4a O 119/13 – Mindestlizenzgebühr

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2333

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. Oktober 2014, Az. 4a O 119/13

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

TATBESTAND

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Lizenzgebühren und die Zahlung von Kosten für die Aufrechterhaltung von Schutzrechten.

Die Klägerin schloss mit der A B C GmbH einen Lizenzvertrag „Recloseable Can“ (Konsolidierte Fassung) mit Datum vom 15.08./20.07.2006 (im Folgenden: Lizenzvertrag). Dieser ersetzte den zwischen den Parteien bestehenden Vertrag vom 26.07.2002, wegen dessen Inhalts auf die Anlage K 2 verwiesen wird.

In dem Lizenzvertrag, der die internationale Patentanmeldung mit der Anmeldnummer PCT/EP2001/002XXX zum Inhalt hat, heißt es u.a. wörtlich:
„…
§ 1 Lizenzgegenstand
Der Ausdruck “Lizenzgegenstand“ umfaßt jeglichen Gegenstand, der unter mindestens einen Anspruch der vorstehenden Schutzrechte fällt, jedoch auf Dosendeckel mit Drehschieber auf dem Gebiet der Getränkedosen beschränkt ist, und zwar aus Weißblech und Aluminium oder Kunststoff in verschiedenen Größen, die Erfrischungsgetränke, Bier, Mineralwasser, Fruchtsaft-Milch-Yoghurt und Kaffeegetränke sowie alkoholische Mixgetränke einschließen, jedoch nicht darauf beschränkt sind. Lizensiert sind auch Dosendeckel mit Drehschieber aufgrund von technischer Weiterentwicklung des Lizenzgegenstandes.

§ 2 Art der Lizenz
(1) Der Lizenzgeber erteilt dem Lizenznehmer eine weltweite, ausschließliche Lizenz für die Herstellung, den Gebrauch und den Vertrieb des Lizenzgegenstandes.
(2) Im Falle, dass der Lizenznehmer einschließlich seiner Unterlizenznehmer in den Jahren 2009 und 2010 nicht eine Milliarde Stück oder mehr pro Kalenderjahr herstellt, wandelt sich die ausschließliche Lizenz automatisch in eine nicht-ausschließliche Lizenz für die folgenden Vertragsjahre, es sei denn, der Lizenznehmer gleicht die Differenz zwischen 100.000 Euro und den tatsächlich fälligen Stücklizenzen für die produzierten Behälterdeckel finanziell im Rahmen der Zahlungen gemäß § 8 (1) oder (2) aus („Ausgleichszahlung“).
(3) Im Falle, dass der Lizenznehmer einschließlich seiner Unterlizenznehmer in den Jahren 2011 und 2012 nicht 1,5 Milliarden Stück oder mehr pro Kalenderjahr herstellt, wandelt sich die ausschließliche Lizenz automatisch in eine nicht-ausschließliche Lizenz, es sei denn der Lizenznehmer gleicht. die Differenz zwischen 150.000 Euro und den tatsächlich fälligen Stücklizenzen für die produzierten Behälterdeckel finanziell im Rahmen derZah1ungen gemäß § 8 (1) oder (2) aus („Ausgleichszahlung“)
(4) Im Falle, dass der Lizenznehmer einschließlich seiner Unterlizenznehmer ab dem Jahre 2013 nicht zwei Milliarden Stück oder mehr pro Kalenderjahr herstellt, wandelt sich die ausschließliche Lizenz automatisch in eine nicht ausschließliche Lizenz, es sei denn der Lizenznehmer gleicht die Differenz zwischen 200.000 Euro und den tatsächlich fälligen Stücklizenzen für die produzierten Behälterdeckel finanziell im Rahmen der Zahlungen gemäß § 8 (1) und (2) aus („Ausgleichszahlung“)
(5) Die in § 2 (2), (3) und (4) beschriebenen Ausgleichszahlungen werden als Vorabstücklizenz qualifiziert und können vom Lizenznehmer gemäß § 8 (4) gegen tatsächlich fällig werdende Stücklizenzen verrechnet werden. Ein Kündigungsrecht des Lizenzgebers aufgrund einer Produktion von weniger als der in § 2 (2), (3) und (4) bestimmten Mindeststückzahl pro Kalenderjahr besteht nicht. Sofern sich die ausschließliche Lizenz in eine nicht-ausschließliche Lizenz umwandelt, bleiben sämtliche anderen Regelungen des Vertrages bestehen.

