Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 10. November 2011, Az. 4a O 149/10
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte aus dem deutschen Teil des europäischen Patents EP 0 914 XXX B1 (Klagepatent) in Anspruch. Er ist eingetragener Inhaber des Klagepatents, das am 06.03.1998 unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität vom 06.03.1997 angemeldet wurde. Die Patentanmeldung wurde vom EPA am 12.05.1999 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde beim EPA am 21.11.2007 und im Patentblatt am 10.04.2008 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft.
Das Klagepatent bezieht sich auf eine Vorrichtung zur Wartung von programmierbaren Automaten. Der vom Kläger geltend gemachte Patentanspruch 3 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
Vorrichtung zum Extrahieren eines Elektrodenpaares aus einem Punktschweißroboter, wobei die beiden Elektroden eine Schweißzange bilden und einander gegenüberliegend an zwei Elektrodenträgern um eine Schweißachse montiert sind, wobei die Elektrodenträger drehfest sind, wobei die Vorrichtung ein erstes Modul zum Extrahieren einer Elektrode, und ein zweites Modul zum Extrahieren der anderen Elektrode aufweist, wobei die Module jeweils aus einer Scheibe (12, 14) bestehen, umfassend einen zentralen Klemmbacken zum Erfassen einer Elektrode,
dadurch gekennzeichnet, dass die beiden Module übereinander angeordnet und koaxial in einem Rahmen (10) angeordnet sind, beidseits durch einen Deckel (22, 24) geschlossen, wobei die Klemmbacken der beiden Scheiben (12, 14) durch einen mit jedem Deckel einteiligen Nocken betätigt werden, wobei die Scheiben einerseits im Umlauf versetzt werden, um die von den Klemmbacken ergriffenen Elektroden mitzunehmen, um sie aus ihren Elektrodenträgern zu lösen, und um andererseits die Elektroden in eine axiale translatorische Bewegung zu versetzen, um sie von den Elektrodenträgern zu trennen, wobei jede Scheibe gleichzeitig in Umlauf und in eine translatorische Bewegung versetzt wird, damit sich die beiden Scheiben einander annähern.
Nachfolgend werden in leicht verkleinerter Form zwei aus der Klagepatentschrift stammende perspektivische Explosionsdarstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung gezeigt.
Die Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in Frankreich. Sie stellte her und vertrieb automatische Elektrodenwechsler, mit denen Elektrodenpaare aus einem Punktschweißroboter herausgezogen werden können (angegriffene Ausführungsform). Unter anderem bewirbt die Beklagte einen solchen Elektrodenwechsler in einem französischsprachigen Werbeblatt (vgl. Anlage K 3, dort S. 1). Ebenso existiert eine französischsprachige technische Dokumentation des Elektrodenwechslers (vgl. Anlage K 3, dort S. 2 ff). Die nachstehenden Abbildungen stammen aus dem Prospekt beziehungsweise der technischen Dokumentation und zeigen die angegriffene Ausführungsform einmal in einer perspektivischen Explosionsansicht und einmal in ihrer Gesamtheit.
In der technischen Dokumentation werden die Scheiben 3 und 4 der Explosionsansicht als Nockenscheiben bezeichnet und die Bauteile 7 und 12 als Deckel.
Am 09.02.2002 schlossen die Parteien einen Lizenzvertrag, mit dem der Kläger der Beklagten eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent mit Wirkung unter anderem für die Bundesrepublik Deutschland erteilte. Aus hier nicht interessierenden Gründen kündigte der Kläger am 07.05.2004 den Lizenzvertrag. Der Europäische Schiedsgerichtshof in Versailles hielt die Kündigung des Lizenzvertrages für wirksam und verurteilte den Kläger unter anderem zur Rückzahlung von Lizenzgebühren. Schadensersatzforderungen der Beklagten wegen der „Unterbrechung“ des Lizenzvertrages wurden zurückgewiesen. Rechtsmittel des Klägers gegen das Urteil blieben erfolglos.
