4a O 88/12 – Rechtswidrige Schutzrechtsverwarnung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2186

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. Februar 2014, Az. 4a O 88/12

I. Das Versäumnisurteil der Kammer vom 10.09.2013 wird aufrechterhalten.

II. Den Beklagten werden als Gesamtschuldnern die weiteren Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Nebenintervention auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,– EUR vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

TATBESTAND:

Die Klägerin ist ein in Zeven ansässiger Baustoffzulieferer, dessen Geschäftsbetrieb im Kern vielfältige Dachbaustoffe umfasst. Ein Teil der Tätigkeit ist auf die Herstellung und den Vertrieb von unterschiedlichen Metallprofilen und Formteilen aus Kunststoff gerichtet. Dazu gehören aus Kunststoff gefertigte Lichtplatten und zugehörige Verbindungsprofile. Zu den Kunden der Klägerin gehören einzelne Baustoffhändler ebenso wie Einkaufsgemeinschaften, Kooperationen von Händlern und ähnliche Zusammenschlüsse.

Bestandteil der Produktpalette der Klägerin ist ein Verbindungsprofil für transparente Trapez- und Wellplatten, das unter der Bezeichnung „Neue Welle“ seit 2007 vertrieben wird. Es handelt sich um ein Verbindungsprofil für einschalige Lichtplatten. Mit Hilfe dieses Profils können derartige Lichtplatten nebeneinander verlegt werden, ohne dass sie überlappen. Die Metallausführung wird durch die Klägerin selbst hergestellt. Hersteller der Kunststoffausführung ist das in A ansässige Unternehmen B, welches das Profil ausschließlich an die Klägerin liefert, die es sodann an ihre Kunden veräußert.

Das Profil wurde 2006 von Herrn Bernd C zusammen mit dem Beklagten zu 2) sowie Herrn Dr. Dr. D aus E und Herrn Günter F aus G entwickelt. Daraus ging das deutsche Gebrauchsmuster 20 2006 001 XXX (nachfolgend: Gebrauchsmuster) hervor, das am 07.02.2006 angemeldet und dessen Eintragung am 14.06.2006 veröffentlicht wurde. Eingetragene Inhaber waren und sind der Beklagte zu 2) sowie Herr Dr. Dr. D, Herr F und Herr C. Das Gebrauchsmuster steht in Kraft. Herr C übertrug mit Erklärung vom 21.11.2010, hinsichtlich deren vollständigen Inhalts auf die Anlage K 7 verwiesen wird, seine Rechte an dem Gebrauchsmuster auf die Herrn Dr. Dr. D, Herrn F und Herrn C. Diese übertrugen ihre Rechte an dem Gebrauchsmuster vollumfänglich auf die Beklagte zu 1), ohne dass dies im Gebrauchsmusterregister eingetragen wurde.

Schutzanspruch 1 des Gebrauchsmusters ist wie folgt formuliert:

„System zur Abdeckung der Verschmutzungsbereiche der Lichtbahnen und Lichtplatten aus Kunststoff, gekennzeichnet dadurch, dass halbsinusförmige bzw. kegelstumpfförmige, nicht durchsichtige dünne Abdeckprofile mit Hilfe handelsüblicher Abstandhalter unter den schmutzgefährdeten Überlappungsbereichen der Lichtbahnen bzw. Lichtplatten verschraubt werden, wobei zwischen den Abstandhaltern eine zusätzliche Verklebung oder Klettung erfolgen kann bzw. bei starker Ausbildung der Abdeckprofile diese gleichzeitig als Abdeckung und Abstandshalterung durch Verschraubung mit den Lichtbahnen bzw. Lichtplatten fungieren können, im weiteren Sinne auch nicht durchsichtige Klebe- und Klettfolien sowie durch Malerrollen aufgebrachte Farbanstriche als Schmutzbereichs-Abdeckung angewandt werden können und die halbsinus- und kegelstumpfförmigen Abdeckprofile bei Nichtüberlappung der Lichtbahnen bzw. Lichtplatten unter dem Stoß der Lichtbahnen bzw. Lichtplatten mit Hilfe der Abstandshalter oder auch ohne diese befestigt werden.“