§ 6 Lizenzgebühr
(1) Der Lizenznehmer hat bereits ein Abschlußentgelt in Höhe von EUR 25.000,-, nach Unterzeichnung des Vertrages sowie zwei weitere Zahlungen in Höhe von EUR 50.000,- im Jahre 2003 und EUR 40.000,- im Jahre 2004 an den Lizenzgeber geleistet.
(2) Aufgrund des verzögerten Termins der Einsatzfähigkeit hat der Lizenznehmer weiterhin an den Lizenzgeber jeweils EUR 12.500,- Euro im 3. und 4. Kalenderquartal 2005 bezahlt. Diese Zahlungen können wie die Vorabstücklizenzen gemäß § 8 Abs. 4 verrechnet werden.
(3) Weiterhin wird eine Stücklizenz pro 1000 Einheiten des Dosendeckels mit Drehschieber wie folgt vereinbart:
10,0 Eurocent für 1000 Behälterdeckel, die vom Lizenznehmer oder einer seiner Zweigfirmen hergestellt und die für vom Lizenznehmer oder einer der Zweigfirmen erzeugten Behälter verwendet werden, oder an Drittfirmen geliefert werden;
12,5 Eurocent für 1000 Behälterdeckel, die von lizensierten Drittfirmen erzeugt werden.
Dies entspricht 50% der von den Drittfirmen an den Lizenznehmer zu zahlenden Lizenzgebühren. Im Fall, dass die von den Drittfirmen zu zahlenden Lizenzgebühren ansteigen oder abnehmen, ändert sich die an den Lizenznehmer zu zahlende Lizenzgebühr in gleichem Maße, liegt jedoch nicht unter 10 Eurocent für 1000 Behälterdeckel.

§ 8 Abrechnung und Zahlung
(1) Der Lizenznehmer wird für sich und seine Unterlizenznehmer vor dem 31. Dezember jeden Jahres eine Vorplanung der herzustellenden Einheiten in dem nächsten Kalenderjahr vorlegen. Die Vorplanung kann für das laufende Jahr aktualisiert werden, wenn notwendig. Basierend auf diesen Vorplanungen wird für ein Jahr der Lizenznehmer an den Lizenzgeber innerhalb sechs Wochen von dem Ende des jeweiligen Kalendervierteljahres die diesem Vierteljahr zuzuordnende Lizenzgebühr zahlen. Sollte die quartärlich fällige Lizenzgebühr 12.500 Euro unterschreiten, ist die A B C GmbH berechtigt, die Differenz als Vorabstücklizenz zu vergüten.
(2) Am Ende jeden Jahres wird der Lizenznehmer eine endgültige Abrechnung liefern, welche die tatsächliche Anzahl der in dem ganzen Jahr erzeugten Einheiten enthält. Bei der endgültigen Zahlung werden die während der ersten drei Quartale erfolgten Zahlungen berücksichtigt. Der Lizenzgeber wird Zahlungen, welche die endgültig errechnete Zahlung für die tatsächliche Anzahl der in dem ganzen Jahr produzierten Einheiten übersteigt, an den Lizenznehmer zurückzahlen. Sollte die endgültig errechnete Zahlung für die tatsächliche Anzahl der in dem ganzen Jahr produzierten Einheiten die jeweils geltenden Mindeststückzahlen unterschreiten, ist die A B C GmbH berechtigt die Differenz als Vorabstücklizenz zu vergüten, soweit dies noch nicht über die quartärlichen Zahlungen erfolgt ist.

§ 17 Vertragsdauer
(1) Der Vertrag tritt mit seiner Unterzeichnung durch beide Parteien in Kraft.
(2) Der Vertrag endet nach Ablauf des letzten lizensierten Patents.

§ 18 Kündigung
(1) Bei Vertragsverletzung steht beiden Parteien ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu, das binnen drei Monaten ausgeübt werden muß.
(2) Hinsichtlich des Lizenzgebers sind wichtige Gründe hierfür zum Beispiel die Nichteinhaltung des Lizenzbereiches durch den Lizenznehmer, die Nichteinhaltung der Rechnungslegungs- und Zahlungsfristen für die Lizenzgebühren, die Insolvenz des Lizenznehmers sowie die Einreichung einer Nichtigkeitsklage des Lizenznehmers gegen eines der Vertragsschutzrechte.
(3) Für den Lizenznehmer sind wichtige Kündigungsgründe zum Beispiel die Nichtigerklärung des Schutzrechtes und die wirtschaftliche Unmöglichkeit des Absatzes der lizensierten Produkte.
(4) Im Falle, dass der Lizenznehmer einschließlich seiner Unterlizenznehmer in den Jahren 2006, 2007 und 2008 keine 500 Millionen Stück oder mehr pro Kalenderjahr herstellt, hat der Lizenzgeber das Recht, den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zu kündigen, es sei denn der Lizenznehmer gleicht die Differenz zwischen 50.000 Euro und den tatsächlich fälligen Stücklizenzen für die produzierten Behälterdeckel finanziell im Rahmen der Zahlungen gemäß § 8 (1) oder (2) des Lizenzvertrages aus.