Mit patentanwaltlichem Schreiben vom 13.04.2010 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos auf, bis zum 30.04.2010 eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Wegen des konkreten Inhalts der Abmahnung wird auf die Anlage K 6 Bezug genommen. Durch die Inanspruchnahme patentanwaltlicher Hilfe entstanden Kosten in Höhe von 1.780,20 EUR, die sich aus einer 1,3 Geschäftsgebühr bei einem Gegenstandswert von 200.000,00 EUR zuzüglich Auslagen zusammensetzen.
Der Kläger behauptet, die Beklagte vertreibe die angegriffene Ausführungsform auch in der Bundesrepublik Deutschland. Dies ergebe sich aus dem als Anlage K 3 vorgelegten Prospekt (Werbeblatt mit technischer Dokumentation), der zudem von der Beklagten auf der Messe „A“ vom 14. bis 19.09.2009 in B an interessierte Messebesucher verteilt worden sei, unter anderem auch an Herrn C. Jedenfalls berühme sich die Beklagte mit dem Prospekt, nach Deutschland zu liefern, wodurch eine Wiederholungsgefahr begründet werde.
Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs 3 wortsinngemäß Gebrauch. Die Klemmbacken der beiden Zahnscheiben würden durch einen mit dem jeweiligen Deckel einteiligen Nocken betätigt. Bei den Nockenscheiben handele es sich um patentgemäße Deckel.
Mit dem Hilfsantrag mache er – der Kläger – ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz geltend. Aufgrund lizenzvertraglicher Vereinbarungen habe er der Beklagten Dokumente, Pläne, Beschreibungen und Know How zur Verfügung gestellt, durch die die Beklagte in der Lage gewesen sei, eine mit dem zuvor von ihm hergestellten und vertriebenen Gerät weitgehend identische Ausführungsform herzustellen und zu vertreiben. Nach der Beendigung des Lizenzvertrages habe die Beklagte sowohl das Know How, als auch die mit dem Klagepatent geschützte Erfindung weiter genutzt, obwohl sie zur Geheimhaltung des Know How verpflichtet gewesen sei. Die Beklagte habe es von vornherein nur auf die Erlangung des Know How abgesehen und die Kündigung des Lizenzvertrages provoziert. Ihm – dem Kläger – sei eine weitere lizenzvertragliche Nutzung der Erfindung mit Dritten nicht mehr möglich gewesen. Er habe nicht nur verschiedene Lizenzverträge nicht abschließen können, sondern auch an Ansehen und Vertrauen bei Geschäftspartnern verloren.
Der Kläger beantragt,
I.
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahre, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
Vorrichtungen zum Extrahieren eines Elektrodenpaares aus einem Punktschweißroboter, wobei die beiden Elektroden eine Schweißzange bilden und einander gegenüberliegend an zwei Elektrodenträgern um eine Schweißachse montiert sind, wobei die Elektrodenträger drehfest sind, wobei die Vorrichtung ein erstes Modul zum Extrahieren einer Elektrode und ein zweites Modul zum Extrahieren der anderen Elektrode aufweist, wobei die Module jeweils aus einer Scheibe (12, 14) bestehen, umfassend einen zentralen Klemmbacken zum Erfassen einer Elektrode,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wobei die beiden Module übereinander angeordnet und koaxial in einem Rahmen angeordnet sind, beidseits durch einen Deckel geschlossen, wobei die Klemmbacken der beiden Scheiben durch einen mit jedem Deckel einteiligen Nocken betätigt werden, wobei die Scheiben einerseits im Umlauf versetzt werden, um die von den Klemmbacken ergriffenen Elektroden mitzunehmen, um sie aus ihren Elektrodenträgern zu lösen, und um andererseits die Elektroden in eine axiale translatorische Bewegung zu versetzen, um sie von den Elektrodenträgern zu trennen, wobei jede Scheibe gleichzeitig in Umlauf und in eine translatorische Bewegung versetzt wird, damit sich die beiden Scheiben einander annähern;
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem 10.05.2008 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter Ziffer 1. beschriebenen Erzeugnisse zu erteilen unter Angabe der Namen und Anschriften des Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm über den Umfang der in Ziffer 1. bezeichneten und seit dem 10.05.2008 begangenen Handlungen Rechnung zu legen und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie im Hinblick auf die erhaltenen Lieferungen der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenkennzeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei für die Angaben zu lit. a) und b) Rechnungen oder Lieferscheine als Belege vorzulegen sind und
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und nicht-gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
4. die Beklagte zu verurteilen, die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse entsprechend Ziffer 1. auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihm – dem Kläger – zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
5. die Beklagte zu verurteilen, die unter Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 10.04.2008 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 0 914 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;
6. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm für die in Ziffer 1. bezeichneten und in der Zeit vom 13.06.1999 bis zum 09.05.2008 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
7. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die in Ziffer 1. bezeichneten und seit dem 10.05.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;
8. die Beklagte zu verurteilen, an ihn den Betrag von 1.780,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.05.2010 zu zahlen;
hilfsweise
II.
