmachung prozessuale Schranken entgegenstünden, sondern auch im Fall einer Aufgabe der Berühmung, die in der Klagerücknahme zu sehen sei. Weiter ist sie der Meinung, in dem Schriftsatz der Kläger vom 12.03.2009 liege ein Vorschlag zur Verfahrensbeendigung im Hinblick auf den das Klagepatent betreffenden Streit, den sie angenommen habe.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, aus ihrem Verhalten nach Klagerücknahme, insbesondere aus dem Schweigen auf das Aufforderungsschreiben vom 08.09.2009, ergebe sich keine Gefahr oder Unsicherheit für die Rechtslage der Kläger. Es läge auch keine Situation vor, in der sie wegen vorangegangenen Verhaltens nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zur Abgabe einer Erklärung auf das Aufforderungsschreiben verpflichtet gewesen sei. Darüber hinaus meint die Beklagte, Wertangaben in Pressenachrichten zu ihrem gesamten Patentportfolio ließen keine Rückschlüsse auf den Wert einzelner Patente zu.

Die Beklagte ist weiter der Ansicht, ihre Verteidigung gegen die Nichtigkeitsklage stelle keine Anspruchsberühmung dar, sondern korrespondiere mit ihrem grundsätzlichen Interesse daran, durch die Auslizenzierung ihr zustehender Schutzrechte Einnahmen zu erzielen.

Zur Begründung des hilfsweise gestellten Aussetzungsantrages führt die Beklagte an, die Frage der Rechtsbeständigkeit des Klagepatents sei – falls die Kammer das Feststellungsinteresse nicht ohnehin verneine – für das vorliegende Verfahren vorgreiflich; nur wenn das Klagepatent Bestand habe, bestehe für das hiesige Verfahren überhaupt ein Anknüpfungspunkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Übertragung von elektronischen Postnachrichten, namentlich die Übersendung von E-Mails unter Verwendung des SMS-Kurznachrichtendienstes.

Aus dem Stand der Technik erwähnt das Klagepatent den Änderungsantrag „SMS-E-Mail Parameter“, T2(99)-1068 Change Request to 23.040 (Anlage K 1 Abs. [0002]), aus dem ein Verfahren zur Übertragung von Internet-E-Mails unter Verwendung des SMS-Kurznachrichtendienstes (Short Message Service) bekannt ist, wobei mit einer SMS-Kurznachricht in einem Telekommunikationsnetz eine Internet-E-Mail sowie Adress- und Identifikationsdaten in verschiedenen Kopfinformationen der SMS-Kurznachricht für die Übertragung der Internet-E-Mail übertragen werden.
Als Stand der Technik benennt das Klagepatent weiter die WO 99/52XXX (Anlage K 1 Abs. [0003]), die allgemein das Problem beleuchtet, bei der Verwendung eines Kurznachrichtendienstens für verschiedene Dienste eine eigene Syntax der Kurznachricht für jeden dieser Dienste aufbauen zu müssen. Als Lösung schlägt die WO 99/52XXX vor, mit Hilfe von definierten Zeigerfeldern auf den eigentlichen Inhalt der Kurznachrichten zugreifen zu können, wobei der eigentliche Inhalt der Kurznachrichten dann nicht mehr mit der entsprechenden Syntax aufgebaut sein muss.
Darüber hinaus ist aus den Veröffentlichungen „Technical realisation of the Short Message Service (SMS); Point-to-Point (PP)“, GSM 03.40 V7.1.0 (1998-11) und 3G 23.040 V3.2.0 (1999-10) ein Verfahren zur Übertragung von Internet-E-Mails unter Verwendung des SMS-Kurznachrichten-Dienstes (Short Message Service) bekannt, wobei mit einer SMS-Kurznachricht in einem Telekommunikationsnetz eine Internet-E-Mail sowie Adress- und Identifikationsdaten für die Übertragung der Internet-E-Mail im Internet übertragen werden (Anlage K 1 Abs. [0004]). Der Standard gemäß den genannten Veröffentlichungen sieht die Möglichkeit vor, über den Kurznachrichtendienst SMS Internet E-Mails zu versenden und zu empfangen. Hierzu muss beim Versenden ein so genannter Signalisierungseintrag PID (Protocol Identifier) in einer Kopfinformation der SMS-Kurznachricht entsprechend eingestellt werden, um auf die mit der Kurznachricht übertragene Internet-E-Mail hinzuweisen. Der Datenteil der SMS-Kurznachricht beginnt dabei mit der Zieladresse für die Internet-E-Mail. Beim Empfangen von Internet-E-Mails über den SMS-Kurznachrichtendienst ist die Zieladresse von einer Netzwerkeinheit durch die Quelladresse des Absenders ersetzt worden. Die Trennung zwischen Internet-E-Mail Ziel- oder Quelladresse und der eigentlichen Internet-E-Mail in der SMS-Kurznachricht ist einfach ein Leerzeichen. Optional unterstützt der Standard gemäß den vorgenannten Veröffentlichungen die Angabe von mehreren Zieladressen, die durch Kommata getrennt werden müssen, sowie die Datenfelder „Subject“ zur Angabe des Titels der Internet-E-Mail und „Real Name“ zur Angabe des eigentlichen Namens des Absenders (Anlage K 1 Abs. [0005]). Als Trennungszeichen zwischen diesen Datenfeldern ist dabei vorgesehen, das Datenfeld „Subject“ in Klammern zu setzen oder durch zwei vorangestellte Sonderzeichen, wie beispielsweise “##“ zu kennzeichnen. Das Datenfeld „Real Name“ wird durch ein Sonderzeichen, beispielsweise “#“ gekennzeichnet.