Diese Ausgleichszahlungen werden als Vorabstücklizenz qualifiziert und können von dem Lizenznehmer gemäß § 8 (4) gegen tatsächlich fällig werdende Stücklizenzen verrechnet werden.

Zur Vermeidung von eventuellen Unklarheiten halten die Parteien übereinstimmend fest, dass ein Kündigungsrecht des Lizenzgebers ab dem Jahre 2009, für den Fall, dass Mindestmengen nicht erreicht werden, nicht mehr besteht. Es gelten dann Bestimmungen § 2 (2), (3), (4) und (5)

§ 23 Formvorschriften
(1) Dieser Vertrag stellt die vollständige und ausschließliche Vereinbarung der Parteien hinsichtlich des Vertragsgegenstandes dar; er ersetzt den zwischen den Parteien geschlossenen Lizenzvertrag vom 26.07.2002 sowie den 1. Änderungszusatz vom 09.09.2003 und den 2.Änderungszusatz vom 14.12.2005, sowie die Einverständniserklärung vom 18. 12.2003.
(2) Es wurden keine Nebenabreden getroffen. Änderungen des Vertrages bedürfen der Schriftform.“

Wegen des weiteren Inhalts des Vertrages wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 07.03.2011 sinngemäß mit, sie werde von ihrem Recht Vorabstücklizenzen zu bezahlen, keinen Gebrauch mehr machen. Es sei ihr bewusst, dass die ursprüngliche exklusive Lizenz hierdurch zu einer nicht-exklusiven Lizenz werde. Sie bezahlte die zum 15.02.2011 fällige Rechnung der Klägerin nicht. Auch weitere Zahlungen leistete die Beklagte nicht.

Mit Schreiben vom „29.06.2011“ kündigte die Beklagte den Lizenzvertrag fristlos aus wichtigem Grund, hilfsweise ordentlich zum 31.12.2012. Wegen des Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf die Anlage K 5 Bezug genommen.

Die Klägerin verklagte zunächst die A B C GmbH. Mit Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 26.07.2013 übertrug die A B C GmbH das Technical Center Bonn als Gesamtheit im Wege der Abspaltung zur Aufnahme auf die A B C Holding GmbH & Co. KG als übernehmenden Rechtsträger, der nunmehrigen Beklagten. Der Lizenzvertrag war dem Technical Center Bonn zugeordnet. Die Abspaltung wurde am 16.08.2013 in das Register der Beklagten eingetragen.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Aufrechterhaltungsgebühren für das Jahr 2013 für die im Anhang des Lizenzvertrages aufgeführten Länder für das Europäische Patent 1 265 XXX, insgesamt einen Betrag in Höhe von 5.412,45 EUR. Es handelt sich um Kosten der Bevollmächtigten der Klägerin. Sie verlangt zudem pro Quartal 12.500,- als Mindestbetrag an Lizenzgebühren.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei weiterhin verpflichtet, pro Quartal 12.500,- EUR zu zahlen. Dieser Betrag stelle einen Mindestbetrag dar, den die Parteien als „Grundsicherung“ bezeichneten. Dieser Betrag sei insbesondere im Hinblick auf die Aufrechterhaltungskosten für die Klägerin notwendig. Die sog. Grundsicherung ergebe sich aus § 8 Abs. 1 des Lizenzvertrages. Eine von der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Lizenzvertrages aus wichtigem Grunde wegen wirtschaftlicher Unmöglichkeit der Verwertung sei nicht einschlägig, da die Klägerin zu der Firma D Kontakt aufgenommen habe, es aber zu einer Besichtigung der Produkte bei der Beklagten nicht gekommen sei, da Verhandlungen über die Übernahme der vertragsgegenständlichen Patente zwischen der Klägerin und der A B C GmbH gescheitert seien. Eine Machbarkeitsstudie hätte gezeigt, dass die Produkte marktfähig seien.