Darüber hinaus meldeten die Rechteinhaber am Gebrauchsmuster in Bezug auf die Erfindung am 07.02.2007 ein europäisches Patent an (EP 1 984 XXX A1), dessen Ansprüche zunächst denen des Gebrauchsmusters entsprachen. Nachdem das Europäische Patentamt die eingereichten Ansprüche wegen fehlender Neuheit und Klarheit als nicht schutzfähig angesehen hatte, reichte der Beklagte zu 2) zusammen mit Herrn Dr. Dr. D, Herrn F sowie Herrn C neue Ansprüche ein. Da die dritte Jahresgebühr sodann nicht mehr bezahlt wurde, gilt die europäische Patentanmeldung als zurückgenommen.

Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um ein am 15.01.2010 gegründetes Unternehmen. Der Geschäftsgegenstand ist auf die Patententwicklung und -vermarktung gerichtet. Gesetzliche Vertreter der Beklagten zu 1) sind die Beklagten zu 2) und 3).

Am 25.01.2012 übersandte der ehemalige Prozessbevollmächtigte der Beklagten, Rechtsanwalt W, an Abnehmer der Klägerin im Namen der Beklagten zu 1) ein Schreiben an die H-I GmbH, in welchem er mitteilte, die Beklagte zu 1) sei Inhaberin des Gebrauchsmusters. Er forderte unter Fristsetzung auf, mitzuteilen, warum die H-I GmbH zur Nutzung des Gebrauchsmusters berechtigt sei. Sollten keine Rechtfertigungsgründe vorliegen, sollte die H-I GmbH die beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgeben. Hinsichtlich des vollständigen Inhalts dieses Schreibens wird auf die Anlage K 20 Bezug genommen.

Entsprechende Schreiben gingen an die Klägerin sowie mehrere hundert ihrer Kunden. Zudem wiederholte die Beklagte zu 1) ihre Forderungen auch ausdrücklich gegenüber Abnehmern, die auf die Herkunft der Gegenstände aus dem Unternehmen der Klägerin hingewiesen haben.

Als Reaktion auf diese Schreiben wälzten die Kunden der Klägerin die Verantwortung auf die Klägerin ab. Auch Verbände und Einkaufskooperationen äußerten sich entsprechend gegenüber der Klägerin. Zudem gab es auch Empfehlungen an Mitglieder, zunächst den Bezug der streitgegenständlichen Profile von der Klägerin einzustellen.

Nach Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den durch die Beklagten versandten Schreiben um eine rechtswidrige Schutzrechtsverwarnung. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte zu 1) im Gebrauchsmusterregister nicht als Gebrauchsmusterinhaberin eingetragen sei. Zudem liege auch eine Zustimmung dazu vor, dass die streitgegenständlichen Profile von der Klägerin hergestellt, angeboten und in Verkehr gebracht würden. Diese Zustimmung sei bereits 2007 in der Weise erteilt worden, dass eine Vereinbarung über die Vermarktung getroffen worden sei, an der neben den Gebrauchsmusterinhabern insbesondere die Klägerin und die Herstellerin der Profile, die Firma B, beteiligt gewesen seien. Die Vermarktung sei – unstreitig – zunächst derart erfolgt, dass die Firma B die Gegenstände an Herrn C verkauft habe und dieser sodann an die Klägerin und Dritte verkauft habe. Nach einiger Zeit sei das System in Übereinstimmung mit allen Gebrauchsmusterinhabern in der Weise umgestaltet worden, dass die Firma B unmittelbar die Kunststoffprofile an die Klägerin veräußert und eine Provision an Herrn C entrichtet habe. Diese Provisionen seien sodann wiederum zwischen allen Gebrauchsmusterinhabern und weiteren Personen aufgeteilt worden. Damit seien etwaige Rechte der Gebrauchsmusterinhaber und demnach auch der Beklagten zu 1) erschöpft. Schließlich bestünden auch erhebliche Bedenken im Hinblick auf die Rechtsbeständigkeit des Gebrauchsmusters, da einem parallelen Patent mit Blick auf Stand der Technik wegen fehlender Neuheit die Schutzfähigkeit durch das Europäische Patentamt versagt worden sei.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.01.2012 mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1) erfolglos ab.