Ohne ausdrücklich die Nachteile des Standes der Technik zu benennen, bezeichnet das Klagepatent es als Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Übertragung von elektronischen Postnachrichten mit den Merkmalen des Hauptanspruchs, dass mit der Kurznachricht eine erste Kopfinformation mit einer Signalisierung mindestens eines Datenfeldes übertragen werde, das die Adress- und/oder Identifikationsdaten umfasse, dass eine zweite Kopfinformation mit der Kurznachricht übertragen werde, die auf das Vorhandensein der ersten Kopfinformation hinweise, und dass das mindestens eine Datenfeld innerhalb eines Datenteils der Kurznachricht außerhalb jeder Kopfinformation übertragen werde. Auf diese Weise könne ein erster Diensteanbieter des ersten Kommunikationsnetzes in Abhängigkeit einer Auswertung der zweiten Kopfinformation die Kurznachricht an einen zweiten Diensteanbieter des zweiten Kommunikationsnetzes weiterleiten, der dann anhand der ersten Kopfinformation eine weitere Auswertung der Kurznachricht zur Extraktion der elektronischen Postnachricht aus der Kurznachricht und zur Weiterleitung der elektronischen Postnachricht über das zweite Kommunikationsnetz vornehmen könne. Es sei somit nicht erforderlich, dass der erste Diensteanbieter des ersten Kommunikationsnetzes gleichzeitig Diensteanbieter des zweiten Kommunikationsnetzes sei (Anlage K 1 Abs. [0006]).
Darüber hinaus könne mittels der ersten Kopfinformation auf eine spezielle Form der Adressierung der elektronischen Postnachricht hingewiesen werden, die bei der Extraktion der elektronischen Postnachricht durch den zweiten Diensteanbieter berücksichtigt werden könne. Die Form der Adressierung lasse sich somit flexibel wählen. Voraussetzung sei lediglich, dass der zweite Diensteanbieter die jeweils angegebene Form der Adressierung der elektronischen Postnachricht kenne und somit für die Extraktion und Weiterleitung der elektronischen Postnachricht auswerten könne (Anlage K 1 Abs. [0007]).