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahre, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
den Changeur d’Electrode / Elektrodenwechsler im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gemäß nachstehenden Abbildungen anzubieten, zu vertreiben oder in den Verkehr zu bringen:
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 09.05.2004 schriftlich Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Zeitpunkte und Umfang von Verletzungshandlungen gemäß Ziffer II. 1. und zwar unter Angabe von Stückzahlen soweit Einkaufs- und Verkaufspreisen jeder einzelnen erhaltenen beziehungsweise getätigten Lieferung;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm schriftlich Auskunft über Namen und Anschrift ihrer Abnehmer von Elektrodenwechslern gemäß Ziffer II. 1. zu erteilen;
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm – dem Kläger – jeglichen Schaden zu ersetzen, der diesem infolge von Verletzungshandlungen gemäß Ziffer 1/1 in der Zeit ab dem 09.05.2004 entstanden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, sie habe auf der Messe „A“ weder den Prospekt nach Anlage K 3, noch den Elektrodenwechsler ausgestellt. Die technische Dokumentation sei ohnehin nie für Angebots- oder Werbezwecke verwendet worden. Tatsächlich seien weder während des Lizenzvertrages noch danach Elektrodenwechsler nach Deutschland verkauft worden. Die Aussage auf dem Werbeblatt beziehe sich vielmehr auf frühere Verkäufe des Klägers, der vor Abschluss des Lizenzvertrages Elektrodenwechsler des Typs D beziehungsweise E nach Deutschland geliefert habe. Der Kläger habe ihr – der Beklagten – gestattet, mit diesen Zahlen zu werben.
Die Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs keinen Gebrauch. Bei den Nockenscheiben 3 und 4 (vgl. Explosionsansicht in der technischen Dokumentation der Anlage K 3) handele es sich nicht um Deckel. Vielmehr bezeichne die Dokumentation die Bauteile 7 und 12 als Deckel. Daher fehle es an einer einteiligen Ausführung von Nocken und Deckel.
Weiterhin behauptet die Beklagte, ihr sei das Abmahnschreiben vom 13.04.2010 nicht zugegangen. Dieses weise im Anschriftenfeld die alte Adresse der Beklagten auf. Abgesehen davon ist die Beklagte der Ansicht, dass eine deutschsprachige Abmahnung nicht geeignet sei, einen Gegner, der wie die Beklagte und deren Mitarbeiter nicht des Deutschen mächtig sei, von einem zu beanstandenden Verhalten angemessen in Kenntnis zu setzen.