Zwei ursprüngliche gestellte Feststellungsanträge hat die Klägerin zurückgenommen. Die Klägerin beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen,

an die Klägerin 175.000,00 Euro nebst 8 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz
aus 12.500,00 Euro seit dem 1. April 2011,
aus 25.000,00 Euro seit dem 1. Juli 2011,
aus 37.500,00 Euro seit dem 1. Oktober 2011
aus 50.000,00 Euro seit dem 1. Januar 2012,
aus 62.500,00 Euro seit dem 1. April 2012,
aus 75.000,00 Euro seit dem 1. Juli 2012,
aus 87.500,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012,
aus 100.000,00 Euro seit dem 1. Januar 2013,
aus 112.500,00 Euro seit dem 1. April 2013,
aus 125.000,00 Euro seit dem 1. Juli 2013,
aus 137.500,00 Euro seit dem 1. Oktober 2013
aus 150.000,00 Euro seit dem 1. Januar 2014
aus 162.500,00 Euro seit dem 1. April 2014
aus 175.000,00 Euro seit dem 1. Juli 2014
zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 5.412,45 Euro nebst 8 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15.07.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, eine „Grundsicherung“ sei nicht vereinbart gewesen. Dies geben weder die Regelung des § 8 Abs. 1 des Lizenzvertrages noch die sonstigen Regelungen her. Sie habe den Lizenzvertrag aus wichtigem Grunde gekündigt. Grund hierfür sei eine wirtschaftliche Unmöglichkeit des Absatzes der lizenzierten Produkte. Eine Einsatzfähigkeit des lizenzierten Produkts sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Lizenzvertrages nicht gegeben gewesen, da das Grundkonzept der Klägerin mit einer Reihe von Schwächen behaftet gewesen sei. Die Klägerin habe die Kündigung auch bestätigt. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Aufrechterhaltung des Europäischen Patents sei nicht nachvollziehbar dargelegt worden.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen inhaltlich Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zulässige Klage hat – soweit noch über sie zu entscheiden war – keinen Erfolg.

I.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein vertraglicher Anspruch auf die sog. Grundsicherung in Höhe von 12.000,- EUR pro Quartal zu, § 241 Abs. 1 BGB. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, aus § 8 Abs. 1 S. 4 des Lizenzvertrages ergebe sich die „Grundsicherung“, überzeugt dies nicht.

1.
Willenserklärungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, mit dem für die Auslegung maßgeblichen Umständen vertrauter objektiver Beobachter, sie versteht (BGH, NJW 2011, 1434, 1435; 1990, 1656, 1658). Maßgeblich ist somit in erster Linie der gewählte Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille (BGH, NJW 1993, 721, 722). Zwar steht fehlendes Erklärungsbewusstsein der Annahme einer Willenserklärung auch dann nicht entgegen, wenn diese aus einem schlüssigen Verhalten gefolgert wird. Es reicht vielmehr aus, wenn der Erklärende fahrlässig nicht erkannt hat, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst werden konnte, und wenn der Empfänger es tatsächlich auch so verstanden hat (BGH, NJW 2002, 3629 Rz. 14, zitiert nach juris).

2.
Unter Anwendung dieser Grundsätze kann vorliegend aus den Umständen des Einzelfalles nicht der Schluss gezogen werden, dass die Parteien eine Mindestlizenzgebühr in Höhe von 12.500,- EUR vereinbart haben.

a)
Bereits dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 des Lizenzvertrages ist eine solche „Grundsicherung“ nicht zu entnehmen. Dieser verhält sich ausdrücklich nicht über eine Mindestgebühr. § 8 Abs. 1 S. 4 des Lizenzvertrages drückt lediglich aus, dass im Falle einer fälligen Lizenzgebühr von 12.500,- EUR die Beklagte berechtigt ist, die Differenz als Vorabstücklizenz zu vergüten. Eine allgemeine Grundlizenz in Höhe von 12.500,- EUR kann dem bei objektiver Betrachtung nicht entnommen werden. Nicht nur, dass sich diese Regelung in dem Paragrafen 8 über „Abrechnung und Zahlung“ befindet und nicht etwa in Paragrafen 6 „Lizenzgebühr“, sondern auch der Sinnzusammenhang bietet keine Grundlage für das klägerische Verständnis. Denn diese Regelung steht im Zusammenhang mit § 18 Abs. 4 des Lizenzvertrages, wonach der Klägerin als Lizenznehmer ein Kündigungsrecht für die Jahre bis 2008 zustand, sollte die Höhe der jährlichen Lizenzzahlung 50.000.- EUR unterschreiten. Dies entspricht einer quartärlichen Lizenz in Höhe von 12.500,- EUR.

