4a O 214/09 – Bildstrom

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1534

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 10. Februar 2011, Az. 4a O 214/09

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,

a) ein System zum Anzeigen eines Bildstroms, wobei das System umfasst ein Bildspeichermittel zum Aufnehmen eines ursprünglichen Bildstroms; und ein Bildanzeigemittel zum Anzeigen von zumindest zwei Teilsatz-Bildströmen, wobei jeder Teilsatz-Bildstrom einen getrennten Teilsatz von Bildern aus dem ursprünglichen Bildstrom enthält,

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei dem zumindest zwei Teilsatz-Bildströme gleichzeitig auf dem Bildanzeigemittel angezeigt werden können;

und/oder

b) ein System zum Anzeigen eines Bildstroms;
welches dazu geeignet ist, ein Verfahren zum Anzeigen eines Bildstroms durchzuführen, wobei das Verfahren umfasst: Empfangen von durch eine verschluckbare Kap-sel erfassten Bildern, wobei die Bilder einen ursprüngli-chen Bildstrom bilden; und gleichzeitiges Anzeigen von zumindest zwei Teilsatz-Bildströmen auf einem Monitor, wobei jeder Teilsatz-Bildstrom einen getrennten Teilsatz von Bildern aus dem ursprünglichen Bildstrom enthält;

Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern, ohne

(1) im Falle des Anbietens im Angebot darauf hinzuwei-sen,

dass das System zum Anzeigen eines Bildstroms nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des europäischen Patents EP 1 474 XXX B1 zur Durchführung eines Verfahrens zum Anzeigen eines Bildstroms, verwendet werden darf

wobei das Verfahren umfasst: Empfangen von durch eine verschluckbare Kapsel erfassten Bildern, wobei die Bilder einen ursprünglichen Bildstrom bilden; und gleichzeitiges Anzeigen von zumindest zwei Teilsatz-Bildströmen auf einem Monitor, wobei jeder Teilsatz-Bildstrom einen getrennten Teilsatz von Bildern aus dem ursprünglichen Bildstrom enthält;

(2) ohne im Falle des Lieferns die Abnehmer darauf hinzuweisen,

dass das System zum Anzeigen eines Bildstroms nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des europäischen Patents EP 1 474 XXX B1 zur Durchführung eines Verfahrens zum Anzeigen eines Bildstroms verwendet werden darf,

wobei das Verfahren umfasst: Empfangen von durch eine verschluckbare Kapsel erfassten Bildern, wobei die Bilder einen ursprünglichen Bildstrom bilden; und gleichzeitiges Anzeigen von zumindest zwei Teilsatz-Bildströmen auf einem Monitor, wobei jeder Teilsatz-Bildstrom einen getrennten Teilsatz von Bildern aus dem ursprünglichen Bildstrom enthält;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 29.09.2007 begangen hat, und zwar unter Angabe

(1) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie die Namen und Anschriften der Hersteller, Liefe-ranten und anderer Vorbesitzer;

(2) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeich-nungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

(3) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots-mengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfän-ger,

(4) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungs-zeitraum und Verbreitungsgebiet,

(5) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufge-schlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und An-schriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu be-zeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichte-ten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Be-klagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimm-ter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Angebotsauf-stellung enthalten ist

und zum Nachweis der Angaben zu (1) und (2) die entspre-chenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen, wobei geheimhaltungsbe-dürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten ge-schwärzt werden dürfen;

3. die unter I. 1. a) beschriebenen, frühestens seit dem 01.09.2008 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1 474 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebe-nenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird, sowie

endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim je-weiligen Besitzer veranlasst.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin al-len Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. bezeich-neten, seit dem 29.09.2007 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, un-bedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem europäischen Patent 1 474 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent), dessen eingetragene Inhaberin sie ist, auf Unter-lassung, Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht sowie Rückruf und endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 12.02.2003 unter Inanspruchnahme der Priorität einer US-Patentschrift vom 12.02.2002 in englischer Verfahrenssprache angemeldet, wobei die Veröffentlichung der Anmeldung des Klagepatents am 10.11.2004 erfolgte. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 29.08.2007 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents (DE 603 15 XXX T2) ist in Kraft. Mit Schriftsatz vom 04.01.2011 hat die Firma A Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent erhoben, über die noch nicht entschieden wurde.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „B“ („B“). Sein Patentanspruch 1 lautet in der eingetragenen deutschen Übersetzung:

