Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 16. Oktober 2014, Az. 4a O 116/13
I.
Der Beklagte wird verurteilt,
1. es zu unterlassen, gegenüber der Firma A zu behaupten oder durch Dritte behaupten zu lassen, dass die mit der Registernummer DE 402013001XXX.4 für den Kläger geschützte Handyhülle, wie nachfolgend abgebildet:
ein patent- oder geschmacksmusterverletzender Artikel sei.
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer I. 1. wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.379,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.10.2013 zu zahlen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits, mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts angefallen sind; diese trägt der Kläger.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
TATBESTAND
Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Unterlassung von Äußerungen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten.
Der Kläger ist eingetragener Inhaber des Designrechts (vormaliges Geschmacksmuster) mit der Registernummer 402013001XXX. Dieses Schutzrecht gewährt Schutz für das Design einer Handyhülle, die mit Swarovski-Elementen veredelt ist. Wegen des genauen Designs der Handyhülle wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen. Der Kläger bietet solche Handyhüllen über die Handelsplattform A.de an. Seine Händlerbezeichnung lautet „B“.
Auch der Beklagte handelt auf A mit Handyzubehör. Er ist Inhaber der Marke „C“. Unter dieser Bezeichnung wird auf der Handelsplattform A agiert. Ob dies auch der Beklagte ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger bot designrechtlich geschützte Handyhüllen erstmals im März 2013 auf A an, unter anderem in nachfolgenden Auktionen: 261191469XXX, 261191453XXX, 261191470XXX. Diese drei Auktionen wurden als geschmacksmusterverletzend beanstandet. Dabei wurde die Beanstandung über das A-Programm D geltend gemacht, ein Programm, welches von jedermann genutzt werden kann. Aufgrund der Meldung wurden diese Auktionen beendet und der Kläger benachrichtigt und der Name des Rechtsinhabers mitgeteilt. Die beanstandeten Handyhüllen wurden im April 2013 danach wieder zum Verkauf zugelassen.
Wenige Wochen später wurde der Kläger wegen der gleichen Warenangebote erneut von A darüber informiert, dass seine Produkte über das Programm D beanstandet wurden. Sechs Auktionen wurden wiederum vorzeitig beendet. A teilte dem Kläger mit, dass die von dem Kläger angebotenen Handyhüllen patentverletzend seien. Als Rechteinhaber wurde bezeichnet: „C“. Die eMail Adresse lautet: mail@C.de.
Mit eMail vom 04.07.2013 teilte A dem Kläger mit, dass unter der Bezeichnung „C“ als Rechteinhaber der Beklagte fungiere. Wegen des genauen Inhalts der eMail wird auf die Anlage K 4 Bezug genommen.
Der Beklagte ist Inhaber zumindest eines Designrechts, welches sich auch über Handyhüllen, veredelt mit Swarovski-Steinen, verhält, sich aber von jenem des Klägers unterscheidet.
Der Beklagte wurde mit anwaltlichem Schreiben vom 13.06.2013 unter seiner eMail-Adresse abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Eine Reaktion hierauf erfolgt nicht. Hierfür verlangt der Kläger von dem Beklagten auf Grundlage eines Gebührenstreitwerts von 50.000,- EUR und einer 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich einer Postpauschale von 20,- EUR einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.379,80 EUR.
Mit Beschluss vom 12.07.2013 untersagte das Landgericht Köln (Az: 84 O 154/13) im einstweiligen Verfügungsverfahren dem Beklagten, gegenüber Dritten, insbesondere der Firma A, zu behaupten oder durch Dritte behaupten zu lassen, dass die mit der Registernummer DE 4020130001XXX.4 für den Antragsteller geschützte Handyhülle ein patent- oder rechtsverletzender Artikel sei, mit welchem der Antragsteller gewerbliche Schutzrechte verletzen würde. Als Streitwert setzte das Landgericht Köln einen Betrag in Höhe von 50.000,- EUR fest. Eine Abschlusserklärung gab der Beklagte nicht ab.