Zur Erreichung der dargestellten Vorteile sieht das Klagepatent in seinem Hauptanspruch 1 eine Kombination folgender Merkmale vor:

1. Verfahren zur Übertragung von elektronischen Postnachrichten (1) unter Verwendung eines SMS-Kurznachrichtendienstes,
2. wobei mit einer Kurznachricht (5) des SMS-Kurznachrichtendienstes in einem ersten Kommunikationsnetz (100) eine elektronische Postnachricht (1) sowie Adress- und/oder Identifikationsdaten für die Übertragung der elektronischen Postnachricht (1) in einem zweiten Kommunikationsnetz (200) übertragen werden,
3. wobei mit der Kurznachricht (5) eine Benutzerdatenkopfinformation (11) mit einer Signalisierung des Vorhandenseins mehrerer Datenfelder (20, 25, 30, 35) übertragen wird, die die Adress- und/oder Identifikationsdaten umfassen,
4. wobei eine zweite Kopfinformation (12) mit der Kurznachricht (5) übertragen wird, die auf das Vorhandensein der Benutzerdatenkopfinformation (11) hinweist,
5. wobei die mehreren Datenfelder (20, 25, 30, 35) innerhalb eines Datenteils (50) der Kurznachricht (5) außerhalb der Benutzerdatenkopfinformation (11) und der zweiten Kopfinformation (12) übertragen werden
6. und die Signalisierung des Vorhandenseins der mehreren Datenfelder mittels eines Identifikators in der Benutzerdatenkopfinformation erfolgt, indem der Identifikator einen Wert angibt, der gemäß einer Zuordnungstabelle einer RFC-822 Adressierung zugeordnet ist, nach der die Adress- und/oder Identifikationsdaten im Datenteil (50) vorliegen.

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht.

II.
Die Klage ist unzulässig. Es fehlt an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Dieses muss bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen, denn es handelt sich um eine Prozessvoraussetzung (s. Zöller/Greger, ZPO, 28. Auflage 2010, § 256 Rn 7c).

Ein Feststellungsinteresse, das heißt, ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Betroffenen eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH NJW 1992, 436 m.w.N.). Eine solche Gefährdung liegt in der Regel schon darin, dass die Gegenseite sich eines Anspruchs gegen den Feststellungskläger berühmt (vgl. BGH NJW 1992, 436 m.w.N.). Dabei erfordert ein Berühmen nicht, dass der Gegner behauptet, bereits jetzt eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu besitzen. Dessen Rechtsstellung ist schutzwürdig betroffen, wenn geltend gemacht wird, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen, deren Eintritt noch ungewiss ist, ein Ersatzanspruch gegen ihn ergeben. Demgegenüber enthält die bloße Ankündigung, unter bestimmten Voraussetzungen in eine Prüfung einzutreten, ob ein Anspruch gegen den Betroffenen besteht, noch keinen ernsthaften und hinreichend bestimmten Eingriff in dessen Rechtssphäre, der ein alsbaldiges Interesse an gerichtlicher Klärung eines Rechtsverhältnisses der Parteien zu begründen vermag (vgl. BGH NJW 1992, 436).

1.
In der Erhebung einer Leistungsklage bezüglich des Streitgegenstands liegt eine Berühmung (Zöller/Greger, ZPO, 28. Auflage, § 256 Rn 14a). Danach berühmte sich die Beklagte im vorliegenden Fall durch Erhebung der Klage vor dem Landgericht Mannheim einer Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform. Diese Berühmung dauert aber nach Auffassung der Kammer nicht mehr fort. Denn das Feststellungsinteresse entfällt, wenn eine ursprüngliche Berühmung wieder aufgegeben wird. So liegt es hier.