„Ein Verfahren zum Anzeigen eines Bildstroms, wobei das Verfahren umfasst:
Empfangen von durch eine verschluckbare Kapsel (40) erfassten Bildern, wobei die Bilder einen ursprünglichen Bildstrom bilden; und
gleichzeitiges Anzeigen von zumindest zwei Teilsatz-Bildströmen auf ei-nem Monitor (300), wobei jeder Teilsatz-Bildstrom einen getrennten Teilsatz von Bildern aus dem ursprünglichen Bildstrom enthält.“

Der durch die Klägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 7 ist in der eingetragenen deutschen Übersetzung wie folgt gefasst:

„Ein System zum Anzeigen eines Bildstroms, wobei das System umfasst:
ein Bildspeichermittel (21) zum Aufnehmen eines ursprünglichen Bild-stroms; und
ein Bildanzeigemittel (300) zum Anzeigen von zumindest zwei Teilsatz-Bildströmen, wobei jeder Teilsatz-Bildstrom einen getrennten Teilsatz von Bildern aus dem ursprünglichen Bildstrom enthält, dadurch gekennzeichnet, dass die zumindest zwei Teilsatz-Bildströme gleichzeitig auf dem Bildanzeigemittel (300) angezeigt werden können.“

Die nachfolgend (verkleinert) wiedergegebenen Figuren 2 und 3 veran-schaulichen nach der Beschreibung der Klagepatentschrift den Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre anhand eines bevorzugten Aus-führungsbeispiels. Figur 2 zeigt eine schematische Darstellung eines Abschnitts einer Anzeige. Figur 3 zeigt ein Flussdiagramm eines Verfahrens zum Betrachten eines Bildstroms.
Die Beklagte bewirbt Medizinprodukte, insbesondere eine Kapsel zur Kapsel-endoskopie mit dem Produktnamen „C“ des koreanischen Herstellers A, als dessen exklusiver Vertriebspartner in Deutschland die Beklagte auftritt. Weiterhin bietet sie noch ein Empfangsgerät „D“ für die „C“-Kapsel sowie eine Software mit dem Produktnamen „E“ an, mit der mittels der Kapsel aufge-nommene Bilder auf einem Bildschirm dargestellt werden können (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform).

Auf der durch die Beklagte unter der Adresse www.F.eu betriebenen Internetseite findet sich folgender Hinweis:
Die genannte Software E 2.0 wird sodann wie folgt näher beschrieben:
Die Klägerin behauptet, auf dem H Kongress in G am 28.11.2008 und bei der Jahrestagung der I in J vom 01.10.2009 bis zum 03.10.2009 seien Broschüren, hinsichtlich deren genauen Inhalts auf die Anlagen K A3 und K A4a verwiesen wird, verteilt worden, in denen sich Informationen bezüglich der Produkte „C“, „D“ und „E“ finden.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Produkte „C“ und „E“ zusammen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs 7 Gebrauch machen würden. Weiterhin würden durch die Beklagte mit den Produkten „C“, „E“ und „D“ wesentliche Mittel zur Ausführung des Verfahrens gemäß Klagepatentanspruch 1 angeboten. Der Beklagten sei auch bewusst und es sei aufgrund der Umstände auch offensichtlich, dass das von ihr angebotene System dazu geeignet und bestimmt sei, zum Anzeigen eines Bildstroms verwendet zu werden.

Die Klägerin beantragt daher, nachdem sie ihre zunächst auf Rückruf und Entfernung aller seit dem 29.04.2006 im Besitz Dritter befindlichen Gegenstände gerichtete Klage in der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung der Beklagten teilweise zurückgenommen hat, zuletzt,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise:
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung der gegen das Euro-päische Patent EP 1 474 XXX B1 erhobenen Nichtigkeitsklage auszuset-zen.

