Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. März 2002, Az. 4a O 224/01
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken über die unter der Bezeichnung Dallipak F 40 vertriebenen Maschinen sinngemäß zu behaupten oder zu verbreiten, dass diese die europäischen Patente 0 414 849 oder 0 427 834 der Beklagten verletzen, insbesondere wenn dies wie im nachfolgend wiedergegebenen Schreiben geschieht:
2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang und gegenüber wem sie die zu 1. bezeichneten Handlungen begangen hat.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von Maschinen unter anderem zur Herstellung von Verpackungsmaterial.
Die Beklagte ist Inhaberin der europäischen Patente 0 414 849 und 0 427 834, die ein flexibles, stoßdämpfendes Füllmaterialerzeugnis zur Verwendung als Verpackungs- oder Einpackmaterial betreffen. Unter dem 10. Oktober 2000 erhob die Beklagte unter anderem gegen die Klägerin ohne vorherige Abmahnung Klage wegen behaupteter Patentverletzung durch das Anbieten und Liefern eines Papierpolstersystems, welches die Klägerin unter der Bezeichnung „D3xxxxxx F 40“ vertrieb. In einem vorbereitenden Schriftsatz vom 10. Januar 2001 teilte die Klägerin mit, dass sie, die Klägerin, die Klageforderung anerkennen werde; im Übrigen erteilte sie die Auskunft, dass sie, die Klägerin, ingesamt fünf Papierpolstermaschinen „D3xxxxxx F 40“ käuflich erworben habe, von denen sie eine während der in N1xxxxxx in der Zeit vom 4. bis zum 6. Oktober 2000 stattfindenden Messe „Fachpack 2000“ an die S3xx M1x E1xxxxxxxx GmbH verkauft habe (Anlage B 2). Die Klägerin erklärte im frühen ersten Verhandungstermin am 11. Januar 2001 das sofortige Anerkenntnis hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungs- und Rechnungslegungsanspruchs sowie hinsichtlich des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht für die Zeit seit dem 9. Mai 1997 bzw. 22. Oktober 1993. Daraufhin erging unter dem selben Datum ein entsprechendes Anerkenntnis-Teilurteil (Anlage K 1). Mit Schreiben vom 5. Februar 2001 erteilte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Auskunft, dass keine „der übrigen vier Maschinen“ unter Verstoß gegen das Anerkenntnis-Teilurteil in der Bundesrepublik Deutschland gewerbsmäßig angeboten oder geliefert worden seien und sie, die Klägerin, auch keine Maschine in der Bundesrepublik Deutschland bereit halte, die von den Merkmalen des Patentanspruchs Gebrauch mache (Anlage K 2).
Mit Schreiben vom 28. Februar 2001 teilte die S3xx M1x E1xxxxxxxx GmbH der Klägerin mit, dass sich ein Mitarbeiter der Beklagten bei ihnen gemeldet habe und Ansprüche an der „Maschine F 40“ und das verwendete Papier angemeldet habe; nach Rücksprache mit ihren Patentanwälten werde jedwede Zahlung zunächst ausgesetzt, da auch sie, die S3xx M1x E1xxxxxxxx GmbH, mit Schadensersatz-Forderungen und Lizenzabgaben rechnen müsse (Anlage K 4).
Mit Schreiben vom 9. März 2001 wandte sich die Beklagte an die L2xxx AG in Ruhstorff und teilte dieser mit, dass sie Inhaberin der europäischen Patente 0 414 849 und 0 427 834 sei, die sie in Kopie dem Schreiben zur Information beifüge.
Unter dem 3. April 2001 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte diese ergebnislos zur Abgabe einer Unterlassungs-Verpflichtungserklärung auf (Anlage K 5).
Die Klägerin macht geltend, in dem Schreiben vom 9. März 2001 liege eine unzulässige Schutzrechtsverwarnung. Die bei der L2xxx AG stehende Maschine „D3xxxxxx F 40“ sei umgerüstet worden, so dass eine Verletzung der Patente der Beklagten ausgeschlossen sei. Die Umrüstung sei bereits alsbald nach Zustellung der Klage erfolgt. Das habe die Beklagte pflichtwidrig nicht überprüft.