Bei verständiger Würdigung bemisst sich die Vergütung und damit die wirtschaftliche Absicherung der Klägerin nach der Herstellungs- bzw. Absatzmenge der vertraglichen Produkte. Neben den Einmalzahlungen nach § 6 Abs. 1 und 2 des Lizenzvertrages schuldet die Beklagte entsprechend der Regelung des § 6 Abs. 3 eine Stücklizenz pro 1000 Einheiten des Dosendeckels mit Drehschieber. Die Abrechnung selbst erfolgt entsprechend der tatsächlich hergestellten Menge (§ 8 Abs. 2 des Lizenzvertrages). Diese Regelungen werden durch die Regelungen des § 2 des Lizenzvertrages ergänzt. Sollte nicht eine Mindestherstellungsmenge pro Kalenderjahr erreicht werden, so wandelt sich die exklusive Lizenz in eine nicht exklusive Lizenz um. Wirtschaftlicher Hintergrund dessen ist, dass dem Interesse der Klägerin an einer wirtschaftlichen Nutzung des Vertragsschutzrechte genüge getan wird. Indem eine Mindestherstellungsmenge seitens des Lizenznehmers erreicht wird, wird die Klägerin entsprechend der vertraglichen Vereinbarung vergütet. Wird die Mindestherstellungsmenge pro Kalenderjahr nicht erreicht, so hat der Lizenznehmer die Möglichkeit, die Differenz zwischen einem pro Jahr festgeschriebenen Betrag und den tatsächlich fälligen Stücklizenzen für die produzierten Behälterdeckel auszugleichen (Vorabstücklizenz). Anderenfalls verliert der Lizenznehmer seine Exklusivstellung und der Klägerin steht die Möglichkeit zu, Dritten eine Lizenz zur wirtschaftlichen Nutzung zu erteilen.

b)
Ein Auslegungsergebnis, wie es die Klägerin annimmt, kann ohne stichhaltige Anhaltspunkte im Lizenzvertrag selbst oder sonstiger Begleitumstände nicht angenommen werden, denn im Zweifel ist der Auslegung eines Vertrags Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen und widerspruchsfreien und den Interessen beider Parteien gerecht werdenden Ergebnis führt (BGH, NJW-RR 2006, 338). Solche stichhaltigen Anhaltspunkte hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Ein Hinweis auf eine sog. Grundsicherung findet sich in dem Lizenzvertrag nicht. Vielmehr kommt es bei verständiger Würdigung des gesamten Inhalts des Vertrages auf die tatsächlich hergestellte Gesamtmenge der vertragsgemäßen Produkte an, wie es sich bereits aus § 8 Abs. 2 des Lizenzvertrages ergibt. Die vertragliche Monopolstellung der Beklagten an dem Vertragsgegenstand ist allerdings nur dann gewährleistet, wenn eine bestimmte Herstellungsmenge und damit eine bestimmte Lizenzgebühr pro 1000 Einheiten erreicht wird. Anderenfalls besteht für die Klägerin die Möglichkeit, weitere Lizenzen an Dritte zu vergeben, damit diese den Vertragsgegenstand nutzen können. Auch § 18 Abs. 4 des Lizenzvertrages spricht gegen die Annahme einer „Grundsicherung“. Diese Regelung sieht vor, dass wenn der Schwellenwert der tatsächlich hergestellten Vertragsprodukte in den Jahren 2006 – 2008 nicht erreicht wird und der Lizenznehmer nicht die Differenz zu einem Betrag von 50.000,- EUR pro Jahr ausgleicht, dem Lizenznehmer ein Kündigungsrecht zusteht. Eine solche Regelung wäre überflüssig, wenn es eine „Grundsicherung“ in Höhe von 50.000,- EUR pro Kalenderjahr gebe.

Auch das von der Klägerin für ihre Auffassung herangezogene eigene Schreiben vom 12.09.2005, welches im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung an die A B C GmbH versendet wurde, stützt ihr Verständnis nicht. Ersichtlich wird in diesem Schreiben zwar eine Vorabstücklizenz in Höhe von 12.500,- EUR wegen verzögerter Einsatzfähigkeit angesprochen, eine solche Regelung findet sich in § 6 Abs. 2 des Lizenzvertrages wieder. Das Schreiben dient mithin nicht dazu, der Regelung des § 8 Abs. 1 S. 4 den von der Klägerin gewünschten Inhalt beizumessen.