Sie meint, die angegriffene Ausführungsform mache nicht von sämtlichen Merkmalen der Patentansprüche 1 und 7 wortsinngemäß Gebrauch. Nach der technischen Lehre des Klagepatents sei es erforderlich, dass die „getrennten Teilsatz-Bildströme“ jeweils unterschiedliche Sätze von einzelnen Bildern des ursprünglichen Bildstroms enthalten. Dies sei bei der angegriffenen Ausfüh-rungsform nicht der Fall. Vielmehr werde dort in jedem Bildstrom jeweils die identische Bildfolge, allerdings um ein Bild versetzt, dargestellt. Daher handele es sich bei den dargestellten Bildfolgen auch nicht um getrennte Teilsatz-Bild-ströme, sondern um den gleichen Bildstrom. Darüber hinaus sei es für die Ver-wirklichung der technischen Lehre des Klagepatents erforderlich, dass die Teilsatz-Bildströme jeweils in separaten, nicht verdeckten Fenstern auf dem Monitor angezeigt würden. Demgegenüber zeichne sich die Multi-Display-Funktion der angegriffenen Ausführungsform gerade dadurch aus, dass die zwei oder vier Bilder in nur einem Fenster dargestellt würden. Überdies habe die Klägerin auch nicht schlüssig dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform tatsächlich durch die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland angeboten oder vertrieben werde.

Schließlich werde sich das Klagepatent auch im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Zum Einen sei Gegenstand der Patentansprüche ein von der Patenterteilung gemäß § 53 lit. c) EPÜ ausgenommenes Diagnoseverfahren. Zum Anderen werde die technische Lehre des Klagepatents insbesondere durch eine Kombination der US 5,604,531 mit der US 6,198,483 neuheitsschädlich, zumindest aber naheliegend vorweggenommen.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, richtet sich ihre Klage sowohl gegen die durch sie untersuchte Version 1.1.4.503 als auch gegen die Version 2.0 der Software E.

In Ergänzung dieses Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Schadenersatz, Rückruf und endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 3, 140b, 9 S. 2 Nr. 1 (i. V. m.
§ 10 Abs. 1) PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und ein System zum Anzeigen und/oder zum Überprüfen von Bildströmen.
Wie das Klagepatent einleitend ausführt, kann ein Bildstrom aus einer Folge von starren Bildern zusammengesetzt sein und einem Nutzer angezeigt wer-den, wobei die Bilder erstellt oder aus unterschiedlichen Quellen gesammelt werden können. Die Klagepatentschrift verweist beispielsweise auf die US 5,604,531, in der ein in-vivo Bildgebersystem beschrieben werde, das in einer Ausführungsform eine verschluckbare Kapsel enthalte. Das Bildgebersystem nehme Bilder von einem Lumen, wie z.B. dem Magen-Darm-Trakt, auf und übertrage sie an ein externes Aufnahmesystem, während sich die Kapsel durch das Lumen bewege. Hierbei könne eine hohe Zahl an Bildern gesammelt und zum Betrachten nacheinander angeordnet werden.

In einer Ausführungsform, so führt die Klagepatentschrift weiter aus, sei eine Stromrate vorgegeben. Jedoch könne der Nutzer die Stromrate während des Überprüfungsablaufs zu irgendeiner Zeit erhöhen oder vermindern und/oder eine unterschiedliche Stromrate bestimmen. Im Allgemeinen könne ein Nutzer versuchen, die Stromrate auf die höchste Rate zu setzen, bei der der Nutzer schnell und effektiv den Bildstrom überprüfen könne, ohne dass wichtige Informationen, die in irgendeinem der im Strom enthaltenen Bildern vorliegen können, abhandenkommen. Die Rate, bei der ein Nutzer einen Bildstrom effektiv überprüfen könne, werde durch einen physiologischen Mittelungseffekt begrenzt, der bekannter Maßen bei ungefähr 15 Rahmen pro Sekunde (obwohl sich diese Anzahl für unterschiedliche Nutzer und Bildströme ändert) auftrete, über der bestimmte Details in den im Strom angezeigten, einzelnen Bildern physiologisch herausgefiltert werden könnten.