Die Klägerin beantragt,
sinngemäß zu erkennen wie geschehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte macht insbesondere geltend, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform des zwischen den Parteien geführten Verletzungsverfahrens um eine Maschine ebenfalls mit der Bezeichnung „D3xxxxxx F 40“ gehandelt habe, und dieser Gegenstand sei von der Klägerin im Verletzungsverfahren auch als einheitlicher dargestellt worden. Die von der Klägerin betriebene Werbung habe sich ebenfalls nur auf einen bestimmten Systemtyp bezogen. Sie, die Beklagte, habe keinen Anlass gehabt, nicht zu glauben, dass die – unstreitig – bereits am 13./14. 2.2001 in den Räumen der L2xxx AG installierte Maschine „D3xxxxxx F 40“ mit dem Verletzungsgegenstand nicht identisch sei. Erst mit dem an sie, die Beklagte, gerichteten Schreiben vom 12. März 2001 der L2xxx AG sei eine Umrüstung, die eine Verletzung ihrer, der Beklagten, Schutzrechte ausschließen soll, geltend gemacht worden. Eine derartige Umrüstung, für die die Klägerin die Beweislast trage, werde mit Nichtwissen bestritten, insbesondere sei eine solche nicht vor dem 9. März 2001 erfolgt. In dem Schreiben vom 9. März 2001 liege jedenfalls eine zulässige Berechtigungsanfrage und keine Schutzrechtsverwarnung. Insoweit fehle es an einem ernsthaften und endgültigen Unterlassungsbegehren sowie an der Androhung gerichtlicher Schritte. Daran fehle es auch gegenüber der S3xx M1x E2xxxxxxxx GmbH.
Die Beklagte wurde im Verhandlungstermin vom 5. Februar 2002 darauf hingewiesen, dass sie den von ihr im angegriffenen Schreiben vom 9. März 2001 erhobenen Verletzungsvorwurf darzulegen und zu beweisen hat.
Wegen des weiteren Sachvortrags beider Parteien wird auf die wechselseitig zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Feststellung der Schadensersatzpflicht zu.
1.
Die Beklagte verstößt gegen die guten wettbewerblichen Sitten (§ 1 UWG), wenn sie gegenüber Geschäftspartnern der Klägerin pauschal behauptet, sie – die Beklagte – habe die Klägerin aus Gründen der Patentverletzung durch die Maschine „D3xxxxxx F 40“ in Anspruch genommen und die bei dem Empfänger dieser Erklärung aufgestellte Maschine „D3xxxxxx F 40“ verletze ebenfalls ihre Patente. Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dem entsprechenden Schreiben vom 9. März 2001 nicht um eine bloße Berechtigungsanfrage.
Eine Verwarnung ist ein an eine bestimmte Person gerichtetes ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsbegehren. Dementsprechend setzt die Abmahnung neben der konkreten Mitteilung des Schutzrechts und der Verletzungshandlung auch die Aufforderung voraus, die konkret zu beschreibende Verletzungshandlung künftig zu unterlassen, wobei dem Verwarnten auch kenntlich zu machen ist, dass der Verwarnende ansonsten gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen wird, d.h. die Fortsetzung der beanstandeten Verletzungshandlung nicht weiter hinnehmen oder dulden werde (vgl. LG Düsseldorf, Entsch. 1997, 49 – NetCom, m.w.N.; Urteil vom 11. Januar 2001, 4 O 125/00, S. 5). Von der Abnehmerverwarnung zu unterscheiden ist der bloße Hinweis auf die Schutzrechtsinhaberschaft im Sinne einer Berechtigungsanfrage. Mit der Berechtigungsanfrage wird der Handlungsspielraum eines Gewerbetreibenden nicht eingeschränkt, sondern allenfalls das Vorfeld einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung betreten. Um eine Berechtigungsanfrage handelt es sich auch dann noch, wenn sie mit einer ausdrücklichen Aufforderung zur Stellungnahme verbunden ist (vgl. BGH, GRUR 1979, 332, 334 – Brombeerleuchte; GRUR 1997, 896, 897 – Mecki-Igel III; OLG München, GRUR 1970, 46 – Fertigplatten; Benkard/Bruchhausen, PatG/GebrMG, 9. Auflage 1993, Vor §§ 9 – 14 PatG Rdnr. 13 m.w.N.; Busse, PatG, 5. Auflage 1999, § 139 Rdnr. 231 f.).