Ferner können auch dem Vorgängervertrag aus dem Jahr 2002 keine Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass die Parteien einvernehmlich von einer sog. Grundsicherung ausgegangen wären, die es galt, für die hiesige, streitgegenständliche Vertragsfassung beizubehalten.

Dass sich im Nachhinein eine Regelung für eine Partei als wirtschaftlich unvorteilhaft erweist, führt schließlich nicht dazu, dass durch eine ergänzende Vertragsauslegung ein Widerspruch zum ursprünglichen Vertragsinhalt begründet werden dürfte (vgl. BGH, NJW 1995, 1212, 1213). Das klägerische Verständnis des § 8 Abs. 1 S. 4 des Lizenzvertrages würde auf ein anderes Verständnis der Regelung hinauslaufen und letztendlich zu einer vertraglichen Nebenabrede führen. Hiergegen spricht bereits § 23 Abs. 1 des Lizenzvertrages, wonach der Vertrag die vollständige und ausschließliche Vereinbarung der Parteien enthält.

II.
Der Klägerin steht auch kein vertraglicher Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 5.412,45 EUR zu. Der Lizenzvertrag wurde außerordentlich gekündigt.

1.
Dem Grunde nach steht der Klägerin gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Erstattung von Aufrechterhaltungskosten gemäß § 12 Abs. 2 in Verbindung mit der Aufzählung der Schutzrechtsländer im Anhang zustehen. Ausweislich der Ziffer III. des Anhangs ist die Beklagte verpflichtet, die Kosten der Erlangung und der Aufrechterhaltung für einzeln aufgeführte Länder für das Jahr 2013 zu zahlen.
2.
Die Beklagte hat den Lizenzvertrag indes mit Schreiben vom „29.06.2011“, richtigerweise 29.06.2012, außerordentlich gemäß § 18 Abs. 3 gekündigt.

Nach dieser Regelung stand der Beklagten ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Danach konnte die Beklagte außerordentlich kündigen, wenn eine wirtschaftliche Unmöglichkeit des Absatzes der lizenzierten Produkte vorlag. Dies ist vorliegend der Fall.

Von einer wirtschaftlichen Unmöglichkeit ist dann auszugehen, wenn es aus wirtschaftlichen Gründen unternehmerisch nicht angezeigt ist, ein Produkt im Markt abzusetzen. Die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, dass aufgrund der komplexen Konstruktion, des Korrosionsrisikos, des fehlerhaften Wiederverschließungszustandes, des Risikos des mikrobiologischen Wachstums der Vertragsgegenstände eine wirtschaftliche Verwertung nicht möglich gewesen ist. Ferner trägt die Beklagte vor, dass weder Sorftdrinkhersteller noch Hersteller alkoholischer Getränke Interesse an dem Produkt gezeigt hätten.

Soweit die Klägerin auf eine von der Beklagten bestrittene Machbarkeitsstudie Bezug nimmt, reicht dieser Vortrag nicht aus, um den qualifizierten Tatsachenvortrag der Beklagten hinreichend zu bestreiten. Der Vortrag der Klägerin erschöpft sich in allgemeinen Ausführungen. Der Hinweis auf eine Telefonnotiz vom 23.03.2010, wonach die technische Machbarkeitsstudie erfolgreich verlaufen sei, ändert hieran nichts. Weiteres trägt die Klägerin zu dem lizenzierten Produkt nicht vor. Vielmehr hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen, sie habe über zwei Millionen Euro in die Produktentwicklung investiert, ohne dass sich eine wirtschaftlich sinnvolle Absatzmöglichkeit im Markt gezeigt hätte. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, sie habe – auch nach mehreren Jahren – eine Absatzmöglichkeit über Lizenznehmer gefunden.

Auch der Hinweis auf die mögliche Gesprächsmöglichkeit mit der Firma D reicht für ein qualifiziertes Bestreiten nicht aus. Die Klägerin trägt nicht vor, was sich aus dem möglichen Gespräch hätte ergeben können. Ein Gespräch mit einem Interessenten an sich reicht nicht aus, um darzulegen, es habe keine Unmöglichkeit der wirtschaftlichen Verwertung gegeben.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: bis zum 16.09.2014 287.000,- EUR, danach 180.412,45 EUR.