Die Klagepatentschrift erwähnt weiterhin die WO 99/40587, in der ein Videomedien-Steuerungssystem zum Senden von Befehlen an eine Video-Speichereinrichtung gezeigt werde, um die Positionierung der Videomedien einer gewünschten Position durchzuführen. Ferner offenbare die US 4,698,664 ein audiovisuelles Überwachungssystem, in dem ein analoger Datenstrom als eine Folge von Blöcken überwacht werde. Das Laden der ältesten Blöcke könne mittels eines Frost-Schalters abgeschaltet werden. Die US 5,697,885 beschreibe darüber hinaus ein Endoskop zum Aufnehmen und Anzeigen von zeitlich aufeinander folgenden Bildern, wobei Mechanismen zum Auswählen von starren Bildern aus den Bildfolgen beschrieben würden. Zudem beschreibe die US 5,604,531 ein in-vivo Video-Kamerasystem, das eine verschluckbare Kapsel, einen Überträger und ein Empfangssystem ent-halte. Die Kapsel enthalte ein Kamerasystem und ein optisches System zum Abbilden eines Interessenbereiches auf dem Kamerasystem. Der Übertrager übertrage den Videoausgang des Kamerasystems an das Empfangssystem.

Vor diesem Hintergrund formuliert die Klagepatentschrift die Aufgabe (das technische Problem), ein System und ein Verfahren vorzusehen, das einen Nutzer befähigt, die Rate zu erhöhen, mit welcher der Nutzer auf eine effektive und effiziente Art und Weise einen Bildstrom überprüfen kann.

Dies geschieht nach Patentanspruch 7 durch ein System mit folgenden Merk-malen:

7.1. Ein System zum Anzeigen eines Bildstroms;
7.2. das System umfasst ein Bildspeichermittel zum Aufnehmen eines ursprünglichen Bildstroms; und
7.3 es umfasst ein Bildanzeigemittel zum Anzeigen von zumindest zwei Teilsatz-Bildströmen,
7.4 jeder Teilsatz-Bildstrom enthält einen getrennten Teilsatz von Bil-dern aus dem ursprünglichen Bildstrom,
7.4a zumindest zwei Teilsatz-Bildströme können gleichzeitig auf dem Bildanzeigemittel angezeigt werden;

Darüber hinaus beansprucht Patentanspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen:

1.1. Ein Verfahren zum Anzeigen eines Bildstroms, wobei das Verfahren umfasst:
1.2. Empfangen von durch eine verschluckbare Kapsel erfassten Bil-dern,
1.2a wobei die Bilder einen ursprünglichen Bildstrom bilden; und
1.3. gleichzeitiges Anzeigen von zumindest zwei Teilsatz-Bildströmen auf einem Monitor; und
1.4. jeder Teilsatz-Bildstrom enthält einen getrennten Teilsatz von Bil-dern aus dem ursprünglichen Bildstrom.

II.
Nach dem Kern der Erfindung wird somit ein Bildstrom in zumindest zwei Teilsatz-Bildströme aufgeteilt, wobei jeder Teilsatz-Bildstrom einen getrennten Teilsatz von Bildern aus dem ursprünglichen Bildstrom enthält und wobei zu-mindest zwei Teilsatz-Bildströme gleichzeitig auf dem Bildanzeigemittel ange-zeigt werden können (Merkmalsgruppen 3 und 4).

Der Fachmann erkennt somit bereits anhand des Wortlauts der Patentansprü-che, dass es für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents maßgeblich auf das Vorhandensein zweier getrennter und damit – wovon die Parteien auch übereinstimmend ausgehen – gesonderter, das heißt einzelner Teilsatz-Bildströme ankommt, die gleichzeitig auf dem Bildanzeigemittel darge-stellt werden. Dadurch kann es dem Nutzer ermöglicht werden, Bilder im Bild-strom für eine längere Zeitspanne zu sehen, ohne die gesamte Betrachtungs-zeit des gesamten Bildstroms zu erhöhen. Alternativ ist es auch denkbar, die Rate zu erhöhen, bei der ein Nutzer den Bildstrom überprüfen kann, ohne De-tails zu übergehen, die möglicherweise im Strom dargestellt sind (vgl. Anlage K A1a, Abschnitt [0010]).

Konkrete Vorgaben, wie die getrennten Teilsatz-Bildströme gebildet und zu-sammengesetzt sein sollen, entnimmt der Fachmann den hier maßgeblichen Patentansprüchen 1 und 7 demgegenüber nicht. Er erkennt jedoch aus Unter-anspruch 4 ebenso wie aus der Beschreibung der bevorzugten Ausführungs-beispiele, dass jeder erste Teilsatz-Bildstrom jeden zweiten Bilderrahmen und jeder zweite Teilsatz-Bildstrom jeden zweiten folgenden Bilderrahmen enthalten kann. Damit können, wenn die zwei sich ergebenden Ströme angezeigt werden, Rahmen 1 und 2 im ursprünglichen Strom nebeneinander angezeigt werden, dann Rahmen 3 und 4 etc. (vgl. insbesondere Abschnitte [0038] sowie Fig. 2).