Vorliegend handelt es sich nach diesen Maßstäben nicht um eine bloße Berechtigungsanfrage, sondern um eine Abnehmerverwarnung. Die Beklagte weist in dem Schreiben vom 9. März 2001 die L2xxx AG, die eine Abnehmerin der Klägerin ist, darauf hin, dass sie – die Beklagte – Inhaberin der europäischen Patente 0 414 849 und 0 427 834 sei, wegen deren Verletzung durch die Maschine „D3xxxxxx F 40“ sie die Klägerin gerichtlich in Anspruch genommen habe, und führt im Weiteren aus, dass sie – die Beklagte – davon Kenntnis erlangt habe, dass die Adressatin des Schreibens ebenfalls eine Maschine mit der Bezeichnung „D3xxxxxx F 40“ in ihrem Unternehmen installiert habe und betreibe. Diese Maschine wird in dem Schreiben ausdrücklich als „patentverletzende Maschine“ bezeichnet und die Adressatin des Schreiben zur „unverzüglichen Einstellung ihrer Benutzung“ aufgefordert. Darin liegt ein endgültiges und ernsthaftes Unterlassungsbegehren.
Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte nicht auch die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung fordert und für den Fall des Ausbleibens der geforderten Erklärung mit der Einleitung gerichtlicher Schritte gegen die Adressatin des Schreibens droht, sondern die Adressatin im Weiteren zur Stellungnahme auffordert. Diese Aufforderung eröffnet der Adressatin des Schreibens im Hinblick auf das endgültige Unterlassungsbegehren nicht die Möglichkeit, sich zum Vorwurf einer etwaigen Patentverletzung zu äußern. Für den Adressaten des Schreibens entsteht dadurch der Eindruck einer unmittelbar drohenden Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen. Von einem objektiven Erklärungsempfänger kann die in Rede stehende Äußerung unter diesen Umständen nicht als eine bloße Aufforderung zu einem vorbereitenden Meinungsaustausch über die Schutzrechtslage verstanden werden. Denn davon, dass die Beklagte mit der L2xxx AG zunächst in eine Diskussion über die Frage einer etwaigen Patentverletzung eintreten wolle, ist in dem gesamten Schreiben keine Rede. In ihrem Schreiben behauptet die Beklagte – wie bereits ausgeführt – vielmehr unmissverständlich, die Klägerin begehe eine Patentverletzung, wegen derer die Beklagte sie in Anspruch nehme, und auch die L2xxx AG betreibe eine patentverletzende Maschine.
Hierin liegt ein nach § 1 UWG unzulässiger Patenthinweis an eine Geschäftspartnerin der Klägerin, den die Klägerin in dieser Form nicht hinnehmen muss.