Hinsichtlich des Hilfsantrages vertritt die Beklagte die Auffassung, für den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz fehle es bereits an einer Angebotshandlung in der Bundesrepublik Deutschland. Zudem sei sie zur weiteren Nutzung des Know How berechtigt gewesen. Es sei der Kläger gewesen, der den Lizenzvertrag gekündigt habe. Sie – die Beklagte – habe aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation die Zahlungen einschränken müssen. Von einer Provokation der Kündigung könne keine Rede sein. Weiterhin erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
Der Kläger hat erklärt, soweit sich die Beklagte auf Verjährung der wettbewerbsrechtlichen Ansprüche berufe, mache er insoweit Ansprüche aus § 826 BGB aufgrund einer vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung geltend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Vortrag der Parteien in den wechselseitigen Schriftsätzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist hinsichtlich ihres Hauptantrages unbegründet. Der Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet.
I.
Der Hauptantrag ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Zahlung einer angemessenen Entschädigung und von Schadensersatz dem Grunde nach, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG, §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB. Ebenso wenig hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten aus § 139 Abs. 2 PatG beziehungsweise nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte Vorrichtungen, die von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch machen, in der Bundesrepublik Deutschland anbot oder vertrieb, geschweige denn herstellte.
Ein Anbieten im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG erfasst jeden Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Es genügt jede Art des Anbietens, so dass Dritte Gebote auf Überlassung abgeben können, zum Beispiel Ausstellen der Ware im Schaufenster oder auf einer Verkaufsmesse, Anpreisung in der Werbung, Anzeigen, Vorführungen, Vorlage eines Musters oder Liefervorschlag (Schulte/Kühnen, PatG 10. Aufl.: § 9 Rn 52 m.w.N.). Unter dem Inverkehrbringen wird jede Tätigkeit verstanden, durch die der patentierte Gegenstand mit Willen des Entäußernden in die tatsächliche Verfügungsmacht eines Dritten gelangt, so dass dieser den Gegenstand benutzen kann (Schulte/Kühnen, PatG 10. Aufl.: § 9 Rn 61).
1.
Der Kläger hat zunächst behauptet, die Beklagte vertreibe die angegriffene Ausführungsform auch in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist der Ansicht, dies ergebe sich schon zwanglos aus dem als Anlage K 3 vorgelegten Prospekt der Beklagten, auf dem es heiße, dass 150 Elektrodenwechsler in Frankreich, Deutschland und Großbritannien zur Auslieferung gelangt seien. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die vom Kläger als Prospekt bezeichnete Anlage K 3 besteht aus einem französischsprachigen Werbeblatt und einer ebenfalls französischsprachige technischen Dokumentation für die angegriffene Ausführungsform. Bei der Aussage (in deutscher Übersetzung) „Referenzen: 150 Wechsler in Frankreich, Deutschland und Großbritannien“ handelt es sich um eine Werbeaussage, die nicht zwingend den Schluss zulässt, dass die Beklagte 150 Elektrodenwechsler unter Verletzung des Klagepatents in Deutschland angeboten und in den Verkehr gebracht habe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Parteien bis zum 07.05.2004 durch einen Lizenzvertrag verbunden waren und infolgedessen die Beklagte gegenüber dem Kläger berechtigt war, Elektrodenwechsler in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und zu liefern. Der Werbeaussage lässt sich nicht entnehmen, dass die vermeintlichen Lieferungen in einem Zeitraum nach Beendigung des Lizenzvertrages erfolgten.
Der Kläger hat zwar behauptet, während der Laufzeit des Lizenzvertrages habe die Beklagte keine angegriffene Ausführungsform nach Deutschland geliefert. Daraus lässt sich aber nicht herleiten, dass die Lieferungen nunmehr nach Beendigung des Lizenzvertrages erfolgt seien. Denn auch solche Lieferungen hat die Beklagte bestritten und zu der Werbeaussage vorgetragen, es handele sich dabei um Absatzzahlen des bauähnlichen Elektrodenwechslers des Klägers aus der Zeit vor Abschluss des Lizenzvertrages, mit denen sie – die Beklagte – habe werben dürfen. Damit hat die Beklagte den Vortrag des Klägers erheblich bestritten. Der Kläger hat zwar dazu erklärt, er habe doppelt so viele Elektrodenwechsler verkauft. Aber konkrete Angebote und Lieferungen der Beklagten nach oder in Deutschland hat er damit nicht vorgetragen, was angesichts des streitigen Vortrags der Beklagten zu erwarten gewesen wäre. Ebenso wenig hat er für die Behauptung von Vertriebshandlungen in Deutschland Beweis angeboten.