Wie jedoch Unteranspruch 2 dem Fachmann zeigt, ist es für die Ver-wirklichung der technischen Lehre des Klagepatents nicht zwingend, dass – wie die Beklagte meint – jedes Bild nur einem konkreten Teilsatz zugeordnet und damit in keinem anderen Teilsatz vorhanden sein darf. Vielmehr ist es auch möglich, dass die getrennten Teilsätze von Bildern auch überlappende Bilder umfassen und sich damit einzelne Bilder in mehreren Teilsatz-Bildströmen finden (vgl. auch Abschnitt [0037 a. E.]). Anhaltspunkte dafür, den Begriff des Überlappens, wie es die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, derart zu verstehen, dass die Bilder übereinander gelegt werden sollen, bietet die Klagepatentschrift demgegenüber nicht.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es darüber hinaus bereits nach dem Wortlaut der Patentansprüche 1 und 7 für eine Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents nicht erforderlich, dass die Teilsatz-Bildströme auf dem Bildschirm in verschiedenen Fenstern angezeigt werden. Zwar findet der Fachmann in der Patentbeschreibung, dass der Bildschirm dem Betrachter als mehrere Bildströme in zwei oder mehr Fenstern dargestellt werden kann (vgl. Anlage K A1a, Abschnitt [0030]). Jedoch handelt es sich dabei lediglich um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel, welches keine entsprechende Beschränkung des Patentanspruchs rechtfertigt (vgl. BGH GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe).

III.
Ausgehend von diesen Überlegungen ist die technische Lehre der Klagepa-tentansprüche 1 und 7 sowohl bei der Software „E“ (Version 1.1.4.503) als auch bei der Software „E“ (Version 2.0), jeweils in Verbindung mit der „C“, wortsinngemäß und unmittelbar (Patentanspruch 7) bzw. mittelbar (Patentanspruch 1) verwirklicht.

1.
Für die Version 1.1.4.503 der Software lässt sich dies zwar nicht aus den als Anlagen KA 3 und KA 4a vorgelegten Prospekten, die keine Details zur techni-schen Gestaltung der Software enthalten, sowie aus dem als Anlage KA 5 vor-gelegten Untersuchungsbericht entnehmen. Jedoch hat die Klägerin als Anla-gen K A6 und K A7 einen Untersuchungsbericht vorgelegt, welcher nachvoll-ziehbar begründet, dass die Abfolge der nebeneinander angezeigten Bilder 1-2, 3-4 etc. ist, so dass in dem auf der linken Seite des Bildschirms angezeigten Teilstrom die Bilder 1, 3, 5 etc. und in dem auf der rechten Seite des Bild-schirms angezeigten Teilstrom die Bilder 2, 4, 6 enthalten sind. Die Beklagte ist dem Untersuchungsbericht inhaltlich nicht entgegen getreten, sondern hat sich darauf beschränkt zu bestreiten, dass sie die dem Untersuchungsbericht zugrunde liegende Software in der Bundesrepublik Deutschland angeboten habe.

2.
Daneben wird die technische Lehre der Patentansprüche 1 und 7 auch durch die Software „E“ (Version 2.0) in Verbindung mit der „C“ wortsinngemäß verwirklicht.
Die Funktionsweise der Software „E“ (Version 2.0) lässt sich bereits dem Vortrag der Beklagten entnehmen, welche die Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform in der Klageerwiderung ausführlich dargestellt und in der Duplik eingeräumt hat, dass sich ihre Darstellung auf die Version 2.0 bezieht. Danach enthält das linke Bild die Bildfolge 1, 2, 3, 4, 5, während im rechten Bild die Bilder 2, 3, 4, 5, 6 dargestellt werden. Somit wird durch beide Bildströme die gleiche Bildfolge, allerdings um ein Bild versetzt, dargestellt.