Zwar ist selbst eine Verwarnung, mit welcher der Patentinhaber oder sein Lizenznehmer der Verletzung seines Patents entgegenwirkt, als solche grundsätzlich nicht zu beanstanden. Dem Inhaber eines Schutzrechts kann es nämlich nicht verwehrt sein, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die der Abwehr von (drohenden) Eingriffen in sein Recht dienen. Dazu gehört etwa auch der Hinweis, gewillt zu sein, zur Durchsetzung des Rechts gerichtlichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Es ist das gute Recht des Schutzrechtsinhabers, Dritte – auch in Bezug auf deren eigene Interessen – vor den Folgen der Verletzung eines Patents zu warnen (vgl. BGHZ 62, 29, 32 f. – Maschenfester Strumpf; BGH, GRUR 1995, 424, 425 – Abnehmerverwarnung; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Auflage, § 1 UWG Rdnr. 237; Benkard/Bruchhausen, a.a.O.). Dies gilt selbst hinsichtlich der Verwarnung von Abnehmern patentverletzender Gegenstände, die sich durch deren gewerbliche Nutzungen selbst einer Patentverletzung schuldig machen können (§ 9 PatG). Die wettbewerbsrechtlichen Grundsätze, welche es verbieten können, die Produkte eines Mitbewerbers mit den eigenen zu vergleichen, stehen danach der Zulässigkeit einer Schutzrechtsverwarnung auch von gewerblichen Abnehmern nicht entgegen, wenn Schutzrechtsverletzungen zu besorgen sind und wenn der Hinweis den Umständen nach angemessen und zur Abwehr erforderlich ist (BGH, GRUR 1968, 382, 385 – Favorit II; GRUR 1995, 424, 425 – Abnehmerverwarnung). Als ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht gemäß § 1 UWG oder – je nach Sachlage – als ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Verwarnten gemäß § 823 Abs. 1 BGB kann eine derartige Verwarnung aber zu beanstanden sein, wenn sie sich mangels eines besonderen Rechts als unbegründet oder wenn sie sich ungeachtet der Frage, ob ein Eingriff in ein bestandskräftiges Schutzrecht gegeben oder zu befürchten ist, ihrem sonstigen Inhalt oder ihrer Form nach als unzulässig erweist (vgl. BGHZ 62, 29, 32 f – Maschenfester Strumpf; BGH, GRUR 1979, 332, 333 – Brombeerleuchte; GRUR 1995, 424, 425 – Abnehmerverwarnung; OLG Düsseldorf, Mitt. 1996, 61 – Patenthinweise an potentielle Abnehmer; LG Düsseldorf, Entscheidungen 1996, 57, 58 – Textilbespannung für Feuchtreinigungsgerät; Benkard/Bruchhausen, a.a.O.). Dann kann die Schutzrechtsverwarnung eine unzulässige Behinderung desjenigen sein, von dem die Abnehmer die als patentverletzend angegriffenen Gegenstände bezogen haben. Derartige Hinweise dürfen sich nicht auf allgemeine und pauschale Ausführungen beschränken (vgl. OLG Düsseldorf, Mitt. 1996, 60 – Patenthinweise an potentielle Abnehmer). Dem Adressaten muss vielmehr konkret aufgezeigt werden, worin die angebliche Patentverletzung liegt; er muss in die Lage versetzt werden, sich selbst ein Bild vom Vorliegen einer Verletzung des konkret zu bezeichnenden Patents zu machen. Eine zulässige Verwarnung bzw. ein zulässiger Patenthinweis muss deshalb den Gegenstand und den Schutzbereich des Patentes richtig und vollständig beschreiben; außerdem ist diejenige Ausgestaltung, aus der der Verwarnende bzw. Hinweisende die Patentverletzung ableitet, so genau zu bezeichnen, dass der Verwarnte bzw. Hinweisempfänger prüfen kann, welche Maßnahmen er zur Befolgung der Verwarnung bzw. des Hinweises zu ergreifen hat (vgl. auch Benkard/Bruchhausen, a.a.O.). Dazu gehört auch eine solche Beschreibung des angeblich patentverletzenden Gegenstandes, dass der Verwarnte bzw. Hinweisempfänger ihn ohne weiteres von anderen gleichartigen Gegenständen unterscheiden kann, die nicht in den Schutzbereich des Patents fallen. Das ist in aller Regel schon deshalb erforderlich, weil der Kunde in der Regel über die genaue Ausgestaltung und den Aufbau einer angebotenen Vorrichtung nicht oder nur unzureichend informiert sein wird und der Abnehmer vielfach geneigt sein wird, Auseinandersetzungen mit dem Patentinhaber zu vermeiden und von einem Bezug der angegriffenen Gegenstände abzusehen (vgl. OLG Düsseldorf, Mitt. 1996, 60, 61 – Patenthinweise an potentielle Abnehmer). Notwendig ist die nachvollziehbare und eindeutige Charakterisierung des als patentverletzend angegriffenen Gegenstandes aber auch deshalb, weil der Verwarnende/Hinweisende stets damit rechnen muss, dass der angegriffene Gegenstand inzwischen durch eine Ausweichlösung ersetzt worden ist, die von den einzelnen Merkmalen des Patentes keinen Gebrauch mehr macht und/oder der angebliche Patentverletzer noch andere Ausführungsformen vertreibt, die von den einzelnen Merkmalen des Patentes keinen Gebrauch machen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.6.1997 – 2 U 104/96, Umdr. S. 14).