Der Beklagten kann der Kläger auch nicht mit Erfolg vorwerfen, sich der Lieferung patentgemäßer Elektrodenwechsler nach Deutschland zu berühmen und damit eine Gefahr für weitere Lieferungen oder zumindest für eine erste Lieferung in die Bundesrepublik Deutschland zu begründen. Dieser bloßen Werbeaussage lassen sich keine konkreten Anhaltspunkte für bevorstehende Lieferungen von Elektrodenwechslern in die Bundesrepublik Deutschland entnehmen. Aus der Aussage geht nicht hervor, ob die angesprochenen Lieferungen – wie von der Beklagten behauptet – noch vom Kläger vorgenommen worden waren, während der Wirksamkeit des Lizenzvertrages erfolgten oder nach der Kündigung des Lizenzvertrages. In den beiden erstgenannten Fällen war der Kläger beziehungsweise die Beklagte zu den Lieferungen in die Bundesrepublik Deutschland berechtigt. Aus berechtigten Lieferungen kann jedoch ohne weitere Anhaltspunkte keine Besorgnis für weitere, nunmehr unberechtigte Lieferungen nach Ende des Lizenzvertrages begründet werden.
2.
Der Kläger hat weiterhin behauptet, den als Anlage K 3 vorgelegten Prospekt habe die Beklagte auf der Messe „A“ in B im September 2009 an interessierte Messebesucher verteilt, so auch an Herrn C.
a)
Selbst wenn diese Behauptung – was die Aushändigung des Prospekts an Herrn C angeht – wahr sein sollte, kann gleichwohl nicht von einer Angebotshandlung in der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen werden. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Übergabe des als Anlage K 3 vorgelegten Prospekts die angegriffene Ausführungsform zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitgestellt werden sollte.
Ausweislich des als Anlage K 11 vorgelegten Schreibens des Herrn C und der Ausführungen der Klägerin war Herr C im Jahr 2009 auf der Suche nach neuen Entwicklungen und besuchte aus diesem Grund die Messe in B, um die Entwicklung beim Punktschweißen zu beobachten. Während seines Besuchs sollte er verschiedene Informationen sammeln, unter anderem über Elektrodenwechsler der Unternehmen F, G, H und anderer. Am Stand der Firma F habe er die Information erhalten, dass auch die Beklagte Elektrodenwechsler herstelle. Er sei daher zum Stand der Beklagten gegangen, wo er mit einem Mitarbeiter der Beklagten verschiedene Themen zum Schweißen diskutiert habe. Der Mitarbeiter der Beklagten habe gesagt, sie hätten seit einigen Jahren Erfahrung mit Elektrodenwechslern aus Verkäufen in Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Aufgrund dieser Erfahrungen suchten sie nach Märkten für Elektrodenwechsler innerhalb und außerhalb von Europa und gegenwärtig in Südamerika. Da Herr C Ende November 2009 wieder nach Europa kommen sollte, habe der Mitarbeiter der Beklagten gesagt, er könnte daran interessiert sein, Verkäufe von Elektrodenwechslern in andere Länder außerhalb Europas zu entwickeln. Wegen Patentproblemen sei der Elektrodenwechsler auf der Messe nicht gezeigt worden, hätte aber in der Betriebsstätte der Beklagten (in Frankreich) besichtigt werden können.
