4a O 142/10 – Lärmschutzwand (Arbeitnehmererf.)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1710

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. August 2011, Az. 4a O 142/10

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten hinsichtlich der deutschen Patentanmeldungen DE 10 2006 061 XXX A1 und DE 10 2008 XXX 581 A1 in Anspruch.

Der Beklagte war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin, der A-Bau GmbH (nachfolgend „A“). Gemäß § 1 Abs. 3 des Geschäftsführervertrags war der Beklagte von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. In § 2 des Geschäftsführervertrags wurden die einzelnen Aufgaben des Beklagten festgehalten; unter anderem sollte ihm gemäß § 2 Abs. 1 die Leitung und Überwachung des Unternehmens im Ganzen obliegen. Nach § 3 e) des Geschäftsführervertrags bedurften der Abschluss, die Änderung und die Kündigung von Lizenzverträgen der ausdrücklichen Einwilligung der Gesellschafterversammlung. Gemäß § 4 Abs. 1 des Geschäftsführervertrags hatte der Beklagte der A seine ganze Arbeitskraft und seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen zur Verfügung zu stellen. § 4 ist mit „Dienstleistungen“ überschrieben. Hinsichtlich des genauen Wortlauts der Vereinbarung wird auf die Anlage 1 verwiesen. Der Beklagte erhielt für seine Dienste ein Festgehalt und wurde zudem prozentual am Gewinn beteiligt. Am 22.12.2006 meldete der Beklagte für die A ein Patent für eine Lärmschutzwand unter der Anmeldenummer DE 10 2006 061 XXX A1 beim DPMA an. Als Erfinder ist der Beklagte eingetragen. Am 14.05.2008 meldete der Beklagte, diesmal in eigenem Namen, ein weiteres Patent für eine Lärmschutzwand unter der Anmeldenummer DE 10 2008 XXX 581 A1 beim DPMA an. Auch hier wurde als Erfinder der Beklagte eingetragen. Bislang wurde noch keines der beiden Patente erteilt.

Unter dem 15.01.2007 schloss der Beklagte zwischen sich und der Klägerin, als deren Vertreter er zeichnete, hinsichtlich der Patentanmeldung DE 10 2006 061 XXX A1 eine Vereinbarung, nach welcher die Vergütung dafür geregelt werden sollte, dass die Klägerin die Erfindung des Beklagten nutzen darf und die Rechte an der Erfindung an die Klägerin übergehen. Dies sollte für die Klägerin für den Zeitraum der Beschäftigung des Beklagten kostenlos sein, danach sollte eine Lizenzgebühr an den Beklagten gezahlt werden, deren Höhe in dem Vertrag noch nicht festgehalten wurde. Hinsichtlich des genauen Wortlauts wird auf die Anlage 12 verwiesen.

Die Klägerin behauptet, beide Erfindungen seien nicht vom Beklagten, sondern von allen am Projekt beteiligten Mitarbeitern der Klägerin im Betrieb der Klägerin gemeinschaftlich entwickelt und bei der Klägerin produziert worden. Sie ist der Ansicht, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, technische Erneuerungen und Verbesserungen nur für die Klägerin zu verwerten und zu gebrauchen. Bereits aus dem Geschäftsführervertrag ergebe sich die Pflicht des Beklagten verpflichtet gewesen, seine gesamten Kenntnisse für die Gesellschaft einzubringen. Es habe zu seinem Aufgabenbereich gehört, Neuerungen zu entwickeln und zwar zum Wohl und im Interesse der Gesellschaft. Die Erfindungen seien keine überobligatorischen Leistungen des Beklagten, sondern von der Geschäftsführervergütung mit abgegolten. Die Vergütungsregelung vom 15.01.2007 sei wegen Kollusion unwirksam. Zudem habe der Abschluss der Vergütungsregelung vom 15.01.2007 gemäß § 3 e) des Geschäftsführervertrags der ausdrücklichen Einwilligung der Gesellschafterversammlung bedurft, welche unstreitig nicht eingeholt wurde.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, dass zu seinen Gunsten im Patentregister unter der Nummer DE 10 2008 XXX 581 A1 eingetragene Patent auf die Klägerin zu übertragen;