Diesen strengen Anforderungen wird das beanstandete, an einen Abnehmer der Klägerin gerichtete Schreiben vom 9. März 2001 nicht gerecht. Der Inhalt ihrer, nach Ansicht der Beklagten verletzten Schutzrechte wird der Abnehmer nicht näher erläutert. Vielmehr wurden die beiden europäischen Patente der Beklagten, auf die sich bezieht, lediglich in der Anlage unkommentiert mitübersandt. Die angegriffene Maschine wird nur anhand ihrer Verkaufsbezeichnung identifiziert, aber nicht näher beschrieben. Die Verletzung der Schutzrechte anhand der einzelnen Bestandteile der Maschine wird dem Abnehmer nicht weiter erklärt. Der pauschale Hinweis auf ein für die Beklagte günstiges Anerkenntnisurteil kann diese Erläuterungen nicht ersetzen. Ob der angegriffene Gegenstand inzwischen durch eine Ausweichlösung ersetzt worden ist, die von den einzelnen Merkmalen des Patentes keinen Gebrauch mehr macht und/oder der angebliche Patentverletzer noch andere Ausführungsformen vertreibt, die von den einzelnen Merkmalen des Patentes keinen Gebrauch machen, konnte die L2xxx AG allein anhand der Maschinenbezeichnung „D3xxxxxx F 40“ nicht beurteilen.
Im Übrigen ist das angegriffene Schreiben auch materiell zu beanstanden. Denn die Beklagte hat nicht schlüssig dargetan, dass die bei der Adressatin des angegriffenen Schreibens aufgestellte Maschine mit der Bezeichnung „D3xxxxxx F 40“ tatsächlich ihre Schutzrechte verletzt. Die Klägerin hat insoweit behauptet, die Maschine mit der Bezeichnung „D3xxxxxx F 40“ vor ihrer Auslieferung an die L2xxx AG derart umgerüstet zu haben, dass sie nicht in den Schutzbereich der europäischen Patente der Beklagten fällt. Der Beklagten hätte es daher oblegen, substantiiert und unter Beweisantritt zu einer Patentverletzung der betreffenden Maschine vorzutragen. Wie die Kammer bereits in der mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2002 ausgeführt hat, trifft aber insoweit die Beklagte – entgegen ihrer Ansicht – die Darlegungs- und Beweislast. Denn grundsätzlich trägt derjenige, der sich auf eine Patentverletzung beruft, für die dieser Frage zugrundeliegenden Tatsachen die Darlegungs- und Beweislast. Auch die Beweislast dafür, dass eine Warnung berechtigt ist, weil eine Patentverletzung vorliege, trifft den Verwarnenden (vgl. RGZ 141, 336, 241; RG, GRUR 1936, 100, 102; Benkard/Bruchhausen, a.a.o., Vor §§ 9 – 14 Rdnr. 23). Eine Ausnahme hiervon kommt nur dann in Betracht, wenn streitig ist, ob eine bestimmte Maschine das Patent verletzt, der Verwarnte aber durch frühere Patentverletzungen dringend verdächtig ist, auch bei der streitigen Maschine das Patent verletzt zu haben. Erforderlich ist insoweit aber, dass hinreichende Tatsachen den Verdacht einer Patentverletzung so nahe legen, dass ausnahmsweise eine Beweislastumkehr gerechtfertigt ist (vgl. RG, GRUR 1936, 100, 103). Solche Tatsachen hat die Beklagte hier nicht vorgetragen. Allein aus dem Umstand, dass die Maschine, die sich bei der Adressatin des angegriffenen Schreibens befindet, dieselbe Typenbezeichnung führt wie die im Verletzungsrechtsstreit angegriffene Ausführungsform, kann angesichts des sofortigen Anerkenntnisses der Klägerin den Verdacht einer Patentverletzung nicht nahe legen. Denn mit der Abgabe eines sofortigen Anerkenntnisses hat die Klägerin zu erkennen gegeben, dass sie sich zum Vertrieb der im Verletzungsrechtsstreit angegriffenen Ausführungsform nicht berechtigt ansieht. Sie hat auch eine entsprechende Auskunft gegenüber der Beklagten erteilt.