Weder aus dem Schreiben des Herrn C, noch aus dem Vortrag der Klägerin geht hervor, dass es Herrn C beim Besuch der Messe in B um den Erwerb – sprich: der Überlassung – eines Elektrodenwechslers der Beklagten ging. Aus der Darstellung des Gesprächs mit dem Mitarbeiter der Beklagten lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass die Beklagte davon ausging, dass Herr C beziehungsweise sein Arbeitgeber, die I Inc. J Interesse am Erwerb von Elektrodenwechslern hatte – sei es auf der Messe oder in der Zeit danach. Herr C wollte sich über neue Entwicklungen beim Punktschweißen informieren und entsprechende Informationen sammeln. Gegenstand des Gesprächs mit dem Mitarbeiter der Beklagten war die Erfahrung der Beklagten bei Schweißmaschinen und Elektrodenwechslern und die Entwicklung neuer Märkte und von Verkäufen in und außerhalb Europas. Welche Rolle Herr C beziehungsweise I Inc. J dabei spielen sollte, ist unklar. Jedenfalls deutet das Gespräch von Herrn C mit dem Mitarbeiter der Beklagten nicht darauf hin, dass Herr C mit einer für den Mitarbeiter der Beklagten erkennbaren Erwerbsabsicht an den Stand der Beklagten herantrat, sondern dass es um die Erschließung von Märkten und Absatzmöglichkeiten ging. Es ist daher ebenso möglich, dass Herr C und die Beklagte eine Zusammenarbeit bei der Vermarktung von Elektrodenwechslern in und außerhalb Europas ins Auge fassen wollten, so dass die Übergabe des Prospekts lediglich der technischen Information und Vorbereitung für eine Zusammenarbeit dienen sollte, um die Elektrodenwechsler Dritten in und außerhalb Europas anbieten zu können.
Zwar umfasst der Begriff des „Anbietens” im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG auch vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts – hier der Veräußerung an Dritte durch die Beklagte und/oder I Inc. J – über einen unter Schutz stehenden Gegenstand ermöglichen oder fördern sollen (BGH GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Im vorliegenden Fall ist aber nicht ersichtlich, dass der angeblich Herrn C überreichte Prospekt nicht nur als Information für Herrn C, sondern auch als Werbematerial gegenüber interessierten Dritten dienen sollte. Zudem ist nichts dafür ersichtlich, dass solche Angebotshandlungen, die durch die vermeintliche Übergabe des Prospekts an Herrrn C hätten vorbereitet werden können, im Inland stattfanden oder hätten stattfinden sollen. Entscheidend ist aber, ob eine im Inland begangene Handlung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand der Nachfrage zur Verfügung stellt (BGH GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel). Das ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Im Übrigen lässt sich auch dem Gespräch zwischen Herrn C und dem Mitarbeiter der Beklagten auf der Messe in B keine Angebotshandlung im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG entnehmen. Auch wenn die Beklagte ihre Absicht ausdrückte, sich Märkte für Elektrodenwechsler innerhalb und außerhalb Europas zu erschließen, handelt es sich lediglich um eine Aussage zur Unternehmensstrategie, nicht aber um ein Angebot im patentrechtlichen Sinne. Gleiches gilt für die anschließende Äußerung, er – der Mitarbeiter der Beklagten – könnte daran interessiert sein, Verkäufe von Elektrodenwechslern in andere Länder außerhalb Europas zu entwickeln. Ebenso stellt die Aussage, Erfahrung mit Elektrodenwechslern aufgrund von Verkäufen in Frankreich, Deutschland und Großbritannien zu haben, lediglich eine allgemeine Anpreisung des Unternehmens dar, sagt aber nichts über den (früheren) Vertrieb von patentgeschützten Elektrodenwechslern in der Bundesrepublik Deutschland aus, zumal unklar ist, ob sich diese Verkäufe nicht auf die Zeit während des Lizenzvertrages oder durch den Kläger vor Abschluss des Lizenzvertrages beziehen.