Die Klägerin erwirkte daher bei der Kammer eine einstweilige Verfügung mit dem aus der Anlage K 1 im Einzelnen ersichtlichen Inhalt. Da die Beklagten gleichwohl keine Abschlusserklärung abgaben, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.05.2013 Klage erhoben. Mit Versäumnisurteil vom 10.09.2013 sind die Beklagten gemäß dem nachfolgend wiedergegebenen Tenor verurteilt worden:

I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen Direktoren der Beklagten zu 1) zu vollziehen ist, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf die Herstellung, das Anbieten und das Inverkehrbringen des Verbindungsprofils „Neue Welle“ der Klägerin gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber Abnehmern der Klägerin zu behaupten, das Verbindungsprofil verletze das deutsche Gebrauchsmuster DE 20 2006 001 XXX der Beklagten zu 1,

nach Maßgabe des nachstehend eingeblendeten Schreibens,

II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. genannten Handlungen begangen haben, unter Angabe sämtlicher Namen und Anschriften der Empfänger der Abmahnung und der Zeitpunkte, zu denen die Abmahnungen versandt wurden.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. genannten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

IV. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.323,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2012 zu zahlen.

V. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.816,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.02.2012 zu zahlen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Hiergegen haben die Beklagten Einspruch eingelegt und beantragen,

das Versäumnisurteil der Kammer vom 10.09.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil der Kammer vom 10.09.2013 aufrechtzuerhalten.

Die Streitverkündete hat sich dem mit dem zusätzlichen Antrag angeschlossen, den Beklagten auch die Kosten der Nebenintervention gesamtschuldnerisch aufzuerlegen.

Die Beklagten meinen, es sei unerheblich, ob die Beklagte zu 1) im Gebrauchsmusterregister eingetragen sei, da die Eintragung lediglich deklaratorisch sei. Tatsächliche Inhaberin des Gebrauchsmusters sei jedoch die Beklagte zu 1). Neben Herrn C hätten auch die beiden Mitinhaber des Gebrauchsmusters, Herr Dr. Dr. Reiner D und Herr Günter F ebenso wie der Beklagte zu 2), ihre Rechte unwiderruflich und vollumfänglich auf die Beklagte zu 1) übertragen.

Die Beklagten behaupten, weder die im Register eingetragenen Gebrauchsmusterinhaber, noch die Beklagte zu 1) hätten ihre Zustimmung zur Herstellung und zum Verkauf der streitgegenständlichen Profile an die Klägerin erteilt. Unter den ursprünglichen Rechteinhabern sei einzig abgesprochen worden, dass die Vermarktung in der Weise habe erfolgen sollen, dass die Firma B die Gegenstände der Gruppe herstellen solle. Diese wiederum solle den Weiterverkauf an die Klägerin und andere vornehmen. Diese Aktivitäten hätten durch Herrn C abgewickelt werden sollen, wobei die Rechteinhaber diese Verfahrensweise niemals geändert hätten. Herr C habe die übrigen Rechte-Mitinhaber über die Änderung der Vermarktungsstrategie nicht informiert.

Auch gehe der Hinweis auf den fehlenden Rechtsbestand des Gebrauchsmusters ins Leere. Die Klägerin nehme auf einen vorläufigen Bescheid des Europäischen Patentamtes Bezug. Zu diesem Bescheid hätten die Beklagten jedoch umfassend Stellung genommen und die Bedenken hinsichtlich der Schutzfähigkeit ausgeräumt und die Schutzansprüche neu gefasst. Zu einer bestandskräftigen Entscheidung über die Schutzfähigkeit des beantragten europäischen Patents sei es wegen Nichtzahlung der dritten Jahresgebühr und der dadurch fingierten Rücknahme der Anmeldung nicht mehr gekommen. Die damaligen Antragsteller hätten sich aus ökonomischen Gründen entschlossen, es bei der Gebrauchsmusteranmeldung zu belassen.