Der Kläger behauptet, der Beklagte verberge sich hinter der Bezeichnung „C“. Er habe die Auktionen des Klägers zu Handyhüllen bei A unter Berufung auf design- und patentrechtlichen Schutz beanstandet und diese über das Programm D beenden lassen. Dies sei über das A Benutzerkonto des Beklagten erfolgt. Der Beklagte habe allein Zugang zu dem Benutzerkonto. Ein einfacher Lizenznehmer könne keine Rechte aus den jeweiligen Schutzrechten gegenüber Dritten geltend machen.
Der Kläger beantragt unter teilweiser Klagerücknahme,
zu erkennen wie geschehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet, dass die Eheleute Alexander und Ursula G selbständig unter der Bezeichnung „C“ über das A Benutzerkonto agieren würde. Er habe mit ihnen einen Lizenzvertrag über eine diesbezügliche Marke sowie Patente geschlossen. Sie hätten die Auktionen des Klägers löschen lassen. Er habe auf das Benutzerkonto „*C“ keinen Einfluss.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die Klage hat Erfolg.
I.
Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Mit Erfolg macht er darüber hinaus die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten geltend.
1.
Der Beklagte ist dem Kläger auf Unterlassung aufgrund seiner täterschaftlichen Haftung als Inhaber des D-Kontos verpflichtet, von dem aus die beiden streitgegenständlichen Verkaufsauktionen des Klägers als schutzrechtsverletzend moniert wurden, §§ 3, 4 Nr. 10, 8 UWG. Soweit der Beklagte eine Verantwortung für die beiden D-Anzeigen bei A verneint, kann dem nicht beigetreten werden.
a)
Die Haftung des Beklagten ergibt sich daraus, dass er die Verwendung der Zugangsdaten zu seinem Mitgliedskonto bei D durch Dritte nicht hinreichend gesichert hat, so dass Dritte keinen Zugriff auf die Kontrolldaten und das Kennwort dieses Mitgliedskontos erlangen konnten. Benutzt ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei A, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskontos gelangt ist, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor dem Zugriff Dritter gesichert hat, muss der Inhaber des Mitgliedskontos sich so behandeln lassen, wie wenn er selbst gehandelt hätte (vgl. BGH, GRUR 2009, 597 – Halsband; Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 8 Rz. 2.14).
b)
Für Waren, die gegen die Grundsätze von A verstoßen, weil sie gewerbliche Schutzrechte Dritter verletzen, bietet A das Programm D an. Dieses steht jedem Rechteinhaber offen. Teilnehmer des D-Programms, deren Rechte verletzt werden, können von A über dieses Programm verlangen, dass das rechtsverletzende Angebot entfernt wird.
Der Kläger hat vorgetragen, das D-Konto des Beklagten sei genutzt worden, um zwei Auktionseinheiten des Klägers wegen einer Geschmacksmuster- bzw. Patentverletzung durch A beenden zu lassen. Ausweislich der eMail vom 04.07.2013, teilte A dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass zu diesem Zeitpunkt als Rechteinhaber „C“, Dennis E – mithin der Beklagte – mit Wohnsitz in F, gemeldet sei.
Dieser Sachvortrag wird auch gestützt durch eine weitere Auskunft der Firma A vom 12.08.2014, wonach sich der Beklagte im Jahr 2011 zu dem D-Programm angemeldet hatte.
c)
Dem tritt der Beklagte nicht hinreichend substantiiert entgegen. Er trägt zunächst lediglich vor, er habe eingetragene Patente wie auch den Namen „C“ per Vertrag an die Eheleute Alexander und Ursula G abgegeben. Dies lässt zum einen kein hinreichendes Bestreiten des Sachvortrags des Klägers erkennen, wegen einer Geschmacksmusterverletzung sei die erste Auktionseinheit beendet worden. In rechtlicher Hinsicht wäre der Beklagte selbst berechtigt gewesen, diese Rechte geltend zu machen. Neben dem ausschließlichen Lizenznehmer ist der Rechteinhaber klageberechtigt, wenn einzelne Nutzungsrechte bei ihm verblieben sind oder wenn er sich eine fortlaufende Teilhabe an dem wirtschaftlichen Ertrag vorbehalten hat (vgl. Eichmann/von Falckenstein, GeschmG, 4. Aufl., § 31 Rz. 27). Nach den patentrechtlichen Vorschriften ist der Patentinhaber zur gerichtlichen Geltendmachung (vgl. § 30 PatG) von Rechten aus dem Patent befugt. Dass der Beklagte ein oder mehrere Patente auf die Eheleute G übertragen hätte, hat er nicht behauptet.