b)
Den Vortrag des Klägers, der als Anlage K 3 vorgelegte Prospekt sei interessierten Messebesuchern ausgehändigt worden, hat die Beklagte bestritten. Der Kläger hat seinen Vortrag nur dahingehend konkretisiert, dass Herrn C ein solcher Prospekt ausgehändigt worden sei. Nach den vorstehenden Ausführungen kann aber die behauptete Abgabe des Prospekts an Herrn C nicht als Angebotshandlung im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG verstanden werden. Weitere konkrete Angebotshandlungen hat der Kläger nicht dargelegt. Vielmehr hat er auf konkrete Nachfrage in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass aufgrund der Abgabe des Prospekts an Herrn C angenommen werden könne, dass der Prospekt auch anderen Messebesuchern ausgehändigt worden sei. Damit genügt dieser Vortrag im Hinblick auf das Bestreiten der Beklagten nicht den Anforderungen an einen schlüssigen Sachvortrag, weil er lediglich auf einer Vermutung des Klägers basiert. Daher ist auch der als Zeuge benannte Herr C zu diesen Umständen nicht zu befragen. Das Beweisangebot auf Seite 16 der Klageschrift kann nur dahin verstanden werden, dass Herr C als Zeuge nur für die Behauptung benannt ist, dass ihm selbst der Prospekt ausgehändigt worden sei.
3.
Für ein Herstellen der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland ist nichts ersichtlich. Die Beklagte hat ihre Betriebsstätte in Frankreich.
4.
Der neue Vortrag des Klägers in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 17.10.2011 und 26.10.2011 rechtfertigt nicht die Wiedereröffnung der Verhandlung. Die als Anlagen K 26 und K 27 vorgelegten Schreiben geben zu der Annahme Anlass, dass die Beklagte mit K über ein Angebot für Lieferungen von Elektrodenwechslern nach Brasilien verhandelte. Inwiefern tatsächlich konkrete Angebotshandlungen in der Bundesrepublik Deutschland stattfanden, ist nicht vorgetragen.
II.
Da der Hauptantrag keinen Erfolg hat, ist über den Hilfsantrag zu entscheiden. Dieser ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft aus §§ 8 Abs. 1, 9 S. 1 UWG, §§ 242, 259 BGB beziehungsweise § 826 BGB.
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche kann der Klägerin nicht mit Erfolg auf §§ 3, 4 Nr. 9 UWG stützen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland die angegriffene Ausführungsform angeboten hat. Zur Begründung wird auf die Ausführungen im vorhergehenden Abschnitt Bezug genommen. Gleiches gilt für Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schädigungshandlung in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte oder der Handlungserfolg beziehungsweise der Schaden hier eintrat.
Ob Ansprüche aufgrund von unlauterem oder sittenwidrigem Verhalten nach anderen Rechtsordnungen, insbesondere nach französischem Recht bestehen, war von der Kammer nicht zu prüfen. Der Kläger hat seinen Hilfsantrag ausdrücklich auf § 4 Nr. 9 UWG gestützt, dessen Anwendungsbereich auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt ist. Entsprechend ist der Hilfsantrag (etwa mit der Androhung von Zwangsmitteln) im Hinblick auf das deutsche (Zwangsvollstreckungs-)Recht formuliert. Ebenso ist die Beklagte in ihrer Duplik davon ausgegangen, dass der Kläger die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche allein auf Handlungen in der Bundesrepublik Deutschland stützen wolle, und hat darauf ausdrücklich hingewiesen. Dem ist der Kläger nicht weiter entgegengetreten. Er hat lediglich im Hinblick auf die von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung erklärt, den aus der identischen Nutzung seiner Vorlagen hergeleiteten Anspruch aus dem Wettbewerbsrecht nunmehr auch aus § 826 BGB herleiten zu wollen. An dem zugrunde liegenden Klagegrund hat sich insofern nichts geändert, andernfalls läge auch eine unzulässige alternative Klagehäufung vor.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
Gesamtstreitwert: 250.000,00 EUR
Davon entfallen auf den
Hauptantrag: 200.000,00 EUR
Hilfsantrag (§ 45 Abs. 1 GKG): 50.000,00 EUR