Soweit die Klägerin behaupte, die Abmahnung enthalte weder eine Bezeichnung des verletzten Gebrauchsmuster noch die Art der Verletzung, übersehe sie, dass das Gebrauchsmuster sehr wohl bezeichnet werde, indem sowohl die Registriernummer genannt, als auch die Beschreibung „Verbindungsprofil zur Abdeckung der Verschmutzungsbereiche von Lichtplatten aus Kunststoff“ bzw. die Bezeichnung „Neue Welle“ verwendet werde. Zudem sei auch die Verletzungsart genannt, denn den potentiellen Verletzern werde vorgehalten, möglicherweise nicht berechtigt zu sein, das geschützte Produkt zu bewerben oder zu vertreiben.

Indem die Kammer von der Beklagten demgegenüber im vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren verlangt habe, darauf hinzuweisen, dass es sich bei einem Gebrauchsmuster um ein ungeprüftes Schutzrecht handele, werde der effektive Rechtschutz dadurch faktisch konterkariert.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

In Ergänzung dieses Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der zulässige Einspruch bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Versäumnisurteil der Kammer vom 10.09.2013 war aufrechtzuerhalten, weil die auf Grundlage des Einspruchs zu treffende Entscheidung mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt (§ 343 S. 1 ZPO).

Die zulässige Klage ist begründet. Das durch die Beklagte zu 1) versandte Schreiben stellt eine rechtswidrige Schutzrechtsverwarnung dar, so dass der Klägerin ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1004 BGB analog wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zusteht.

I.
Das durch die Beklagte zu 1) versandte anwaltliche Schreiben stellt eine Schutzrechtsverwarnung und keine bloße Berechtigungsanfrage dar.

Eine Verwarnung aus einem Patent oder Gebrauchsmuster ist ein an eine bestimmte Person oder an einen bestimmbaren Personenkreis gerichtetes ernsthaftes und endgültiges Verlangen, eine bestimmte als Patent- oder Gebrauchsmusterverletzung beanstandete Handlung zu unterlassen (vgl. Benkard/Scharen, Patentgesetz, 10. Auflage, Vor §§ 9 bis 14 PatG, Rz. 14 m. w. N.). Demgegenüber liegt eine bloße Berechtigungsanfrage vor, wenn der Patent- oder Gebrauchsmusterinhaber – wenn auch nachdrücklich – nur zur Stellungnahme über die Schutzrechtslage auffordert oder anfragt, aus welchen Gründen sich der Adressat zur Benutzung für berechtigt hält (vgl. Schulte/Kühnen, Patentgesetz, 8. Auflage, § 139 Rz. 190).

Davon ausgehend handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Schreiben um eine Schutzrechtsverwarnung. Zwar fordert die Beklagte zu 1) darin zunächst auf, mitzuteilen, warum der jeweilige Adressat meint, das Gebrauchsmuster nicht beachten zu müssen, was für sich betrachtet eine bloße Berechtigungsanfrage darstellen würde. Jedoch belässt es die Beklagte zu 1) dabei nicht. Vielmehr fordert sie zugleich für den Fall, dass keine Rechtfertigungsgründe für eine Benutzung des Gebrauchsmusters vorliegen sollten, nachdrücklich die Abgabe der dem Schreiben beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, so dass das Schreiben bei einer Gesamtbetrachtung seines Inhalts keine bloße Aufforderung zum Meinungsaustausch, sondern bereits eine nachdrückliche Aufforderung, die Benutzung des Gebrauchsmusters zu unterlassen, darstellt.

II.
Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Schutzrechtsverwarnung auch rechtswidrig.

1.
Die Rechtswidrigkeit ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte zu 1) darin von den jeweiligen Adressaten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung wegen einer Verletzung des Gebrauchsmusters verlangt, ohne dass sie dazu berechtigt ist.