Mithin kann auch der Beklagte seine Rechte noch über das Programm D geltend machen. Dem steht nicht entgegen, dass er – nach seinem Vortrag – auf das Benutzerkonto „C“ bei A keine Einflussmöglichkeiten hat, da die Eheleute G völlig selbstständig unter dem Benutzerkonto agierten und die A Auktion des Klägers haben löschen lassen. Entscheidend ist vorliegend allein, dass die Beendigung der A-Auktionen über das D-Konto erfolgte.
d)
Soweit der Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf eine eMail von der Firma A vom 05.08.2014 vorgetragen hat, Herr Alexander G sei Inhaber des Kontos „www*C*de“ und dieses Konto würde ausschließlich zum Melden rechtsverletzender Angebote im Rahmen des A D-Programms verwendet werden, vermag dies eine andere tatsächliche Würdigung des Falles nicht zu rechtfertigen. Bereits der zeitliche Bezug für eine mögliche Übertragung eines solchen D-Kontos wird aus dem Sachvortrag des Beklagten nicht deutlich. Der eMail der Firma A vom 05.08.2014 kann nicht entnommen werden, seit wann Herr Alexander G Inhaber des D-Kontos sein soll, welches maßgeblich war für die Rüge von Schutzrechtsverletzung durch A-Auktionen des Klägers. Insbesondere findet sich kein Hinweis in dem Sachvortrag des Beklagten, der einen Bezug zu den – entscheidungserheblichen – Zeitpunkten der ausgesprochenen Rügen im Jahr 2013 erkennen lässt. Dem Sachvortrag des Beklagten ist auch nicht zu entnehmen, wie Herr Alexander G Inhaber des ursprünglich dem Beklagten zuzuordnenden D-Kontos geworden sein soll.
e)
Über das D-Konto des Beklagten wurde eine unerlaubte Absatzbehinderung begangen, § 4 Nr. 10 UWG.
Dies gilt im vorliegenden Fall dann, wenn keine Schutzrechtsverwarnung, sondern lediglich eine Beanstandung aufgrund von vermeintlichen Schutzrechten ausgesprochen worden ist. Eine solche ist unzulässig, wenn die äußeren Umstände diese als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. BGH, GRUR 2009, 878, 880 – Fräsautomat; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.09.2011, I-2 W 58/10 –, juris;).
Vorliegend ist von einer gezielten Störung des Absatzmarktes des Klägers auszugehen. Über das D Programm kann einfach eine Auktion bei A beendet werden, ohne dass es zu einer materiellen Prüfung der Rechtslage von Schutzrechten gekommen ist. Es ist somit sehr einfach, den Absatz von Produkten anderer – auch Wettbewerber – zu unterbinden. Dieser Vorgang erfolgte bereits zum zweiten Mal wegen des gleichen Verkaufsprodukts. Der jeweilige vermeintliche Rechtsinhaber hat anschließend seine Rechte indes nicht weiterverfolgt bzw. geltend gemacht. Ersichtlich wurde das D-Konto des Beklagten ausgenutzt, um den Absatz der Produkte des Klägers wettbewerbswidrig zu erschweren.
2.
Aus vorstehenden Gründen steht dem Kläger gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 1.379,80 EUR nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu. Die ausgesprochene Abmahnung war berechtigt. Grund und Höhe hat der Beklagte nicht angegriffen.
3.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
II
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr.1; 281 Abs. 3 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO.
Streitwert: 50.000,- EUR.