a.
Ist durch Zeitablauf und zwischengeschaltete anderweitige Verfahren eine ‚Zäsur‘ eingetreten, kommt es darauf an, „wie die Beklagte sich verhalten hat und ob der Kläger hiernach konkrete Befürchtungen hegen musste“, dass die Beklagte ihr behauptetes Recht noch in einem Folgeverfahren durchzusetzen versuchen würde (LG Hamburg, NJW-RR 1998, 1681 [1682] in Anlehnung an BGH NJW 1995, 2032 [2033]; so auch OLG Naumburg, Beschluss v. 05.01.2006, 3 UF 138/05, Rn 10 bezüglich eines Anspruchs auf Trennungsunterhalt – zitiert nach juris). Dass eine Zäsur bezüglich des Berühmens nur dann eintritt, wenn eine erneute Geltendmachung bzw. Durchsetzung des Anspruchs rechtlich ausgeschlossen ist, ergibt sich aus den vorgenannten Gerichtsentscheidungen nach Auffassung der Kammer nicht.
Zwar war in dem Verfahren vor dem OLG Naumburg die Erteilung oder Forderung güterrechtlicher Auskunftsansprüche rechtlich unmöglich geworden, während in dem Verfahren vor dem LG Hamburg eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergangen ist. Jedoch sahen die jeweiligen Gerichte darin nicht die Voraussetzung für den Wegfall des Feststellungsinteresses. Denn das OLG Naumburg verneinte das Feststellungsinteresse bezüglich vermeintlicher Ansprüche auf Zahlung von Trennungsunterhalt, deren Geltendmachung nach dem ausdrücklichen Wortlaut weiterhin rechtlich möglich war (vgl. OLG Naumburg, Beschluss v. 05.01.2006, 3 UF 138/05, Leitsatz und Rn 10). In dem vor dem LG Hamburg geführten Verfahren verneinte das Gericht ein Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens des Teils einer zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung, der die ursprüngliche Klageforderung überstieg (vgl. LG Hamburg NJW-RR 1998, 1681 f.). Bezüglich dieses Teils der Gegenforderung war in dem Ausgangsprozess mit Blick auf § 322 Abs. 2 ZPO gerade keine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergangen. Bei dem vor dem BGH geführten Verfahren handelte es sich um ein einstweiliges Anordnungsverfahren, das keine materielle Rechtskraft entfalten kann (s. BGH NJW 1995, 2032 [2033]). Angesichts dessen setzt die Aufgabe der Berühmung nach Auffassung der Kammer auch unter Berücksichtigung der von den Parteien angeführten Rechtsprechung nicht zwingend eine gerichtliche Entscheidung voraus, wenn die ursprüngliche Berühmung in der Erhebung einer Leistungsklage liegt.

Eine den geschilderten Anforderungen genügende Aufgabe der Berühmung ist vorliegend erfolgt. Denn die Beklagte hat die bei dem Landgericht Mannheim erhobene Leistungsklage im März 2009 – nach Aufforderung durch die Kläger unter Verweis auf ein angebliches Feststellungsinteresse – zurückgenommen. Dies stellt nach Auffassung der Kammer eine ausreichende Abstandnahme von der ursprünglichen Rechtsverfolgung dar. Zwar hat die Beklagte ihre Rücknahme der Leistungsklage nicht begründet und auch keinen Verzicht bezüglich des dortigen Streitgegenstandes erklärt. Dies steht der Aufgabe des Berühmens aber nicht entgegen. Denn bei der Klagerücknahme handelt es sich um eine Prozesserklärung, die keiner Begründung bedarf.
Auch wenn dem in Anspruch Genommenen mit der Klagerücknahme nicht der Grund der Rücknahme mitgeteilt wird, so beinhaltet eine Klagerücknahme bei objektiver und verständiger Würdigung die Erklärung, dass der Streitgegenstand auf der Grundlage, die im Zeitpunkt der Klagerücknahme besteht, nicht weiter verfolgt werden soll. Deshalb droht eine erneute Inanspruchnahme in der Regel nur dann, wenn sich die Sachlage gegenüber der Sachlage bei Abgabe der Rücknahmeerklärung verändert. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass die angegriffene Ausführungsform nicht mehr hergestellt wird. Darüber hinaus ist eine Klagerücknahme für den Kläger grundsätzlich mit der Pflicht zur Kostentragung verbunden. Auch dies spricht dafür, dass der Kläger in der Regel vor der Rücknahme der Klage deren Erfolgsaussichten prüft und die Klage nur zurücknimmt, wenn er die Erfolgsaussichten als schlecht bewertet. Bei Prüfung der Erfolgsaussichten stellt der Kläger zur Vermeidung der mit einer Rücknahme verbundenen Kostenfolge grundsätzlich auch Überlegungen dazu an, ob naheliegende Möglichkeiten zur Verbesserung seiner Rechtsposition – wie zum Beispiel eine (weitere) Untersuchung der angegriffenen Ausführungsform – gegeben und aussichtsreich sind. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Verfahren unstreitig geblieben ist, dass die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht.
Auf Grundlage dieser Erwägungen droht den Klägern jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über die Feststellungsklage mehr als 1 3/4 Jahre nach der Rücknahme der Leistungsklage keine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit aus der ursprünglichen Klageerhebung mehr. Die Kammer ist dabei der Ansicht, dass auch der Zeitablauf für das Vorliegen eines Feststellungsinteresses von Bedeutung ist. Dies ergibt sich daraus, dass eine gegenwärtige Gefahr für die Rechtslage der Klägerseite bestehen muss.