2.
Da die Beklagte den guten wettbewerblichen Sitten zuwider gehandelt hat, hat sie es künftig zu unterlassen, gegenüber Geschäftspartnern der Klägerin ohne hinreichende Darlegungen zu behaupten, sie habe die Beklagte aus Gründen der Patentverletzung in Anspruch genommen und die Maschine mit der Bezeichnung „D3xxxxxx F 40“ sei patentverletzend, § 1 UWG. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Gefahr, dass sich in Zukunft weitere derartige Wettbewerbsverstöße wiederholen werden, ergibt sich daraus, dass die Beklagte diese Behauptung im geschäftlichen Verkehr gegenüber einem Geschäftspartner der Klägerin aufgestellt hat. Der bereits begangene Wettbewerbsverstoß indiziert die Wiederholungsgefahr.
Die Beklagte hat der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten, § 1 UWG. Denn als im geschäftlichen Verkehr tätiges Fachunternehmen hätte die Beklagte ihr wettbewerbswidriges Handeln bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Die Beklagte konnte sich nicht ohne eigene Prüfung darauf verlassen, dass die Klägerin die von ihr im Januar 2001 als patentverletzend anerkannten Maschinen unverändert in ihrem Geschäftsbetrieb weiter vertreibt. Dass die Maschinenbezeichnung nicht geändert wurde, konnte die Beklagte nicht von eigener Prüfung abhalten, weil diese aus Gründen der bereits erfolgten Bewerbung unter der betreffenden Bezeichnung beibehalten werden konnte. Daraus lässt sich nicht der allgemeine Schluss ziehen, dass es keine Weiterentwicklung gegeben hat.
Der Betroffene einer unberechtigten Verwarnung kann als Schaden diejenige Vermögenseinbuße ersetzt verlangen, die auf den Umständen beruht, welche die Wettbewerbswidrigkeit der Verwarnung begründen (vgl. BGH, GRUR 1995, 424, 426 – Abnehmerverwarnung). Da nach den obigen Ausführungen unter Ziffer 1. davon auszugehen ist, dass das angegriffene Schreiben auch materiell unbegründet ist, weil die Beklagte zu einer Patentverletzung durch die bei der Adressatin aufgestellte Maschine nicht substantiiert vorgetragen hat, kann die Klägerin neben dem Schaden, der ihr infolge des wettbewerbswidrigen Verhaltens etwa zu deren Beseitigung entstanden ist, auch den Schaden ersetzt verlangen, der ihr infolge rückläufiger oder unterbliebener Bestellungen verwarnter Abnehmer oder Interessenten entstanden ist oder entstehen wird.
Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die wettbewerbswidrige Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der Wettbewerbsverstöße ohne ihr Verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
Außerdem ist die Beklagte zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.
Der Streitwert beträgt 50.000,00 €.
Dr. G3xxxxxxx F1xxxx Dr. B1xxx