Wie bereits im Rahmen der Patentauslegung insbesondere unter Verweis auf Unteranspruch 2 dargestellt wurde, führt der Umstand allein, dass Bilder beiden Bildströmen zugeordnet sind, nicht automatisch aus dem Schutzbereich des Klagepatents heraus. Vielmehr können sich die Bilder der Teilbild-Ströme auch überlappen. Zwar darf dies nicht dazu führen, dass die Bildströme links und rechts bei der gleichzeitigen bzw. fast gleichzeitigen Wiedergabe (vgl. Abschnitt [0010]) jeweils das identische Bild zeigen, da dann die Aufgabe des Klagepatents, den Nutzer zu befähigen, die Rate zu erhöhen, mit der er den Bildstrom überprüfen kann (vgl. Abschnitt [0007]), nicht gelöst würde. Vielmehr würde dann jedes Bild exakt in der gleichen Länge, nur doppelt, gezeigt, wie bei der Darstellung eines Bildstroms. Dies ist jedoch gerade dann nicht der Fall, wenn – wie bei der Version 2.0 – die Teilbildströme um ein Bild zeitlich versetzt angezeigt werden, da dann (bis auf das Bild 1) alle Bilder in jedem Teilstrom zeitlich versetzt und damit ebenfalls in der doppelten Länge angezeigt werden.

Schließlich steht es der Verwirklichung der technischen Lehre des Kla-gepatents wie bereits im Rahmen der Patentauslegung dargestellt auch nicht entgegen, dass bei der Version 2.0 die Teilbildströme nicht in getrennten Bildern, sondern unmittelbar nebeneinander dargestellt werden. Die Patentansprüche 1 und 7 verlangen lediglich, dass die Teilsatz-Bildströme gleichzeitig auf dem Bildanzeigemittel angezeigt werden, nicht aber, dass dies auch – wie von der Beklagten vertreten – in getrennten Fenstern geschehen muss.

IV.
Die Beklagte hat sowohl die Version 1.1.4.503 als auch die Version 2.0 in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und beworben, so dass sie dadurch von der technischen Lehre der Klagepatentansprüche 7 (unmittelbar) bzw. 1 (mittelbar) wortsinngemäß Gebrauch gemacht hat, § 9 S. 2 Nr. 1 PatG bzw.
§ 10 Abs. 1 PatG. Anhaltspunkte dafür, dass die „C“ in Verbindung mit der Software „E“ nicht für die Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland angeboten wurde, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

1.
Wie die Anlagen K A9 und K A10 zeigen, hat die Beklagte die Version 2.0 der Software „E“ sowie die „C“ auf ihrer deutschsprachigen Internetseite http://F.eu zumindest beworben und dabei zugleich darauf hingewiesen, dass sie der exklusive Vertriebspartner für A in Deutschland sei. Ein entsprechender Hinweis findet sich auch auf den als Anlagen KA 3 bzw. KA 4a vorgelegten Prospekten, so dass es letztlich nicht darauf ankommen kann, ob diese Prospekte – was die Beklagte bestritten hat – auf den Veranstaltungen in J und G verteilt wurden. Jedenfalls richten sich diese Prospekte an Interessen-ten in Deutschland, was insbesondere auch für den englischsprachigen Prospekt gemäß Anlage K A4a gilt, der ebenfalls ausdrücklich auf die Beklagte als exklusive Vertriebspartnerin in Deutschland hinweist.

2.
Darüber hinaus kann die Klägerin gegen die Beklagte auch mit Erfolg aus dem Klagepatent gegen die Version 1.1.4.503 vorgehen.