b.
Dass die Beklagte auf die Aufforderung vom 08.09.2009 eine Verzichtserklärung hätte abgeben können, wenn sie von der Rechtsverfolgung tatsächlich ernsthaft Abstand genommen hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn die Beklagte war zur Abgabe einer solchen Erklärung nicht verpflichtet. Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Abgabe einer materiell-rechtlichen Verzichtserklärung zu. Auch besteht keine Äußerungspflicht der Beklagten auf das Aufforderungsschreiben vom 08.09.2009. Eine solche Pflicht besteht insbesondere nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben.

Eine Treuepflicht zur Äußerung ergibt sich nach Auffassung der Kammer nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte die Kläger zuvor verklagt hatte. Denn schon die Klagerücknahme beinhaltet grundsätzlich die Erklärung, dass von der Rechtsverfolgung Abstand genommen wird. Darüber hinaus ist die Situation bei einer Klagerücknahme auch nicht mit der Situation in Abmahnfällen vergleichbar, in denen den zu Recht Abgemahnten eine Äußerungspflicht trifft. Denn die Äußerungspflicht des zu Recht Abgemahnten ergibt sich aus dem durch die – bei einer begründeten Abmahnung immer vorliegenden – Rechtsverletzung begründeten Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. An einem solchen Rechtsverhältnis fehlt es aber in der vorliegenden Konstellation.

Auch aus der Argumentation der Beklagten mit der Standardessentialität im ursprünglichen Verfahren folgt keine Äußerungspflicht. Denn für die Beurteilung des Feststellungsinteresses kommt es allein darauf an, ob eine erneute Geltendmachung einer Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform zu erwarten ist. Dafür sind konkrete Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Jedenfalls reicht die frühere Argumentation mit der angeblichen Standardessentialität des Klagepatents nicht aus. Darüber hinaus begründet der Umstand, dass es sich bei dem Klagepatent – vermeintlich – um ein besonders wertvolles Schutzrecht der Beklagten handelt, keine die Beklagte treffende Verhaltenspflicht. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass die Beklagte ihre Verletzungsklage bezüglich der angegriffenen Ausführungsform trotz der vermeintlichen Standardessentialität des Klagepatents, auf die sie sich zu diesem Zeitpunkt schon berufen hatte, und des angeblichen besonderen Wertes des Schutzrechtes zurückgenommen hat. Dies steht in Einklang mit der Argumentation der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, nach der sie bei Klageerhebung davon ausgegangen sei, dass der von dem Klagepatent betroffene Standard nur eine mögliche Ausführungsform kenne; dies hätten die Kläger mit ihrer Klageerwiderung widerlegt, wonach mit dem Zeigeransatz und dem Trennzeichenansatz zwei verschiedene Ausführungsformen des Standards bestünden. Hinzu kommt, dass die Beklagte sich nach der Klageerwiderung der Kläger nicht mehr zu den technischen Gegebenheiten der angegriffenen Ausführungsform sowie der angeblichen Verwirklichung der Lehre des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform geäußert hat.