festzustellen, dass der Diensterfindungsvertrag / die Vergütungsregelung zwischen der Klägerin und dem Beklagten gemäß schriftlicher Vereinbarung vom 15.01.2007 unwirksam ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er sei der Erfinder beider streitgegenständlichen Erfindungen. Erst nach den Anmeldungen habe er die Mitarbeiter im Unternehmen der Klägerin mit der Erprobung des praktischen Einsatzes der patentierten Lärmschutzwand befasst und Probestücke erstellen lassen. Er ist der Ansicht, der Klägerin stünden an seinen Erfindungen keinerlei Rechte aus dem Geschäftsführervertrag zu. Er sei nach diesem Vertrag reiner Geschäftsführer gewesen. Verpflichtungen, für die A technische Neuerungen zu entwickeln, ergäben sich aus dem Vertrag nicht. Eigene Erfindungen lägen mit Rücksicht hierauf außerhalb des Bereichs der Geschäftsführerpflichten und seien dementsprechend gesondert zu vergüten. Als befreiter, alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer habe er so auch den Diensterfindungsvertrag vom 15.01.2007 wirksam für die A abschließen können. § 3 e) des Geschäftsführervertrags finde keine Anwendung, da es sich bei der Vereinbarung nicht um einen Lizenzvertrag, sondern um eine Vergütungsregelung handele. Wenn überhaupt sei er hinsichtlich des Klageantrags auf Übertragung des Patents nur Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung zur Rechteübertragung verpflichtet.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, weil der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche gegen den Beklagten nicht zustehen.

I.

Hinsichtlich des Klageantrags zu 3. (Übertragung der Rechte aus der Patentanmeldung) hat die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Übertragung der Rechte aus der Patentanmeldung darlegen können.

1.
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht bereits aus dem zwischen der A und dem Beklagten geschlossenen Geschäftsführervertrag. Eine solche Verpflichtung lässt sich insbesondere § 4 des Geschäftsführervertrags nicht entnehmen. Hiernach soll der Beklagte lediglich seine ganze Arbeitskraft und seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der A zur Verfügung stellen. Eine spezifisch auf Erfindungen gerichtete Vereinbarung ist hierin – wie im restlichen Vertrag – nicht enthalten. Erst recht ist in diese allgemeine Klausel keine Vereinbarung hineinzulesen, dass der Beklagte der Klägerin alle Rechte an etwaigen zukünftigen Erfindungen zu übertragen hat. Vielmehr ist die in § 4 der Geschäftsführervereinbarung enthaltene Regelung auf den allgemeinen Pflichtenbereich des Beklagten bezogen, welcher sich aus den §§ 1 und 2 des Geschäftsführervertrags ergibt. Aus diesen folgt, dass der Beklagte als Geschäftsführer die A allgemein vertreten und ihre Geschäfte führen sollte. Außerdem sollte er das Unternehmen als Ganzes leiten und überwachen. Hieraus folgt, dass der Beklagte die ganz allgemeinen Aufgaben eines Geschäftsführers erfüllen sollte. Dass er hingegen eine (leitende oder überwachende) Tätigkeit im Forschungs-, Entwicklungs- oder Konstruktionsbereich der Lärmschutzwände erfüllen sollte, ergibt sich aus dem Vertrag nicht. Auch hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass eine solche Tätigkeit überhaupt zum Pflichtenbereich des Beklagten bei der A gehörte.

2.
Ein Übertragungsanspruch ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus dem Arbeitnehmererfindergesetz, weil dieses auf den vorliegenden Fall keine Anwendung findet.

Nach § 1 ArbEG ist das die Zuordnung und Vergütung von arbeitnehmerseitigen Erfindungen behandelnde ArbEG lediglich auf Arbeitnehmer anwendbar. Insoweit liegt dem ArbEG der im Arbeitsrecht allgemein geltende Arbeitnehmerbegriff zugrunde: Organmitglieder juristischer Personen zählen mangels arbeitsrechtlicher Weisungsgebundenheit, auf Grund ihrer Repräsentantenstellung für den Arbeitgeber und damit häufig auftretender Interessenkollision mit der Arbeitnehmerschaft sowie wegen ihres bedeutenden Einflusses auf die Unternehmensgeschicke nicht zu den Arbeitnehmern im Sinne des ArbEG. Das ArbEG ist insofern weder unmittelbar, noch im Wege einer erweiternden Auslegung anwendbar (vgl. BGH, GRUR 1990, 193, 194 – Auto-Kindersitz; GRUR 1965, 302, 304 – Schellenreibungskupplung; OLG Düsseldorf, GRUR 2000, 49, 50 – Geschäftsführer-Erfindung; Bartenbach/Fock, Erfindungen von Organmitgliedern – Zuordnung und Vergütung, GRUR 2005, 384).

Die Geltung des ArbEG wurde von den Parteien auch nicht vertraglich vereinbart. Eine ausdrückliche Regelung diesbezüglich ist in dem Geschäftsführervertrag nicht enthalten und auch für eine konkludente Einbeziehung fehlt es an Anknüpfungspunkten, da – wie bereits erörtert – gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass technische Entwicklungsaufgaben zu dem Aufgabenfeld des Beklagten als Geschäftsführer der A zählten.