Es kann dahinstehen, ob die Beklagte zu 1), wie die Beklagten behaupten, tatsächlich materiell-rechtlich Inhaberin des Gebrauchsmusters ist. Selbst wenn dies der Fall ist, steht der Beklagten zu 1) mangels Eintragung im Gebrauchsmusterregister nicht das Recht zu, aus dem Gebrauchsmuster gegen Dritte vorzugehen. Gemäß § 8 Abs. 4 S. 2 GebrMG bleibt der frühere Rechtsinhaber nach Maßgabe des Gebrauchsmustergesetzes berechtigt und verpflichtet, solange die Änderung nicht im Gebrauchsmustergesetz eingetragen ist. Das Gebrauchsmusterregister weist den Eingetragenen somit dem Patentamt und Dritten gegenüber als Inhaber des Gebrauchsmusters aus und ermächtigt zur Geltendmachung der Rechte aus dem Schutzrecht (vgl. Benkard/Goebel, Patentgesetz, 10. Auflage, § 8 GebrMG, Rz. 17; RGZ 67, 176).

2.
Überdies hat die Beklagte zu 1) in dem streitgegenständlichen Schreiben auch nicht darauf hingewiesen, dass es sich bei einem Gebrauchsmuster um ein ungeprüftes Schutzrecht handelt.

Es kann dahinstehen, ob ein derartiger Hinweis bei jeder Abmahnung aus einem Gebrauchsmuster erforderlich ist. Denn jedenfalls bedarf es einer solchen Mitteilung dann, wenn – wie hier – im Zeitpunkt der Versendung des streitgegenständlichen Schreibens in Bezug auf eine parallele europäische Patentanmeldung, die EP 1 984 XXX A1, eine Stellungnahme der Internationalen Recherchebehörde existierte, nach welcher die Ansprüche 1 und 2 der europäischen Patentanmeldung mangels Neuheit nicht schutzfähig sind und der Beklagte zu 2) zusammen mit Herrn Dr. Dr. D, Herrn F und Herrn C in dem parallelen Patenterteilungsverfahren geänderte Ansprüche eingereicht hat, die nicht mit den eingetragenen Schutzansprüchen des Gebrauchsmusters übereinstimmen. Ein entsprechender Hinweis war dabei umso mehr geboten, als der Prüfungsmaßstab in Bezug auf die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit zumindest im Hinblick auf druckschriftlichen Stand der Technik identisch ist (BGH NJW 2006, 3208 – Demonstrationsschrank).

3.
Des Weiteren ist die Abmahnung auch deshalb rechtswidrig, weil die Klägerin darin den Gegenstand des Schutzrechts nicht hinreichend erläutert und den Verletzungsvorwurf nicht näher begründet.

Zwar nennt die Beklagte zu 1) in ihrer Abmahnung die Nummer, den Titel des Gebrauchsmusters sowie die Bezeichnung „Neue Welle“ und stellt zugleich dar, dass sie sich gegen die Werbung und den Vertrieb wendet.

Jedoch muss bei einer Schutzrechtsverletzung der Verletzungstatbestand genau gekennzeichnet und der Schutzbereich richtig und vollständig wiedergegeben werden (vgl. Pitz, Patentverletzungsverfahren, 2. Auflage, Rn. 81, Unterstreichung hinzugefügt).

Dem genügt die streitgegenständliche Abmahnung, der auch keine Gebrauchsmusterschrift beigefügt war, nicht. Denn das Gebrauchsmuster schützt ein durch zahlreiche Merkmale gekennzeichnetes System zur Abdeckung der Verschmutzungsbereiche von Lichtbahnen und Lichtplatten aus Kunststoff, so dass die bloße Wiedergabe des Titels des Gebrauchsmusters zur vollständigen Wiedergabe des Schutzbereichs des Gebrauchsmusters nicht ausreichen kann.

4.
Neben der Beklagten zu 1) haben auch die Beklagten zu 2) und zu 3) für die unerlaubte Handlung einzustehen, weil sie kraft ihrer Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im geschäftlichen Verkehr zu bestimmen haben.

III. 1.
Des Weiteren haben die Beklagten der Klägerin gemäß § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatz zu leisten, das sie die unerlaubte Handlung bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätten erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt.

2.
Schließlich steht der Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten aus § 823 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. aus §§ 683 S. 1, 670 BGB zu. Die geltend gemachten Forderungen sind auch unstreitig angemessen, wobei sich die Klägerin bezüglich des Gegenstandswertes an der Streitwertfestsetzung im einstweiligen Verfügungsverfahren orientiert hat.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 u. S. 3 ZPO.

Der Streitwert wird auf 250.000,– EUR festgesetzt.