Zum Einen fällt diese Version ohnehin als kerngleiche Verletzung unter den Tenor des Urteils. Zum Anderen hat die Beklagte auch nicht erheblich bestrit-ten, die dem Untersuchungsbericht gemäß Anlagen K A6 und K A7 zugrunde liegende Version 1.1.4.503 in der Bundesrepublik Deutschland zumindest an-geboten zu haben. Zwar findet sich in dem vorgelegten Untersuchungsbericht lediglich ein Hinweis auf die Herstellerfirma A. Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beklagten unstreitig um den exklusiven Vertriebspartner von A für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland handelt, was auch der auf den Prospekten gemäß Anlagen KA 3 und KA 4a zu findende Aufdruck/Aufkleber bestätigt und worauf die Beklagte auch auf ihrer Internetseite ausdrücklich hinweist (vgl. Anlagen K A9 und K A10). Wie ein Vergleich der in den Anlagen K A6 und K A7 eingeblendeten Bilder mit den in den Anlagen K A3 und K A4a vorgelegten Prospekten enthaltenen Abbildungen zeigt, ist die Gestaltung der Benutzeroberfläche der Software identisch und unterscheidet sich in ihrer optischen Gestaltung deutlich von den in die Klageerwiderung eingeblendeten Abbildungen der Version 2.0. Entsprechend genügt es für ein erhebliches Bestreiten einer Verletzungshandlung in Bezug auf die Version 1.1.4.503 nicht, dass die Beklagte die Identität der untersuchten Software mit der durch sie angebotenen Software bestreitet. Die Klägerin hat anhand der ausdrücklich auf die Beklagte als exklusive Vertriebspartnerin von A für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinweisenden Prospekte substantiiert und schlüssig dargelegt, dass die Beklagte – unabhängig davon, ob die Prospekte tatsächlich gerade auf den durch die Klägerin genannten Veranstaltungen verteilt wurden – auch die Version 1.1.4.503 in der Bundesrepublik Deutschland angeboten hat. Damit genügt es für ein erhebliches Bestreiten der Verletzungshandlung nicht, dass die Beklagte pauschal bestreitet, die durch die Klägerin untersuchte Version in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben zu haben.

3.
Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich schließlich um ein Mittel, welches sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht und zur Benutzung der Erfindung geeignet und bestimmt ist, wobei diese Benutzung durch den Anwender – wie sowohl die als Anlagen K A3 und K A4a vorgelegten Prospekte als auch die als Anlagen K A9 und K A10 vorgelegten Auszüge aus dem Internetauftritt der Beklagten zeigen – zumindest aus den Umständen offensichtlich ist und die vorgesehene Benut-zung der Erfindung im Inland ebenso wie das Anbieten oder Liefern im Inland stattfinden soll, § 10 Abs. 1 PatG. Des Weiteren handelt es sich bei den Ab-nehmern der Beklagten um zur Benutzung der Erfindung nicht berechtigte Personen. Schließlich stellt die angegriffene Ausführungsform kein Mittel im Sinne von § 10 Abs. 2 PatG dar, welches allgemein im Handel erhältlich ist.

V.
Da die angegriffene Ausführungsform mithin ein Erzeugnis darstellt, welches Gegenstand des Klagepatents ist, ohne dass die Beklagte zu einer Nutzung des Klagepatents berechtigt ist (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG), und es sich bei der angegriffenen Ausführungsform zugleich um ein Mittel handelt, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht (§ 10 Abs. 1 PatG), rechtfertigen sich die tenorierten Rechtsfolgen.

1.
Die Beklagte macht durch die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber der Klägerin zur Unterlas-sung verpflichtet ist (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG).
2.
Des Weiteren hat die Beklagte der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die ge-naue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO. Ebenso ist es hinreichend wahrscheinlich, dass die Abnehmer der Beklagten das erfindungsgemäße Verfahren anwenden.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadener-satzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte im zuerkannten Umfang zur Rech-nungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkann-ten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus wird die Beklagte durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140b PatG). Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist der Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).

4.
Ferner hat die Klägerin im zuerkannten Umfang gegen die Beklagte einen An-spruch auf Rückruf und Entfernung der angegriffenen Ausführungsform aus den Vertriebswegen, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 3 PatG.

VI.
Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung, § 148 ZPO.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BIPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesge-richt Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 2784 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als Solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt.

Dies vorausgeschickt liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Verhandlung nicht vor. Die Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent ist erst am 04.01.2011 und damit wenige Tage vor dem Verhandlungstermin erhoben worden. Schon dies steht der Aussetzung entgegen, weil der Klägerin als Patentinhaberin eine angemessene Erwiderung auf das Nichtigkeitsvorbringen nicht mehr möglich ist (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 3, 54 – Sportschuhsohle; Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Auflage, Rz. 617). Gleiches gilt unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die in der Nichtigkeitsklage in Bezug genommenen Anlagen entgegen den Vorgaben aus dem frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung le-diglich in englischer Sprache und ohne nachvollziehbare Erläuterung vorgelegt worden sind (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 3, 231 – wasserloses Urinal; Kühnen/Geschke a. a. O.).

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO i. V. m. § 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.000.000,- EUR festgesetzt.