Eine Äußerungspflicht folgt auch nicht aus dem Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit dem vor der Kammer geführten Verfahren 4b O XXX/08. Denn der dortige Ablauf ist mit dem Ablauf im hiesigen Verfahren nicht vergleichbar. Im hiesigen Verfahren hat die Beklagte die Klage vor dem Landgericht Mannheim auf Aufforderung der hiesigen Kläger, die sich insoweit auf ein angebliches Feststellungsinteresse beriefen, zurückgenommen. Nachdem sie der ausdrücklichen Aufforderung der hiesigen Kläger nachgekommen war, durfte die Beklagte davon ausgehen, dass die Sache auch für die Kläger beendet war. Denn eine über die Klagerücknahme hinausgehende Erklärung hatten die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 12.03.2009 nicht gefordert. Nach der Klagerücknahme hat die Beklagte keinerlei nach außen tretenden Aktivitäten zur Weiterverfolgung des ursprünglichen Klagebegehrens mehr entwickelt. In dem Verfahren 4b O XXX/08 lag die Sache anders. Dort hatte die hiesige Beklagte die Klage gegen (nur) einen von mehreren Beklagten zurückgenommen und am gleichen Tage bei einem anderen Gericht anhängig gemacht. Entsprechend war sie nach dem Vortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung in weiteren Parallelverfahren vorgegangen. Aus dem vorgeschilderten Vorgehen der Beklagten ergibt sich jedoch nicht, dass nach jeder Klagerücknahme durch die hiesige Beklagte die Gefahr bestünde, dass sie noch Monate bzw. Jahre später die Beklagten des Ursprungsverfahrens aus dem gleichen Streitgegenstand erneut in Anspruch nehmen würde. Insbesondere war in den Parallelverfahren nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Beklagtenvortrag die Frage der Patentverletzung stets streitig. In dem der vorliegenden Klage vorangegangenen Verletzungsrechtsstreit hat die Beklagte hingegen nicht inhaltlich auf die Klageerwiderung geantwortet; auf die Verletzungsfrage ist sie nicht mehr eingegangen. Stattdessen hat sie die Klage zurückgenommen.

Die vorliegende Situation ist auch nicht mit der Situation in der von Klägerseite angeführten Entscheidung des BGH vom 13.01.2010 (BGH NJW 2010, 1877 ff.) vergleichbar. Denn dort ging es um ein Feststellungsinteresse bezüglich in einem Mietvertrag enthaltener Bestimmungen über Verpflichtungen zur Durchführung von Schönheitsreparaturen. Zwischen den dortigen Parteien bestand Einigkeit, dass das Mietverhältnis zum 31.07.2006 endete; der dortige Kläger war der Auffassung, dass die im Mietvertrag enthaltene Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen unwirksam sei und forderte den dortigen Beklagten im April und Mai 2006 zur diesbezüglichen Äußerung auf (vgl. BGH NJW 2010, 1877 [1878 f.]). In diesem von dem BGH entschiedenen Fall weicht die Interessenlage erheblich von jener der Parteien in dem hiesigen Verfahren ab. Zunächst waren in dem von dem BGH entschiedenen Verfahren die Parteien durch ein Dauerschuldverhältnis in Form eines Mietvertrages miteinander verbunden. Dieser stellt ein Rechtsverhältnis dar, aus dem sich Treuepflichten ergeben können. Darüber hinaus musste der Kläger die Wohnung zum Ende des Mietverhältnisses zurückgeben. Vor diesem Hintergrund durfte der dortige Kläger von dem Beklagten eine Äußerung dazu erwarten, in welchem Zustand er die Wohnung zu übergeben hat, um entweder diesen Zustand zum Ende des Mietverhältnisses herzustellen oder bewusst das Risiko einzugehen, dass er entgegen seiner Rechtsauffassung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet war.

Da zwischen den Parteien kein Rechtsverhältnis besteht, aus dem sich eine Treuepflicht der Beklagten zur Äußerung ergeben könnte, ist es ohne Belang, ob die Kläger Rückstellungen gebildet haben oder bilden mussten.