3.
Ein Anspruch auf Übertragung der Rechte aus der Patentanmeldung folgt zudem nicht aus § 667 BGB in entsprechender Anwendung. Zwar kommt eine Herausgabepflicht hiernach in Betracht, wenn die Erfindung überwiegend auf Mitteln, Erfahrungen und Vorarbeiten des Unternehmens beruht (OLG Düsseldorf, a.a.O. m.w.N.). Um von einer solchen Sachgrundlage auszugehen, fehlt es jedoch an Vortrag der Klägerin. Der pauschale Vortrag, die der Offenlegungsschrift zu dem angemeldeten Patent zugrundeliegende Erfindungen würden eine Gemeinschaftsentwicklung aller an dem Projekt beteiligten Mitarbeiter der Klägerin darstellen und die ersten Musterteile seien in dem Betrieb der Klägerin entwickelt und produziert worden, ist nicht ausreichend.

4.
Ein Vindikationsanspruch ergibt sich zuletzt nicht aus § 8 S. 1 PatG. Hiernach kann der Berechtigte, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet worden ist, von dem Patentsucher verlangen, dass ihm der Anspruch auf Erteilung des Patents abgetreten wird.

Die Klägerin konnte jedoch nicht darlegen, dass sie Berechtigte und der Beklagte Nichtberechtigter hinsichtlich der streitgegenständlichen Erfindung ist. Das Recht auf das Patent hat der Erfinder, § 6 S. 1 PatG. Dass der Beklagte, entgegen seinem eigenen Sachvortrag, nicht Erfinder ist, hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt. Der pauschale Vortrag, die Erfindung sei eine Gemeinschaftsentwicklung, ist hierfür nicht ausreichend, weil sich hieraus nicht ergibt, wer an der Erfindung beteiligt gewesen sein soll und was die Beiträge der einzelnen Mitwirkenden waren. Zudem lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen, dass die Erfindung von den einzelnen Mitwirkenden auf sie übergegangen ist, etwa, weil die Klägerin diese als Diensterfindung gegenüber den an ihr Beteiligten wirksam in Anspruch genommen hätte.

II.

Die Klägerin hat zudem keinen Anspruch auf Feststellung, dass der Diensterfindervertrag / die Vergütungsregelung zwischen der Klägerin und dem Beklagten gemäß schriftlicher Vereinbarung vom 15.01.2007 unwirksam ist.

1.
Die Unwirksamkeit der Vereinbarung ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin insbesondere nicht aufgrund Kollusion. Als der Beklagte den Vertrag am 15.01.2007 für sich selbst und in Vertretung der Klägerin schloss, war er noch Geschäftsführer der Klägerin und gemäß des Geschäftsführervertrags von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, § 1 Abs. 3 des Geschäftsführervertrags. Er durfte daher grundsätzlich im Namen der Klägerin einen Vertrag mit sich selbst abschließen.

Hieran war der Beklagte auch nicht aufgrund § 3 e) des Geschäftsführervertrags gehindert, weil der Diensterfindervertrag / die Vergütungsregelung keinen Lizenzvertrag im Sinne des § 3 e) darstellt. Der Beklagte hat die streitgegenständliche Erfindung unter dem Aktenzeichen DE 10 2006 061 XXX A1 ausweislich der Patentanmeldung für die A Bau GmbH & Co. KG angemeldet. Diese wird bei Erteilung des Patents mithin Inhaberin des Patents im Sinne des § 9 PatG und ist damit allein befugt, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen, § 9 S. 1 PatG. Der Erteilung einer Lizenz von dem Beklagten an die Klägerin bedurfte es daher nicht und eine solche ist auch nicht Sinn des Vertrags. Vielmehr soll nach dem Vertrag die Erfindervergütung geregelt werden.

2.
Bei Abschluss des Diensterfindervertrags hat der Beklagte auch nicht treuwidrig entgegen den Interessen der Gesellschaft gehandelt. Wie bereits erörtert stehen der Klägerin Rechte an der Erfindung nicht per se zu. Damit die Klägerin die Erfindung des Beklagten nutzen kann, was erkennbar im Interesse der Klägerin liegt, da dies das von ihr verfolgte Klageziel darstellt, bedarf es daher der Einigung hinsichtlich der Vergütung. Da die angegriffene Vereinbarung eine Vergütung der Höhe nach nicht festgelegt hat, kann auch eine etwaige Unwirksamkeit aufgrund einer unangemessenen Höhe der Vergütung nicht angenommen werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: 50.000,00 €