2.
Nachdem in der vorbehaltlosen Klagerücknahme eine Aufgabe der ursprünglichen Berühmung liegt und auch keine Äußerungspflicht der Beklagten auf das Aufforderungsschreiben der Kläger vom 08.09.2009 bestand, ist entscheidend, ob in dem der Klagerücknahme nachfolgenden Verhalten der Beklagten eine Berühmung bezüglich des Streitgegenstandes liegt. Dies ist nach Auffassung der Kammer nicht der Fall. Nach Klagerücknahme hat die Beklagte kein Verhalten mehr gezeigt, das objektiv darauf schließen ließe, dass sie den Gegenstand der ursprünglichen Leistungsklage erneut gegen die Kläger geltend machen wollte.

Ein Berühmen muss nicht ausdrücklich geschehen; ein bloßes Schweigen oder passives Verhalten genügt jedoch nicht, wenn nicht der Gegner nach Treu und Glauben zur Abgabe einer Erklärung verpflichtet ist (BGH NJW 1995, 2032 [2033]). Nach den obigen Ausführungen bestand eine Pflicht der Beklagten zur Abgabe einer Erklärung auf das Aufforderungsschreiben vom 08.09.2009 nicht. Ein ausdrückliches oder konkludentes Berühmen der Beklagten nach Klagerücknahme liegt nicht vor. Es ergibt sich auch nicht aus anderen Gesichtspunkten als dem Schweigen auf das Aufforderungsschreiben.
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Anspruch auch nach Klagerücknahme weiterverfolgen wollte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergeben sich solche Anhaltspunkte nicht aus der Verteidigung des Klagepatents im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens. Die Verteidigung des Klagepatents im Nichtigkeitsverfahren trifft keine Aussage darüber, ob ein Vorgehen der Beklagten gegen eine bestimmte angegriffene Ausführungsform zu erwarten ist. Naturgemäß hat die Beklagte ein Interesse daran, aus ihr zustehenden Schutzrechten Lizenzeinnahmen zu erzielen. Dafür, dass sie gerade im Zusammenhang mit der angegriffenen Ausführungsform Lizenzeinnahmen aus dem Klagepatent erzielen wollen würde, ist nichts ersichtlich. Die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung überreichten Listen (Anlagen K 11 und K 12) führen zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen stammen sie aus Gerichtsverfahren, an denen die Beklagte nicht als Partei beteiligt war. Zum anderen treffen sie keine Aussage bezüglich einer bestimmten, insbesondere nicht der hier streitgegenständlichen, angegriffenen Ausführungsform. Im Hinblick auf die streitgegenständliche angegriffene Ausführungsform ist weiter zu berücksichtigen, dass die Beklagte, nachdem sie sich selbst auf die vermeintliche Standardessentialität berufen hatte, die Verletzungsklage dennoch zurückgenommen hat. Auch dass die Beklagte in andere Patente betreffenden Nichtigkeitsverfahren zum Abschluss von Vergleichen bereit war, trifft keine Aussage darüber, ob sie beabsichtigt, aus dem Klagepatent gegen eine bestimmte angegriffenen Ausführungsform vorzugehen.

Aus dem Umstand, dass es sich bei dem Klagepatent für die Beklagte um ein –angeblich – besonders wertvolles Schutzrecht handelt, ergibt sich keine Aufrechterhaltung der ursprünglichen Anspruchsberühmung Denn die – zu Gunsten der Kläger unterstellte – Einordnung des Klagepatents als wertvoll ändert nichts daran, dass die Beklagte die ursprüngliche Klage einschränkungslos zurückgenommen und damit bezüglich der hier streitgegenständlichen angegriffenen Ausführungsform zum Ausdruck gebracht hat, dass auf der im Zeitpunkt der Klagerücknahme bestehenden Grundlage eine Inanspruchnahme nicht beabsichtigt ist.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Kläger vom 11.02.2011 bietet keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Das dortige Vorbringen ist nicht zu berücksichtigen, § 296a ZPO.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: 1.250.000,00 €